Language of document : ECLI:EU:T:2012:142

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

21. März 2012(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation – Einfrieren von Geldern – Nichtigkeitsklage – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Beurteilungsfehler – Beweislast und Beweisanforderungen“

In den verbundenen Rechtssachen T‑439/10 und T‑440/10

Fulmen, mit Sitz in Teheran (Iran),

Fereydoun Mahmoudian, wohnhaft in Teheran,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Kronshagen,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und R. Liudvinaviciute-Cordeiro als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch M. Konstantinidis und É. Cujo als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39), der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 195, S. 25), des Beschlusses 2010/644/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 281, S. 81) und der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1), soweit diese Rechtsakte die Kläger betreffen, und Anerkennung des ihnen durch den Erlass der oben genannten Rechtsakte entstandenen Schadens

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin) der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2011

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Klägerin in der Rechtssache T‑439/10, Fulmen, ist eine iranische Gesellschaft, die u. a. im Sektor der elektrischen Ausrüstungen tätig ist.

2        Der Kläger in der Rechtssache T‑440/10, Herr Fereydoun Mahmoudian, ist Mehrheitsaktionär und Präsident des Verwaltungsrats von Fulmen.

 Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran

3        Hintergrund der vorliegenden Rechtssache ist das System restriktiver Maßnahmen, das eingeführt wurde, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen (im Folgenden: nukleare Proliferation) einstellt.

4        In der Europäischen Union wurden der Gemeinsame Standpunkt 2007/140/GASP des Rates vom 27. Februar 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 61, S. 49) und die Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 103, S. 1) erlassen.

5        Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 sah das Einfrieren sämtlicher Gelder und wirtschaftlicher Ressourcen bestimmter Kategorien von Personen und Einrichtungen vor. Die Liste dieser Personen und Einrichtungen befand sich in Anhang II des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140.

6        Soweit die Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaft betroffen waren, sah Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 das Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen und Einrichtungen vor, in Bezug auf die der Rat der Europäischen Union festgestellt hat, dass sie gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 an der nuklearen Proliferation beteiligt sind. Die Liste dieser Personen, Organisationen und Einrichtungen bildete deren Anhang V.

7        Der Gemeinsame Standpunkt 2007/140 wurde durch den Beschluss 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 195, S. 39) aufgehoben.

8        Art. 20 Abs. 1 des Beschlusses 2010/413 sieht das Einfrieren der Gelder mehrerer Kategorien von Einrichtungen vor. Diese Bestimmung betrifft u. a. „Personen und Einrichtungen, die an [der nuklearen Proliferation] beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen, … oder Personen und Einrichtungen, die in deren Namen und auf deren Anweisung handeln, oder Einrichtungen, die unter deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen – auch mit unerlaubten Mitteln – …; diese sind in Anhang II aufgeführt“.

9        Art. 19 Abs. 1 des Beschlusses 2010/413 sieht ferner Maßnahmen zur Beschränkung der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für die in Anhang II des Beschlusses aufgeführten Personen vor.

10      Art. 24 Abs. 2 bis 4 des Beschlusses 2010/413 lautet:

„(2)      Beschließt der Rat, die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b und in Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b genannten Maßnahmen auf eine Person oder Einrichtung anzuwenden, so ändert er Anhang II entsprechend.

(3)      Der Rat setzt die Person oder Einrichtung, auf die in den Absätzen 1 und 2 Bezug genommen wird, entweder auf direktem Weg, sofern die Anschrift bekannt ist, oder durch die Veröffentlichung einer Bekanntmachung unter Angabe der Gründe für die Aufnahme in die Liste von seinem Beschluss in Kenntnis und gibt dabei dieser Person oder Einrichtung Gelegenheit zur Stellungnahme.

(4)      Wird eine Stellungnahme unterbreitet oder werden stichhaltige neue Beweise vorgelegt, so überprüft der Rat seinen Beschluss und unterrichtet die betreffende Person oder Einrichtung entsprechend.“

11      Die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 wurde durch eine neue Liste ersetzt, die im Beschluss 2010/644/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 281, S. 81) enthalten ist.

12      Die Verordnung Nr. 423/2007 wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 281, S. 1) aufgehoben.

13      In Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 ist bestimmt:

„Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die Eigentum oder Besitz der in Anhang VIII aufgeführten Personen, Organisationen und Einrichtungen sind oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren. In Anhang VIII werden die … natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgeführt, in Bezug auf die festgestellt wurde, dass sie im Sinne des Artikels 20 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses [2010/413]

a)      an [der nuklearen Proliferation] beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen … oder im Eigentum oder unter der Kontrolle einer solchen Person, Organisation oder Einrichtung stehen – auch durch unerlaubte Mittel – oder in ihrem Namen oder auf ihre Anweisung handeln;

…“

14      In Art. 36 Abs. 2 bis 4 der Verordnung Nr. 961/2010 ist bestimmt:

„(2)      Beschließt der Rat, die in Artikel 16 Absatz 2 genannten Maßnahmen auf eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung anzuwenden, so ändert er Anhang VIII entsprechend.

(3)      Der Rat setzt die in [Absatz] 2 genannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen entweder auf direktem Weg, falls deren Anschrift bekannt ist, oder durch die Veröffentlichung einer Bekanntmachung von seinem Beschluss und den Gründen für ihre Aufnahme in die Liste in Kenntnis, und gibt dabei diesen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen Gelegenheit zur Stellungnahme.

(4)      Wird eine Stellungnahme unterbreitet oder werden stichhaltige neue Beweise vorgelegt, so überprüft der Rat seinen Beschluss und unterrichtet die natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung entsprechend.“

 Restriktive Maßnahmen gegen die Kläger

15      Die Kläger waren vom Rat bereits beim Erlass des Beschlusses 2010/413 am 26. Juli 2010 in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen in Tabelle I des Anhangs II dieses Beschlusses aufgenommen worden.

16      Folglich wurden die Kläger durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 423/2007 (ABl. L 195, S. 25) in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen in Tabelle II des Anhangs V der Verordnung Nr. 423/2007 aufgenommen. Der Erlass der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 hatte das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Kläger zur Folge.

17      Im Beschluss 2010/413 gab der Rat in Bezug auf Fulmen als Begründung an: „Fulmen war an der Installation von elektrischen Ausrüstungen am Standort Qom/Fordoo [Iran] zu einem Zeitpunkt beteiligt, als die Existenz dieses Standorts noch nicht bekannt war.“ In der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 wurde folgende Formulierung gebraucht: „Fulmen war an der Installation von elektrischen Ausrüstungen am Standort Qom/Fordoo zu einem Zeitpunkt beteiligt, als die Existenz dieses Standorts noch nicht bekannt war.“

18      In Bezug auf Herrn Mahmoudian wurde sowohl der Beschluss 2010/413 als auch die Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 wie folgt begründet: „Chef von Fulmen“.

19      Mit Schreiben vom 28. Juli 2010 setzte der Rat Fulmen von ihrer Aufnahme in die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und in die Liste in Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 in Kenntnis.

20      Mit Schreiben vom 26. August bzw. 14. September 2010 beantragten Herr Mahmoudian und Fulmen beim Rat, ihre Aufnahme in die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und in die Liste in Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 rückgängig zu machen. Sie forderten den Rat auch auf, ihnen die Umstände mitzuteilen, auf die er den Erlass der gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen gestützt habe.

21      Die Aufnahme der Kläger in die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 wurde durch den Erlass des Beschlusses 2010/644 nicht berührt.

22      Da die Verordnung Nr. 423/2007 durch die Verordnung Nr. 961/2010 aufgehoben wurde, nahm der Rat Fulmen in Nr. 13 der Tabelle B des Anhangs VIII der letztgenannten Verordnung auf, während Herr Mahmoudian in Nr. 14 der Tabelle A des Anhangs VIII aufgenommen wurde. Folglich waren die Gelder der Kläger gemäß Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 seither eingefroren.

23      Bezüglich der Aufnahme von Fulmen lautet die Begründung in der Verordnung Nr. 961/2010 wie folgt: „Fulmen war an der Installation von elektrischen Ausrüstungen am Standort Ghom/Fordoo beteiligt, bevor die Existenz dieses Standorts bekannt wurde.“ Bezüglich Herrn Mahmoudian wird als Grund angegeben: „Direktor von Fulmen“.

24      Mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 antwortete der Rat auf die Schreiben der Kläger vom 26. August und 14. September 2010; er führte aus, dass er ihren Antrag auf Streichung aus der Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und der Liste in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 (im Folgenden: streitige Listen) nach Überprüfung ablehne. Aus den Akten ließen sich keine neuen Tatsachen entnehmen, die eine Änderung seiner Position rechtfertigten; die Kläger müssten daher den restriktiven Maßnahmen gemäß dieser Verordnung unterworfen bleiben. Im Übrigen lägen seiner Entscheidung, die Kläger in den streitigen Listen weiterzuführen, nur die Tatsachen zugrunde, die in der Begründung der Listen angegeben seien.

 Verfahren und Anträge der Beteiligten

25      Die Kläger haben mit Klageschriften, die bei der Kanzlei des Gerichts am 24. September 2010 eingegangen sind, die vorliegenden Klagen erhoben.

26      Mit Schriftsätzen, die am 17. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat die Kommission beantragt, in den vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts hat diese Streithilfe mit Beschlüssen vom 8. März 2011 zugelassen.

27      Mit Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 15. November 2011 sind die Rechtssachen T‑439/10 und T‑440/10 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

28      Die Parteien haben in der Sitzung vom 23. November 2011 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

29      Die Kläger beantragen in ihren Klageschriften,

–        den Beschluss 2010/413 und die Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 für nichtig zu erklären, soweit sie die Kläger betreffen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

30      In ihren Erwiderungen erweitern die Kläger ihre Anträge und beantragen,

–        den Beschluss 2010/644 und die Verordnung Nr. 961/2010 für nichtig zu erklären, soweit sie die Kläger betreffen;

–        den ihnen durch den Erlass der angefochtenen Rechtsakte entstandenen Schaden anzuerkennen.

31      Der Rat und die Kommission beantragen,

–        die Klagen abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

32      Die Kläger führen in ihren Klageschriften vier Klagegründe an. Mit dem ersten Klagegrund rügen sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte und eine Verletzung ihres Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz. Mit dem zweiten Klagegrund wird ein Rechtsfehler gerügt, der damit zusammenhänge, dass zuvor keine Entscheidung einer zuständigen nationalen Behörde ergangen sei. Der dritte Klagegrund betrifft einen Beurteilungsfehler bezüglich der Beteiligung der Kläger an der nuklearen Proliferation. Mit dem vierten Klagegrund wird der den Klägern durch den Erlass der angefochtenen Rechtsakte entstandene finanzielle und immaterielle Schaden geltend gemacht.

33      In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger den zweiten Klagegrund zurückgenommen, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.

34      Der Rat und die Kommission halten die von den Klägern geltend gemachten Klagegründe für nicht stichhaltig.

35      Bevor auf die von den Klägern angeführten Klagegründe eingegangen wird, ist die Zulässigkeit von einigen ihrer Anträge, Klagegründe und Argumente zu prüfen.

 Zur Zulässigkeit

 Zur Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2010/644 und der Verordnung Nr. 961/2010

36      Wie oben aus den Randnrn. 11 und 12 hervorgeht, wurde seit Einreichung der Klageschriften die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 durch eine neue Liste ersetzt, die im Beschluss 2010/644 enthalten ist, und die Verordnung Nr. 423/2007 wurde durch die Verordnung Nr. 961/2010 aufgehoben und ersetzt. Die Kläger haben beantragt, ihre ursprünglichen Anträge dahin gehend anpassen zu können, dass ihre Klagen auf Nichtigerklärung der genannten vier Rechtsakte (im Folgenden zusammen: angefochtene Rechtsakte) gerichtet sind.

37      In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass, wenn eine Entscheidung oder eine Rechtsvorschrift, die einen Einzelnen unmittelbar und individuell betrifft, während des Verfahrens durch eine Handlung mit gleichem Gegenstand ersetzt wird, diese als neue Tatsache anzusehen ist, die den Kläger zur Anpassung seiner Anträge und Klagegründe berechtigt. Es wäre nämlich mit einer geordneten Rechtspflege und dem Erfordernis der Prozessökonomie unvereinbar, wenn der Kläger eine weitere Klage erheben müsste. Außerdem wäre es ungerecht, wenn das betreffende Unionsorgan den Rügen in einer beim Unionsrichter gegen eine Handlung eingereichten Klageschrift dadurch begegnen könnte, dass es die angefochtene Handlung anpasst oder durch eine andere ersetzt und sich im Verfahren auf diese Änderung oder Ersetzung beruft, um es der Gegenpartei unmöglich zu machen, ihre ursprünglichen Anträge und Klagegründe auf die spätere Handlung auszudehnen oder gegen diese ergänzende Anträge zu stellen und zusätzliche Angriffsmittel vorzubringen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, Slg. 2008, II‑3019, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall den Anträgen der Kläger stattzugeben und sind ihre Klagen als zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung auch auf die Nichtigerklärung des Beschlusses 2010/644 und der Verordnung Nr. 961/2010, soweit diese sie betreffen, gerichtet anzusehen, und den Verfahrensbeteiligten ist zu gestatten, ihre Anträge, Argumente und Klagegründe im Licht dieses neuen Umstands umzuformulieren, was für sie das Recht einschließt, zusätzliche Anträge, Klagegründe und Argumente vorzutragen (vgl. entsprechend Urteil People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, oben in Randnr. 37 angeführt, Randnr. 47).

 Zur Zulässigkeit des zweiten Antrags der Kläger und des vierten Klagegrundes

39      Mit dem zweiten Antrag beantragen die Kläger, den ihnen aufgrund des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte entstandenen Schaden anzuerkennen.

40      In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger ausgeführt, dass mit dem zweiten Antrag ein deklaratorisches Urteil begehrt werde und der vierte Klagegrund zu dessen Untermauerung geltend gemacht werde.

41      Im Verfahren vor den Unionsgerichten gibt es jedoch keinen Rechtsbehelf, der es dem Gericht ermöglichte, zu einer Frage im Wege einer allgemeinen oder grundsätzlichen Erklärung Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 2005, Infront WM/Kommission, T‑33/01, Slg. 2005, II‑5897, Randnr. 171, und Beschluss des Gerichts vom 3. September 2008, Cofra/Kommission, T‑477/07, nicht in der Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21). Folglich sind der zweite Antrag und der vierte Klagegrund zurückzuweisen, da das Gericht insoweit offensichtlich unzuständig ist.

 Zur Zulässigkeit des Vorbringens in der Rechtssache T‑439/10, Fulmen sei am Standort Qom/Fordoo nicht tätig geworden

42      In der Rechtssache T‑439/10 machen der Rat und die Kommission geltend, Fulmen habe ihr Tätigwerden am Standort Qom/Fordoo erst mit der Erwiderung im Einzelnen bestritten. Ihre Ausführungen zu diesem Punkt seien daher ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel und infolgedessen unzulässig gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung.

43      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Fulmen in Randnr. 3 der Klageschrift geltend gemacht hat, dass sie „zu keiner Zeit in irgendeiner Weise bei Tätigkeiten mitgewirkt [hat], die im Zusammenhang mit dem Nuklearprogramm oder dem Programm für ballistische Flugkörper im Iran stehen“. Diese Formulierung beinhaltet notwendigerweise, dass Fulmen ihr Tätigwerden am Standort Qom/Fordoo bestreitet, da dies das einzige Verhalten ist, das ihr als Beteiligung an den betreffenden Tätigkeiten vom Rat zur Last gelegt wird.

44      Dieselbe Schlussfolgerung ist geboten im Hinblick auf die Randnrn. 30 und 31 der Klageschrift, in denen Fulmen bestreitet, dass die Gründe, die der Rat für den Erlass der gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen vorgebracht habe, tatsächlich vorlägen und erheblich seien. Dass Fulmen am Standort Qom/Fordoo angeblich tätig wurde, ist nämlich der einzige Grund, den der Rat für die Aufnahme von Fulmen in die streitigen Listen geltend machte.

45      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass Fulmen ihr Tätigwerden am Standort Qom/Fordoo in der Klageschrift bestritten hat, weshalb ihre Ausführungen zu diesem Punkt kein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne von Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung darstellen.

46      Die vom Rat und der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist somit zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht, Verletzung der Verteidigungsrechte der Kläger und Verletzung ihres Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

47      Die Kläger machen geltend, dass die angefochtenen Rechtsakte ihnen gegenüber nicht ausreichend begründet seien, dass in dem Verfahren, das zu dem Erlass der Rechtsakte geführt habe, ihre Verteidigungsrechte nicht beachtet worden seien und dass der Rat dadurch, dass er den Klägern die ihnen zur Last gelegten Umstände nicht mitgeteilt habe, auch ihr Recht auf effektiven Rechtsschutz verletzt habe. In der Rechtssache T‑440/10 beruft sich Herr Mahmoudian ferner darauf, dass die ersten Rechtsakte, durch die seine Gelder eingefroren worden seien, ihm nicht individuell mitgeteilt worden seien.

–       Zur Begründungspflicht

48      Die Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts, wie sie in Art. 296 Abs. 2 AEUV und im vorliegenden Fall insbesondere in Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413, Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 und Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 vorgesehen ist, dient dem Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und außerdem dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Rechtsakts zu ermöglichen. Die so verstandene Begründungspflicht ist ein wesentlicher Grundsatz des Unionsrechts, von dem Ausnahmen nur aufgrund zwingender Erwägungen möglich sind. Die Begründung ist dem Betroffenen daher grundsätzlich gleichzeitig mit dem ihn beschwerenden Rechtsakt mitzuteilen; ihr Fehlen kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für den Rechtsakt während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, T‑390/08, Slg. 2009, II‑3967, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Soweit nicht der Mitteilung bestimmter Umstände zwingende Erwägungen der Sicherheit der Union oder ihrer Mitgliedstaaten oder der Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen entgegenstehen, hat daher der Rat nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 und Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 die Einrichtung, gegen die sich – je nach Fall – eine gemäß Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 oder Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 erlassene Maßnahme richtet, von den besonderen und konkreten Gründen in Kenntnis zu setzen, aus denen er zu der Auffassung gelangt, dass diese Bestimmung auf den Betroffenen anwendbar ist. Er hat somit die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit seiner Maßnahme abhängt, sowie die Erwägungen aufzuführen, die ihn zum Erlass der Maßnahme veranlasst haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Außerdem muss die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihn in die Lage versetzt, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Im vorliegenden Fall geht aus der Begründung der angefochtenen Rechtsakte hervor, dass gegen Fulmen restriktive Maßnahmen ergehen, weil davon ausgegangen wird, dass Fulmen elektrische Ausrüstungen am Standort Qom/Fordoo geliefert hat, und dass gegen Herrn Mahmoudian diese Maßnahmen ergehen, weil er Direktor von Fulmen ist.

52      Diese Begründung ist zwar knapp, genügt aber den oben dargestellten richterrechtlichen Regeln. Sie erlaubt den Klägern, zu verstehen, welche Handlungen Fulmen vorgeworfen werden, und gibt ihnen die Möglichkeit, die Vornahme der Handlung oder deren Erheblichkeit zu bestreiten. Auch lässt sich der Begründung entnehmen, dass gegen Herrn Mahmoudian restriktive Maßnahmen wegen seines Einflusses ergehen, den er aufgrund seiner angeblichen Stellung als Direktor dieses Unternehmens haben soll.

53      Dass die Begründung hinreichend ist, bestätigt zudem der Inhalt der Klageschriften. Die Ausführungen der Kläger zur Stichhaltigkeit ihrer Aufnahme in die streitigen Listen betrifft genau die Frage, ob Fulmen tatsächlich am Standort Qom/Fordoo tätig wurde und welche Stellung Herr Mahmoudian innerhalb von Fulmen einnimmt.

54      Die Kläger machen jedoch zwei ergänzende Rügen geltend.

55      Zum einen behaupten Fulmen und Herr Mahmoudian, die Begründung sei nicht mit Beweisen untermauert worden, so dass sie nicht in der Lage gewesen seien, nicht nur die Tragweite der ihnen gegenüber erlassenen Maßnahmen, sondern auch deren Stichhaltigkeit zu beurteilen.

56      Die Frage der Begründung der angefochtenen Rechtsakte ist jedoch eine andere als die des Beweises des den Klägern vorgeworfenen Verhaltens, nämlich der in diesen Rechtsakten erwähnten Tatsachen und ihrer Einstufung als Beteiligung an der nuklearen Proliferation (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, C‑548/09 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 88).

57      Die Frage, ob die Begründung der angefochtenen Rechtsakte mit Beweisen untermauert ist, ist folglich im Rahmen des dritten Klagegrundes erheblich, der auf einen Beurteilungsfehler bezüglich der Beteiligung der Kläger an der nuklearen Proliferation gestützt wird. Sie ist dagegen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes unerheblich.

58      Zum anderen macht Herr Mahmoudian geltend, die in der Begründung der streitigen Listen enthaltenen Angaben zu seiner Person wiesen zahlreiche Fehler auf; insbesondere sei er nicht mehr Direktor von Fulmen.

59      Es sind insoweit zwei Arten von Angaben über Herrn Mahmoudian zu unterscheiden.

60      Was zum einen die Identifizierungsdaten von Herrn Mahmoudian betrifft, nämlich die Daten bezüglich seines Passes und seiner Einbürgerung, so bestätigt die Klageerhebung von Herrn Mahmoudian vor dem Gericht, dass er verstanden hat, dass die angefochtenen Rechtsakte gegen ihn gerichtet waren. Auch trägt Herr Mahmoudian keine Argumente dafür vor, dass die – vom Rat im Übrigen nicht bestrittenen – Ungenauigkeiten der betreffenden Daten das Erreichen einer Vorstellung von den Umständen, die ihm der Rat zur Last legte, weiter erschwert hätten. Ein Verstoß gegen die Begründungspflicht hinsichtlich dieser Ungenauigkeiten ist somit nicht festzustellen.

61      Indem Herr Mahmoudian zum anderen bestreitet, dass er Direktor von Fulmen sei, bestreitet er die ihm vom Rat angelasteten Tatsachen. Wie oben in Randnr. 56 ausgeführt, ist die Frage der angeblich unzureichenden Begründung der angefochtenen Rechtsakte eine andere als die der Stichhaltigkeit dieser Begründung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 7. November 1997, Cipeke/Kommission, T‑84/96, Slg. 1997, II‑2081, Randnr. 47), so dass das Vorbringen, Herr Mahmoudian sei nicht mehr Direktor von Fulmen, im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes unerheblich ist.

62      Nach alledem ist die Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht als teilweise unbegründet und teilweise unerheblich zurückzuweisen.

–       Zur fehlenden individuellen Mitteilung des Beschlusses 2010/413 und der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 an Herrn Mahmoudian

63      Herr Mahmoudian trägt vor, die ersten Rechtsakte, durch die seine Gelder eingefroren worden seien, d. h. der Beschluss 2010/413 und die Durchführungsverordnung Nr. 668/2010, seien ihm nicht individuell mitgeteilt worden, sondern lediglich im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden.

64      Nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007, die im Zeitpunkt des Erlasses der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 in Kraft war, war der Rat verpflichtet, die einzelfallbezogenen und spezifischen Gründe für die gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung getroffenen Beschlüsse anzugeben und diese den betroffenen Personen, Organisationen und Einrichtungen bekannt zu geben. Eine entsprechende Bestimmung findet sich in Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413.

65      Zwar musste der Rat seiner Verpflichtung aus Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 durch eine individuelle Mitteilung nachkommen, doch sah die genannte Bestimmung keine bestimmte Form vor, da sie nur die Verpflichtung erwähnte, dem Betroffenen die Gründe für seine Aufnahme in die streitigen Listen „bekannt [zu geben]“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnrn. 52 und 56). Dementsprechend sieht Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 nur vor, dass der Rat den Betroffenen „von seinem Beschluss in Kenntnis [setzt]“.

66      Es kommt somit darauf an, dass diesen Bestimmungen praktische Wirksamkeit verliehen wurde (vgl. entsprechend Urteil vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 56).

67      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass eine individuelle Mitteilung des Beschlusses 2010/413 und der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 an Herrn Mahmoudian nicht stattgefunden hat. Die Verfahrensbeteiligten sind sich jedoch nicht einig, ob dem Rat die Anschrift von Herrn Mahmoudian bekannt war und ob er sie gegebenenfalls von Amts wegen zu ermitteln hatte.

68      Trotz fehlender individueller Mitteilung war Herr Mahmoudian in der Lage, dem Rat mit Schreiben vom 26. August 2010, d. h. innerhalb der hierfür gesetzten Frist, seine Stellungnahme zum Erlass der gegen ihn gerichteten restriktiven Maßnahmen zu übermitteln. Er hat auch innerhalb der vorgesehenen Fristen vor dem Gericht Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2010/413 und der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 erhoben. Er trägt ferner keine konkreten Argumente dafür vor, dass seine Verteidigung gegenüber dem Rat im Rahmen des Verwaltungsverfahrens oder vor dem Gericht deshalb erschwert wurde, weil die betreffenden Rechtsakte nicht individuell mitgeteilt worden waren.

69      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass unabhängig von der Frage, ob der Rat die Anschrift von Herrn Mahmoudian kannte oder verpflichtet war, sie zu ermitteln, die Nichteinhaltung der Verpflichtung aus Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 und Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 Herrn Mahmoudian nicht daran hinderte, Kenntnis von den einzelfallbezogenen und spezifischen Gründen für den Erlass der gegen ihn gerichteten restriktiven Maßnahmen zu erlangen. Die fehlende individuelle Mitteilung des Beschlusses 2010/413 und der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 an Herrn Mahmoudian kann daher im vorliegenden Fall die Nichtigerklärung der genannten Rechtsakte nicht rechtfertigen.

70      Das Vorbringen von Herrn Mahmoudian zu diesem Punkt ist somit unerheblich.

–       Zum Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte

71      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beachtung der Verteidigungsrechte und insbesondere des Rechts auf Anhörung in jedem Verfahren, das gegen eine Organisation eingeleitet wird und zu einer sie beschwerenden Maßnahme führen kann, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts und muss auch dann sichergestellt sein, wenn eine besondere Regelung für das betreffende Verfahren fehlt (Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 91).

72      Der Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte erfordert zum einen, dass der betroffenen Organisation die ihr zur Last gelegten Umstände, auf die sich der sie beschwerende Rechtsakt stützt, mitgeteilt werden. Zum anderen muss sie zu diesen Umständen sachgerecht Stellung nehmen können (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran/Rat, T‑228/02, Slg. 2006, II‑4665, im Folgenden: Urteil OMPI, Randnr. 93).

73      Der Rat und die Kommission verneinen zunächst die Anwendbarkeit des Grundsatzes der Beachtung der Verteidigungsrechte auf den vorliegenden Fall. Sie beziehen sich auf das Urteil des Gerichts vom 19. Mai 2010, Tay Za/Rat (T‑181/08, Slg. 2010, II‑1965, Randnrn. 121 bis 123), und machen geltend, die Kläger seien Gegenstand restriktiver Maßnahmen nicht wegen ihres eigenen Verhaltens, sondern wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer allgemeinen Gruppe von Personen und Einrichtungen. Folglich sei das Verfahren zum Erlass der restriktiven Maßnahmen nicht im Sinne der oben in Randnr. 71 angeführten Rechtsprechung gegen die Kläger eingeleitet worden; die Kläger könnten sich daher nicht oder nur in beschränktem Maße auf die Verteidigungsrechte berufen.

74      Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

75      Zum einen geht nämlich aus der Begründung der angefochtenen Rechtsakte hervor, dass der Erlass der gegen die Kläger gerichteten restriktiven Maßnahmen damit gerechtfertigt wird, dass Fulmen am Standort Qom/Fordoo tätig geworden sei und dass Herr Mahmoudian innerhalb von Fulmen als Führungskraft Einfluss habe. Im Unterschied zu der Rechtssache, in der das Urteil Tay Za/Rat, oben in Randnr. 73 angeführt, ergangen ist, sind die Kläger Gegenstand restriktiver Maßnahmen, weil sie selbst an der nuklearen Proliferation beteiligt sein sollen, und nicht, weil sie zu der allgemeinen Gruppe von Personen und Einrichtungen gehören, die mit der Islamischen Republik Iran verbunden sind.

76      Die Feststellungen in den Randnrn. 121 bis 123 des Urteils Tay Za/Rat, oben in Randnr. 73 angeführt, sind daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

77      Zum anderen enthalten jedenfalls Art. 24 Abs. 3 und 4 des Beschlusses 2010/413, Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 und Art. 36 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 961/2010 Bestimmungen, die die Verteidigungsrechte der Einrichtungen garantieren, gegen die restriktive Maßnahmen aufgrund der genannten Vorschriften ergehen. Die Wahrung dieser Rechte unterliegt der Kontrolle der Unionsgerichte (Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 37).

78      Damit ist festzustellen, dass sich die Kläger im vorliegenden Fall auf den Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte berufen können.

79      Die Kläger machen insoweit geltend, der Rat habe ihnen im Rahmen des Erlasses des Beschlusses 2010/413 und der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 nicht die belastenden Umstände mitgeteilt und ihnen keine Gelegenheit für eine sachgerechte Stellungnahme gegeben.

80      Nach der Rechtsprechung müssen bei einem ersten Rechtsakt, durch den die Gelder einer Organisation eingefroren werden, die zur Last gelegten Umstände entweder gleichzeitig mit dem Erlass des betreffenden Rechtsakts oder so früh wie möglich im Anschluss daran mitgeteilt werden. Auf Antrag der betreffenden Organisation ist diese auch berechtigt, zu den genannten Umständen nach Erlass des Rechtsakts Stellung zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑6351, Randnr. 342, und Urteil OMPI, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 137).

81      Im vorliegenden Fall wurde der Erlass der ersten Rechtsakte, durch die die Gelder der Kläger eingefroren wurden, d. h. der Beschluss 2010/413 und die Durchführungsverordnung Nr. 668/2010, Fulmen am 28. Juli 2010 individuell mitgeteilt. In Bezug auf Herrn Mahmoudian ergibt sich vorstehend aus den Randnrn. 67 bis 69, dass die fehlende individuelle Mitteilung der betreffenden Rechtsakte Herrn Mahmoudian nicht daran hinderte, von den einzelfallbezogenen und spezifischen Gründen für den Erlass der gegen ihn gerichteten restriktiven Maßnahmen Kenntnis zu erlangen, weshalb dieser Umstand seine Verteidigungsrechte nicht berührte.

82      Was den Inhalt der Mitteilung der belastenden Umstände betrifft, tragen die Kläger vor, der Rat habe ihnen trotz der mit Schreiben vom 26. August und 14. September 2010 gestellten Anträge die Umstände, insbesondere die Dokumente, die die Grundlage für den Erlass der gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen gebildet hätten, nicht mitgeteilt.

83      Der Rat hatte in seinen Antworten auf die genannten Schreiben erklärt, dass seine Akten keine anderen Belege enthielten als die, die in den angefochtenen Rechtsakten wiedergegeben seien.

84      Entgegen den Ausführungen der Kläger stellt diese Erklärung keine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte dar. Der Rat erschwerte nicht die Verteidigung der Kläger, indem er die Existenz oder den Inhalt von Belegen verschwieg, die seinen Behauptungen zugrunde lagen. Indem er einräumte, dass es in seinen Akten keine zusätzlichen relevanten Belege gebe, ermöglichte er es den Klägern vielmehr, sich auf diesen Umstand zu berufen, wie sie dies auch im Rahmen des dritten Klagegrundes getan haben.

85      Was das Recht der Kläger auf sachgerechte Stellungnahme angeht, ist festzustellen, dass diese nach dem am 26. Juli 2010 erfolgten Erlass der ersten Rechtsakte, durch die ihre Gelder eingefroren wurden, an den Rat die Schreiben vom 26. August und 14. September 2010 sandten, in denen sie ihre Argumente vorbrachten und beantragten, die gegen sie erlassenen restriktiven Maßnahmen aufzuheben. Der Rat antwortete mit Schreiben vom 28. Oktober 2010. Folglich kann eine Verletzung des Rechts der Kläger, sachgerecht Stellung zu nehmen, nicht festgestellt werden.

86      Die Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Kläger ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zum Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

87      Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt und in den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2007, C 303, S. 1) verankert ist. Die Effektivität der gerichtlichen Kontrolle setzt voraus, dass die betreffende Unionsbehörde der betroffenen Einrichtung die Begründung für eine restriktive Maßnahme so weit wie möglich zu dem Zeitpunkt, zu dem die genannte Maßnahme erlassen wird, oder wenigstens so bald wie möglich danach mitteilt, um dieser Einrichtung die fristgemäße Wahrnehmung ihres Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz zu ermöglichen. Die Erfüllung dieser Verpflichtung zur Mitteilung der Begründung ist nämlich sowohl erforderlich, um es den Adressaten der restriktiven Maßnahmen zu gestatten, ihre Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen zu verteidigen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es für sie von Nutzen ist, den Unionsrichter anzurufen, als auch, um den Unionsrichter vollständig in die Lage zu versetzen, die ihm obliegende Kontrolle der Rechtmäßigkeit des fraglichen Rechtsakts auszuüben (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnrn. 335 bis 337 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88      Im vorliegenden Fall ergibt sich oben aus den Randnrn. 51 bis 62 erstens, dass die angefochtenen Rechtsakte mit hinreichend klaren Informationen über die Gründe versehen waren, weshalb die restriktiven Maßnahmen gegen die Kläger erlassen wurden.

89      Zweitens wurden diese Gründe Fulmen individuell mitgeteilt. In Bezug auf Herrn Mahmoudian ergibt sich aus den Randnrn. 67 bis 69, dass die fehlende individuelle Mitteilung des Beschlusses 2010/413 und der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 dessen Verfahrensrechte, zu denen das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gehört, nicht verletzte.

90      Drittens ist das Gericht vollständig in der Lage, die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte auszuüben.

91      Die Rüge einer Verletzung des Rechts der Kläger auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

92      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Beurteilungsfehler bezüglich der Beteiligung der Kläger an der nuklearen Proliferation

93      Mit dem dritten Klagegrund machen die Kläger geltend, der Rat habe einen Beurteilungsfehler begangen, als er zum Ergebnis gelangt sei, dass die Kläger sich an der nuklearen Proliferation beteiligt hätten.

94      Die Kläger führen zwei Argumente an, um ihre Auffassung zu untermauern. Mit dem in beiden Rechtssachen vorgetragenen ersten Argument machen sie geltend, dass Fulmen nicht am Standort Qom/Fordoo tätig gewesen sei und dass der Rat für seine Behauptungen insoweit keinen Beweis erbracht habe.

95      Der Rat trägt vor, Fulmen sei an der Installation elektrischer Ausrüstungen am Standort Qom/Fordoo beteiligt gewesen. In der mündlichen Verhandlung hat der Rat hinzugefügt, von ihm könne nicht verlangt werden, dass er für diese Behauptung den Beweis erbringe. Die Kontrolle des Unionsrichters müsse sich auf die Prüfung beschränken, ob die Gründe, die zur Rechtfertigung der restriktiven Maßnahmen herangezogen würden, „wahrscheinlich“ seien. Dies sei vorliegend der Fall, da Fulmen ein seit Langem auf dem iranischen Markt für elektrische Ausrüstungen tätiges Unternehmen sei und über eine beträchtliche Zahl von Beschäftigten verfüge.

96      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts, mit dem restriktive Maßnahmen gegen eine Einrichtung erlassen wurden, auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände erstreckt, die zu seiner Begründung herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweise und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt. Im Fall des Bestreitens muss der Rat dem Unionsrichter diese Beweise und Informationen zur Überprüfung vorlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnrn. 37 und 107).

97      Entgegen den Ausführungen des Rates ist die vorliegend auszuübende Rechtmäßigkeitskontrolle daher nicht auf die Prüfung der abstrakten „Wahrscheinlichkeit“ der geltend gemachten Gründe beschränkt, sondern muss sich vielmehr mit der Frage befassen, ob diese Gründe rechtlich hinreichend durch konkrete Beweise und Informationen belegt sind.

98      Der Rat kann sich auch nicht darauf berufen, dass er zu deren Vorlage nicht verpflichtet sei.

99      Der Rat trägt hierzu erstens vor, dass die restriktiven Maßnahmen gegenüber den Klägern auf Vorschlag eines Mitgliedstaats nach dem Verfahren des Art. 23 Abs. 2 des Beschlusses 2010/413 erlassen worden seien. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass die angefochtenen Rechtsakte Akte des Rates sind, der sich infolgedessen vergewissern muss, dass der Erlass dieser Rechtsakte gerechtfertigt ist, gegebenenfalls indem er von dem betreffenden Mitgliedstaat die Vorlage der zu diesem Zweck erforderlichen Beweise und Informationen verlangt.

100    Zweitens kann sich der Rat nicht darauf berufen, dass die betreffenden Beweise und Informationen aus vertraulichen Quellen stammen und daher nicht veröffentlicht werden können. Zwar könnte dieser Umstand eventuell Beschränkungen bei der Übermittlung dieser Beweise und Informationen an die Kläger oder ihre Anwälte rechtfertigen, doch muss der Unionsrichter angesichts der wesentlichen Rolle der gerichtlichen Kontrolle im Kontext des Erlasses der restriktiven Maßnahmen die Rechtmäßigkeit und die Begründetheit dieser Maßnahmen kontrollieren können, ohne dass ihm die Geheimhaltungsbedürftigkeit oder die Vertraulichkeit der vom Rat herangezogenen Beweise und Informationen entgegengehalten werden könnte (vgl. entsprechend Urteil OMPI, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 155). Außerdem ist der Rat nicht berechtigt, einen Rechtsakt, mit dem restriktive Maßnahmen erlassen werden, auf von einem Mitgliedstaat mitgeteilte Informationen oder Aktenstücke zu stützen, wenn dieser Mitgliedstaat nicht gewillt ist, ihre Übermittlung an den Unionsrichter zu gestatten, dem die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses obliegt (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 4. Dezember 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑284/08, Slg. 2008, II‑3487, Randnr. 73).

101    Drittens macht der Rat zu Unrecht geltend, der Nachweis der Beteiligung einer Einrichtung an der nuklearen Proliferation könne angesichts des geheimen Charakters des betreffenden Verhaltens von ihm nicht verlangt werden. Zum einen setzt der Umstand, dass der Erlass der restriktiven Maßnahmen gemäß Art. 23 Abs. 2 des Beschlusses 2010/413 vorgeschlagen wird, bereits voraus, dass der betreffende Mitgliedstaat oder der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik je nach Fall über Beweise oder Informationen verfügt, die nach seiner Auffassung die Beteiligung der betreffenden Einrichtung an der nuklearen Proliferation belegen. Zum anderen können die Schwierigkeiten, denen der Rat bei seinen Bemühungen um den Nachweis dieser Beteiligungen begegnet, gegebenenfalls die Anforderungen an den von ihm zu erbringenden Beweis beeinflussen. Sie können jedoch nicht dazu führen, dass der Rat von der ihm obliegenden Beweislast vollständig befreit ist.

102    Für die Beurteilung des vorliegenden Falls hat der Rat keinerlei Information oder Beweis zur Stützung der in den angefochtenen Rechtsakten herangezogenen Begründung vorgelegt. Wie er im Wesentlichen selbst einräumt, stützte er sich auf durch nichts belegte Behauptungen, denen zufolge Fulmen elektrische Ausrüstungen am Standort Qom/Fordoo installiert habe, bevor die Existenz dieses Standorts bekannt gewesen sei.

103    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Rat nicht den Beweis erbracht hat, dass Fulmen am Standort Qom/Fordoo tätig geworden ist; dem dritten Klagegrund ist demzufolge stattzugeben, ohne dass auf das zweite Argument eingegangen werden muss, das Herr Mahmoudian in der Rechtssache T‑440/10 in Bezug auf seine Stellung innerhalb von Fulmen vorgebracht hat.

104    Da der Rat in den angefochtenen Rechtsakten keine sonstigen Umstände geltend machte, die den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen Fulmen und Herrn Mahmoudian rechtfertigen, sind die genannten Rechtsakte für nichtig zu erklären, soweit sie die Kläger betreffen.

105    Bezüglich der zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Durchführungsverordnung Nr. 668/2010, die die Liste in Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 änderte, nach Aufhebung der letztgenannten Verordnung durch die Verordnung Nr. 961/2010 keine Rechtswirkungen mehr entfaltet.

106    Sodann ist in Bezug auf die Verordnung Nr. 961/2010 darauf hinzuweisen, dass nach Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union abweichend von Art. 280 AEUV die Entscheidungen des Gerichts, mit denen eine Verordnung für nichtig erklärt wird, erst nach Ablauf der in Art. 56 Abs. 1 der Satzung vorgesehenen Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam werden. Der Rat verfügt somit ab Zustellung des vorliegenden Urteils jedenfalls über eine Mindestfrist von zwei Monaten, zu der die Entfernungsfrist von zehn Tagen hinzukommt, um die festgestellten Verstöße zu heilen, indem er gegebenenfalls neue restriktive Maßnahmen gegenüber den Klägern erlässt. Im vorliegenden Fall erscheint die Gefahr, dass die Wirksamkeit der Restriktionen, die mit der Verordnung Nr. 961/2010 verhängt werden, schwer und irreversibel beeinträchtigt wird, unter Berücksichtigung des Umstands, dass die fraglichen Maßnahmen einen erheblichen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Kläger darstellen, nicht so groß, dass die Aufrechterhaltung der Wirkungen der Verordnung für längere als die in Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs vorgesehene Zeit gerechtfertigt wäre (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 16. September 2011, Kadio Morokro/Rat, T‑316/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38).

107    In Bezug auf die zeitlichen Wirkungen des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2010/644 geänderten Fassung ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 264 Abs. 2 AEUV das Gericht, falls es dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen einer für nichtig erklärten Verordnung bezeichnen kann, die als fortgeltend zu betrachten sind. Im vorliegenden Fall kann das Bestehen eines Unterschieds zwischen dem Zeitpunkt der Wirkung der Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 961/2010 und demjenigen des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2010/644 geänderten Fassung eine ernsthafte Beeinträchtigung der Rechtssicherheit herbeiführen, da mit beiden Rechtsakten gegen die Kläger identische Maßnahmen verhängt werden. Die Wirkungen des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2010/644 geänderten Fassung sind daher in Bezug auf die Kläger bis zum Wirksamwerden der Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 961/2010 aufrechtzuerhalten (vgl. entsprechend Urteil Kadio Morokro/Rat, oben in Randnr. 106 angeführt, Randnr. 39).

 Kosten

108    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kläger die Kosten aufzuerlegen.

109    Nach Art. 87 § 4 Unterabs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daher trägt die Kommission ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Für nichtig erklärt werden, soweit sie Fulmen und Herrn Fereydoun Mahmoudian betreffen:

–        der Beschluss 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP;

–        die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran;

–        der Beschluss 2010/644/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413;

–        die Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 423/2007.

2.      Die Wirkungen des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2010/644 geänderten Fassung werden, soweit sie Fulmen und Herrn Mahmoudian betreffen, bis zum Wirksamwerden der Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 961/2010 aufrechterhalten.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Der Rat der Europäischen Union trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten, die Fulmen und Herrn Mahmoudian entstanden sind.

5.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. März 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.