Language of document : ECLI:EU:T:2015:393

URTEIL DES GERICHTS (Rechtsmittelkammer)

19. Juni 2015(*)

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Beamte – Unparteilichkeit des Gerichts für den öffentlichen Dienst – Antrag auf Ablehnung eines Richters – Umsetzung – Dienstliches Interesse – Grundsatz der Entsprechung von Besoldungsgruppe und Dienstposten – Art. 7 Abs. 1 des Beamtenstatuts – Disziplinarverfahren – Verteidigungsrechte“

In der Rechtssache T‑88/13 P

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Dritte Kammer) vom 5. Dezember 2012, Z/Gerichtshof (F‑88/09 und F‑48/10, SlgÖD, EU:F:2012:171), wegen Aufhebung dieses Urteils,

Z, wohnhaft in Luxemburg (Luxemburg), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt F. Rollinger,

Rechtsmittelführerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Gerichtshof der Europäischen Union, vertreten durch A. Placco als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DAS GERICHT (Rechtsmittelkammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter H. Kanninen (Berichterstatter) und D. Gratsias,

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil(1)

1        Mit ihrem gemäß Art. 9 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingelegten Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin die Aufhebung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Dritte Kammer) vom 5. Dezember 2012, Z/Gerichtshof (F‑88/09 und F‑48/10, SlgÖD, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:F:2012:171), mit dem dieses ihre Klage auf Aufhebung der Beschlüsse des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 18. Dezember 2008 über ihre Umsetzung bzw. vom 10. Juli 2009 über die Verhängung der Disziplinarstrafe der schriftlichen Verwarnung abgewiesen hat.

 Sachverhalt

2        Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt wird in den Rn. 23 bis 66 des angefochtenen Urteils wie folgt wiedergegeben:

„23      Die Klägerin wurde als Beamtin auf Probe mit Wirkung zum 1. September 2005 eingestellt und ab diesem Datum bis zum 31. Dezember 2008 einem der Übersetzungsreferate der Generaldirektion (GD) ‚Übersetzung‘ des Gerichtshofs als Rechts- und Sprachsachverständige zugewiesen. Sie wurde ab dem 1. Juni 2006 als Beamtin auf Lebenszeit übernommen.

24      Im Dezember 2005 wurde Frau X als Rechts- und Sprachsachverständige in demselben Übersetzungsreferat und innerhalb desselben Teams wie die Klägerin als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten eingesetzt. Frau X ist die Ehefrau von Herrn W, der in der Folge zum Persönlichen Referenten des Kanzlers des Gerichtshofs ernannt wurde.

25      Die Klägerin war für die Revision eines Teils der von Frau X erstellten Übersetzungen verantwortlich. In dieser Eigenschaft behauptet sie, die schlechte Qualität der Übersetzungen von Frau X sowie die Nichteinhaltung von Anweisungen und Fristen rasch festgestellt zu haben.

26      Die Klägerin trägt vor, dass sie und einige ihrer Kollegen einschließlich ihres Teamleiters bei zahlreichen Gelegenheiten den Referatsleiter, Herrn Y, auf die Inkompetenz von Frau X hingewiesen hätten. Nach Ansicht der Klägerin hat der Referatsleiter die Kritik an der Arbeit von Frau X systematisch ignoriert, was auf die freundschaftliche Beziehung zurückzuführen gewesen sei, die dieser seit Langem mit Frau X unterhalten habe. Zudem habe sich ihre berufliche Situation innerhalb des Referats verschlechtert, nachdem sie ihrem Referatsleiter die Unzulänglichkeit der Leistungen von Frau X mitgeteilt habe. Der Gerichtshof bestreitet diese Sachverhaltsdarstellung, insbesondere das Vorliegen jeder bevorzugten Behandlung von Frau X sowie die Untätigkeit der Vorgesetzten der Klägerin.

27      Im April 2006 habe ein Vorfall die Klägerin in ihrer Überzeugung bestärkt, dass Frau X eine bevorzugte Behandlung innerhalb des Referats genieße. Nachdem die Klägerin nämlich die Unvollständigkeit einer von Frau X angefertigten Übersetzung festgestellt und von ihr verlangt habe, diese zu ergänzen, habe Frau X das neue Dokument dem Sekretariat mit dem Hinweis ‚Arbeit erledigt‘ übermittelt, obwohl es nach den internen Regelungen der Dienststelle an die Klägerin zur erneuten Revision hätte zurückgegeben werden müssen. In der Folge habe die Klägerin den Vorfall Herrn Y berichtet und verlangt, strenge Maßnahmen gegen Frau X zu erlassen, was dieser abgelehnt habe.

28      Die Klägerin beschwerte sich bei dem für ihr Referat zuständigen Direktor über die Haltung ihres Referatsleiters, die sie für ‚unangemessen und feindselig‘ hielt.

29      Der Gerichtshof führt aus, der Direktor habe in einer Versammlung vom 10. Dezember 2006 der Klägerin die Gründe erläutert, aus denen Frau X eingestellt worden sei. Die Klägerin behauptet, der Direktor habe in dieser Versammlung auch eingeräumt, dass Frau X schwierige Beziehungen zu anderen Mitgliedern des Referats habe und dass sie in der Vergangenheit zwei Mal an vom Europäischen Amt für Personalauswahl (EPSO) organisierten allgemeinen Auswahlverfahren für Stellen von Rechts- und Sprachsachverständigen am Gerichtshof gescheitert sei. Der Gerichtshof bestreitet, dass die Äußerungen, die die Klägerin ihrem ehemaligen Direktor zuschreibe, so gefallen seien.

30      Am 14. Mai 2007 stellte die Klägerin Übersetzungsfehler in einem von Frau X übersetzten Urteil des Gerichtshofs fest. Sie informierte darüber ihren Referatsleiter, Herrn Y.

31      Im Rahmen des Beurteilungsverfahrens 2006 traf die Klägerin am 25. Mai 2007 den Generaldirektor der GD ‚Übersetzung‘ als Berufungsbeurteilenden. Die Klägerin trägt vor, sie habe diesem die Schwierigkeiten mitgeteilt, mit denen sie aufgrund der bevorzugten Behandlung eines Mitglieds ihres Teams durch den Referatsleiter, Herrn Y, konfrontiert gewesen sei, ohne jedoch Frau X zu nennen. Der Generaldirektor habe sich unverzüglich empört gezeigt und die Durchführung einer internen Prüfung vorgeschlagen, um herauszufinden, ob die Bewerbung für die Stelle eines Rechts- und Sprachsachverständigen der von ihr beschuldigten Person bevorzugt behandelt worden sei. Der Generaldirektor habe ihr, nachdem er erfahren habe, dass es sich bei Frau X um die Ehefrau des Persönlichen Referenten des Kanzlers des Gerichtshofs gehandelt habe, vorgeschlagen, die Generaldirektion zu wechseln. Der Gerichtshof bestreitet, dass die Äußerungen, die die Klägerin dem Generaldirektor zuschreibe, so gefallen seien.

32      Die Klägerin gibt an, ihre Vorgesetzten auf die bevorzugte Behandlung, die Frau X von Seiten ihres Referatsleiters genossen habe, in einer E‑Mail vom 23. November 2007, in einer Mitteilung anlässlich des Beurteilungsverfahrens 2007 und schließlich in einer E‑Mail vom 11. November 2008, die u. a. an den Kanzler des Gerichtshofs gerichtet gewesen sei, hingewiesen zu haben.

33      In der Zwischenzeit traf der Referatsleiter, Herr Y, am 10. Juli 2008 die Entscheidung, die Klägerin innerhalb des Referats einem anderen Team zuzuweisen, weil sie ein konfliktbehaftetes Verhältnis mit ihrem Teamleiter gehabt habe. Nach Ansicht der Klägerin gibt es Anlass zu bezweifeln, dass dies der wahre Grund gewesen sei, denn dieser Teamleiter habe zum einen kurz davor gestanden, zum Rat der Europäischen Union versetzt zu werden, und zum anderen habe dieser nichts von den Gründen gewusst, aus denen seine Beziehung zu ihr als konfliktreich eingestuft werden könne, bis er selbst den Referatsleiter konsultiert habe. Gleichwohl erhob die Klägerin keine Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Wechsel zu einem anderen Team.

34      Zu Beginn des Monats September 2008 wandte sich die Klägerin an einen der Berater im Bereich Mobbing, die mit der [Mitteilung des Kanzlers des Gerichtshofs vom 20. November 2006 über die Achtung der Würde der Person] eingeführt wurden.

35      Im November 2008 sei der Klägerin eine elektronische Verteilung – und keine physische mehr – ihrer Arbeitsdokumente angeboten worden.

36      Am 9. Dezember 2008 richtete die Klägerin, die sich durch das angebliche Mobbing durch ihren Referatsleiter in die Enge getrieben fühlte, an alle Mitglieder ihres Referats eine E‑Mail, in der es in der von der Klägerin vorgelegten französischen Fassung heißt:

‚Chers collègues, moi non plus je ne serai pas des vôtres demain et il s’agit d’une décision bien réfléchie des choses, qui exige cependant quelques explications pour ceux qui ne sont pas au courant, de sorte que personne ne risque de se sentir vexé.

En effet, comme la majorité d’entre vous a pu s’[en] apercevoir, l’attitude du chef d’unité envers moi est devenue particulièrement hostile, et parfois tout à fait discourtoise, et je fais preuve de beaucoup de tact dans cette qualification (de son attitude), dès que j’ai attiré l’attention sur le fait que son incapacité à séparer les relations sociales et professionnelles a eu une influence très négative sur le fonctionnement de l’unité et les conditions de travail des réviseurs, qui ont été confrontés dans le cadre de leur travail à une connaissance de longue date du chef d’unité, qui a obtenu des contrats d’agent temporaire durant presque deux ans dans notre service.

Je ne suis pas la seule à avoir été gênée par cette situation mais apparemment j’ai été la seule à oser exprimer clairement ce que j’en pense, et notamment qu’il s’agissait d’une manifestation d’un manque de respect à l’égard des autres personnes travaillant dans notre unité parce qu’un traitement privilégié des connaissances s’est produit malheureusement aux dépens des autres, ceux qui sont arrivés ici à l’issue d’un concours EPSO ou sur la base de leur propre savoir et de leurs compétences, sans avoir de relations amicales, familiales et autres à la Cour.

Il va sans dire que la revanche a été et reste brutale, ce qui se répercute sur mes conditions de travail. J’estime néanmoins que des valeurs telles que l’honnêteté, la décence et la dignité sont bien plus importantes que, par exemple, un demi-point de promotion. Aucune position occupée n’autorise quelqu’un à traiter les autres d’une manière incorrecte ou arrogante, surtout pour des raisons purement personnelles que chacun de vous, qui connaît la situation qui s’est produite dans notre unité de décembre 2005 à juin 2007 peut apprécier par lui-même.

À ceux qui m’ont répété que l’on ne peut rien faire face à des personnes unies par des relations et que rien ne changera ici, la bonne nouvelle c’est que, au contraire, beaucoup a déjà changé et changera encore plus bientôt. La meilleure preuve en est qu’à présent sont recrutés dans notre unité des lauréats de concours EPSO ou ceux qui ne soulèvent pas le moindre doute quant au fait qu’ils sont engagés sur la base de leur valeur intrinsèque et non par exemple en fonction de qui ils connaissent et depuis combien de temps.

À ceux à qui rien ne peut couper l’appétit, je souhaite ´bon appétit!´

P.S. Je remercie beaucoup tous ceux parmi vous qui ont voté pour moi aux élections au [comité du personnel] (presque 350 voix, c’est un très bon résultat) et pour les courriels et les autres expressions de soutien que j’ai reçues. C’est quand même une expérience constructive qu’un groupe de personnes si nombreux considère également que beaucoup de choses devraient changer non seulement dans notre unité, mais aussi dans l’[i]nstitution. À présent, les chances d’y arriver sont nettement meilleures qu’auparavant.‘

[‚Liebe Kollegen, morgen werde auch ich nicht mehr bei Euch sein, und es handelt sich um eine gut überlegte Entscheidung über Angelegenheiten, die jedoch einige Erklärungen für diejenigen erfordert, die nicht auf dem Laufenden sind, so dass niemand Gefahr läuft, sich gekränkt zu fühlen.

Wie der Großteil von Euch erkennen konnte, ist die Haltung des Referatsleiters mir gegenüber besonders feindselig geworden und manchmal ausgesprochen unhöflich, und ich beweise bei dieser Einstufung (seiner Haltung) viel Taktgefühl, sobald ich die Aufmerksamkeit auf die Tatsache gelenkt habe, dass seine Unfähigkeit, soziale und berufliche Beziehungen zu trennen, einen sehr negativen Einfluss auf das Funktionieren des Referats und die Arbeitsbedingungen der Revisoren gehabt hat, die im Rahmen ihrer Arbeit mit einer langjährigen Bekannten des Referatsleiters zu tun gehabt haben, die für beinahe zwei Jahre in unserer Dienststelle Verträge als Zeitbedienstete gehabt hat.

Ich bin nicht die Einzige, der diese Situation zu schaffen gemacht hat, aber offensichtlich bin ich die Einzige, die es gewagt hat, klar auszudrücken, was sie davon hält, und insbesondere, dass es sich um einen Ausdruck mangelnden Respekts gegenüber anderen Personen gehandelt hat, die in unserem Referat arbeiten, weil die bevorzugte Behandlung von Bekanntschaften unglücklicherweise auf Kosten der anderen gegangen ist, nämlich derjenigen, die nach Abschluss eines EPSO-Auswahlverfahrens oder auf der Grundlage ihres eigenen Wissens und ihrer Kompetenzen hierher gekommen sind, ohne freundschaftliche, familiäre oder andere Beziehungen zum Gerichtshof zu haben.

Es versteht sich von selbst, dass die Vergeltung schonungslos gewesen ist und bleibt, was sich auf meine Arbeitsbedingungen auswirkt. Ich bin dennoch der Ansicht, dass Werte wie Ehrlichkeit, Anstand und Würde wesentlich wichtiger sind als z. B. ein halber Beförderungspunkt. Keine Position berechtigt jemanden, andere inkorrekt oder arrogant zu behandeln, vor allem aus rein persönlichen Gründen, die jeder von Euch, der die Situation in unserem Referat zwischen Dezember 2005 und Juni 2007 kennt, selbst beurteilen kann.

An die, die mir wiederholt gesagt haben, dass man gegen Personen, die durch Beziehungen verbunden sind, nichts machen kann, und dass sich hier nichts ändern werde: Die gute Neuigkeit ist, dass sich im Gegenteil bereits viel geändert hat und sich bald noch mehr ändern wird. Der beste Beweis dafür ist, dass gegenwärtig in unserem Referat erfolgreiche Teilnehmer eines EPSO-Auswahlverfahrens eingestellt worden sind oder solche, die nicht den geringsten Zweifel im Hinblick darauf aufkommen lassen, dass sie auf der Grundlage ihres eigenen Werts eingestellt worden sind, und nicht etwa abhängig davon, wen sie kennen und seit wann.

Jenen, denen nichts den Appetit verderben kann, wünsche ich ´Guten Appetit!´

P.S. Ich danke all jenen unter Euch, die in den Wahlen zur [Personalvertretung] für mich gestimmt haben (beinahe 350 Stimmen, das ist ein sehr gutes Ergebnis), und für die Schreiben und die anderen Unterstützungserklärungen, die ich erhalten habe. Es ist immerhin eine aufbauende Erfahrung, dass eine so zahlreiche Gruppe von Personen auch der Meinung ist, dass sich vieles ändern müsste, nicht nur in unserem Referat, sondern auch in dem Organ. Gegenwärtig sind die Chancen, das zu erreichen, erheblich besser als früher.‘]

37      Mit E‑Mail vom selben Tag, die an den neu ernannten für ihr Referat verantwortlichen Direktor gerichtet war und in Kopie an den Generaldirektor der GD ‚Übersetzung‘ ging, ersuchte die Klägerin um ein Gespräch über das Mobbing, dessen Opfer sie geworden sei.

38      Am 10. Dezember 2008 schickte die Klägerin eine andere E‑Mail … an ihren Referatsleiter, Herrn Y, sowie an alle Mitglieder des Referats, deren von der Klägerin vorgelegte französische Übersetzung wie folgt lautet:

‚Bonjour,

Vos supérieurs sont parfaitement au courant de l’affaire depuis longtemps et [le directeur général] était d’avis que la question des contrats attribués à l’une de vos connaissances devrait faire l’objet d’un audit interne de la Cour. Actuellement, des clarifications sont en cours pour voir pourquoi l’audit n’a pas été fait en temps utile et qui est responsable de cette négligence.

M’adresser des menaces ne change pas les faits et [le directeur nouvellement en charge de l’unité] a déjà décidé antérieurement de consacrer tout le temps nécessaire à un entretien concernant votre comportement inconvenant dans le cadre de l’accomplissement de vos fonctions, parce que l’ancien directeur … a ignoré ce problème pendant très longtemps et il semble que cela va désormais changer.‘

[‚Guten Tag,

Ihre Vorgesetzten sind sich über die Sache seit Längerem vollkommen im Klaren, und [der Generaldirektor] war der Meinung, dass die Frage der an eine Ihrer Bekannten vergebenen Verträge Gegenstand einer internen Prüfung des Gerichtshofs sein sollte. Derzeit wird geklärt, warum die Prüfung nicht rechtzeitig erfolgt ist und wer für diese Fahrlässigkeit verantwortlich ist.

Drohungen an mich zu richten, ändert nichts an den Tatsachen, und [der neu ernannte für das Referat verantwortliche Direktor] hat bereits zuvor beschlossen, einem Gespräch betreffend Ihr unangemessenes Verhalten im Rahmen der Erfüllung Ihrer Aufgaben so viel Zeit zu widmen, wie erforderlich ist, weil der frühere Direktor … dieses Problem für sehr lange Zeit ignoriert hat und sich dies nunmehr zu ändern scheint.‘]

1. Die Umsetzungsentscheidung vom 18. Dezember 2008

39      Das Versenden der beiden E‑Mails vom 9. und 10. Dezember 2008 an alle Mitglieder des Referats der Klägerin hatte als erste Folge den Erlass der Entscheidung vom 18. Dezember 2008 durch den Kanzler des Gerichtshofs als Anstellungsbehörde über die Umsetzung der Klägerin mit ihrer Stelle, durch die die Klägerin auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] mit Wirkung zum 1. Januar 2009 mit ihrer Stelle in die Direktion Bibliothek versetzt wurde … In dem Memorandum über die Mitteilung der Entscheidung weist der Generaldirektor für Personal und Finanzen des Gerichtshofs darauf hin, dass diese Entscheidung ‚durch die Notwendigkeit begründet ist, das ordnungsgemäße Funktionieren [Ihres] Referats zu gewährleisten …, das infolge der E‑Mails mit schweren Anschuldigungen gegen Ihre Vorgesetzten beeinträchtigt worden ist, die Sie am 9. und 10. Dezember 2008 an alle Mitarbeiter des Referats geschickt haben‘.

40      Am 2. April 2009 reichte die Klägerin eine Beschwerde gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] ein, mit der sie die Aufhebung der Entscheidung vom 18. Dezember 2008 beantragte, sowie den Ersatz ihres immateriellen Schadens, der mit 30 000 Euro beziffert wird.

42      Mit Entscheidung vom 30. Juni 2009, die am 13. Juli 2009 mitgeteilt wurde, wies der Beschwerdeausschuss die Beschwerde vom 2. April 2009 zurück.

2. Die Entscheidung über die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009

43      Die zweite Folge des Übersendens der E‑Mails vom 9. und 10. Dezember 2008 war, dass die GD ‚Übersetzung‘ dem Kanzler des Gerichtshofs als Anstellungsbehörde am 19. Dezember 2008 einen Vermerk übermittelte, mit der sie die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die Klägerin beantragte (im Folgenden: Aktenvermerk) …

44      Mit Memorandum vom 12. Januar 2009 übermittelte der Kanzler des Gerichtshofs den Aktenvermerk an die Klägerin, dem eine französische Übersetzung der beiden E‑Mails vom 9. und 10. Dezember 2008 beigefügt war, und lud sie in Anwendung von Art. 3 des Anhangs IX des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] zu einer Anhörung. Diese fand am 28. Januar 2009 in Anwesenheit des Direktors der Direktion für Humanressourcen und Personalverwaltung der GD ‚Personal und Finanzen‘ des Gerichtshofs statt, der dafür verantwortlich war, das Protokoll aufzunehmen. Während dieser Anhörung beantragte und erhielt die Klägerin die Befugnis, zusätzlich zu den ersten Erklärungen schriftliche Erklärungen einzureichen, die sie infolge der Erstellung des Protokolls abzugeben Anlass haben könnte.

45      Am 3. Februar 2009 erhielt die Klägerin eine Mitteilung über den Entwurf des Protokolls der Anhörung vom 28. Januar 2009, und am folgenden 9. Februar übermittelte sie der Anstellungsbehörde ihre ersten Erklärungen zu diesem Entwurf.

46      Am 27. Februar 2009 übermittelte die Klägerin zusätzliche Erklärungen, in denen sie geltend machte, dass das gegen sie eingeleitete Verfahren rechtswidrig gewesen sei.

47      Am 12. März 2009 erhielt die Klägerin die Endfassung des Protokolls der Anhörung zur Unterzeichnung. Sie sandte das Dokument nicht unterzeichnet zurück und führte zur Begründung an, dass es nicht alle Erklärungen wiedergebe, die sie abgegeben habe.

48      Mit Memorandum vom 1. April 2009 informierte der Kanzler des Gerichtshofs die Klägerin, dass er unter Berücksichtigung der Pflichtwidrigkeit der Übermittlung der E‑Mails vom 9. und 10. Dezember 2008 entschieden habe, das in Art. 11 des Anhangs IX des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] vorgesehene Disziplinarverfahren zu eröffnen, um ‚ohne Befassung des Disziplinarrats die Sanktion einer schriftlichen Verwarnung oder eines Verweises zu verhängen‘. Zudem führte er aus, dass eine zweite Anhörung in Anwendung von Art. 11 durchgeführt werde, bevor er Stellung zu der Einstufung des Verhaltens der Klägerin und zu einer etwaigen zu verhängenden Sanktion beziehe.

49      Die zweite Anhörung der Klägerin durch den Kanzler des Gerichtshofs fand am 8. Mai 2009 statt …

54      [A]m 10. Juli 2009 traf der Kanzler des Gerichtshofs in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde die Entscheidung, gegen die Klägerin die Disziplinarstrafe der schriftlichen Verwarnung zu verhängen, weil sie ‚unter Verstoß gegen Art. 12 des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] dem Ansehen ihres Amtes geschadet hat, indem sie an alle Mitglieder [ihres Referats], die E‑Mails vom 9. und 10. Dezember 2008 übermittelt hat‘ (im Folgenden: Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009).

59      Mit Schreiben vom 10. November 2009 reichte die Klägerin eine Beschwerde gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] gegen die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 ein …

61      Mit Schreiben vom 22. Januar 2010 … wurde die Klägerin zu einer Anhörung vor dem Beschwerdeausschuss am 9. Februar 2010 geladen.

65      Mit Schreiben vom 19. Februar 2010, das an den [Beschwerdeausschuss] gerichtet war, wies die Klägerin darauf hin, dass der Beschwerdeausschuss nicht für die Entscheidung über ihre Beschwerde zuständig sei.

66      Mit Entscheidung vom 10. März 2010, mitgeteilt am darauffolgenden 15. März, wies der Beschwerdeausschuss die Beschwerde gegen die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 zurück.“

 Verfahren im ersten Rechtszug

[nicht wiedergegeben]

5        Mit Klageschrift, die am 22. Juni 2010 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst einging, erhob die Rechtsmittelführerin eine Klage, die unter dem Aktenzeichen F‑48/10 in das Register der Kanzlei eingetragen wurde (im Folgenden: Klage F‑48/10). Sie war zum einen auf Aufhebung der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 10. Juli 2009 über die Verhängung der Disziplinarstrafe der schriftlichen Verwarnung (im Folgenden: Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009) sowie soweit erforderlich der Entscheidung über die Zurückweisung der gegen diese Disziplinarstrafe gerichteten Beschwerde gerichtet und zum anderen auf Verurteilung des Gerichtshofs zur Zahlung eines Betrags von 50 000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens.

6        In der Klagebeantwortung hat der Gerichtshof insbesondere die Abweisung der Klage F‑48/10 beantragt.

[nicht wiedergegeben]

11      Zu Beginn der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2012 stellte die Rechtsmittelführerin einen ausdrücklichen Antrag auf Ablehnung des Berichterstatters, der seit dem oben in Rn. 7 angeführten Schreiben Präsident des Gerichts für den öffentlichen Dienst und Präsident der Dritten Kammer geworden war, dem Spruchkörper, dem die fraglichen Rechtssachen zugewiesen wurden, wegen des Anscheins fehlender Integrität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. In diesem Antrag wurde unter den Behauptungen in Bezug auf die Befangenheit des Berichterstatters, wonach dieser als Präsident des Gerichts für den öffentlichen Dienst den Beschwerdeausschuss des Gerichts für den öffentlichen Dienst beibehalten habe, angeführt, dies gelte „ebenso für die Mitglieder [dieses Gerichts], die akzeptiert [hatten], Mitglieder dieses Ausschusses zu werden, da deren Unparteilichkeit in diesem Zusammenhang objektiv gefährdet ist“.

12      Infolge des Antrags auf Ablehnung, den die Rechtsmittelführerin zu Beginn der mündlichen Verhandlung stellte, setzte das Gericht das Verfahren aus.

13      Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 übermittelte die Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst den Antrag auf Ablehnung an den Gerichtshof zur etwaigen Stellungnahme, der mit Schreiben, das bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst am 17. Februar 2012 einging, erklärte, dass er keine Stellungnahme vorzubringen habe und die Entscheidung in das Ermessen dieses Gerichts stelle. Durch mit Gründen versehenen Beschluss vom 29. März 2012 wies der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts für den öffentlichen Dienst den Antrag auf Ablehnung sowohl hinsichtlich des Berichterstatters als auch der beiden Richter, die im Beschwerdeausschuss des Gerichts für den öffentlichen Dienst saßen, zurück.

14      Mit Schreiben der Kanzlei vom 4. April 2012 wurden die Parteien zu einer weiteren mündlichen Verhandlung geladen, die am 10. Mai 2012 stattfand.

15      Am 5. Dezember 2012 erließ das Gericht für den öffentlichen Dienst (Dritte Kammer) das angefochtene Urteil.

[nicht wiedergegeben]

 Angefochtenes Urteil

[nicht wiedergegeben]

 Zur Klage F‑48/10

28      Zur Stützung ihres Antrags auf Aufhebung brachte die Rechtsmittelführerin sechs Klagegründe vor, und zwar erstens die Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses und die Rechtswidrigkeit von Art. 4 des Beschlusses des Gerichtshofs vom 4. Mai 2004 über die Ausübung der Befugnisse, die der Anstellungsbehörde im Statut der Beamten der Europäischen Union und der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union übertragen sind (im Folgenden: Beschluss vom 4. Mai 2004), zweitens die Rechtswidrigkeit des Disziplinarverfahrens wegen Verletzung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens sowie der Art. 1 bis 3 von Anhang IX des Statuts, drittens einen Verstoß gegen Art. 12 des Statuts und Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sowie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, viertens einen Interessenkonflikt auf Seiten des Leiters der Anstellungsbehörde, einen Verstoß gegen die Art. 2 und 10 der Satzung des Gerichtshofs, gegen Art. 11a der Satzung, gegen Art. 8 des Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis, gegen Art. 41 der Charta der Grundrechte sowie eine Verletzung der allgemeinen Grundsätze der Objektivität, der Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit, fünftens eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit und sechstens eine Ermessensüberschreitung und einen Ermessensmissbrauch sowie einen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung.

29      Mit dem angefochtenen Urteil wies das Gericht für den öffentlichen Dienst sämtliche Klagegründe zurück.

[nicht wiedergegeben]

 Verfahren vor dem Gericht und Anträge der Verfahrensbeteiligten

32      Mit Schriftsatz, der am 14. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Rechtsmittelführerin das vorliegende Rechtsmittel erhoben.

33      Mit Schreiben, das am 26. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Rechtsmittelführerin einen Antrag auf Anonymisierung gestellt, dem der Präsident der Rechtsmittelkammer mit Beschluss vom 6. März 2013 stattgegeben hat.

34      Am 19. September 2013 hat der Gerichtshof seine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht. Das schriftliche Verfahren wurde am 2. Dezember 2013 abgeschlossen.

35      Das Gericht (Rechtsmittelkammer) hat auf Bericht des Berichterstatters festgestellt, dass keine der Parteien binnen einem Monat nach der Mitteilung über den Abschluss des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und gemäß Art. 146 der Verfahrensordnung beschlossen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

36      Die Klägerin beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen in den Rechtssachen F‑88/09 und F‑48/10 stattzugeben;

–        dem Gerichtshof die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

37      Der Gerichtshof beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

38      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf elf Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird die fehlende Unparteilichkeit der Dritten Kammer des Gerichts für den öffentlichen Dienst gerügt. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wird die Verletzung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gerügt, soweit die Kontrolle des Gerichts für den öffentlichen Dienst, ob die Voraussetzung in Bezug auf das in Art. 7 Abs. 1 der Satzung vorgesehene dienstliche Interesse eingehalten worden sei, beschränkt sei. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird die Unzuständigkeit des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts für den öffentlichen Dienst für die Entscheidung über den Ablehnungsantrag vom 25. Januar 2012 geltend gemacht. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund wird eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren geltend gemacht, soweit die Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst keine Möglichkeit vorsehe, ein Rechtsmittel gegen den Beschluss über die Zurückweisung des Antrags auf Ablehnung eines Richters einzulegen. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund wird zum einen ein Verstoß gegen die Pflicht, die materielle Wahrheit der Begründungen festzustellen, die der Umsetzungsverfügung und der Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 zugrunde lägen, und zum anderen eine Verfälschung der Tatsachen geltend gemacht. Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund wird ein Rechtsfehler gerügt, soweit das Gericht für den öffentlichen Dienst zu Unrecht entschieden habe, dass die Umsetzungsverfügung allein im dienstlichen Interesse im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Satzung erlassen worden sei. Mit dem siebten Rechtsmittelgrund wird ein Rechtsfehler des Gerichts für den öffentlichen Dienst gerügt, soweit es zu Unrecht entschieden habe, dass die Anstellungsbehörde den Grundsatz der Entsprechung von Besoldungsgruppe und Dienstposten eingehalten habe. Mit dem achten Rechtsmittelgrund wird eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt. Mit dem neunten Rechtsmittelgrund wird ein Rechtsfehler geltend gemacht, soweit das Gericht für den öffentlichen Dienst zu Unrecht entschieden habe, dass die Schadensersatzanträge auf Ersatz des aufgrund der Verbreitung der Umsetzungsverfügung an alle Mitarbeiter erlittenen Schadens unzulässig seien. Mit dem zehnten Rechtsmittelgrund wird zum einen ein Rechtsfehler des Gerichts für den öffentlichen Dienst geltend gemacht, soweit es entschieden habe, dass der Beschwerdeausschuss, der die gegen die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 gerichtete Beschwerde zurückgewiesen habe, zuständig gewesen sei, und zum anderen, dass es nicht über den Klagegrund der Rechtswidrigkeit von Art. 4 des Beschlusses vom 4. Mai 2004 entschieden habe. Mit dem elften Rechtsmittelgrund wird zum einen ein Rechtsfehler des Gerichts für den öffentlichen Dienst gerügt, soweit es zu Unrecht entschieden habe, dass die Anstellungsbehörde die Art. 1 bis 3 des Anhangs IX der Satzung eingehalten habe, und zum anderen eine Verletzung der Verteidigungsrechte und ein Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens.

[nicht wiedergegeben]

 Zu den Rechtsmittelgründen in Bezug auf die Klage F‑48/10

 Zum zehnten Rechtsmittelgrund, mit dem zum einen ein Rechtsfehler des Gerichts für den öffentlichen Dienst geltend gemacht wird, soweit es entschieden habe, dass der Beschwerdeausschuss, der die gegen die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 gerichtete Beschwerde zurückgewiesen habe, zuständig gewesen sei, und zum anderen, dass es nicht über den Klagegrund der Rechtswidrigkeit von Art. 4 des Beschlusses vom 4. Mai 2004 entschieden habe

138    Die Rechtsmittelführerin beanstandet die Rn. 226 bis 228 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht für den öffentlichen Dienst den Klagegrund der Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses mit der Begründung als ins Leere gehend zurückgewiesen habe, dass die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 eine bestätigende Maßnahme ohne eigenständigen Gehalt gewesen sei und deren Aufhebung daher keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 habe ausüben können. Ihrer Ansicht nach darf diese Begründung des Gerichts für den öffentlichen Dienst nicht auf einer Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde beruhen, die von einem unzuständigen Organ getroffen worden sei.

139    Der Gerichtshof tritt dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin entgegen.

140    Im ersten Rechtszug beantragte die Rechtsmittelführerin die Aufhebung der Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 und, soweit erforderlich, die Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 (angefochtenes Urteil, Rn. 69).

141    Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet jede bloße eine Beschwerde ablehnende Entscheidung, ob sie nun stillschweigend oder ausdrücklich ergeht, nur eine Bestätigung der vom Beschwerdeführer beanstandeten Maßnahme oder Unterlassung und ist als solche keine anfechtbare Maßnahme, so dass die gegen diese Entscheidung ohne eigenständigen Gehalt gegenüber der ursprünglichen Entscheidung gerichteten Anträge als gegen den ursprünglichen Rechtsakt gerichtet anzusehen sind (Beschluss vom 16. Juni 1988, Progoulis/Kommission, 371/87, Slg, EU:C:1988:317, Rn. 17, und Urteil vom 2. März 2004, Di Marzio/Kommission, T‑14/03, SlgÖD, EU:T:2004:59, Rn. 54). Eine Entscheidung, mit der die Beschwerde zurückgewiesen wird, ist eine bestätigende Maßnahme ohne eigenständigen Gehalt, wenn sie keine Überprüfung der Lage des Beschwerdeführers aufgrund neuer rechtlicher oder tatsächlicher Umstände enthält (Urteile vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, T‑325/09 P, Slg, EU:T:2011:506, Rn. 32, und vom 21. Mai 2014, Mocová/Kommission, T‑347/12 P, Slg [Auszüge], EU:T:2014:268, Rn. 34).

142    Aufgrund der oben in Rn. 141 angeführten Rechtsprechung hat das Gericht für den öffentlichen Dienst in Rn. 227 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Verwaltung keine Überprüfung der Lage der Rechtsmittelführerin aufgrund neuer rechtlicher oder tatsächlicher Umstände durchgeführt habe, so dass die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde als bloße Bestätigung der Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 anzusehen sei. Es hat daraus den Schluss gezogen, dass die Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 haben könne, so dass der Klagegrund der Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses, der auf die Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde abziele, als ins Leere gehend zurückzuweisen sei.

143    Hierzu ist jedoch festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin mit dem Klagegrund der Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses, den sie im ersten Rechtszug geltend machte, die Zusammensetzung dieses Ausschusses beanstandete, der ihre gegen die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 gerichtete Beschwerde zurückgewiesen hatte. Dieser Klagegrund betraf daher die Frage, ob die Prüfung der Beschwerde der Rechtsmittelführerin Gegenstand eines ordnungsgemäßen Verfahrens gewesen war, das zu einer anderen Entscheidung als der der Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 hätte führen können. Demgemäß hatte die Rechtsmittelführerin ein tatsächliches und eigenständiges Interesse daran, die Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde zu beantragen und nicht nur die Aufhebung der Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009.

144    Wenn nämlich die oben in Rn. 141 angeführte Rechtsprechung ohne Rücksicht darauf zugrunde gelegt würde, dass der in Rede stehende Klagegrund das Beschwerdeverfahren selbst betrifft, und nicht den ursprünglichen Rechtsakt, der Gegenstand der Beschwerde ist, wäre jede Möglichkeit von Beanstandungen ausgeschlossen, die das Vorverfahren betreffen, und verlöre der Beschwerdeführer dadurch den Anspruch auf ein Verfahren, das eine gütliche Beilegung des zwischen den Beamten oder sonstigen Bediensteten und der Verwaltung entstandenen Streits ermöglichen und fördern soll und die Behörde, zu der der Beamte gehört, dazu zwingen soll, ihre Entscheidung im Licht der möglichen Einwände des Beamten vorschriftsgemäß zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil Mocová/Kommission, oben in Rn. 141 angeführt, EU:T:2014:268, Rn. 38).

145    Insoweit ist das Argument des Gerichtshofs als unbegründet anzusehen, wonach die Rechtsmittelführerin kein Interesse daran habe, die Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde zu beantragen, nachdem sie eine Klage auf Aufhebung des ursprünglichen Rechtsakts eingereicht habe, da es, selbst wenn das Beschwerdeverfahren rechtswidrig wäre, sinnlos wäre, dass die Verwaltung eine neue Entscheidung über die Beschwerde treffe, wo doch die Rechtsmittelführerin beim Gericht beantragt habe, den ursprünglichen Rechtsakt selbst aufzuheben. Entgegen dem Vorbringen des Gerichtshofs ist das Interesse der Beschwerdeführerin daran, dass das Beschwerdeverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wird und daher die Entscheidung über die Zurückweisung ihrer Beschwerde im Falle von Unregelmäßigkeiten aufgehoben wird, eigenständig und nicht im Zusammenhang mit der etwaigen gegen den ursprünglichen Rechtsakt, der Gegenstand der Beschwerde ist, eingereichten Klage zu beurteilen. Andernfalls könnte der Betreffende nie die Unregelmäßigkeiten des Beschwerdeverfahrens geltend machen, aufgrund deren ihm doch der Vorteil einer ordnungsgemäßen vorverfahrensrechtlichen Überprüfung der Entscheidung der Verwaltung genommen wurde, wenn eine Klage gegen den ursprünglichen Rechtsakt gerichtet wird, gegen den sich die Beschwerde richtet.

146    Daraus folgt, dass es der Rechtsmittelführerin angesichts des Gegenstands des in Rede stehenden Klagegrundes, der das Beschwerdeverfahren betrifft, möglich sein muss, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde und nicht nur die Rechtmäßigkeit der Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 durch den Unionsrichter kontrollieren zu lassen.

147    Demnach hat das Gericht für den öffentlichen Dienst einen Rechtsfehler begangen, als es den Klagegrund der Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses als ins Leere gehend zurückgewiesen hat.

148    Daher ist der zehnte Rechtsmittelgrund begründet.

[nicht wiedergegeben]

162    Nach alledem ist dem Rechtsmittel zum Teil stattzugeben und das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es mit dem oben in den Rn. 140 bis 147 festgestellten Rechtsfehler behaftet ist.

 Zur Klage im ersten Rechtszug

163    Nach Art. 13 Abs. 1 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs hebt das Gericht, wenn das Rechtsmittel begründet ist, die Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst auf und entscheidet den Rechtsstreit selbst. Das Gericht verweist jedoch die Sache zur Entscheidung an das Gericht für den öffentlichen Dienst zurück, wenn der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif ist.

164    Im vorliegenden Fall verfügt das Gericht über alle erforderlichen Angaben, um über die Klage im ersten Rechtszug zu entscheiden.

165    Angesichts der Tatsache, dass dem Rechtsmittel nur teilweise stattgegeben wird und dass das angefochtene Urteil nur so weit aufgehoben wird, als es mit dem oben in den Rn. 140 bis 147 beschriebenen Rechtsfehler behaftet ist, ist festzustellen, dass die anderen Ausführungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst, die nicht mit diesem Fehler behaftet sind, bestandskräftig geworden sind. Das Gericht hat daher nur den von der Rechtsmittelführerin in der Rechtssache F‑48/10 geltend gemachten Klagegrund der Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses und der Rechtswidrigkeit von Art. 4 des Beschlusses vom 4. Mai 2004 zu prüfen.

166    Die Rechtsmittelführerin machte vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst geltend, dass der Beschwerdeausschuss, der zur Entscheidung ihrer Beschwerde gegen die Disziplinarstrafe vom 10. Juli 2009 zuständig und aus einem Richter des Gerichtshofs und zwei Generalanwälten zusammengesetzt gewesen sei, nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt gewesen sei. Hierzu machte sie erstens geltend, dass nach Art. 4 der Satzung des Gerichtshofs „[d]ie Richter … weder ein politisches Amt noch ein Amt in der Verwaltung ausüben [dürfen]“. Zweitens berief sie sich auf Art. 12 der Satzung des Gerichtshofs, aus dem hervorgehe, dass dem Gerichtshof Beamte und sonstige Bedienstete beigegeben seien, die „dem Kanzler unter Aufsicht des Präsidenten [unterstehen]“, so dass allein der Kanzler und der Präsident des Gerichtshofs als Anstellungsbehörde handeln dürften. Drittens trug sie vor, dass Art. 4 des Beschlusses vom 4. Mai 2004, der bestimme, dass „der Beschwerdeausschuss die der Anstellungsbehörde durch das Statut übertragenen Befugnisse ausübt“, was die Entscheidungen über die Beschwerden betreffe, Art. 2 Abs. 1 des Statuts – wonach jedes Organ bestimme, wer in seinem Dienstbereich die der Anstellungsbehörde im Statut übertragenen Befugnisse ausübe – in Verbindung mit den Art. 4 und 12 der Satzung des Gerichtshofs vereinbar sei. Im Übrigen erlaube die Satzung des Gerichtshofs weder dem Kanzler noch dem Präsidenten des Gerichtshofs, die ihnen anvertrauten Befugnisse der Anstellungsbehörde zu übertragen.

167    Zunächst ist festzustellen, dass sich die Rechtsmittelführerin damit begnügt, den Inhalt von Art. 4 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs zu wiederholen, wonach „[d]ie Richter … weder ein politisches Amt noch ein Amt in der Verwaltung ausüben [dürfen]“, und zu behaupten, dass, abgesehen vom Präsidenten des Gerichtshofs, die anderen Richter und Generalanwälte kein Amt in der Verwaltung ausüben und insbesondere als Anstellungsbehörde im Rahmen eines Beschwerdeausschusses handeln dürften. Eine rechtliche Argumentation zur Stützung dieser Behauptung wird nicht vorgebracht. Wie der Gerichtshof vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst ausgeführt hat, soll diese Bestimmung die Unabhängigkeit der Richter sowohl während als auch nach der Ausübung ihres Amtes gewährleisten, insbesondere gegenüber den Mitgliedstaaten oder den anderen Organen der Union. Die weiteren Absätze von Art. 4 der Satzung des Gerichtshofs lassen auch diese Sorge erkennen, die Unabhängigkeit der Richter zu wahren. Die Rechtsmittelführerin kann jedoch aus Art. 4 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs nicht ableiten, dass es unmöglich wäre, Aufgaben der internen Verwaltung eines Organs wahrzunehmen. Wie der Gerichtshof in seinen Schriftsätzen vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst zu Recht ausgeführt hat, schadet die Wahrnehmung von Aufgaben der internen Verwaltung eines Organs durch Richter nicht ihrer Unabhängigkeit und ermöglicht es, die Selbstverwaltung des Organs zu gewährleisten.

168    Zudem beschränkt sich die Rechtsmittelführerin auf die Behauptung, dass im Hinblick auf Art. 12 der Satzung des Gerichtshofs, der bestimme, dass die Beamten und sonstigen Bediensteten, die dem Gerichtshof beigegeben seien, „dem Kanzler unter Aufsicht des Präsidenten [unterstehen]“, allein der Kanzler und der Präsident des Gerichtshofs die durch das Statut der Anstellungsbehörde übertragenen Befugnisse ausüben dürften. Sie belegt auch nicht die Vereinbarkeit ihrer Auslegung von Art. 12 der Satzung des Gerichtshofs dahin, dass dem Kanzler und dem Präsidenten des Gerichtshofs die Ausübung der der Anstellungsbehörde übertragenen Befugnisse vorbehalten sei, mit Art. 2 Abs. 1 des Statuts, der vorsieht, dass jedes Organ bestimmt, wer in seinem Dienstbereich die der Anstellungsbehörde im Statut übertragenen Befugnisse ausübt. Sie beschränkt sich vielmehr auf die Behauptung, dass Art. 2 Abs. 1 des Statuts, was den Gerichtshof betreffe, nur in Verbindung mit den Art. 4 und 12 der Satzung des Gerichtshofs gelesen werden dürfe.

169    Unter diesen Umständen kann die Rechtsmittelführerin nicht mit Erfolg ohne jeden weiteren Beleg geltend machen, dass Art. 4 des Beschlusses vom 4. Mai 2004, wonach der Beschwerdeausschuss die durch das Statut der Anstellungsbehörde übertragenen Befugnisse ausübt, was die Entscheidungen über Beschwerden betrifft, nicht mit Art. 2 Abs. 1 des Statuts in Verbindung mit den Art. 4 und 12 der Satzung des Gerichtshofs vereinbar ist.

170    Daraus ergibt sich, dass der im ersten Rechtszug vorgebrachte Klagegrund der Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses und der Rechtswidrigkeit von Art. 4 des Beschlusses vom 4. Mai 2004, den die Rechtsmittelführerin in der Rechtssache F‑48/10 angeführt hat, zurückzuweisen ist. Demnach ist die Klage F‑48/10 insoweit abzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Rechtsmittelkammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Dritte Kammer), Z/Gerichtshof (F‑88/09 und F‑48/10, SlgÖD, EU:F:2012:171), wird aufgehoben, soweit es den in der Rechtssache F‑48/10 vorgebrachten Klagegrund der Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses und der Rechtswidrigkeit von Art. 4 des Beschlusses des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Mai 2004 über die Ausübung der Befugnisse, die der Anstellungsbehörde im Statut der Beamten der Europäischen Union und der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union übertragen sind, als ins Leere gehend zurückweist.

2.      Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

3.      Die Klage in der Rechtssache F‑48/10 wird abgewiesen, soweit sie sich auf den Klagegrund der Unzuständigkeit des Beschwerdeausschusses und die Rechtswidrigkeit von Art. 4 des Beschlusses des Gerichtshofs vom 4. Mai 2004 über die Ausübung der Befugnisse, die der Anstellungsbehörde im Statut der Beamten der Europäischen Union und der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union übertragen sind, stützt.

4.      Was die im vorliegenden Rechtszug entstandenen Kosten betrifft, trägt Z drei Viertel der dem Gerichtshof entstandenen Kosten sowie drei Viertel ihrer eigenen Kosten und der Gerichtshof ein Viertel seiner eigenen Kosten sowie ein Viertel der Z entstandenen Kosten.

Jaeger

Kanninen

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Juni 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.


1 – Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.