Language of document : ECLI:EU:C:2017:690

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 14. September 2017(1)

Rechtssache C‑627/15

Dumitru Gavrilescu,

Liana Gavrilescu

gegen

SC Banca Transilvania SA, ehemals SC Volksbank România SA,

SC Volksbank România SA – sucursala Câmpulung

(Vorabentscheidungsersuchen der Judecătoria Câmpulung [Gericht erster Instanz Câmpulung, Rumänien])

„Zuständigkeit des Gerichtshofs – Vorliegen eines beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits – Nationale Bestimmungen, die die Rücknahme einer Klage nach Anrufung des Gerichtshofs im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens zulassen – Nationale Bestimmungen, die einem Rechtsmittelgericht gestatten, einen erstinstanzlichen Aussetzungsbeschluss in einer beim Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens anhängigen Rechtssache zu überprüfen – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG – Fremdwährungskreditverträge – Von der Beurteilung der Missbräuchlichkeit ausgenommene Klauseln“






1.        Herr Dumitru und Frau Liana Gavrilescu (im Folgenden: Herr und Frau Gavrilescu) schlossen in Rumänien mit der SC Volksbank România SA (im Folgenden: Volksbank oder Bank) einen auf Schweizer Franken [CHF] lautenden Kreditvertrag, der in dieser Währung zurückzuzahlen war. Während der Laufzeit des Kredits erfuhr die lokale Währung (Lei) jedoch einen erheblichen Wertverlust gegenüber dem Schweizer Franken. Dies wirkte sich ungünstig auf die Höhe der monatlichen Raten aus, die Herr und Frau Gavrilescu der Bank zurückzuzahlen hatten, da sie ihr Einkommen in Lei erhielten.

2.        Herr und Frau Gavrilescu entschlossen sich, bei der Judecătoria Câmpulung (Gericht erster Instanz Câmpulung, Rumänien) Klage gegen die Volksbank zu erheben, und machten insbesondere die Missbräuchlichkeit der Klauseln geltend, die die Rückzahlung des Kredits in der ausländischen Währung regelten. Sie müssten deshalb die Risiken tragen, die sich aus möglichen Schwankungen der Wechselkurse ergäben.

3.        Im Rahmen dieses Verfahrens hat das angerufene Gericht beschlossen, dem Gerichtshof eine Reihe von Fragen zur Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG(2) vorzulegen. Inzwischen haben sich Herr und Frau Gavrilescu mit der Volksbank gütlich geeinigt und beschlossen, die Klage beim vorlegenden Gericht gemäß den anwendbaren nationalen Vorschriften zurückzunehmen.

4.        Das vorlegende Gericht hat dem Gerichtshof mitgeteilt, dass es trotz der Klagerücknahme zum einen seine Fragen aufrechterhalten und zum anderen dem Gerichtshof zwei zusätzliche Fragen nach dem Umfang der Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV vorlegen wolle.

5.        Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof somit die Gelegenheit zur Fortentwicklung seiner Rechtsprechung zu dem nach Art. 267 AEUV bestehenden Erfordernis, dass seine Entscheidung über die Vorlagefragen zum Erlass des Urteils des vorlegenden Gerichts im Ausgangsverfahren erforderlich ist.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

6.        Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 lautet:

„Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.“

7.        Art. 4 der Richtlinie 93/13 sieht vor:

„(1)       Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.

(2)       Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“

B.      Rumänisches Recht

1.      Gesetz Nr. 193/2000

8.        Die Legea nr. 193/2000 privind clauzele abuzive din contractele încheiate între comercianţi şi consumatori (Gesetz Nr. 193/2000 über missbräuchliche Klauseln in zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern geschlossenen Verträgen) vom 10. November 2000 in neu veröffentlichter Fassung(3) (im Folgenden: Gesetz Nr. 193/2000) dient der Umsetzung der Richtlinie 93/13.

2.      Zivilprozessordnung

9.        Art. 406 des Codul de procedură civilă (rumänische Zivilprozessordnung) sieht vor:

„(1)      Der Kläger kann die Klage jederzeit ganz oder teilweise sowohl mündlich in der mündlichen Verhandlung als auch schriftlich zurücknehmen.

(2)      Die Rücknahme ist persönlich oder durch einen Bevollmächtigten mit einer Spezialvollmacht zu erklären.

(3)       Erfolgt die Rücknahme nach Zustellung der Klageschrift, verurteilt das Gericht den Kläger auf Antrag des Beklagten zur Tragung der diesem entstandenen Kosten.

(4)      Erklärt der Kläger die Rücknahme der Klage im ersten Termin, zu dem die Parteien ordnungsgemäß geladen worden sind, oder danach, so ist sie nur mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Einwilligung der anderen Partei möglich. Ist der Beklagte in dem Termin, in dem der Kläger die Rücknahme der Klage erklärt, nicht anwesend, so räumt das Gericht dem Beklagten eine Frist ein, innerhalb deren er seinen Standpunkt zu der Rücknahme äußern kann. Erfolgt innerhalb der eingeräumten Frist keine Antwort, so gilt dies als stillschweigende Einwilligung in die Rücknahme …“

10.      Art. 414 der Zivilprozessordnung sieht vor:

„(1)       Die Aussetzung des Verfahrens erfolgt durch Beschluss, gegen den ein gesondertes Rechtsmittel vor einem höheren Gericht eingelegt werden kann …

(2)       Während das Verfahren ausgesetzt ist, kann das Rechtsmittel sowohl gegen den Beschluss eingelegt werden, der die Aussetzung des Verfahrens anordnet, als auch gegen den Beschluss, mit dem ein Antrag auf Fortführung des Verfahrens abgelehnt wird.“

II.    Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

11.      Wie sich aus dem vom vorlegenden Gericht dargelegten Sachverhalt des Ausgangsverfahrens ergibt, schlossen Herr und Frau Gavrilescu am 5. September 2008 mit der Volksbank einen Kreditvertrag über den Betrag von 45 000 Schweizer Franken (CHF). Die Laufzeit des Kredits beträgt 276 Monate und der jährliche Zins 3,99 %. Der Vertrag wurde später durch die Nachträge Nr. 1 vom 20. August 2010 und Nr. 2 vom 25. Juni 2013 geändert.

12.      Der Kreditvertrag sieht vor, dass Zahlungen grundsätzlich in der Währung des Kredits zu leisten sind. Dem vorlegenden Gericht zufolge sind gemäß den Kreditbedingungen Kursunterschiede allein vom Kreditnehmer zu tragen.

13.      Nr. 4.2 der Allgemeinen Bedingungen sieht vor, dass der Kreditnehmer akzeptiert, dass in dem Fall, dass der Wechselkurs für die Kreditwährung während der Kreditabwicklung um mehr als 10 % gegenüber dem Kurs zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags steigt, die Bank zur Vermeidung eines weiter gehenden Währungsrisikos berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, den gewährten Kredit einseitig auf Lei (RON) umzustellen, indem sie hierzu den zum Umstellungszeitpunkt geltenden CHF/RON-Wechselkurs heranzieht. Dadurch wird der Wert des Kredits von diesem Zeitpunkt an in Lei dargestellt, wie er sich nach der Umstellung ergibt. In diesem Zusammenhang verpflichteten sich die Kreditnehmer ebenfalls, sämtliche durch die Umstellung entstehenden Kosten zu tragen.

14.      Nach Nr. 4.3 der Allgemeinen Bedingungen kann der Kreditnehmer während der Laufzeit des Kredits bei der Bank eine Umstellung auf Lei beantragen; die Bank ist jedoch nicht verpflichtet, dem Antrag nachzukommen.

15.      Nach Ansicht von Herrn und Frau Gavrilescu sind die Klauseln, nach denen der Kredit in Schweizer Franken zurückzuzahlen war und das Wechselkursrisiko auf die Kreditnehmer abgewälzt wurde, missbräuchlich; daher erhoben sie Klage gegen die Volksbank bei der Judecătoria Câmpulung (Gericht erster Instanz Câmpulung). Da dieses Gericht Zweifel bezüglich der richtigen Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 93/13 hat, hat es mit Beschluss vom 22. Oktober 2015 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass die Ausdrücke „Hauptgegenstand des Vertrags“ und „Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen“ eine Klausel in einem zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Fremdwährungskreditvertrag erfassen, die nicht individuell ausgehandelt wurde und nach der ausschließlich der Schuldner das „Währungsrisiko“ trägt, das in der möglichen negativen Auswirkung einer durch eine Schwankung der Wechselkurse verursachten Erhöhung der monatlichen Zahlungsverbindlichkeit besteht und das er infolge dessen tragen müsste, dass der Kredit in einer anderen Währung als der nationalen Währung Rumäniens vereinbart wurde und die Tilgungsbeträge aufgrund des Kreditvertrags in dieser anderen Währung zu leisten sind?

2.       Ist die Verpflichtung des Verbrauchers, bei der Tilgung des Kredits die Differenz zu tragen, die sich aus einem Anstieg des Wechselkurses bezüglich der Währung ergibt, in der der Kredit gewährt wurde (Schweizer Franken), nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 als ein Entgelt zu verstehen, dessen Angemessenheit in Bezug auf die erbrachte Dienstleistung bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit nicht geprüft werden kann?

3.       Kann in dem Fall, dass die vorstehende Frage dahin beantwortet wird, dass eine solche Klausel nicht von der Beurteilung der Missbräuchlichkeit ausgenommen ist, davon ausgegangen werden, dass die entsprechende Klausel den in der genannten Richtlinie aufgestellten Anforderungen an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz genügt und es dem Verbraucher ermöglicht, anhand klarer und verständlicher Kriterien die Folgen vorherzusehen, die sich für ihn daraus ergeben?

4.       Fällt eine Vertragsklausel wie die in Nr. 4.2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen enthaltene, wonach die Bank berechtigt ist, einen in Schweizer Franken gewährten Kredit in die nationale Währung umzuwandeln, wenn der Wechselkurs um mehr als 10 % gegenüber dem bei Abschluss des Vertrags geltenden Wechselkurs steigt, um damit eine weitere Erhöhung des Währungsrisikos zu vermeiden, ohne dass dem Verbraucher ein entsprechendes Recht zusteht, in den Schutzbereich der Richtlinie 93/13, oder ist sie von der Beurteilung der Missbräuchlichkeit ausgenommen?

16.      Mit Schreiben vom 18. März 2016 hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof mitgeteilt, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens die Rücknahme ihrer Klage beantragt hätten. Es habe deshalb Zweifel, ob eine nationale Bestimmung wie Art. 406 der rumänischen Zivilprozessordnung mit Art. 267 AEUV vereinbar sei. Vor diesem Hintergrund hat das vorlegende Gericht entschieden, dem Gerichtshof eine zusätzliche fünfte Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Steht Art. 267 AEUV, der nationalen Gerichten die Möglichkeit eröffnet, sich an den Gerichtshof zu wenden, einer Bestimmung wie der in Art. 406 der rumänischen Zivilprozessordnung entgegen, die es nicht ausdrücklich verbietet, eine Klage zurückzunehmen, nachdem der Gerichtshof angerufen worden ist, wodurch dem nationalen Gericht die Möglichkeit genommen wird, die behauptete Missbräuchlichkeit der Vertragsklauseln zu prüfen?

17.      Mit Beschluss vom 2. Juni 2016 hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof sodann mitgeteilt, dass im Rahmen eines von der Volksbank eingelegten Rechtsmittels gegen den Beschluss des Gerichts vom 22. Oktober 2015 das Tribunal Argeş (Landgericht Argeş, Rumänien) diesen Beschluss mit Entscheidung vom 17. März 2016 aufgehoben und die Rechtssache an das vorlegende Gericht zur Fortführung des Verfahrens zurückverwiesen habe.

18.      Nach meinem Verständnis rügt das Tribunal Argeş (Landgericht Argeş) mit dieser Entscheidung das vorlegende Gericht dafür, nach nationalem Recht aus dem von Herrn und Frau Gavrilescu gestellten Antrag auf Rücknahme der Klage nicht die richtigen Konsequenzen gezogen zu haben. Nach den nationalen Rechtsvorschriften habe das vorlegende Gericht das Verfahren einstellen müssen, wodurch das Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof hinfällig geworden wäre. Vor diesem Hintergrund hat das vorlegende Gericht beschlossen, dem Gerichtshof eine zusätzliche sechste Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Steht Art. 267 AEUV einer Bestimmung des nationalen Rechts wie Art. 414 der Zivilprozessordnung entgegen, der es dem Rechtsmittelgericht ermöglicht, einen Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens im Rahmen eines Rechtsmittels zu überprüfen, wenn das Tatsachengericht mit diesem Beschluss entschieden hat, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen?

19.      Die Volksbank, die polnische und die rumänische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Die Volksbank, die rumänische Regierung und die Kommission haben in der öffentlichen Sitzung vom 8. Juni 2017 auch mündliche Erklärungen abgegeben.

III. Analyse

20.      Zuerst einmal stimme ich der Volksbank, der rumänischen Regierung und der Kommission zu, dass diese Rechtssache größtenteils nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV fällt.

21.      Da jedoch die fünfte und die sechste Frage – die das vorlegende Gericht den ursprünglichen vier Fragen später hinzugefügt hat – gerade den Umfang der Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV betreffen, werde ich mich umgehend diesen Fragen zuwenden. Aus den Antworten auf diese Fragen wird deutlich werden, dass der Gerichtshof unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht – oder nicht mehr – befugt ist, eine Entscheidung bezüglich der Fragen 1 bis 4 zu treffen.

A.      Zur fünften und zur sechsten Frage

22.      Mit der fünften und der sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 267 AEUV erstens nationalen Verfahrensbestimmungen entgegensteht, die die Rücknahme einer Klage nach Vorlage an den Gerichtshof zulassen und so dem nationalen Gericht die Möglichkeit nehmen, ein Urteil zu der behaupteten Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu erlassen, und ob er zweitens nationalen Verfahrensbestimmungen entgegensteht, die es einem Rechtsmittelgericht gestatten, einen Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens im Rahmen eines Rechtsmittels zu überprüfen, wenn das Tatsachengericht mit diesem Beschluss entschieden hat, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

23.      Im Wesentlichen soll mit diesen Fragen geklärt werden, ob die nationalen Bestimmungen, die das vorlegende Gericht verpflichten, das Ausgangsverfahren nach Rücknahme der Klage durch die Kläger einzustellen, mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Unter einem anderen Blickwinkel stellt sich die Frage, ob der Ausgangsrechtsstreit für die Zwecke von Art. 267 AEUV noch als schwebendes Verfahren angesehen werden kann.

1.      Die Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV

24.      Wie ich bereits in der Rechtssache Gullotta(4) ausführen konnte, sind die Rolle und die Funktionen des Gerichtshofs wie die der anderen Organe der Europäischen Union durch den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung geregelt. Art. 13 Abs. 2 EUV sieht insoweit vor: „Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren, Bedingungen und Zielen, die in den Verträgen festgelegt sind.“ Den Rahmen für die Zuständigkeit des Gerichtshofs bildet dementsprechend das durch die Verträge geschaffene System von Rechtsbehelfen, die nur dann zur Verfügung stehen, wenn die Voraussetzungen der maßgeblichen Bestimmungen erfüllt sind.

25.      Was das Vorabentscheidungsverfahren betrifft, knüpft Art. 267 AEUV die Zuständigkeit des Gerichtshofs ausdrücklich an mehrere Voraussetzungen. Insbesondere müssen die Vorlagefragen nach Art. 267 Abs. 1 AEUV Bestimmungen des Unionsrechts betreffen, hinsichtlich deren Auslegung oder Gültigkeit im Ausgangsverfahren Zweifel bestehen. Nach Art. 267 Abs. 2 AEUV muss es sich bei der vorlegenden Einrichtung um ein Gericht eines Mitgliedstaats handeln, und die Entscheidung der Vorlagefrage muss zum Erlass seines Urteils im Ausgangsverfahren erforderlich sein.

26.      Diese Voraussetzungen müssen nicht nur zu dem Zeitpunkt, zu dem der Gerichtshof vom nationalen Gericht angerufen wird, sondern während des gesamten Verfahrens vorliegen. Liegen die Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vor, muss sich der Gerichtshof für unzuständig erklären, und er kann dies zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens tun(5).

27.      Von zentraler Bedeutung im vorliegenden Verfahren ist die Voraussetzung, dass die Entscheidung des Gerichtshofs über die Vorlagefragen erforderlich ist, damit das vorlegende Gericht im Ausgangsverfahren ein Urteil erlassen kann. Diese Voraussetzung bedeutet insbesondere, dass beim vorlegenden Gericht ein echter Rechtsstreit anhängig sein und die Antwort des Gerichtshofs für dessen Entscheidung relevant sein muss. Tatsächlich folgt nach ständiger Rechtsprechung sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Aufbau von Art. 267 AEUV, dass ein nationales Gericht nicht ermächtigt ist, eine Sache im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens vor den Gerichtshof zu bringen, sofern nicht bei ihm tatsächlich ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem es eine Entscheidung erlassen muss, für die die Vorabentscheidung berücksichtigt werden kann(6).

28.      Der Grund hierfür ist, dass die dem Gerichtshof durch Art. 267 AEUV übertragene Aufgabe darin besteht, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen(7), indem er zur tatsächlichen Entscheidung eines Rechtsstreits betreffend Unionsrecht beiträgt, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben(8).

29.      Vor diesem Hintergrund werde ich die von der Judecătoria Câmpulung vorgelegten Fragen 5 und 6 eingehender prüfen.

2.      Nationale Bestimmungen, die die Rücknahme einer Klage nach Vorlage an den Gerichtshof zulassen

30.      Das vorlegende Gericht hat Zweifel geäußert, ob unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nationale Regelungen – wie Art. 406 der rumänischen Zivilprozessordnung –, die eine Klagerücknahme nach Vorlage an den Gerichtshof zulassen, mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Begründet wird dies damit, dass die Rücknahme der Klage bewirke, dass dem nationalen Gericht die Befugnis genommen werde, die behauptete Missbräuchlichkeit von Klauseln in Verbraucherverträgen zu prüfen.

31.      Diese Zweifel teile ich nicht. Wie ich im Folgenden darlegen werde, sehe ich keinen Grund, eine nationale Verfahrensbestimmung, die eine Klagerücknahme nach Vorlage an den Gerichtshof zulässt und die damit das Vorabentscheidungsersuchen gegenstandslos werden lässt, als mit Art. 267 AEUV unvereinbar anzusehen. Ganz im Gegenteil entspricht eine solche nationale Regelung gerade dem Geist von Art. 267 AEUV.

a)      Grundsätze der Privatautonomie und der ordnungsgemäßen Rechtspflege

32.      Zunächst ist zu beachten, dass Bestimmungen, die Klägern gestatten, ihre Klage teilweise oder insgesamt nicht weiterzuverfolgen oder zurückzunehmen, für eine ordnungsgemäße Rechtspflege – insbesondere in zivil- und handelsrechtlichen Sachen – unerlässlich sind. Solche Bestimmungen sind Ausdruck des Grundsatzes der Privatautonomie (in einigen Rechtsordnungen auch als Dispositionsmaxime bezeichnet): Ob und in welchem Umfang ein Rechtssubjekt seine Rechte vor Gericht geltend macht, hängt letztendlich von seinem Willen ab(9).

33.      Tatsächlich kann in vielen Verfahrensrechtsordnungen – einschließlich der Verfahren vor den Unionsgerichten(10) – die Befugnis, eine Klage zurückzunehmen, einseitig vom Kläger ausgeübt werden, und der Beklagte kann sich dem nicht widersetzen. Eine Verpflichtung (oder auch nur die Möglichkeit) für ein Gericht, das bei ihm anhängige Verfahren fortzuführen, wäre nicht sinnvoll. Es gibt keine Anträge, über die das Gericht zu entscheiden hätte. Tatsächlich würde das nur die Überlastung der Gerichte (ein häufiges Problem in vielen Rechtsordnungen) verschärfen und zu höheren öffentlichen Ausgaben führen.

34.      Eine „erzwungene“ Fortführung des Verfahrens könnte zudem die Parteien davon abhalten, sich gütlich zu einigen – ob nun gerichtlich oder außergerichtlich –, was in vielen Rechtsordnungen angestrebt wird(11). In diesem Zusammenhang weise ich auf Art. 147 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs hin, der, soweit nicht etwas anderes gilt, vorsieht: ,,Einigen sich die Parteien auf eine Lösung zur Beilegung des Rechtsstreits, bevor der Gerichtshof entschieden hat, und erklären sie gegenüber dem Gerichtshof, dass sie auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichten, so beschließt der Präsident durch Beschluss die Streichung der Rechtssache im Register und entscheidet gemäß Artikel 141 über die Kosten, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der insoweit von den Parteien gemachten Vorschläge.“

35.      Die vom vorlegenden Gericht vorgeschlagene Auslegung von Art. 267 AEUV ist mit den vorstehenden Grundsätzen nicht vereinbar.

b)      Hypothetische Fragen müssen nicht beantwortet werden

36.      Noch wichtiger ist, dass der Gerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung Vorabentscheidungsfragen, die zu einem Zeitpunkt vorgelegt werden, da das Verfahren vor dem vorlegenden Gericht bereits abgeschlossen ist, nicht beantworten kann(12). Derselbe Grundsatz gilt, wenn – obwohl das nationale Verfahren formal noch nicht erledigt ist – die vom Gerichtshof erbetene Auslegung des Unionsrechts keinen Nutzen mehr hätte, weil das Ausgangsverfahren de facto seinen Gegenstand verloren hat(13).

37.      So hat der Gerichtshof entschieden, dass bestimmte Vorlagefragen nicht beantwortet werden müssen, wenn trotz der Tatsache, dass das vorlegende Gericht sein Ersuchen nach Art. 267 AEUV nicht zurückgenommen hatte, die Forderungen des Klägers vollständig erfüllt worden waren(14). Der Gerichtshof hat außerdem anerkannt, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens das Vorabentscheidungsersuchen grundsätzlich gegenstandslos werden lassen kann, indem er die Klage beim vorlegenden Gericht einfach zurücknimmt(15).

38.      In all diesen Fällen waren die Vorlagefragen hypothetisch geworden, da die Unionsbestimmungen, um deren Auslegung das vorlegende Gericht ersucht hat, anschließend im Ausgangsverfahren nicht angewandt werden konnten. Der bloße Wunsch des vorlegenden Gerichts, eine oder mehrere Fragen trotz des Umstands aufrechtzuerhalten, dass das Ausgangsverfahren gegenstandslos geworden war, kann daran nichts ändern(16). Es bedarf kaum der Erwähnung, dass der Wunsch des vorlegenden Gerichts, sein Vorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten, nicht die Wirkung haben kann, die Zuständigkeit des Gerichtshofs über die in Art. 267 AEUV festgelegten Grenzen hinaus auszuweiten. Auch ist es unerheblich, ob eine Antwort des Gerichtshofs für das vorlegende Gericht (oder andere nationale Gerichte) von Nutzen sein kann im Kontext anderer anhängiger Verfahren mit ähnlichem Streitgegenstand(17) oder zukünftiger Rechtssachen, die möglicherweise mit dem Ausgangsverfahren im Zusammenhang stehen(18).

39.      Die Antwort des Gerichtshofs muss nämlich zweifelsfrei bindend sein(19), und zwar für eben das Verfahren, aus dem diese Fragen stammen(20). Die Antwort des Gerichtshofs auf ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV – auch wenn sie abstrakt formuliert ist – ist immer im tatsächlichen und rechtlichen Kontext des beim vorlegenden Gericht tatsächlich anhängigen Verfahrens verankert. Andere Rechtssachen können trotz Ähnlichkeit immer noch bestimmte Unterschiede aufweisen, die für die vom Gerichtshof zu gebenden Antworten relevant sein können.

40.      Aus diesem Grund führt der Gerichtshof in seinen „Empfehlungen an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen“ aus: „Hängt der Ausgang mehrerer beim vorlegenden Gericht anhängiger Rechtssachen von der Beantwortung der vorgelegten Fragen durch den Gerichtshof ab, so kann es angezeigt sein, dass das vorlegende Gericht diese Rechtssachen im Vorabentscheidungsersuchen miteinander verbindet, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, die vorgelegten Fragen trotz der etwaigen Rücknahme bezüglich einer oder mehrerer Rechtssachen zu beantworten.“(21)

c)      Folgen für das Verfahren vor dem Gerichtshof

41.      Die vom vorlegenden Gericht vorgeschlagene Auslegung von Art. 267 AEUV hätte außerdem einige erhebliche Folgen für das Verfahren vor dem Gerichtshof.

42.       Erstens ist zu erwarten, dass die Parteien des Ausgangsverfahrens oftmals keine Erklärungen beim Gerichtshof einreichen würden (sie hätten daran kein Interesse) oder dies nur tun würden, um mitzuteilen, dass das Ausgangsverfahren gegenstandslos geworden ist. Dies wird im vorliegenden Fall deutlich: Die Kläger des Ausgangsverfahrens (Herr und Frau Gavrilescu) haben weder schriftliche Erklärungen eingereicht, noch sind sie zur mündlichen Verhandlung erschienen, und die Beklagte des Ausgangsverfahrens (Volksbank Romania) hat mündliche und schriftliche Erklärungen abgegeben, die überwiegend die Zuständigkeit des Gerichtshofs betrafen. In einem solchen Fall würde der Gerichtshof eine Entscheidung zu den vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen inhaltlichen Fragen treffen, obwohl er die Argumente der Parteien des Ausgangsverfahrens zu diesen Fragen nur begrenzt oder gar nicht gehört hat. Es darf wohl gesagt werden, dass dies kein ideales Verfahren ist.

43.      Zweitens würden zudem die Parteien des Verfahrens, in dem das Urteil des Gerichtshofs (vom vorlegenden Gericht oder von anderen Gerichten) angewandt würde, im Wesentlichen der Möglichkeit beraubt, am Verfahren vor dem Gerichtshof teilzunehmen. Aus meiner Sicht wäre dies ein Missbrauch oder zumindest eine unorthodoxe Handhabung des in Art. 267 AEUV vorgesehenen Verfahrens. Solange dem Gerichtshof ein ähnlicher oder künftiger Fall nicht vorgelegt wird, sind diese Fälle – aus der Sicht des Gerichtshofs – nicht „reif“ für eine Entscheidung(22).

d)      Grundsatz der Verfahrensautonomie

44.      Die hier vorgeschlagene Auslegung von Art. 267 AEUV steht auch eher im Einklang mit dem Grundsatz der Verfahrensautonomie. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es, wenn einschlägige Unionsregeln fehlen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, Verfahrensbestimmungen zu erlassen, die die Rechte von Privatpersonen schützen sollen, vorausgesetzt allerdings, dass sie nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz)(23).

45.      In der vorliegenden Rechtssache halte ich beide Grundsätze für beachtet. Nach meinem Verständnis gilt Art. 406 der rumänischen Zivilprozessordnung unterschiedslos für Klagen, mit denen ein Verstoß gegen Unionsrecht, und für vergleichbare Klagen, mit denen ein Verstoß gegen innerstaatliches Recht geltend gemacht wird(24). Zudem lässt sich kaum sagen, dass diese Bestimmung die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert: Personen, die einen Verstoß gegen die Richtlinie 93/13 geltend machen, müssen lediglich das bereits begonnene Verfahren weiterführen, um ihre Ansprüche von den zuständigen nationalen Gerichten prüfen zu lassen.

46.      Der Gerichtshof hat zwar dem Grundsatz der Verfahrensautonomie eine Reihe von Schranken gesetzt, um die Rechte von Verbrauchern ausreichend zu schützen, da diese sich allgemein gegenüber den Gewerbetreibenden in einer Position der Unterlegenheit befinden(25). Diese Ausnahmen betrafen jedoch Fälle, in denen die nationalen Verfahrensbestimmungen im Rahmen der bestehenden gerichtlichen Verfahren den Schutz von Verbraucherrechten erschwerten. Dies lag insbesondere daran, dass der Verbraucher seine Rechte nicht kannte oder Schwierigkeiten hatte, sie durchzusetzen(26) (etwa, weil er nicht gehört worden war oder ihm die Berufung auf die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 verwehrt war oder weil es dem Richter nicht gestattet war, im Rahmen dieser Richtlinie aufkommende Fragen von Amts wegen zu prüfen)(27). Somit wurde mit dem positiven Handeln des nationalen Gerichts der Umstand „kompensiert“, dass der Verbraucher seine Rechte im Rahmen gerichtlicher Verfahren nicht angemessen ausüben konnte.

47.      Im vorliegenden Fall dagegen kannten Herr und Frau Gavrilescu die Verbrauchern von der Richtlinie 93/13 eingeräumten Rechte gut, da sie Klage erhoben, um ihre behaupteten Rechte aus dieser Richtlinie geltend zu machen. In der Folge haben sie jedoch bewusst die Entscheidung getroffen, die Klage zurückzunehmen, vermutlich, weil sie das Vergleichsangebot der Bank als zufriedenstellend betrachteten. Daher liegen im vorliegenden Fall keine Unkenntnis und keine Durchsetzungsprobleme auf Seiten des Verbrauchers vor, die durch ein positives Handeln des nationalen Gerichts zu „kompensieren“ wären.

48.      Darüber hinaus würde die aktive Intervention des nationalen Gerichts den eindeutigen Willen des Verbrauchers ignorieren und ins Gegenteil verkehren. Der Gerichtshof entscheidet aber in ständiger Rechtsprechung, dass das nationale Gericht in diesem Kontext nicht dem klaren Willen des betreffenden Verbrauchers zuwiderhandeln darf(28).

49.      In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Umstände im Ausgangsverfahren keineswegs ungewöhnlich oder anormal sind, denn häufig beabsichtigt der Kläger gerade, den Beklagten mit der Klage zu zwingen, seine Forderungen zu erfüllen, oder ihn zumindest dazu zu bewegen, in Verhandlungen über einen möglichen Vergleich einzutreten. Die Rücknahme einer Klage ist somit häufig darauf zurückzuführen, dass die Forderungen des Klägers im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung vollständig oder zufriedenstellend erfüllt wurden. Eine Rücknahme kann auch das Ergebnis einer vom Kläger im Licht der Erfolgsaussichten der Klage vorgenommenen Abwägung der Kosten der Rechtsverfolgung gegen den potenziellen Nutzen sein.

50.      Es ist klar, dass der Verbraucher im Verlauf des Verfahrens in manchen Fällen wird feststellen müssen, dass er in der Sache vermutlich vollständig oder ganz überwiegend unterliegen wird. Unter diesen Umständen drohte bei einer „erzwungenen“ Fortführung des Verfahrens – infolge der Weigerung des nationalen Gerichts, den Willen der Parteien zu berücksichtigen – ein widersinniger Effekt: Sollte der Verbraucher die Klage letztlich verlieren, wäre die Bank berechtigt, ihr ursprüngliches Angebot zurückzuziehen und möglicherweise ihre Rechtsverfolgungskosten vom Verbraucher erstattet zu verlangen (einschließlich der zusätzlichen Kosten, die mit der „erzwungenen“ Fortführung des Verfahrens entstanden sind).

51.      Ein solcher Fall könnte hier durchaus vorliegen. Aus den Akten ergibt sich nämlich keineswegs, dass die beiden Gruppen von Vertragsklauseln, deren Missbräuchlichkeit die Kläger des Ausgangsverfahrens behaupten, wirklich gegen die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 verstoßen. Was die Klauseln betrifft, nach denen der Kredit in derselben Währung zurückzuzahlen ist, in der er aufgenommen wurde, und somit die Verbraucher einem „Wechselkursrisiko“ ausgesetzt werden, deuten mehrere Faktoren darauf hin, dass diese Klauseln möglicherweise von einer Beurteilung der Missbräuchlichkeit ausgenommen sind, weil sie den „Hauptgegenstand des Vertrags“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 betreffen(29). Was zudem die Klausel betrifft, nach der die Bank berechtigt ist, den Kredit unter bestimmten Bedingungen auf die lokale Währung umzustellen, so ist – obwohl diese Klausel sehr wahrscheinlich nicht unter Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 fällt(30) – ihre potenzielle Missbräuchlichkeit dennoch alles andere als offenkundig(31).

52.      Da dem vorlegendem Gericht zufolge die Bank die Forderungen von Herrn und Frau Gavrilescu größtenteils im Rahmen eines Vergleichs akzeptiert hat, kann nur spekuliert werden, ob es aus ihrer Sicht sinnvoll gewesen wäre, das Gerichtsverfahren fortzuführen. Zwar ist es nicht Sache des Gerichtshofs, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, doch würde ein Tätigwerden des nationalen Gerichts von Amts wegen zweifellos in vielen Fällen dem Willen der Parteien zuwiderlaufen und letztlich das Ziel, die schwächere Partei zu schützen, statt sie zu schwächen, zu unterlaufen drohen.

53.      Somit läuft die vom vorlegenden Gericht vorgeschlagene Auslegung von Art. 267 AEUV nicht nur Wortlaut und Zweck dieser Bestimmung zuwider, sondern steht offenbar auch nicht im Einklang mit mehreren Grundsätzen des Unionsrechts. Statt das Ungleichgewicht zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden zu beseitigen, kann zudem ein positives Handeln des nationalen Gerichts – zumindest in einigen Fällen – den Interessen des Verbrauchers eher abträglich sein.

e)      Die vorliegende Rechtssache ist von der Rechtssache Matei zu unterscheiden

54.      Schließlich möchte ich nur darauf hinweisen, dass die vorliegende Rechtssache von der Rechtssache Matei(32) zu unterscheiden ist,einem Fall, der im Vorlagebeschluss mehrfach erwähnt wird. In jener Rechtssache teilte das vorlegende Gericht dem Gerichtshof mit, dass es trotz des Umstands, dass die Parteien einen Vergleich geschlossen hätten, diesen Vergleich nicht habe bestätigen können, da er mit dem nationalen Recht nicht im Einklang gestanden habe. Daher sei die Rechtssache als noch beim vorlegenden Gericht anhängig anzusehen. Dagegen hat der Kläger in der vorliegenden Rechtssache seine Klage im Einklang mit dem nationalen Recht zurückgenommen, wie das vorlegende Gericht in seinen Schreiben an den Gerichtshof bestätigt hat.

55.      Während sich ferner der von den Parteien in der Rechtssache Matei geschlossene Vergleich wohl in der Entscheidung des nationalen Gerichts kristallisiert hat (und somit rechtskräftig werden konnte), können Herr und Frau Gavrilescu in der vorliegenden Rechtssache ein neues Verfahren einleiten, sollten sie der Auffassung sein, dass die mit der Volksbank im Rahmen des Vergleichs vereinbarten Bedingungen gegen die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 verstoßen.

f)      Zwischenergebnis

56.      Vor diesem Hintergrund liegen dem Gerichtshof offenbar keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Vereinbarkeit einer nationalen Verfahrensbestimmung wie der in Rede stehenden mit dem Unionsrecht vor. In Anbetracht dessen bin ich der Auffassung, dass Art. 267 AEUV nationalen Verfahrensbestimmungen, nach der die Rücknahme einer Klage zulässig ist, nachdem der Gerichtshof angerufen worden ist, nicht entgegensteht, auch wenn dadurch dem nationalen Gericht die Möglichkeit genommen wird, über die behauptete Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu entscheiden.

57.      Die vorgeschlagene Antwort auf die fünfte Vorlagefrage reicht aus, um den vorliegenden Fall abzuschließen: Da beim vorlegenden Gericht kein Rechtsstreit mehr anhängig ist, müssen die weiteren von diesem Gericht vorgelegten Fragen nicht beantwortet werden. Da jedoch die sechste Frage eng mit der fünften Frage zusammenhängt, werde ich mich nun aus Gründen der Vollständigkeit mit dem durch diese Frage aufgeworfenen Problem befassen.

3.      Nationale Bestimmungen, die einem Rechtsmittelgericht gestatten, einen Aussetzungsbeschluss zu überprüfen

58.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs schließt Art. 267 AEUV nicht aus, dass gegen die Entscheidungen eines Gerichts, dessen Entscheidungen mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können und das den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht hat, weiter die normalen Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts gegeben sind, die es einem höherrangigen Gericht erlauben, den Rechtsstreit, der Gegenstand der Vorlage zur Vorabentscheidung war, selbst zu entscheiden und damit die Verantwortung für die Wahrung des Unionsrechts zu übernehmen(33).

59.      Im Einklang mit diesem Grundsatz hat der Gerichtshof bereits entschieden – etwa im Urteil Pohotovosť(34) und im Urteil BNP Paribas Personal Finance und Facet(35) –, dass ein Verfahren gegenstandslos werden kann, wenn ein Rechtsmittelgericht nach den anwendbaren Bestimmungen des nationalen Verfahrensrechts entscheidet, dass die Weigerung des vorlegenden Gerichts, der Antragsrücknahme durch die Vollstreckungsgläubigerin des Ausgangsverfahrens Folge zu leisten, aufzuheben und anzuordnen ist, dass das von diesem vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen zurückgezogen wird.

60.      Auch wenn die Formulierung im Urteil Pohotovost’(36) dem Gerichtshof auf den ersten Blick einen gewissen Ermessensspielraum einzuräumen scheint, in einer derartigen Situation dennoch zu beschließen, das Verfahren fortzuführen, wäre dies offenkundig ein irriges Verständnis dieses Urteils.

61.      Der Spielraum, den der Gerichtshof in diesem Kontext hat – und auf den im Urteil Pohotovost’ hingewiesen wird –, kann lediglich die Beurteilung von Bedeutung, Gewicht und Glaubwürdigkeit der Informationen betreffen, die der Gerichtshof möglicherweise von den Parteien oder von anderen Gerichten als dem vorlegenden Gericht erhält, da das Ausgangsverfahren abgeschlossen oder gegenstandslos geworden ist.

62.      In der Tat liegt, was die Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV betrifft, eine „Entweder-oder-Situation“ vor: Entweder räumt der Vertrag dem Gerichtshof die Befugnis (und die Verpflichtung) ein, die Rechtssache zu entscheiden, oder er räumt sie ihm nicht ein. Einerseits ist der Gerichtshof, sofern er zuständig und die Vorlage zulässig ist, verpflichtet, sich mit allen ihm nach Art. 267 AEUV vorgelegten Rechtssachen zu befassen(37). Andererseits kann der Gerichtshof nicht entscheiden, die Rechtssache zu behandeln, wenn sie nicht in seine Zuständigkeit fällt.

63.      Somit ist der Gerichtshof verpflichtet, seine Zuständigkeit zu verneinen, wenn die ihm vorliegenden Informationen eindeutig zeigen, dass das Ausgangsverfahren gegenstandslos geworden ist. Genau dies ist der Fall im vorliegenden Verfahren, da das vorlegende Gericht dem Gerichtshof selbst mitgeteilt hat, dass die Kläger die Klage – im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften – zurückgenommen haben.

64.      Zu betonen ist, dass das Rechtsmittelgericht den Aussetzungsbeschluss des vorlegenden Gerichts deshalb gerügt hat, weil sich dieses geweigert hat, die Konsequenzen aus der Rücknahme der Klage durch die Kläger zu ziehen. Die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts betraf – wie die rumänische Regierung hervorgehoben hat – nicht die Aspekte dieses Beschlusses, die sich auf das Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV bezogen.

65.      Die Situation im Ausgangsverfahren ist vergleichbar mit der vom Gerichtshof etwa in den Rechtssachen Nationale Loterij(38) sowie Cloet und Cloet(39) geprüften: Das Rechtsmittelgericht hat die in Rede stehende nationale Regelung so ausgelegt und angewandt, dass es lediglich den Rechtsstreit als solchen anhand von Rechtsvorschriften entschieden hat, die keine Auslegung des Unionsrechts bedingen. Anders als in der Rechtssache Cartesio(40) wurde die in Rede stehende nationale Verfahrensbestimmung nicht so ausgelegt oder angewandt, dass dem vorlegenden Gericht die Möglichkeit genommen wurde, eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.

66.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass Art. 267 AEUV nationalen Verfahrensbestimmungen nicht entgegensteht, die einem Rechtsmittelgericht im Rahmen eines Rechtsmittels gestatten, einen Aussetzungsbeschluss zu überprüfen, damit festgestellt wird, ob die Sache noch anhängig ist, auch wenn das vorinstanzliche Gericht mit dem Beschluss entschieden hat, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

4.      Abschließende Bemerkungen

67.      Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof vor, die fünfte und die sechste Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass Art. 267 AEUV nationalen Verfahrensbestimmungen, die die Rücknahme einer Klage nach Vorlage an den Gerichtshof zulassen, nicht entgegensteht, auch wenn dadurch dem nationalen Gericht die Möglichkeit genommen wird, über die behauptete Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu entscheiden. Diese Bestimmung steht auch nicht nationalen Verfahrensbestimmungen entgegen, die es einem Rechtsmittelgericht im Rahmen eines Rechtsmittels gestatten, einen Aussetzungsbeschluss zu überprüfen, damit festgestellt wird, ob die Rechtssache noch anhängig ist, auch wenn das vorinstanzliche Gericht mit dem Beschluss entschieden hat, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

68.      Daraus folgt, dass der Gerichtshof für die Beantwortung der Fragen 1 bis 4 nicht mehr zuständig ist. Da die nationalen Bestimmungen, nach denen die Rücknahme der Klage erlaubt ist, nicht gegen das Unionsrecht verstoßen, liegt ein schwebendes Verfahren beim vorlegenden Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV nicht mehr vor. Folglich sind diese Fragen hypothetisch geworden. Dementsprechend schlage ich dem Gerichtshof vor, gemäß Art. 100 Abs. 2 der Verfahrensordnung festzustellen, dass die Beantwortung der ersten, der zweiten, der dritten und der vierten Frage nicht erforderlich ist.

IV.    Ergebnis

69.      Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof vor, die von der Judecătoria Câmpulung (Gericht erster Instanz Câmpulung, Rumänien) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

–        Art. 267 AEUV steht nationalen Verfahrensbestimmungen nicht entgegen, die die Rücknahme einer Klage nach Vorlage an den Gerichtshof zulassen, auch wenn dadurch dem nationalen Gericht die Möglichkeit genommen wird, über die behauptete Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu entscheiden.

–        Art. 267 AEUV steht nationalen Verfahrensbestimmungen nicht entgegen, die einem Rechtsmittelgericht im Rahmen eines Rechtsmittels gestatten, einen Aussetzungsbeschluss zu überprüfen, damit festgestellt wird, ob die Sache noch anhängig ist, auch wenn das vorinstanzliche Gericht mit dem Beschluss entschieden hat, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Richtlinie des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).


3      Letzte Veröffentlichung in Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 543 vom 3. August 2012.


4      Schlussanträge in der Rechtssache Gullotta und Farmacia di Gullotta Davide & C. (C‑497/12, EU:C:2015:168, Nrn. 16 bis 19 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


5      Vgl. Art. 100 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.


6      Vgl. insbesondere Beschluss vom 5. Juni 2014, Antonio Gramsci Shipping u. a. (C‑350/13, EU:C:2014:1516, Rn. 10 und die dort angeführte Rechtsprechung).


7      Vgl. unter vielen Urteil vom 15. September 2011, Unió de Pagesos de Catalunya (C‑197/10, EU:C:2011:590, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8      Vgl. u. a. Urteil vom 27. Februar 2014, Pohotovosť (C‑470/12, EU:C:2014:101, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).


9      Vgl. jüngst Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache British Airways/Kommission (C‑122/16 P, EU:C:2017:406, Nrn. 84 und 85 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Allgemein zur Bedeutung dieses Grundsatzes vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Belov (C‑394/11, EU:C:2012:585, Nr. 45, Fn. 39): „Die Dispositionsmaxime, nach der die Einleitung, Beendigung und Ausgestaltung eines Verfahrens in den Händen der Parteien liegt, gilt in vielen mitgliedstaatlichen (Zivil‑)Verfahrensordnungen und ermöglicht es den Parteien beispielsweise, einen Rechtsstreit unter Verzicht auf ein Urteil durch Vergleich zu beenden.“


10      Vgl. insbesondere Art. 148 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs. In Bezug auf Anträge vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 19. März 1996 in der Rechtssache Kommission/Griechenland (C‑120/94, EU:C:1996:116, Rn. 5 bis 13).


11      Die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) sehen – um nur ein Beispiel zu nennen – vor: „Eine für die Streitparteien beiderseits akzeptable und mit den [WTO-]Übereinkommen übereinstimmende Lösung ist [dem Vorbringen eines Falles nach dem Streitbeilegungsmechanismus) eindeutig vorzuziehen“ (vgl. Art. 3.7 der Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten; Hervorhebung nur hier).


12      Vgl. insbesondere Urteile vom 21. April 1988, Pardini (338/85, EU:C:1988:194, Rn. 10 und 11), und vom 16. Juli 1992, Lourenço Dias (C‑343/90, EU:C:1992:327, Rn. 18).


13      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 1995, Zabala Erasun u. a. (C‑422/93 bis C‑424/93, EU:C:1995:183, Rn. 30).


14      Vgl. Urteile vom 12. März 1998, Djabali (C‑314/96, EU:C:1998:104, Rn. 15 bis 23), und vom 20. Januar 2005, García Blanco (C‑225/02, EU:C:2005:34, Rn. 29 bis 32).


15      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2001 (TNT Traco, C‑340/99, EU:C:2001:281, Rn. 34).


16      Vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 10. Juni 2011, Mohammad Imran (C‑155/11 PPU, EU:C:2011:387, Rn. 16 bis 22), und vom 22. Oktober 2012, Šujetová (C‑252/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:653, Rn. 10 ff.).


17      Vgl. Urteil vom 20. Januar 2005, García Blanco (C‑225/02, EU:C:2005:34, Rn. 22 bis 24 und 30 bis 32). Vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in dieser Rechtssache (EU:C:2004:669, Nr. 34).


18      Vgl. insbesondere Beschluss vom 10. Juni 2011, Mohammad Imran (C‑155/11 PPU, EU:C:2011:387, Rn. 19 und 20).


19      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 12 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2014, Da Silva (C‑189/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2043, Rn. 34).


21      Nr. 25 (Hervorhebung nur hier) (ABl. 2016, C 439, S. 1).


22      Ich verwende hier einen im US-amerikanischen Recht gängigen Begriff. Wie der US Court of Appeal for the Second Circuit (US-Bundesgericht für den zweiten Gerichtsbezirk) in einem Urteil ausführte, ist „constitutional ripeness“ „eine Doktrin, die … die Befugnisse der Gerichte begrenzt. Sie hindert die Gerichte daran, das Recht in einem Vakuum auszulegen und abstrakte Rechtsregeln zu schaffen, sofern nicht die Entscheidung eines tatsächlichen Rechtsstreits dies erfordert. … ‚Prudential ripeness‘ ist [demgegenüber] ein Werkzeug, das die Gerichte einsetzen können, um die Genauigkeit ihrer Entscheidungen zu erhöhen und zu vermeiden, sich zu Entscheidungen verleiten zu lassen, die sich später möglicherweise als unnötig herausstellen oder die eine verfrühte Prüfung insbesondere verfassungsrechtlicher Fragen erfordern, die sich möglicherweise mit der Zeit leichter oder weniger kontrovers behandeln lassen“ (vgl. Simmonds v. Immigration and Naturalization Service, 326 F.3d 351, 357 [2d Cir. 2003]). Nach meiner Ansicht gelten diese Überlegungen im vorliegenden Kontext entsprechend.


23      Vgl. unter vielen Urteil vom 17. März 2016, Bensada Benallal (C‑161/15, EU:C:2016:175, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Vgl. entsprechend Urteil vom 20. Oktober 2016, Danqua (C‑429/15, EU:C:2016:789, Rn. 30).


25      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a. (C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 56).


26      Vgl. Urteil vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C‑168/05, EU:C:2006:675, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27      Vgl. etwa Urteile vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164), vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349), und vom 9. November 2010, VB Pénzügyi Lízing (C‑137/08, EU:C:2010:659).


28      Vgl. u. a. Urteile vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 33 und Tenor), und vom 21. Februar 2013, Banif Plus Bank (C‑472/11, EU:C:2013:88, Rn. 35). Vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Duarte Hueros (C‑32/12, EU:C:2013:128, Nr. 53) und Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar in den verbundenen Rechtssachen Sales Sinués und Drame Ba (C‑381/14 und C‑385/14, EU:C:2016:15, Nrn. 69 und 70).


29      Zu dieser Frage vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Andriciuc u. a. (C‑186/16, EU:C:2017:313, Nrn. 34 bis 59).


30      Erstens würde eine Klausel wie die in Rede stehende nicht den Kern der Vertragsbeziehung zwischen der Bank und dem Verbraucher betreffen, sondern vielmehr einen zweitrangigen Aspekt dieser Beziehung. Diese Klausel scheint tatsächlich in der allgemeinen Systematik des Vertrags eine untergeordnete Rolle zu spielen: Sie verleiht dem Kreditgeber lediglich die Befugnis, den Kreditbetrag von einer Währung auf eine andere umzustellen. Auch ist die Klausel offenbar vom Rest des Vertrags abtrennbar: Gäbe es sie nicht, blieben die wesentlichen Züge des Kreditvertrags unverändert. Zweitens hängt diese Klausel offenbar nicht mit dem angemessenen Verhältnis zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, zusammen. Sie sieht keine Dienstleistung vor, die von der Bank als Gegenleistung für die vom Verbraucher eingegangene Verpflichtung zu erbringen wäre. Die der Bank eingeräumte Befugnis – die die Bank einseitig nach ihrem Ermessen ausüben kann und die keine Entsprechung auf Seiten des Verbrauchers hat – kann daher kein „Entgelt“ darstellen, dessen Angemessenheit als Gegenleistung für die vom Kreditgeber erbrachte Dienstleistung beurteilt werden könnte. Zu diesen Fragen vgl. allgemein Urteile vom 30. April 2014, Kásler und Káslerné Rábai (C‑26/13, EU:C:2014:282, Rn. 36 bis 59), und vom 23. April 2015, Van Hove (C‑96/14, EU:C:2015:262, Rn. 33 bis 39).


31      In dieser Hinsicht müsste das vorlegende Gericht u. a. feststellen, ob das mögliche durch diese Klausel geschaffene Ungleichgewicht zwischen den Parteien gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 „zum Nachteil des Verbrauchers“ geht. Dies ist nicht offenkundig: Das im vorliegenden Fall in Nr. 4.2 der Allgemeinen Kreditbedingungen angegebene Ziel war die „Vermeidung eines weiter gehenden Währungsrisikos“. Dementsprechend besteht der Effekt dieser Klausel zumindest indirekt auch darin, den Verbraucher zu schützen. Es ist wohl auch im Interesse der Bank, dass der Verbraucher im Fall einer erheblichen Abwertung der lokalen Währung gegenüber der Fremdwährung, auf die der Kredit ursprünglich lautete, nicht in Zahlungsverzug gerät.


32      Urteil vom 26. Februar 2015, Matei (C‑143/13, EU:C:2015:127, Rn. 37 bis 42).


33      Vgl. Urteil vom 9. September 2015, X und van Dijk (C‑72/14 und C‑197/14, EU:C:2015:564, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).


34      Urteil vom 27. Februar 2014, Pohotovosť (C‑470/12, EU:C:2014:101, Rn. 33).


35      Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 25. September 2013, BNP Paribas Personal Finance und Facet(C‑564/12, EU:C:2013:642).


36      Rn. 33 des Urteils lautet: „Nur wenn das für den Rechtsbehelf zuständige Gericht nach den anwendbaren Bestimmungen des nationalen Verfahrensrechts entscheiden würde, dass die Weigerung des vorlegenden Gerichts, der Antragsrücknahme der Vollstreckungsgläubigerin des Ausgangsverfahrens Folge zu leisten, aufzuheben und anzuordnen ist, dass das von ihm vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen zurückgezogen wird, könnte der Gerichtshof in Betracht ziehen, die Konsequenzen aus dieser Entscheidung zu ziehen und die Streichung der Rechtssache in seinem Register anzuordnen, nachdem er gegebenenfalls die Stellungnahme des vorlegenden Gerichts hierzu eingeholt hat“ (Hervorhebung nur hier).


37      Vgl. Urteile vom 19. Dezember 1968, De Cicco (19/68, EU:C:1968:56, S. 478), und vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 29).


38      Urteil vom 15. Dezember 2016, Nationale Loterij (C‑667/15, EU:C:2016:958).


39      Beschluss vom 4. Juni 2009, Cloet und Cloet (C‑129/08, EU:C:2009:347).


40      Urteil vom 16. Dezember 2008, Cartesio (C‑210/06, EU:C:2008:723).