Language of document : ECLI:EU:T:2023:847

URTEIL DES GERICHTS (Zehnte erweiterte Kammer)

20. Dezember 2023(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Euro-Zinsderivate – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Manipulation der Euribor-Referenzzinssätze im Interbankengeschäft – Austausch vertraulicher Informationen – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – ‚Hybrides‘, zeitlich gestuftes Verfahren – Unschuldsvermutung – Unparteilichkeit – Geldbußen – Grundbetrag – Umsatz – Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Begründungspflicht – Änderungsbeschluss, mit dem die Begründung ergänzt wird – Gleichbehandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

In der Rechtssache T‑113/17,

Crédit Agricole SA mit Sitz in Montrouge (Frankreich),

Crédit Agricole Corporate and Investment Bank mit Sitz in Montrouge,

vertreten durch J.‑P. Tran Thiet, M. Powell und J. Jourdan, Avocats,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch M. Farley und T. Baumé als Bevollmächtigte im Beistand von N. Coutrelis, Avocate,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richter A. Kornezov und E. Buttigieg (Berichterstatter), der Richterin K. Kowalik-Bańczyk sowie des Richters G. Hesse,

Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens, insbesondere

–        der Entscheidungen vom 8. Juni 2019 und vom 30. März 2021, das Verfahren gemäß Art. 69 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts auszusetzen,

–        des von den Klägerinnen am 8. September 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Anpassungsschriftsatzes und der am 19. November 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Stellungnahme der Kommission zu diesem Schriftsatz,

auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2022,

aufgrund des Urteils vom 12. Januar 2023, HSBC Holdings u. a./Kommission (C‑883/19 P, EU:C:2023:11), und der diesbezüglichen Stellungnahmen der Parteien

folgendes

Urteil(1)

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragen die Klägerinnen, die Crédit Agricole SA und die Crédit Agricole Corporate and Investment Bank (im Folgenden: CACIB) (im Folgenden zusammen: Crédit Agricole), zum einen die teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses C(2016) 8530 final der Kommission vom 7. Dezember 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate [EIRD]) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) und zum anderen, hilfsweise, die Herabsetzung der gegen sie in diesem Beschluss verhängten Geldbuße. Außerdem beantragen sie die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2021) 4610 final der Kommission vom 28. Juni 2021 zur Änderung des angefochtenen Beschlusses (im Folgenden: Änderungsbeschluss) oder, hilfsweise, die urteilsmäßige Feststellung, dass der letztgenannte Beschluss die mangelhafte Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht heilen konnte.

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

[nicht wiedergegeben]

A.      Ereignisse nach Erhebung der vorliegenden Klage

21      Mit Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), hat das Gericht Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses, mit dem die Kommission gegen HSBC eine Geldbuße verhängt hatte, mit der Begründung für nichtig erklärt, dass sie nicht rechtlich hinreichend begründet habe, warum der auf die Bareinnahmen der betreffenden Unternehmen angewandte einheitliche Abzinsungsfaktor für die Zwecke der Berechnung der gegen sie verhängten Geldbußen (im Folgenden: Abzinsungsfaktor) auf 98,849 % statt auf einen möglicherweise höheren Betrag festgesetzt worden sei, und die Klage im Übrigen abgewiesen.

22      Mit Schreiben vom 24. Februar 2021 teilte die Kommission den Klägerinnen und JP Morgan mit, dass sie beabsichtige, den angefochtenen Beschluss unter Berücksichtigung des Urteils vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), zu ändern. Mit demselben Schreiben sowie mit Schreiben vom 16. April 2021 übermittelte die Kommission allen Adressatinnen des angefochtenen Beschlusses zusätzliche Informationen und Erläuterungen zu den Gründen, aus denen sie die Höhe des Abzinsungsfaktors auf 98,849 % festgesetzt hatte. Die Klägerinnen nahmen dazu am 7. Mai 2021 Stellung.

23      Am 28. Juni 2021 erließ die Kommission den Änderungsbeschluss. Sie stellte Folgendes fest: Da der Abzinsungsfaktor im angefochtenen Beschluss für alle seine Adressatinnen gleich gewesen sei, sei es wahrscheinlich, dass das Gericht davon ausgehen werde, dass die Erwägungen im Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), zur unzureichenden Begründung der Bestimmung dieses Abzinsungsfaktors auf die gegen die Klägerinnen und die andere Adressatin verhängten Geldbußen übertragbar seien, und dass es daher im Interesse des Grundsatzes der guten Verwaltung liege, die vom Gericht in diesem Urteil festgestellten Fehler zu berichtigen und den angefochtenen Beschluss in Bezug auf die Klägerinnen und die andere Adressatin durch Ergänzung der Begründung für die Bestimmung des Abzinsungsfaktors zu ändern.

24      Mit Urteil vom 12. Januar 2023, HSBC Holdings u. a./Kommission (C‑883/19 P, EU:C:2023:11), hat der Gerichtshof zum einen das Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), aufgehoben, soweit damit der Hauptantrag auf Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses und der Hilfsantrag auf Nichtigerklärung von dessen Art. 1 Buchst. b zurückgewiesen worden waren. Zum anderen hat der Gerichtshof die von HSBC in der Rechtssache T‑105/17 erhobene Klage, soweit sie auf die Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses, hilfsweise von dessen Art. 1 Buchst. b, gerichtet war, abgewiesen.

II.    Anträge der Parteien

25      Die Klägerinnen beantragen,

–        Art. 1 Buchst. a sowie Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die in Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses gegen sie verhängte Geldbuße in Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung signifikant herabzusetzen;

–        zusätzlich: die Entscheidungen des Anhörungsbeauftragten vom 2. Oktober 2014, 4. März 2015, 27. März 2015, 29. Juli 2015 und 16. September 2016 und als Folge davon Art. 1 Buchst. a und Art. 2 Buchst. a des Beschlusses für nichtig zu erklären;

–        den Änderungsbeschluss für nichtig zu erklären oder, hilfsweise, festzustellen, dass dieser die mangelhafte Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht heilen konnte, und Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses in der geänderten Fassung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

[nicht wiedergegeben]

III. Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

A.      Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 1 Buchst. a und Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses, soweit dieser Antrag auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte durch die Verweigerung der Akteneinsicht gestützt wird

[nicht wiedergegeben]

1.      Zum Ablauf des Verwaltungsverfahrens, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat (erster und zweiter Klagegrund und dritter Teil des neunten Klagegrundes)

[nicht wiedergegeben]

a)      Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen das Recht auf Zugang zu einem Gericht, gegen den Grundsatz der guten Verwaltung, gegen die Verteidigungsrechte und gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens

[nicht wiedergegeben]

1)      Zur Weigerung, die von den Klägerinnen in der Anhörung gestellten Fragen zu beantworten

52      Im Rahmen der zweiten Rüge des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte und den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verletzt, indem sie sich geweigert habe, bestimmte Fragen zu beantworten, die sie ihr in der Anhörung gestellt hätten.

[nicht wiedergegeben]

57      Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die vom Anhörungsbeauftragten durchgeführte Anhörung, die zur Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs im Rahmen des von der Kommission gemäß Art. 101 AEUV durchgeführten Verwaltungsverfahrens gehört, insbesondere den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Gelegenheit geben soll, sich zu den vorläufigen Feststellungen der Kommission zu äußern, wie sich im Wesentlichen aus Art. 12 der Verordnung Nr. 773/2004 und aus Art. 10 Abs. 4 des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. 2011, L 275, S. 29) ergibt. Zwar kann der Anhörungsbeauftragte nach Art. 14 Abs. 7 der Verordnung Nr. 773/2004 und Art. 12 Abs. 3 des Beschlusses 2011/695 insbesondere den Parteien, an die eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet worden ist, gestatten, während der Anhörung Fragen zu stellen. Es handelt sich jedoch um eine Möglichkeit, da das Hauptziel der Anhörung darin besteht, insbesondere den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Gelegenheit zu geben, ihre Argumentation vorzutragen, wie der Anhörungsbeauftragte im vorliegenden Fall bei der Anhörung von Crédit Agricole ausgeführt hat.

58      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich die in Rede stehenden Fragen, die von den Klägerinnen an die Kommission gerichtet wurden, wie sie selbst feststellen, auf die angeblichen Widersprüche in den Modalitäten zur Berechnung der vorgesehenen Sanktion bezogen.

59      Insoweit bezieht sich die Kommission zu Recht auf den Umstand, dass sie der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und die Wahrung der Verteidigungsrechte nicht dazu verpflichten, im Stadium des Verwaltungsverfahrens nähere Angaben dazu zu machen, wie sie die Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung für die Bemessung der Geldbußen anzuwenden beabsichtigt.

60      Daraus folgt, dass es dem Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte zwar freisteht, insbesondere in der Anhörung alle Argumente vorzutragen, die er für relevant hält, um die Kommission auf bestimmte Widersprüche in den Antworten der anderen Parteien auf die Auskunftsverlangen aufmerksam zu machen, die die Entscheidung beeinflussen könnten, die sie in Bezug auf ihn treffen wird, oder der Kommission vorzuschlagen, ihre Untersuchungen fortzusetzen, um die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ihm gegenüber zu gewährleisten, doch verpflichtet die Gewährleistung der Wahrung der Verteidigungsrechte die Kommission nicht, im Stadium der Anhörung auf solche Argumente oder Fragen der Parteien zu antworten.

[nicht wiedergegeben]

b)      Zur Verletzung der Verteidigungsrechte durch die Verweigerung der Akteneinsicht (vierter Teil des zweiten Klagegrundes und dritter Teil des neunten Klagegrundes)

[nicht wiedergegeben]

1)      Zum Antrag auf Zugang zu den Dokumenten über den Umsatz

171    Es ist darauf hinzuweisen, dass der Anhörungsbeauftragte nach dem Antrag von Crédit Agricole auf Zugang zu den Daten über den Umsatz, die die anderen Parteien der Kommission vorgelegt hatten, und zu den Daten über die Methoden, die von ihnen für die Erstellung dieser Daten verwendet wurden, mit seiner Entscheidung vom 2. Oktober 2014 ein gemischtes Zugangssystem eingeführt hat, indem er den Klägerinnen unmittelbaren Zugang zu bestimmten Daten und ihren externen Beratern die Möglichkeit gewährte, die vertraulichen Fassungen der betreffenden Dokumente im Rahmen des Informationsraumverfahrens („data room“) einzusehen (101. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Ein weiterer Informationsraum wurde eingerichtet, nachdem die Kommission den berichtigenden Beschluss gegenüber der Société Générale unter Berücksichtigung der von dieser vorgelegten berichtigten Finanzdaten erlassen hatte (106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus wurde den Klägerinnen vom Anhörungsbeauftragten in seinen Entscheidungen vom 4. März 2015 und durch sein in seiner Entscheidung vom 27. März 2015 festgehaltenes Eingreifen vom 25. März 2015 ein weiter gehender unmittelbarer Zugang zu bestimmten von den Anträgen der Klägerinnen betroffenen Daten gewährt.

172    Im Rahmen des vierten Teils des zweiten Klagegrundes und des dritten Teils des neunten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte dadurch verletzt, dass sie ihnen verbindliche Modalitäten des Zugangs zu den in Rede stehenden Dokumenten über den Informationsraum vorgeschrieben und den unmittelbaren Zugang zu allen diesen Informationen, die nicht mehr als sensibel eingestuft werden könnten, verweigert habe.

173    Zunächst ist die Rüge zurückzuweisen, mit der die Klägerinnen das Verfahren der Akteneinsicht über den Informationsraum beanstanden.

174    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach dem Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen, der einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt und der u. a. in Art. 339 AEUV konkretisiert wird, grundsätzlich verpflichtet ist, den Wettbewerbern eines privaten Wirtschaftsteilnehmers von diesem erteilte vertrauliche Informationen nicht preiszugeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). Von der Einsicht in die wettbewerbsrechtliche Untersuchungsakte ausgenommen sind nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 Geschäftsgeheimnisse und andere vertrauliche Informationen. Unter bestimmten Umständen ist jedoch die Notwendigkeit, die Verteidigungsrechte der Parteien zu wahren, mit der Verpflichtung der Kommission in Einklang zu bringen, von anderen Parteien stammende vertrauliche Informationen, die in der Akte einer wettbewerbsrechtlichen Untersuchung enthalten sind, zu schützen, wie sich im Wesentlichen aus Art. 27 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 ergibt (vgl. auch in diesem Sinne Ziff. 24 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten).

175    Daraus folgt, dass unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles das Informationsraumverfahren ein geeignetes Instrument war, um die berechtigten Interessen, die die Kommission zu schützen hatte, miteinander in Einklang zu bringen, nämlich zum einen die Vertraulichkeitsinteressen, auf die sich die Banken berufen konnten, die Informationen geliefert hatten, zu denen die Klägerinnen Zugang beantragt hatten, und zum anderen die Verteidigungsrechte Letzterer, wie der Anhörungsbeauftragte in seinen Entscheidungen vom 2. Oktober 2014 und vom 16. September 2016 im Wesentlichen ausgeführt hat.

176    Die Klägerinnen bestreiten jedoch, dass die in Rede stehenden Informationen noch vertraulich sein müssten, da sie zu alt und zu knapp seien, um etwaige vertrauliche Angaben wie die Identität der Kunden ermitteln zu können. Sie sind daher der Ansicht, dass diese Informationen unmittelbar an Crédit Agricole hätten weitergegeben werden können, was im Gegensatz zum Zugang, der allein den externen Beratern im Informationsraum gewährt worden sei, die wirksame Ausübung der Verteidigungsrechte gewährleistet hätte.

177    Insoweit ergibt sich erstens aus der Rechtsprechung, auf die sich die Klägerinnen insoweit stützen, dass Angaben, die geheim oder vertraulich waren, aber mindestens fünf Jahre alt sind, aufgrund des Zeitablaufs grundsätzlich als nicht mehr aktuell und deshalb als nicht mehr vertraulich anzusehen sind, wenn nicht ausnahmsweise die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit beruft, nachweist, dass sie trotz ihres Alters immer noch wesentlicher Bestandteil ihrer eigenen oder der wirtschaftlichen Stellung eines betroffenen Dritten sind (Urteil vom 14. März 2017, Evonik Degussa/Kommission, C‑162/15 P, EU:C:2017:205, Rn. 64).

178    In seiner Entscheidung vom 16. September 2016, berücksichtigte der Anhörungsbeauftragte ein ähnliches Argument von Crédit Agricole, das im Laufe des Verwaltungsverfahrens vorgebracht worden war. Er war im Wesentlichen der Ansicht, dass die in Rede stehenden Daten aufgrund ihrer Art ihre Vertraulichkeit trotz ihres Alters nicht verloren hätten. Nach Ansicht des Anhörungsbeauftragten waren diese Daten so komplex, spezifisch und umfangreich, dass sie nicht mit den einfachen Umsatzzahlen der betreffenden Banken vergleichbar gewesen seien. In Anbetracht dieser Art der in Rede stehenden Daten konnte der Anhörungsbeauftragte zu Recht davon ausgehen, dass der bloße Zeitablauf für sich genommen nicht geeignet war, die Gefahr einer ernstlichen Beeinträchtigung der berechtigten Interessen dieser Banken hinreichend zu verringern, wenn diese Informationen unmittelbar an die Spezialisten von Crédit Agricole weitergegeben wurden.

179    Darüber hinaus ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass im Zusammenhang mit der Bemessung der Geldbußen die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen vor der Kommission dadurch gewahrt sind, dass sich diese Unternehmen zu Dauer, Schwere und Wettbewerbswidrigkeit des ihnen zur Last gelegten Sachverhalts äußern können, sie erfordern jedoch nicht, dass diese Möglichkeit die Art und Weise, in der die Kommission beabsichtigt, die zwingenden Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung im Rahmen der Bemessung anzuwenden, umfasst (vgl. Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 428 und 439 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Gesichtspunkt ist zu berücksichtigen, wenn man die Interessen der anderen Parteien an der Vertraulichkeit bestimmter Daten, die sie zwecks Festsetzung des Betrags der sie betreffenden Geldbuße vorgelegt hatten, wie im vorliegenden Fall der Daten zur Berechnung des Umsatzes, gegen die Verteidigungsrechte der anderen Parteien abwägt, wie der Anhörungsbeauftragte in seinen Entscheidungen vom 4. März 2015 und vom 16. September 2016 im Wesentlichen ausgeführt hat.

180    Die Klägerinnen tragen nichts vor, um darzutun, dass die wirksame Ausübung ihrer Verteidigungsrechte im vorliegenden Fall Vorrang vor den berechtigten Interessen anderer Banken an der Vertraulichkeit der in Rede stehenden Informationen hätte haben müssen. Sie haben somit nicht dargetan, dass die Schlussfolgerungen des Anhörungsbeauftragten in seinen oben in den Rn. 171, 178 und 179 genannten Entscheidungen vom 2. Oktober 2014, vom 4. und 27. März 2015 und vom 16. September 2016 fehlerhaft waren.

[nicht wiedergegeben]

2.      Zum Vorliegen einer den Klägerinnen zuzurechnenden Zuwiderhandlung (dritter, vierter und achter Klagegrund)

[nicht wiedergegeben]

a)      Zum dritten Klagegrund: Beteiligung von Crédit Agricole an Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Manipulationen des Euribor

[nicht wiedergegeben]

1)      Zur Bestreitung der Beteiligung von Crédit Agricole an den Praktiken der Manipulation des Euribor

[nicht wiedergegeben]

213    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich aus dem im angefochtenen Beschluss beschriebenen Informationsaustausch der Händler, wie er oben in den Rn. 203 bis 210 zusammengefasst ist, ergibt, dass die Kommission über Anhaltspunkte verfügte, die die Annahme zuließen, dass die Händler von Crédit Agricole am Informationsaustausch über die Manipulation des Euro Interbank Offered Rate (Euribor) beteiligt waren.

214    Erstens ergriff der Händler von Crédit Agricole bei der Besprechung vom 1. März 2007 die Initiative und ersuchte den Händler von Barclays, dessen Bank möge eine ihm genehme Euribor-Quotierung vornehmen („ich habe ein Interesse daran, dass er steigt“), was Letzterer akzeptierte („einverstanden, ich werde es ihnen sagen“).

215    Zweitens ersuchte der Händler von Barclays den Händler von Crédit Agricole in den Gesprächen vom 16. Oktober, 13. November und 5. Dezember 2006 sowie vom 16. und 19. März 2007, von der Treasury-Abteilung seiner Bank eine Quotierung in einem bestimmten Sinn zu verlangen, was Letzterer akzeptierte. Er berichtete sogar, dass er dies getan habe, und teilte die Höhe der von der Treasury-Abteilung vorgeschlagenen oder geplanten Quotierung mit (vgl. Informationsaustausch vom 16. Oktober 2006 um 7.33 Uhr [„ich sage ihnen, sie sollen es mit 3,36 versuchen“] und um 7.46 Uhr [„sie werden 3,36 melden“], vom 13. November 2006 [„ok, kein Problem, ich habe kein Problem damit, ich mache es“, sodann „ich habe ihnen gesagt, sie sollen 37 nehmen“], vom 16. März 2007 um 14.06 Uhr [„Ich habe ihr gesagt, dass wir gerne weniger hätten. Sie hat gesagt: ‚Ok, ist notiert“‘] und vom 19. März 2007 um 14.24 Uhr [„Ja, ich habe ihnen was gesagt, sie wollten 91 nehmen, … sie haben mir gesagt: ‚Gut, wir werden sehen, was wir tun können‘“]).

216    Drittens geht aus dem Informationsaustausch vom 16. November 2006 eindeutig hervor, dass die Händler von Barclays und Crédit Agricole einander ihre Präferenzen mitgeteilt haben, in welcher Höhe der Euribor-3M für diesen Tag festgelegt werden sollte und was ihre entsprechenden Handelspositionen waren. Diese Mitteilung erfolgte mit dem Ziel, zu prüfen, ob ihre Interessen übereinstimmen, um sie gegebenenfalls abzustimmen, um im Sinne dieser Interessen Einfluss auf die Euribor-Quotierungen ihrer jeweiligen Banken zu nehmen. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Händler von Barclays sein Bedauern darüber zum Ausdruck brachte, dass seine Interessen und die Interessen des Händlers von Crédit Agricole hinsichtlich der Höhe der Zinsfestlegungen gegensätzlich waren. Er wies den Händler von Crédit Agricole jedoch darauf hin, dass er „das prüfen“ werde, nachdem er ihn nach der Höhe des ihm genehmen Euribor gefragt hatte.

217    Viertens informierte der Händler von Barclays im Telefongespräch vom 14. Februar 2007 den Händler von Crédit Agricole über die wesentlichen Elemente der für den 19. März 2007 geplanten Manipulation. Darüber hinaus geht aus dem Informationsaustausch vom 16. März 2007 hervor, dass der Händler von Crédit Agricole bereit war, von dieser Manipulation zu profitieren, indem er bestätigte, dass sein Interesse an der Festlegung des Euribor-3M für diesen Tag mit dem Interesse des Händlers von Barclays übereinstimmte („wir alle haben ein Interesse daran, dass er niedrig ist“, „wir haben auch ein großes Interesse daran“), und indem er ihm bei dem Informationsaustausch am 19. März 2007 bestätigte, dass er durch diese Festlegung auch einen gewissen Geldbetrag erlangt habe („ich habe dadurch 156 000 Euro gewonnen“).

218    Fünftens bedankten sich die Händler nach Ablauf der Abgabefristen für ihre wechselseitigen Beteiligungen an den in Rede stehenden Praktiken, beglückwünschten einander zum Erfolg ihrer Pläne (vgl. insbesondere Informationsaustausch vom 19. März 2007) und verfolgten auf diese Weise das Ergebnis oder die erwarteten Auswirkungen ihrer aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen.

219    Die Beteiligung der Händler von Crédit Agricole an den auf die Manipulation des Euribor abzielenden Verhaltensweisen wird durch das Vorbringen der Klägerinnen nicht in Frage gestellt.

220    Erstens machen die Klägerinnen geltend, es sei nicht nachgewiesen worden, dass der Händler von Crédit Agricole tatsächlich Kontakt zu seiner Treasury-Abteilung aufgenommen habe, um das Versprechen gegenüber seinem Ansprechpartner einzulösen, und dass er diesen möglicherweise belogen habe, als er ihm gesagt habe, dass er dies getan habe. Die Beteiligung von Crédit Agricole an den auf die Manipulation der Referenzzinssätze abzielenden Verhaltensweisen sei nicht erwiesen, da es keinen Beweis für die tatsächliche Beteiligung ihrer Treasury-Abteilung an diesen Verhaltensweisen gebe.

221    Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Crédit Agricole vorgeworfenen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, wie die Kommission im Wesentlichen geltend macht, nicht in der Manipulation des Euribor als solcher bestehen, sondern in einem Informationsaustausch zwischen den Händlern, der ihre Absicht zum Ausdruck bringt, die Quotierungen ihrer Banken beim Euribor-Panel im Sinne ihrer eigenen Interessen zu beeinflussen. Wie sich nämlich aus dem 113. Erwägungsgrund Buchst. a bis f, dem 358. Erwägungsgrund Buchst. a bis f und dem 392. Erwägungsgrund Buchst. a bis f des angefochtenen Beschlusses, die oben in Rn. 15 zusammengefasst worden sind, ergibt, betraf dieser Informationsaustausch Präferenzen für eine Höhe des Euribor – manchmal verbunden mit der Mitteilung der Handelspositionen –, die Möglichkeit, die Handelspositionen und die Euribor-Quotierungen abzugleichen, ein Versprechen des beteiligten Händlers, sich an einen für Euribor-Quotierungen zuständigen Mitarbeiter seiner Bank zu wenden, um eine Quotierung in eine bestimmte Richtung oder in einer bestimmten Höhe zu verlangen, und einen Bericht über dessen Antwort.

222    Aus dem Informationsaustausch zwischen den Händlern wird klar ersichtlich, dass es Mitteilungen über die Zinspräferenzen, die damit verbundenen Handelspositionen und ein Angebot bzw. eine Absicht der Händler von Crédit Agricole, die Quotierung ihrer Bank zu beeinflussen, gab.

223    Insoweit ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass die Teilnahme eines Unternehmens an einem Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck eine Vermutung der Rechtswidrigkeit dieser Teilnahme begründet, die dieses Unternehmen durch den Beweis einer offenen Distanzierung widerlegen muss, die von den anderen Kartellteilnehmern als eine solche aufgefasst werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 81 und 82 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, vom 3. Mai 2012, Comap/Kommission, C‑290/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:271, Rn. 74 bis 76 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Rechtsgrundsatz beruht auf der Erwägung, dass das Unternehmen, indem es an dem fraglichen Treffen teilnahm, ohne sich offen von dessen Inhalt zu distanzieren, den anderen Teilnehmern Anlass zu der Annahme gab, dass es dem Ergebnis des Treffens zustimme und sich daran halten werde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 82, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, EU:C:2007:52, Rn. 48).

224    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem von der Kommission zugrunde gelegten Informationsaustausch, der oben in den Rn. 214 und 218 zusammengefasst worden ist, dass der Händler von Crédit Agricole bei einer Gelegenheit zu einer Euribor-Quotierung in seinem Interesse und mit dem Ziel der Manipulation des Euribor aufforderte und dass er bei anderen Gelegenheiten – weit davon entfernt, sich offen von dem Ersuchen des Händlers von Barclays zu distanzieren – diesem Händler Anlass zu der Annahme gab, dass seine Bank die vereinbarte Euribor-Quotierung melden werde oder tatsächlich gemeldet habe, und ihn in der Überzeugung bestärkte, dass er mit den für die Quotierung zuständigen Mitarbeitern gesprochen habe, wobei er ihm sogar die genauen Inhalte dieser Gespräche zur Kenntnis brachte.

225    Insbesondere stellt der Umstand, dass sich der Händler von Crédit Agricole während des Gesprächs am 14. Februar 2007 skeptisch über die Erfolgsaussichten der für den 19. März 2007 geplanten Manipulation gezeigt hat, keinen Beweis für eine klare Distanzierung von der Verhaltensweise dar, deren geplante Umsetzung ihm vom Händler von Barclays erläutert worden war.

226    Die Erwägungsgründe 125, 135 und 634 des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die Klägerinnen stützen, stellen die vorstehenden Erwägungen nicht in Frage. In diesen Erwägungsgründen hat die Kommission nämlich im Wesentlichen festgestellt, dass die Absprachen zwischen den Händlern durch eine Verständigung zwischen ihnen und den für die Quotierungen zuständigen Mitarbeitern in den Treasury-Abteilungen ihrer Banken ergänzt und durchgeführt worden seien und dass Letztere „von Zeit zu Zeit“ die mitgeteilten, koordinierten oder vereinbarten Euribor-Quotierungen tatsächlich gemeldet hätten. Die Kommission macht daher zu Recht geltend, dass das Vorbringen der Klägerinnen zur fehlenden Beteiligung der Treasury-Abteilung von Crédit Agricole an den Praktiken zur Beeinflussung des Euribor allenfalls für den Nachweis geeignet sei, dass die Treasury-Abteilung der Bank kein wettbewerbswidriges Verhalten gesetzt habe, nicht aber für den Nachweis, dass die Händler an diesem Verhalten nicht beteiligt gewesen seien (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 1991, Atochem/Kommission, T‑3/89, EU:T:1991:58, Rn. 100).

227    Gleiches gilt für das Vorbringen, dass die von Crédit Agricole zu den maßgeblichen Zeitpunkten tatsächlich gemeldeten Quotierungen mit ihren anderen Einreichungen und dem Markt kohärent gewesen seien und sogar dem Interesse des Kartells zuwidergelaufen seien. Angesichts der Tragweite des angefochtenen Beschlusses und der Crédit Agricole vorgeworfenen Verhaltensweisen, bei denen es um „Absprachen“ zwischen den Händlern geht, um die Referenzzinssätze gemäß ihren Interessen zu beeinflussen, nicht aber um eine tatsächliche Manipulation dieser Zinssätze unter Einbeziehung der Treasury-Abteilungen, sind diese Argumente nicht stichhaltig, wenn damit die Beteiligung von Crédit Agricole an den genannten Verhaltensweisen bestritten werden soll, die ihr von der Kommission zur Last gelegt werden.

228    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass jedenfalls mehrere von der Kommission herangezogene Beweise belegen können, dass die Händler von Crédit Agricole versucht haben, die von der Treasury-Abteilung ihrer Bank gemeldete Quotierung zu beeinflussen, oder sich zumindest damit gebrüstet haben, dies getan zu haben. Während des Informationsaustauschs vom 16. Oktober, 13. November und 5. Dezember 2006 sowie vom 16. und 19. März 2007 teilte der Händler von Crédit Agricole dem Händler von Barclays nämlich die Antwort mit, die er erhalten hatte, nachdem er ein Ersuchen an seine Treasury-Abteilung gerichtet hatte (siehe oben, Rn. 215). Außerdem geht aus dem Informationsaustausch vom 27. Oktober (191. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und vom 5. Dezember 2006 (224. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) sowie vom 19. März 2007 (319. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) hervor, dass die Händler ihre aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zur Manipulation der Zinsfestlegungen als erfolgreich erachteten und einander dazu beglückwünschten. Im Licht des Informationsaustauschs vom 16. März 2007 zwischen dem Händler von Crédit Agricole und dem für die Quotierungen zuständigen Mitarbeiter dieser Bank (305. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), der zeigt, dass die Händler Kontakte mit der Treasury-Abteilung unterhielten, bei denen sie die Höhe der künftigen Festlegungen der Zinssätze und die Interessen erörterten, die die Händler an einer speziellen Höhe eines Zinssatzes haben konnten, ist der zuvor genannte Informationsaustausch geeignet, zu belegen, dass die Händler von Crédit Agricole die Gespräche mit dem Händler von Barclays über die gewünschte Höhe des Euribor zum Anlass genommen haben, um Kontakte zu den für die Quotierungen zuständigen Mitarbeitern ihrer Bank herzustellen und so den kollusiven Informationsaustausch umzusetzen.

229    Zweitens ist auch das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, mit dem sie unter Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten, dessen Glaubwürdigkeit von der Kommission in Abrede gestellt wird, geltend machen, die Händler von Crédit Agricole hätten in Anbetracht ihrer Handelspositionen kein konkretes Interesse gehabt, sich an den in Rede stehenden Manipulationen, insbesondere an der vom 19. März 2007, zu beteiligen. Im Wesentlichen argumentieren die Klägerinnen, dass die Beteiligung an Praktiken zur Beeinflussung der Höhe der Referenzzinssätze „keinen Sinn“, ergeben habe, es sei denn, die Händler hätten rechtzeitig über die Informationen verfügt, um davon profitieren zu können, und hätten „enorme Handelspositionen“ aufgebaut.

230    Unabhängig von der Frage, ob die Daten, auf die sich die Klägerinnen stützen, in Bezug auf die bezweckte Wettbewerbsbeschränkung zuverlässig sind, was nach dem angefochtenen Beschluss beim Informationsaustausch über Manipulationen der Referenzzinssätze der Fall ist, braucht jedoch nicht geprüft zu werden, ob ein Unternehmen ein geschäftliches Interesse an der Beteiligung daran hatte, wenn seine Beteiligung an Verhaltensweisen, die den Wettbewerb beschränken können, erwiesen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, EU:C:2007:52, Rn. 44 bis 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

231    Wenn man sie als erwiesen unterstellt, können die von den Klägerinnen vorgebrachten Umstände allenfalls belegen, dass der Händler von Crédit Agricole, da er insbesondere am 19. März 2007 über keine bedeutende Handelsposition verfügte, aus dem Plan, an dem er beteiligt war, keine bedeutenden Vorteile gezogen hat und dass somit der Informationsaustausch zwischen den Händlern keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen auf den Markt hatte. Diese Frage ist jedoch irrelevant, wenn es um Verhaltensweisen geht, die eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn.123 und 124). Ein solches Argument könnte sich somit gegebenenfalls als relevant erweisen, wenn die Klägerinnen dartun, dass die Kommission einen Fehler begangen hat, als sie festgestellt hat, dass die in Rede stehenden Verhaltensweisen eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellten, was im Rahmen des vierten Klagegrundes zu prüfen ist.

232    Soweit die Klägerinnen mit diesem Argument einen Gegenbeweis vorlegen wollen, um die Vermutung zu widerlegen, dass der Händler von Crédit Agricole durch seine Teilnahme an der Abstimmung mit dem Händler von Barclays und seine Aktivität auf dem Markt zwangsläufig die mit seinem Wettbewerber ausgetauschten Informationen berücksichtigt hat, um sein Verhalten auf diesem Markt, im vorliegenden Fall seine Handelsstrategie, auf der Grundlage der bevorstehenden Manipulation festzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 121, und vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission, C‑199/92 P, EU:C:1999:358, Rn. 162), ist festzustellen, dass die bloße Behauptung, dass der Händler zum Zeitpunkt der beabsichtigten Manipulation keine bedeutende Position gehalten habe oder dass seine Bank eine im Widerspruch zu einem Kartell stehende Position gehalten habe, keinen hinreichenden Gegenbeweis darstellt, da diese Gesichtspunkte für sich genommen nicht die Vermutung ausschließen, dass es die Abstimmung dem Händler ermöglicht hat, die Unsicherheiten hinsichtlich seines Marktverhaltens auszuräumen, so dass der normale Wettbewerb dadurch verhindert, beschränkt oder verfälscht werden konnte (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 5. Dezember 2013, Solvay Solexis/Kommission, C‑449/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:802, Rn. 39).

233    Drittens ist der Umstand, dass sich ein Unternehmen nicht an allen Bestandteilen eines Kartells beteiligt hat oder dass es, soweit es beteiligt war, eine untergeordnete Rolle gespielt hat, für den Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung dieses Unternehmens irrelevant. Diese Gesichtspunkte, die die Anzahl und die Intensität der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen betreffen, dürfen nur bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung oder der mildernden Umstände und gegebenenfalls bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 86 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 197 und 199 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Somit ist das Vorbringen der Klägerinnen, mit dem dargetan werden soll, dass Crédit Agricole bei den in Rede stehenden Manipulationen in Anbetracht des Umstands, dass sie durch einen Händler der Bank A und einen Händler der Bank D erdacht, organisiert und durchgeführt wurden, eine in qualitativer und quantitativer Hinsicht untergeordnete Rolle gespielt hat, im Rahmen der Prüfung ihrer Beteiligung an dem in Rede stehenden Verhalten als ins Leere gehend zurückzuweisen.

234    Ebenso kann viertens der Umstand, dass Crédit Agricole ein kleiner Akteur auf dem Markt für Euro-Zinsderivate (Euro Interest Rate Derivatives [EIRD]) ist, selbst wenn dies erwiesen wäre, ihre Beteiligung an dem in Rede stehenden Verhalten nicht in Frage stellen, da sie auf diesem Markt tätig ist. Wie die Kommission im Wesentlichen geltend macht, ermöglichte der Austausch vertraulicher Informationen über die beabsichtigten Manipulationen der Referenzzinssätze den an diesem Austausch Beteiligten unabhängig von der Marktposition ihrer Bank, ihre Handelsstrategie anzupassen, indem sie ihre Portfolios speziell so zusammenstellten, dass sie aus ihrer Kenntnis künftiger Manipulationen einen Nutzen ziehen und ihre Gewinne maximieren oder ihre Verluste minimieren konnten.

235    Nach alledem ist der dritte Klagegrund vorbehaltlich der Prüfung des vierten Klagegrundes (siehe oben, Rn. 230 und 231) zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

3.      Zu der von der Kommission vorgenommenen Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung (fünfter, sechster und siebter Klagegrund)

[nicht wiedergegeben]

a)      Zum sechsten Klagegrund, mit dem bestritten wird, dass Crédit Agricole vom Vorliegen eines „Gesamtplans“ wusste und sich daran beteiligen wollte

[nicht wiedergegeben]

1)      Zur Frage, ob Crédit Agricole vom Vorliegen eines „Gesamtplans“ wusste

[nicht wiedergegeben]

i)      Zur Frage, ob Crédit Agricole von den von anderen Banken beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhaltensweisen wusste, die in Versuchen bestanden, den Euribor zu manipulieren

[nicht wiedergegeben]

402    Mit der Kommission ist festzustellen, dass Letztere über unmittelbare Beweise dafür verfügt, dass Crédit Agricole wusste, dass sie mit anderen Banken an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt war, da ihre Händler wussten oder vernünftigerweise vorhersehen konnten, dass der oben in Rn. 401 genannte Informationsaustausch Teil eines über den Rahmen des bilateralen Informationsaustauschs hinausgehenden „Gesamtplans“ war.

403    Erstens weist die Kommission im 467. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht darauf hin, dass sich die Kenntnis von Crédit Agricole über das Vorliegen eines „Gesamtplans“ und die Beteiligung anderer Banken an diesem Plan aus dem Gespräch vom 16. Oktober 2006 ergebe.

404    Bei diesem Gespräch forderte der Händler von Barclays den Händler von Crédit Agricole auf, seine Treasury-Abteilung um eine hohe Euribor-1M-Quotierung zu ersuchen. Bevor der Händler von Crédit Agricole dieser Aufforderung nachkam, fragte er, welchen Vorteil er daraus ziehen könne, worauf der Händler von Barclays antwortete, dass er von ihm ein „Fixing“ nach seinen eigenen Handelspositionen verlangen könne („was du willst, das Recht, von mir Fixings zu verlangen, wo du willst und wann du sie brauchst“). Später fragte der Händler von Crédit Agricole den Händler von Barclays, wie er sich trotz des niedrigen Euribor aus der Affaire gezogen habe. Der Händler von Barclays dankte ihm daraufhin für seine Zusammenarbeit bei der Quotierung seiner Bank und erklärte, dass er dank der hohen Quotierungen bestimmter Banken („Kumpel“) die niedrigen Quotierungen der anderen Banken habe aufwiegen können („wenn einige Kumpel nicht da gewesen wären … ich habe bei dieser Sache mindestens [vier] Banken gegen mich“).

405    Aus diesen Gesprächen wird zum einen ersichtlich, dass sich der Händler von Crédit Agricole bewusst war, dass die hohe Quotierung, die er versprochen hatte, von seiner Treasury-Abteilung zu verlangen, Teil eines „Gesamtplans“ war, der auf die Manipulation des Euribor-1M dieses Tages abzielte, der durch die koordinierten Quotierungen mehrerer Banken in die Höhe getrieben werden sollte. Er hat somit durch sein Verhalten zur Verwirklichung dieses Plans beigetragen. Zum anderen hat der Händler von Barclays durch seinen Hinweis, dass er ihn zu anderen Zeitpunkten nach seinen eigenen Interessen um „Fixings“ ersuchen könne, dem Händler von Crédit Agricole zu verstehen gegeben, dass es sich nicht um einen isolierten Versuch einer Manipulation des Euribor handelte, sondern vielmehr um eine Praxis, die wiederholt werden könnte.

406    Zweitens weist die Kommission im 461. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auch zu Recht darauf hin, dass sich diese Kenntnis von Crédit Agricole sowohl über das Vorliegen eines „Gesamtplans“ als auch über die Beteiligung anderer Banken aus dem Gespräch vom 14. Februar 2007 ergebe.

407    Zum einen geht aus diesem Gespräch hervor, dass der Händler von Barclays den Händler von Crédit Agricole informiert hat, worin die für den International Monetary Market (IMM)-Termin vom 19. März 2007 beabsichtigte Manipulation – um deren Geheimhaltung er bat – bestehen sollte, nämlich in einer Manipulation des Spreads zwischen zwei Derivaten – den auf dem Euribor-3M beruhenden Zins-Futures und den auf dem Euro Over-Night Index Average (EONIA) beruhenden Zins-Swaps – am 19. März 2007 („die Basis wird eng sein“, „Spread auf vier“ [d. h. der Spread zwischen dem EONIA und dem Euribor-3M würde sich auf vier Basispunkte verringern]). Er teilte ihm auch die anderen Bestandteile des Plans mit, die zu seinem Erfolg beitragen könnten, und wies ihn darauf hin, dass eine schrittweise Erhöhung der „Käuferpositionen“ für die an den Euribor-3M gebundenen Zins-Futures gefolgt von einer Senkung am Spotmarkt durch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen erfolgen müsse („du zahlst den EONIA und du kaufst Futures … auf dem IMM; am Tag des IMM drückst du das Cash nach unten …“) erfolgen müsse, d. h. es sollten „Verkäuferpositionen“ für den EONIA und „Käuferpositionen“ für den Euribor im Hinblick auf das Fixing vom 19. März 2007 geschaffen werden und es sollte am Tag des Fixings der Spotmarkt nach unten gedrückt werden. Zum anderen teilte der Händler von Barclays dem Händler von Crédit Agricole mit, dass sich die Deutsche Bank an diesem „Gesamtplan“ beteilige („die Treasury-Abteilung der Deutschen ist mit im Boot“) und wies ihn darauf hin, dass es von Vorteil wäre, vier oder fünf Banken in den Plan einzubeziehen („wenn es gelingt, vier bis fünf Treasury-Abteilungen ins Boot zu holen, verstehst du?“).

408    Daraus ergibt sich, dass der Händler von Crédit Agricole über die Beteiligung der Deutschen Bank an dem beschriebenen Plan informiert wurde. Außerdem wusste der Händler von Crédit Agricole, auch wenn die Identität der anderen Banken nicht offengelegt wurde, dass der Händler von Barclays beabsichtigte, eine Reihe von Banken in diesen Plan einzubeziehen.

409    Folglich ist die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass Crédit Agricole von den von anderen Beteiligten des Kartells beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste, das in der Verfolgung des Ziels bestand, den Cashflow durch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zur Manipulation des Euribor vom 16. Oktober 2006 und 19. März 2007 zu verändern.

410    Zudem konnte die Kommission, auch wenn sie über keine unmittelbaren Beweise dafür verfügte, dass die Händler von Crédit Agricole von der Beteiligung anderer Banken an anderen Versuchen einer Manipulation des Euribor wussten, die Crédit Agricole gegenüber geltend gemacht wurden, davon ausgehen, dass diese Händler eine solche Beteiligung im Sinne der oben in Rn. 354 angeführten Rechtsprechung vernünftigerweise vorhersehen konnten, da Crédit Agricole seit dem 16. Oktober 2006 über die Beteiligung der anderen Banken an dieser Art von Verhalten informiert war. Crédit Agricole hätte daher vernünftigerweise vorhersehen können, dass jeder andere Manipulationsversuch nur durch eine abgestimmte Verhaltensweise mehrerer Banken erfolgen würde. Die Klägerinnen machen daher zu Unrecht geltend, dass die Kenntnis der Händler von der Beteiligung anderer Banken an den versuchten Zinssatzmanipulationen allein auf die Manipulationen vom 16. Oktober 2006 und vom 19. März 2007 oder auf einen bestimmten Zeitraum der Beteiligung von Crédit Agricole an der von der Kommission angenommenen einheitlichen Zuwiderhandlung beschränkt werden müsse.

411    In diesem Zusammenhang ist es irrelevant, dass Crédit Agricole nicht über die Intensität und die tägliche Regelmäßigkeit der Kontakte, insbesondere zwischen den Händlern von Barclays und der Deutschen Bank, sowie über die mehr oder weniger engen Kontakte, die der Händler von Barclays mit den anderen beteiligten Banken unterhielt, informiert war.

412    Es ist auch unerheblich, dass sich der Händler von Crédit Agricole im Hinblick auf die Durchführbarkeit der für den 19. März 2007 geplanten Manipulation skeptisch gezeigt hat. Der Umstand, dass er nicht an den Erfolg des Plans glaubte – was jedoch aus seiner Stellungnahme nicht eindeutig hervorgeht, sagte er doch: „Jedenfalls ist es einen Versuch wert.“ –, beweist keineswegs, dass ihm die Beteiligung der Deutschen Bank und gegebenenfalls der anderen Banken an der Durchführung dieses Plans nicht bekannt war.

ii)    Zur Frage, ob Crédit Agricole von den anderen Verhaltensweisen wusste, die Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung waren und von anderen Unternehmen beabsichtigt oder an den Tag gelegt wurden

413    Was die Frage anlangt, ob die Kommission Crédit Agricole für ihre Beteiligung an der einheitlichen Zuwiderhandlung sämtliche Verhaltensweisen der anderen betreffenden Banken zurechnen durfte, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Unterschied dazu, was für die Kenntnis von Crédit Agricole vom Vorliegen eines Gesamtplans mit dem Ziel der Manipulation des Euribor durch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zu verschiedenen Zeitpunkten gilt (siehe oben, Rn. 402 bis 408), im angefochtenen Beschluss keinen unmittelbaren Beweis dafür angeführt hat, der die Feststellung erlaubt, dass Crédit Agricole wusste oder hätte wissen müssen, dass der Informationsaustausch ihrer Händler mit dem Händler von Barclays über Informationen zu Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten über den bilateralen Informationsaustausch hinausging und Teil eines „Gesamtplans“ war, an dem andere Banken beteiligt waren.

414    Ebenso wenig lässt sich anhand der mittelbaren Beweise in ihrer Gesamtheit als Indizienbündel rechtlich hinreichend nachweisen, dass Crédit Agricole von einem solchen Gesamtplan wusste oder hätte wissen müssen oder dass sie dessen Vorliegen vernünftigerweise hätte vorhersehen können, was es rechtfertigen könnte, ihr sämtliche Verhaltensweisen der anderen Banken, die unter dieses einheitliche Ziel fallen, zuzurechnen, unabhängig davon, ob sie unmittelbar daran beteiligt war oder nicht.

415    Insoweit enthält der angefochtene Beschluss in seinen Erwägungsgründen 457 bis 465 lediglich Gründe, die sich auf das Wesen des Kartells und die Funktionsweise des EIRD-Markts beziehen, also Gründe, die alle am Kartell beteiligten Banken betreffen und die oben in Rn. 396 aufgeführt worden sind. Diese Gründe erlauben es weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit, Crédit Agricole die anderen als die oben in den Rn. 409 und 410 angeführten Verhaltensweisen der anderen Banken zuzurechnen, an denen sie sich gemäß dem angefochtenen Beschluss nicht unmittelbar beteiligt hat. Eine solche Zurechnung verstieße nämlich gegen die oben in Rn. 360 angeführte Rechtsprechung.

416    Die Klägerinnen machen zu Recht geltend, dass die Kommission keinen Zusammenhang herstelle zwischen zum einen dem im 458. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten spezifischen Kontext, in dem die Händler tätig seien, d. h. dem Umstand, dass sie registriert und kontrolliert würden, dass die Kontakte ausschließlich bilateral seien, dass sie eine verschlüsselte Sprache verwendeten und dass sie einander regelmäßig und immer für die gleiche Art von Geschäften gegenseitig kontaktierten, und zum anderen der Kenntnis, die Crédit Agricole von den Verhaltensweisen der anderen Banken gehabt habe oder hätte haben müssen, die sich auf die Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten bezogen hätten, an denen sie nicht beteiligt gewesen sei.

417    Hierzu trägt die Kommission vor, der 458. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sei in Verbindung mit seinen Erwägungsgründen 459 bis 464 zu sehen. Es ist jedoch zunächst festzustellen, dass die in den Erwägungsgründen 459 bis 462 des angefochtenen Beschlusses dargelegten Gründe höchstens dafür sprechen könnten, dass die Händler hätten wissen müssen, dass andere Banken an den Verhaltensweisen mit dem Ziel der Manipulation des Euribor beteiligt waren, aber nicht, dass sie an Verhaltensweisen beteiligt waren, die in einem Informationsaustausch über Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten bestanden.

418    Erstens trifft die im 459. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung, wonach die Händler aufgrund ihrer bilateralen Kontakte gewusst hätten, dass die Händler anderer Banken bereit gewesen seien, sich an der gleichen Art von Kartellverhalten betreffend Preisgestaltungselemente und andere EIRD-Handelsbedingungen zu beteiligen, auf Crédit Agricole nur in Bezug auf den Informationsaustausch über die Manipulationen des Euribor zu (siehe oben, Rn. 403 bis 408). Dagegen hat der Händler von Barclays in keinem der bilateralen Gespräche über Preisfestsetzungsstrategien dem Händler von Crédit Agricole mitgeteilt, dass die anderen Händler an einem solchen Informationsaustausch beteiligt gewesen seien oder dass dieselben Informationen mit den anderen Händlern ausgetauscht worden wären.

419    Zweitens ist die Bezugnahme im 460. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf, dass es unter den Marktteilnehmern „gemeinhin bekannt“ sei, dass das Verfahren zur Festlegung der Referenzzinssätze deklaratorisch sei und dass die Quotierungen folglich von den Panel-Banken je nach ihren Interessen zum Zeitpunkt der Einreichung verschoben werden könnten – selbst wenn man davon ausgeht, dass dies erwiesen ist –, nur für die Praktiken relevant, die auf die Manipulation dieser Referenzzinssätze abzielen. Gleiches gilt für den in den Erwägungsgründen 461 und 462 des angefochtenen Beschlusses angeführten Umstand – wenn man davon ausgeht, dass er für die Feststellung der Kenntnis von der Beteiligung anderer Banken an den kollusiven Verhaltensweisen relevant ist –, dass die Händler nicht darüber in Unkenntnis hätten sein können, dass die potenziellen Auswirkungen auf den Referenzzinssatz im Verhältnis zur Anzahl der beteiligten Banken steigen würden, wenn mehr Banken ihre Quotierungen am selben Tag und für dieselbe Laufzeit des Euribor änderten, so dass der Erfolgsgrad der kollusiven Verhaltensweisen zu einem großen Teil von der Beteiligung zusätzlicher Banken abhängig gewesen sei. Dagegen kann kein Zusammenhang hergestellt werden zwischen dem Verfahren zur Festlegung der Höhe des Euribor mittels Quotierungen der Mitglieder des Panels, auf das sich diese Aussagen beziehen, und den im 358. Erwägungsgrund Buchst. g des angefochtenen Beschlusses genannten Verhaltensweisen, die den Informationsaustausch über Absichten und die Strategie in Bezug auf die Preisfestsetzung, wie „Runs“ oder „Mids“, betreffen.

420    Sodann sind die im 463. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Umstände, wonach erstens die Händler der betreffenden Banken seit mehreren Jahren im EIRD-Sektor tätig gewesen seien, zweitens bilaterale Kontakte mit Händlern von Banken, die zu den wichtigsten Marktakteuren gehörten, unterhalten worden seien und sich drittens die Händler nicht überrascht gezeigt hätten, wenn sie zwecks Abstimmung angesprochen worden seien, für den Nachweis der Kenntnis von den Verhaltensweisen, an denen Crédit Agricole nicht unmittelbar beteiligt war, unerheblich. Wie die Klägerinnen geltend machen, beruht im Übrigen die Kenntnis von der „Macht des Netzes, das hinter dem Händler stand, der mit ihnen wettbewerbswidrige Gespräche führte“, auf die auch im 463. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen wird, auf einer bloßen Spekulation, die durch keinen Beweis dafür gestützt wird, dass Crédit Agricole von der Existenz und der Macht eines solchen Netzes wusste, und die nicht aus dem Informationsaustausch vom 14. Februar 2007 zwischen dem Händler von Crédit Agricole und dem von Barclays abgeleitet werden kann, auf den sich die Kommission zur Stützung dieser Erwägung beruft. Aus diesem Informationsaustausch geht zwar hervor, dass der Händler von Crédit Agricole über die Beteiligung der Deutschen Bank an den Versuchen einer Manipulation der Zinssätze und die Absicht des Händlers von Barclays, zusätzliche Banken in diesen Informationsaustausch einzubeziehen, Kenntnis hatte (siehe oben, Rn. 406 bis 408). Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass sie dadurch Kenntnis von der Beteiligung anderer Banken an anderen Verhaltensweisen als denen, die in der Manipulation von Zinssätzen bestanden, hatte und erst recht nicht, dass sie von der Existenz eines Netzes von Kontakten wusste, über das sensible Informationen über Preisfestsetzungsstrategien oder ‑absichten ausgetauscht werden sollten.

421    Schließlich betrifft der von der Kommission im 465. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehobene Umstand, dass die Registrierung der Händler es der Bank erleichterte, rechtswidriges Verhalten ihrer Mitarbeiter aufzudecken, allenfalls die Frage, ob ihr die Verhaltensweisen, an denen die Händler der Bank beteiligt waren, zugerechnet werden können; diese Frage ist im Rahmen der Prüfung des achten Klagegrundes zurückgewiesen worden (siehe oben, Rn. 350). Wie jedoch oben aus Rn. 413 hervorgeht, lässt kein Beweis, der sich gegebenenfalls aus der Registrierung des bilateralen Austauschs von Informationen über Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten zwischen dem Händler von Barclays und den Händlern von Crédit Agricole ergibt, die Annahme zu, dass dieser Informationsaustausch über den bilateralen Austausch hinausging und Teil eines „Gesamtplans“ war, an dem andere Banken beteiligt waren.

422    Die Kommission vertritt offenbar auch die Auffassung, dass deshalb, weil mit allen in Rede stehenden Verhaltensweisen dasselbe Ziel verfolgt worden sei (diese Frage ist Gegenstand des fünften Klagegrundes), der Nachweis, dass Crédit Agricole von der Beteiligung anderer Banken an den in Manipulationsversuchen des Euribor bestehenden Verhaltensweisen gewusst habe oder hätte wissen müssen, ausreiche, um dieselbe Schlussfolgerung hinsichtlich der Kenntnis von Crédit Agricole von der Beteiligung anderer Banken an anderen Verhaltensweisen zu ziehen.

423    Aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass die Feststellung des Vorliegens einer einheitlichen Zuwiderhandlung sich von der Frage unterscheidet, ob die Verantwortung für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit einem Unternehmen zuzurechnen ist (Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 174). Außerdem genügt die bloße Tatsache, dass eine Vereinbarung, an der ein Unternehmen beteiligt war, und ein Gesamtkartell den gleichen Gegenstand haben, nicht, um diesem Unternehmen die Beteiligung am Gesamtkartell zur Last zu legen. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV nur anwendbar ist, wenn eine Willensübereinstimmung zwischen den betreffenden Parteien vorliegt. Das betreffende Unternehmen muss somit die allgemeine Tragweite und die wesentlichen Merkmale des Gesamtkartells kennen (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2014, Soliver/Kommission, T‑68/09, EU:T:2014:867, Rn. 62 und 64 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

424    Daraus folgt, dass Crédit Agricole im vorliegenden Fall die Verantwortung für das gesamte rechtswidrige Verhalten, das Bestandteil der einheitlichen Zuwiderhandlung ist, einschließlich des Informationsaustauschs über die Strategien und Absichten bei der Festsetzung der Preise, an denen sie nicht unmittelbar beteiligt war, nicht allein deshalb zugerechnet werden kann, weil sie zum einen von den die Manipulation des Euribor betreffenden Verhaltensweisen der anderen Banken wusste und zum anderen mit diesen Verhaltensweisen dasselbe Ziel verfolgt wurde wie mit denen, die sich auf Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten bezogen.

425    Folglich ist der Schluss zu ziehen, dass das Indizienbündel, auf das sich die Kommission stützt, bei einer Gesamtwürdigung und zusammen mit den unmittelbaren Beweisen für die Kenntnis von den von anderen Unternehmen beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhaltensweisen, die in Versuchen einer Manipulation des Euribor bestanden und oben in den Rn. 402 bis 412 geprüft worden sind, keinen ernsthaften, genauen und übereinstimmenden Beweisen entspricht, mit denen zweifelsfrei nachgewiesen werden könnte, dass Crédit Agricole wusste, dass ihr Informationsaustausch mit Barclays über Preisfestsetzungsabsichten und ‑strategien über den bilateralen Rahmen hinausging und Teil eines Gesamtplans war, in den auch andere Banken einbezogen waren, oder dass sie dies vernünftigerweise vorhersehen konnte sowie bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen.

426    Nach alledem ist festzustellen, dass die Beteiligung von Crédit Agricole an einer einheitlichen Zuwiderhandlung nur in Bezug auf ihre eigenen Verhaltensweisen im Rahmen dieser Zuwiderhandlung einerseits und die Verhaltensweisen der anderen Banken im Rahmen der Versuche einer Manipulation des Euribor andererseits festgestellt werden kann.

427    Insoweit ist noch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Aufteilung einer Entscheidung der Kommission, in der ein Gesamtkartell als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft wird, nur in Betracht kommt, wenn das genannte Unternehmen im Verwaltungsverfahren in die Lage versetzt wurde, zu erkennen, dass ihm auch jede der Verhaltensweisen, aus denen sie besteht, vorgeworfen wird, und es sich mithin in diesem Punkt verteidigen konnte, und wenn die Entscheidung insoweit hinreichend klar war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 46). Im vorliegenden Fall hat die Kommission sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch im angefochtenen Beschluss eine klare Unterscheidung (siehe oben, Rn. 15) zwischen den verschiedenen Verhaltensweisen getroffen, die den am Kartell beteiligten Banken, darunter Crédit Agricole, vorgeworfen wurden und die die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildeten. Außerdem geht, wie im Wesentlichen oben in Rn. 363 ausgeführt, u. a. aus den Erwägungsgründen 365, 387, 393 und 442 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission die Ansicht vertreten hat, diese Verhaltensweisen bezweckten nicht nur kollektiv, sondern auch einzeln eine Beschränkung des Wettbewerbs.

428    Die Klägerinnen machen daher im Rahmen des sechsten Klagegrundes zu Recht geltend, die Kommission habe Crédit Agricole zu Unrecht andere als die oben in Rn. 426 genannten Verhaltensweisen zugerechnet. Der erste Teil des sechsten Klagegrundes ist daher teilweise begründet.

[nicht wiedergegeben]

B.      Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses und zum Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße

[nicht wiedergegeben]

1.      Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses

[nicht wiedergegeben]

a)      Zur Verwendung aktualisierter Bareinnahmen für die Berechnung des Umsatzes

[nicht wiedergegeben]

1)      Zur Bestimmung des von der Kommission angewandten Abzinsungsfaktors von 98,849 %

[nicht wiedergegeben]

i)      Zur Beachtung der Begründungspflicht bei der Bestimmung des Abzinsungsfaktors im angefochtenen Beschluss

[nicht wiedergegeben]

512    Nach alledem ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Festsetzung des Abzinsungsfaktors auf 98,849 % unzureichend begründet ist.

513    Die vorliegende Rüge des vierten Teils des neunten Klagegrundes könnte sich jedoch als unbegründet erweisen, wenn sich herausstellte, dass die Kommission den so festgestellten Begründungsmangel durch den Erlass des Änderungsbeschlusses behoben hat (siehe oben, Rn. 21 bis 23). Daher sind die Klagegründe zu prüfen, die die Klägerinnen im Rahmen des Anpassungsschriftsatzes geltend machen und mit denen sie den Erlass des letztgenannten Beschlusses durch die Kommission beanstanden.

ii)    Zum Änderungsbeschluss

[nicht wiedergegeben]

516    Insoweit machen die Klägerinnen geltend, die Kommission sei nicht befugt gewesen, den vom Gericht im Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), festgestellten Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses durch den Änderungsbeschluss zu beheben.

517    Zwar könne die Kommission einen Beschluss nach dessen Erlass grundsätzlich ändern, sie sei aber nicht befugt, wie im vorliegenden Fall einen Beschluss zu erlassen, mit dem die unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses im Laufe des auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichteten Gerichtsverfahrens berichtigt oder ergänzt werde, ohne erneut einen verfügenden Teil dieses Beschlusses zu erlassen. An der Befugnis der Kommission für den Erlass des Änderungsbeschlusses fehle es umso mehr, als sie in Wirklichkeit eine andere Begründung als im angefochtenen Beschluss anführe.

518    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen und vertritt die Ansicht, dass es ihr freigestanden habe, unter Beachtung der hierfür im Vertrag vorgesehenen Formvorschriften und Verfahren den Änderungsbeschluss zu erlassen, um die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu ergänzen, indem sie die zur Bestimmung des Abzinsungsfaktors angewandte Methode weiter erläutert habe, ohne sie zu ändern. Die Rechtsprechung zur Unmöglichkeit, eine mangelhafte Begründung einer Einzelfallentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens zu heilen, ist ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Da die Klägerinnen durch den Erlass des Änderungsbeschlusses die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Klageschrift anzupassen, um die Gültigkeit der fraglichen Methode in Frage zu stellen, seien ihre Verfahrensrechte gewahrt worden und könne das Gericht seine gerichtliche Kontrolle in vollem Umfang ausüben.

519    Insoweit ist mit der Kommission festzustellen, dass ihre Befugnis, einen bestimmten Rechtsakt zu erlassen, zwangsläufig die Befugnis einschließen muss, diesen Akt unter Beachtung der Bestimmungen über ihre Zuständigkeit sowie unter Beachtung der insoweit im Vertrag vorgesehenen Formvorschriften und Verfahren zu ändern (Urteil vom 9. Dezember 2014, Lucchini/Kommission, T‑91/10, EU:T:2014:1033, Rn. 108), was von den Klägerinnen eingeräumt wird.

520    Mit den Klägerinnen ist jedoch festzustellen, dass aus dem verfügenden Teil des Änderungsbeschlusses sowie aus seinen Erwägungsgründen 11 bis 13 ausdrücklich hervorgeht, dass dieser nur die Begründung des angefochtenen Beschlusses ergänzen soll, ohne den verfügenden Teil dieses Beschlusses zu ändern, und dass dessen Art. 1 Buchst. a und Art. 2 Buchst. a daher „in Kraft bleiben“.

521    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission mit dem Erlass des Änderungsbeschlusses keinen Beschluss zur Änderung des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses erlassen hat, sondern lediglich die Begründung ergänzt hat, die dem verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses zugrunde liegen soll, was sie vor dem Gericht im Wesentlichen bestätigt (siehe oben, Rn. 518).

522    Daraus folgt, dass der Änderungsbeschluss nicht als neuer Beschluss angesehen werden kann, mit dem der angefochtene Beschluss im Sinne der oben in Rn. 519 angeführten Rechtsprechung geändert wird, sondern einer von der Beklagten im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgenommenen Ergänzung der Begründung gleichzustellen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Begründung dem Betroffenen jedoch grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 149, vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 46).

523    Es gibt weder ein Recht der Unionsorgane, ihre unzulänglich begründeten Entscheidungen vor dem Unionsrichter nachzubessern, noch eine Pflicht des Unionsrichters, ergänzende Erläuterungen, die der Urheber des fraglichen Rechtsakts erst im Lauf des gerichtlichen Verfahrens vorgebracht hat, bei der Prüfung, ob die Begründungspflicht erfüllt wurde, zu berücksichtigen. Eine derartige Rechtslage brächte die Gefahr mit sich, die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Verwaltung und dem Unionsrichter aufzuweichen, die Rechtmäßigkeitskontrolle zu schwächen und die Ausübung des Rechts auf Einlegung von Rechtsbehelfen zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 58).

524    Nähere während des Gerichtsverfahrens gemachte Angaben des Autors einer angefochtenen Entscheidung, die eine für sich bereits ausreichende Begründung ergänzen, fallen nicht unter die eigentliche Begründungspflicht, auch wenn sie für die innere Kontrolle der Entscheidungsgründe durch den Unionsrichter nützlich sein können, da das Organ so die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen erläutern kann. Zusätzliche Erläuterungen über seine Begründungspflicht hinaus können den Unternehmen daher nähere Angaben zur Berechnungsweise der gegen sie verhängten Geldbuße verschaffen sowie darüber hinaus zur Transparenz des Verwaltungshandelns beitragen und dem Gericht die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung erleichtern, in deren Rahmen es außer der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auch die Angemessenheit der festgesetzten Geldbuße zu beurteilen hat. Diese Befugnis ändert jedoch nichts am Umfang der Begründungspflicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, EU:C:2000:626, Rn. 45 und 47).

525    Wie oben aus Rn. 512 hervorgeht, ist im vorliegenden Fall der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Bestimmung des Abzinsungsfaktors unzureichend begründet. Die Kommission hat keine Umstände angeführt, die belegen würden, dass sie praktisch außerstande war, den angefochtenen Beschluss in rechtlich hinreichender Weise zu begründen, und unter denen eine ergänzende Begründung während eines gerichtlichen Verfahrens ausnahmsweise zugelassen werden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 59). Die Frage, ob die im Änderungsbeschluss eingehender erläuterte Methode dem angefochtenen Beschluss zugrunde lag, braucht daher nicht geprüft zu werden, weshalb sich die von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme der Beweisaufnahme erübrigt. Somit ist festzustellen, dass in Anwendung der oben in den Rn. 522 bis 524 angeführten Rechtsprechung die von der Kommission im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vorgenommene Ergänzung der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht akzeptiert werden kann.

526    Unter diesen Umständen ist den von den Klägerinnen im Rahmen des ersten Klagegrundes des Anpassungsschriftsatzes vorgebrachten Rügen stattzugeben und die ergänzende Begründung, die durch den Änderungsbeschluss im Laufe des Verfahrens vorgelegt wurde, zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, die übrigen Anträge, Rügen und Klagegründe, die die Klägerinnen im Rahmen dieses Schriftsatzes geltend gemacht haben, zu prüfen oder die von ihnen vorgeschlagene prozessleitende Maßnahme zu erlassen, die sich auf die Stichhaltigkeit der Ausführungen im Änderungsbeschluss zur Bestimmung des Abzinsungsfaktors bezieht.

527    Nach alledem ist die Rüge einer unzureichenden Begründung des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Bestimmung des Abzinsungsfaktors begründet.

b)      Zur Inkohärenz der von den Banken angewandten Methoden zur Berechnung der Umsätze und zum Verstoß gegen die Grundsätze der guten Verwaltung und der Gleichbehandlung aufgrund der fehlenden Kontrolle durch die Kommission in diesem Punkt

[nicht wiedergegeben]

1)      Zur Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der guten Verwaltung wegen unzureichender Überprüfung der von den Banken vorgelegten Daten

557    Im Rahmen des zweiten Teils des neunten Klagegrundes werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe dadurch gegen den Grundsatz der guten Verwaltung verstoßen, dass sie nicht geprüft habe, ob die Antworten auf den Fragebogen zum Umsatz kohärent seien, und nach Erhalt der Daten keine ergänzende Untersuchungsmaßnahme ergriffen habe, um die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu gewährleisten.

558    Die Kommission trägt vor, sie habe „alle Vorkehrungen getroffen, um Divergenzen zwischen den von den Banken mitgeteilten Werten zu vermeiden“, da sie an alle Parteien das gleiche genaue und detaillierte Auskunftsverlangen gerichtet, für die Koordinierung gesorgt und verlangt habe, dass den Antworten ein methodischer Vermerk beigefügt und die Richtigkeit der vorgelegten Berechnungen durch eine unabhängige externe Prüfung bestätigt werde.

559    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht allgemein verpflichtet ist, die in Beantwortung eines Auskunftsverlangens erteilten Auskünfte zu überprüfen, sofern keine Indizien für die Unrichtigkeit dieser Auskünfte vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Spira/Kommission, T‑108/07 und T‑354/08, EU:T:2013:367, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

560    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass mehrere Indizien im Sinne der oben in Rn. 559 angeführten Rechtsprechung die Kommission hätten veranlassen müssen, daran zu zweifeln, dass die von den Banken angewandten Methoden zur Bereitstellung der verlangten Daten hinreichend einheitlich sind.

561    Erstens bestreitet die Kommission nicht, dass sie von den Parteien über die Schwierigkeiten unterrichtet wurde, die diese bei der Beantwortung des Fragebogens hatten. Entgegen dem Vorbringen der Kommission belegt im Übrigen der von den Klägerinnen vorgebrachte Umstand, dass Société Générale (703. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, siehe oben, Rn. 11) und JP Morgan (680. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) von sich aus berichtigte Daten vorgelegt haben, mit denen die ursprünglich vorgelegten Daten erheblich berichtigt wurden, dass es diese Schwierigkeiten gab. Es ist darauf hinzuweisen, dass diese überarbeiteten Daten von der Kommission akzeptiert wurden.

562    Zweitens weisen die Klägerinnen ebenfalls zu Recht auf die Unterschiede zwischen den von den einzelnen betroffenen Banken vorgelegten methodischen Anmerkungen hin, die sowohl in einem erheblichen Unterschied in der Länge als auch in einem heterogenen Niveau der von den Banken gelieferten Informationen bestünden.

563    Drittens weisen die Klägerinnen auf Inkohärenzen zwischen den von den betreffenden Banken gemeldeten fiktiven Beträgen als Indiz für Inkohärenzen der Daten hin, die von den Parteien als Antwort auf das Auskunftsverlangen vorgelegt worden seien. Zwar hat die Kommission, wie sie im 700. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, den Umsatz im vorliegenden Fall nicht auf fiktive Beträge, sondern auf die Bareinnahmen gestützt. Aus dem Bericht über den Umsatz geht jedoch hervor, dass die von den verschiedenen Banken bereitgestellten fiktiven Beträge und die Bareinnahmen nicht miteinander in Einklang stehen. Daraus ergibt sich, dass die Höhe der fiktiven Beträge als Indiz für eine Inkohärenz in den zur Beantwortung des Auskunftsverlangens der Kommission angewandten Methoden, auch in Bezug auf die Bestimmung der Bareinnahmen der Banken, nicht gänzlich unerheblich ist.

564    In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen die Kommission bei der Anhörung auf gewisse Widersprüche in den Antworten der anderen Parteien auf die Auskunftsverlangen aufmerksam gemacht hatten (siehe oben, Rn. 58 und 60).

565    Angesichts dieser Indizien war es Sache der Kommission, ihre Untersuchung unter Beachtung des Grundsatzes der guten Verwaltung und insbesondere ihrer Pflicht zu sorgfältiger Prüfung fortzusetzen, um sicherzustellen, dass die Daten hinsichtlich der Bareinnahmen, die eine Bemessungsgrundlage für die Geldbuße bildeten, anhand hinreichend einheitlicher Methoden berechnet wurden, um das Auskunftsverlangen angemessen zu beantworten.

566    In Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts hat die Kommission eingeräumt, dass sie von den Parteien keine Klarstellungen zu den Bestandteilen ihrer Antworten auf das Auskunftsverlangen oder zu den zur Berechnung der erforderlichen Daten verwendeten Methoden verlangt habe.

567    Soweit sich die Kommission auf den Prüfbericht bezieht, der jeder der Antworten der betreffenden Banken beigefügt ist, und im Wesentlichen geltend macht, dass es Sache der Prüfer gewesen sei, die Angemessenheit der zur Beantwortung der Auskunftsverlangen angewandten Methoden zu prüfen (678. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), kann auch dieses Vorbringen keinen Erfolg haben.

568    Aus Abschnitt I.2 Ziff. ii der dem Auskunftsverlangen beigefügten Anweisungen geht nämlich hervor, dass die angeforderten „Daten“ von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einem Prüfer überprüft werden mussten und dass der Antwort eine Bescheinigung darüber beizufügen war, dass die „Daten“ überprüft wurden. Im Gegensatz zu den Ausführungen im 678. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses kann eine solche Anweisung nicht zwangsläufig dahin verstanden werden, dass Berichte oder Meinungen der unabhängigen Prüfer nicht nur die Richtigkeit der vorgelegten Daten, sondern auch bestätigen mussten, dass die Berechnungsmethode für die Zwecke der Beantwortung des Auskunftsverlangens angemessen war. Die Klägerinnen stützen sich insoweit auf die Kommentare, die in den Prüfberichten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu ihren Berechnungen und in den u. a. für die Bank A, die Bank C und JP Morgan erstellten Prüfberichten enthalten sind und deren Richtigkeit von der Kommission nicht bestritten wird. Aus diesen Kommentaren geht hervor, dass die unabhängigen Prüfer der Ansicht waren, dass ihre Aufgabe darin bestanden habe, die ordnungsgemäße Anwendung der von einer Bank gewählten Methode zu überprüfen, und nicht darin, diese Methode im Hinblick auf die sich aus dem Auskunftsverlangen ergebenden Abgrenzungen zu hinterfragen.

569    Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission trotz hinreichender Indizien für Zweifel an der Einheitlichkeit der von den betreffenden Banken zur Berechnung ihrer Bareinnahmen angewandten Methoden unter Verstoß gegen ihre Pflicht zu sorgfältiger Prüfung, die sie nach der oben in Rn. 537 angeführten Rechtsprechung trifft, keine zusätzlichen Untersuchungsmaßnahmen ergriffen hat. Unter den Umständen des vorliegenden Falles könnte ein solcher Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung jedoch nur dann zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen, wenn die Klägerinnen nachweisen, dass die in Rede stehenden methodischen Unterschiede dazu geführt haben, dass die Grundbeträge der verhängten Geldbußen unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung berechnet wurden.

2)      Zur Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bei der Berechnung des Betrags der Geldbuße

570    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, im vorliegenden Fall habe ein Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung zu einem Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geführt, da sie ohne ergänzende Ermittlungen den Betrag der Geldbußen unter Berücksichtigung von Daten festgesetzt habe, die nicht hinreichend zuverlässig und kohärent gewesen seien, um eine Grundlage für die Berechnung der Geldbußen darzustellen.

571    Die Klägerinnen weisen jedoch nicht nach, dass im vorliegenden Fall die Anwendung unterschiedlicher Methoden zur Berechnung ihrer Bareinnahmen durch die Banken, die von der Kommission akzeptiert wurden, diese dazu veranlasst hat, nicht vergleichbare Daten der verschiedenen Banken zugrunde zu legen und somit den Betrag der Geldbuße gegen Crédit Agricole unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu bestimmen.

572    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht der Kommission das Vorliegen von Unterschieden, die erstens den Umfang des von der Bank A berücksichtigten Cashflows, soweit diese bei ihren Berechnungen das feste Element eines Swap-Kontrakts ausgenommen hat, wenn dieser sowohl ein festes als auch ein variables Element hatte, zweitens den Umfang der Aufrechnung (Netting) zwischen den für die Transaktionen gezahlten und eingegangenen Cashflows und drittens den Ausschluss „exotischer“ Produkte betrafen, nur eine unerhebliche Auswirkung auf das Ergebnis der Berechnung der Bareinnahmen und damit auf die Ermittlung des Umsatzes hatte (siehe oben, Rn. 549, 551 und 554).

573    Die Klägerinnen bestreiten, dass die Auswirkungen der methodischen Unterschiede auf die Höhe der Bareinnahmen unerheblich seien.

574    Erstens sei die Feststellung der Kommission im angefochtenen Beschluss nicht nachprüfbar, dass die Auswirkung der von der Bank A angewandten Methode auf den Wert ihrer Bareinnahmen im Hinblick auf den Ausschluss der festen Elemente bei Kontrakten mit sowohl festen als auch variablen Elementen nur 0,1 % betrage und daher unerheblich sei. Sie machen im Wesentlichen geltend, der Zugang zu den Finanzdaten der anderen Parteien, den sie über das Informationsraumverfahren erhalten hätten, sei angesichts des Ausschlusses der Sachverständigen von Crédit Agricole vom Zugang zu den fraglichen Daten und der begrenzten Zugangszeit nicht ausreichend gewesen, um es ihnen zu ermöglichen, wie die Kommission solche Berechnungen vorzunehmen.

575    Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Kommission die Auswirkungen der von Bank A angewandten Methode auf den Wert ihrer Bareinnahmen mit 0,1 % berechnet hat, indem sie sich auf die Berechnungsbögen mit bestimmten Codes stützte, die diese Bank mit ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen vorgelegt hatte (685. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Rechts- und Wirtschaftsberater der Klägerinnen hatten im Rahmen des Informationsraumverfahrens Zugang zu diesen Dokumenten (vgl. Fn. 720 des angefochtenen Beschlusses).

576    Zudem ergibt sich zum einen aus der Prüfung der Rügen betreffend die Verweigerung des Zugangs zu den Daten über den Umsatz, dass die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerinnen nicht dadurch verletzt hat, dass sie ein System des gemischten Zugangs zu den in Rede stehenden Daten eingeführt hat, das darin bestand, externen Beratern von Crédit Agricole im Rahmen des Informationsraumverfahrens Zugang zu vertraulichen Daten zu gewähren (siehe oben, Rn. 173 bis 180). Zum anderen hinderte die Klägerinnen, wenn sie der Ansicht waren, dass die den externen Beratern auf diese Weise gewährte Zugangszeit nicht ausreichend war, nichts daran, bei den Dienststellen der Kommission oder dem Anhörungsbeauftragten einen Antrag auf Verlängerung der Zugangszeit oder einen Antrag auf zusätzlichen Zugang nach demselben Verfahren zu stellen. Einen solchen Antrag haben sie jedoch nicht gestellt.

577    Das Vorbringen der Klägerinnen ist daher nicht geeignet, die Feststellung der Kommission im angefochtenen Beschluss in Frage zu stellen, dass die Auswirkungen von 0,1 % auf den Wert der Bareinnahmen der Bank A unerheblich gewesen seien.

578    Zweitens ist zu den Unterschieden bei den Aufrechnungsmethoden zunächst festzustellen, dass die Klägerinnen nicht bestreiten, dass die tägliche Aufrechnung, wie sie von Crédit Agricole angewandt wird, auf dem Markt üblich ist. Außerdem versuchen die Klägerinnen nicht einmal, darzutun, dass die Anwendung einer monatlichen Aufrechnung statt einer täglichen Aufrechnung erhebliche Auswirkungen auf ihre eigenen Daten zu den Bareinnahmen gehabt hätte.

579    Im Übrigen vertreten die Klägerinnen die Auffassung, dass die Schlussfolgerung der Kommission im 702. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach der Umstand, dass die Banken unterschiedliche Aufrechnungsmethoden angewandt hätten, weder zu erheblichen Abweichungen noch zu einer Ungleichbehandlung geführt habe, durch den Umstand widerlegt werde, dass die Geldbuße der Société Générale im Rahmen des berichtigenden Beschlusses um die Hälfte herabgesetzt worden sei.

580    Zum einen geht jedoch aus dem 703. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission einen Beschluss zur Änderung des Vergleichsbeschlusses in Bezug auf Société Générale erließ, als diese ihr mitteilte, dass sie für einen wesentlichen Teil ihrer Geschäfte keine Aufrechnung vorgenommen habe, und nicht, weil sie ihre Daten durch Anwendung einer anderen Aufrechnungsmethode überarbeitet hätte. Zum anderen geht aus dem 702. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass der Unterschied bei den Berechnungen der Bank C nach den beiden Ansätzen (d. h. tägliche Aufrechnung und monatliche Aufrechnung) etwa 0,4 % beträgt. Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass ein solcher Unterschied unerheblich ist.

581    Drittens ist in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, dass die Klägerinnen kein Argument vorbringen, mit dem sie die aus dem 694. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehenden Ausführungen der Bank A bestreiten, in denen diese erläutert, warum sich der Ausschluss „exotischer“ Produkte aus ihren Berechnungen nur unerheblich ausgewirkt habe.

582    Viertens stützen sich die Klägerinnen auch auf die überarbeiteten Daten, die der Kommission am 14. Oktober 2016 vorgelegt wurden und die gemäß der ihrer Auffassung nach von der Bank A angewandten Methode, d. h. der „Neutralisierung“ des festen Elements und dem Ausschluss der „exotischen“ Produkte, berechnet wurden.

583    Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission im 687. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Weigerung, die von Crédit Agricole vorgelegten überarbeiteten Daten zu akzeptieren, damit begründet hat, dass die Methode, die diese angewandt habe, um diese Daten vorlegen zu können, ungeeignet sei und dass diese Daten unzutreffend seien. Die vorgeschlagene Methode entspreche weder den Anweisungen des Auskunftsverlangens noch der von der Bank A angewandten Methode und sei ohne Bestätigung durch den Prüfer eingereicht worden. Nach Ansicht der Kommission hatten die Klägerinnen u. a. die Bareinnahmen des festen Elements der Swaps von ihren Berechnungen ausgenommen, aber die Beträge der Bareinnahmen, die sich aus der Aufrechnung zwischen dem variablen und dem festen Element ergeben hätten, nicht überarbeitet, was zu niedrigeren Bareinnahmen führe. Die Kommission ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auswirkungen der von Crédit Agricole vorgeschlagenen Methode auf ihre Bareinnahmen rund 43 % betragen würden, so dass erhebliche Unterschiede die Folge seien. Diese Gesichtspunkte reichen aus, um es den Klägerinnen zu ermöglichen, die Gründe zu verstehen, die die Kommission dazu veranlasst haben, sich zu weigern, die überarbeiteten Daten zu akzeptieren, und das Gericht in die Lage zu versetzen, seine gerichtliche Kontrolle im Sinne der oben in Rn. 255 angeführten Rechtsprechung auszuüben. Die Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

584    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass sich nach Ansicht der Kommission (687. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) die Auswirkungen der angewandten Methode auf die Daten von Crédit Agricole auf 43 % belaufen, was im Wesentlichen auch aus dem Antrag der Klägerinnen an das Gericht hervorgeht, im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Betrag der gegen Crédit Agricole verhängten Geldbuße auf diese Höhe herabzusetzen.

585    Selbst wenn die Klägerinnen auf diese Weise darzutun versuchen, dass die Auswirkungen der von der Bank A angewandten Methode auf ihre eigenen Daten hinsichtlich der Bareinnahmen nicht unerheblich gewesen seien, und nicht, auf sie die von der Bank A angewandte Methode anwenden zu lassen (siehe unten, Rn. 588), kann dieses Vorbringen keinen Erfolg haben. Zum einen ist nämlich zwischen den Parteien unstreitig, dass die von der Bank A angewandte Methode nicht dem Auskunftsverlangen entspricht.

586    Zum anderen weisen die Klägerinnen jedenfalls nicht nach, dass die Methode, die sie angewandt haben, um diese überarbeiteten Daten vorlegen zu können, die Methode war, die von der Bank A angewandt wurde. Insoweit bestreiten sie keineswegs die Feststellung der Kommission im 687. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Rn. 583) und versuchen nicht einmal, nachzuweisen, dass sich die „Neutralisierung“ der eingegangenen festen Elemente, die sie vorgenommen hatten, um die überarbeiteten Daten zu berechnen, nur aus dem Ausschluss des festen Elements der Swap-Kontrakte mit sowohl festen als auch variablen Elementen ergab, wie in der von der Bank A angewandten Methode, und nicht auch aus der Aufrechnung der zahlbaren festen Elemente mit den eingegangenen variablen Elementen, wie dies im Wesentlichen von der Kommission im 687. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt worden ist.

587    Somit ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht nachweisen, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Unterschiede bei den von den Banken zur Berechnung ihrer Bareinnahmen angewandten Methoden zu bloß unerheblichen Unterschieden bei den vorgelegten Daten geführt haben. Solche unerheblichen Unterschiede können jedoch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bewirken, da sie nicht dazu führen, dass bei der Berechnung des Betrags der Geldbußen nicht vergleichbare Werte zugrunde gelegt werden.

588    Als Zweites kann in Anbetracht des Umstands, dass die von der Bank A bei der Berechnung der Bareinnahmen angewandte Methode nicht dem Auskunftsverlangen entspricht, das Vorbringen der Klägerinnen nicht durchgreifen, dass die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung die Kommission hätte veranlassen müssen, ihnen zu ermöglichen, die nach der von der Bank A angewandten Methode berechneten Daten vorzulegen, oder die am 14. Oktober 2006 vorgelegten überarbeiteten Daten zu akzeptieren. Hierzu genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns, wonach sich niemand zu seinem Vorteil auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, in Einklang gebracht werden muss (vgl. Urteil vom 16. Juni 2016, Evonik Degussa und AlzChem/Kommission, C‑155/14 P, EU:C:2016:446, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Vorbringen der Klägerinnen läuft in Wirklichkeit darauf hinaus, von der Kommission zu verlangen, dass auf sie eine dem Auskunftsverlangen nicht entsprechende Methode angewandt wird.

589    Daraus folgt, dass die Klägerinnen nicht nachgewiesen haben, dass im vorliegenden Fall die Anerkennung der nach unterschiedlichen Methoden berechneten Daten durch die Kommission dazu geführt hat, dass sich diese auf nicht vergleichbare Daten hinsichtlich der Bareinnahmen gestützt und somit die Geldbuße von Crédit Agricole unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung berechnet hat. Daher sind diese Rüge und damit die zweite Rüge des ersten Teils des neunten Klagegrundes und der zweite Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

2.      Zum Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße

[nicht wiedergegeben]

657    Im vorliegenden Fall ist das Gericht, auch wenn dem Hauptantrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses stattgegeben worden ist, der Auffassung, dass es befugt ist, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben, soweit ihm die Frage nach dem Betrag der Geldbuße zur Beurteilung vorgelegt worden ist, und zwar ungeachtet dessen, dass der Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße hilfsweise zum Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses gestellt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2018, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, EU:T:2018:930, Rn. 551 bis 562).

[nicht wiedergegeben]

662    Im vorliegenden Fall sind bei der Festsetzung des Betrags der Geldbuße zur Ahndung des rechtswidrigen Verhaltens von Crédit Agricole, wie es sich aus der Prüfung der ersten acht Klagegründe ergibt, die folgenden Umstände zu berücksichtigen.

663    Als Erstes ist zur Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung Folgendes festzustellen.

664    Erstens erweist es sich als angebracht, eine Methode zu verwenden, mit der – ebenso wie mit der im vorliegenden Fall von der Kommission angewandten – in einem ersten Schritt ein Grundbetrag ermittelt wird, der dann in einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles angepasst werden kann.

665    Was zunächst den Umsatz als Ausgangspunkt betrifft, sind als Ersatzwert die reduzierten Bareinnahmen zu berücksichtigen. Wie sich nämlich aus der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes ergibt, kann der Wert der reduzierten Bareinnahmen im vorliegenden Fall eine geeignete Ausgangsbasis für die Festsetzung des Betrags der Geldbuße liefern, da dieser Wert die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht des Unternehmens bei der Zuwiderhandlung widerspiegelt.

666    Insoweit ist zwar im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes festgestellt worden, dass bei der Ermittlung der Bareinnahmen durch die Banken in bestimmten Fällen unterschiedliche Ansätze verfolgt wurden. Wie jedoch oben aus Rn. 571 hervorgeht, ergibt sich aus diesen Unterschieden kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

667    Außerdem ist das Gericht der Auffassung, dass eine andere Methode zur Berechnung der Bareinnahmen, wie beispielsweise die Methode, die die Klägerinnen angewandt haben, um die überarbeiteten Daten zu ermitteln, die der Kommission am 14. Oktober 2006 vorgelegt wurden, zur Feststellung der Bareinnahmen nicht besser geeignet wäre. Eine Methode, die den Ausschluss der festen Elemente von Kontrakten mit festen und variablen Elementen, den Ausschluss „exotischer“ Produkte oder die Anwendung einer monatlichen und nicht täglichen Aufrechnung voraussetzt, ist nicht besser geeignet, um im vorliegenden Fall den Umsatz auf den von der geahndeten Zuwiderhandlung betroffenen Märkten zu bestimmen und so das tatsächliche und wirtschaftliche Ausmaß der Zuwiderhandlung sowie den Stellenwert der Unternehmen bei dieser Zuwiderhandlung angemessen widerzuspiegeln. Was erstens EIRD-Kontrakte betrifft, die sowohl über feste als auch über variable Elemente verfügen, spiegelt der Cashflow nämlich, wie oben aus Rn. 188 hervorgeht, die Differenz zwischen dem festen und dem variablen Zinssatz zum Festlegungszeitpunkt wider. Das Gericht ist der Auffassung, dass es keinen Grund gibt, insbesondere Cashflows auszuschließen, die sich aus einem der beiden Elemente solcher EIRD ergeben. Zweitens ist es nicht gerechtfertigt, „exotische“ Produkte bei der Berechnung der Bareinnahmen auszuschließen, obwohl diese ebenfalls Teil des relevanten EIRD-Markts sind. Während sich die Parteien darin einig sind, dass die tägliche Aufrechnung die Marktnorm ist, gibt es drittens im vorliegenden Fall keinen besonderen Umstand, der es rechtfertigt, davon abzuweichen.

668    In Anbetracht dieser Umstände beschließt das Gericht, im Rahmen der Festsetzung des Betrags der Geldbuße den von der Kommission im angefochtenen Beschluss zugrunde gelegten Wert der Bareinnahmen von Crédit Agricole zu berücksichtigen.

669    Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Heranziehung allein der Bareinnahmen als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Geldbuße zur Verhängung einer allzu abschreckenden Geldbuße führen würde. Die Parteien sind sich daher darüber einig, dass es erforderlich ist, diese Bareinnahmen durch Anwendung eines Abzinsungsfaktors zu verringern.

670    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission einen einheitlichen Abzinsungsfaktor von 98,849 % angewandt.

671    Zur Bestimmung dieses Abzinsungsfaktors ist festzustellen, dass er das Ergebnis eines komplexen Vorgangs ist, der mehreren Gesichtspunkten Rechnung trägt, u. a. der Aufrechnung, die beim Handel mit Derivaten im Allgemeinen üblich ist, sowie den Besonderheiten der Aufrechnung mit diesen Produkten, insbesondere mit EIRD. Es handelt sich also um eine Annäherung an einen rechnerisch ermittelten Wert. Somit gibt es per definitionem nicht nur einen einzigen möglichen Abzinsungsfaktor, was im Übrigen dadurch bestätigt wird, dass die Klägerinnen selbst in ihren Schriftsätzen mehrere verschiedene Abzinsungsfaktoren angeführt haben.

672    So könnte beispielsweise nach einer Studie, die der Klageschrift als Anlage beigefügt ist, ein alternativer Abzinsungsfaktor von 99,849 % „auch gerechtfertigt sein“. Darüber hinaus schlagen die Klägerinnen im Zusammenhang mit einer weiteren Studie, die als Anlage zum Anpassungsschriftsatz eingereicht worden ist, mehrere alternative Abzinsungsfaktoren vor, die nach einem individualisierten Ansatz berechnet werden und von 99,54 % bis 99,90 % reichen. Ohne dass jedoch über den Beweiswert dieser Studien oder die Stichhaltigkeit der Methoden zur Bestimmung dieser von den Klägerinnen vorgeschlagenen alternativen Abzinsungsfaktoren entschieden zu werden braucht, ist das Gericht der Auffassung, dass die Anwendung solcher besonders bzw. sogar übermäßig hoher alternativer Abzinsungsfaktoren die Gefahr mit sich brächte, die Sanktion auszuhöhlen, indem sie unerheblich gemacht und damit das Erfordernis beeinträchtigt würde, eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen. Die Anwendung solcher von den Klägerinnen befürworteter alternativer Abzinsungsfaktoren würde daher zur Verhängung einer Geldbuße führen, die weder die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung noch das jeweilige Gewicht von Crédit Agricole bei der Zuwiderhandlung widerspiegelt.

673    Jedenfalls ist zum einen zwischen den Parteien unstreitig, dass der Abzinsungsfaktor mindestens 98,849 % beträgt. Zum anderen weist das Gericht darauf hin, dass die Festsetzung einer Geldbuße im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung kein streng mathematischer Vorgang ist.

674    Was zweitens die Schwere der Zuwiderhandlung anlangt, hält es das Gericht für angemessen, die Art der Zuwiderhandlung, ihren räumlichen Umfang sowie die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis zu berücksichtigen.

675    Zur Art der Zuwiderhandlung ist festzustellen, dass die in Rede stehenden Verhaltensweisen, soweit sie die für die Bestimmung der EIRD-Preise maßgeblichen Faktoren betrafen, ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen gehören. Zudem sind diese Verhaltensweisen insofern besonders schwerwiegend und schädlich, als sie nicht nur den Wettbewerb auf dem EIRD-Markt verfälschen, sondern auch, allgemeiner, das Vertrauen in das Bankensystem und die Finanzmärkte insgesamt sowie ihre Glaubwürdigkeit beeinträchtigen können.

676    Denn wie die Kommission im 721. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, ohne dass dies von den Klägerinnen bestritten worden wäre, gelten die betreffenden Referenzwerte, die in der Preisgestaltung der EIRD zum Ausdruck kommen, für alle Teilnehmer am EIRD-Markt. Da diese Zinssätze auf dem Euro basieren, sind sie zudem von entscheidender Bedeutung für die Harmonisierung der finanziellen Bedingungen im Binnenmarkt und für das Bankgeschäft in den Mitgliedstaaten.

677    Was den räumlichen Umfang der Zuwiderhandlung angeht, erstreckte sich das Kartell, wie aus den Erwägungsgründen 47 und 721 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, zumindest auf den gesamten EWR, so dass die in Rede stehenden Verhaltensweisen Auswirkungen auf die Banktätigkeiten in allen Mitgliedstaaten haben konnten.

678    Zu berücksichtigen ist auch, dass die Händler von Crédit Agricole eingeräumt haben, die mit dem Händler von Barclays vereinbarten Verhaltensweisen umgesetzt zu haben, indem sie Kontakte mit den für die Quotierungen zuständigen Mitarbeitern ihrer Bank hergestellt haben (siehe oben, Rn. 641).

679    Drittens ist auf die Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung, wie sie sich aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, abzustellen, da diese von den Klägerinnen nicht bestritten und von der oben in Rn. 426 getroffenen Schlussfolgerung zur Beteiligung von Crédit Agricole an der in Rede stehenden einheitlichen Zuwiderhandlung nicht berührt wird.

680    Als Zweites stellt das Gericht zu den mildernden Umständen fest, dass Crédit Agricole bei der Zuwiderhandlung eine weniger wichtige Rolle gespielt hat als die Hauptakteure, insbesondere die Bank D und die Bank A. Auch waren die Kontakte, an denen die Händler von Crédit Agricole beteiligt waren, weniger intensiv als die der Hauptakteure. Außerdem ist nicht erwiesen, dass Crédit Agricole wusste oder vernünftigerweise hätte annehmen können, dass andere Banken an einem Informationsaustausch über Preisfestsetzungsabsichten und ‑strategien beteiligt waren, der nicht mit Blick auf Manipulationen der Zinssätze stattfand.

681    Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beteiligung von Crédit Agricole an den rechtswidrigen Verhaltensweisen vorsätzlich war und dass die Klägerinnen nicht nachweisen, dass ihnen im vorliegenden Fall der mildernde Umstand der Fahrlässigkeit zugebilligt werden müsste. Außerdem sind die in Rede stehenden Verhaltensweisen, wie sich oben aus Rn. 675 ergibt, besonders schwerwiegend. Folglich können sich die mildernden Umstände der im Vergleich zu den Hauptakteuren geringeren Intensität der Beteiligung von Crédit Agricole an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung und der weniger bedeutsamen Rolle, die sie dabei spielte, auf den Endbetrag der Geldbuße nur geringfügig auswirken.

682    Als Drittes trägt der vom Gericht festgesetzte Betrag der Geldbuße der Notwendigkeit gebührend Rechnung, gegen Crédit Agricole gemäß den oben in den Rn. 618 bis 624 dargelegten Grundsätzen eine Geldbuße in abschreckender Höhe zu verhängen.

683    Nach alledem hält es das Gericht im Hinblick auf den Grundsatz der individuellen Sanktionsfestsetzung und der Verhältnismäßigkeit der Sanktion bei angemessener Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles für geboten, die Geldbuße auf 110 000 000 Euro festzusetzen, für die die Crédit Agricole SA und CACIB gesamtschuldnerisch haften.

[nicht wiedergegeben]

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 2 Buchst. a des Beschlusses C(2016) 8530 final der Kommission vom 7. Dezember 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate [EIRD]) wird für nichtig erklärt.

2.      Die Geldbuße, für die die Crédit Agricole SA und die Crédit Agricole Corporate and Investment Bank gesamtschuldnerisch haften, wird auf 110 000 000 Euro festgesetzt.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Papasavvas

Kornezov

Buttigieg

Kowalik-Bańczyk

 

      Hesse

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. Dezember 2023.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.


1      Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.