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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

2. März 2023(*)

Inhaltsverzeichnis



„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Umwelt – Richtlinie 92/43/EWG – Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – Art. 6 Abs. 1 bis 3, Art. 12 Abs. 1 Buchst. a bis d, Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und Art. 16 Abs. 1 – Richtlinie 2009/147/EG – Erhaltung der wildlebenden Vogelarten – Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Buchst. a, b und d sowie Art. 9 Abs. 1 – Waldbewirtschaftung auf der Grundlage der guten Praxis – Waldbewirtschaftungspläne – Übereinkommen von Aarhus – Zugang zu Gerichten – Art. 6 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 – Prüfung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit von Waldbewirtschaftungsplänen – Recht von Umweltschutzorganisationen auf einen Rechtsbehelf“

In der Rechtssache C‑432/21

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 15. Juli 2021,

Europäische Kommission, vertreten durch M. Brauhoff, G. Gattinara, C. Hermes und D. Milanowska als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richterin M. L. Arastey Sahún (Berichterstatterin) sowie der Richter F. Biltgen, N. Wahl und J. Passer,

Generalanwältin: L. Medina,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission beim Gerichtshof die Feststellung, dass die Republik Polen

–        dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2, Art. 12 Abs. 1 Buchst. a bis d, Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und d sowie Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) in der durch die Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. 2013, L 158, S. 193) geänderten Fassung (im Folgenden: Habitatrichtlinie) und aus Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Buchst. a, b und d sowie Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. 2010, L 20, S. 7) in der durch die Richtlinie 2013/17 geänderten Fassung (im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie) verstoßen hat, dass sie Bestimmungen in das nationale System eingeführt hat, nach denen eine auf der Grundlage der guten Praxis vorgenommene Waldbewirtschaftung nicht gegen Naturschutzvorschriften der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie verstößt, und

–        dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV, Art. 216 Abs. 2 AEUV, Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b sowie Art. 9 Abs. 2 des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichneten und mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus) verstoßen hat, dass sie die gerichtliche Anfechtbarkeit von Waldbewirtschaftungsplänen durch Umweltschutzorganisationen ausgeschlossen hat.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Völkerrecht

2        Art. 6 („Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten“) des Übereinkommens von Aarhus sieht in Abs. 1 vor:

„Jede Vertragspartei

a)      wendet diesen Artikel bei Entscheidungen darüber an, ob die in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten zugelassen werden;

b)      wendet diesen Artikel in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können. Zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet;

c)      kann – auf der Grundlage einer Einzelfallbetrachtung, sofern eine solche nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist – entscheiden, diesen Artikel nicht auf geplante Tätigkeiten anzuwenden, die Zwecken der Landesverteidigung dienen, wenn diese Vertragspartei der Auffassung ist, dass sich eine derartige Anwendung negativ auf diese Zwecke auswirken würde.“

3        Art. 9 („Zugang zu Gerichten“) des Übereinkommens von Aarhus sieht vor:

„…

(2)      Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

a)      die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b)      eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder nichtstaatlichen Organisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

Absatz 2 schließt die Möglichkeit eines vorangehenden Überprüfungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

(3)      Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

(4)      Zusätzlich und unbeschadet des Absatzes 1 stellen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Verfahren angemessenen und effektiven Rechtsschutz und, soweit angemessen, auch vorläufigen Rechtsschutz sicher; diese Verfahren sind fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer. Entscheidungen nach diesem Artikel werden in Schriftform getroffen oder festgehalten.

Gerichtsentscheidungen und möglichst auch Entscheidungen anderer Stellen sind öffentlich zugänglich.

…“

B.      Unionsrecht

1.      Habitatrichtlinie

4        Art. 1 der Habitatrichtlinie lautet:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

a)      ‚Erhaltung‘: alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die natürlichen Lebensräume und die Populationen wildlebender Tier- und Pflanzenarten in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Buchstabens e) oder i) zu erhalten oder diesen wiederherzustellen.

j)      ‚Gebiet‘: ein geographisch definierter Bereich mit klar abgegrenzter Fläche.

k)      ‚Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung‘: [ein] Gebiet, das in der oder den biogeographischen Region(en), zu welchen es gehört, in signifikantem Maße dazu beiträgt, einen natürlichen Lebensraumtyp des Anhangs I oder eine Art des Anhangs II in einem günstigen Erhaltungszustand zu bewahren oder einen solchen wiederherzustellen[,] und auch in signifikantem Maße zur Kohärenz des in Artikel 3 genannten Netzes ‚Natura 2000‘ und/oder in signifikantem Maße zur biologischen Vielfalt in der biogeographischen Region beitragen kann.

Bei Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, entsprechen die Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse den Orten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten, welche die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweisen.

l)      ‚Besonderes Schutzgebiet‘: ein von den Mitgliedstaaten durch eine Rechts- oder Verwaltungsvorschrift und/oder eine vertragliche Vereinbarung als ein [Gebiet] von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden.

…“

5        Art. 2 der Habitatrichtlinie bestimmt:

„(1)      Diese Richtlinie hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.

(2)      Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.

…“

6        Art. 6 der Habitatrichtlinie sieht vor:

„(1)      Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.

(3)      Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

(4)      Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen.

Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.“

7        Art. 12 Abs. 1 der Habitatrichtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet:

a)      alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten;

b)      jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs‑, Aufzucht‑, Überwinterungs- und Wanderungszeiten;

c)      jede absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur;

d)      jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.“

8        In Art. 13 Abs. 1 der Habitatrichtlinie heißt es:

„Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um ein striktes Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe b) angegebenen Pflanzenarten aufzubauen, das Folgendes verbietet:

a)      absichtliches Pflücken, Sammeln, Abschneiden, Ausgraben oder Vernichten von Exemplaren solcher Pflanzen in deren Verbreitungsräumen in der Natur;

b)      Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder zum Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren solcher Pflanzen; vor Beginn der Anwendbarkeit dieser Richtlinie rechtmäßig entnommene Exemplare sind hiervon ausgenommen.“

9        Art. 16 der Habitatrichtlinie sieht vor:

„(1)      Sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13 und 14 sowie des Artikels 15 Buchstaben a) und b) im folgenden Sinne abweichen:

a)      zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume;

b)      zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;

c)      im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;

d)      zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht, einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen;

e)      um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs IV zu erlauben.

(2)      Die Mitgliedstaaten legen der Kommission alle zwei Jahre einen mit dem vom Ausschuss festgelegten Modell übereinstimmenden Bericht über die nach Absatz 1 genehmigten Ausnahmen vor. Die Kommission nimmt zu diesen Ausnahmen binnen zwölf Monaten nach Erhalt des Berichts Stellung und unterrichtet darüber den Ausschuss.

…“

2.      Vogelschutzrichtlinie

10      Art. 1 der Vogelschutzrichtlinie lautet wie folgt:

„(1)      Diese Richtlinie betrifft die Erhaltung sämtlicher wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welches der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind. Sie hat den Schutz, die Bewirtschaftung und die Regulierung dieser Arten zum Ziel und regelt die Nutzung dieser Arten.

(2)      Sie gilt für Vögel, ihre Eier, Nester und Lebensräume.“

11      Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie sieht vor:

„(1)      Auf die in Anhang I aufgeführten Arten sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang sind zu berücksichtigen:

a)      vom Aussterben bedrohte Arten;

b)      gegen bestimmte Veränderungen ihrer Lebensräume empfindliche Arten;

c)      Arten, die wegen ihres geringen Bestands oder ihrer beschränkten örtlichen Verbreitung als selten gelten;

d)      andere Arten, die aufgrund des spezifischen Charakters ihres Lebensraums einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.

Bei den Bewertungen werden Tendenzen und Schwankungen der Bestände der Vogelarten berücksichtigt.

Die Mitgliedstaaten erklären insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind.

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs‑, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. …

(4)      Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.“

12      Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie bestimmt:

„Unbeschadet der Artikel 7 und 9 erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten, insbesondere das Verbot

a)      des absichtlichen Tötens oder Fangens, ungeachtet der angewandten Methode;

b)      der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern;

d)      ihres absichtlichen Störens, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit, sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt;

…“

13      In Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie heißt es:

„(1)      Die Mitgliedstaaten können, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, aus den nachstehenden Gründen von den Artikeln 5 bis 8 abweichen:

a)      –      im Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit,

–        im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt,

–        zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern,

–        zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt;

b)      zu Forschungs- und Unterrichtszwecken, zur Aufstockung der Bestände, zur Wiederansiedlung und zur Aufzucht im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen;

c)      um unter streng überwachten Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen zu ermöglichen.

(2)      In den in Absatz 1 genannten Abweichungen ist anzugeben,

a)      für welche Vogelarten die Abweichungen gelten;

b)      die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, ‑einrichtungen und ‑methoden;

c)      die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können;

d)      die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können;

e)      welche Kontrollen vorzunehmen sind.

(3)      Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission jährlich einen Bericht über die Anwendung der Absätze 1 und 2.

…“

C.      Polnisches Recht

1.      Waldgesetz

14      Art. 6 Abs. 1 der Ustawa o lasach (Gesetz über die Wälder) vom 28. September 1991 (Dz. U. 1991, Nr. 101, Position 444) in ihrer konsolidierten Fassung (Dz. U. 2018, Position 2129) (im Folgenden: Waldgesetz) bestimmt:

„Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet:

6)      Waldbewirtschaftungsplan – ein für ein bestimmtes Gebiet erarbeitetes Basisdokument der Waldbewirtschaftung, das eine Beschreibung und Bewertung des Zustands des Waldes und die Ziele, Aufgaben und Methoden der Waldbewirtschaftung enthält;

…“

15      Art. 14b des Waldgesetzes, der zum 1. Januar 2017 durch Art. 2 der Ustawa o zmianie ustawy o ochronie przyrody oraz ustawy o lasach (Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Schutz der Natur und des Gesetzes über die Wälder) vom 16. Dezember 2016 (Dz. U. 2016, Position 2249) eingeführt wurde, sieht vor:

„1.      Die Waldeigentümer führen die im Gesetz genannten Ziele und Grundsätze der Waldbewirtschaftung durch, insbesondere erfüllen sie die Verpflichtungen nach Art. 9 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 4 in der von ihnen festgelegten Art und Weise, es sei denn, dass die Art und Weise der Erfüllung einer bestimmten Verpflichtung gesetzlich festgelegt ist.

3.      Eine entsprechend den Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung durchgeführte Waldbewirtschaftung verstößt nicht gegen die Bestimmungen über die Erhaltung von besonderen Beständen, Schöpfungen und Bestandteilen der Natur, insbesondere nicht gegen die Bestimmungen der Art. 51 und 52 der Ustawa o ochronie przyrody [(Gesetz über den Schutz der Natur)] vom 16. April 2004 [(konsolidierte Fassung Dz. U. 2018, Position 1614) (im Folgenden: Naturschutzgesetz)].“

16      In Art. 22 des Waldgesetzes heißt es:

„1.      Der für Umweltangelegenheiten zuständige Minister genehmigt einen Waldbewirtschaftungsplan für Wälder, die im Eigentum des Fiskus stehen, und vereinfachte Waldbewirtschaftungspläne für Wälder, die zum Bestand des landwirtschaftlichen Eigentums des Fiskus gehören.

4.      Der für Umweltangelegenheiten zuständige Minister beaufsichtigt die Durchführung der Waldbewirtschaftungspläne für Wälder, die im Eigentum des Fiskus stehen, und die Durchführung der vereinfachten Waldbewirtschaftungspläne für Wälder, die zum Bestand des landwirtschaftlichen Eigentums des Fiskus gehören.

…“

2.      Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis

17      Die Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung sind im Rozporządzenie Ministra Środowiska w sprawie wymagań dobrej praktyki w zakresie gospodarki leśnej (Verordnung des Umweltministers über die Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung) vom 18. Dezember 2017 (Dz. U. 2017, Position 2408) (im Folgenden: Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis) vorgesehen.

18      § 1 der Verordnung bestimmt:

„Folgende Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung werden festgelegt:

1)      Vor der Aufnahme von Waldbewirtschaftungsarbeiten ist eine Besichtigung vor Ort in dem Waldabschnitt oder auf der Parzelle vorzunehmen, wo die Arbeiten geplant sind, um das Vorkommen von geschützten Arten oder von Standorten, an denen sie vorkommen können, zu überprüfen;

2)      vor der Aufnahme von Waldbewirtschaftungsarbeiten sind die Standorte, an denen geschützte Arten vorkommen, die für geschützte Arten wichtigen Orte, die zu erhalten sind, vorübergehend zu kennzeichnen oder es ist auf andere Weise sicherzustellen, dass derjenige, der die Arbeiten durchführt, diese Standorte und Orte kennt;

3)      wird während der Arbeiten das Vorkommen von geschützten Arten oder von Standorten, an denen sie vorkommen können, festgestellt, so gelten die Nrn. 1 und 2 entsprechend, wobei die Art und Weise der Durchführung der Arbeiten erforderlichenfalls unverzüglich geändert wird und erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die verursachten Schäden zu minimieren oder auszugleichen;

4)      an den Ufern von Gewässern und Wasserläufen sind bis zu einem Abstand von 10 Metern von der Uferkante zu belassen: umgestürzte Baumstämme, Unterholz sowie große Steine, um Tieren den Zugang zum Wasser und die Wanderung zu erleichtern;

5)      während der Brutzeit der Vögel dürfen Bäume, auf denen belegte Nester gefunden werden, nicht gefällt werden;

6)      Bäume mit Hohlräumen werden der natürlichen Zersetzung überlassen;

7)      tote Bäume werden belassen, um sicherzustellen, dass fortlaufend Totholz vorhanden ist, wobei die Menge an Totholz insbesondere keine Waldbrandgefahr und keine Gefahr des Auftretens biotischer Schadfaktoren schaffen darf;

8)      Enklaven im Wald einschließlich Lichtungen und Wiesen, auf denen Standorte geschützter Arten, die in offenen Gebieten vorkommen, festgestellt worden sind, sind dadurch vor Verschlechterung zu bewahren, dass Bäume und Sträucher erforderlichenfalls beseitigt werden und die Fläche unter Beseitigung der Biomasse gemäht wird;

9)      Gewässer und Wasserläufe im Wald werden in ihrem natürlichen Zustand oder, in besonderen Fällen, in einem naturnahen Zustand belassen;

10)      Gewässerbetten dürfen nicht für das Holzrücken verwendet werden;

11)      bei der Planung und Durchführung der Tätigkeiten der Waldbewirtschaftung ist der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Vielfalt der Entwicklungsphasen der Waldbestände im Landschaftsbild zu wahren;

12)      es wird empfohlen, in den Waldbeständen einen Anteil von Bäumen der Arten zu gewährleisten, die bei der Erstsukzession auftreten, insbesondere von Birken, Espen und Salweiden. Ein Anteil der genannten Arten von mehr als 10 % hängt von der Entscheidung des Eigentümers des Waldes unter Berücksichtigung naturbezogener, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Kriterien ab;

13)      bei Walderneuerung und Aufforstung sind zu berücksichtigen:

a)      die regionalen natürlichen Bedingungen,

b)      die Regionalisierung von Saatgut im Sinne der Vorschriften über forstliches Vermehrungsmaterial,

c)      die Standortbedingungen und der Zustand der natürlichen Umwelt;

14)      vor Einschlägen zur Verjüngung des Waldes ist die Art des Einschlags zu bestimmen, die der vorgesehenen Verjüngungsmethode – Naturverjüngung oder künstliche Verjüngung – entspricht;

15)      die Naturverjüngung ist überall dort anzuwenden, wo der Mutterbestand, aus dem die Selbstaussaat erfolgen soll, von hoher Qualität ist und aus an dem betreffenden Ort wünschenswerten Arten besteht, die Standortbedingungen eine Naturverjüngung ermöglichen und die Naturverjüngung eine Bedeckung von mehr als 50 % der Kulturfläche und die Stabilität des Baumbestands gewährleistet;

16)      in für die Verjüngung reifen Baumbeständen, die durch Kahlschläge von mehr als 1 ha verwertet werden, werden auf einer Fläche von nicht mehr als 5 % der Kahlschlagfläche Altbaumgruppen zum natürlichen Absterben belassen;

17)      Kahlschläge werden nicht unmittelbar an Quellen, Flüssen, Seen, Torfmooren und Quellgebieten und ebenso wenig an nationalen Erinnerungsstätten und religiösen Stätten durchgeführt; an diesen Orten wird empfohlen, natürliche Übergangsstreifen zu belassen oder zu schaffen, insbesondere durch Anpflanzung von Sträuchern, wenn sie nicht vorhanden sind, und sie zu unterhalten;

18)      überall dort, wo die bei Pflegearbeiten wie auch bei der Holzernte und beim Holzrücken geplanten technischen Maßnahmen dies erfordern, werden in den Baumbeständen Betriebswege in Form von nicht mit Bäumen und Sträuchern bedeckten Waldbodenstreifen ausgewiesen, deren Breite und Anordnung die Durchführung der Pflege‑, Ernte- und Rückearbeiten ermöglichen;

19)      chemische Methoden zum Schutz von Wäldern dürfen nur angewandt werden, wenn die Anwendung anderer Methoden unmöglich oder unvernünftig ist, wobei die Auswahl der Pflanzenschutzmittel stets an der Sicherheit von Menschen, Tieren und der Umwelt auszurichten ist.“

3.      Naturschutzgesetz

19      Die Art. 48 bis 50 des Naturschutzgesetzes bestimmen, dass der für die Umwelt zuständige Minister im Einvernehmen mit dem für die Landwirtschaft zuständigen Minister durch Verordnung u. a. die geschützten Pflanzen‑, Tier- und Pilzarten sowie die sie betreffenden Verbote und die Methoden zu ihrem Schutz festlegt.

20      Die Art. 51 und 52 des Naturschutzgesetzes sehen Verbote vor, die in Bezug auf geschützte Tier- und Pflanzenarten eingeführt werden können.

21      Art. 56 des Naturschutzgesetzes sieht vor, dass die zuständigen Behörden Handlungen, die unter die Verbote der Art. 51 und 52 dieses Gesetzes fallen, genehmigen können.

4.      Umweltinformationsgesetz

22      Art. 44 der Ustawa o udostępnianiu informacji o środowisku i jego ochronie, udziale społeczeństwa w ochronie środowiska oraz o ocenach oddziaływania na środowisko (Gesetz über den Zugang zu Informationen über die Umwelt und ihren Schutz, die Beteiligung der Öffentlichkeit am Umweltschutz und die Umweltverträglichkeitsprüfung) vom 3. Oktober 2008 (konsolidierte Fassung Dz. U. 2018, Position 2018) (im Folgenden: Umweltinformationsgesetz) räumt Umweltorganisationen das Recht ein, sich an einem Verfahren zu beteiligen, das eine Öffentlichkeitsbeteiligung erfordert, ferner das Recht, einen Widerspruch gegen eine Entscheidung einzulegen, die in einem Verfahren erlassen wurde, an dem die Öffentlichkeit zu beteiligen war, und das Recht, bei einem Verwaltungsgericht gegen eine solche Entscheidung Klage zu erheben.

5.      Umweltschutzgesetz

23      Art. 323 der Ustawa – Prawo ochrony środowiska (Gesetz über den Schutz der Umwelt) vom 27. April 2001 (konsolidierte Fassung Dz. U. 2019, Position 1396) (im Folgenden: Umweltschutzgesetz) sieht vor:

„1.      Jede Person, die durch ein rechtswidriges Einwirken auf die Umwelt unmittelbar von einem Schaden bedroht ist oder einen Schaden erlitten hat, kann von demjenigen, der für die Bedrohung oder die Beeinträchtigung verantwortlich ist, verlangen, dass er den rechtmäßigen Zustand wiederherstellt und vorbeugende Maßnahmen ergreift, insbesondere durch die Installation von Anlagen oder Einrichtungen, die vor der Bedrohung oder der Beeinträchtigung schützen; wenn dies unmöglich oder übermäßig erschwert ist, kann sie die Einstellung der Tätigkeit verlangen, die die Bedrohung oder die Beeinträchtigung verursacht.

2.      Betrifft die Bedrohung oder die Beeinträchtigung die Umwelt als gemeinsames Gut, so kann der Anspruch nach Abs. 1 vom Fiskus, einer Gebietskörperschaft und einer Umweltorganisation geltend gemacht werden.“

II.    Vorverfahren

24      Am 20. Dezember 2011 leitete die Kommission ein EU-Pilotverfahren (Sache EUP[2011] 2856) ein und ersuchte die polnischen Behörden um Erläuterungen zu der in der polnischen Regelung vorgesehenen Ausnahme von den Verpflichtungen aus der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie in Bezug auf Maßnahmen im Bereich der Waldbewirtschaftung. In Anbetracht der von diesen Behörden vorgeschlagenen Lösungen beschloss die Kommission, das EU-Pilotverfahren einzustellen.

25      Angesichts der ihr in der Folge übermittelten Informationen und Beschwerden gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass der Verstoß gegen das Unionsrecht erwiesen sei. Außerdem gewährleiste das polnische Recht Umweltschutzorganisationen nicht die Möglichkeit, Waldbewirtschaftungspläne bei Behörden und Gerichten anzufechten, und verstoße damit gegen die Verpflichtung, den gerichtlichen Schutz der diesen Organisationen durch die Habitat- und die Vogelschutzrichtlinie verliehenen Rechte sicherzustellen.

26      Am 20. Juli 2018 richtete die Kommission ein Mahnschreiben an die Republik Polen, in dem sie erstens geltend machte, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 12 Abs. 1 Buchst. a bis d, Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie sowie aus Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Buchst. a, b und d sowie Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie verstoßen habe, dass sie Bestimmungen in das nationale System eingeführt habe, nach denen eine auf der Grundlage der Anforderungen der guten Praxis vorgenommene Waldbewirtschaftung nicht gegen Naturschutzvorschriften der Vogelschutz- und der Habitatrichtlinie verstoße. Zweitens habe die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV, Art. 216 Abs. 2 AEUV, Art. 47 der Charta sowie Art. 6 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus verstoßen, dass sie die gerichtliche Anfechtbarkeit von Waldbewirtschaftungsplänen, die sich auf ein Natura-2000-Gebiet erheblich auswirken könnten, durch Umweltschutzorganisationen ausgeschlossen und damit die Rechte dieser Organisationen aus Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie hinsichtlich dieser Pläne von einem wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz ausgenommen habe.

27      Am 20. September 2018 beantwortete die Republik Polen dieses Mahnschreiben.

28      Am 26. Juli 2019 gab die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, die die Republik Polen am selben Tag erhielt. Darin erhielt die Kommission die im Mahnschreiben formulierten Rügen aufrecht und forderte die Republik Polen auf, innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der mit Gründen versehenen Stellungnahme die erforderlichen Maßnahmen zu erlassen, um ihr nachzukommen.

29      Am 26. September 2019 antwortete die Republik Polen auf die mit Gründen versehene Stellungnahme und bestritt die von der Kommission gerügten Verstöße, kündigte aber hinsichtlich der ersten Rüge der Kommission den künftigen Erlass neuer Vorschriften an, um die geltende Rechtslage klarer zu fassen.

30      Da die Kommission diese Antwort nicht für zufriedenstellend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

III. Verfahren vor dem Gerichtshof

31      Mit Schreiben vom 7. Juli 2022 hat die Kommission den Gerichtshof in Beantwortung seiner Fragen davon in Kenntnis gesetzt, dass die Erwähnung von Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und d der Habitatrichtlinie und von Art. 16 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie in den in der Klageschrift in ihrer Fassung in der Verfahrenssprache enthaltenen Anträgen in Bezug auf ihre erste Rüge lediglich auf einen Schreibfehler zurückgehe, und hat diese Anträge dahin gehend berichtigt, dass sie sich nicht auf diese Bestimmungen, sondern auf Art. 13 Abs. 1 Buchst. a der Habitatrichtlinie und Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie beziehen.

32      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gegenstand der nach Art. 258 AEUV erhobenen Klage durch das in dieser Vorschrift vorgesehene vorprozessuale Verfahren eingegrenzt wird, weshalb die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission und die Klage auf dieselben Rügen gestützt werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, Kommission/Zypern, C‑515/14, EU:C:2016:30, Rn. 12).

33      Dieses Erfordernis entspricht dem Ziel des Vorverfahrens, das nach ständiger Rechtsprechung darin besteht, dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zu geben, zum einen seinen unionsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und sich zum anderen gegen die Rügen der Kommission sachdienlich zu verteidigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. März 2022, Kommission/Vereinigtes Königreich [Bekämpfung von Betrug durch Unterbewertung], C‑213/19, EU:C:2022:167, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass sich die Kommission sowohl im Mahnschreiben und in der mit Gründen versehenen Stellungnahme als auch in der in ihrer Klageschrift entwickelten Argumentation durchgehend auf Art. 13 Abs. 1 Buchst. a der Habitatrichtlinie und Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie bezogen hat, ohne auf die in den Anträgen der Klageschrift in ihrer Fassung in der Verfahrenssprache angegebenen falschen Bestimmungen Bezug zu nehmen. Zum anderen hat diese Angabe die Republik Polen keineswegs in die Irre geführt, da sie sowohl in ihrer Klagebeantwortung als auch in ihrer Gegenerwiderung konsequent auf Art. 13 Abs. 1 Buchst. a der Habitatrichtlinie und Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie Bezug genommen hat.

35      Folglich war die Republik Polen offenkundig in der Lage, ihre Verteidigungsmittel gegenüber den Rügen der Kommission in vollem Umfang geltend zu machen, und zwar sowohl im Rahmen des Vorverfahrens als auch im Kontext der vorliegenden Klage, ohne dass die in Rn. 31 des vorliegenden Urteils festgestellten Schreibfehler in irgendeiner Weise die Verteidigungsrechte dieses Mitgliedstaats beeinträchtigt hätten.

36      Nach alledem ist festzustellen, dass die erste Rüge in der Klageschrift der Kommission dahin zu verstehen ist, dass sie sich auf Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 12 Abs. 1 Buchst. a bis d, Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie sowie auf Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Buchst. a, b und d und Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie bezieht.

IV.    Zur Klage

A.      Zur ersten Rüge

1.      Zum Verstoß gegen die Vorschriften über den Artenschutz

a)      Vorbringen der Parteien

37      Mit ihrer ersten Rüge macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass die Einführung einer Bestimmung in das polnische Recht, wonach eine entsprechend den Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung durchgeführte Waldbewirtschaftung nicht gegen Naturschutzvorschriften gemäß den Vorgaben der Vogelschutz- und der Habitatrichtlinie verstoße, eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der genannten Bestimmungen dieser Richtlinien darstelle.

38      Zum Artenschutz weist die Kommission in ihrer Klageschrift darauf hin, dass die Art. 12 und 13 der Habitatrichtlinie und Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie die Verpflichtung vorsähen, strenge Schutzsysteme für die in Anhang IV Buchst. a der Habitatrichtlinie angeführten Tierarten und die in Anhang IV Buchst. b dieser Richtlinie angeführten Pflanzenarten einzuführen, und ferner die Verpflichtung, die wildlebenden Vogelarten gemäß der Vogelschutzrichtlinie zu schützen. Außerdem könne zwar nach Art. 16 der Habitatrichtlinie und Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie von diesen Verpflichtungen abgewichen werden, doch seien diese Abweichungen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eng auszulegen.

39      Die Kommission ist der Ansicht, dass die polnische Regelung den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Umsetzung nicht genüge und keinen rechtlichen Rahmen für ein kohärentes System von Verboten und Abweichungen darstelle, das mit diesen Bestimmungen dieser beiden Richtlinien im Einklang stehe.

40      Zu Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes, wonach eine entsprechend den Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung durchgeführte Waldbewirtschaftung nicht gegen die Bestimmungen des Naturschutzgesetzes verstoße, weist die Kommission insbesondere darauf hin, dass die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis die in Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie vorgesehene Voraussetzung, „dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der [betreffenden Tätigkeit] ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“, nicht übernommen habe.

41      In diesem Rahmen trägt die Kommission vor, dass diese Verordnung keinerlei Verbot und auch nicht die Verpflichtung vorsehe, die Waldbewirtschaftungsarbeiten in diesen Gebieten einzustellen, wenn dort geschützte Arten entdeckt würden.

42      Außerdem sehe die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis entgegen den Anforderungen von Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie und Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie nicht vor, dass eine Abweichung von den Vorschriften über den Artenschutz nur möglich sei, wenn es keine „anderweitige“ bzw. „andere“ „zufriedenstellende Lösung“ gebe.

43      Diese Verordnung sehe auch keine Verpflichtung vor, einen der in Art. 16 der Habitatrichtlinie oder in Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie genannten Gründe für die Abweichung anzuwenden.

44      Insoweit weist die Kommission hinsichtlich der in Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und c der Habitatrichtlinie aufgestellten Verbote darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs das Tatbestandsmerkmal der Absichtlichkeit des Fangs oder der Tötung eines Exemplars einer geschützten Tierart auch dann verwirklicht sei, wenn nachgewiesen sei, dass der Handelnde den Fang oder die Tötung eines Exemplars einer geschützten Tierart lediglich in Kauf genommen habe (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2021, Föreningen Skydda Skogen, C‑473/19 und C‑474/19, EU:C:2021:166, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Feststellung gelte auch für Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie.

45      Die Kommission verweist im Übrigen auf das Schreiben des Generaldirektors der Staatsforste vom 6. März 2018 an die Direktoren der Regionaldirektionen der Staatsforste, in dem dieser Generaldirektor festgestellt habe, dass die Anwendung der Bestimmungen der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis zwar freiwillig sei, dass der Waldeigentümer jedoch bei Maßnahmen, die mit diesen Bestimmungen unvereinbar seien, für ihre Durchführung jedes Mal eine Ausnahme erwirken müsse, d. h. die Zustimmung der Naturschutzbehörde erhalten müsse. Dieses Schreiben bestätige, dass das mit Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes verfolgte Ziel darin bestehe, eine allgemeine Ausnahme von der Verpflichtung zur Beantragung individueller Ausnahmen zu schaffen.

46      In ihrer Klagebeantwortung erwidert die Republik Polen, dass der für Umweltangelegenheiten zuständige Minister nach den Art. 48 bis 50 des Naturschutzgesetzes durch Verordnung die unter die verschiedenen Schutzkategorien fallenden Pflanzen‑, Tier- und Pilzarten bestimme, für die Schutzgebiete für ihre Rückzugsgebiete oder ihre Standorte (und, was Tiere betreffe, auch für ihre Fortpflanzungsorte oder die Orte ihres regelmäßigen Aufenthalts) bestimmt werden müssten und die nach den Art. 51 und 52 dieses Gesetzes durch geeignete Verbote geschützt seien. In Anwendung dieser Bestimmungen seien besonders wertvolle Arten nach den jeweiligen Verordnungen des Umweltministers auf dem Gebiet des Artenschutzes geschützt.

47      Die Einführung der Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung in die polnische Rechtsordnung habe nichts an den Grundsätzen geändert, die sich aus den Art. 48 bis 50 des Naturschutzgesetzes und den Durchführungsverordnungen, die Verbote in Bezug auf streng geschützte Arten vorsähen, ergäben.

48      Die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis sei im Kontext der Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes und der Ustawa o zapobieganiu szkodom w środowisku i ich naprawie (Gesetz über die Vermeidung und Behebung von Umweltschäden) vom 13. April 2007 (konsolidierte Fassung Dz. U. 2020, Position 2187) (im Folgenden: Gesetz über die Vermeidung und Behebung von Umweltschäden) zu prüfen. Die Verpflichtung, die Populationen der Arten in einem günstigen Erhaltungszustand zu bewahren, ergebe sich aus den Bestimmungen dieser Gesetze. Dass die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis nicht ausdrücklich die Voraussetzung vorsehe, „dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der [betreffenden Tätigkeit] ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“, führe daher nicht dazu, dass sie gegen die einschlägigen Bestimmungen der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie verstoße.

49      Das Vorbringen der Kommission, die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis sehe nicht die Verpflichtung vor, die Waldbewirtschaftungsarbeiten in den fraglichen Gebieten einzustellen, werde durch den Wortlaut von § 1 Nr. 3 dieser Verordnung widerlegt.

50      Im Fall der Feststellung von Standorten geschützter Arten sei der Eigentümer des Waldes verpflichtet, die Waldbewirtschaftungsmaßnahmen durch Beschränkungsmaßnahmen zu ändern, um eine absichtliche Tötung, Zerstörung oder Störung zu verhindern. Wenn der Eigentümer des Waldes Waldbewirtschaftungsmaßnahmen in einem Gebiet durchführen wolle, in dem ein Standort einer geschützten Art festgestellt worden sei, müsse er gemäß den allgemeinen Bedingungen, die sich aus § 56 des Naturschutzgesetzes ergäben, eine individuelle Ausnahme erwirken, wobei diese Bedingungen die in Art. 16 der Habitatrichtlinie und in Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen Voraussetzungen widerspiegelten.

51      Die Republik Polen fügt hinzu, dass die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis einen zusätzlichen Schutz der Arten vorsehe, der über den in den allgemeinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Schutz hinausgehe. Es könne nämlich sein, dass ein Exemplar einer geschützten Art nach der Ausarbeitung des Plans der Erhaltungsaufgaben für ein konkretes Natura-2000-Gebiet einen neuen festen Lebensort habe. In einem solchen Fall könne der Eigentümer des Waldes dank der Besichtigung vor Ort sogar unabsichtliche schädliche Auswirkungen vermeiden.

52      Da Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes nicht von den Richtlinienbestimmungen abweiche, mit denen die Anforderungen an den Artenschutz festgelegt würden, sei es nicht erforderlich, dass die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis die in Art. 16 der Habitatrichtlinie und in Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie aufgezählten Bedingungen und Voraussetzungen enthalte.

53      Zu dem von der Kommission angeführten Schreiben des Generaldirektors der Staatsforste vom 6. März 2018 trägt die Republik Polen vor, dass dieses Schreiben keine verbindliche Auslegung von Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes zum Inhalt habe.

54      Dem auf das Urteil vom 4. März 2021, Föreningen Skydda Skogen (C‑473/19 und C‑474/19, EU:C:2021:166), gestützten Vorbringen der Kommission hält die Republik Polen entgegen, dass Maßnahmen der Waldbewirtschaftung im engeren Sinne keine Maßnahmen seien, die darin bestünden, Exemplare geschützter Arten vorsätzlich zu zerstören oder zu töten.

55      Außerdem habe die Kommission nicht dargetan, dass die Behörde, die die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis erlassen habe, den Fang oder die Tötung eines Exemplars einer geschützten Tierart gewollt oder zumindest die Möglichkeit eines solchen Fangs oder einer solchen Tötung akzeptiert habe.

56      In ihrer Erwiderung weist die Kommission darauf hin, dass das Vorbringen der Republik Polen, wonach die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis zusammen mit den Bestimmungen der jeweiligen Gesetze im Umweltbereich angewandt werde und zu prüfen sei, weder in den Bestimmungen dieser Verordnung noch in der Praxis ihrer Anwendung eine Grundlage finde.

57      Zu der von der Republik Polen angeführten Möglichkeit, die Waldbewirtschaftungsarbeiten zu ändern, weist die Kommission darauf hin, dass eine Änderung der Durchführungsmodalitäten von Arbeiten, wenn in dem betreffenden Gebiet geschützte Arten festgestellt würden, nicht sicherstelle, dass diese Arbeiten nicht zu Störungen führten oder den Tod von Exemplaren dieser geschützten Arten verursachten.

58      Auf das Vorbringen der Republik Polen zum Urteil vom 4. März 2021, Föreningen Skydda Skogen (C‑473/19 und C‑474/19, EU:C:2021:166), entgegnet die Kommission, dass diejenigen, die Waldbewirtschaftungstätigkeiten ausübten, sich der Gefahr einer Zerstörung von Lebensräumen oder Arten bewusst sein und diese Gefahr auf sich nehmen könnten.

59      In ihrer Gegenerwiderung wiederholt die Republik Polen, dass der für Umweltangelegenheiten zuständige Minister auf der Grundlage der Art. 48 bis 50 des Naturschutzgesetzes Verbote für bestimmte Arten festgelegt habe. Angesichts dessen, dass Art. 14b des Waldgesetzes nicht auf die genannten Bestimmungen des Naturschutzgesetzes Bezug nehme, könne nicht geltend gemacht werden, dass die Republik Polen gegen die in den Art. 12 und 13 der Habitatrichtlinie und in Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie aufgestellten Verbote verstoßen habe.

60      Außerdem sehe keine Bestimmung der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis eine Abweichung von den in den Art. 12 und 13 der Habitatrichtlinie oder in Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie genannten Verboten vor. Daher sei es nicht erforderlich, dass diese Verordnung die sich aus Art. 16 der Habitatrichtlinie und Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie ergebenden Anforderungen aufführe.

61      Die Kommission lege die Anforderung hinsichtlich einer Änderung der Arbeiten zu allgemein und unzutreffend aus, indem sie sie als eine Anforderung darstelle, die zu Störungen oder zur Vernichtung einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte führen könne.

62      Die Republik Polen fügt hinzu, dass es mehrere Möglichkeiten gebe, die Arbeiten zu ändern, die zum großen Teil vom Standort, von den Bedingungen des Gebiets, von der Dauer der Arbeiten, der Zusammensetzung der Arten des Waldbestands und insbesondere vom Schutzgegenstand und der Biologie einer in Rede stehenden Art abhingen.

63      Zum Urteil vom 4. März 2021, Föreningen Skydda Skogen (C‑473/19 und C‑474/19, EU:C:2021:166), trägt die Republik Polen zum einen vor, dass Maßnahmen der Waldbewirtschaftung keine Handlungen des absichtlichen Tötens oder Fangens im Sinne dieses Urteils darstellten. Zum anderen sei ein Waldeigentümer, wenn er u. a. im Rahmen einer Besichtigung vor Ort eine geschützte Art feststelle, nach § 1 Nr. 3 der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis verpflichtet, seine ursprünglichen Maßnahmen in der Weise zu ändern, dass es nicht zu einem absichtlichen Fangen oder Töten kommen könne. Diese Grundsätze stünden mit diesem Urteil im Einklang.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

64      Was erstens die Habitatrichtlinie betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 12 Abs. 1 dieser Richtlinie die Mitgliedstaaten verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um ein strenges Schutzsystem für die von dieser Bestimmung erfassten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen, das die in den Buchst. a bis d dieser Bestimmung aufgeführten Tätigkeiten verbietet.

65      Insbesondere sieht Art. 12 Abs. 1 der Habitatrichtlinie in Buchst. a das Verbot aller absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten, in Buchst. b das Verbot jeder absichtlichen Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs‑, Aufzucht‑, Überwinterungs- und Wanderungszeiten, in Buchst. c das Verbot jeder absichtlichen Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur und in Buchst. d das Verbot jeder Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten vor.

66      Art. 13 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um ein striktes Schutzsystem für die von dieser Bestimmung erfassten Pflanzenarten aufzubauen, das das absichtliche Pflücken, Sammeln, Abschneiden, Ausgraben oder Vernichten von Exemplaren solcher Pflanzen in deren Verbreitungsräumen in der Natur verbietet.

67      Gleichzeitig sieht Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten, sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, in den in Art. 16 Abs. 1 Buchst. a bis e aufgeführten Fällen insbesondere von den Bestimmungen der Art. 12 und 13 dieser Richtlinie abweichen können.

68      Was zweitens die Vogelschutzrichtlinie betrifft, sieht ihr Art. 5 vor, dass die Mitgliedstaaten unbeschadet ihrer Art. 7 und 9 die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Art. 1 fallenden Vogelarten erlassen, die u. a. das Verbot der in Art. 5 Buchst. a bis e aufgeführten Tätigkeiten umfasst.

69      Insbesondere sieht Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie in Buchst. a das Verbot des absichtlichen Tötens oder Fangens von Vögeln ungeachtet der angewandten Methode, in Buchst. b das Verbot der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern und in Buchst. d das Verbot ihres absichtlichen Störens, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit, sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt, vor.

70      Gleichzeitig können die Mitgliedstaaten nach Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie von deren Art. 5 bis 8 abweichen, sofern es aus den in dieser erstgenannten Bestimmung genannten Gründen keine andere zufriedenstellende Lösung gibt.

71      Der Gerichtshof hat zum einen in Bezug auf die Habitatrichtlinie entschieden, dass deren Art. 12, 13 und 16 gemeinsam ein in sich stimmiges Regelungssystem zum Schutz der Populationen der betroffenen Arten bilden, so dass jede mit dieser Richtlinie unvereinbare Abweichung davon sowohl die Verbote ihrer Art. 12 oder 13 als auch die Regel verletzt, dass Abweichungen nach ihrem Art. 16 zugelassen werden können (Urteil vom 20. Oktober 2005, Kommission/Vereinigtes Königreich, C‑6/04, EU:C:2005:626, Rn. 112).

72      Im Übrigen hat der Gerichtshof unter Hinweis darauf, dass die bedrohten Lebensräume und Arten Teil des Naturerbes der Europäischen Union sind, so dass das Ergreifen von Erhaltungsmaßnahmen als gemeinsame Verantwortung allen Mitgliedstaaten obliegt, klargestellt, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen dieser Richtlinie, die komplexe und technische Regelungen auf dem Gebiet des Umweltschutzrechts enthält, in besonderer Weise gehalten sind, dafür Sorge zu tragen, dass ihre zur Umsetzung der Richtlinie bestimmten Rechtsvorschriften klar und bestimmt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. März 2012, Kommission/Polen, C‑46/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:146, Rn. 26 und 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Zum anderen hat der Gerichtshof in Bezug auf die Vogelschutzrichtlinie entschieden, dass die Kriterien, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten von den in dieser Richtlinie vorgesehenen Verboten abweichen können, in hinreichend klare und bestimmte innerstaatliche Bestimmungen übernommen werden müssen, da die Genauigkeit der Umsetzung in einem Bereich, in dem die Verwaltung des gemeinsamen Erbes den Mitgliedstaaten für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut wurde, von besonderer Bedeutung ist (Urteil vom 26. Januar 2012, Kommission/Polen, C‑192/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:44, Rn. 56).

74      In der vorliegenden Rechtssache ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes eine entsprechend den Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung durchgeführte Waldbewirtschaftung nicht gegen die Bestimmungen über die Erhaltung von besonderen Beständen, Schöpfungen und Bestandteilen der Natur verstößt, insbesondere nicht gegen die Bestimmungen der Art. 51 und 52 des Naturschutzgesetzes.

75      Mit dem Naturschutzgesetz werden indessen die Bestimmungen der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie in polnisches Recht umgesetzt. Insbesondere sehen die Art. 51 und 52 dieses Gesetzes Verbote in Bezug auf geschützte Tier- und Pflanzenarten vor und sind nach den Angaben der Republik Polen u. a. zur Umsetzung der Art. 12 und 13 der Habitatrichtlinie und von Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie erlassen worden.

76      Hierzu ist festzustellen, dass Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes allgemein gefasst ist und eine sehr weite Tragweite hat. Diese Bestimmung begründet nämlich unmittelbar nach ihrem Wortlaut eine Vermutung dahin gehend, dass eine entsprechend § 1 der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis durchgeführte Waldbewirtschaftung u. a. nicht gegen die Bestimmungen der Art. 51 und 52 des Naturschutzgesetzes verstößt. Sie erlaubt damit letztlich, vorbehaltlich der Beachtung dieser Anforderungen, eine allgemeine Abweichung von den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Art. 12 und 13 der Habitatrichtlinie und von Art. 5 der Vogelrichtlinie, und zwar zum Zweck der im Rahmen einer solchen Waldbewirtschaftung durchgeführten Maßnahmen, wenn diese Maßnahmen Handlungen beinhalten, die nach den letztgenannten Vorschriften verboten sind.

77      Zum Vorbringen der Republik Polen, die Waldbewirtschaftung umfasse keine Maßnahmen, die solche verbotenen Handlungen beinhalteten, ist festzustellen, dass Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes Maßnahmen der Waldbewirtschaftung im Allgemeinen erlauben kann, auch wenn sie Handlungen beinhalten können, die nach den nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der Art. 12 und 13 der Habitatrichtlinie und von Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie verboten sind, insbesondere Handlungen der absichtlichen Zerstörung oder Tötung von Exemplaren geschützter Arten.

78      Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Verbote in Art. 12 Abs. 1 Buchst. a bis c der Habitatrichtlinie auf eine Maßnahme wie eine forstwirtschaftliche Maßnahme Anwendung finden, mit der offenkundig ein anderer Zweck verfolgt wird als das Fangen oder Töten, die Störung von Tierarten oder die absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern (Urteil vom 4. März 2021, Föreningen Skydda Skogen, C‑473/19 und C‑474/19, EU:C:2021:166, Rn. 53).

79      Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes kann daher von den nationalen Behörden dahin ausgelegt und angewandt werden, dass er eine Abweichung von sämtlichen polnischen Bestimmungen zur Umsetzung der Bestimmungen der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie, insbesondere denjenigen zur Umsetzung der Art. 12 und 13 der Habitatrichtlinie und von Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie, darstellt.

80      Sodann ist festzustellen, dass Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes und § 1 der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis nicht den in Art. 16 der Habitatrichtlinie und in Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen Voraussetzungen entsprechen, die die Mitgliedstaaten, die u. a. von den Art. 12 und 13 der Habitatrichtlinie und Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie abweichen möchten, erfüllen müssen.

81      Anhand eines Vergleichs zwischen dem Wortlaut von § 1 der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis, der diese Anforderungen aufzählt, und den Fällen, in denen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. a bis e der Habitatrichtlinie und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a bis c der Vogelschutzrichtlinie von den Bestimmungen dieser beiden Richtlinien abweichen dürfen, lässt sich nämlich feststellen, dass diese Anforderungen nicht den in den beiden Richtlinien angeführten Fällen entsprechen.

82      Insoweit ist die in Art. 16 der Habitatrichtlinie vorgesehene Voraussetzung, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, in der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis nicht enthalten, ohne dass es für diese Feststellung darauf ankommt, ob die Einhaltung all dieser Anforderungen es ermöglichen würde, die betreffenden Arten in einem günstigen Erhaltungszustand zu bewahren, wie das Vorbringen der Republik Polen in der Sache zu verstehen sein dürfte. Auch die in Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie vorgesehene Voraussetzung, dass es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, ist in den Bestimmungen dieser Verordnung nicht vorgesehen.

83      Außerdem enthält, wie die Kommission zu Recht hervorgehoben hat, § 1 der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis keine Bezugnahme auf die in Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie und in Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie genannten Gründe für eine Abweichung.

84      Schließlich macht die Republik Polen zwar auch geltend, dass andere polnische Rechtsvorschriften es erlaubten, die in Art. 16 der Habitatrichtlinie und in Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen Voraussetzungen für eine Abweichung zu erfüllen, doch bestünde, selbst wenn dieser Umstand nachgewiesen wäre, in einem solchen Fall ein Widerspruch zwischen der allgemeinen Ausnahme nach Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes und diesen nach dem entsprechenden Vorbringen anwendbaren anderen Rechtsvorschriften.

85      Ein Widerspruch zwischen den verschiedenen nationalen Vorschriften bewirkt indessen nicht nur einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, sondern ist auch dazu angetan, die mit der Umsetzung der Vorschriften einer Richtlinie der Union betrauten Verwaltungsbehörden hinsichtlich der Anwendungsmodalitäten der Schutzregelung in die Irre zu führen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2012, Kommission/Polen, C‑192/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:44, Rn. 58).

86      Dass diese Gefahr tatsächlich besteht, scheint sich im vorliegenden Fall im Übrigen erwiesen zu haben, wie sich aus dem von der Kommission angeführten Schreiben des Generaldirektors der Staatsforste vom 6. März 2018 an die Direktoren der Regionaldirektionen der Staatsforste ergibt. Daraus geht hervor, dass dieser Generaldirektor von der Prämisse ausging, dass ein Waldeigentümer nicht verpflichtet ist, eine Ausnahme für Waldarbeiten zu erwirken, die den Anforderungen der guten Praxis entsprechen.

87      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der polnische Gesetzgeber dadurch seine Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie sowie aus Art. 5 Buchst. a, b und d und Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie missachtet hat, dass er Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes erlassen hat, der vorsieht, dass eine entsprechend den Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung durchgeführte Waldbewirtschaftung nicht gegen die Bestimmungen über die Erhaltung von besonderen Beständen, Schöpfungen und Bestandteilen der Natur verstößt.

2.      Zum Verstoß gegen die Vorschriften über den Schutz der Lebensräume

a)      Vorbringen der Parteien

88      Zum Schutz der Lebensräume weist die Kommission in ihrer Klageschrift darauf hin, dass Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie den Erlass von Erhaltungs- bzw. Schutzmaßnahmen für bestimmte Gebiete vorsähen. Die Anwendung von Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes und der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis bedeute indessen, dass es unter Verstoß gegen die genannten Bestimmungen der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie in Polen nicht mehr erforderlich sei, Schutzmaßnahmen in Bezug auf diese Gebiete zu erlassen und durchzuführen.

89      Dazu habe der Gerichtshof entschieden, dass nationale Vorschriften, die nicht für konkrete Gebiete eingeführt und angewandt würden, den Anforderungen von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie nicht genügen und seine praktische Wirksamkeit nicht gewährleisten könnten, da die Maßnahmen zur Erhaltung eines bestimmten Gebiets vollständig, klar und bestimmt sein müssten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Dezember 2020, Kommission/Griechenland, C‑849/19, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:1047, Rn. 77 und 85).

90      Da die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis sehr allgemein sei, könne sie den in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen nicht genügen.

91      Nach Ansicht der Kommission besteht die Gefahr, dass eine Maßnahme, wenn sie der guten Praxis gemäß Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes entspricht, von der Einhaltung der Grundsätze betreffend die Erhaltung der betreffenden Gebiete, einschließlich der Natura-2000-Gebiete, befreit ist. Folglich bestehe die Gefahr, dass die Erhaltungsmaßnahmen, die in den Erhaltungsplänen für das Natura-2000-Netz festgelegt werden könnten, nicht durchgeführt würden.

92      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dürften die Mitgliedstaaten indessen keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale der Gebiete, in denen natürliche Lebensraumtypen und/oder prioritäre Arten vorkämen, ernsthaft beeinträchtigen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2011, Kommission/Spanien, C‑404/09, EU:C:2011:768, Rn. 163).

93      Die Kommission meint, aus diesen Gründen und den von ihr in Bezug auf den Verstoß der Republik Polen gegen die Art. 12 und 16 der Habitatrichtlinie sowie die Art. 5 und 9 der Vogelschutzrichtlinie vorgetragenen sei festzustellen, dass Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes und die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der in Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie aufgestellten Verpflichtung darstellten, eine Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten zu vermeiden.

94      In ihrer Klagebeantwortung entgegnet die Republik Polen, dass Maßnahmen der Waldbewirtschaftung gemäß der polnischen Regelung den Schutzmaßnahmen entsprechen müssten, die in den konkreten Plänen der Erhaltungsaufgaben für die Natura-2000-Gebiete festgelegt seien.

95      Nach Art. 46 des Umweltinformationsgesetzes würden alle Waldbewirtschaftungspläne in einem Natura-2000-Gebiet vor ihrem Erlass dem Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, in dem das Maß der Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf das Natura-2000-Gebiet untersucht werde. Nach Art. 55 Abs. 2 dieses Gesetzes könne das Projekt – außer wenn die in Art. 34 des Naturschutzgesetzes genannten Voraussetzungen vorlägen – nicht angenommen werden, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung zeige, dass es erhebliche negative Auswirkungen auf das Natura-2000-Gebiet haben könne.

96      Ziel der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis sei es gerade, Kollisionen mit den Erhaltungszielen für die Natura-2000-Gebiete, die für die Standorte geschützter Arten gälten, dadurch auszuschließen, dass diese festgestellt und dann die Maßnahmen der Waldbewirtschaftung geändert würden. Da die Maßnahmen den Plänen der Erhaltungsaufgaben und den Erhaltungsplänen für die Natura-2000-Gebiete entsprechen müssten, entbinde diese Verordnung die Waldeigentümer nicht von der Verpflichtung, diese Pläne einzuhalten.

97      Was den angeblichen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie betreffe, habe die Kommission keinen Beweis zur Stützung ihrer Behauptungen vorgelegt und sich auf den Schluss beschränkt, dass „eine Gefahr“ bestehe, dass die in den Erhaltungsplänen festgelegten Erhaltungsmaßnahmen nicht durchgeführt würden.

98      Außerdem dürfe die Kommission nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Prüfung der Einhaltung von Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie die fragliche nationale Regelung nicht beurteilen, ohne ihren normativen Kontext zu berücksichtigen. Die Kommission müsse nachweisen, dass die in Anwendung der angefochtenen Regelung ergriffenen Maßnahmen es nicht ermöglichten, tatsächlich eine Verschlechterung der Habitate zu vermeiden (Urteil vom 4. März 2010, Kommission/Frankreich, C‑241/08, EU:C:2010:114, Rn. 23).

99      Was speziell die Bestimmungen der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis betreffe, so ähnelten sie denen, die in den Plänen der Erhaltungsaufgaben für die verschiedenen Natura-2000-Gebiete festgelegt seien, und sähen Maßnahmen vor, die so zur Verbesserung und zur Erhaltung der Lebensräume sowie zur Bekämpfung von Störungen der Arten beitrügen. Daher gewährleiste diese Verordnung eine bessere Verwirklichung der in Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie genannten Ziele.

100    In ihrer Erwiderung macht die Kommission geltend, dass der klare Wortlaut sowohl von Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes als auch der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis die Ausnahme auf Erhaltungs- bzw. Schutzmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie ausdehne. Auch wenn die Republik Polen zu Recht darauf hinweise, dass es andere Erhaltungsmaßnahmen gebe, nehme sie jedoch nicht zur Gefahr einer wörtlichen Auslegung der Bestimmungen Stellung, mit denen eine derart weite Ausnahme eingeführt werde.

101    Die in Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes in Verbindung mit dieser Verordnung vorgesehene Ausnahme erstrecke sich auf die Bestimmungen des Naturschutzgesetzes, mit denen Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie umgesetzt würden, was bereits an sich gegen diese beiden Richtlinien verstoße. Diese Ausnahmeregelung bewirke, dass Praktiken allein deshalb als mit der in Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie vorgesehenen Erhaltungspflicht vereinbar angesehen würden, weil sie der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis entsprächen. Diese Verordnung reiche jedoch nicht aus, um eine Abweichung von den Bestimmungen der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie zu rechtfertigen.

102    In ihrer Gegenerwiderung hebt die Republik Polen hervor, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Maßnahmen der Waldbewirtschaftung, die auf der Grundlage der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis durchgeführt würden, von den Bestimmungen in den konkreten Plänen der Erhaltungsaufgaben und den konkreten Erhaltungsplänen für die Natura-2000-Gebiete abwichen. Nach Art. 33 Abs. 1 des Naturschutzgesetzes dürften Maßnahmen der Waldbewirtschaftung in einem Natura-2000-Gebiet indessen keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die Erhaltungsziele dieses Gebiets haben. Diese Regel gelte auch für Maßnahmen der Waldbewirtschaftung, die auf der Grundlage der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis durchgeführt würden.

103    Auf das Vorbringen der Kommission zu Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie entgegnet die Republik Polen, dass Art. 33 Abs. 1 Nr. 1 des Naturschutzgesetzes ausdrücklich vorsehe, dass jede Tätigkeit verboten sei, die den Zustand der natürlichen Lebensräume oder der Habitate von Pflanzen- und Tierarten, zu deren Schutz ein Natura-2000-Gebiet ausgewiesen worden sei, verschlechtere oder die Arten, zu deren Schutz ein Natura-2000-Gebiet ausgewiesen worden sei, beeinträchtige. Der Wortlaut dieser polnischen Bestimmung lasse keinen Zweifel daran, dass sie auch dann gelte, wenn Maßnahmen der Waldbewirtschaftung auf der Grundlage der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis durchgeführt würden.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

104    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie für die besonderen Schutzgebiete die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festlegen, die gegebenenfalls geeignete Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der betreffenden natürlichen Lebensraumtypen und Arten entsprechen.

105    Nach Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie treffen die Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.

106    Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie bestimmt, dass auf die betreffenden Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

107    Zum in Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie und in Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen Schutz der Lebensräume hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass diese Bestimmungen nicht nur verlangen, dass die Erhaltungsmaßnahmen festgelegt werden, die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands der geschützten Lebensräume und Arten, die in dem betreffenden Gebiet vorkommen, nötig sind, sondern auch und vor allem, dass die Maßnahmen wirksam durchgeführt werden. Sonst hätten die genannten Vorschriften keine praktische Wirksamkeit (Urteil vom 17. April 2018, Kommission/Polen [Wald von Białowieża], C‑441/17, EU:C:2018:255, Rn. 213).

108    Außerdem kommt der Genauigkeit der Umsetzung von Art. 6 der Habitatrichtlinie über den Schutz der Lebensräume von Arten dann besondere Bedeutung zu, wenn, wie es diese Richtlinie vorsieht, die Verwaltung des gemeinsamen Erbes den Mitgliedstaaten für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Dezember 2020, Kommission/Griechenland, C‑849/19, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:1047, Rn. 78).

109    Wie in den Rn. 76 und 79 des vorliegenden Urteils festgestellt, ist die in Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes vorgesehene Ausnahme von den Erfordernissen des Schutzes der Tier- und Pflanzenarten jedoch allgemein formuliert und hat eine sehr weite Tragweite. Sie kann daher von den nationalen Behörden als Ausnahme von sämtlichen polnischen Bestimmungen zur Umsetzung der Bestimmungen der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie ausgelegt und angewandt werden.

110    Auch wenn sich die polnische Regierung im Rahmen ihrer Klagebeantwortung auf die anderen polnischen Rechtsvorschriften bezieht, mit denen Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie durchgeführt werden, ist daher festzustellen, dass Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes und die Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis nicht die Klarheit und Bestimmtheit gewährleisten, die für die Umsetzung und die Durchführung der genannten Bestimmungen der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie erforderlich sind.

111    Insoweit ist, da die polnische Regierung selbst darauf hinweist, dass diese Anforderungen denen „ähnlich“ seien, die insbesondere in den Plänen der Erhaltungsaufgaben für die verschiedenen Natura-2000-Gebiete festgelegt worden seien, festzustellen, dass sie nicht bestreitet, dass die erstgenannten Anforderungen nicht in vollem Umfang den Anforderungen nach Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie entsprechen.

112    Jedenfalls gelten die Anforderungen der guten Praxis der Waldbewirtschaftung gemäß § 1 der Verordnung über die Anforderungen der guten Praxis allgemein für Maßnahmen der Waldbewirtschaftung, unabhängig von den Merkmalen der Gebiete, in denen diese Maßnahmen durchgeführt werden, und folglich unabhängig von den Merkmalen der Lebensräume und Arten, die von ihnen betroffen sein können. Daraus folgt, dass die Einhaltung dieser Anforderungen nicht gewährleisten kann, dass die sich aus Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie ergebenden besonderen Voraussetzungen, die sich auf konkrete Lebensräume und Arten beziehen, erfüllt werden.

113    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der polnische Gesetzgeber dadurch seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie missachtet hat, dass er Art. 14b Abs. 3 des Waldgesetzes erlassen hat, der vorsieht, dass eine entsprechend den Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung durchgeführte Waldbewirtschaftung nicht gegen die Bestimmungen über die Erhaltung von besonderen Beständen, Schöpfungen und Bestandteilen der Natur verstößt.

114    Nach alledem ist die erste Rüge, mit der ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie sowie gegen Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Buchst. a, b und d und Art. 9 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie geltend gemacht wird, begründet.

B.      Zur zweiten Rüge

1.      Vorbringen der Parteien

115    In ihrer Klageschrift macht die Kommission geltend, dass die Rechte der Umweltschutzorganisationen nicht gewahrt seien, da das Waldgesetz den Waldbewirtschaftungsplänen nur einen internen Charakter verleihe. Eine Handlung, mit der ein solcher Plan genehmigt werde, habe nämlich nicht den Charakter einer Verwaltungsentscheidung, da Art. 22 Abs. 1 des Waldgesetzes nicht auf eine Verwaltungsentscheidung Bezug nehme, obwohl dieses Gesetz in Bezug auf andere Handlungen der Verwaltungsorgane ausdrücklich die Form einer Verwaltungsentscheidung vorsehe.

116    Der ausschließlich interne Charakter der Handlungen zur Genehmigung der Waldbewirtschaftungspläne werde durch die Rechtsprechung des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) bestätigt. In seinem Urteil vom 12. März 2014 (II OSK 2477/12) habe dieses Gericht die Abweisung der Klage einer Umweltschutzorganisation gegen einen Waldbewirtschaftungsplan als unzulässig bestätigt, da eine Handlung des Umweltministers, mit der dieser Plan genehmigt worden sei, keine Verwaltungsentscheidung darstelle, die vor einem Gericht angefochten werden könne.

117    Ferner habe der Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht) in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 (II OSK 2336/17) aus den gleichen Gründen die Abweisung einer für unzulässig befundenen Klage des Rzecznik Praw Obywatelskich (Beauftragter für Bürgerrechte, Polen) gegen eine Handlung des Umweltministers zur Genehmigung des Anhangs eines Waldbewirtschaftungsplans durch den Wojewódzki Sąd Administracyjny w Warszawie (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warschau, Polen) bestätigt.

118    Da das Verfahren zur Genehmigung eines Waldbewirtschaftungsplans somit einen „internen“ Charakter habe, werde es nicht als ein Verfahren angesehen, das die Beteiligung der Öffentlichkeit erfordere. Folglich würden den Umweltschutzorganisationen in Bezug auf solche Pläne die in Art. 44 Abs. 1 bis 3 des Umweltinformationsgesetzes genannten Verfahrensrechte genommen, darunter das Recht, vor einem Verwaltungsgericht Klage gegen eine im Rahmen eines solchen Verfahrens erlassene Entscheidung zu erheben, und nach den Art. 39 bis 41 des Umweltinformationsgesetzes seien sie nur zur Abgabe von Stellungnahmen und Vorschlägen berechtigt.

119    Diese Rechtslage sei mit Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie und mit Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus sowie mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs unvereinbar.

120    Insoweit habe der Gerichtshof entschieden, dass eine Umweltschutzorganisation, die die Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 5 dieses Übereinkommens erfülle, im Rahmen eines Rechtsbehelfs nach Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus nicht nur die Entscheidung anfechten können müsse, keine Umweltverträglichkeitsprüfung des fraglichen Plans oder Projekts für das betroffene Gebiet durchzuführen, sondern gegebenenfalls auch eine durchgeführte, mit Fehlern behaftete Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 58 bis 61).

121    In diesem Zusammenhang macht die Kommission geltend, dass die Waldbewirtschaftungspläne als „Pläne oder Projekte“ im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie und als „Entscheidungen“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Aarhus einzustufen seien. Daher sei Art. 9 Abs. 2 dieses Übereinkommens auf die Waldbewirtschaftungspläne anwendbar, mit der Folge, dass Umweltschutzorganisationen an den Verfahren zur umweltbezogenen Überprüfung dieser Pläne teilnehmen und ein Gericht oder eine andere unabhängige und unparteiische Stelle anrufen können müssten, um den Schutz ihrer Rechte sicherzustellen.

122    Was den Ausdruck „Pläne oder Projekte“ im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie betreffe, habe der Gerichtshof entschieden, dass der in dieser Bestimmung verwendete Begriff „Projekte“ weiter sei als der im Sinne der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012, L 26, S. 1) (Urteil vom 7. November 2018, Coöperatie Mobilisation for the Environment u. a., C‑293/17 und C‑294/17, EU:C:2018:882, Rn. 65 und 66).

123    Da zahlreiche Maßnahmen der Waldbewirtschaftung von der engeren Definition des Begriffs „Projekt“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2011/92 erfasst würden, müssten sie somit erst recht als „Projekte“ im Sinne der Habitatrichtlinie eingestuft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juli 2019, Inter-Environnement Wallonie und Bond Beter Leefmilieu Vlaanderen, C‑411/17, EU:C:2019:622, Rn. 123).

124    Zum Vorbringen der Republik Polen, das Übereinkommen von Aarhus sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weist die Kommission darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs alle auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie erlassenen Maßnahmen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 dieses Übereinkommens fielen (Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 56).

125    Außerdem ergebe sich aus dem Urteil vom 14. Januar 2021, Stichting Varkens in Nood u. a. (C‑826/18, EU:C:2021:7, Rn. 58), dass Umweltschutzorganisationen unabhängig von ihrer Beteiligung an dem Entscheidungsverfahren in Bezug auf den betreffenden Plan oder das betreffende Projekt Zugang zu Gerichten haben müssten.

126    In ihrer Klagebeantwortung macht die Republik Polen zunächst geltend, dass die zweite Rüge unzulässig sei, da sie nicht den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs festgelegten Erfordernissen der Klarheit und Bestimmtheit genüge. Das Schutzniveau, das sich aus den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität ergebe, die in Bezug auf Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 47 der Charta anwendbar seien, unterscheide sich nämlich von dem, das sich aus Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus ergebe.

127    Außerdem habe die Kommission nicht erläutert, warum sich die zweite Rüge in ihrer Klageschrift nur auf die Unmöglichkeit für Umweltorganisationen beziehe, Handlungen betreffend die Genehmigung der Waldbewirtschaftungspläne gerichtlich anzufechten, obwohl sich aus Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus ergebe, dass eine größere Kategorie von Bürgern, nämlich die betroffene Öffentlichkeit, dieses Recht genießen müsse.

128    Jedenfalls sei die zweite Rüge unbegründet.

129    Dazu trägt die Republik Polen vor, der Gerichtshof habe entschieden, dass Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie fielen, nur dann in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus fielen, wenn sie von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b dieses Übereinkommens erfasst würden, d. h. nur dann, wenn sie „Tätigkeiten“ im Sinne der letztgenannten Bestimmung beträfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 57).

130    Die Republik Polen fügt hinzu, der Gegenstand der Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen sei, habe sich auf eine konkrete Tätigkeit bezogen und nicht, wie in der vorliegenden Rechtssache, auf die Beurteilung von Planungsunterlagen, wie sie die Waldbewirtschaftungspläne darstellten.

131    Ein Waldbewirtschaftungsplan stelle entweder einen Plan oder eine Strategie oder ein Programm dar und falle daher unter Art. 7 des Übereinkommens von Aarhus. Insoweit seien die in Art. 6 Abs. 3, 4 und 8 dieses Übereinkommens festgelegten Anforderungen zu beachten. Dagegen gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein Waldbewirtschaftungsplan als „geplante Tätigkeit“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens angesehen werden könne.

132    Daraus folge, dass ein „Projekt“ eine Aktion (Realisierung, Intervention) sei, während ein „Plan“ ein Dokument (Plan, Programm) sei, das von einer Behörde im Rahmen eines speziellen Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet oder angenommen worden sei und gesetzlich vorgeschrieben sei.

133    Die Republik Polen stellt fest, dass nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Aarhus die Vertragsparteien dieses Übereinkommens in jedem Einzelfall bestimmten, ob die geplante Tätigkeit unter Art. 6 des Übereinkommens falle. Weder aus dem Unionsrecht noch aus dem polnischen Recht ergebe sich jedoch, dass diese Bestimmung auf Waldbewirtschaftungspläne anwendbar sei.

134    Die Waldbewirtschaftungspläne könnten auch aus funktionaler und teleologischer Sicht nicht als Projekte angesehen werden.

135    Hauptziel der Waldbewirtschaftungspläne sei es, die Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit und Lebensfähigkeit der Wälder zu bewahren. In ihrer Klageschrift fasse die Kommission die Waldbewirtschaftung jedoch fälschlicherweise als eine Reihe getrennter Projekte auf. Die Kommission behandle die Frage des Einschlags von Bäumen, d. h. der Holzernte, unabhängig von künftigen Wiederanpflanzungen und anderen Maßnahmen der Waldbewirtschaftung, und lasse außer Acht, dass alle diese Eingriffe über Zeiträume von zehn Jahren geplant würden und dass diese Zeiträume in Wirklichkeit Bestandteile eines kontinuierlichen und ununterbrochenen Prozesses zur dauerhaften Erhaltung der Wälder seien.

136    Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass ein Waldbewirtschaftungsplan eine „Tätigkeit“ im Sinne des Übereinkommens von Aarhus darstelle und damit in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 dieses Übereinkommens falle.

137    Zu der in der Klageschrift der Kommission angeführten Rechtsprechung der polnischen Gerichte trägt die Republik Polen vor, diese Rechtsprechung reiche nicht aus, um das Vorbringen der Kommission im Rahmen der zweiten Rüge zu untermauern.

138    Konkret bestätigten die Urteile des Wojewódzki Sąd Administracyjny w Warszawie (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warschau) vom 30. April 2009 (IV SA/Wa 2036/08), vom 14. Juni 2012 (IV SA/Wa 516/12) und vom 28. Januar 2015 (IV SA/Wa 2004/14), dass der für Umweltangelegenheiten zuständige Minister verpflichtet sei, die Genehmigung von Waldbewirtschaftungsplänen in Form einer Verwaltungsentscheidung vorzunehmen.

139    Durch die Rechtsprechung des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht) sei zudem bestätigt worden, dass die Verwaltungsgerichte verpflichtet seien, die nationalen Rechtsvorschriften unionsrechtskonform auszulegen. Was die Waldbewirtschaftungspläne angehe, könne eine unionsrechtskonforme Auslegung durch die Verwaltungsgerichte zu dem Ergebnis führen, dass eine Handlung, mit der ein Waldbewirtschaftungsplan genehmigt werde, die Form einer Verwaltungsentscheidung habe, gegen die Umweltorganisationen nach Art. 44 Abs. 3 des Umweltinformationsgesetzes Klage erheben könnten.

140    Die Republik Polen fügt hinzu, dass nach polnischem Recht bei ordentlichen Gerichten eine Klage erhoben werden könne, die im Wesentlichen darauf gerichtet sei, einen Waldbewirtschaftungsplan anzufechten, d. h. die in Durchführung dieser Pläne durchgeführten Maßnahmen.

141    Die Republik Polen trägt ferner vor, dass die zweite Rüge sachlich unbegründet sei. Da die Kommission einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie geltend mache, dürfe sich diese Rüge nämlich nur auf Waldbewirtschaftungspläne beziehen, die Maßnahmen der Waldbewirtschaftung beträfen, die – einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten – Natura-2000-Gebiete erheblich beeinträchtigen könnten und die deshalb einer angemessenen Prüfung ihrer Verträglichkeit mit diesen Gebieten unterzogen werden müssten. Nur ein Teil der Wälder, auf die sich die Waldbewirtschaftungspläne bezögen, betreffe indessen Natura-2000-Gebiete. Bei ihrem Vorbringen im Rahmen der zweiten Rüge unterscheide die Kommission jedoch nicht zwischen diesen beiden Fällen.

142    In ihrer Erwiderung macht die Kommission geltend, dass die von der Republik Polen gegen die zweite Rüge erhobene Einrede der Unzulässigkeit unbegründet sei.

143    Im Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK (C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 63), habe der Gerichtshof anerkannt, dass Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus gelesen werden könne. Ferner habe er in den Urteilen vom 3. Oktober 2019, Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland u. a. (C‑197/18, EU:C:2019:824, Rn. 32), und vom 14. Januar 2021, Stichting Varkens in Nood u. a. (C‑826/18, EU:C:2021:7, Rn. 64), entschieden, dass die autonome Bedeutung von Art. 47 der Charta nur bei der Beurteilung der Rechtfertigung einer Einschränkung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf zum Tragen komme. Die vorliegende Rechtssache habe jedoch keine Einschränkung dieses Rechts, sondern den fehlenden Zugang von Umweltschutzorganisationen zu Gerichten zum Gegenstand.

144    In Erwiderung auf das Vorbringen der Republik Polen, dass die Definition eines „Projekts“ oder eines „Plans“ gemäß den Richtlinien 2011/92 und 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. 2001, L 197, S. 30) festzulegen sei, weist die Kommission darauf hin, dass es zwischen der Genehmigung eines Waldbewirtschaftungsplans und dem Eingriff in die Umwelt in Gestalt von Maßnahmen der Waldbewirtschaftung keinen weiteren Schritt zur Bestätigung solcher Maßnahmen gebe, der zu einer Verwaltungsentscheidung führen könnte, die bei einer Behörde oder vor einem Gericht angefochten werden könnte.

145    Zu der nationalen Rechtsprechung, die die Republik Polen in ihrer Klagebeantwortung zur Stützung ihrer Auffassung anführt, dass ein Waldbewirtschaftungsplan vor einem Gericht angefochten werden könne, macht die Kommission geltend, dass dieser Mitgliedstaat auf die Entscheidungen eines untergeordneten Gerichts Bezug genommen habe, während sich ihr Vorbringen auf die Rechtsprechung des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht) stütze.

146    Jedenfalls könne die Möglichkeit einer unionsrechtskonformen Auslegung durch die polnischen Gerichte den polnischen Gesetzgeber nicht von seiner Verpflichtung entbinden, der Unvereinbarkeit des polnischen Rechts mit dem Unionsrecht abzuhelfen.

147    Was das Recht zur Einreichung von Beschwerden und Vorschlägen nach Art. 221 des polnischen Verwaltungsverfahrensgesetzbuchs betreffe, so eröffne dieses nicht die Möglichkeit, ein Verwaltungsgericht anzurufen, um eine Entscheidung über die Genehmigung eines Waldbewirtschaftungsplans unmittelbar anzufechten.

148    Hinsichtlich der Möglichkeit, gegen eine Entscheidung über die Umweltgenehmigung für Projekte, bei denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei, bei einem Verwaltungsgericht Klage zu erheben, hebt die Kommission hervor, dass ein Waldbewirtschaftungsplan nach den Bestimmungen des Waldgesetzes nicht als ein Projekt angesehen werde, das eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Umweltgenehmigung erfordere.

149    Auf das Vorbringen der Republik Polen zu den Art. 322 bis 324 des Umweltschutzgesetzes entgegnet die Kommission, dass zivilrechtliche Klagen es den Umweltschutzorganisationen nicht ermöglichten, einen Waldbewirtschaftungsplan unmittelbar gerichtlich anzufechten. Diese Art von Klagen betreffe die zivilrechtliche Haftung bei Umweltschäden, wobei das mit einer Klage befasste ordentliche Gericht einen mit Unregelmäßigkeiten behafteten Waldbewirtschaftungsplan nicht aus der polnischen Rechtsordnung entfernen könne.

150    In ihrer Gegenerwiderung macht die Republik Polen geltend, die Kommission habe nicht angegeben, ob es ihrer Ansicht nach möglich sei, dass ein und dieselbe Maßnahme, im vorliegenden Fall ein Waldbewirtschaftungsplan, sowohl eine „bestimmte Tätigkeit“ im Sinne von Art. 6 des Übereinkommens von Aarhus sei als auch unter die „umweltbezogenen Pläne und Programme“ im Sinne von Art. 7 dieses Übereinkommens falle. Ein Waldbewirtschaftungsplan sei nämlich als ein umweltbezogener Plan sowohl im Sinne von Art. 7 des Übereinkommens von Aarhus als auch von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 sowie der Bestimmungen des polnischen Rechts zur Umsetzung dieser Rechtsakte, insbesondere von Art. 46 des Umweltinformationsgesetzes, anzusehen. Nach Art. 7 des Übereinkommens von Aarhus fielen umweltbezogene Pläne und Programme aber nur unter die Abs. 3, 4 und 8 von Art. 6 dieses Übereinkommens, während Art. 6 insgesamt nur für geplante Tätigkeiten gelte.

151    Die Republik Polen fügt hinzu, dass Art. 6 des Übereinkommens von Aarhus „bestimmte Tätigkeiten“ betreffe, während ein Waldbewirtschaftungsplan keine bestimmte Tätigkeit unter Angabe eines Datums und des Durchführungsorts vorsehe, sondern nur Aufgaben, die innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren zu erfüllen seien.

152    In Anhang I des Übereinkommens von Aarhus würden weder Waldbewirtschaftungspläne noch die in solchen Plänen vorgesehenen Maßnahmen aufgeführt; folglich fielen sie nicht in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 Buchst. a dieses Übereinkommens. Was Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens betreffe, seien die Parteien des Übereinkommens befugt, in jedem Einzelfall zu bestimmen, ob die betreffende Tätigkeit unter diesen Artikel falle.

153    Was die zivilrechtlichen Rechtsbehelfe zur Beseitigung von Unregelmäßigkeiten in Waldbewirtschaftungsplänen betreffe, habe die Kommission nicht erläutert, warum sie diese Rechtsbehelfe für unzureichend halte und warum allein das Recht, die Entscheidungen über die Genehmigung der Waldbewirtschaftungspläne vor einem Verwaltungsgericht anzufechten, den Anforderungen der Bestimmungen genüge, auf die sich die zweite Rüge beziehe.

154    Eine zivilrechtliche Klage erlaube es insoweit, konkrete Maßnahmen der Waldbewirtschaftung, die in einem Waldbewirtschaftungsplan vorgesehen seien und deren Durchführung vom Forstbezirk genehmigt worden sei, aufzuheben.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

a)      Zur Einrede der Unzulässigkeit der zweiten Rüge

155    Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass eine nach Art. 258 AEUV erhobene Klage eine zusammenhängende und genaue Darstellung der Rügen enthalten muss, damit der Mitgliedstaat und der Gerichtshof die Tragweite des gerügten Verstoßes gegen das Unionsrecht richtig erfassen können, was notwendig ist, damit sich der betreffende Staat sachgerecht verteidigen und der Gerichtshof überprüfen kann, ob die behauptete Vertragsverletzung vorliegt (Urteil vom 28. April 2022, Kommission/Bulgarien [Aktualisierung der Meeresstrategien], C‑510/20, EU:C:2022:324, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

156    Insbesondere muss die Klage der Kommission eine zusammenhängende und detaillierte Darlegung der Gründe enthalten, aus denen diese zu der Überzeugung gelangt ist, dass der betreffende Mitgliedstaat gegen eine der ihm nach den Verträgen obliegenden Verpflichtungen verstoßen hat (Urteil vom 28. April 2022, Kommission/Bulgarien [Aktualisierung der Meeresstrategien], C‑510/20, EU:C:2022:324, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

157    In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission in ihrer Klageschrift geltend gemacht, die Republik Polen habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV, Art. 216 Abs. 2 AEUV, Art. 47 der Charta sowie Art. 6 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus verstoßen, dass sie die gerichtliche Anfechtbarkeit von Waldbewirtschaftungsplänen durch Umweltschutzorganisationen ausgeschlossen habe.

158    In der Begründung der zweiten Rüge hat die Kommission den Zusammenhang zwischen dieser Bestimmung der Habitatrichtlinie und den genannten Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus und, ergänzend, Art. 216 Abs. 2 AEUV hervorgehoben, wobei sie auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs verwiesen hat, die sie insoweit für einschlägig hält.

159    Unter diesen Umständen kann nicht geltend gemacht werden, dass die Kommission in ihrer Klageschrift ihren Verpflichtungen aus der in den Rn. 155 und 156 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung in Bezug auf die genannten Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus und des AEU‑Vertrags nicht nachgekommen sei.

160    Dagegen wird im Rahmen des Vorbringens in der Klageschrift nicht auf Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 47 der Charta Bezug genommen und erst recht nicht dargelegt, inwiefern diese Bestimmungen des Unionsrechts für die Entscheidung über die zweite Rüge relevant seien, so dass sich der Gerichtshof im Rahmen der Prüfung der vorliegenden Klage nicht mit diesen Bestimmungen zu befassen hat.

161    Im Übrigen betrifft das in Rn. 126 des vorliegenden Urteils angeführte Vorbringen der Republik Polen hinsichtlich der geltend gemachten Inkohärenz des Gegenstands der Klageschrift und der Argumentation der Kommission im Rahmen der zweiten Rüge die Prüfung der Begründetheit der Vertragsverletzungsklage.

162    Zu dem in Rn. 127 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Vorbringen der Republik Polen genügt der Hinweis, dass es im System nach Art. 258 AEUV im Ermessen der Kommission steht, eine Vertragsverletzungsklage zu erheben, und dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, die Zweckmäßigkeit der Ausübung dieses Ermessens zu beurteilen (Urteil vom 18. November 2010, Kommission/Spanien, C‑48/10, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:704, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

163    Demzufolge kann sich die Republik Polen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Kommission im Rahmen der zweiten Rüge nicht geltend gemacht habe, dass nach den polnischen Rechtsvorschriften der betroffenen Öffentlichkeit insgesamt kein Zugang zu Gerichten offenstehe, um zu erreichen, dass diese Rüge für unzulässig erklärt wird, soweit sie sich auf Umweltschutzorganisationen bezieht (vgl. entsprechend Urteil vom 7. Mai 2009, Kommission/Portugal, C‑530/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:292, Rn. 30).

164    Unter diesen Umständen ist die von der Republik Polen erhobene Einrede der Unzulässigkeit der zweiten Rüge der Klageschrift der Kommission zurückzuweisen.

b)      Zur Vertragsverletzung

165    Nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie erfordern Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Abs. 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

166    Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a des Übereinkommens von Aarhus wendet jede Vertragspartei diesen Artikel bei Entscheidungen darüber an, ob die in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten zugelassen werden. Nach seinem Buchst. b wendet jede Vertragspartei diesen Artikel in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können. Zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet.

167    Nach Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus stellt jede Vertragspartei im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Art. 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Abs. 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

168    Was die Waldbewirtschaftungspläne angeht, die Gegenstand der zweiten in der Klageschrift der Kommission erhobenen Rüge sind, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 6 Abs. 1 Nr. 6 des Waldgesetzes einen solchen Plan definiert als „ein für ein bestimmtes Gebiet erarbeitetes Basisdokument der Waldbewirtschaftung, das eine Beschreibung und Bewertung des Zustands des Waldes und die Ziele, Aufgaben und Methoden der Waldbewirtschaftung enthält“.

169    Nach Art. 22 Abs. 1 des Waldgesetzes genehmigt der für Umweltangelegenheiten zuständige Minister einen Waldbewirtschaftungsplan für Wälder, die im Eigentum des Fiskus stehen, und vereinfachte Waldbewirtschaftungspläne für Wälder, die zum Bestand des landwirtschaftlichen Eigentums des Fiskus gehören.

170    Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits einen Waldbewirtschaftungsplan, wie er in den polnischen Rechtsvorschriften vorgesehen ist, nach Maßgabe der Habitatrichtlinie geprüft hat und dabei die in Art. 6 Abs. 3 dieser Richtlinie aufgestellten Anforderungen herangezogen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. April 2018, Kommission/Polen [Wald von Białowieża], C‑441/17, EU:C:2018:255, Rn. 106 bis 193).

171    Daher kann diese Bestimmung, die „Pläne oder Projekte [betrifft], die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch … erheblich beeinträchtigen könnten“, auf die in Art. 22 des Waldgesetzes genannten Waldbewirtschaftungspläne Anwendung finden.

172    Zu den Beziehungen zwischen Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie und Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es sich bei Entscheidungen, die von den zuständigen nationalen Behörden im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie erlassen werden, gleichviel, ob sie sich auf einen Antrag auf Beteiligung an dem Genehmigungsverfahren, auf die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Prüfung der Umweltverträglichkeit eines Plans oder Projekts in einem Schutzgebiet oder auf die Richtigkeit der aus einer solchen Prüfung gezogenen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Risiken des Projekts oder Plans für ein solches Gebiet beziehen und ob sie selbständig oder in eine Genehmigungsentscheidung integriert sind, um Entscheidungen handelt, die in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus fallen (Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 56).

173    Die in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie fallenden Entscheidungen der zuständigen nationalen Behörden, die sich nicht auf eine in Anhang I des Übereinkommens von Aarhus genannte Tätigkeit beziehen, werden nämlich von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b dieses Übereinkommens erfasst und fallen somit in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens, da diese Entscheidungen implizieren, dass die zuständigen nationalen Behörden vor der Genehmigung einer Tätigkeit prüfen, ob diese unter den Umständen des Einzelfalls erhebliche Umweltauswirkungen haben kann (Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 57).

174    Was Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus betrifft, so begrenzt diese Bestimmung den Wertungsspielraum, über den die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Modalitäten der dort vorgesehenen Rechtsbehelfe verfügen, da sie das Ziel hat, der betroffenen Öffentlichkeit, zu der auch die Umweltschutzorganisationen gehören, die die Voraussetzungen nach Art. 2 Nr. 5 des Übereinkommens erfüllen, einen „weiten Zugang zu Gerichten“ zu gewähren (Urteil vom 8. November 2016, Lesoochranárske zoskupenie VLK, C‑243/15, EU:C:2016:838, Rn. 58).

175    Hierzu ist festzustellen, dass das Übereinkommen von Aarhus, insbesondere sein Art. 6 Abs. 1 Buchst. b, den Vertragsstaaten zwar einen gewissen Wertungsspielraum bei der Prüfung erheblicher Auswirkungen einer in Rede stehenden Tätigkeit auf die Umwelt belässt, dass die Habitatrichtlinie jedoch in Anbetracht der in den Rn. 172 und 173 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die Anforderungen konkretisiert, die an die Erheblichkeit von Umweltauswirkungen im Bereich des europäischen Naturschutzes zu stellen sind. Nachteilige Auswirkungen auf Erhaltungsziele von europäischen Schutzgebieten sollten jedoch grundsätzlich als erheblich im Sinne dieser Bestimmung des Übereinkommens von Aarhus anzusehen sein, so dass Umweltschutzorganisationen das Recht haben, zu beantragen, dass die zuständigen Behörden im Einzelfall prüfen, ob die geplanten Tätigkeiten eine solche erhebliche Auswirkung haben können.

176    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus für die Republik Polen die Verpflichtung vorsieht, sicherzustellen, dass Umweltschutzorganisationen bei einem Gericht eine effektive Überprüfung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit von Waldbewirtschaftungsplänen im Sinne der Bestimmungen des Waldgesetzes beantragen können, soweit diese Pläne unter Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie fallen.

177    Im Übrigen muss die Regelung über den Zugang zu einem Gericht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs den im Bereich des Umweltrechts geltenden Erfordernissen der Klarheit und Bestimmtheit genügen (vgl. entsprechend Urteil vom 15. März 2012, Kommission/Polen, C‑46/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:146, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

178    Im vorliegenden Fall ist angesichts der dem Gerichtshof vorliegenden Akten festzustellen, dass die polnische Regelung den in den Rn. 176 und 177 des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen nicht genügt.

179    Was insbesondere Art. 22 Abs. 1 des Waldgesetzes betrifft, der vorsieht, dass der für Umweltangelegenheiten zuständige Minister einen Waldbewirtschaftungsplan genehmigt, hat sich die Kommission in ihrer Klageschrift auf die in den Rn. 116 und 117 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht) berufen, wonach diese Genehmigung keine Verwaltungsentscheidung darstelle, gegen die ein gerichtlicher Rechtsbehelf eingelegt werden könne.

180    In ihrer Antwort auf dieses Vorbringen der Kommission bestreitet die Republik Polen nicht die Existenz dieser Rechtsprechung, sondern beruft sich lediglich auf Entscheidungen eines unteren Gerichts, nämlich des Wojewódzki Sąd Administracyjny w Warszawie (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warschau), die für die Möglichkeit sprächen, die Genehmigung eines Waldbewirtschaftungsplans durch den für Umweltangelegenheiten zuständigen Minister vor einem Verwaltungsgericht anzufechten.

181    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass isolierte gerichtliche Entscheidungen oder solche, die in einem durch eine andere Ausrichtung gekennzeichneten Rechtsprechungskontext deutlich in der Minderheit sind, oder auch eine vom obersten nationalen Gericht verworfene Auslegung nicht berücksichtigt werden können (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Dezember 2003, Kommission/Italien, C‑129/00, EU:C:2003:656, Rn. 32).

182    Wenn unterschiedliche gerichtliche Auslegungen einer nationalen Regelung berücksichtigt werden können, von denen die einen zu einer mit dem Unionsrecht vereinbaren Anwendung dieser Regelung, die anderen zu einer damit unvereinbaren Anwendung führen, ist jedenfalls festzustellen, dass diese Regelung zumindest nicht hinreichend klar ist, um eine mit dem Unionsrecht vereinbare Anwendung zu gewährleisten (Urteil vom 9. Dezember 2003, Kommission/Italien, C‑129/00, EU:C:2003:656, Rn. 33).

183    Außerdem kann der Umstand – seinen Nachweis unterstellt –, dass die Praxis der nationalen Behörden eine richtlinienkonforme Anwendung sicherstellen kann, für sich allein nicht die Klarheit und Bestimmtheit aufweisen, die erforderlich sind, um den Erfordernissen der Rechtssicherheit gerecht zu werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2012, Kommission/Polen, C‑192/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:44, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

184    Zu Art. 323 des Umweltschutzgesetzes, auf den die Republik Polen in ihrer Klagebeantwortung Bezug genommen hat, wonach ein ordentliches Gericht nach den Angaben dieses Mitgliedstaats mit einer Klage befasst werden kann, die im Wesentlichen darauf gerichtet sei, Maßnahmen zur Durchführung eines Waldbewirtschaftungsplans anzufechten, ist zum einen festzustellen, dass diese Bestimmung sich darauf beschränkt, jeder Person, die durch ein rechtswidriges Einwirken auf die Umwelt unmittelbar von einem Schaden bedroht ist oder einen Schaden erlitten hat, das Recht einzuräumen, vor einem ordentlichen Gericht Klage zu erheben.

185    Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus, der den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit Zugang zu Gerichten gewährt, sieht insoweit aber nicht die Voraussetzung eines unmittelbar drohenden oder erlittenen Schadens infolge eines rechtswidrigen Einwirkens auf die Umwelt vor.

186    Zum anderen sieht Art. 323 des Umweltschutzgesetzes nicht die Möglichkeit vor, die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit der Waldbewirtschaftungspläne zu prüfen, vielmehr kann danach nur verlangt werden, dass der rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird und vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, insbesondere durch die Installation von Anlagen oder Einrichtungen, die vor der Bedrohung oder der Schädigung schützen. Wenn sich dies als unmöglich oder übermäßig erschwert erweist, kann die Einstellung der Tätigkeit beantragt werden, die die Gefahr verursacht.

187    Daraus folgt, dass die Angaben der Republik Polen gegenüber dem Gerichtshof nicht den Schluss zulassen, dass mit diesem Rechtsbehelf wirksam sichergestellt werden kann, dass Umweltschutzorganisationen die unter Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie fallenden Waldbewirtschaftungspläne einer gerichtlichen Kontrolle in materieller Hinsicht und in Bezug auf das Verfahren zur Annahme dieser Pläne unterziehen können.

188    Nach alledem ist die zweite Rüge, mit der ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Aarhus geltend gemacht wird, begründet.

 Kosten

189    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Polen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Republik Polen hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen in der durch die Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013 geänderten Fassung sowie aus Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Buchst. a, b und d sowie Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten in der durch die Richtlinie 2013/17 geänderten Fassung verstoßen, dass sie Art. 14b Abs. 3 der Ustawa o lasach (Gesetz über die Wälder) vom 28. September 1991 in der durch die Ustawa o zmianie ustawy o ochronie przyrody oraz ustawy o lasach (Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Schutz der Natur und des Gesetzes über die Wälder) vom 16. Dezember 2016 erlassen hat, der vorsieht, dass eine entsprechend den Anforderungen der guten Praxis im Bereich der Waldbewirtschaftung durchgeführte Waldbewirtschaftung nicht gegen die Bestimmungen über die Erhaltung von besonderen Beständen, Schöpfungen und Bestandteilen der Natur verstößt, insbesondere nicht gegen die Bestimmungen der Art. 51 und 52 der Ustawa o ochronie przyrody (Gesetz über den Schutz der Natur) vom 16. April 2004.

2.      Die Republik Polen hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 in der durch die Richtlinie 2013/17 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichneten und mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten verstoßen, dass sie nicht alle gesetzlichen Vorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, damit Umweltschutzorganisationen bei einem Gericht eine effektive Prüfung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit von Waldbewirtschaftungsplänen im Sinne der Bestimmungen des Waldgesetzes beantragen können.

3.      Die Republik Polen trägt die Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Polnisch.