Language of document : ECLI:EU:T:2011:735

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

13. Dezember 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke QUALIFIER – Ältere Gemeinschaftswortmarke Qualifiers 2006 – Zurückweisung der Anmeldung – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑424/09

Goodyear Dunlop Tyres UK Ltd mit Sitz in Birmingham (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Graf,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch R. Manea als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Sportfive GmbH & Co. KG mit Sitz in Köln (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 11. August 2009 (Sache R 1291/2008-4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Sportfive GmbH & Co. KG und der Goodyear Dunlop Tyres UK Ltd

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter F. Dehousse und A. Popescu (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 14. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 11. Februar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 2. Februar 2006 meldete die Klägerin, die Dunlop Tyres Ltd, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Dabei handelte es sich um das Wortzeichen QUALIFIER.

3        Die Marke wurde für „Reifen, Fahrzeugreifen, Motorradreifen, Reifen für Radfahrzeuge“ in Klasse 12 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Die Anmeldung wurde am 7. August 2006 im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 32/2006 veröffentlicht.

5        Antragsgemäß wurde am 9. Januar 2009 vom HABM die Umschreibung der Markenanmeldung von der ursprünglichen Anmelderin auf die Goodyear Great Britain Ltd durchgeführt. Ferner wurde die Änderung der Firma dieses Unternehmens auf jetzt Goodyear Dunlop Tyres UK Ltd (im Folgenden: Klägerin) eingetragen.

6        Am 7. November 2006 erhob die Sportfive GmbH & Co. KG, die andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren.

7        Der Widerspruch wurde auf vier zu einem früheren Zeitpunkt eingetragene deutsche Wort- oder Bildmarken und auf die ältere Gemeinschaftswortmarke Qualifiers 2006 gestützt.

8        Die vier deutschen Marken, Qualifiers 2006 (Wortmarke), 2006 Qualifiers (Bildmarke), Qualifiers 2008 (Wortmarke) und 2008 Qualifiers (Bildmarke), wurden in der Zeit zwischen dem 14. Juli 2004 und dem 5. April 2005 insbesondere für folgende Waren in Klasse 12 eingetragen: „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Fahrzeugbestandteile soweit in Klasse 12 enthalten; Reifen (Pneus, nicht aus Metall)“.

9        Die Gemeinschaftswortmarke Qualifiers 2006 wurde am 9. September 2004 angemeldet und am 12. Dezember 2005 unter der Nr. 4017836 für Waren und Dienstleistungen in den Klassen 7, 9, 11, 12, 16, 17, 28, 35 und 42 eingetragen. Diese ältere Marke wurde insbesondere für folgende Waren in Klasse 12 eingetragen: „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Fahrzeugbestandteile soweit in Klasse 12 enthalten; Reifen (Pneus, nicht aus Metall)“.

10      Der Widerspruch, der auf alle Waren gestützt wurde, für die die älteren Marken eingetragen sind, richtete sich gegen die oben in Randnr. 3 genannten Waren der Anmeldung.

11      Als Grund für den Widerspruch wurde Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

12      Mit Entscheidung vom 8. Juli 2008 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 vollständig statt und wies infolgedessen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung der Klägerin zurück.

13      Am 8. September 2008 legte die Klägerin gegen diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) beim HABM eine Beschwerde ein.

14      Mit Entscheidung vom 11. August 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM diese Beschwerde zurück und bestätigte somit die Entscheidung der Widerspruchsabteilung. Im Kern führte die Beschwerdekammer aus, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen im Gesamteindruck in Schriftbild, Klang und Bedeutung eine erhebliche Ähnlichkeit aufwiesen und dass in Anbetracht der Identität der Waren diese erhebliche Zeichenähnlichkeit für das Publikum in der Europäischen Union die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 hervorrufe. Die Beschwerdekammer ging dabei davon aus, dass die Prüfung der maßgeblichen Umstände auf die ältere Gemeinschaftsmarke zu beschränken sei und sich daher eine Untersuchung der Gefahr von Verwechslungen mit den anderen von Sportfive angeführten älteren Marken erübrige.

 Anträge der Parteien

15      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben und

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

16      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen und

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

17      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Sie stützt ihr Vorbringen im Wesentlichen erstens auf die Kennzeichnungsschwäche der älteren Gemeinschaftsmarke Qualifiers 2006, zweitens darauf, dass diese Marke auf ein bestimmtes Sportereignis im Jahr 2006 verweise, und drittens auf den Fehler, den die Beschwerdekammer dadurch begangen habe, dass sie bei der vergleichenden Gesamtbeurteilung der einander gegenüberstehenden Zeichen den kennzeichnenden Bestandteil „2006“ der Widerspruchsmarke nicht genügend berücksichtigt habe. Wegen der klanglichen, bildlichen und begrifflichen Unterschiede der einander gegenüberstehenden Zeichen sei im vorliegenden Fall das Bestehen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zu verneinen.

18      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

19      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 207/2009 gehören zu den älteren Marken Gemeinschaftsmarken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

20      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Ebenfalls nach der Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen sowie Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 und 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Diese umfassende Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C‑234/06 P, Slg. 2007, I‑7333, Randnr. 48, und Urteil GIORGIO BEVERLY HILLS, oben in Randnr. 20 angeführt, Randnr. 32).

22      Für die Anwendung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und Identität oder Ähnlichkeit zwischen den mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer die Beschwerde zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass zwischen den beiden einander gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr bestehe.

24      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass allein die angefochtene Entscheidung Gegenstand der vorliegenden Klage ist. In Randnr. 21 der angefochtenen Entscheidung ging die Beschwerdekammer jedoch davon aus, dass die Prüfung der maßgeblichen Umstände auf die ältere Gemeinschaftsmarke zu beschränken sei und sich daher eine Untersuchung der Gefahr von Verwechslungen mit den übrigen von Sportfive angeführten älteren Marken erübrige. Die Klägerin tritt dieser Folgerung nicht entgegen. Deshalb ist das Vorbringen der Klägerin zu den älteren deutschen Widerspruchsmarken, auf die sie sich zu Beginn ebenfalls berufen hat, im vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

25      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der fraglichen Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Randnr. 19 in Verbindung mit Randnr. 12 der angefochtenen Entscheidung zu Recht angenommen, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus durchschnittlich aufmerksamen Verbrauchern der Union zusammensetzen. Wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, zählen nämlich die von den Marken erfassten Waren (Reifen) zwar nicht zu den Waren des täglichen Bedarfs, doch erfordert ihr Erwerb keine längeren Überlegungen.

27      Die Parteien treten den Feststellungen der Beschwerdekammer in diesem Zusammenhang nicht entgegen.

 Zum Vergleich der Waren

28      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Dazu gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 23, und Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Institut für Lernsysteme/HABM – Educational Services [ELS], T‑388/00, Slg. 2002, II‑4301, Randnr. 51). Zwei Waren sind einander im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise zur selben Warengattung gehören (Urteil des Gerichts vom 4. November 2003, Días/HABM – Granjas Castelló [CASTILLO], T‑85/02, Slg. 2003, II‑4835, Randnr. 33).

29      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die von der älteren Gemeinschaftsmarke erfassten Waren, nämlich „Reifen (Pneus, nicht aus Metall)“, in Klasse 12 und die mit der Anmeldemarke beanspruchten, nämlich „Reifen, Fahrzeugreifen, Motorradreifen, Reifen für Radfahrzeuge“ in derselben Klasse, zu Kategorien gehören, die einander völlig überschneiden.

30      Wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat (Randnr. 13 der angefochtenen Entscheidung), sind daher die Waren der angemeldeten Marke und die Waren der älteren Marke miteinander identisch.

 Zum Vergleich der Zeichen

31      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. Urteil HABM/Shaker, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile des Gerichtshofs HABM/Shaker, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 42). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild dieser Marke, das das maßgebliche Publikum im Gedächtnis behält, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil Nestlé/HABM, Randnr. 43).

33      Ferner sind nach ständiger Rechtsprechung zwei Marken ähnlich im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, wenn sie aus der Sicht der betroffenen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte mindestens teilweise übereinstimmen (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. November 2003, Oriental Kitchen/HABM – Mou Dybfrost [KIAP MOU], T‑286/02, Slg. 2003, II‑4953, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, sind der bildliche, der klangliche und der begriffliche Aspekt maßgeblich (vgl. Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T-6/01, Slg. 2002, II‑4335, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zur bildlichen Ähnlichkeit

34      In Bezug auf den bildlichen Vergleich hat die Beschwerdekammer in Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen eine erhebliche Ähnlichkeit aufwiesen, da die beiden Wortmarken im Wortbestandteil „Qualifier“ übereinstimmten und sich nur durch den zusätzlichen Buchstaben „s“ und die Jahreszahlenangabe 2006 in der älteren Marke unterschieden. Das HABM macht geltend, dass die Beschwerdekammer richtig festgestellt habe, dass weder die Pluralendung noch das Element „2006“ geeignet seien, den Gesamteindruck des Zeichens maßgeblich zu verändern.

35      Die Klägerin tritt den Feststellungen der Beschwerdekammer nicht entgegen, sondern macht geltend, dass diese bei der Beurteilung des Vorliegens einer bildlichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen fehlerhaft in der älteren Marke nicht den anderen kennzeichnenden Bestandteil, nämlich das Jahr 2006, berücksichtigt habe. Dieser Bestandteil müsse ebenfalls in die beim Zeichenvergleich grundsätzlich gebotene Gesamtbetrachtung einbezogen werden, auch wenn er von den angesprochenen Verkehrskreisen als Jahreszahl aufgefasst werde.

36      Das Jahr 2006 in der älteren Gemeinschaftsmarke stellt tatsächlich ein Unterscheidungsmerkmal dar, doch ist der Unterschied gering im Vergleich zur Länge und insbesondere zur Dominanz des Begriffs „Qualifiers“ im Rahmen des bei den maßgeblichen Verkehrskreisen durch die einander gegenüberstehenden Zeichen hervorgerufenen visuellen Gesamteindrucks. Damit kann dieser Unterschied im vorliegenden Fall nicht zu der Annahme führen, dass die Zeichen einander völlig unähnlich wären.

37      Somit ist festzustellen, dass die fraglichen Zeichen eine teilweise Identität aufweisen, die geeignet ist, bei den maßgeblichen Verkehrskreisen auf bildlicher Ebene einen starken Eindruck der Ähnlichkeit hervorzurufen.

 Zur klanglichen Ähnlichkeit

38      Die Beschwerdekammer hat in Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Zeichen im klanglichen Gesamteindruck eine erhebliche Ähnlichkeit aufwiesen.

39      Die Klägerin begnügt sich mit der Behauptung, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen bei der gebotenen Gesamtbetrachtungsweise offensichtlich klanglich unähnlich seien.

40      Hierzu ist festzustellen, dass der Unterschied zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen, QUALIFIER und Qualifiers 2006, allein in dem Konsonanten „s“ und der Jahreszahl 2006 besteht, die in der älteren Marke hinzugefügt wurden. Ein solcher Unterschied zwischen den Zeichen kann nicht dafür genügen, sie auf klanglicher Ebene hinreichend zu unterscheiden, denn im vorliegenden Fall ist die Anmeldemarke vollständig in der älteren Gemeinschaftsmarke enthalten.

41      Im Übrigen erweisen sich die einander gegenüberstehenden Zeichen unabhängig von der Aussprache des Begriffs „Qualifier(s)“ in den verschiedenen Teilen der Union als einander sehr ähnlich. In Bezug auf das Jahr 2006 ist festzustellen, dass dieser Zusatz im Vergleich zur Dominanz des Begriffs „Qualifier(s)“ im Rahmen des bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorgerufenen klanglichen Gesamteindrucks nicht genügt, um ein Unterscheidungsmerkmal einzuführen, das geeignet wäre, die Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Es ist daran zu erinnern, dass im strengen Sinne die klangliche Wiedergabe eines komplexen Zeichens der aller seiner Wortbestandteile entspricht. Setzt sich ein solches Zeichen aus mehreren Wortbestandteilen zusammen, ist es nicht ausgeschlossen, dass einige von ihnen die Aufmerksamkeit des Verbrauchers stärker auf sich ziehen können, so dass dieser, wenn er das Zeichen mündlich benennen muss, veranlasst sein wird, nur diese Bestandteile auszusprechen und die anderen zu vernachlässigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Mai 2005, Creative Technology/HABM – Vila Ortiz [PC WORKS], T-352/02, Slg. 2005, II-1745, Randnrn. 42 und 44).

42      Daher hat die Beschwerdekammer zu Recht eine klangliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen angenommen.

 Zur begrifflichen Ähnlichkeit

43      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass wegen der Hinzufügung des Jahres in der älteren Marke auch eine begriffliche Unähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen bestehe, zumal im vorliegenden Fall der Begriff „Qualifiers“ wegen seines beschreibenden Charakters nur eine außerordentlich schwache Kennzeichnungskraft habe. Außerdem verweise die ältere Marke auf ein bestimmtes Sportereignis.

44      Die Beschwerdekammer hat ausgeführt, dass der Widerspruchsmarke für die Waren „Reifen, nicht aus Metall“ wegen der beschreibenden Bedeutung des Bestandteils „Qualifier“ nur eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme. Im Motorsport sei dieser Begriff gebräuchlich zur Beschreibung von Reifen, die beim Zeittraining zur Erzielung einer möglichst schnellen Rundenzeit eingesetzt würden. Ferner erfasse der Verkehr die Zahl „2006“ als eine Jahreszahl, der als solcher innerhalb des Gesamteindrucks keine dominierende Wirkung zukomme. Der Verkehr werde sich daher in der älteren Marke trotz der beschreibenden Bedeutung an dem Wortelement „Qualifiers“ orientieren, das mit der Anmeldemarke nahezu identisch sei.

45      In diesem Zusammenhang wird, wie die Beschwerdekammer und das HABM richtig ausführen, die Angabe „2006“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen als eine einfache Jahreszahl und nicht als Verweis auf ein bestimmtes Sportereignis wahrgenommen werden. Überdies ist diese Angabe, da sie ein bestimmtes Jahr bezeichnet, auf begrifflicher Ebene ein gegenüber dem Wortbestandteil „Qualifiers“ nebensächliches Element, da es auf dessen Konkretisierung beschränkt bleibt. Durch die Hinzufügung der Jahreszahl 2006 wird auf diese Weise der Begriff „Qualifiers“ in dem Sinne konkretisiert, dass die Widerspruchsmarke letztlich als Untermarke der Anmeldemarke aufgefasst werden könnte, was ohne Zweifel bei den maßgeblichen Verkehrskreisen häufigere Verwechslungen hervorrufen wird.

46      Im Übrigen drängt sich, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, die Dominanz des Wortbestandteils „Qualifiers“ im Gesamteindruck gegenüber der Angabe „2006“ trotz seiner schwachen Kennzeichnungskraft, die auf seiner beschreibenden Bedeutung beruht, unabhängig davon auf, welchen Sinn die maßgeblichen Verkehrskreise ihm beimessen. Nach der Rechtsprechung bedeutet nämlich eine etwaige schwache Kennzeichnungskraft eines Elements einer zusammengesetzten Marke nicht zwangsläufig, dass es kein dominierendes Element sein kann, da es sich insbesondere durch seine Position im Zeichen oder seine Größe der Wahrnehmung des Verbrauchers aufdrängen und seinem Gedächtnis einprägen kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg. 2007, II‑5213, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Somit weisen die einander gegenüberstehenden Zeichen einen hohen Grad begrifflicher Ähnlichkeit auf.

 Zur Verwechslungsgefahr

48      Die Gefahr von Verwechslungen durch das Publikum ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1997, SABEL, C‑251/95, Slg. 1997, I‑6191, Randnr. 22, und Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 2010, Wind/HABM – Sanyang Industry [Wind], T‑451/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil Canon, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 74). Dies ergibt sich insbesondere aus der Feststellung, dass sich dem Verbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (Urteil des Gerichtshofs vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 26).

49      In Anbetracht der Identität der fraglichen Waren und der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen auf bildlicher, klanglicher und begrifflicher Ebene ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer das Bestehen von Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen im vorliegenden Fall fehlerfrei bejaht hat.

50      Angesichts der im vorliegenden Fall bestehenden Ähnlichkeiten ändert hieran nichts, dass die ältere Marke, wie von der Beschwerdekammer im Übrigen konstatiert, nur eine schwache Kennzeichnungskraft hat. Die Anerkennung einer schwachen Kennzeichnungskraft der älteren Marke steht nicht der Feststellung entgegen, dass im vorliegenden Fall Verwechslungsgefahr besteht. Denn auch wenn die Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist, stellt sie doch nur einen der bei dieser Beurteilung zu berücksichtigenden Faktoren dar. Selbst wenn es also um eine ältere Marke mit schwacher Kennzeichnungskraft geht, kann, insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen sowie der betroffenen Waren oder Dienstleistungen, eine Gefahr von Verwechslungen gegeben sein (vgl. Urteil PAGESJAUNES.COM, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). 

51      Nach alledem ist der einzige Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen und damit die vorliegende Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

52      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Goodyear Dunlop Tyres UK Ltd trägt die Kosten.

Forwood

Dehousse

Popescu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Dezember 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.