Language of document : ECLI:EU:C:2013:639

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

3. Oktober 2013(*)

„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Art. 74 Abs. 2 – Verordnung (EG) Nr. 2868/95 – Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 1 und 3 – Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke – Existenz der Marke – Beweismittel, die nach Ablauf der für ihre Vorlage festgesetzten Frist zur Stützung des Widerspruchs vorgelegt werden – Nichtberücksichtigung – Ermessen der Beschwerdekammer – Gegenteilige Vorschrift – Umstände, die der Berücksichtigung zusätzlicher oder ergänzender Beweismittel entgegenstehen“

In der Rechtssache C‑121/12 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. Februar 2012,

Bernhard Rintisch, wohnhaft in Bottrop (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Dreyer,

Rechtsmittelführer,

andere Parteien des Verfahrens:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Valfleuri Pâtes alimentaires SA mit Sitz in Wittenheim (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: F. Baujoin, avocate,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter), der Richter J. Malenovský, U. Lõhmus und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 16. Mai 2013

folgendes

Urteil

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Rintisch die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Dezember 2011, Rintisch/HABM – Valfleuri Pâtes alimentaires (PROTIVITAL) (T‑109/09, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 21. Januar 2009 (Sache R 1660/2007‑4) (im Folgenden: streitige Entscheidung) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen dem Rechtsmittelführer und der Valfleuri Pâtes alimentaires SA (im Folgenden: Valfleuri) abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) wurde aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft getreten ist. Für den vorliegenden Rechtsstreit gilt jedoch aufgrund des zeitlichen Rahmens des Sachverhalts weiterhin die Verordnung Nr. 40/94.

3        Die Modalitäten für die Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 wurden durch die Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 (ABl. L 303, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1041/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 (ABl. L 172, S. 4) geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsverordnung) festgelegt.

 Verordnung Nr. 40/94

4        Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 lautet: „Das Amt braucht Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.“

 Durchführungsverordnung

5        Regel 19 der Durchführungsverordnung bestimmt:

„(1)      Das Amt gibt dem Widersprechenden Gelegenheit, die Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zur Stützung seines Widerspruchs vorzubringen oder Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zu ergänzen, die bereits nach Regel 15 Absatz 3 vorgelegt wurden; dazu setzt das Amt eine Frist von mindestens zwei Monaten ab dem Tag der Eröffnung des Widerspruchsverfahrens nach Regel 18 Absatz 1.

(2)      Innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist muss der Widersprechende außerdem einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts einreichen und den Nachweis erbringen, dass er zur Einlegung des Widerspruchs befugt ist. Im Besonderen muss der Widersprechende folgende Beweismittel vorlegen:

a)      Wird der Widerspruch auf eine Marke gestützt, die keine Gemeinschaftsmarke ist, so ist ihre Anmeldung oder Eintragung wie folgt zu belegen:

ii)      wenn die Marke eingetragen ist, durch eine Abschrift der Eintragungsurkunde oder der jüngsten Verlängerungsurkunde, aus der hervorgeht, dass die Schutzdauer der Marke über die in Absatz 1 genannte Frist und ihre etwaige Verlängerung hinausgeht, oder durch gleichwertige Schriftstücke der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat;

(3)      Die Auskünfte und Nachweise nach Absatz 1 und 2 müssen in der Verfahrenssprache verfasst sein, andernfalls muss ihnen eine Übersetzung beiliegen. Die Übersetzung ist innerhalb der Frist für die Einreichung der Originalunterlagen vorzulegen.

(4)      Das Amt lässt schriftliche Vorlagen oder Unterlagen oder Teile davon unberücksichtigt, die nicht innerhalb der vom Amt gesetzten Frist vorgelegt oder in die Verfahrenssprache übersetzt wurden.“

6        Regel 20 („Prüfung des Widerspruchs“) dieser Verordnung sieht in ihrem Abs. 1 vor:

„Belegt der Widersprechende nicht innerhalb der in Regel 19 Absatz 1 genannten Frist die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts sowie seine Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs, wird der Widerspruch als unbegründet abgewiesen.“

7        Regel 50 („Prüfung der Beschwerde“) der genannten Verordnung bestimmt in ihrem Abs. 1:

„Die Vorschriften für das Verfahren vor der Dienststelle, die die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, sind im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar, soweit nichts anderes vorgesehen ist.

Richtet sich die Beschwerde gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung, so beschränkt die Beschwerdekammer die Prüfung der Beschwerde auf die Sachverhalte und Beweismittel, die innerhalb der von der Widerspruchsabteilung nach Maßgabe der Verordnung [Nr. 40/94] und dieser Regeln festgesetzten Frist vorgelegt werden, sofern die Beschwerdekammer nicht der Meinung ist, dass zusätzliche oder ergänzende Sachverhalte und Beweismittel gemäß Artikel 74 Absatz 2 der [genannten] Verordnung berücksichtigt werden sollten.“

 Verordnung Nr. 1041/2005

8        Der siebte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1041/2005 lautet:

„Das Widerspruchsverfahren sollte ganz neu geregelt werden in Bezug auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die eindeutige Festlegung der Rechtsfolgen bei Mängeln und die Anpassung der Bestimmungen an den chronologischen Ablauf des Verfahrens.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

9        Das Gericht hat in den Randnrn. 1 bis 16 des angefochtenen Urteils die Vorgeschichte des Rechtsstreits folgendermaßen geschildert:

„1      Am 6. Januar 2006 meldete [Valfleuri] nach der Verordnung … Nr. 40/94 … beim [HABM] eine Gemeinschaftsmarke an.

2      Bei der Anmeldemarke handelt es sich um das Wortzeichen PROTIVITAL.

3      Die Waren, für die die Eintragung der Marke beantragt wurde, gehören u. a. zu den Klassen 5, 29 und 30 im Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung …

5      Am 24. Oktober 2006 erhob … Herr … Rintisch … nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 … Widerspruch gegen die Eintragung der Anmeldemarke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren.

6      Der Widerspruch war insbesondere auf folgende ältere Rechte gestützt:

–        die am 4. Dezember 1995 angemeldete und am 20. Mai 1996 unter der Nr. 39549559 für Waren der Klassen 29 und 32 eingetragene deutsche Wortmarke PROTIPLUS;

–        die am 22. Januar 1997 angemeldete und am 3. März 1997 unter der Nr. 39702429 für Waren der Klassen 29 und 32 eingetragene deutsche Wortmarke PROTI;

–        die am 24. Februar 1996 angemeldete und am 5. März 1997 unter der Nr. 39608644 für Waren der Klassen 29 und 32 eingetragene … deutsche Bildmarke …

8      Am 16. Januar 2007 übermittelte [Herr Rintisch] dem HABM zum Nachweis der Existenz und der Gültigkeit der oben in Randnr. 6 genannten älteren Marken u. a. erstens Eintragungsurkunden des Deutschen Patent‑ und Markenamts von März 1996, Oktober 1996 und März 1997 und zweitens Auszüge aus dem Online-Register des Deutschen Patent‑ und Markenamts vom 8. Januar 2007, auf denen für jede der älteren Marken unter der Rubrik ‚Letzter Verfahrensstand‘ der Vermerk ‚Marke eingetragen‘ und im Fall der älteren Marken Nr. 39549559 und Nr. 39608644 unter der Rubrik ‚Verlängerungsdatum‘ Daten aus dem Jahr 2006 standen. Nur für die Eintragungsurkunden der älteren Marken wurde eine Übersetzung in die Verfahrenssprache vorgelegt.

9      Am 23. Januar 2007 teilte das HABM [Herrn Rintisch] … den Zeitpunkt der Eröffnung des kontradiktorischen Abschnitts des Widerspruchsverfahrens mit. In dieser Mitteilung wies das HABM [Herrn Rintisch] darauf hin, dass für die Marken, deren Eintragung mehr als zehn Jahre zurückliege, die Vorlage einer Verlängerungsurkunde erforderlich sei. Es wies ferner darauf hin, dass die Existenz und die Gültigkeit der älteren Marken, auf die der Widerspruch gestützt worden sei, durch die Vorlage amtlicher, in die Verfahrenssprache übersetzter Unterlagen nachgewiesen werden müssten. Das HABM setzte insofern eine Vorlagefrist bis zum 4. Juni 2007 fest. Das HABM wies [Herrn Rintisch] schließlich darauf hin, dass in dem Fall, dass innerhalb der gesetzten Frist keine Beweismittel über die Existenz und die Gültigkeit der älteren Marken vorgelegt werden sollten, der Widerspruch gemäß Regel 20 Abs. 1 der [Durchführungsverordnung] ohne inhaltliche Prüfung zurückgewiesen werde.

10      Am 11. September 2007 teilte das HABM [Herrn Rintisch] mit, dass es festgestellt habe, dass er innerhalb der gesetzten Frist die Existenz und die Gültigkeit der älteren Marken nicht substantiiert habe. Das HABM teilte [Herrn Rintisch] ferner mit, dass nun keine ergänzenden Erklärungen mehr eingereicht werden könnten und dass es seine Entscheidung über den Widerspruch auf der Grundlage der ihm zu jenem Zeitpunkt vorliegenden Beweismittel treffen werde.

11      Am 19. September 2007 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass [Herr Rintisch] innerhalb der gesetzten Frist die Existenz und die Gültigkeit der zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten älteren Marken nicht nachgewiesen habe. Die Widerspruchsabteilung führte zunächst aus, dass zwar aufgrund der dem HABM am 16. Januar 2007 übermittelten Urkunden festgestellt werden könne, dass die älteren Marken 1995, 1996 bzw. 1997 eingetragen worden seien, dass dies jedoch für den Nachweis ihrer Gültigkeit am 4. Juni 2007 … unzureichend sei … Ferner sei nach Regel 19 Abs. 4 der [Durchführungsverordnung] eine Berücksichtigung der Auszüge vom 8. Januar 2007 aus dem Online-Register als Nachweis für die Verlängerung der älteren Marken nicht möglich, da sie nicht in die Verfahrenssprache übersetzt worden seien.

12      Am 23. Oktober 2007 legte [Herr Rintisch] gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung beim HABM eine Beschwerde nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 … ein. In deren Rahmen beantragte [Herr Rintisch] bei der Beschwerdekammer, die Anmeldemarke wegen Bestehens der Gefahr von Verwechslungen von der Eintragung auszuschließen. Hierzu fügte er der Beschwerdebegründung für jede der älteren Marken u. a. einen Auszug aus dem Online-Register des Deutschen Patent‑ und Markenamts und eine Erklärung des Deutschen Patent‑ und Markenamts zusammen mit einer Übersetzung der Erklärung in die Verfahrenssprache bei. In der Erklärung stand, dass die älteren Marken zu einem vor der Einreichung der Widerspruchsschrift liegenden Zeitpunkt bis 2015, 2016 bzw. 2017 verlängert worden seien.

13      Mit [der streitigen Entscheidung] wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde ohne inhaltliche Prüfung des Widerspruchs zurück. Ihrer Ansicht nach hatte die Widerspruchsabteilung zu Recht entschieden, dass der Kläger die Existenz und die Gültigkeit der zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten älteren Marken innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht ordnungsgemäß substantiiert habe.

14      Insbesondere reichten zum einen die dem HABM am 16. Januar 2007 übermittelten Eintragungsurkunden nicht für den Nachweis aus, dass die älteren Marken im Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruchs noch gültig gewesen seien. Zum anderen rechtfertige allein schon das Fehlen einer Übersetzung der Auszüge vom 8. Januar 2007 aus dem Online-Register, ihre Berücksichtigung abzulehnen.

15      Auch die am 23. Oktober 2007 mit der Beschwerdebegründung übermittelten Unterlagen könnten nicht berücksichtigt werden, weil sie nach dem 4. Juni 2007 eingereicht worden seien, dem Tag, an dem die vom HABM gesetzte Frist abgelaufen sei.

16      Schließlich verfügten weder die Widerspruchsabteilung noch die Beschwerdekammer selbst auf der Grundlage von Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 … über ein Ermessen im Hinblick auf die Berücksichtigung von Unterlagen, die nicht vor Ablauf der vom HABM gesetzten Frist vorgelegt worden seien, da Regel 20 Abs. 1 der [Durchführungsverordnung] ausdrücklich vorschreibe, dass der Widerspruch im Fall einer verspäteten Vorlage der Beweisunterlagen zurückzuweisen sei. Die Beschwerdekammer fügte hinzu, dass sie, selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es in ihrem Ermessen stünde, vor der Widerspruchsabteilung verspätet eingereichte Unterlagen anzunehmen oder abzulehnen, dieses Ermessen jedenfalls zu Ungunsten von [Herrn Rintisch] ausgeübt hätte …“

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

10      Mit Klageschrift, die am 17. März 2009 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Herr Rintisch Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.

11      Zur Stützung dieser Klage machte er drei Klagegründe geltend, von denen nur der zweite Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels ist. Mit diesem Klagegrund wurde gerügt, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen und ihr Ermessen missbraucht.

12      Nachdem das Gericht in den Randnrn. 31 und 32 des angefochtenen Urteils unter Bezugnahme auf das Urteil vom 13. März 2007, HABM/Kaul (C‑29/05 P, Slg. 2007, I‑2213, Randnr. 42), darauf hingewiesen hatte, dass sich aus Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 ableiten lasse, dass als allgemeine Regel und vorbehaltlich einer gegenteiligen Vorschrift die Beteiligten Tatsachen und Beweismittel auch dann noch vorbringen könnten, wenn die für dieses Vorbringen nach den Bestimmungen dieser Verordnung geltenden Fristen abgelaufen seien, und dass es dem HABM keineswegs untersagt sei, solche verspätet vorgelegten Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen, hat das Gericht den ersten Teil des von Herrn Rintisch dazu vorgebrachten Klagegrundes zurückgewiesen, wobei es in den Randnrn. 33 bis 42 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat:

„33      … [D]ie Möglichkeit der Beteiligten des Verfahrens vor dem HABM, Tatsachen und Beweismittel nach Ablauf der dafür gesetzten Fristen vorzulegen, [hängt] davon ab, dass keine gegenteilige Vorschrift besteht. …

34      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer … die Ansicht vertreten, dass eine ausdrückliche gegenteilige Vorschrift bestehe, nach der – im Einklang mit der Rechtsprechung – die Zurückweisung des Widerspruchs zwingend sei und nicht bloß eine Option, die im Ermessen des HABM stehe. Regel 20 Abs. 1 der [Durchführungsverordnung], die nach Regel 50 Abs. 1 der Verordnung vor der Beschwerdekammer anwendbar sei, stehe der Ausübung des in Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Ermessens entgegen.

37      Aus [Regel 20 Abs. 1 und Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 1 und 3 der Durchführungsverordnung] in Verbindung miteinander geht hervor, dass die Beschwerdekammer in Ermangelung einer gegenteiligen Vorschrift verpflichtet ist, im Rahmen des Verfahrens vor ihr Regel 20 Abs. 1 der [Durchführungsverordnung] anzuwenden und daher zu dem Schluss zu kommen, dass die Vorlage von Beweismitteln zum Beleg der Existenz, der Gültigkeit und des Schutzumfangs der älteren Marke nach Ablauf der vom HABM dafür gesetzten Frist zur Zurückweisung des Widerspruchs führt, ohne dass ihr insofern ein Ermessen zusteht …

38      [Herr Rintisch] macht geltend, Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 a. E. der [Durchführungsverordnung] – und insbesondere der dortige Verweis auf Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 – sei gerade die gegenteilige Vorschrift, die der Anwendung von Regel 20 Abs. 1 der Verordnung auf die Verfahren vor der Beschwerdekammer in jedem Fall entgegenstehe. Diesem Vorbringen kann jedoch nicht gefolgt werden.

39      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall die [Durchführungsverordnung] in der Fassung nach der Änderung durch die Verordnung … Nr. 1041/2005 … anwendbar ist, da der Widerspruch am 24. Oktober 2006 erhoben wurde. Insbesondere bestand nach dem siebten Erwägungsgrund der letztgenannten Verordnung eines der Ziele dieser Änderung darin, das Widerspruchsverfahren ganz neu zu regeln, um u. a. die Rechtsfolgen bei Verfahrensmängeln eindeutig festzulegen.

40      Wollte man der von [Herrn Rintisch] vertretenen Auslegung folgen, bestünde jedoch nicht nur die Gefahr eines Zirkelschlusses bei den in Rede stehenden Bestimmungen, sondern es käme auch zu einer erheblichen Einschränkung des Geltungsbereichs von Regel 20 Abs. 1 der [Durchführungsverordnung] in der geänderten Fassung.

41      Wenn nämlich Beweismittel zum Beleg der Existenz, der Gültigkeit und des Umfangs einer älteren Marke – die nach dem auf den vorliegenden Fall anwendbaren neuen Wortlaut von Regel 20 Abs. 1 der [Durchführungsverordnung] von der Widerspruchsabteilung nicht berücksichtigt werden dürfen, wenn sie verspätet vorgelegt werden – gleichwohl von der Beschwerdekammer aufgrund ihres Ermessens nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 berücksichtigt werden dürften, könnte die Rechtsfolge, die in der Verordnung Nr. 1041/2005 für Mängel dieser Art ausdrücklich vorgesehen ist, nämlich die Zurückweisung des Widerspruchs, in bestimmten Fällen ohne praktische Wirksamkeit bleiben.

42      Es ist daher festzustellen, dass die Beschwerdekammer fehlerfrei angenommen hat, dass es unter den Umständen des vorliegenden Falles eine Vorschrift gebe, die der Berücksichtigung der Belege, die [Herr Rintisch] dem HABM verspätet vorgelegt habe, entgegenstehe, und dass der Beschwerdekammer deshalb kein Ermessen nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 zustehe.“

13      Das Gericht hat sodann den zweiten Teil des zweiten Klagegrundes aus folgendem Grund zurückgewiesen:

„48      … [B]ezüglich des gerügten Ermessensmissbrauchs der Beschwerdekammer [ist] festzustellen, dass die Klageschrift den an die Zulässigkeit einer Rüge gestellten Mindestanforderungen nicht genügt, die in Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und in Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts festgelegt sind … Insbesondere enthält im vorliegenden Fall die Rüge des Klägers keine Argumentation, die dem Nachweis dienen würde, inwiefern die Beschwerdekammer ihr Ermessen missbraucht haben soll. Diese Rüge ist daher für unzulässig zu erklären.“

14      Da das Gericht auch die anderen von Herrn Rintisch geltend gemachten Klagegründe zurückgewiesen hat, hat es die Klage abgewiesen.

 Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

15      Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Rintisch, das angefochtene Urteil aufzuheben und das HABM zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

16      Das HABM und Valfleuri beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Herrn Rintisch zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

 Zum Rechtsmittel

17      Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf zwei Rechtsmittelgründe, nämlich einen Verstoß der Beschwerdekammer gegen Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 und einen Ermessensmissbrauch der Beschwerdekammer.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94

 Vorbringen der Parteien

18      Herr Rintisch trägt vor, das Gericht habe Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 50 Abs. 1 der Durchführungsverordnung falsch ausgelegt.

19      So macht er geltend, das Gericht habe Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung missachtet, obgleich es sich um eine Spezialvorschrift für die Prüfung von Beschwerden handele, in der ausdrücklich die Anwendung von Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehen sei und die somit der Beschwerdekammer ein Ermessen im Hinblick auf die Feststellung einräume, ob zusätzliche oder ergänzende Sachverhalte und Beweismittel zu berücksichtigen seien. Ferner habe das Gericht zu Unrecht nicht zwischen neuen Sachverhalten und der verspäteten Vorlage von zusätzlichen oder ergänzenden Sachverhalten und Beweismitteln im Sinne von Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung unterschieden.

20      Das HABM tritt der vom Rechtsmittelführer vorgeschlagenen Auslegung der einschlägigen Bestimmungen entgegen. Das Gericht habe zutreffend festgestellt, dass Regel 20 Abs. 1 der Durchführungsverordnung als eine gegenteilige Vorschrift im Sinne des Urteils HABM/Kaul anzusehen sei, da es sich um eine zwingende Vorschrift handele, die eine Ausschlussfrist einführe.

21      Nach Ansicht von Valfleuri sind Regel 19 Abs. 4 und Regel 20 Abs. 1 der Durchführungsverordnung ausdrückliche und zwingende Vorschriften, die für das HABM jede Möglichkeit ausschließen, die dem Widersprechenden für den Nachweis der Existenz und der Gültigkeit der älteren Marken gesetzte Frist zu verlängern. Infolgedessen verfüge das HABM in der fraglichen Situation nicht über den ihm durch Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 eingeräumten Ermessensspielraum.

 Würdigung durch den Gerichtshof

22      Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 sieht vor, dass das HABM Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen braucht.

23      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs folgt aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass die Beteiligten als allgemeine Regel und vorbehaltlich einer gegenteiligen Vorschrift Tatsachen und Beweismittel auch dann noch vorbringen können, wenn die für dieses Vorbringen nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 geltenden Fristen abgelaufen sind, und dass es dem HABM keineswegs untersagt ist, solche verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen (Urteile HABM/Kaul, Randnr. 42, und vom 18. Juli 2013, New Yorker SHK Jeans/HABM, C‑621/11 P, Randnr. 22).

24      Mit der Klarstellung, dass das HABM in einem solchen Fall die fraglichen Beweismittel nicht zu berücksichtigen „braucht“, räumt die genannte Bestimmung dem HABM nämlich ein weites Ermessen ein, um unter entsprechender Begründung seiner Entscheidung darüber zu befinden, ob die Beweismittel zu berücksichtigen sind oder nicht (Urteile HABM/Kaul, Randnr. 43, und New Yorker SHK Jeans/HABM, Randnr. 23).

25      Da der erste Rechtsmittelgrund des Rechtsmittelführers ausschließlich das Ermessen betrifft, über das die Beschwerdekammer des HABM seiner Ansicht nach verfügt, ist für die Feststellung, ob es eine gegenteilige Vorschrift gibt, die ein solches Ermessen ausschließen könnte, die Regelung des Beschwerdeverfahrens heranzuziehen.

26      Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 1 der Durchführungsverordnung sieht insoweit vor, dass die Vorschriften für das Verfahren vor der Dienststelle, die die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar sind, soweit nichts anderes vorgesehen ist.

27      Das Gericht hat in Randnr. 37 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, dass aus dieser Bestimmung hervorgehe, dass die Beschwerdekammer verpflichtet sei, Regel 20 Abs. 1 der Durchführungsverordnung anzuwenden und daher zu dem Schluss zu kommen, dass die Vorlage von Beweismitteln zum Beleg der Existenz, der Gültigkeit und des Schutzumfangs der älteren Marke nach Ablauf der vom HABM hierfür gesetzten Frist zur Zurückweisung des Widerspruchs führe, ohne dass der Beschwerdekammer insofern ein Ermessen zustehe.

28      Damit hat das Gericht allerdings eine falsche Auslegung der Regel 50 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zugrunde gelegt, die die Tragweite von Unterabs. 3 dieser Bestimmung verkennt.

29      Denn in Unterabs. 1 der genannten Bestimmung wird zwar der Grundsatz aufgestellt, dass die Vorschriften für das Verfahren vor der Dienststelle, die die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar sind, doch stellt Unterabs. 3 dieser Bestimmung eine Sonderregel dar, die von diesem Grundsatz abweicht. Diese Sonderregel ist dem Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung eigen und bestimmt die Regeln, die vor der Beschwerdekammer für Sachverhalte und Beweismittel gelten, die nach Ablauf der in erster Instanz festgesetzten Fristen vorgelegt werden.

30      Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung ist daher in diesem speziellen Punkt des Beschwerdeverfahrens gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung anstelle der Bestimmungen für das Verfahren vor der Widerspruchsabteilung anzuwenden, zu denen Regel 20 Abs. 1 der Durchführungsverordnung gehört.

31      Die Aufnahme dieser Sonderregel in die Durchführungsverordnung erfolgte bei deren Änderung durch die Verordnung Nr. 1041/2005, die nach ihrem siebten Erwägungsgrund insbesondere die Rechtsfolgen von im Widerspruchsverfahren auftretenden Verfahrensmängeln klarstellen soll. Diese Feststellung bestätigt, dass vor der Beschwerdekammer die Folgen, die mit der bei der Beweisaufnahme vor der Widerspruchsabteilung festgestellten Verspätung verbunden sind, auf der Grundlage der genannten Regel zu bestimmen sind.

32      Nach Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung beschränkt die Beschwerdekammer, wenn sich die Beschwerde gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung richtet, die Prüfung der Beschwerde auf die Sachverhalte und Beweismittel, die innerhalb der von der Widerspruchsabteilung festgesetzten Frist vorgelegt wurden, sofern die Beschwerdekammer nicht der Meinung ist, dass zusätzliche oder ergänzende Sachverhalte und Beweismittel gemäß Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 berücksichtigt werden sollten.

33      Die Durchführungsverordnung sieht demnach ausdrücklich vor, dass die Beschwerdekammer bei der Prüfung einer Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Widerspruchsabteilung über das sich aus Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung und Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 ergebende Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung verfügt, ob die zusätzlichen oder ergänzenden Sachverhalte und Beweismittel, die nicht innerhalb der von der Widerspruchsabteilung festgesetzten Frist vorgelegt wurden, zu berücksichtigen sind oder nicht.

34      Daher hat das Gericht in dem angefochtenen Urteil einen Rechtsfehler begangen, indem es in dessen Randnr. 42 entschieden hat, dass Regel 20 Abs. 1 der Durchführungsverordnung eine gegenteilige Vorschrift darstelle, die es der Beschwerdekammer verwehre, die von dem Rechtsmittelführer dem HABM verspätet vorgelegten Belege zu berücksichtigen, mit der Folge, dass dieser Kammer in Bezug auf die Berücksichtigung dieser Belege kein Ermessen nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 zustehe.

35      Jedoch ist ein Rechtsmittel zurückzuweisen, wenn zwar die Gründe eines Urteils des Gerichts eine Verletzung des Unionsrechts erkennen lassen, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig darstellt (Urteile vom 13. Juli 2000, Salzgitter/Kommission, C‑210/98 P, Slg. 2000, I‑5843, Randnr. 58, und vom 29. März 2011, ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, C‑352/09 P, Slg. 2011, I‑2359, Randnr. 136).

36      Aus den Erwägungen in Randnr. 34 des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass die Beschwerdekammer dadurch einen Rechtsfehler begangen hat, dass sie in den Randnrn. 38 bis 40 der streitigen Entscheidung festgestellt hat, dass sich aus Regel 20 Abs. 1 der Durchführungsverordnung ergebe, dass sie über kein Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung verfüge, ob die verspätet vorgelegten Beweismittel zum Beleg der Existenz, der Gültigkeit und des Schutzumfangs der älteren Marke zu berücksichtigen seien oder nicht.

37      Insoweit ist jedoch festzustellen, dass die Beschwerdekammer in Randnr. 42 der streitigen Entscheidung darauf hingewiesen hat, dass sie, wenn festgestellt werden sollte, dass sie über ein Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung verfüge, ob die verspätet eingereichten Unterlagen zu berücksichtigen seien oder nicht, es zu Ungunsten des Widersprechenden ausüben würde. Sie hat anschließend in den Randnrn. 43 bis 46 der Entscheidung die diese Schlussfolgerung rechtfertigenden Gründe dargelegt.

38      Diese Gründe, die von der Beschwerdekammer hilfsweise herangezogen wurden, um die Berücksichtigung der von Herrn Rintisch verspätet vorgelegten Beweismittel abzulehnen, sind nur dann geeignet, den der streitigen Entscheidung anhaftenden Fehler zu heilen, wenn sie die Annahme gestatten, dass die Beschwerdekammer ihr durch Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 eingeräumtes Ermessen tatsächlich ausgeübt hat, um unter Angabe von Gründen und unter gebührender Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu entscheiden, ob die bei ihr verspätet vorgelegten Beweismittel bei der Entscheidung, die sie zu erlassen hatte, zu berücksichtigen waren oder nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, Randnr. 110).

39      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof insbesondere entschieden hat, dass die Berücksichtigung verspätet vorgelegter Tatsachen und Beweismittel durch das HABM, wenn es im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens zu entscheiden hat, insbesondere dann gerechtfertigt sein kann, wenn es zu der Auffassung gelangt, dass zum einen die verspätet vorgebrachten Gesichtspunkte auf den ersten Blick von wirklicher Relevanz für das Ergebnis des bei ihm eingelegten Widerspruchs sein können und dass zum anderen das Verfahrensstadium, in dem das verspätete Vorbringen erfolgt, und die Umstände, die es begleiten, einer solchen Berücksichtigung nicht entgegenstehen (Urteile HABM/Kaul, Randnr. 44, sowie Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, Randnr. 113).

40      Da im vorliegenden Fall Herr Rintisch seinen Widerspruch insbesondere auf drei eingetragene deutsche Marken stützte, sind die Nachweise über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang dieser Marken, die er im Widerspruchsverfahren vorzulegen hatte, in Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Durchführungsverordnung genau und abschließend aufgezählt. Herrn Rintisch mussten also schon vor der Erhebung seines Widerspruchs die genauen Unterlagen bekannt gewesen sein, die er zu dessen Stützung vorzulegen hatte. Daher muss die Beschwerdekammer unter diesen Umständen ihr Ermessen restriktiv ausüben und kann die verspätete Vorlage solcher Nachweise nur dann zulassen, wenn die Umstände, die sie begleiten, die Verspätung des Antragstellers bei der ihm obliegenden Beweisführung rechtfertigen können.

41      Die Beschwerdekammer hat zur Begründung ihrer Entscheidung u. a. ausgeführt, dass Herr Rintisch seit dem 15. Januar 2007 über den Nachweis der Verlängerung der in Rede stehenden Marken verfügt habe und dass er nicht den Grund dargelegt habe, aus dem er dieses Dokument bis Oktober 2007 zurückgehalten habe.

42      Aus der streitigen Entscheidung geht somit hervor, dass die Umstände, die die verspätete Vorlage der Nachweise über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang der in Rede stehenden Marken begleiten, die Verspätung des Rechtsmittelführers bei der ihm obliegenden Beweisführung nicht rechtfertigen können.

43      Die Tatsache, dass Herr Rintisch vor Ablauf der von der Widerspruchsabteilung festgesetzten Frist Auszüge aus dem Online-Register des Deutschen Patent‑ und Markenamts vorlegte, in denen die Verlängerung der in Rede stehenden Marken in einer anderen Sprache als der Verfahrenssprache erwähnt wird, kann diese Analyse nicht in Frage stellen, da aus Regel 19 Abs. 4 der Durchführungsverordnung hervorgeht, dass das HABM Unterlagen unberücksichtigt lässt, die nicht innerhalb dieser Frist vorgelegt oder in die Verfahrenssprache übersetzt wurden.

44      Folglich hat sich die Beschwerdekammer zu Recht geweigert, die Beweismittel zu berücksichtigen, die Herr Rintisch nach Ablauf der von der Widerspruchsabteilung dafür festgesetzten Frist vorlegte, ohne dass sie sich zur etwaigen Relevanz dieser Beweismittel zu äußern oder zu prüfen brauchte, ob das Verfahrensstadium, in dem die verspätete Vorlage erfolgte, dieser Berücksichtigung entgegenstand.

45      Entgegen dem Vorbringen von Herrn Rintisch ist die Beschwerdekammer bei der Ausübung ihres Ermessens nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 nämlich nicht verpflichtet, die drei in Randnr. 39 des vorliegenden Urteils genannten Kriterien zu prüfen, wenn ein einziges dieser Kriterien ausreicht, um festzustellen, dass sie die fraglichen verspätet vorgelegten Beweismittel nicht berücksichtigen muss (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 4. März 2010, Kaul/HABM, C‑193/09 P, Randnr. 38).

46      Unter diesen Umständen bleibt der in Randnr. 34 des vorliegenden Urteils festgestellte Rechtsfehler, der dem angefochtenen Urteil anhaftet, ohne Folgen für die Prüfung des Rechtsmittels, da die vom Gericht in Randnr. 47 seines Urteils vorgenommene Zurückweisung des ersten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes – Verstoß gegen Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 – aus anderen als den vom Gericht zugrunde gelegten Rechtsgründen gerechtfertigt ist und daher nicht zur Aufhebung des genannten Urteils führen kann.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Ermessensmissbrauch der Beschwerdekammer

 Vorbringen der Parteien

47      Herr Rintisch macht geltend, das Gericht habe die Tatsache nicht hinreichend gewürdigt, dass die Beschwerdekammer ihre Befugnisse missbraucht habe.

48      Das HABM trägt vor, dass sich im Rechtsmittel kein Argument zur Stützung des zweiten Rechtsmittelgrundes finden lasse.

 Würdigung durch den Gerichtshof

49      Zum zweiten Rechtsmittelgrund ist zum einen festzustellen, dass der Rechtsmittelführer sich auf allgemeine Aussagen beschränkt und in keiner Weise die von ihm gerügten Punkte des angefochtenen Urteils bezeichnet, und zum anderen, dass er nicht die rechtlichen Argumente angibt, die er zur Stützung dieses Rechtsmittelgrundes geltend macht.

50      Nach ständiger Rechtsprechung folgt indessen aus Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 112 § 1 Buchst. c der zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels geltenden Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der zu Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs wurde, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss; andernfalls ist das Rechtsmittel oder der betreffende Rechtsmittelgrund unzulässig (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 426, sowie vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, Slg. 2008, I‑10515, Randnr. 121).

51      Der zweite von Herrn Rintisch zur Stützung seines Rechtsmittels geltend gemachte Rechtsmittelgrund entspricht diesen Anforderungen nicht und ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

52      Da keiner der vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Rechtsmittelgründe Erfolg hat, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 Kosten

53      Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

54      Da das HABM und Valfleuri die Verurteilung des Rechtsmittelführers zur Tragung der Kosten beantragt haben und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, ist er zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Herr Bernhard Rintisch trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.