Language of document : ECLI:EU:T:2022:835

URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)

21. Dezember 2022(*)

„Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Rahmenregelung zur Einführung einer Bundesregelung zum Ersatz des Schadens aufgrund der Lockdown‑Beschlüsse in Deutschland – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Maßnahme zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind – Fehlendes Rechtsschutzinteresse – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑525/21,

E. Breuninger GmbH & Co. mit Sitz in Stuttgart (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte R. Velte und W. Meilicke,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka, G. Braga da Cruz und C. Kovács als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch J. Möller und P.‑L. Krüger als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović, des Richters F. Schalin, der Richterin P. Škvařilová‑Pelzl sowie der Richter I. Nõmm (Berichterstatter) und D. Kukovec,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die E. Breuninger GmbH & Co., die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2021) 3999 final der Kommission vom 28. Mai 2021 über die staatliche Beihilfe SA.62784 (2021/N) – Deutschland Covid‑19 – Bundesregelung Schadensausgleich (ABl. 2021, C 223, S. 25, im Folgenden: angefochtener Beschluss).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Klägerin ist die operativ tätige Gesellschaft der Unternehmensgruppe E. Breuninger, die u. a. im Bekleidungssektor sowie im Vertrieb von Bekleidung, Parfümeriewaren, Kosmetikprodukten und Körperpflegemitteln, Einrichtungsgegenständen, Hausrat und Dekoartikeln tätig ist.

3        Am 21. Mai 2021 meldete die Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV eine Maßnahme betreffend die vorübergehende Gewährung einer Wirtschaftshilfe zugunsten von Unternehmen an, deren Betrieb aufgrund der zur Bewältigung der Pandemie erforderlichen Maßnahmen des Bundes und der Länder geschlossen wird, im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Covid‑19 (im Folgenden: Bundesregelung Schadensausgleich).

4        Am 28. Mai 2021 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss.

5        Im angefochtenen Beschluss beschrieb die Kommission zunächst die wesentlichen Merkmale der Bundesregelung Schadensausgleich. Daraus geht hervor, dass diese Regelung

–        abgesehen von bestimmten Ausnahmen (darunter Finanzinstitute und öffentliche Unternehmen) von allen Unternehmen in Anspruch genommen werden kann;

–        bezweckt, den Gewinnentgang auszugleichen, der durch die aufgrund der Covid‑19‑Pandemie erlassenen Beschlüsse über den Lockdown (im Folgenden: Lockdown‑Beschlüsse) entsteht;

–        ein vorläufiges Budget von etwa 10 Mrd. Euro für das Jahr 2021 vorsieht, Einbußen zwischen dem 16. März 2020 und dem 31. Dezember 2021 betrifft, die ausschließlich auf die Lockdown‑Beschlüsse zurückzuführen sind, für das gesamte Hoheitsgebiet Deutschlands gilt und in Form direkter Zuschüsse erfolgt, die von Verwaltungsbehörden sowohl auf Bundes- und Regionalebene als auch auf lokaler Ebene gewährt werden können;

–        nach ihrem § 2 Abs. 1 u. a. für Unternehmen, deren Tätigkeit durch Lockdown‑Beschlüsse untersagt wurde, und für Unternehmen gilt, die mindestens 80 % ihres Umsatzes im Zusammenhang mit Unternehmen erwirtschaften, deren Tätigkeit durch diese Beschlüsse untersagt wurde;

–        in ihrem § 2 Abs. 2 vorsieht, dass Unternehmen mit mehreren wirtschaftlichen Tätigkeitsfeldern, von denen einige durch den Lockdown überhaupt nicht betroffen sind, die Bundesregelung Schadensausgleich in Anspruch nehmen können, sofern die untersagten Tätigkeiten mindestens 80 % ihres Umsatzes ausmachen;

–        in ihrem § 3 Abs. 1 vorsieht, dass es sich bei ausgleichsfähigen Verlusten ausschließlich um solche handelt, die in Verbindung mit untersagten Tätigkeiten oder einem abgrenzbaren Teil der Tätigkeit der Unternehmen stehen, der durch die Lockdown‑Beschlüsse betroffen ist, und die sich aus der Differenz zwischen den Betriebsergebnissen in den von diesen Beschlüssen betroffenen Zeiträumen und den entsprechenden Zeiträumen im Jahr 2019 ergeben;

–        vorsieht, dass Einnahmen durch die Verlagerung der Tätigkeit auf eine andere verknüpfte wirtschaftliche Tätigkeit berücksichtigt werden müssen, um zu vermeiden, dass Unternehmen nur aufgrund der Berücksichtigung der Verluste in den von den Lockdown‑Beschlüssen betroffenen Tätigkeitsbereichen ein Vorteil gewährt wird;

–        mehrere Merkmale aufweist, die dazu bestimmt sind, die Höhe der gezahlten Beihilfen auf das erforderliche Minimum zu beschränken;

–        vorsieht, dass die Beihilfen zwar auf der Grundlage der voraussichtlichen Verluste gezahlt werden, jedoch nachträglich geprüft wird, ob diese Verluste tatsächlich eingetreten sind, und dass im Fall einer Überkompensation eine Rückzahlung vorzunehmen ist.

6        Sodann prüfte die Kommission die Vereinbarkeit der Bundesregelung Schadensausgleich mit Art. 107 AEUV.

7        Erstens stellte die Kommission fest, dass die Bundesregelung Schadensausgleich in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV falle.

8        Zweitens sei die Bundesregelung Schadensausgleich gemäß Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar.

9        Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass die Covid‑19‑Pandemie ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV darstelle.

10      Sodann wurde festgestellt, dass in Anbetracht der in der Bundesregelung Schadensausgleich vorgesehenen Definition der ausgleichsfähigen Verluste ein Kausalzusammenhang zwischen der Covid‑19‑Pandemie und den ausgeglichenen Verlusten bestehe, da nur diejenigen Verluste ausgeglichen würden, die durch Maßnahmen verursacht worden seien, die die Begünstigten rechtlich oder tatsächlich an der Ausübung ihrer Tätigkeit hinderten.

11      Schließlich prüfte die Kommission die Verhältnismäßigkeit der Bundesregelung Schadensausgleich und stellte fest, dass diese Voraussetzung erfüllt sei, da ihre Merkmale es ermöglichten, sich zu vergewissern, dass die gezahlten Beihilfen in einem angemessenen Verhältnis zu den Verlusten aufgrund der Covid‑19‑Pandemie stünden.

12      Die Kommission entschied demnach, keine Einwände gegen die Bundesregelung Schadensausgleich zu erheben.

 Anträge der Parteien

13      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

14      Die Kommission und die Bundesrepublik Deutschland beantragen,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

15      Mit der vorliegenden Klage beantragt die Klägerin die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, weil mit diesem die Bundesregelung Schadensausgleich genehmigt worden sei, nach deren § 2 Abs. 2 Unternehmen mit mehreren wirtschaftlichen Tätigkeitsfeldern nicht antragsberechtigt seien, wenn sie nicht mindestens 80 % ihres Umsatzes in von den im Rahmen der Covid-19-Pandemie erlassenen Lockdown‑Beschlüssen betroffenen Bereichen erzielten.

16      Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund macht sie im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, indem sie die Voraussetzung für die Antragsberechtigung genehmigt habe, gemäß der die betroffenen Unternehmen mindestens 80 % des Umsatzes in betroffenen Tätigkeitsbereichen erzielen müssten. Mit dem zweiten Klagegrund macht sie geltend, die Kommission habe auch gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV verstoßen, da sie trotz des Bestehens ernsthafter Schwierigkeiten kein förmliches Prüfverfahren eingeleitet habe.

17      Da die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage zu den unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen gehören, hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob der Kläger ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung hat (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 7. Dezember 2017, Troszczynski/Parlament, T‑148/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:921, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Das Gericht hält es für erforderlich, zunächst die Zulässigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob die Klägerin ein Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses hat.

19      Zu diesem Zweck ist die Klägerin im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme nach den Art. 89 und 90 der Verfahrensordnung des Gerichts ersucht worden, zum Bestehen eines eigenen Rechtsschutzinteresses an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses und folglich zur Zulässigkeit der Klage für den Fall Stellung zu nehmen, dass die in § 2 Abs. 2 der Bundesregelung Schadensausgleich festgelegte Voraussetzung nicht auf sie anwendbar sein sollte.

20      Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig, wenn diese ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse setzt voraus, dass die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und der Rechtsbehelf der Partei, die ihn eingelegt hat, damit im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Als Erstes ist festzustellen, dass die Klage der Klägerin auf einer falschen Annahme beruht, nämlich dass sie aufgrund der in § 2 Abs. 2 der Bundesregelung Schadensausgleich aufgestellten Voraussetzung nicht antragsberechtigt sei.

22      Nach § 2 Abs. 1 Buchst. b der Bundesregelung Schadensausgleich, der von der Kommission im 20. Erwägungsgrund Buchst. a des angefochtenen Beschlusses zusammengefasst wurde, „können beihilfegebende Stellen Beihilfen an private Unternehmen … gewähren, wenn … ihre wirtschaftliche Tätigkeit durch den Lockdown im Zusammenhang mit dem Coronavirus wie folgt betroffen ist: … ihr Geschäftsbetrieb oder ihre wirtschaftliche Tätigkeit mussten gemäß einer Schließungsanordnung auf der Grundlage einer Lockdown‑Verordnung eingestellt werden“.

23      Wie die Kommission im 21. Erwägungsgrund und in Fn. 21 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, sieht § 2 Abs. 2 der Bundesregelung Schadensausgleich vor, dass „sich im Fall von Unternehmen mit mehreren wirtschaftlichen Tätigkeitsfeldern ihr Umsatz in der Summe zu mindestens 80 % eindeutig zu wirtschaftlichen Tätigkeiten, die direkt vom Lockdown betroffen sind, zuordnen lassen muss“.

24      Schließlich heißt es in § 3 Abs. 4 der Bundesregelung Schadensausgleich, der im Wesentlichen im 23. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben wird:

„Wenn sich die Wirkung einer Lockdown‑Maßnahme auf eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit bezieht und die wirtschaftliche Tätigkeit deshalb auf eine andere verknüpfte wirtschaftliche Tätigkeit oder eine andere Einnahmequelle verlagert wird, werden in diesem Fall auch die Einnahmen dieser anderen verwandten bzw. verknüpften wirtschaftlichen Tätigkeit einschränkend berücksichtigt. Es darf mithin aus der Tatsache, dass nur die vom Lockdown betroffenen wirtschaftlichen Tätigkeiten betrachtet werden, kein Vorteil gezogen werden für den Fall, dass andere wirtschaftliche Tätigkeiten dadurch profitabler geworden sind. Eine Überkompensation des entstandenen Schadens wird dadurch ausgeschlossen.“

25      Die Klägerin macht geltend, dass sie aufgrund von § 2 Abs. 2 der Bundesregelung Schadensausgleich von dieser Regelung ausgeschlossen sei. Zum einen sei sie sowohl im stationären Einzelhandel als auch im Onlinehandel tätig, bei denen es sich um verschiedene wirtschaftliche Tätigkeitsfelder im Sinne dieser Bestimmung handele. Zum anderen erreiche sie aufgrund des Teils ihres Umsatzes, den sie im Onlinehandel erziele und der nicht durch die im Zusammenhang mit der Covid‑19‑Pandemie erlassenen Lockdown‑Beschlüsse betroffen sei, nicht die gemäß dieser Bestimmung erforderliche Schwelle von 80 %. In ihren Schriftsätzen weist sie darauf hin, dass sie aufgrund ihres Ausschlusses von dieser Regelung keine finanzielle Unterstützung gemäß der Überbrückungshilfe III beantragen könne, nämlich dem von den deutschen Behörden gemäß dieser Regelung erlassenen Beihilfenprogramm des Bundes (im Folgenden: Beihilfenprogramm des Bundes).

26      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Bundesrepublik Deutschland zu Recht geltend macht, dass dieses Verständnis von § 2 Abs. 2 der Bundesregelung Schadensausgleich nicht mit dem der von ihr veröffentlichten Erläuterungen übereinstimme. Aus dieser Veröffentlichung ergibt sich nämlich, dass der stationäre Einzelhandel und der Onlinehandel nicht als unterschiedliche „wirtschaftliche Tätigkeitsfelder“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind. Vielmehr wird der Onlinehandel als eine mit dem stationären Einzelhandel „verknüpfte wirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne von § 3 Abs. 4 dieser Regelung angesehen.

27      Folglich kann die Höhe des von der Klägerin im Onlinehandel erzielten Umsatzes gemäß der Bundesregelung Schadensausgleich nicht dazu führen, dass sie nach § 2 Abs. 2 dieser Regelung im Hinblick auf staatliche Beihilfen nicht antragsberechtigt ist. Die Höhe der Umsätze bedeutet lediglich, dass gemäß § 3 Abs. 4 dieser Regelung die Mehreinnahmen, die die Klägerin aufgrund der Lockdown‑Beschlüsse im Onlinehandel erzielt, berücksichtigt werden müssen, um eine Überkompensation des ihr durch diese Beschlüsse angeblich entstandenen Schadens auszuschließen.

28      Als Zweites hat sich aus den Erörterungen im vorliegenden Verfahren ergeben, dass es der Klägerin nicht möglich war, Finanzhilfen nach dem Beihilfenprogramm des Bundes zu erhalten, weil die deutschen Behörden einseitig und unabhängig von der bei der Kommission angemeldeten Bundesregelung Schadensausgleich eine zusätzliche Voraussetzung für die Antragsberechtigung vorgesehen haben, wonach mindestens 30 % des Gesamtumsatzes des Antragstellers durch Lockdown‑Beschlüsse beeinträchtigt sein müssen, was die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Antwort auf eine an sie gerichtete prozessleitende Maßnahme bestätigt hat.

29      In ihrer Antwort auf prozessleitende Maßnahmen hat die Klägerin versucht, die Voraussetzung für die Antragsberechtigung, wonach mindestens 30 % des Umsatzes durch Lockdown‑Beschlüsse betroffen sein müssen, mit der Bundesregelung Schadensausgleich – wie im angefochtenen Beschluss für mit Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV vereinbar erklärt – in Verbindung zu bringen. Insoweit genügt der Hinweis, dass eine solche Voraussetzung weder ausdrücklich noch stillschweigend in der Bundesregelung Schadensausgleich enthalten ist, weil auf Voraussetzungen in anderen angemeldeten Beihilferegelungen verwiesen würde.

30      Als Drittes ist festzustellen, dass es für die Prüfung der vorliegenden Klage, die ausschließlich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses betrifft, mit dem die Kommission die Bundesregelung Schadensausgleich für mit Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV vereinbar erklärt hat, unerheblich ist, dass die Bundesrepublik Deutschland eine zusätzliche Voraussetzung für die Antragsberechtigung vorgesehen hat, nämlich dass mindestens 30 % des Umsatzes betroffen sein müssen, damit das Beihilfenprogramm des Bundes in Anspruch genommen werden kann.

31      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Durchführung des Systems der Kontrolle staatlicher Beihilfen – wie aus den Art. 107 und 108 AEUV hervorgeht – zum einen der Kommission und zum anderen den nationalen Gerichten obliegt, denen einander ergänzende, aber unterschiedliche Rollen zufallen. Während für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt ausschließlich die Kommission zuständig ist, die dabei der Kontrolle der Unionsgerichte unterliegt, haben die nationalen Gerichte bis zu einer endgültigen Entscheidung der Kommission die Rechte der Einzelnen vor einer möglichen Verletzung des in Art. 108 Abs. 3 AEUV enthaltenen Verbots durch die staatlichen Stellen zu schützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2016, DEI und Kommission/Alouminion tis Ellados, C‑590/14 P, EU:C:2016:797, Rn. 95 bis 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin die deutschen Gerichte anrufen, die – gegebenenfalls nach einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof auf der Grundlage von Art. 267 AEUV – zu prüfen haben werden, ob das Hinzufügen einer zusätzlichen Voraussetzung für die Antragsberechtigung durch das nationale Recht mit einer Änderung einer bestehenden Beihilfe im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV (ABl. 2004, L 140, S. 1) und folglich mit einer neuen Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9) gleichzusetzen ist, die gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV anzumelden ist.

33      Nach alledem ist festzustellen, dass die Klägerin nach § 2 Abs. 2 der Bundesregelung Schadensausgleich – wie im angefochtenen Beschluss für mit Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV vereinbar erklärt – im Hinblick auf eine Beihilfe nach dieser Regelung antragsberechtigt gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses der Klägerin keinen Vorteil im Sinne der oben in Rn. 20 angeführten Rechtsprechung verschaffen würde, so dass ihre Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig abzuweisen ist.

 Kosten

34      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

35      Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

36      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Bundesrepublik Deutschland trägt daher ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die E. Breuninger GmbH & Co. trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten.

Tomljenović

Schalin

Škvařilová-Pelzl

Nõmm

 

Kukovec

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. Dezember 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.