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Vorabentscheidungsersuchen des Landgericht Duisburg (Deutschland) eingereicht am 13. Juni 2023 - HT gegen Mercedes-Benz Group AG

(Rechtssache C-371/23, Mercedes-Benz Group)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Landgericht Duisburg

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: HT

Beklagte: Mercedes-Benz Group AG

Vorlagefragen

Kann ein Konstruktionsteil in einem Fahrzeug, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um je nach Ergebnis dieser Ermittelung die Parameter des Verbrennungsvorgangs im Motor zu verändern, die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems auch dann im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 20071 verringern und demnach eine Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der Verordnung Nr. 715/2007 darstellen, wenn die aufgrund des Ergebnisses der Ermittelung durch das Konstruktionsteil bewirkte Veränderung der Parameter des Verbrennungsvorgangs zwar einerseits die Emissionen einer bestimmten schädlichen Substanz, zum Beispiel Stickoxide, erhöht, aber gleichzeitig andererseits die Emissionen einer oder mehrerer anderer schädlicher Substanzen, zum Beispiel Partikel, Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid, Methan und / oder Kohlendioxid, verringert?

Falls Frage 1. zu bejahen ist: Unter welchen Voraussetzungen liegt in einem derartigen Fall in dem Konstruktionsteil eine Abschalteinrichtung?

Kann eine Schaltung oder Steuerung in einem Fahrzeug, die durch die ihrerseits bewirkte Veränderung der Parameter des Verbrennungsvorgangs zwar einerseits die Emissionen einer bestimmten schädlichen Substanz, zum Beispiel Stickoxide, erhöht, aber gleichzeitig andererseits die Emissionen einer oder mehrerer anderer schädlicher Substanzen, zum Beispiel Partikel, Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid, Methan und/oder Kohlendioxid, verringert, nach europäischem Recht unter anderen Gesichtspunkten als demjenigen des Vorliegens einer Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der Verordnung Nr. 715/2007 unzulässig sein?

Falls Frage 3. zu bejahen ist: Unter welchen Voraussetzungen ist dies der Fall?

Falls Frage 1. zu bejahen ist: Ist nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) der Verordnung Nr. 715/2007 eine Abschaltvorrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 dieser Verordnung auch dann zulässig, wenn sie zwar nicht zum Schutz des Motors vor Beschädigung oder Unfall notwendig ist, aber dennoch zur Gewährleistung des sicheren Betriebs des Fahrzeugs?

Falls Frage 1. zu bejahen ist: Stehen Vorschriften des nationalen Rechts, die im Rechtsstreit mit dessen Hersteller über einen Schadensersatzanspruch dem diesen Anspruch erhebenden Käufer eines Fahrzeugs in vollem Umfang auferlegen, das Vorliegen einer Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der Verordnung Nr. 715/2007 und überdies auch das Nichtvorliegen eines Sachverhalts, aufgrund dessen eine festzustellende Abschalteinrichtung im vorstehenden Sinne ausnahmsweise nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) der Verordnung Nr. 715/2007 zulässig ist, zu beweisen, ohne dass der Hersteller des Fahrzeugs in einer Beweisaufnahme hierüber Informationen beisteuern muss, den in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2023 (Az. C-100/21) genannten Artt. 18 Abs. 1, 26 Abs. 1, 46 der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 20071 entgegen, soweit sich aus den letzteren Vorschriften ergibt, dass dem Käufer eines Fahrzeugs für den Fall, dass darin eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert ist, ein Schadensersatzanspruch gegen dessen Hersteller zustehen muss (vgl. Rn. 91 und 93 des genannten Urteils)?

Falls Frage 6. zu bejahen ist: Welche Beweislastverteilung ist in dem Rechtsstreit zwischen dem Käufer eines Fahrzeugs und seinem Hersteller über einen Schadensersatzanspruch des ersteren gegen den letzteren für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der Verordnung Nr. 715/2007 und für das Vorliegen eines Sachverhalts, aufgrund dessen diese ausnahmsweise nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) der Verordnung Nr. 715/2007 zulässig ist, nach europäischem Recht vorgesehen? Kommen den Parteien jeweils Beweiserleichterungen zustatten, falls ja, welche, oder treffen sie ggf. Obliegenheiten, falls ja, welche? Falls Obliegenheiten gelten: Welche Folgen hat ihre Nichteinhaltung?

Falls Frage 3. zu bejahen ist: Stehen Vorschriften des nationalen Rechts, die im Rechtsstreit mit dessen Hersteller über einen Schadensersatzanspruch dem diesen Anspruch erhebenden Käufer eines Fahrzeugs in vollem Umfang auferlegen, das Vorliegen einer unter einem anderen Gesichtspunkt als demjenigen des Vorliegens einer Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der Verordnung Nr. 715/2007 unzulässigen Schaltung bzw. Steuerung zu beweisen, ohne dass der Hersteller des Fahrzeugs in einer Beweisaufnahme hierüber Informationen beisteuern muss, den in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2023 (Az. C-100/21) genannten Artt. 18 Abs. 1, 26 Abs. 1, 46 der Richtlinie 2007/46 entgegen, soweit sich aus den letzteren Vorschriften ergibt, dass dem Käufer eines Fahrzeugs für den Fall, dass darin eine unzulässige Schaltung bzw. Steuerung installiert ist, ein Schadensersatzanspruch gegen dessen Hersteller zustehen muss (vgl. Rn. 91 und 93 des genannten Urteils)?

Falls Frage 8. zu bejahen ist: Welche Beweislastverteilung ist in dem Rechtsstreit zwischen dem Käufer eines Fahrzeugs und seinem Hersteller über einen Schadensersatzanspruch des ersteren gegen den letzteren für das Vorliegen einer unzulässigen Schaltung bzw. Steuerung der in Frage 8. genannten Art nach europäischem Recht vorgesehen? Kommen den Parteien jeweils Beweiserleichterungen zustatten, falls ja, welche, oder treffen sie ggf. Obliegenheiten, falls ja, welche? Falls Obliegenheiten gelten: Welche Folgen hat ihre Nichteinhaltung?

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1 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. 2007, L 171, S. 1).

1 Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2007, L 263, S. 1).