Language of document : ECLI:EU:T:2015:492

Rechtssache T‑611/13

Australian Gold LLC

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Internationale Registrierung, in der die Europäische Gemeinschaft benannt ist – Bildmarke HOT – Absolute Eintragungshindernisse – Fehlen eines beschreibenden Charakters – Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 – Vor der Beschwerdekammer eingelegte Anschlussbeschwerde – Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 216/96 – Inzidentklage vor dem Gericht – Art. 134 § 3 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 15. Juli 2015

1.      Gemeinschaftsmarke – Verfahrensvorschriften – Entscheidungen des Amtes – Wahrung der Verteidigungsrechte – Tragweite des Grundsatzes

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 75 Satz 2)

2.      Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Beschwerde bei den Beschwerdekammern – Rüge der angefochtenen Entscheidung durch den Beschwerdegegner in seiner Stellungnahme

(Verordnung Nr. 216/96 der Kommission, Art. 8 Abs. 3)

3.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware oder einer Dienstleistung dienen können – Kriterien

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c)

4.      Gemeinschaftsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Auf den beschreibenden Charakter einer Marke gestützter Antrag auf Nichtigerklärung – Feststellung des beschreibenden Charakters in Bezug auf bestimmte Waren einer Kategorie – Anwendung einer solchen Feststellung auch auf sämtliche Waren dieser Kategorie

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und 52 Abs. 1 Buchst. a)

5.      Gemeinschaftsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Absolute Nichtigkeitsgründe – Eintragung entgegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 – Bildmarke HOT

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und 52 Abs. 1 Buchst. a)

6.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken ohne Unterscheidungskraft – Marken, die aus Werbeslogans bestehen – Anpreisende Werbeaussage

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 7 Abs. 1, b))

7.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Vorherige Eintragung der Marke in bestimmten Mitgliedstaaten – Auswirkung

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 7 Abs. 2 und 109; Verordnung Nr. 44/2001 des Rates, 15. Erwägungsgrund)

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 18)

2.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 24-26)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 34-36)

4.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 44)

5.      Die Bildmarke HOT hätte wegen des Eintragungshindernisses gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke nicht als Gemeinschaftsmarke für die Waren „huiles de massage, gels“ der Klasse 3 des Abkommens von Nizza und „lubrifiants à usage pharmaceutique“ der Klasse 5 dieses Abkommens eingetragen werden dürfen.

Aus der Sicht des maßgeblichen Publikums der englischsprachige Verbraucher beschreibt nämlich der Begriff „hot“ die von den Waren „huiles de massage, gels“ und „lubrifiants à usage pharmaceutique“ hervorgerufene Wirkung. Alle diese Waren sind, gleichviel ob sie für medizinische Zwecke verwendet werden oder nicht, dafür bestimmt, durch mehr oder weniger wiederholte Bewegungen, die ein Gefühl von Hitze erzeugen, auf die Haut aufgetragen zu werden.

Dagegen ist diese Marke nicht beschreibend für die Waren „préparations pour blanchir et autres substances pour lessiver; savons“ der Klasse 3 des Abkommens von Nizza und „produits pour compléter l’alimentation (à usage médical)“ der Klasse 5 dieses Abkommens. Es ist nämlich festzustellen, dass der Begriff „hot“ nicht die hohe Temperatur dieser Waren bezeichnet. Diese Waren, die die Behandlung von Wäsche sowie die Pflege und Ernährung von Personen betreffen, haben von Natur aus keine hohe Temperatur. Im Gegenteil könnten einige dieser Waren, wie beispielsweise „savons“, durch eine solche Temperatur sogar beeinträchtigt werden.

Ferner bezeichnet der Begriff „hot“ auch nicht die Verwendungstemperatur der betreffenden Waren. Auch wenn nämlich einige dieser Waren bei einer hohen Temperatur verwendet werden können, wie beispielsweise „préparations pour blanchir et lessiver“ oder auch die „produits pour compléter l’alimentation“ werden sie jedoch nicht durch diese Bedingung der Verwendung gekennzeichnet, da sie ebenso gut bei niedrigen Temperaturen verwendet werden können.

Schließlich fällt die positive Konnotation der anderen Bedeutungen des Begriffs „hot“, nämlich „aktuell“, „attraktiv“ oder „sexy“, eher in die Kategorie eines vagen und indirekten Wachrufens als in die einer direkten und unmittelbaren Bezeichnung einer Eigenschaft oder eines Merkmals der betreffenden Waren.

(vgl. Rn. 37, 40, 49-51)

6.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 57)

7.      Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke darf nur auf der Grundlage der einschlägigen Regelung beurteilt werden. Auch wenn es wünschenswert ist, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) die Entscheidungen der nationalen Behörden in Bezug auf Marken, die mit denen, über die es zu entscheiden hat, identisch sind, berücksichtigt, und umgekehrt, ist das Amt nicht dazu verpflichtet, diese Entscheidungen, auch wenn sie identische Marken betreffen, zu berücksichtigen, und wenn es sie berücksichtigen sollte, ist es nicht an sie gebunden.

Die Bestimmungen der Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in geänderter Fassung und Art. 109 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke stehen dieser Feststellung keineswegs entgegen. Wie nämlich insbesondere aus dem von der Klägerin angeführten 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 hervorgeht, soll diese Verordnung nur verhindern, dass in zwei Mitgliedstaaten miteinander unvereinbare gerichtliche Entscheidungen ergehen, und ist nicht auf das Amt anwendbar. Zudem zielt Art. 109 der Verordnung Nr. 207/2009 darauf ab, zu verhindern, dass vor den nationalen Gerichten erhobene Verletzungsklagen, von denen eine auf eine Gemeinschaftsmarke und die andere auf eine nationale Marke gestützt wird, zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. Die Streithelferin weist zu Recht darauf hin, dass sie somit lediglich die Wirkung dieser Marken betrifft, und nicht die Voraussetzungen ihres Schutzes.

Die oben angeführte Schlussfolgerung wird auch nicht durch Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 in Frage gestellt, wonach die absoluten Eintragungshindernisse von Abs. 1 auch dann Anwendung finden, wenn sie nur in einem Teil der Union vorliegen. Die nationale Schutzverweigerung stützt sich nämlich auf nationale Rechtsvorschriften, die gemäß einem nationalen Verfahren in einem nationalen Kontext angewandt werden, und kommt daher nicht einer Anerkennung des Vorliegens eines absoluten Eintragungshindernisses in einem Mitgliedstaat gemäß der Verordnung Nr. 207/2009 gleich.

(vgl. Rn. 60, 62, 63, 65)