Language of document : ECLI:EU:T:2022:311

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

1. Juni 2022(*)

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Bei Ausfall oder wahrscheinlichem Ausfall eines Unternehmens anwendbares Abwicklungsverfahren – Festlegung eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español durch den SRB – Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlung – Zulässigkeit – Anspruch auf rechtliches Gehör – Eigentumsrecht – Begründungspflicht – Art. 18, 20 und 24 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014“

In der Rechtssache T‑481/17,

Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno mit Sitz in Madrid (Spanien),

Stiftung für Forschung und Lehre (SFL) mit Sitz in Zürich (Schweiz),

vertreten durch R. C. Pelayo Jiménez, A. Muñoz Aranguren und R. Pelayo Torrent, Rechtsanwälte,

Klägerinnen,

gegen

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), vertreten durch J. King und M. S. Fernández Rupérez als Bevollmächtigte im Beistand von B. Meyring, S. Schelo, F. B. Fernández de Trocóniz Robles, T. Klupsch und S. Ianc, Rechtsanwälte,

Beklagter,

unterstützt durch

Königreich Spanien, vertreten durch S. Centeno Huerta, L. Aguilera Ruiz, S. Jiménez García und J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigte,

durch

Europäisches Parlament, vertreten durch P. López-Carceller, M. Martínez Iglesias, L. Visaggio, J. Etienne, M. Menegatti und M. Sammut als Bevollmächtigte,

durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A. de Gregorio Merino, J. Bauerschmidt, A. Westerhof Löfflerová und H. Marcos Fraile als Bevollmächtigte,

durch

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn und A. Steiblytė als Bevollmächtigte

und durch

Banco Santander, SA mit Sitz in Santander (Spanien), vertreten durch J. Rodríguez Cárcamo, A. M. Rodríguez Conde, D. Sarmiento Ramírez-Escudero und J. Remón Peñalver, Rechtsanwälte,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung nach Art. 263 AEUV des Beschlusses SRB/EES/2017/08 der Präsidiumssitzung des SRB vom 7. Juni 2017 über ein Abwicklungskonzept für die Banco Popular Español, SA

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richter M. Jaeger, V. Kreuschitz und G. De Baere (Berichterstatter) sowie der Richterin G. Steinfatt,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2021

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Nach der Finanzkrise von 2008 wurde beschlossen, eine Bankenunion innerhalb der Europäischen Union zu schaffen, die auf ein umfassendes und detailliertes einheitliches Regelwerk für Finanzdienstleistungen im Binnenmarkt als Ganzes gestützt ist und einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus sowie neue Rahmenbedingungen für die Einlagensicherung und die Abwicklung von Kreditinstituten umfasst.

2        Der erste Schritt zur Schaffung der Bankenunion bestand in der Einrichtung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. 2013, L 287, S. 63). Dem zwölften Erwägungsgrund dieser Verordnung zufolge sollte der SSM sicherstellen, dass die Politik der Union hinsichtlich der Beaufsichtigung von Kreditinstituten kohärent und wirksam umgesetzt wird, dass das einheitliche Regelwerk für Finanzdienstleistungen auf die Kreditinstitute in allen betroffenen Mitgliedstaaten in der gleichen Weise angewandt wird und dass bei der Beaufsichtigung dieser Kreditinstitute höchste, von nicht aufsichtsrechtlichen Überlegungen unbeeinflusste Standards Anwendung finden. Zu diesem Zweck wurden der Europäischen Zentralbank (EZB) mit der Verordnung Nr. 1024/2013 besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute übertragen, um zur Sicherheit und Solidität von Kreditinstituten und zur Stabilität des Finanzsystems in der Union und in jedem einzelnen Mitgliedstaat beizutragen.

3        Im Anschluss daran wurde die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) erlassen. In ihrem ersten Erwägungsgrund heißt es:

„Die Finanzkrise hat gezeigt, dass es auf der Ebene der Union eindeutig an angemessenen Instrumenten für den wirksamen Umgang mit unsoliden oder ausfallenden Kreditinstituten und Wertpapierfirmen … mangelt. Derartige Instrumentarien werden vor allem zur Verhinderung einer Insolvenz benötigt oder, falls eine solche eintritt, zur Minimierung der negativen Auswirkungen, indem die systemisch wichtigen Funktionen des jeweiligen Instituts aufrechterhalten werden. Während der Krise trugen diese Herausforderungen wesentlich dazu bei, dass die Mitgliedstaaten Institute unter Rückgriff auf das Geld der Steuerzahler retten mussten. Ziel eines glaubwürdigen Sanierungs- und Abwicklungsrahmens ist es, solchen Maßnahmen so weit wie möglich vorzubeugen.“

4        Die Richtlinie 2014/59 hat die Schaffung gemeinsamer Regeln zur Mindestharmonisierung der nationalen Bestimmungen über die Abwicklung von Banken in der Union zum Ziel und sieht eine Zusammenarbeit zwischen Abwicklungsbehörden bei Ausfällen von grenzüberschreitend tätigen Banken vor. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2014/59 benennt jeder Mitgliedstaat eine oder in Ausnahmefällen mehrere Abwicklungsbehörden, die ermächtigt sind, die Abwicklungsinstrumente anzuwenden und die Abwicklungsbefugnisse auszuüben.

5        Jedoch wurde in der Erwägung, dass die Richtlinie 2014/59 zum einen nicht zu einer Zentralisierung des Entscheidungsprozesses im Bereich der Abwicklung führt, im Wesentlichen Abwicklungsinstrumente und gemeinsame Abwicklungsbefugnisse für die nationalen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten vorsieht und diesen Behörden bei der Anwendung der Instrumente und der Nutzung der nationalen Finanzierungsmechanismen für die Abwicklungsverfahren einen Ermessensspielraum belässt und dass sie zum anderen getrennte und potenziell inkohärente Entscheidungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Abwicklung grenzüberschreitender Gruppen nicht vollständig verhindert, die Einführung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) beschlossen.

6        Als zweiter Schritt zur Schaffung der Bankenunion wurde somit die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines [SRM] und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) erlassen.

7        Der zwölfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 lautet:

„Die Gewährleistung wirksamer Beschlüsse über die Abwicklung ausfallender Banken innerhalb der Union, einschließlich über die Verwendung der auf Unionsebene aufgebrachten Mittel, ist von wesentlicher Bedeutung für die Verwirklichung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen. Im Binnenmarkt kann der Ausfall von Banken in einem Mitgliedstaat die Stabilität der Finanzmärkte in der Union als Ganzes beeinträchtigen. Die Sicherstellung wirksamer und einheitlicher Abwicklungsvorschriften und gleicher Bedingungen für die Finanzierung von Abwicklungen in allen Mitgliedstaaten liegt nicht nur im Interesse der Mitgliedstaaten, in denen Banken tätig sind, sondern auch allgemein im Interesse aller Mitgliedstaaten, da es sich um ein Mittel zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen und für ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts handelt. Die Bankensysteme im Binnenmarkt sind eng miteinander verflochten, die Bankengruppen sind international aufgestellt und die Banken besitzen einen prozentual hohen Anteil an Auslandsvermögen. Ohne einen [SRM] würden sich Bankkrisen in Mitgliedstaaten, die am einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmen, auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten stärker auf das Bankensystem auswirken. Mit der Einrichtung des [SRM] soll ein neutraler Ansatz beim Umgang mit ausfallenden Banken sichergestellt und damit die Stabilität der Banken der teilnehmenden Mitgliedstaaten gestärkt und zudem verhindert werden, dass Krisen auf nicht teilnehmende Mitgliedstaaten übergreifen, wodurch das Funktionieren des Binnenmarkts insgesamt gefördert wird. Die Mechanismen der Zusammenarbeit hinsichtlich der Institute, die sowohl in teilnehmenden als auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, sollten klar sein, und kein Mitgliedstaat und keine Gruppe von Mitgliedstaaten sollte unmittelbar oder mittelbar als Handelsplatz für Finanzdienstleistungen diskriminiert werden.“

8        Gegenstand der Verordnung Nr. 806/2014 ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 die Festlegung einheitlicher Regeln und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung der in Art. 2 genannten Unternehmen, die in den teilnehmenden Mitgliedstaaten ansässig sind, d. h. Banken, deren Aufsichtsbehörde im Herkunftsmitgliedstaat entweder die EZB oder die zuständige nationale Behörde in denjenigen Mitgliedstaaten ist, deren Währung der Euro ist, bzw. in denjenigen Mitgliedstaaten ist, deren Währung nicht der Euro ist und die eine enge Zusammenarbeit nach Maßgabe von Art. 7 der Verordnung Nr. 1024/2013 eingegangen sind (vgl. den 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014).

9        Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 werden diese einheitlichen Regeln und dieses einheitliche Verfahren von dem mit Art. 42 dieser Verordnung errichteten Einheitlichen Abwicklungsausschuss (SRB) in Zusammenarbeit mit dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Abwicklungsbehörden im Rahmen des mit dieser Verordnung geschaffenen SRM angewandt. Der SRM wird durch einen einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) unterstützt.

10      Gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 entscheidet der SRB über eine Abwicklungsmaßnahme für ein Finanzinstitut, das in einem teilnehmenden Mitgliedstaat ansässig ist, wenn die drei Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung erfüllt sind.

11      Die erste Voraussetzung ist, dass das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt. Die Bewertung dieser Voraussetzung erfolgt durch die EZB nach Anhörung des SRB oder durch den SRB, und sie gilt als erfüllt, wenn die Lage des Unternehmens eine oder mehrere der in Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt.

12      Als zweite Voraussetzung gilt, dass nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitraums durch alternative Maßnahmen des privaten Sektors oder der Aufsichtsbehörden abgewendet werden kann.

13      Die dritte Voraussetzung ist, dass eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich ist, dass sie also für das Erreichen der Abwicklungsziele notwendig ist und sich diese bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang erreichen ließen.

14      In Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 werden folgende Abwicklungsziele genannt: die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen, die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln, der Schutz der Einleger und der Anleger sowie der Schutz der Gelder und Vermögenswerte der Kunden.

15      Nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 muss, bevor Abwicklungsmaßnahmen getroffen werden oder die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten ausgeübt wird, der SRB sicherstellen, dass eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens durch eine von öffentlichen Stellen – einschließlich des SRB und der nationalen Abwicklungsbehörde – und dem betroffenen Unternehmen unabhängige Person vorgenommen wird.

16      Nach Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 ist die Bewertung integraler Bestandteil der Entscheidung über die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bzw. der Entscheidung über die Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten.

17      Sind die Voraussetzungen gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt, legt der SRB ein Abwicklungskonzept fest.

18      Wenn sie im Abwicklungsverfahren tätig werden, müssen der SRB, der Rat und die Kommission dafür sorgen, dass die Abwicklung im Einklang mit bestimmten, in Art. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 aufgeführten Grundsätzen erfolgt, darunter dem Grundsatz, dass Verluste zuerst von den Anteilseignern des in Abwicklung befindlichen Instituts getragen werden, und dem Grundsatz, dass kein Gläubiger größere Verluste zu tragen hat, als er im Fall einer Liquidation eines von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens zu tragen gehabt hätte.

19      Im Abwicklungskonzept bestimmt der SRB die Anwendung der Abwicklungsinstrumente. Nach Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 stehen als Abwicklungsinstrumente die Unternehmensveräußerung, das Brückeninstitut, die Ausgliederung von Vermögenswerten und das Bail-in‑Instrument zur Verfügung.

20      Im Abwicklungskonzept kann der SRB unter den in Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Voraussetzungen auch die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten ausüben. Nach Art. 19 der Verordnung Nr. 806/2014 kann eine Abwicklungsmaßnahme ebenfalls die Gewährung staatlicher Beihilfen oder die Inanspruchnahme des SRF umfassen.

21      Nach Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 übermittelt der SRB das Abwicklungskonzept unmittelbar nach seiner Festlegung der Kommission. Innerhalb von 24 Stunden ab Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den SRB muss die Kommission das Abwicklungskonzept entweder billigen oder in den Fällen, die nicht unter Unterabs. 3 fallen, Einwände hinsichtlich der Aspekte des Abwicklungskonzepts erheben, bei denen ein Ermessensspielraum besteht (im Folgenden: Ermessensaspekte), nämlich in Bezug auf die Einhaltung des Kriteriums des öffentlichen Interesses oder eine erhebliche Änderung des Betrags des SRF. Hinsichtlich der letztgenannten Ermessensaspekte kann die Kommission innerhalb von zwölf Stunden nach Übermittlung des Abwicklungsplans durch den SRB dem Rat vorschlagen, gegen das vom SRB festgelegte Abwicklungskonzept Einwände mit der Begründung zu erheben, dass dieses nicht das Kriterium des öffentlichen Interesses erfülle, oder eine erhebliche Änderung des Betrags des SRF, der im Abwicklungskonzept des SRB vorgesehen ist, zu billigen oder Einwände dagegen zu erheben. Das Abwicklungskonzept kann nur in Kraft treten, wenn weder der Rat noch die Kommission innerhalb von 24 Stunden nach seiner Übermittlung durch den SRB Einwände erhoben haben.

22      Nach Art. 18 Abs. 9 der Verordnung Nr. 806/2014 sorgt der SRB dafür, dass die betreffenden nationalen Abwicklungsbehörden die zur Durchführung des Abwicklungskonzepts notwendigen Abwicklungsmaßnahmen einleiten. Das Abwicklungskonzept ist an diese Behörden gerichtet und weist sie an, gemäß Art. 29 dieser Verordnung alle zur Umsetzung des Konzepts notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und zu diesem Zweck Abwicklungsbefugnisse auszuüben.

23      Gemäß Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 stellt der SRB sicher, dass nach der Durchführung einer Abwicklungsmaßnahme eine Bewertung durch eine unabhängige Person vorgenommen wird, um festzustellen, ob Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre. Diese Bewertung kann nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 zu Entschädigungszahlungen an Anteilseigner oder Gläubiger führen, falls sie größere Verluste erlitten haben, als sie bei einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erlitten hätten.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt nach Klageerhebung

24      Die Klägerinnen, Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und Stiftung für Forschung und Lehre (SFL), waren Anteilseigner der Banco Popular Español, SA (im Folgenden: Banco Popular), bevor für Letztere ein Abwicklungskonzept angenommen wurde.

 Zur Situation von Banco Popular vor der Annahme des Abwicklungskonzepts

25      Die Banco-Popular-Gruppe, deren Muttergesellschaft Banco Popular war, war zum Zeitpunkt der Abwicklung die sechstgrößte spanische Bankengruppe.

26      2016 nahm Banco Popular eine Kapitalerhöhung von 2,5 Mrd. Euro vor.

27      Am 5. Dezember 2016 verabschiedete die Präsidiumssitzung des SRB einen Abwicklungsplan für die Banco-Popular-Gruppe. Bevorzugtes Abwicklungsinstrument in diesem Abwicklungsplan war das in Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bail-in‑Instrument.

28      Am 3. Februar 2017 veröffentlichte Banco Popular ihren Jahresbericht 2016, in dem sie einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro mit der Folge eines konsolidierten Verlusts von 3,485 Mrd. Euro und die Ernennung eines neuen Präsidenten ankündigte.

29      Am 10. Februar 2017 stufte die DBRS Ratings Limited (jetzt DBRS Morningstar) das Rating von Banco Popular angesichts ihrer geschwächten Kapitalsituation infolge eines höheren Nettoverlusts als in ihrem vorstehend in Rn. 28 erwähnten Jahresbericht vorhergesehen und ihrer Bemühungen, ihren noch hohen Bestand an notleidenden Vermögenswerten abzubauen, mit negativem Ausblick herab.

30      Am 3. April 2017 gab Banco Popular das Ergebnis interner Prüfungen bekannt, wonach Korrekturen gegenüber dem Jahresbericht 2016 erforderlich sein könnten. Diese Berichtigungen wurden im Finanzbericht von Banco Popular für das erste Quartal 2017 vorgenommen.

31      Am 10. April 2017 gab der Vorstandsvorsitzende in der Hauptversammlung der Anteilseigner von Banco Popular bekannt, dass die Bank aufgrund der Eigenkapitalsituation der Gruppe und des Niveaus der notleidenden Vermögenswerte entweder eine Kapitalerhöhung oder eine Unternehmensübertragung beabsichtige. Der Generaldirektor von Banco Popular wurde weniger als ein Jahr nach der Aufnahme seiner Tätigkeit ausgewechselt.

32      Im Anschluss an die am 3. April 2017 erfolgte Bekanntgabe der Notwendigkeit einer Anpassung der finanziellen Ergebnisse von 2016 stufte DBRS am 6. April das Rating von Banco Popular mit weiter negativem Ausblick herab. Auch Standard & Poor’s und Moody’s Investors Service (im Folgenden: Moody’s) stuften am 7. April bzw. 21. April 2017 das Rating von Banco Popular mit negativem Ausblick herab.

33      Im April 2017 leitete Banco Popular ein privates Veräußerungsverfahren mit dem Ziel ihrer Veräußerung an einen starken Wettbewerber ein, um ihre Finanzlage zu verbessern. Die Angebotsfrist für Interessenten für den Erwerb von Banco Popular endete am 10. Juni 2017 und wurde später bis Ende Juni 2017 verlängert.

34      Am 5. Mai 2017 legte Banco Popular ihren Finanzbericht für das erste Quartal 2017 vor, in dem sie Verluste in Höhe von 137 Mio. Euro bekannt gab.

35      Am 12. Mai 2017 unterschritt Banco Popular die für sie geltende Liquiditätsdeckungsanforderung (Liquidity Coverage Requirement) von mindestens 80 %, die in Art. 460 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2013, L 176, S. 1) festgelegt ist.

36      Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 teilte die Banco Santander, SA Banco Popular mit, dass sie im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens kein verbindliches Angebot abgeben könne.

37      Am 16. Mai 2017 erklärte Banco Popular in einer Mitteilung einer relevanten Tatsache an die Comisión nacional del mercado de valores (CNMV, Nationale Wertpapiermarktkommission, Spanien), dass potenzielle Erwerber ihr Interesse an dem privaten Veräußerungsverfahren bekundet hätten, dass aber kein verbindliches Angebot eingegangen sei.

38      Am 19. Mai 2017 stufte die Agentur FITCH das langfristige Rating von Banco Popular herab.

39      Am 23. Mai 2017 gab die Vorsitzende des SRB, Frau Elke König, dem Fernsehsender Bloomberg ein Interview, in dem sie u. a. zur Situation von Banco Popular befragt wurde.

40      Im Mai 2017 war in zahlreichen Presseartikeln über die Schwierigkeiten von Banco Popular berichtet worden. Beispielsweise erschien auf der Website elconfidencial.com am 11. Mai 2017 ein Artikel mit dem Titel „Saracho empfiehlt wegen eines Konkursrisikos den dringenden Verkauf von Popular an JP Morgan und Lazard“ (Saracho encarga la venta urgente del Popular a JP Morgan y Lazard por riesgo de quiebra). Diesem Artikel zufolge hatte der Präsident der Bank JP Morgan und Lazard beauftragt, den dringenden Verkauf der Bank wegen Konkursgefahr aufgrund der massiven Einlagenflucht privater und institutioneller Kunden zu organisieren, und war der Ansicht, dass die Existenzfähigkeit der Bank nur durch die vollständige und sofortige Veräußerung der gesamten Gruppe sichergestellt werden könne. In dem Artikel heißt es, dass „für die Bank angesichts der anhaltenden Einlagenabflüsse und der Schließung externer Finanzierungsquellen ein ernsthaftes Insolvenzrisiko besteht und [ihr Präsident] daher gezwungen war, zur drastischsten Maßnahme zu greifen und den Verkauf ihrer Vermögenswerte schrittweise einzustellen, um die Kapitalquote zu verbessern und den Forderungen der EZB nachzukommen“.

41      Am 15. Mai 2017 wurde in einem auf der Website elconfidencial.com veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Mitten im Veräußerungsprozess prüft die EZB Banco Popular zwei Monate lang“ (El BCE inspecciona a Banco Popular durante dos meses en pleno proceso de venta) berichtet, dass der Präsident von Banco Popular seinen Plan zu deren Veräußerung nach der Prüfung durch die EZB, die das Rückstellungsdefizit bestätigt habe, umgesetzt habe. Diesem Artikel zufolge waren die Prüfer der EZB zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schwierigkeiten von Banco Popular mit ihrem Defizit bei Rückstellungen zur Deckung ihrer Risikoposition bei Immobilien zusammenhingen und gelegentliche Einlagenabflüsse vermieden werden müssten. Die Prüfer hätten auch ihre Unzufriedenheit hinsichtlich der Vorlage der Jahresabschlüsse von 2016 zum Ausdruck gebracht.

42      Am 31. Mai 2017 veröffentlichte die Agentur Reuters einen Artikel mit dem Titel „EU, Warnung vor der Gefahr einer Abwicklung von Banco Popular“ (La UE, advertida de riesgo de una resolución ordenada en Banco Popular). In diesem Artikel heißt es u. a., dass einem hohen, nicht namentlich genannten Unionsbeamten zufolge eine der wichtigsten Bankenaufsichtspersonen in Europa die Unionsbeamten darauf hingewiesen habe, dass die Abwicklung von Banco Popular erforderlich sein könnte, wenn sie keinen Käufer finde. In diesem Artikel heißt es weiter, dass diesem Beamten zufolge die Vorsitzende des SRB kürzlich eine „Frühwarnung“ ausgesprochen und erklärt habe, dass der SRB das Verfahren (Banco Popular) mit besonderer Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine mögliche Intervention verfolge.

43      Am selben Tag veröffentlichte der SRB eine Pressemitteilung, in der er dem Inhalt dieses Artikels entgegentrat.

44      In den ersten Junitagen 2017 sah sich Banco Popular massiven Liquiditätsabzügen gegenüber.

45      Am 5. Juni 2017 stellte Banco Popular am Vormittag einen ersten Antrag auf Notfallliquiditätshilfe bei der Banco de España (Bank von Spanien) und am Nachmittag einen zweiten Antrag mit einer Ausweitung des gewünschten Betrags wegen erheblicher Liquiditätsbewegungen. Auf Antrag der Bank von Spanien und nach der Beurteilung des Antrags von Banco Popular auf Notfallliquiditätshilfe vom selben Tag durch die EZB erhob der EZB-Rat keine Einwände gegen eine Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular für den Zeitraum bis zum 8. Juni 2017. Nachdem Banco Popular einen Teil dieser Notfallliquiditätshilfe erhalten hatte, erklärte die Bank von Spanien, dass sie zu einer zusätzlichen Notfallliquiditätshilfe nicht in der Lage sei.

46      Am 6. Juni 2017 stuften DBRS und Moody’s das Rating von Banco Popular herab.

 Zum weiteren Sachverhalt vor Annahme des Abwicklungskonzepts

47      Am 23. Mai 2017 beauftragte der SRB Deloitte als unabhängigen Sachverständigen mit der Bewertung von Banco Popular gemäß Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014.

48      Am 24. Mai 2017 forderte der SRB auf der Grundlage von Art. 34 der Verordnung Nr. 806/2014 bei Banco Popular die für die Durchführung ihrer Bewertung erforderlichen Informationen an. Am 2. Juni 2017 forderte er Banco Popular auch auf, Informationen über das private Veräußerungsverfahren zur Verfügung zu stellen und einen Zugang zu dem gesicherten virtuellen Datenraum vorzusehen, den die Bank im Rahmen dieses Verfahrens eingerichtet hatte.

49      Am 3. Juni 2017 erließ die Präsidiumssitzung des SRB den Beschluss SRB/EES/2017/06 über die Vermarktung von Banco Popular, der an den Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria (FROB, Fonds zur geordneten Umstrukturierung von Kreditinstituten, Spanien) gerichtet war (im Folgenden: Vermarktungsbeschluss). Der SRB billigte die sofortige Einleitung des Verfahrens zur Veräußerung von Banco Popular durch den FROB und teilte diesem die Anforderungen für die Veräußerung gemäß Art. 39 der Richtlinie 2014/59 mit. Der SRB wies den FROB u. a. darauf hin, dass er an die fünf potenziellen Erwerber herantreten müsse, die im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden waren.

50      Von den fünf potenziellen Erwerbern entschieden sich zwei gegen eine Teilnahme am Veräußerungsverfahren, ein weiterer wurde von der EZB aus aufsichtsrechtlichen Gründen ausgeschlossen.

51      Am 4. Juni 2017 unterzeichneten die beiden potenziellen Erwerber, die beschlossen hatten, am Verkaufsverfahren teilzunehmen, Banco Santander und die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, SA (BBVA), eine Nichtoffenlegungsvereinbarung und erhielten am 5. Juni 2017 Zugang zu dem virtuellen Datenraum.

52      Am 5. Juni 2017 nahm der SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 eine erste Bewertung (im Folgenden: Bewertung 1) zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 vor.

53      Am 6. Juni 2017 nahm die EZB nach Anhörung des SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Bewertung der Lage von Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend vor.

54      In dieser Bewertung wies die EZB darauf hin, dass sich die Liquiditätssituation von Banco Popular in den vorangegangenen Monaten erheblich verschlechtert habe, was hauptsächlich auf eine signifikante Erschöpfung ihrer Einlagenbasis zurückzuführen sei. Banco Popular sei in allen Kundensegmenten mit erheblichen Liquiditätsabflüssen konfrontiert gewesen. Die EZB führte die Geschehnisse auf, die zu den Liquiditätsproblemen von Banco Popular geführt hätten.

55      Im Februar 2017 habe Banco Popular bei Vorlage ihrer Jahresabschlüsse einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro offengelegt, was zu Verlusten in Höhe von 3,485 Mrd. Euro im Jahr 2016 geführt habe, und sie habe die Auswechslung ihres langjährigen Präsidenten bekannt gegeben, der eine Änderung der Strategie der Bank betrieben habe. Die Ankündigung zusätzlicher Rückstellungen und Verluste am Ende des Geschäftsjahrs habe zu einer Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch DBRS am 10. Februar 2017 geführt und große Besorgnis bei deren Kundschaft ausgelöst, was sich darin niedergeschlagen habe, dass Einlagen in erheblichem Umfang und unerwartet abgezogen worden seien und viele Kunden die Zweigstellen der Bank aufgesucht hätten.

56      Die Veröffentlichung einer öffentlichen Ad-hoc-Erklärung am 3. April 2017, mit der das Ergebnis mehrerer interner Prüfungen mitgeteilt worden sei, die einen erheblichen Einfluss auf die Bilanzen des Instituts haben könnten, sowie die Bestätigung, dass der Generaldirektor des Instituts weniger als ein Jahr nach seinem Dienstantritt ausgewechselt werde, hätten zu einer weiteren Welle von Einlagenabzügen geführt. Diese Abzugswelle sei auch gespeist worden durch

–        eine Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch Standard & Poor’s am 7. April 2017;

–        die Ankündigung von Banco Popular vom 10. April 2017, dass sie keine Dividenden auszahlen werde und dass aufgrund der gespannten Eigenkapitalsituation und der notwendigen Anpassung der Absicherung der notleidenden Vermögenswerte an ihre Mitbewerber eine Kapitalerhöhung oder eine Unternehmensübertragung erforderlich sein könne;

–        eine Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch Moody’s am 21. April 2017;

–        die Offenlegung der Ergebnisse des ersten Quartals 2017, die schlechter gewesen seien als vorgesehen;

–        die anhaltende negative Berichterstattung in den Medien, wie die oben in den Rn. 40 und 41 angeführten Artikel vom 11. und 15. Mai 2017, die nahelegten, dass der Präsident von Banco Popular wegen eines unmittelbar drohenden Konkursrisikos oder wegen fehlender Liquidität eine dringliche Veräußerung der Bank angeordnet habe und dass sich die Bank nach einer Vor-Ort-Prüfung durch die Bankenaufsicht einem zusätzlichen Rückstellungsbedarf gegenübersehe.

57      Seit dem 31. Mai 2017, so die EZB, seien die Einlagenverluste besonders erheblich gewesen, nachdem in den Medien verbreitet worden sei, dass die Bank liquidiert werden könnte, wenn der laufende Veräußerungsprozess nicht sehr kurzfristig erfolgreich abgeschlossen werden könne.

58      Obwohl Banco Popular in den vorangegangenen Wochen verschiedene Maßnahmen zur Beschaffung zusätzlicher Liquidität entwickelt und mit deren Umsetzung begonnen habe, habe der Umfang der realisierten und noch erwarteten Zuflüsse nicht ausgereicht, um der Erschöpfung der Liquiditätssituation von Banco Popular zum Zeitpunkt der Bewertung abzuhelfen. Selbst mit dem Rückgriff auf die Notfallliquiditätshilfe, gegen die der EZB-Rat am 5. Juni 2017 keine Einwände erhoben habe, genüge die Liquiditätssituation zu diesem Zeitpunkt nicht, um die Fähigkeit von Banco Popular zu gewährleisten, ihren Verpflichtungen bis zum 7. Juni 2017 nachzukommen.

59      Die von Banco Popular bereits ergriffenen Maßnahmen seien nicht wirksam genug gewesen, um die Verschlechterung ihrer Liquiditätssituation umzukehren. Als alternative Maßnahme zur Gewährleistung ihrer Fähigkeit, ihren fällig werdenden Verpflichtungen nachzukommen, versuche Banco Popular, eine Unternehmensübertragung durchzuführen, nämlich ihre Veräußerung an einen stärkeren Wettbewerber. In Anbetracht der Verschlechterung der Liquiditätssituation von Banco Popular, des fehlenden Nachweises ihrer Fähigkeit, diese Entwicklung in naher Zukunft umzukehren, und der Tatsache, dass die Verhandlungen bisher nicht zu einem positiven Ergebnis geführt hätten, sei, so die EZB, die Bestätigung eines solchen privaten Geschäfts nicht innerhalb einer Frist absehbar gewesen, die es Banco Popular ermöglicht hätte, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

60      Gleichzeitig gebe es keine Aufsichts- oder Frühinterventionsmaßnahmen, die es ermöglichten, die Liquiditätssituation von Banco Popular sofort wieder zu verbessern, und die ihr genügend Zeit für eine Unternehmensübertragung oder eine andere Lösung verschafften. Mit den Maßnahmen, die der EZB als zuständiger Behörde gemäß der nationalen Umsetzung von Art. 104 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. 2013, L 176, S. 338) und den Art. 27 bis 29 der Richtlinie 2014/59 oder Art. 16 der Verordnung Nr. 1024/2013 zur Verfügung stünden, lasse sich angesichts von Ausmaß und Geschwindigkeit der beobachteten Liquiditätsverschlechterung nicht sicherstellen, dass Banco Popular ihre Schulden und sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit werde begleichen können.

61      Die EZB gelangte unter Berücksichtigung insbesondere der exzessiven Einlagenabflüsse, der rapiden Liquiditätsverluste der Bank und deren Unvermögen, anderweit Liquidität zu generieren, zu dem Schluss, dass es objektive Anhaltspunkte dafür gebe, dass Banco Popular in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. Es sei davon auszugehen, dass Banco Popular ausfalle oder jedenfalls wahrscheinlich in naher Zukunft ausfalle im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

62      Am 6. Juni 2017 teilte der Verwaltungsrat von Banco Popular der EZB mit, er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Bank wahrscheinlich ausfalle.

63      Ebenfalls an diesem Tag erging ein Schreiben des FROB, das Informationen über das Veräußerungsverfahren enthielt (im Folgenden: Verfahrensschreiben) und in dem das Ende der Frist für die Einreichung der Angebote auf den 6. Juni 2017 um Mitternacht festgesetzt wurde.

64      Am selben Tag teilte BBVA, einer der beiden potenziellen Erwerber von Banco Popular, dem FROB mit, dass sie kein Angebot abgeben werde.

65      Ebenfalls am 6. Juni 2017 übermittelte Deloitte dem SRB gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 eine zweite Bewertung (im Folgenden: Bewertung 2). Die Bewertung 2 sollte der Veranschlagung des Wertes der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular, der Schätzung, wie die Anteilseigner und Gläubiger behandelt würden, wenn ein reguläres Insolvenzverfahren für Banco Popular durchgeführt würde, sowie der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Anteile und Eigentumstitel und dem Verständnis des SRB dafür dienen, was unter kommerziellen Bedingungen für das Instrument der Unternehmensveräußerung zu verstehen ist. Im Rahmen dieser Bewertung wurde u. a. der wirtschaftliche Wert von Banco Popular auf 1,3 Mrd. Euro im besten Szenario, auf minus 8,2 Mrd. Euro im ungünstigsten Szenario und auf minus 2 Mrd. Euro für die beste Schätzung veranschlagt.

66      Am 7. Juni 2017 gab Banco Santander ein verbindliches Angebot ab.

67      Mit Schreiben vom 7. Juni 2017 teilte der FROB dem SRB mit, dass Banco Santander am 7. Juni um 03.12 Uhr ein Angebot abgegeben und für den Kauf der Anteile von Banco Popular einen Preis von einem Euro geboten habe. Der FROB wies darauf hin, dass sein Lenkungsausschuss Banco Santander als Zuschlagsempfänger im wettbewerbsbasierten Verfahren zur Veräußerung von Banco Popular ausgewählt und beschlossen habe, dem SRB vorzuschlagen, in seinem Beschluss über die Annahme eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular Banco Santander als Erwerber zu bestimmen.

 Zum Abwicklungskonzept für Banco Popular vom 7. Juni 2017

68      Am 7. Juni 2017 erließ die Präsidiumssitzung des SRB auf der Grundlage der Verordnung Nr. 806/2014 den Beschluss SRB/EES/2017/08 über ein Abwicklungskonzept für Banco Popular (im Folgenden: Abwicklungskonzept).

69      Art. 1 des Abwicklungskonzepts zufolge sah der SRB die Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt an und beschloss, Banco Popular ab dem Abwicklungsdatum abzuwickeln.

70      Der SRB war der Ansicht, erstens falle Banco Popular aus oder wahrscheinlich aus, zweitens gebe es keine anderen Maßnahmen, mit denen der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könne und drittens sei eine Abwicklungsmaßnahme in Form eines Instruments der Unternehmensveräußerung von Banco Popular im öffentlichen Interesse erforderlich. Hierzu wies der SRB darauf hin, dass die Abwicklung notwendig sei und in angemessenem Verhältnis zur Erreichung von zwei der in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Ziele stehe, nämlich der Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen der Bank und der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität.

71      In Art. 5.1 des Abwicklungskonzepts beschloss der SRB:

„Das Abwicklungsinstrument für Banco Popular besteht in einer Unternehmensveräußerung gemäß Artikel 24 der Verordnung Nr. 806/2014 durch Übertragung der Anteile auf einen Erwerber. Die Herabschreibung und die Umwandlung der Kapitalinstrumente erfolgen unmittelbar vor Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung.“

72      Art. 6 des Abwicklungskonzepts betrifft die Herabschreibung der Kapitalinstrumente und das Instrument der Unternehmensveräußerung. In Art. 6.1 nannte der SRB die Maßnahmen, die er in Ausübung seiner Herabschreibungsbefugnis gemäß Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 erlassen hatte.

73      So beschloss der SRB in Art. 6.1 des Abwicklungskonzepts,

–        zunächst den Nominalbetrag des Grundkapitals von Banco Popular um 2 098 429 046 Euro herabzuschreiben, was zur Löschung von 100 % der Anteile von Banco Popular führte;

–        sodann den gesamten Nennwert der von Banco Popular ausgegebenen und zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Abwicklungskonzept im Umlauf befindlichen Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals in neu ausgegebene Anteile von Banco Popular, die „neuen Anteile I“, umzuwandeln;

–        sodann den Nennwert der „neuen Anteile I“ auf null herabzuschreiben, was zur Löschung von 100 % dieser „neuen Anteile I“ führte;

–        schließlich den gesamten Nennwert der von Banco Popular ausgegebenen und zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung im Umlauf befindlichen Instrumente des Ergänzungskapitals in neu ausgegebene Anteile von Banco Popular, die „neuen Anteile II“, umzuwandeln.

74      Nach Art. 6.3 des Abwicklungskonzepts beruhen diese Herabschreibungs- und Umwandlungsmaßnahmen auf der Bewertung 2, die durch die Ergebnisse eines transparenten und offenen Veräußerungsprozesses durch die spanische Abwicklungsbehörde, den FROB, bestätigt werde.

75      In Art. 6.5 des Abwicklungskonzepts ordnete der SRB in Ausübung seiner Befugnisse nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend das Instrument der Unternehmensveräußerung an, dass die „neuen Anteile II“ frei von allen Rechten oder Vorrechten Dritter gegen Zahlung eines Kaufpreises von einem Euro auf Banco Santander übertragen würden. Der Erwerber habe der Übertragung bereits zugestimmt.

76      Der SRB wies auch darauf hin, dass die Übertragung der „neuen Anteile II“ auf der Grundlage des verbindlichen Angebots des Erwerbers vom 7. Juni 2017 erfolgen und vom FROB gemäß der Ley 11/2015 de recuperación y resolución de entidades de crédito y empresas de servicios de inversión (Gesetz 11/2015 zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen) vom 18. Juni 2015 (BOE Nr. 146 vom 19. Juni 2015, S. 50797, im Folgenden: Gesetz 11/2015) umgesetzt werden sollte.

77      Das Abwicklungskonzept wurde der Kommission am 7. Juni 2017 um 05.13 Uhr vorgelegt.

78      Am 7. Juni 2017 um 06.30 Uhr erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2017/1246 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular (ABl. 2017, L 178, S. 15) und stellte ihn dem SRB zu. Demgemäß trat das Abwicklungskonzept am selben Tag in Kraft.

79      Der vierte Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/1246 lautet:

„Die Kommission stimmt dem Abwicklungskonzept zu. Sie stimmt insbesondere auch den Argumenten zu, die der [SRB] zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse nach Artikel 5 der Verordnung … Nr. 806/2014 nennt.“

80      Am selben Tag erließ der FROB gemäß Art. 29 der Verordnung Nr. 806/2014 die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung des Abwicklungskonzepts. In diesem Rahmen erteilte der FROB seine Zustimmung zur Übertragung der neuen Anteile von Banco Popular aus der Umwandlung der Instrumente des Ergänzungskapitals (der „neuen Anteile II“) auf Banco Santander.

 Zum Sachverhalt nach Erlass des Abwicklungsbeschlusses

81      Am 14. Juni 2018 übermittelte Deloitte dem SRB die in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bewertung in Bezug auf unterschiedliche Behandlung, mit der festgestellt werden sollte, ob Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre (im Folgenden: Bewertung 3). Am 31. Juli 2018 übermittelte Deloitte dem SRB einen Nachtrag zu dieser Bewertung, mit dem bestimmte formale Fehler berichtigt wurden.

82      Am 28. September 2018 wurde Banco Santander infolge einer Verschmelzung durch Aufnahme Gesamtrechtsnachfolgerin von Banco Popular.

83      Am 17. März 2020 erließ der SRB den Beschluss SRB/EES/2020/52 zur Entscheidung, ob den Anteilseignern und Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen für Banco Popular betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss. Eine Bekanntmachung dieses Beschlusses wurde am 20. März 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2020, C 91, S. 2) veröffentlicht. In diesem Beschluss vertrat der SRB die Auffassung, dass die von der Abwicklung von Banco Popular betroffenen Anteilseigner und Gläubiger keinen Anspruch auf eine Entschädigung durch den SRF nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 hätten.

 Verfahren und Anträge der Parteien

84      Mit am 2. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

85      Mit am 30. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz hat der SRB gemäß Art. 92 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Beweiserhebung zur Vorlage bestimmter, in der Anlage genannter Schriftstücke beantragt. Am 30. November 2017 hat das Gericht beschlossen, diesem Antrag beim damaligen Verfahrensstand nicht stattzugeben.

86      Mit am 3., 26. und 27. Oktober sowie 10. bzw. 14. November 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Schriftsätzen haben Banco Santander, das Königreich Spanien, das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des SRB zum vorliegenden Verfahren zugelassen zu werden. Der Präsident der Achten Kammer des Gerichts hat mit Entscheidungen vom 1. August 2018 das Königreich Spanien, das Parlament, den Rat und die Kommission sowie mit Beschluss vom 12. April 2019 Banco Santander als Streithelfer zugelassen. Innerhalb der gesetzten Fristen haben das Königreich Spanien, das Parlament, der Rat, die Kommission und Banco Santander ihre Streithilfeschriftsätze sowie die Hauptparteien ihre Stellungnahmen dazu eingereicht.

87      Am 13. Februar 2018 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung den SRB aufgefordert, die letzte nicht vertrauliche Fassung des Abwicklungskonzepts und eine nicht vertrauliche Fassung der Bewertung 2 vorzulegen, die auf dessen Website veröffentlicht sind. Der SRB hat die Schriftstücke fristgerecht vorgelegt.

88      Am 6. Juli 2018 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung den Hauptparteien schriftliche Fragen gestellt. Die Klägerinnen und der SRB haben diese Fragen fristgerecht beantwortet.

89      Mit am 15. November 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Klägerinnen beantragt, dem SRB im Wege einer prozessleitenden Maßnahme aufzugeben, die spanische Übersetzung bestimmter Schriftstücke vorzulegen. Der SRB hat zu diesem Antrag fristgerecht Stellung genommen.

90      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung der Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.

91      Auf Vorschlag der Dritten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung entschieden, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

92      Mit am 8. September 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eigereichtem Schriftsatz haben die Klägerinnen gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt. Der SRB, das Königreich Spanien, das Parlament, der Rat, die Kommission und Banco Santander haben dazu fristgerecht Stellung genommen.

93      Am 16. März 2021 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung den SRB zur Vorlage verschiedener Schriftstücke aufgefordert. Mit Schriftsatz vom 30. März 2021 hat der SRB geantwortet, dass diese Schriftstücke zum Teil vertraulich seien und vorgelegt werden könnten, wenn das Gericht eine Beweiserhebung beschließe.

94      Mit am 20. April 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Klägerinnen den Erlass prozessleitender Maßnahmen beantragt. Der SRB, das Parlament, der Rat, die Kommission und Banco Santander haben dazu fristgerecht Stellung genommen.

95      Mit Beschluss vom 12. Mai 2021 hat das Gericht auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 des Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie Art. 91 Buchst. b, Art. 92 Abs. 3 und Art. 103 der Verfahrensordnung dem SRB aufgegeben, die vollständigen Fassungen des Abwicklungskonzepts, der Bewertung 2, der Bewertung der EZB vom 6. Juni 2017 betreffend den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular, des Schreibens von Banco Popular an die EZB vom 6. Juni 2017 einschließlich seiner Anlage und des Schreibens der EZB an Banco Popular vom 18. Mai 2017 vorzulegen. Das Gericht hat dem SRB zudem aufgegeben, die nicht vertraulichen Fassungen des Schreibens von Banco Popular an die EZB vom 6. Juni 2017 einschließlich seiner Anlage und des Schreibens der EZB an Banco Popular vom 18. Mai 2017 vorzulegen.

96      Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2021 haben die Klägerinnen den Erlass prozessleitender Maßnahmen beantragt und ein neues Beweisangebot vorgelegt. Der SRB, das Königreich Spanien, das Parlament, der Rat, die Kommission und Banco Santander sind aufgefordert worden, dazu in der Sitzung Stellung zu nehmen.

97      Mit Beschluss vom 9. Juni 2021 hat das Gericht die vertraulichen Fassungen der vom SRB gemäß dem Beschluss vom 12. Mai 2021 vorgelegten Schriftstücke aus den Akten entfernt sowie den Klägerinnen, dem Königreich Spanien, dem Parlament, dem Rat, der Kommission und Banco Santander das Schreiben von Banco Popular an die EZB vom 6. Juni 2017 ohne seine Anlage übermittelt.

98      Wegen Verhinderung zweier Mitglieder der Dritten erweiterten Kammer hat der Präsident des Gerichts zwei andere Richter zur Ergänzung der Kammer bestimmt.

99      Die Parteien haben in der Sitzung vom 14. Juni 2021 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

100    Mit am 27. Juli 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Klägerinnen die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens gemäß Art. 113 Abs. 2 Buchst. c der Verfahrensordnung beantragt. Mit Entscheidung vom 27. August 2021 hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass keine der Voraussetzungen des Art. 113 Abs. 2 der Verfahrensordnung erfüllt sei, da die Tatsachen, auf die die Klägerinnen ihren Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens stützten, für die Entscheidung des Gerichts nicht von maßgeblicher Bedeutung seien.

101    Die Klägerinnen beantragen,

–        das Abwicklungskonzept für nichtig zu erklären;

–        dem SRB die Kosten aufzuerlegen.

102    Der SRB beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

103    Banco Santander, das Königreich Spanien, der Rat und die Kommission beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

104    Das Parlament beantragt,

–        die Klage abzuweisen, soweit sie auf Einreden der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014 und der Richtlinie 2014/59 gestützt ist;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

105    Die Klägerinnen führen in der Klageschrift zehn Klagegründe an. Mit dem ersten Klagegrund rügen sie eine Verletzung der Begründungspflicht, des in Art. 41 Abs. 2 Buchst. b und c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Rechts auf eine gute Verwaltung und des in Art. 47 der Charta verankerten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Mit dem zweiten Klagegrund erheben sie eine Einrede der Rechtswidrigkeit, weil Art. 18, Art. 24 Abs. 2 Buchst. a und Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie die Art. 32, 38 und 43 der Richtlinie 2014/59 das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta verankerte Recht auf Gehör verletzten. Mit dem dritten Klagegrund erheben sie eine Einrede der Rechtswidrigkeit, weil die Art. 21, 22, 24 und 27 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie die Art. 38 und 63 der Richtlinie 2014/59 das in Art. 17 Abs. 1 der Charta verankerte Eigentumsrecht und den in Art. 16 der Charta verankerten Grundsatz der unternehmerischen Freiheit verletzten. Mit dem vierten Klagegrund rügen sie eine Verletzung des in Art. 47 der Charta verankerten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Mit dem fünften Klagegrund rügen sie einen Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 32 der Richtlinie 2014/59. Mit dem sechsten Klagegrund rügen sie eine Verletzung des Vorsorgeprinzips im Bankensektor. Mit dem siebten Klagegrund rügen sie eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes. Mit dem achten Klagegrund rügen sie eine Verletzung des Eigentumsrechts und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die in den Art. 17 und 52 der Charta verankert seien. Mit dem neunten Klagegrund rügen sie einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014. Mit dem zehnten Klagegrund rügen sie, dass das Veräußerungsverfahren für Banco Popular gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 39 Abs. 2 Buchst. a, b, d und f der Richtlinie 2014/59 verstoße.

106    In der Erwiderung machen die Klägerinnen drei neue Klagegründe geltend. Mit dem ersten rügen sie eine Verletzung von Art. 20 Abs. 3 und 11 der Verordnung Nr. 806/2014, mit dem zweiten eine Verletzung der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf sowie mit dem dritten eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften. Da die Klägerinnen mit diesen drei neuen Klagegründen der Sache nach beanstanden, dass der SRB keine endgültige Ex-post-Bewertung nach Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 vornehmen wird, werden diese Klagegründe in einem elften Klagegrund zusammengefasst.

 Zur Zulässigkeit

107    In ihrem Streithilfeschriftsatz macht die Kommission geltend, die Klage sei unzulässig, weil das Abwicklungskonzept eine Zwischenmaßnahme sei, die keine verbindlichen Wirkungen entfalte. Mit dem Beschluss 2017/1246 habe sie das Abwicklungskonzept gebilligt, sich zu eigen gemacht und ihm verbindliche Wirkungen verliehen, so dass eine allein gegen das Abwicklungskonzept gerichtete Klage unzulässig sei.

108    Das Parlament und der Rat machen in ihren Streithilfeschriftsätzen ebenfalls geltend, dass das Abwicklungskonzept selbst keine Rechtswirkungen gegenüber Dritten im Sinne von Art. 263 AEUV entfalte.

109    Nach Ansicht der Klägerinnen ist das Vorbringen der Streithelfer zur Unzulässigkeit der Klage unzulässig, weil der SRB diese nicht geltend gemacht habe. Hilfsweise machen sie geltend, die Klage sei zulässig.

110    Nach Art. 142 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann die Streithilfe nur die völlige oder teilweise Unterstützung der Anträge einer Hauptpartei zum Gegenstand haben. Zudem muss der Streithelfer nach Art. 142 Abs. 3 der Verfahrensordnung den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zum Zeitpunkt des Streitbeitritts befindet.

111    Im vorliegenden Fall beantragt der SRB nur, die Klage in der Sache abzuweisen, und stellt deren Zulässigkeit nicht in Frage.

112    Nach ständiger Rechtsprechung kann zwar der Streithelfer keine eigenständige Unzulässigkeitseinrede erheben, so dass das Gericht nicht verpflichtet ist, auf allein vom Streithelfer vorgebrachte Unzulässigkeitsgründe einzugehen (Urteile vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, EU:C:1993:111, Rn. 22, und vom 13. Dezember 2018, Post Bank Iran/Rat, T‑559/15, EU:T:2018:948, Rn. 63).

113    Da es sich jedoch um eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung handelt, ist die Zulässigkeit der Klage von Amts wegen zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, EU:C:1993:111, Rn. 23, und vom 20. Juni 2019, a&o hostel and hotel Berlin/Kommission, T‑578/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:437, Rn. 36).

114    Nach ständiger Rechtsprechung sind anfechtbare Handlungen im Sinne von Art. 263 AEUV unabhängig von ihrer Form alle von den Organen erlassenen Bestimmungen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen (vgl. Urteile vom 25. Oktober 2017, Slowakei/Kommission, C‑593/15 P und C‑594/15 P, EU:C:2017:800, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 3. Juni 2021, Ungarn/Parlament, C‑650/18, EU:C:2021:426, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115    Um festzustellen, ob eine Handlung solche Wirkungen erzeugt und daher Gegenstand einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV sein kann, ist auf ihr Wesen abzustellen und sind diese Wirkungen anhand objektiver Kriterien wie z. B. des Inhalts dieser Handlung zu beurteilen, wobei gegebenenfalls der Zusammenhang ihres Erlasses und die Befugnisse des die Handlung vornehmenden Organs zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil vom 3. Juni 2021, Ungarn/Parlament, C‑650/18, EU:C:2021:426, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der SRB die Befugnisse ausübt, die ihm durch die Verordnung Nr. 806/2014 verliehen worden sind, darunter die nach deren Art. 16 Abs. 1, „über eine Abwicklungsmaßnahme für ein in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassenes Finanzinstitut [zu entscheiden], wenn die in Artikel 18 Absatz 1 festgelegten Voraussetzungen … erfüllt sind“. Damit hat der Unionsgesetzgeber dem SRB ausdrücklich eine Entscheidungsbefugnis zugewiesen.

117    Ein Beschluss des SRB über eine Abwicklungsmaßnahme ist eine Handlung, die in Kraft treten kann. Gemäß seinem Art. 12 trat das Abwicklungskonzept am 7. Juni 2017 um 06.30 Uhr in Kraft.

118    Zudem werden nach Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 in dem vom SRB nach deren Art. 18 beschlossenen Abwicklungskonzept die Einzelheiten der auf das in Abwicklung befindliche Institut anzuwendenden Abwicklungsinstrumente festgelegt, die von den nationalen Abwicklungsbehörden im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2014/59 so auszuführen sind, wie sie in nationales Recht umgesetzt wurden.

119    Somit ist es nach Art. 9 des Abwicklungskonzepts Sache des FROB, alle zur Durchführung und Umsetzung dieses Beschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Der FROB muss u. a. den Verkauf von Banco Popular gemäß den im Abwicklungskonzept festgelegten Modalitäten durchführen. Art. 10 des Abwicklungskonzepts sieht außerdem vor, dass der SRB die Umsetzung des Abwicklungskonzepts durch den FROB gemäß Art. 28 der Verordnung Nr. 806/2014 überwacht.

120    Daher ist festzustellen, dass das Abwicklungskonzept in Anbetracht seines Inhalts verbindliche Rechtswirkungen entfaltet.

121    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 86 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 vor dem Gerichtshof Klage gemäß Art. 263 AEUV gegen eine Entscheidung des Beschwerdeausschusses oder – in Fällen, in denen keine Beschwerde beim Beschwerdeausschuss eingereicht werden kann – des SRB erhoben werden kann. Nach Art. 86 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 können die Mitgliedstaaten und die Organe der Union sowie jede natürliche oder juristische Person vor dem Gerichtshof gemäß Art. 263 AEUV Klage gegen Beschlüsse des SRB erheben.

122    Hierzu hat der Gerichtshof ausgeführt, dass nach Art. 86 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 die Mitgliedstaaten und die Organe der Union sowie jede natürliche oder juristische Person vor dem Gerichtshof Klage gemäß Art. 263 AEUV gegen Beschlüsse des SRB erheben können, der allein in dieser Verordnungsbestimmung unter Ausschluss aller anderen Organe, Stellen oder Einrichtungen genannt ist (Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB, C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 56).

123    Wie der Gerichtshof ebenfalls entschieden hat, ist das Abwicklungsverfahren ein komplexes Verwaltungsverfahren, an dem mehrere Behörden mitwirken und bei dem allein das Endergebnis, das dadurch zustande kommt, dass der SRB seine Befugnisse ausübt, Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung gemäß Art. 86 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sein kann (Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB, C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 66).

124    Somit ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 86 der Verordnung Nr. 806/2014 und der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass das Abwicklungskonzept, gegen das keine Beschwerde beim Beschwerdeausschuss eingelegt werden kann, eine Handlung ist, die mit einer Nichtigkeitsklage vor dem Gericht angefochten werden kann.

125    Diese Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen des Parlaments, des Rates und der Kommission nicht in Frage gestellt.

126    Als Erstes haben das Parlament und die Kommission in der Sitzung ausgeführt, dass in einem Verfahren, an dem mehrere Organe beteiligt seien, nur der endgültige Rechtsakt anfechtbar sei. Die Kommission hat geltend gemacht, mit ihrer Billigung mache sie sich das Abwicklungskonzept zu eigen und werde zu dessen Urheber, was im Einklang mit den für die Befugnisübertragung geltenden Grundsätzen stehe, die im Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), aufgestellt worden seien. Nach Ansicht des Parlaments umfasst der Beschluss der Kommission das Abwicklungskonzept, das als Teil dieses Beschlusses nicht mit einer Klage anfechtbar sei.

127    Wie die Kommission in der Sitzung ausgeführt hat, tritt das Abwicklungskonzept zwar nur mit seiner Billigung in Kraft. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Billigung durch die Kommission die eigenständigen Rechtswirkungen des Abwicklungskonzepts zugunsten derjenigen des Beschlusses der Kommission entfallen lässt.

128    In Anbetracht des Wortlauts u. a. von Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 ist davon auszugehen, dass die Billigung durch die Kommission ein notwendiger Schritt zum Inkrafttreten des Abwicklungskonzepts ist und diesem eine Rechtswirkung verleiht.

129    Entgegen dem Vorbringen der Kommission bedingt aber die Beachtung der für die Befugnisübertragung geltenden Grundsätze, die im Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), aufgestellt worden sind, nicht, dass nur der von der Kommission erlassene Beschluss rechtliche Wirkungen erzeugt. Nach diesem Urteil bringt die Übertragung von Befugnissen, die nach freiem Ermessen auszuüben sind und einen weiten Ermessensspielraum voraussetzen und die je nach der Art ihrer Ausübung die Verwirklichung einer ausgesprochenen Wirtschaftspolitik ermöglichen, eine „tatsächliche Verlagerung der Verantwortung“ mit sich.

130    Nach Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 ist es erforderlich, dass die Kommission das Abwicklungskonzept hinsichtlich seiner Ermessensaspekte billigt, damit es Rechtswirkungen entfaltet, wodurch eine „tatsächliche Verlagerung der Verantwortung“ im Sinne des Urteils vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), vermieden wird.

131    In dieser Hinsicht heißt es im 26. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014:

„… Das Verfahren im Zusammenhang mit der Festlegung des Abwicklungskonzepts, an dem die Kommission und der Rat beteiligt sind, stärkt die notwendige operative Unabhängigkeit des [SRB], ohne den Grundsatz der Übertragung von Befugnissen auf Einrichtungen entsprechend der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union … anzutasten. Deshalb ist in dieser Verordnung vorgesehen, dass das vom [SRB] angenommene Abwicklungskonzept nur in Kraft tritt, wenn innerhalb einer Frist von 24 Stunden nach Annahme des Konzepts durch den [SRB] weder der Rat noch die Kommission Einwände erhoben haben oder wenn das Abwicklungskonzept durch die Kommission gebilligt wurde. …“

132    Zudem wird das Vorbringen der Kommission, mit ihrer Billigung mache sie sich das Abwicklungskonzept zu eigen, nicht durch die in der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem SRB und der Kommission gestützt. Die Kommission verfügt nämlich über eine eigene Zuständigkeit für die Beurteilung der Ermessensaspekte des Abwicklungskonzepts. Außerdem kann die Kommission nach Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 entweder das Abwicklungskonzept billigen oder hinsichtlich seiner Ermessensaspekte Einwände erheben. Dagegen ist sie weder befugt, die Zuständigkeiten des SRB auszuüben, noch, das Abwicklungskonzept oder dessen rechtliche Wirkungen zu ändern.

133    Als Zweites hat die Kommission in der Sitzung vorgetragen, das Abwicklungskonzept sei für sie nicht verbindlich. Falls sie diesem nicht zustimme, sei sie nicht zu seiner Billigung verpflichtet. Die Entscheidung des Gerichtshofs im Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369), hinsichtlich der Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls des betroffenen Unternehmens durch die EZB sei auf das Abwicklungskonzept entsprechend übertragbar. Somit sei das Abwicklungskonzept eine vorbereitende Handlung, die nicht nach Art. 263 AEUV anfechtbar sei.

134    Nach der Rechtsprechung liegt im Fall von Handlungen, die in mehreren Phasen eines internen Verfahrens ergehen, eine anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei den Maßnahmen vor, die den Standpunkt des Organs bei Abschluss dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen und deren Rechtswidrigkeit im Rahmen einer gegen diese gerichteten Klage geltend gemacht werden kann (vgl. Beschluss vom 6. Mai 2019, ABLV Bank/EZB, T‑281/18, EU:T:2019:296, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

135    In Rn. 66 des Urteils vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369), hat der Gerichtshof entschieden, dass die von der EZB vorgenommene Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von ABLV Bank und ABLV Bank Luxembourg als solche keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugt hat, die geeignet gewesen wären, die Interessen der Rechtsmittelführer durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung zu beeinträchtigen, und dass erst die Festlegung und dann das Inkrafttreten des Abwicklungskonzepts und die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten im Sinne von Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 geeignet waren, die Rechtsstellung der Rechtsmittelführer zu verändern.

136    Dazu genügt der Hinweis, dass anders als in Bezug auf das Abwicklungskonzept keine Bestimmung der Verordnung Nr. 806/2014 ein Inkrafttreten der Bewertung der EZB vorsieht.

137    Zudem kann im Rahmen des mit der Verordnung Nr. 806/2014 eingerichteten komplexen Verwaltungsverfahrens das Abwicklungskonzept nicht als eine vorbereitende Handlung angesehen werden, die der Vorbereitung des Beschlusses der Kommission dient. Wie dargelegt, bewirkt zum einen nach Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 die Billigung des Abwicklungskonzepts durch die Kommission dessen Inkrafttreten und kann zum anderen die Kommission Einwände hinsichtlich der Ermessensaspekte des Abwicklungskonzepts erheben, sie kann aber weder Einwände hinsichtlich seiner rein technischen Aspekte erheben noch diese ändern.

138    Als Drittes haben das Parlament und der Rat in der Sitzung geltend gemacht, Art. 86 der Verordnung Nr. 806/2014 sei dahin auszulegen, dass er nur die eigenständigen Beschlüsse des SRB betreffe, die keiner Billigung durch die Kommission bedürften.

139    Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut und die mit ihr verfolgten Ziele zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und das gesamte Unionsrecht (vgl. Urteil vom 8. Juli 2019, Kommission/Belgien [Art. 260 Abs. 3 AEUV – Hochgeschwindigkeitsnetze], C‑543/17, EU:C:2019:573, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 24. Oktober 2019, Liaño Reig/SRB, T‑557/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:771, Rn. 59).

140    Gemäß Art. 86 der Verordnung Nr. 806/2014 sind aber alle Beschlüsse des SRB mit Ausnahme derjenigen, gegen die Beschwerde beim Beschwerdeausschuss eingelegt werden kann, mit einer Klage gemäß Art. 263 anfechtbar. Ein Abwicklungskonzept fällt definitionsgemäß in diese Kategorie von Beschlüssen, und kein Vorbehalt in diesem Artikel und keine Bestimmung der Verordnung Nr. 806/2014 erlaubt seinen Ausschluss.

141    Zudem sieht Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 vor, dass die Bewertung integraler Bestandteil der Entscheidung über die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bzw. die Entscheidung über die Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten ist und dass gegen die Bewertung selbst kein gesonderter Rechtsbehelf, wohl aber ein Rechtsbehelf gegen sie zusammen mit dem Beschluss des SRB eingelegt werden kann.

142    Damit sieht diese Bestimmung die Möglichkeit vor, die Bewertung im Rahmen einer Klage gegen das vom SRB festgelegte Abwicklungskonzept anzufechten, sie nimmt aber nicht auf den von der Kommission erlassenen Beschluss Bezug.

143    Daher ist dem Wortlaut von Art. 86 der Verordnung Nr. 806/2014, aber auch anderen Bestimmungen dieser Verordnung zu entnehmen, dass ein vom SRB festgelegtes Abwicklungskonzept mit einer Klage anfechtbar ist, ohne dass ebenfalls eine Klage gegen den Beschluss der Kommission zur Billigung dieses Konzepts erhoben werden muss.

144    Überdies genügt die vom Parlament, vom Rat und von der Kommission vertretene Auslegung von Art. 86 der Verordnung Nr. 806/2014 nicht den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung, wonach eine Bestimmung des abgeleiteten Unionsrechts möglichst so auszulegen ist, dass sie mit dem gesamten Primärrecht und insbesondere mit den Bestimmungen der Verträge und der Charta sowie mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts vereinbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial [Portugal], C‑442/18 P, EU:C:2019:1117, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 2. Februar 2021, Consob, C‑481/19, EU:C:2021:84, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 24. Oktober 2019, Liaño Reig/SRB, T‑557/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:771, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung), einschließlich der Grundsätze der Rechtssicherheit und des wirksamen gerichtlichen Schutzes.

145    Erstens gebietet der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass Rechtsvorschriften klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sein müssen, damit sich die Betroffenen bei unter das Gemeinschaftsrecht fallenden Tatbeständen und Rechtsbeziehungen orientieren können (Urteile vom 30. April 2019, Italien/Rat [Fangquote für Schwertfisch im Mittelmeer], C‑611/17, EU:C:2019:332, Rn. 111, vom 25. November 2020, ACRE/Parlament, T‑107/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:560, Rn. 66, und vom 9. Dezember 2020, Adraces/Kommission, T‑714/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:591, Rn. 37). Die Beachtung der aus diesem Grundsatz folgenden Anforderungen ist umso wichtiger, wenn die betreffenden Rechtsvorschriften nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. April 2019, Italien/Rat [Fangquote für Schwertfisch im Mittelmeer], C‑611/17, EU:C:2019:332, Rn. 111, und vom 26. März 2020, Hungeod u. a., C‑496/18 und C‑497/18, EU:C:2020:240, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere muss es eine Unionsregelung nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit den Betroffenen ermöglichen, ihre Rechte und Pflichten eindeutig zu erkennen und sich darauf einzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. März 2009, Heinrich, C‑345/06, EU:C:2009:140, Rn. 44, vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 41, und vom 29. April 2021, Banco de Portugal u. a., C‑504/19, EU:C:2021:335, Rn. 51).

146    Zweitens heißt es zum Grundsatz des wirksamen gerichtlichen Schutzes in Art. 47 Abs. 1 der Charta, dass jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht hat, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs erfordert die Wirksamkeit der durch diese Bestimmung gewährleisteten gerichtlichen Kontrolle insbesondere, dass der Betroffene seine Rechte unter bestmöglichen Bedingungen verteidigen und in Kenntnis aller Umstände entscheiden kann, ob es für ihn von Nutzen ist, beim zuständigen Gericht eine Klage gegen eine bestimmte Einrichtung zu erheben (vgl. Urteil vom 29. April 2021, Banco de Portugal u. a., C‑504/19, EU:C:2021:335, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

147    Eine Auslegung dahin, dass ein vom SRB festgelegtes Abwicklungskonzept nur mit einer Klage angefochten werden kann, die zugleich gegen den Beschluss der Kommission zu dessen Billigung gerichtet ist, würde nicht nur den oben in den Rn. 140 und 141 angeführten Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014, sondern auch den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des wirksamen gerichtlichen Schutzes zuwiderlaufen, da die Klage einer Person, die von einem Abwicklungsbeschluss des SRB betroffen ist, eine nicht ausdrücklich vorgesehene Zulässigkeitsvoraussetzung erfüllen müsste.

148    Schließlich ist das vom Parlament in der Sitzung angeführte Argument zurückzuweisen, dass das Abwicklungskonzept nicht für nichtig erklärt werden könne, wenn der Beschluss der Kommission in Kraft bleibe. Denn die Nichtigerklärung eines Abwicklungskonzepts durch das Gericht auf eine dagegen erhobene Klage hätte zur Folge, dass der Beschluss der Kommission zu dessen Billigung gegenstandslos würde.

149    Aus dem Vorstehenden folgt, dass das vom SRB festgelegte Abwicklungskonzept nach seiner Billigung durch die Kommission Rechtswirkungen erzeugt und eine Handlung darstellt, die mit einer eigenständigen Nichtigkeitsklage angefochten werden kann.

150    Die Klage ist daher für zulässig zu erachten.

 Rechtliche Würdigung

 Vorbemerkungen

–       Zur Reichweite der Klage

151    Als Erstes ist festzustellen, dass die Klägerinnen in dem Teil der Erwiderung, der die Vorgeschichte des Rechtsstreits betrifft, geltend machen, dass die Erklärungen, die die Vorsitzende des SRB am 23. Mai 2017 in dem oben in Rn. 39 erwähnten dem Fernsehsender Bloomberg gewährten Interview abgegeben habe, die Liquiditätskrise von Banco Popular und den Misserfolg des privaten Veräußerungsverfahrens verursacht hätten. Im Fall einer Verletzung der Vertraulichkeitspflicht müsse das Abwicklungskonzept für nichtig erklärt werden, wenn es nachweislich ohne diese Indiskretion einen anderen Inhalt gehabt hätte. Die Beweislast hinsichtlich der Quelle der oben in Rn. 42 erwähnten von Reuters veröffentlichten Indiskretion liege beim SRB.

152    Der SRB ist der Auffassung, dass dieses Vorbringen kein neuer Klagegrund sein könne und dass es im einleitenden Teil der Erwiderung enthalten sei. Die Klägerinnen hätten keinen auf das ihm vorgeworfene Verhalten gestützten Klagegrund angeführt. Sollte das Gericht dieses Vorbringen als einen Rechtsgrund einstufen, so wäre dieser nach Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung unzulässig, weil die Informationen, auf die es gestützt sei, den Klägerinnen vor Klageerhebung bekannt gewesen seien.

153    Nach Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Lauf des Verfahrens unzulässig, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Neue Klage- und Verteidigungsgründe sind gemäß Art. 84 Abs. 2 der Verfahrensordnung gegebenenfalls im zweiten Schriftsatzwechsel vorzubringen und als solche kenntlich zu machen.

154    Zum einen ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerinnen, wie der SRB geltend macht, nicht in einem bestimmten Klagegrund enthalten ist, sondern in dem Teil der Erwiderung, der die Vorgeschichte des Rechtsstreits betrifft, und dass die Klägerinnen es somit nicht als einen neuen Klagegrund kenntlich gemacht haben. Da dieses Vorbringen zudem keinen hinreichend engen Zusammenhang mit den ursprünglich in der Klageschrift erhobenen Klagegründen oder Rügen aufweist, um als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden zu können, stellt es auch keine Erweiterung eines in der Klageschrift geltend gemachten Klagegrundes dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2020, VQ/EZB, T‑203/18, EU:T:2020:313, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

155    Zum anderen ist selbst für den Fall, dass dieses Vorbringen als ein neuer, erstmals in der Erwiderung angeführter Rechtsgrund angesehen werden könnte, festzustellen, dass die Klägerinnen nicht geltend machen, es sei auf rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte gestützt, die erst während des Verfahrens zutage getreten seien.

156    Insoweit genügt die Feststellung, dass sowohl das Interview der Vorsitzenden des SRB vom 23. Mai 2017 als auch der Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017, auf die sich die Klägerinnen stützen, schon in der Klageschrift erwähnt worden sind. Sollte dieses Vorbringen als ein neuer, in der Erwiderung angeführter Klagegrund anzusehen sein, wäre dieser somit unzulässig und nicht zu prüfen.

157    Als Zweites haben die Klägerinnen mit am 8. September 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz ein neues Beweisangebot nach Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung vorgelegt, das sich auf zwei interne E‑Mails des SRB vom 10. und 18. August 2017 betreffend eine mögliche Indiskretion als Ursprung des Reuters-Artikels vom 31. Mai 2017 bezieht. Die Klägerinnen führen aus, sie hätten Zugang zu diesen Dokumenten erhalten, nachdem der SRB sie mit Entscheidung vom 24. August 2020 gemäß der Entscheidung des Beschwerdeausschusses des SRB vom 15. April 2020 über ihren Antrag auf Zugang zu Dokumenten offengelegt habe.

158    Die Klägerinnen machen geltend, aus diesen E‑Mails lasse sich ableiten, dass der SRB keine effiziente interne Untersuchung durchgeführt habe, um den Ursprung dieser Indiskretion festzustellen.

159    Der SRB und Banco Santander halten die Einführung dieser neuen Schriftstücke für unzulässig, weil sie sich auf keinen der in der Erwiderung angeführten Klagegründe bezögen. Die Kommission und das Königreich Spanien machen geltend, diese Schriftstücke seien für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich, während der Rat meint, dass die Klägerinnen deren Erheblichkeit nicht nachgewiesen hätten.

160    Nach Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung können die Hauptparteien ausnahmsweise noch vor Abschluss des mündlichen Verfahrens Beweise oder Beweisangebote vorlegen, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist.

161    Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen weder darlegen, welchen Klagegrund oder welches Vorbringen sie mit diesen Schriftstücken stützen wollen, noch, inwieweit diese für die Beurteilung der Gültigkeit des Abwicklungskonzepts erheblich sein sollen.

162    In den vorstehenden Rn. 151 bis 156 ist bereits dargelegt worden, dass das Vorbringen zu dem Reuters-Artikel nur in der Erwiderung, und zwar in dem die Vorgeschichte des Rechtsstreits betreffenden Teil, enthalten ist und dass die Klägerinnen weder in der Klageschrift noch in der Erwiderung einen Klagegrund angeführt haben, der diesen Artikel und die beanstandete Indiskretion betrifft. Daraus ist gefolgert worden, dass dieses Vorbringen selbst dann unzulässig wäre, wenn es als ein neuer, in der Erwiderung angeführter Klagegrund anzusehen wäre.

163    Da die mit diesem Beweisangebot vorgelegten Schriftstücke nicht in einem Zusammenhang mit ordnungsgemäß in der Klageschrift oder in der Erwiderung angeführten Rechtsgründen stehen, sind sie als für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen ist, ob die Verspätung ihrer Vorlage gerechtfertigt ist.

–       Zum Umfang der Kontrolle durch das Gericht

164    Die Klägerinnen machen geltend, das Gericht müsse die sachliche Richtigkeit, die Zuverlässigkeit und die Kohärenz der wirtschaftlichen und finanziellen Informationen prüfen, auf die sich der SRB gestützt habe, und sich vergewissern, dass das Abwicklungskonzept auf einer hinreichend belastbaren tatsächlichen Grundlage beruhe.

165    Der SRB führt aus, bei komplexen technischen Fragen müsse das Gericht die von der Behörde getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen überprüfen, untersuchen, ob die erlassene Maßnahme mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch behaftet sei, und prüfen, ob die Behörde ihr Ermessen offensichtlich überschritten habe. Bei der Einschätzung der Bewertung 2 als geeignete Grundlage für den Erlass des Abwicklungskonzepts habe er über einen erheblichen Ermessensspielraum verfügt, weil dieses auf einer komplexen tatsächlichen und technischen Beurteilung beruhe.

166    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung die vom Gericht ausgeübte Kontrolle sowohl in Fällen begrenzt hat, in denen die angefochtene Handlung auf hochkomplexe tatsächliche Umstände wissenschaftlicher und technischer Art gestützt ist, als auch in solchen, in denen es um komplexe wirtschaftliche Wertungen geht.

167    Zum einen muss sich in den Fällen, in denen die Unionsbehörden über ein weites Ermessen insbesondere in Bezug auf die Beurteilung hochkomplexer wissenschaftlicher und technischer tatsächlicher Umstände bei der Festlegung von Art und Umfang der von ihnen erlassenen Maßnahmen verfügen, die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränken, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist oder einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob diese Behörden die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten haben. In einem solchen Kontext darf der Unionsrichter nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen der Unionsbehörden setzen, denen allein der AEU‑Vertrag diese Aufgabe zugewiesen hat (Urteile vom 21. Juli 2011, Etimine, C‑15/10, EU:C:2011:504, Rn. 60, und vom 7. März 2013, Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, T‑93/10, EU:T:2013:106, Rn. 76; vgl. auch Urteil vom 11. Mai 2017, Deza/ECHA, T‑115/15, EU:T:2017:329, Rn. 163 und die dort angeführte Rechtsprechung).

168    Zum anderen handelt es sich bei der Kontrolle, die die Unionsgerichte in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Unionsbehörden ausüben, um eine beschränkte Kontrolle, die sich zwangsläufig auf die Prüfung beschränkt, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt. Im Rahmen dieser Kontrolle darf der Unionsrichter somit nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, EU:C:1985:327, Rn. 34, vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. Januar 2020, Iberpotash/Kommission, T‑257/18, EU:T:2020:1, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

169    Da die Beschlüsse, die der SRB im Rahmen eines Abwicklungsverfahrens zu erlassen hat, auf hochkomplexen wirtschaftlichen und technischen Beurteilungen beruhen, gelten die Grundsätze, die sich aus der oben in den Rn. 167 und 168 angeführten Rechtsprechung ergeben, für die Kontrolle, die das Gericht auszuüben hat.

170    Auch wenn dem SRB ein Beurteilungsspielraum in wirtschaftlichen und technischen Fragen zusteht, bedeutet dies jedoch nicht, dass der Unionsrichter die Auslegung der Wirtschaftsdaten durch den SRB, die dessen Beschluss zugrunde liegen, nicht kontrollieren darf. Denn der Unionsrichter muss, wie der Gerichtshof entschieden hat, selbst bei komplexen Beurteilungen nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing, C‑525/04 P, EU:C:2007:698, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 26. März 2019, Kommission/Italien, C‑621/16 P, EU:C:2019:251, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

171    Ein die Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts rechtfertigender offensichtlicher Fehler des SRB bei der Würdigung des Sachverhalts kann nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgelegten Beweise ausreichen, um die in diesem Konzept vorgenommene Sachverhaltswürdigung nicht plausibel erscheinen zu lassen (vgl. entsprechend Urteile vom 14. Juni 2018, Lubrizol France/Rat, C‑223/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:442, Rn. 39, vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, EU:T:1996:195, Rn. 59, und vom 13. Dezember 2018, Comune di Milano/Kommission, T‑167/13, EU:T:2018:940, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

172    Das Gericht hält es für zweckmäßig, zum einen zunächst die mit dem zweiten und dem dritten Klagegrund erhobenen Unzulässigkeitseinreden zu prüfen und zum anderen den ersten und den vierten Klagegrund zusammen zu prüfen, da mit ihnen die Verletzung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf geltend gemacht wird.

 Zum zweiten Klagegrund, mit dem eine Einrede der Rechtswidrigkeit erhoben wird, weil Art. 18, Art. 24 Abs. 2 Buchst. a und Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie die Art. 32, 38 und 43 der Richtlinie 2014/59 das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta verankerte Recht auf Gehör verletzten

173    Die Klägerinnen erheben gemäß Art. 277 AEUV eine Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 18, Art. 24 Abs. 2 Buchst. a und Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie der Art. 32, 38 und 43 der Richtlinie 2014/59, weil diese Bestimmungen das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta verankerte Recht auf Gehör dadurch verletzten, dass sie nicht vorsähen, dass die Anteilseigner des Unternehmens, für das eine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet worden sei, vor der Annahme einer solchen Maßnahme anzuhören seien.

174    Nach ständiger Rechtsprechung ist Art. 277 AEUV Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, der jeder Partei das Recht gewährleistet, zum Zweck der Nichtigerklärung einer sie unmittelbar und individuell betreffenden Entscheidung die Gültigkeit derjenigen früheren Rechtshandlungen der Organe zu bestreiten, die die Rechtsgrundlage für die angegriffene Entscheidung bilden, falls die Partei nicht das Recht hatte, gemäß Art. 263 AEUV unmittelbar gegen diese Rechtshandlungen zu klagen, deren Folgen sie nunmehr treffen, ohne dass sie ihre Nichtigerklärung hätte beantragen können (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2020, BP/FRA, C‑601/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:1048, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

–       Zur Reichweite der Einrede der Rechtswidrigkeit

175    Als Erstes machen das Parlament und der Rat geltend, die Einrede der Rechtswidrigkeit der Art. 32, 38 und 43 der Richtlinie 2014/59 müsse als unzulässig zurückgewiesen werden, weil die Richtlinie 2014/59 nicht die Rechtsgrundlage für das Abwicklungskonzept sei und in keinem Zusammenhang mit diesem stehe.

176    Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die Einrede der Rechtswidrigkeit nach der Rechtsprechung nicht nur gegenüber Verordnungen, sondern auch gegenüber Richtlinien erhoben werden könne und auf die Handlungen erstreckt werden müsse, die zwar förmlich nicht die Rechtsgrundlage der angefochtenen Handlung bildeten, wohl aber mit dieser in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang stünden. Daher müsse die Einrede der Rechtswidrigkeit auch gegenüber den Bestimmungen der Richtlinie 2014/59 erhoben werden können.

177    Da Art. 277 AEUV nicht bezweckt, einer Partei zu gestatten, die Anwendbarkeit irgendeines Rechtsakts mit allgemeiner Geltung mittels einer beliebigen Klage zu bestreiten, muss der Rechtsakt, dessen Rechtswidrigkeit behauptet wird, mittelbar oder unmittelbar auf den Sachverhalt anwendbar sein, der den Gegenstand der Klage bildet (vgl. Urteil vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

178    So hat der Gerichtshof im Rahmen von Nichtigkeitsklagen gegen Einzelentscheidungen anerkannt, dass die Einrede der Rechtswidrigkeit gegenüber den Bestimmungen eines Rechtsakts mit allgemeiner Geltung erhoben werden kann, auf denen diese Entscheidungen beruhen oder die in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit solchen Entscheidungen stehen. Dagegen hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Einrede der Rechtswidrigkeit gegenüber einem Rechtsakt mit allgemeiner Geltung, zu dem die angefochtene Einzelentscheidung keine Durchführungsmaßnahme darstellt, unzulässig ist (vgl. Urteil vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 69 und 70 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

179    Nach ständiger Rechtsprechung ist eine bei der Anfechtung eines dritten Rechtsakts nach Art. 277 AEUV inzident erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit nur zulässig, wenn zwischen diesem Akt und der Rechtsnorm, deren Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, ein Zusammenhang besteht. Die Reichweite einer Rechtswidrigkeitseinrede ist auf das zu beschränken, was zur Entscheidung über den Rechtsstreit unerlässlich ist (vgl. Urteile vom 12. Juni 2015, Health Food Manufacturers’ Association u. a./Kommission, T‑296/12, EU:T:2015:375, Rn. 170 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 4. Dezember 2018, Janoha u. a./Kommission, T‑517/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:874, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

180    Es ist zu beachten, dass das vom SRB im Abwicklungskonzept angewandte Verfahren nur auf den Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 beruht und dass die Art. 32, 38 und 43 der Richtlinie 2014/59, die die von den nationalen Behörden erlassenen Abwicklungsmaßnahmen betreffen, im vorliegenden Fall nicht angewandt worden und im Abwicklungskonzept nicht erwähnt sind.

181    Die Klägerinnen machen geltend, die Richtlinie stehe in einem engen Zusammenhang mit dem Abwicklungskonzept, weil der Gesetzgeber beim Erlass der Verordnung Nr. 806/2014 der Richtlinie 2014/59 gefolgt sei und diese Verordnung dieselben Lücken aufweise.

182    Mit diesem Vorbringen wird nur auf eine Ähnlichkeit zwischen den Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 und denen der Richtlinie 2014/59 hingewiesen, womit jedoch nicht der Nachweis erbracht werden kann, dass zwischen dem Abwicklungskonzept und der Richtlinie 2014/59 der von der oben in den Rn. 177 bis 179 angeführten Rechtsprechung geforderte unmittelbare Zusammenhang besteht.

183    Zudem kann die Rechtmäßigkeit der von den Klägerinnen genannten Artikel der Richtlinie 2014/59 eventuell anlässlich einer Klage gegen einen von einer nationalen Behörde erlassenen Abwicklungsbeschluss im Wege eines Ersuchens um Vorabentscheidung über die Gültigkeit in Abrede gestellt werden.

184    Sonach ist mit dem Parlament und dem Rat davon auszugehen, dass die etwaige Feststellung der von den Klägerinnen eingewandten Rechtswidrigkeit der Art. 32, 38 und 43 der Richtlinie 2014/59 und ihrer Unanwendbarkeit im vorliegenden Fall keine Folgen für die Gültigkeit des Abwicklungskonzepts hätte, so dass die diesen Bestimmungen gegenüber erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit als unzulässig zurückzuweisen ist.

185    Als Zweites genügt zu Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend das Bail-in‑Instrument der Hinweis, dass dieser vom SRB im Abwicklungskonzept nicht angewandt worden ist, so dass die dieser Bestimmung gegenüber erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen ist.

186    Was als Drittes Art. 24 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 angeht, so sieht danach hinsichtlich des Instruments der Unternehmensveräußerung vor, dass im Abwicklungskonzept die von der nationalen Abwicklungsbehörde gemäß Art. 38 Abs. 1 und 7 bis 11 der Richtlinie 2014/59 zu übertragenden Titel, Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten festgelegt werden. Diese Bestimmung betrifft nicht den Ablauf des Abwicklungsverfahrens, und die Klägerinnen erläutern nicht, wie deren Anwendung zu einer Verletzung des Rechts der Anteilseigner auf Gehör vor der Annahme einer Abwicklungsmaßnahme führen könnte.

187    Die Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 24 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

188    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen in ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des Rates geltend machen, sie beanstandeten mit ihrer Rechtswidrigkeitseinrede, dass das in Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Abwicklungsverfahren keinerlei Garantie gegenüber dem Vorgehen des SRB bei der Festlegung eines Abwicklungskonzepts enthalte. Damit räumen die Klägerinnen ein, dass sich ihre Rechtswidrigkeitseinrede nur gegen das in diesem Artikel vorgesehene Verfahren richtet.

189    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerinnen mit ihrer im Rahmen des zweiten Klagegrundes erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit nur die Gültigkeit von Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 mit der Begründung in Abrede stellen, dass diese Bestimmung dadurch, dass sie nicht die Anhörung der Anteilseigner durch den SRB vor dem Erlass einer Abwicklungsmaßnahme vorsehe, ihr durch Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta verbürgtes Recht auf Gehör verletze.

–       Zur Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014

190    Die Klägerinnen machen geltend, das Abwicklungsverfahren nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 verletze ihre Verteidigungsrechte, weil es nicht die Beteiligung der von der Abwicklungsmaßnahme betroffenen Personen zulasse. Die Abwicklungsmaßnahme werde erlassen, ohne dass die betroffenen Personen gehört würden und ohne dass sie die Möglichkeit hätten, den Bewertungsbericht einzusehen und ihn anzufechten. Der einzige Rechtsbehelf gegen die vorläufige Bewertung nach Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 sei die Anfechtung der Abwicklungsmaßnahme selbst, die bereits unwiderruflich sei, weil sie eine Übertragung an einen Dritten beinhalte.

191    Der SRB erachtet es als aus Gründen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt, dass die Verordnung Nr. 806/2014 keine förmliche Anhörung der Anteilseigner oder der Gläubiger vor dem Erlass einer Abwicklungsmaßnahme vorsehe. Die Abwicklungsmaßnahmen beträfen nicht nur ein Unternehmen, sondern berührten auch die Stabilität der Finanzmärkte. Zudem sei die Abwicklungsmaßnahme nicht an die Anteilseigner des betroffenen Unternehmens gerichtet, die daher nicht gehört werden müssten.

192    Das Parlament und der Rat machen geltend, den Anteilseignern eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens stehe kein Recht auf Gehör nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta im Rahmen dieses Verfahrens zu. Sollten die Anteilseigner eines Unternehmens ein Recht auf Gehör beanspruchen können, so könne dieses Recht jedenfalls Einschränkungen unterliegen.

193    Ferner machen das Parlament, der Rat und die Kommission geltend, falls den Anteilseignern eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens ein Recht auf Gehör nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta zustehen sollte, bestünde dieses Recht auch ohne ausdrückliche Bestimmung in der Verordnung Nr. 806/2014. Dass Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 keine ausdrückliche Bestimmung enthalte, die eine Anhörung der Anteilseigner vorsehe, führe nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Verordnung, da keine ihrer Bestimmungen eine solche Anhörung untersage.

194    Gemäß Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird.

195    Das Recht, gehört zu werden, garantiert jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen möglicherweise nachteilige Entscheidung erlassen wird. Das Recht auf Gehör dient einem zweifachen Zweck. Es dient zum einen der Zusammenstellung der Akten und einer möglichst genauen und zutreffenden Ermittlung des Sachverhalts und ermöglicht es zum anderen, einen wirksamen Schutz der betroffenen Person zu gewährleisten. Das Recht auf Gehör soll insbesondere gewährleisten, dass jede beschwerende Entscheidung in Kenntnis aller Umstände getroffen wird, und soll u. a. der zuständigen Behörde erlauben, einen Fehler zu berichtigen, und der betroffenen Person, individuelle Umstände vorzutragen, die für oder gegen den Erlass oder für oder gegen einen bestimmten Inhalt der Entscheidung sprechen (vgl. Urteil vom 4. Juni 2020, EAD/De Loecker, C‑187/19 P, EU:C:2020:444, Rn. 68 und 69 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

196    Der Gerichtshof hat die Bedeutung des Rechts auf Gehör und seine sehr weite Geltung in der Rechtsordnung der Union bekräftigt, indem er dargelegt hat, dass dieses Recht in allen Verfahren gelten muss, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen können. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dieses Recht auch dann zu wahren, wenn die anwendbare Regelung ein solches Verfahrensrecht nicht ausdrücklich vorsieht (vgl. Urteile vom 22. November 2012, M., C‑277/11, EU:C:2012:744, Rn. 85 und 86 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. November 2019, ADDE/Parlament, T‑48/17, EU:T:2019:780, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

197    Da der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, der das Recht auf Gehör einschließt, ein fundamentaler und allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, kann seine Anwendung durch eine Verordnung weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden, und seine Beachtung ist daher sowohl bei völligem Fehlen einer Sonderregelung als auch bei Vorliegen einer Regelung, die ihm nicht selbst Rechnung trägt, sicherzustellen (vgl. Urteil vom 18. Juni 2014, Spanien/Kommission, T‑260/11, EU:T:2014:555, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

198    Der Geltungsbereich des Rechts auf Gehör als Grundsatz und Grundrecht der Unionsrechtsordnung ist nämlich eröffnet, wenn die Verwaltung eine beschwerende Maßnahme erlassen will, d. h. eine Maßnahme, die für die Interessen der betroffenen Person oder des betroffenen Mitgliedstaats nachteilig sein kann, wobei seine Geltung nicht davon abhängt, dass sie ausdrücklich in einer sekundärrechtlichen Bestimmung vorgesehen ist (Urteil vom 18. Juni 2014, Spanien/Kommission, T‑260/11, EU:T:2014:555, Rn. 64).

199    Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 806/2014 ihrem 121. Erwägungsgrund zufolge im Einklang mit den Grundrechten und den insbesondere in der Charta verankerten Rechten, Freiheiten und Grundsätzen, darunter den Verteidigungsrechten, steht und im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen anzuwenden ist. Zum anderen schließt keine Bestimmung der Verordnung Nr. 806/2014 das Recht auf Gehör der Anteilseigner und der Gläubiger des betreffenden Unternehmens während des Abwicklungsverfahrens ausdrücklich aus oder schränkt es ausdrücklich ein.

200    Zudem ist mit der Kommission und dem Rat darauf hinzuweisen, dass mit einer vom SRB zum Abschluss des Verfahrens nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 festgelegten Abwicklungsmaßnahme die Abwicklung eines Unternehmens bezweckt wird. Das in Abwicklung befindliche Unternehmen ist als die Person anzusehen, der gegenüber eine individuelle Maßnahme getroffen wird und für die das Recht auf Gehör durch Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta garantiert ist.

201    Daher ist zu berücksichtigen, dass die Anteilseigner und die Gläubiger dieses Unternehmens nicht Adressaten einer Abwicklungsmaßnahme sind, die keine ihnen gegenüber getroffene individuelle Maßnahme ist.

202    Zu beachten ist jedoch, dass der SRB nach Art. 21 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten des von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens nach dem Verfahren des Art. 18 dieser Verordnung ausüben kann.

203    Somit kann das Verfahren des Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014, auch wenn es kein gegenüber den Anteilseignern und den Gläubigern des betreffenden Unternehmens eröffnetes individuelles Verfahren ist, zur Annahme einer Abwicklungsmaßnahme führen, die für deren Interessen nachteilig sein kann.

204    In der oben in Rn. 196 angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist aber das Recht auf Gehör weit dahin ausgelegt worden, dass es jeder Person in einem Verfahren garantiert ist, das zu einer sie beschwerenden Maßnahme führen kann. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Anteilseigner eines Instituts, für das eine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet worden ist, ein Recht auf Gehör im Rahmen des Abwicklungsverfahrens geltend machen können.

205    Allerdings kann die Ausübung dieses Rechts gemäß Art. 52 Abs. 1 der Charta Einschränkungen unterworfen werden, der wie folgt lautet:

„Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“

206    Daher ist zu prüfen, ob das Fehlen einer Bestimmung in der Verordnung Nr. 806/2014, die ausdrücklich eine Anhörung der Anteilseigner und der Gläubiger des betreffenden Unternehmens im Rahmen des Verfahrens nach Art. 18 dieser Verordnung vorsieht, eine Einschränkung der Ausübung des Rechts auf Gehör darstellt, die mit Art. 52 Abs. 1 der Charta im Einklang steht.

207    Der Gerichtshof hat entschieden, dass Grundrechte wie das Recht auf Beachtung der Verteidigungsrechte nicht schrankenlos gewährleistet sind, sondern Einschränkungen unterliegen können, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen, die mit der fraglichen Maßnahme verfolgt werden, und keinen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und untragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. Urteile vom 10. September 2013, G. und R., C‑383/13 PPU, EU:C:2013:533, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 20. Dezember 2017, Prequ’Italia, C‑276/16, EU:C:2017:1010, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

208    Hierzu machen der SRB, das Königreich Spanien, das Parlament und der Rat geltend, die Einschränkung des Rechts der Anteilseigner auf Gehör sei zum einen durch das Ziel gerechtfertigt, die Stabilität der Finanzmärkte zu gewährleisten, und zum anderen durch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Abwicklungsbeschlüsse sicherzustellen, die zügig erlassen werden müssten.

209    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass nach mehreren Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 806/2014, u. a. den Erwägungsgründen 12, 58 und 61, die Stabilität der Finanzmärkte eines der Ziele ist, die mit den mit dieser Verordnung eingeführten Abwicklungsmechanismen verfolgt werden.

210    Zudem ist gemäß Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Abwicklungsmaßnahme als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten, wenn sie für das Erreichen eines oder mehrerer der in Art. 14 dieser Verordnung genannten Abwicklungsziele notwendig und mit Blick auf diese Ziele verhältnismäßig ist und wenn dies bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang der Fall wäre. Zu den in Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Abwicklungszielen gehören u. a. „die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, beispielsweise von Marktinfrastrukturen, und durch die Erhaltung der Marktdisziplin“, sowie „der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“.

211    Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass Finanzdienstleistungen in der Wirtschaft der Union eine zentrale Rolle spielen. Banken und sonstige Kreditinstitute sind eine wesentliche Finanzierungsquelle für auf den verschiedenen Märkten tätige Unternehmen. Außerdem sind Banken häufig eng untereinander verbunden, und viele operieren auf internationaler Ebene. Deshalb besteht das Risiko, dass die Insolvenz einer oder mehrerer Banken rasch auf andere Banken – sowohl im Herkunftsstaat als auch in anderen Mitgliedstaaten – übergreift. Dies wiederum birgt die Gefahr, dass negative Auswirkungen auch in anderen Wirtschaftssektoren spürbar werden (Urteile vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 50, vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 72, und vom 25. März 2021, Balgarska Narodna Banka, C‑501/18, EU:C:2021:249, Rn. 108).

212    Der Gerichtshof hat entschieden, dass das Ziel, die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, gleichzeitig aber übermäßige öffentliche Ausgaben zu vermeiden und Wettbewerbsverzerrungen auf ein Minimum zu beschränken, ein hochrangiges öffentliches Interesse darstellt (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 69).

213    Außerdem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) in seiner Entscheidung vom 1. April 2004, Camberrow MM5 AD/Bulgarien (CE:ECHR:2004:0401DEC005035799, § 6), befunden, dass die Staaten in wirtschaftlich sensiblen Bereichen wie dem der Stabilität des Bankensystems über einen weiten Einschätzungsspielraum verfügten und dass es daher im Hinblick auf die legitimen Ziele des Schutzes der Rechte der Gläubiger und der Sicherung der ordnungsgemäßen Verwaltung der Insolvenz der Bank nicht unverhältnismäßig sei, wenn sich ein Anteilseigner nicht an einem Verfahren beteiligen könne, das zum Verkauf der Bank führe.

214    Darüber hinaus ist das Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a. (C‑41/15, EU:C:2016:836), anzuführen, das auf ein Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Art. 8, 25 und 29 der Zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels [54 Abs. 2 AEUV] im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. 1977, L 26, S. 1), ergangen ist. Diese Rechtssache betraf eine außergewöhnliche Maßnahme der nationalen Behörden, mit der durch eine Kapitalerhöhung die Insolvenz einer Aktiengesellschaft verhindert werden sollte, die nach Ansicht des vorlegenden Gerichts die finanzielle Stabilität der Union bedroht hätte. Der Gerichtshof befand, dass sich der den Aktionären und Gläubigern einer Aktiengesellschaft durch die Zweite Richtlinie 77/91 verliehene Schutz in Bezug auf das Gesellschaftskapital der Aktiengesellschaft nicht auf eine derartige, in der Situation einer gravierenden Störung der Wirtschaft und des Finanzsystems eines Mitgliedstaats getroffene nationale Maßnahme erstreckte, die eine aus der unzureichenden Eigenkapitalausstattung der betroffenen Aktiengesellschaft resultierende systemische Bedrohung der finanziellen Stabilität der Union beseitigen sollte (Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a., C‑41/15, EU:C:2016:836, Rn. 50). Die Bestimmungen der Zweiten Richtlinie 77/91 standen folglich einer das Gesellschaftskapital einer Aktiengesellschaft betreffenden außergewöhnlichen Maßnahme wie der in Rede stehenden Anordnung nicht entgegen, die von den nationalen Behörden in der Situation einer gravierenden Störung der Wirtschaft und des Finanzsystems eines Mitgliedstaats ohne die Zustimmung der Hauptversammlung der Gesellschaft getroffen wurde, um eine systemische Gefahr abzuwenden und die finanzielle Stabilität der Union zu sichern (vgl. Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a., C‑41/15, EU:C:2016:836, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

215    Diese Erwägungen gelten entsprechend für die Situation früherer Anteilseigner einer gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 in Abwicklung befindlichen Bank.

216    Auch ein weiteres, in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 genanntes Abwicklungsziel, nämlich die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen des von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens, ist dem Gemeinwohlziel des Schutzes der Stabilität der Finanzmärkte zuzurechnen.

217    Art. 2 Abs. 1 Nr. 35 der Richtlinie 2014/59 definiert die kritischen Funktionen eines Instituts als „Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte, deren Einstellung aufgrund der Größe, des Marktanteils, der externen und internen Verflechtungen, der Komplexität oder der grenzüberschreitenden Tätigkeiten eines Instituts oder einer Gruppe wahrscheinlich in einem oder mehreren Mitgliedstaaten die Unterbrechung von für die Realwirtschaft wesentlichen Dienstleistungen oder eine Störung der Finanzstabilität zur Folge hat, besonders mit Blick auf die Substituierbarkeit dieser Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte“.

218    In dieser Hinsicht sieht Art. 6 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/778 der Kommission vom 2. Februar 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 in Bezug auf die Umstände und Bedingungen, unter denen die Entrichtung von außerordentlichen nachträglich erhobenen Beiträgen teilweise oder vollständig aufgeschoben werden kann, und auf die Kriterien für die Bestimmung der Tätigkeiten, Dienstleistungen und Geschäfte im Zusammenhang mit „kritischen Funktionen“ und zur Präzisierung der Kriterien für die Bestimmung der Geschäftsbereiche und damit verbundenen Dienste im Zusammenhang mit den Kerngeschäftsbereichen (ABl. 2016, L 131, S. 41) die Kriterien zur Bestimmung der kritischen Funktionen vor. Eine Funktion gilt als kritisch, wenn sie von einem Institut für Dritte erbracht wird, die nicht dem Institut oder der Gruppe angehören, und wenn ihr plötzlicher Ausfall wahrscheinlich wesentliche negative Auswirkungen auf diese Dritten hätte, zu Ansteckung führen würde oder das allgemeine Vertrauen der Marktteilnehmer untergraben würde, da die Funktion für Dritte und ihre Ausübung durch das Institut oder die Gruppe systemrelevant sind.

219    Das in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Ziel, die Kontinuität der kritischen Funktionen des von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens sicherzustellen, soll eine Unterbrechung dieser Funktionen verhindern, die zu Störungen nicht nur auf dem betreffenden Markt, sondern auch für die gesamte Finanzstabilität der Union führen könnte.

220    Da eine Abwicklungsmaßnahme die Finanzlage eines Kreditinstituts sichern oder wiederherstellen soll und insbesondere eine Alternative zu dessen Liquidation darstellt, ist daher davon auszugehen, dass sie tatsächlich einem von der Union anerkannten Gemeinwohlziel entspricht (vgl. entsprechend Urteil vom 25. März 2021, Balgarska Narodna Banka, C‑501/18, EU:C:2021:249, Rn. 108).

221    Aus dem Vorstehenden folgt, dass das mit der Verordnung Nr. 806/2014 eingeführte und in ihrem Art. 18 beschriebene Abwicklungsverfahren ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta verfolgt, nämlich das Ziel, die Stabilität der Finanzmärkte zu gewährleisten, das eine Einschränkung des Rechts auf Gehör rechtfertigen kann.

222    Als Zweites ist mehreren Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 806/2014 zu entnehmen, dass eine erforderlich gewordene Abwicklungsmaßnahme rasch erlassen werden muss. Es handelt sich um die Erwägungsgründe 26, 31, 53 und insbesondere 56 dieser Verordnung, nach dem die Abwicklung innerhalb kurzer Zeit vollzogen werden sollte, um eine Störung des Finanzmarkts und der Wirtschaft so gering wie möglich zu halten.

223    Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass mit der Verordnung Nr. 806/2014, wie es in ihrem achten Erwägungsgrund heißt, effizientere Abwicklungsmechanismen geschaffen werden sollen, die ein unentbehrliches Instrument zur Verhütung von Schäden sind, die in der Vergangenheit durch Ausfälle von Banken verursacht wurden, und dass die Erreichung dieses Ziels eine rasche Beschlussfassung voraussetzt, wie die kurzen Fristen zeigen, die in Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehen sind, damit die Finanzstabilität nicht gefährdet wird (Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB, C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 55).

224    Demgemäß sieht Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 u. a. vor, dass die EZB, wenn sie zu der Einschätzung gelangt, dass ein Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, diese Einschätzung umgehend der Kommission und dem SRB mitteilt. Nach Abs. 2 dieses Artikels wird eine vom SRB selbst vorgenommene Bewertung unverzüglich der EZB mitgeteilt. Sind die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, legt der SRB ein Abwicklungskonzept fest, das gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 unmittelbar danach der Kommission übermittelt wird. Die Kommission verfügt sodann über eine Frist von 24 Stunden, um das Abwicklungskonzept entweder zu billigen oder Einwände zu erheben.

225    Somit sieht Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 den unverzüglichen Erlass eines Beschlusses vor, wenn ein Unternehmen die Voraussetzungen für die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme erfüllt, es also erstens ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, zweitens nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass dieser Ausfall innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch andere Maßnahmen des privaten Sektors oder der Aufsichtsbehörden abgewendet werden kann, und drittens seine Abwicklung erforderlich ist, um eins oder mehrere der in Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Ziele zu erreichen.

226    Diese rasche Beschlussfassung soll insbesondere die Kontinuität der kritischen Funktionen des betreffenden Unternehmens sicherstellen und verhindern, dass ein Ausfall Folgen für die Finanzstabilität hat. Die Schnelligkeit der Beschlussfassung bildet daher eine Voraussetzung für die Wirksamkeit dieses Beschlusses.

227    Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, rechtfertigte daher die Dringlichkeit, die ein sofortiges Tätigwerden der zuständigen Behörde gebot, die Einschränkung des Rechts auf Gehör von Personen, die von Maßnahmen betroffen waren, die im Bereich der Umwelthaftung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2010, ERG u. a., C‑379/08 und C‑380/08, EU:C:2010:127, Rn. 67) und in dem der Landwirtschaft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2006, Dokter u. a., C‑28/05, EU:C:2006:408, Rn. 76) getroffen worden waren.

228    Zudem hat der Gerichtshof im Bereich des Einfrierens von Geldern entschieden, dass es die Wirksamkeit der nach dem Unionsrecht gebotenen Maßnahmen des Einfrierens von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen beeinträchtigen würde, wenn die Gründe, auf denen die erstmalige Aufnahme einer Person oder einer Organisation in die Liste der Personen beruht, die mit Restriktionen belegt worden sind, diesen vor ihrer Aufnahme in die Liste mitgeteilt würden. Um das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel zu erreichen, müssen solche Maßnahmen naturgemäß einen Überraschungseffekt haben und unverzüglich zur Anwendung kommen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 338 bis 340, vom 21. Dezember 2011 Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran, C‑27/09 P, EU:C:2011:853, Rn. 61, und vom 12. Februar 2020, Amisi Kumba/Rat, T‑163/18, EU:T:2020:57, Rn. 51).

229    Aus Gründen, die ebenfalls mit dem mit der streitigen Verordnung verfolgten Ziel und der Wirksamkeit der darin vorgesehenen Maßnahmen zusammenhängen, sind die Unionsbehörden auch nicht dazu verpflichtet, die Kläger vor der erstmaligen Aufnahme ihrer Namen in die Liste der mit Restriktionen belegten Personen anzuhören (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 341, und vom 25. April 2013, Gbagbo/Rat, T‑119/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:216, Rn. 103).

230    Dies gilt erst recht, wenn die Einschränkung des Rechts auf Gehör nicht das von der Abwicklung betroffene Unternehmen, sondern dessen Anteilseigner oder dessen Gläubiger betreffen.

231    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der EGMR in seiner Entscheidung vom 1. April 2004, Camberrow MM5 AD/Bulgarien (CE:ECHR:2004:0401DEC005035799), festgestellt hat, dass der Verkauf der insolventen Bank als arbeitendes Unternehmen zur schnelleren und sichereren Befriedigung der Gläubiger, die seit Jahren auf den Erhalt der ihnen zustehenden Gelder gewartet hätten, und zum raschen Abschluss des Insolvenzverfahrens erfolgt sei. Folglich sei das Gebot der Einfachheit und Schnelligkeit des Verfahrens zum Verkauf der Bank von herausragender Bedeutung gewesen. Wäre das Insolvenzgericht gesetzlich verpflichtet gewesen, alle Anteilseigner und Gläubiger der Bank zu konsultieren, hätte dies zu einer erheblichen Verlangsamung des Verfahrens und damit zu einer weiteren Verzögerung bei der Zahlung der den Gläubigern geschuldeten Beträge und der Durchführung des Insolvenzverfahrens geführt.

232    Im Urteil vom 24. November 2005, Capital Bank AD/Bulgarien (CE:ECHR:2005:1124JUD004942999, § 136), hat der EGMR entschieden, dass in einem wirtschaftlich sensiblen Bereich wie dem der Stabilität des Bankensystems und in bestimmten Situationen eine unabweisbare Notwendigkeit bestehen könne, so rasch wie möglich und ohne Ankündigung zu handeln, um irreparable Schäden für die Bank, ihre Einleger und ihre sonstigen Gläubiger oder für das Banken- und Finanzsystem als Ganzes zu verhindern.

233    Auch der Umstand, dass die Abwicklungsmaßnahme zu einem Eingriff in das Eigentumsrecht der Anteilseigner und der Gläubiger des betreffenden Unternehmens führen kann, vermag keine Verpflichtung zu rechtfertigen, ihnen ein Recht auf Gehör vor der Annahme dieser Maßnahme zu gewähren.

234    Hierzu hat das Gericht in Rn. 282 des Urteils vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a. (T‑680/13, EU:T:2018:486), ausgeführt, dass die anwendbaren Verfahren dem Betroffenen eine angemessene Gelegenheit bieten müssen, sein Anliegen den zuständigen Stellen vorzutragen. Um die Einhaltung dieses Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) innewohnenden Erfordernisses sicherzustellen, sind die anwendbaren Verfahren abstrakt zu betrachten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 368 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 25. April 2013, Gbagbo/Rat, T‑119/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:216, Rn. 119, sowie EGMR, vom 20. Juli 2004, Bäck/Finnland, CE:ECHR:2004:0720JUD003759897, § 56). Das genannte Erfordernis kann deshalb nicht dahin ausgelegt werden, dass der Betroffene unter allen Umständen in der Lage sein muss, vor dem Erlass der Maßnahmen, die sein Eigentumsrecht beeinträchtigen, seinen Standpunkt gegenüber den zuständigen Behörden geltend zu machen (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 19. September 2006, Maupas u. a./Frankreich, CE:ECHR:2006:0919JUD001384402, §§ 20 und 21).

235    Dies war dem Gericht zufolge insbesondere der Fall, wenn, wie bei einer Abwicklungsmaßnahme, die betreffenden Maßnahmen keine Sanktionen darstellten und in einem Kontext besonderer Dringlichkeit standen. In letzterer Hinsicht ging es darum, die unmittelbar bevorstehende Gefahr eines Zusammenbruchs der betroffenen Banken abzuwenden, um die Stabilität des Finanzsystems eines Mitgliedstaats zu erhalten und damit ein Übergreifen auf andere Mitgliedstaaten der Eurozone zu verhindern. Die Durchführung eines Verfahrens zur vorherigen Konsultation, in dem Tausende von Einlegern und Anteilseignern der betroffenen Banken vor dem Erlass der nachteiligen Bestimmungen ihren Standpunkt hätten geltend machen können, hätte die Anwendung der Maßnahmen, mit denen dieser Zusammenbruch verhindert werden sollte, unweigerlich verzögert. Die Erreichung des Ziels, die Stabilität des Finanzsystems dieses Mitgliedstaats zu wahren und damit ein Übergreifen auf andere Mitgliedstaaten der Eurozone zu verhindern, wäre erheblich gefährdet gewesen (vgl. Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 282 und die dort angeführte Rechtsprechung).

236    Der Gerichtshof hat diese Beurteilung bestätigt und festgestellt, dass das Gericht seine Erwägungen zutreffend auf das Urteil des EGMR vom 21. Juli 2016, Mamatas u. a./Griechenland (CE:ECHR:2016:0721JUD006306614), gestützt hat, wonach das Erfordernis, dass jede Einschränkung des Eigentumsrechts gesetzlich vorgesehen sein muss, nicht dahin ausgelegt werden kann, dass die Betroffenen vor dem Erlass dieses Gesetzes hätten konsultiert werden müssen, insbesondere wenn eine solche vorherige Konsultation unweigerlich die Anwendung der Maßnahmen, mit denen der Zusammenbruch der betroffenen Banken verhindert werden sollte, verzögert hätte (Urteil vom 16. Dezember 2020, Rat u. a./K. Chrysostomides & Co. u. a., C‑597/18 P, C‑598/18 P, C‑603/18 P und C‑604/18 P, EU:C:2020:1028, Rn. 159).

237    Ferner ist festzustellen, dass durch das Gebot, rasch zu handeln, ohne die Anteilseigner und die Gläubiger eines Unternehmens vom unmittelbaren Bevorstehen eines dieses Unternehmen betreffenden Abwicklungsverfahrens zu unterrichten, eine Verschlechterung der Lage dieses Unternehmens verhindert werden soll, die der Wirksamkeit der Abwicklungsmaßnahme abträglich wäre. Würden nämlich die Anteilseigner oder die Inhaber von Anleihen der Bank davon unterrichtet, dass für diese ein Abwicklungsverfahren eingeleitet werden könnte, dass die Bank also als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend angesehen worden ist, könnte das ein Anreiz für sie sein, ihre Wertpapiere auf den Märkten zu veräußern, und auch zu einem massiven Abzug von Einlagen führen, was zur Folge hätte, dass die Finanzlage der Bank verschlechtert und eine Lösung, die ihre Liquidation verhindern könnte, erschwert oder unmöglich gemacht würde.

238    Wie dazu aus dem 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 hervorgeht, können alle bereitgestellten Informationen in Bezug auf eine noch nicht gefällte Entscheidung, beispielsweise darüber, ob die Abwicklungsvoraussetzungen erfüllt sind, über die Anwendung eines spezifischen Instruments oder über Maßnahmen im Verlauf des Verfahrens, Auswirkungen auf die öffentlichen und privaten Interessen haben, die von den Maßnahmen betroffen sind.

239    Daher ist festzustellen, dass es eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens nach sich ziehen und sowohl die Erreichung der Ziele als auch die Wirksamkeit der Maßnahme gefährden würde, wenn in der Verordnung Nr. 806/2014 eine Anhörung der Anteilseigner und der Gläubiger des betreffenden Unternehmens vor dem Erlass einer Abwicklungsmaßnahme vorgesehen würde.

240    Zudem wäre es in Anbetracht der Dringlichkeit des Erlasses einer Abwicklungsmaßnahme nicht möglich, die Anteilseigner vorher zu konsultieren, u. a. wegen der Schwierigkeiten ihrer Identifizierung. Denn wie das Königreich Spanien und der Rat geltend machen, ließe sich wegen des kontinuierlichen Handels mit Aktien und Anleihen auf den Märkten in der Praxis unmöglich feststellen, an welche privaten und institutionellen Anleger heranzutreten wäre.

241    Aus dem Vorstehenden folgt, dass eine Anhörung der Anteilseigner und der Gläubiger des von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens vor der Annahme dieser Maßnahme die Ziele der Stabilität der Finanzmärkte und der Kontinuität der kritischen Funktionen des Unternehmens gefährden und den Erfordernissen der Schnelligkeit und Wirksamkeit des Abwicklungsverfahrens zuwiderlaufen würde.

242    Daher stellt das Fehlen einer Bestimmung in der Verordnung Nr. 806/2014, die eine Anhörung der Anteilseigner und der Gläubiger des betreffenden Unternehmens im Rahmen des Verfahrens nach Art. 18 dieser Verordnung vorsieht, eine Einschränkung des Rechts auf Gehör dar, die zur Verfolgung eines dem Gemeinwohl dienenden Ziels gerechtfertigt und erforderlich ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang mit Art. 52 Abs. 1 der Charta beachtet.

243    Diese Schlussfolgerung wird durch das übrige Vorbringen der Klägerinnen nicht in Frage gestellt.

244    Erstens tragen die Klägerinnen vor, ohne eine vorherige Anhörung der Anteilseigner könnten die Organe des Instituts oder dessen Anteilseigner den SRB nicht davon informieren, dass es außer der Abwicklung private Maßnahmen (wie eine Kapitalerhöhung, die Durchführung eines vom Verwaltungsrat gebilligten Geschäftsplans oder einen Verkauf von Vermögenswerten) gebe.

245    Es ist zu beachten, dass der SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 nur dann ein Abwicklungskonzept festlegt, wenn bei Berücksichtigung zeitlicher Zwänge und anderer relevanter Umstände nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch alternative Maßnahmen des privaten Sektors, unabhängig von oder zusammen mit einer Abwicklungsmaßnahme, abgewendet werden kann.

246    Somit muss der SRB prüfen, ob bereits von der Bank in Betracht gezogene Maßnahmen zur Bewältigung ihrer Schwierigkeiten innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durchgeführt werden können, um ihren Ausfall zu verhindern. Wenn alternative Maßnahmen des privaten Sektors, insbesondere die von den Klägerinnen genannten Maßnahmen wie eine Kapitalerhöhung, die Durchführung eines vom Verwaltungsrat gebilligten Geschäftsplans oder ein Verkauf von Vermögenswerten, zum Zeitpunkt des Abwicklungsverfahrens ins Auge gefasst waren, müsste der SRB von dem betroffenen Unternehmen oder dessen Organen davon informiert werden. Es ist nicht Sache des SRB, nach anderen Lösungen des privaten Sektors zu suchen, die der Bank selbst nicht bekannt waren.

247    Die Klägerinnen können daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Anteilseigner im Rahmen einer individuellen Anhörung nach Einleitung des Abwicklungsverfahrens den SRB vom Bestehen anderer, alternativer Maßnahmen informieren könnten, die in Bezug auf das betroffene Unternehmen durchgeführt werden könnten und durch die dessen Ausfall innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könnte und von denen der SRB nicht durch die Bank selbst oder durch deren Organe informiert worden wäre.

248    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, weder das Ziel der Gewährleistung der Finanzstabilität noch die Notwendigkeit des raschen Erlasses einer Abwicklungsmaßnahme rechtfertigten die völlige Aberkennung des Rechts der Anteilseigner des Unternehmens auf Gehör, denn die Verordnung Nr. 806/2014 könnte eine Anhörung der Anteilseigner nach dem Erlass der Abwicklungsmaßnahme vorsehen.

249    Hierzu genügt es, mit Banco Santander und dem Parlament darauf hinzuweisen, dass eine Anhörung der Anteilseigner nach der Annahme des Abwicklungskonzepts den Inhalt dieser Maßnahme nicht verändern und daher nicht zu ihrer Nichtigerklärung führen könnte.

250    Drittens sehen die Klägerinnen einen nicht gerechtfertigten Unterschied zwischen den in Rede stehenden Bestimmungen einerseits und Art. 22 der Verordnung Nr. 1024/2013 sowie Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 468/2014 der EZB vom 16. April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der EZB und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung) (ABl. 2014, L 141, S. 1) andererseits, nach denen ein Recht auf Gehör vor Erlass eines Aufsichtsbeschlusses betreffend Kreditinstitute, der die Rechte eines Instituts beeinträchtigen würde, bestehe.

251    Mit dem SRB ist festzustellen, dass in die Verordnung Nr. 806/2014 keine entsprechende Bestimmung aufgenommen wurde, um insbesondere den Erlass von Abwicklungsmaßnahmen in Dringlichkeitssituationen zu ermöglichen und negative Folgen für die Finanzmärkte zu verhindern. Wie der Rat ausführt, sind diese Bestimmungen während des Abwicklungsverfahrens nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 nicht anwendbar. Zudem sehen sie vor, dass das Recht auf Gehör dem Adressaten eines Beschlusses gewährt wird, d. h. der Bank, die von einer Aufsichtsmaßnahme der EZB betroffen ist.

252    Demnach lässt sich aus diesen Bestimmungen, die dem Institut, an das ein Beschluss gerichtet ist, ein Recht auf Gehör gewähren, nicht ableiten, dass den Anteilseignern oder den Gläubigern eines von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens dasselbe Recht zuerkannt werden müsste.

253    Zudem enthalten entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1024/2013 und Art. 31 Abs. 4 der SSM-Rahmenverordnung für den Fall, dass ein dringender Beschluss erlassen werden muss, Sonderbestimmungen, die die Möglichkeit einer Anhörung der betroffenen Personen vor dem Erlass eines Beschlusses ausschließen.

254    Viertens machen die Klägerinnen geltend, das vom SRB eingerichtete Anhörungsverfahren zur Bewertung 3 für die Anteilseigner und die Gläubiger gleiche nicht die Unmöglichkeit aus, in dem Verfahren nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 Stellung zu nehmen.

255    Mit diesem Vorbringen wollten die Klägerinnen der vom SRB, vom Rat und von der Kommission getroffenen Feststellung entgegentreten, dass ein Anhörungsverfahren für die Anteilseigner von Banco Popular im Rahmen der Bewertung 3 nach Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 eingerichtet worden sei, auch wenn die Verordnung eine solche Anhörung nicht vorsehe. Mit dieser Feststellung sollte dargetan werden, dass der SRB, wenn keine Dringlichkeit und keine Gefahr für die Stabilität der Finanzmärkte bestehe, die Wahrung des Rechts der Anteilseigner auf Gehör sicherstelle, indem er eine Anhörung durchführe, bevor ein Beschluss über ihren etwaigen Anspruch auf Entschädigung gemäß Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 ergehe, selbst wenn die Verordnung Nr. 806/2014 diese Anhörung nicht ausdrücklich vorsehe.

256    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014, weil das mit ihm geschaffene Verfahren das Recht auf Gehör dadurch verletze, dass es nicht die Anhörung der Anteilseigner und der Gläubiger des betroffenen Unternehmens vorsehe, zurückzuweisen ist.

257    Daher ist der zweite Klagegrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund, mit dem eine Einrede der Rechtswidrigkeit erhoben wird, weil die Art. 21, 22, 24 und 27 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie die Art. 38 und 63 der Richtlinie 2014/59 das in Art. 17 Abs. 1 der Charta verankerte Eigentumsrecht und den in Art. 16 der Charta verankerten Grundsatz der unternehmerischen Freiheit verletzten

258    Die Klägerinnen erheben gemäß Art. 277 AEUV eine Einrede der Rechtswidrigkeit der Art. 21, 22, 24 und 27 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie der Art. 38 und 63 der Richtlinie 2014/59. Diese Artikel verletzten das Eigentumsrecht und den Grundsatz der unternehmerischen Freiheit, weil sie die Veräußerung von Anteilen eines Finanzinstituts erlaubten und den Abwicklungsbehörden die Befugnis einräumten, ohne Anhörung und Zustimmung der Anteilseigner das Kapital durch Löschung der Anteile auf null zu reduzieren. Dass die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59 dem SRB außerordentliche Befugnisse einräumten, ohne dass die Anteilseigner ein Recht auf Gehör oder zur Stellungnahme hätten, stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die in den Art. 16 und 17 der Charta verankerten Rechte dar.

259    Zu den Art. 38 und 63 der Richtlinie 2014/59 und zu Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend das Bail-in‑Instrument genügt der Hinweis, dass der SRB diese Bestimmungen im Abwicklungskonzept nicht angewandt hat. Nach der oben in den Rn. 177 bis 179 angeführten Rechtsprechung ist die diesen Artikeln gegenüber erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit als unzulässig zurückzuweisen, da zwischen ihnen und dem Abwicklungskonzept kein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang besteht.

260    Die anderen Artikel der Verordnung Nr. 806/2014, deren Rechtmäßigkeit die Klägerinnen in Abrede stellen, sind Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend die Herabschreibung und die Umwandlung von Kapitalinstrumenten, Art. 22 über die allgemeinen Grundsätze für Abwicklungsinstrumente und Art. 24 betreffend das Instrument der Unternehmensveräußerung.

261    Die Klägerinnen machen der Sache nach geltend, die Art. 21, 22 und 24 der Verordnung Nr. 806/2014 verletzten das durch Art. 17 Abs. 1 der Charta gewährleistete Eigentumsrecht, weil sie dem SRB die Befugnis einräumten, das Kapital eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens auf null zu reduzieren, die relevanten Kapitalinstrumente herabzuschreiben und umzuwandeln und das Unternehmen zu veräußern, ohne dass dessen Anteilseigner gehört würden oder ihre Zustimmung erteilt hätten.

262    Nach Art. 41 der Charta umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird.

263    Es genügt, mit dem SRB festzustellen, dass sich dieses Recht von dem in Art. 17 Abs. 1 der Charta verbürgten Eigentumsrecht unterscheidet.

264    Folglich kann damit, dass die von den Klägerinnen beanstandeten Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 keine Anhörung der Anteilseigner vorsehen, keine Verletzung ihres Eigentumsrechts bewiesen werden.

265    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen in den anderen Teilen der Klageschrift die Art. 21, 22 und 24 der Verordnung Nr. 806/2014 nicht erwähnen und nichts vortragen, was die Verletzung des durch Art. 17 Abs. 1 der Charta verbürgten Eigentumsrechts durch die Anwendung dieser Bestimmungen beweisen könnte.

266    Was des Weiteren die durch Art. 16 der Charta verbürgte unternehmerische Freiheit angeht, genügt es zum einen, mit dem SRB, dem Rat und der Kommission darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen nicht darlegen, welches durch die unternehmerische Freiheit gewährleistete Recht durch die beanstandeten Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 verletzt sein soll. Denn wie der Gerichtshof ausgeführt hat, umfasst der durch Art. 16 der Charta gewährte Schutz die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, die Vertragsfreiheit und den freien Wettbewerb (Urteile vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 42, vom 16. Juli 2020, Adusbef und Federconsumatori, C‑686/18, EU:C:2020:567, Rn. 82, und vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 56). Zum anderen genügt die Feststellung, dass die Klägerinnen nichts vortragen, was eine Verletzung dieser Freiheit beweisen könnte.

267    Zum Vorbringen der Klägerinnen, das Fehlen jeder Entschädigung stelle einen Verstoß gegen Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK dar, genügt die Feststellung, dass dem ein fehlerhaftes Verständnis der Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 zugrunde liegt. Die Verordnung Nr. 806/2014 sieht nämlich ausdrücklich vor, dass die Anteilseigner und die Gläubiger des von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens gemäß Art. 76 Abs. 1 Buchst. e dieser Verordnung eine Entschädigung erhalten können, falls sie im Rahmen einer Abwicklung größere Verluste erlitten haben, als sie bei einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erlitten hätten.

268    Die Klägerinnen machen ferner geltend, ein Durchgreifen der Einrede der Rechtswidrigkeit entziehe der dem Abwicklungskonzept anzulastenden Einschränkung ihres Eigentumsrechts die Rechtsgrundlage, da sie nicht den Erfordernissen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit gemäß Art. 52 Abs. 1 der Charta genüge. Da den Anteilseignern von Banco Popular ihr Eigentumsrecht ohne Anhörung und Entschädigung entzogen worden sei, sei dieses Recht verletzt.

269    Hierzu genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen nicht gegen die Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 oder der Richtlinie 2014/59, sondern gegen das Abwicklungskonzept gerichtet ist. Es ist daher im Rahmen des achten Klagegrundes zu prüfen.

270    Schließlich fügen die Klägerinnen in ihren Stellungnahmen zu den Streithilfeschriftsätzen noch hinzu, dass die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59 dem SRB unverhältnismäßige Befugnisse einräume, die das Verschwinden solventer Finanzinstitute aus nicht gerechtfertigten Gründen verursachen könnten, was dem Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (10/56, EU:C:1958:8), zuwiderlaufe.

271    Zu diesem Vorbringen genügt die Feststellung, dass die Klägerinnen damit eine neue Einrede der Rechtswidrigkeit erheben, mit der sie eine Verletzung des die Befugnisübertragung betreffenden Grundsatzes durch die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59 geltend machen.

272    Dieses Vorbringen ist somit als ein neuer Klagegrund anzusehen, der, weil erst im Stadium der Stellungnahmen zu den Streithilfeschriftsätzen angeführt, verspätet ist. Diese neue Einrede der Rechtswidrigkeit ist nicht auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt, der erst während des Verfahrens zutage getreten ist, und ist nach Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen.

273    Daher ist der dritte Klagegrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum ersten und zum vierten Klagegrund: Begründungsmangel des Abwicklungskonzepts, Verletzung des in Art. 41 Abs. 2 Buchst. b und c der Charta verankerten Rechts auf eine gute Verwaltung und Verletzung des in Art. 47 der Charta verankerten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf

274    Mit dem ersten und dem vierten Klagegrund erheben die Klägerinnen der Sache nach drei Rügen. Indem der SRB ihnen keinen Zugang zum Abwicklungskonzept und zur Bewertung 2 gegeben habe, habe er erstens die Begründungspflicht nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta, zweitens das Recht auf Zugang zu den Akten nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta und drittens das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 der Charta verletzt.

–       Zur ersten Rüge, die eine Verletzung der Begründungspflicht betrifft

275    Die Klägerinnen machen geltend, der SRB habe seine Begründungspflicht nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta verletzt. Sie bringen der Sache nach vor, dass sie wegen der Nichtoffenlegung des vollständigen Textes des Abwicklungskonzepts sowie der Bewertungen 1 und 2 keine Kenntnis von den Gründen gehabt hätten, aus denen der SRB das Abwicklungskonzept festgelegt habe.

276    Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.

277    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss die gemäß Art. 296 AEUV erforderliche Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteile vom 8. Mai 2019, Landeskreditbank Baden-Württemberg/EZB, C‑450/17 P, EU:C:2019:372, Rn. 85 und 87 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Oktober 2020, EZB/Estate of Espírito Santo Financial Group, C‑396/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:845, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

278    Zudem müssen die Anforderungen, die an die Begründung einer Entscheidung zu stellen sind, den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen die Entscheidung ergeht (vgl. Urteile vom 6. November 2012, Éditions Odile Jacob/Kommission, C‑551/10 P, EU:C:2012:681, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 23. Mai 2019, KPN/Kommission, T‑370/17, EU:T:2019:354, Rn. 139 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 27. Januar 2021, KPN/Kommission, T‑691/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:43, Rn. 162).

279    Als Erstes machen die Klägerinnen geltend, die Fassung des Abwicklungskonzepts, zu der sie Zugang gehabt hätten, sei um Passagen gekürzt gewesen, die für das Verständnis seiner Begründung und für die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte wesentlich gewesen seien. Wegen des Fehlens dieser Passagen seien ihnen die Gründe unbekannt, aus denen der SRB auf das Abwicklungskonzept zurückgegriffen habe, was eine Verletzung seiner Begründungspflicht darstelle.

280    Zum einen zählen die Klägerinnen in der Klageschrift eine Reihe von Punkten des Abwicklungskonzepts auf, die nicht in der ursprünglichen Fassung, die der SRB am 11. Juli 2017 auf seiner Website veröffentlicht habe, enthalten gewesen seien und die wichtige Aspekte enthielten.

281    Hierzu genügt der Hinweis, dass die von den Klägerinnen erwähnten Punkte des Abwicklungskonzepts in vollem Umfang in dessen weniger stark gekürzten Fassungen enthalten sind, die am 2. Februar und am 31. Oktober 2018 auf der Website des SRB veröffentlicht wurden und von denen die Klägerinnen vor der Einreichung der Erwiderung Kenntnis erlangen konnten.

282    Zum anderen machen die Klägerinnen geltend, im Abwicklungskonzept werde nicht dargelegt, aus welchem Grund keine Frühinterventions‑, Umstrukturierungs- oder Aufsichtsmaßnahmen getroffen worden seien. Es heiße dort lediglich, dass das Institut „ausfallend“ sei, ohne dass erläutert werde, aus welchen Gründen Frühinterventionsmaßnahmen nicht ausreichten. In der Erwiderung fügen die Klägerinnen hinzu, dass sie wegen der Auslassungen in der letzten vom SRB veröffentlichten Fassung des Abwicklungskonzepts immer noch nicht wüssten, welche Gründe die Abwicklung von Banco Popular und die Wahl des Instruments der Unternehmensveräußerung gerechtfertigt hätten.

283    Hierzu geht aus dem Abwicklungskonzept hervor, dass der SRB dargelegt hat, dass die Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt seien, was eine hinreichende Begründung für die Annahme des Abwicklungskonzepts darstellt.

284    Im Einzelnen führte der SRB in Art. 2 des Abwicklungskonzepts aus, dass die EZB Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 angesehen habe. Es gebe objektive Anhaltspunkte dafür, dass Banco Popular in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. Zudem reichen die in der Bewertung der EZB beschriebenen und im Abwicklungskonzept aufgeführten Schwierigkeiten von Banco Popular als Erklärung dafür aus, dass der Ausfall der Bank die Folge der Verschlechterung ihrer Liquiditätssituation war.

285    Folglich ist das Abwicklungskonzept rechtlich hinreichend begründet, und die Klägerinnen waren in der Lage, die Gründe für den Ausfall von Banco Popular und die Rechtfertigung der Annahme des Abwicklungskonzepts zu verstehen.

286    Zudem werden im 26. Erwägungsgrund des Abwicklungskonzepts die Maßnahmen aufgezählt, mit denen versucht worden war, die Schwierigkeiten von Banco Popular vor der Abwicklung zu bewältigen. In Art. 3 des Abwicklungskonzepts, der die alternativen Maßnahmen betrifft, heißt es gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014, nach vernünftigem Ermessen bestehe keine Aussicht, dass der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitraums durch andere Maßnahmen des privaten Sektors oder solche der Aufsichtsbehörden oder durch die Herabschreibung oder die Umwandlung relevanter Kapitalinstrumente abgewendet werden könne.

287    In Art. 3.3 des Abwicklungskonzepts führte der SRB im Einzelnen aus, es bestehe keine Aussicht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, einschließlich solcher der Frühintervention, abgewendet werden könne. In ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular habe die EZB bestätigt, dass keine Maßnahmen der Aufsichtsbehörden oder der Frühintervention zur Verfügung stünden, mit denen die Liquiditätsposition der Bank sofort wiederhergestellt und ihr genügend Zeit für eine Unternehmensübertragung oder eine andere Lösung verschafft werden könnte. Mit den Maßnahmen, die der EZB als der zuständigen Behörde gemäß der nationalen Umsetzung von Art. 104 der Richtlinie 2013/36 und Art. 27 bis 29 der Richtlinie 2014/59 oder gemäß Art. 16 der Verordnung Nr. 1024/2013 zur Verfügung stünden, könne angesichts der festgestellten erheblichen und rapiden Verschlechterung der Liquiditätsposition nicht gewährleistet werden, dass die Bank in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

288    Folglich hat der SRB im Abwicklungskonzept hinreichend erläutert, aus welchen Gründen Frühinterventionsmaßnahmen zur Bewältigung der Schwierigkeiten von Banco Popular nicht ausreichten.

289    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in den Erwägungsgründen 44 bis 46 des Abwicklungskonzepts erläutert wird, warum der Abwicklungsplan von 2016 und insbesondere des darin ins Auge gefasste Bail-in‑Instrument nach Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 nicht umgesetzt wurden.

290    Art. 5 des Abwicklungskonzepts betrifft die Wahl des Abwicklungsinstruments, und der SRB erläutert in dessen Art. 5.3, warum die anderen in Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 ausgeführten Instrumente die Erreichung der Abwicklungsziele nicht im selben Umfang zuließen.

291    Es ist festzustellen, dass das Abwicklungskonzept rechtlich hinreichend begründet ist und dass dessen vorstehend angeführte Bestimmungen den Klägerinnen das Verständnis der Gründe für die Wahl des Instruments der Unternehmensveräußerung als Abwicklungsinstrument ermöglichten.

292    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerinnen zu einem Begründungsmangel aus allgemeinen Erwägungen besteht, dass sie nicht auf den Inhalt des Abwicklungskonzepts eingehen und dass sie nicht darlegen, inwieweit die in diesem enthaltenen und vorstehend aufgeführten Gesichtspunkte für dessen Verständnis unzureichend sein sollen.

293    Daher ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerinnen nicht für den Nachweis des Vorliegens einer Verletzung der Begründungspflicht bezüglich des Abwicklungskonzepts ausreicht.

294    Als Zweites machen die Klägerinnen in der Klageschrift geltend, dass ihnen die Bewertung 2 nicht übermittelt worden sei, so dass sie nicht wissen könnten, welche Bewertungskriterien der unabhängige Sachverständige angewandt habe.

295    Die Bewertung 2 wurde aber am 2. Februar und am 31. Oktober 2018 in jeweils weniger stark gekürzten Fassungen auf der Website des SRB veröffentlicht.

296    Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen in der Erwiderung im Anschluss an diese Veröffentlichungen nichts zu einem Begründungsmangel der Bewertung 2 vorbringen.

297    Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass Deloitte in der Bewertung 2 die angewandte Methode erläuterte und u. a. ausführte, dass sie zur Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes das Szenario der Veräußerung von Banco Popular mittels des Instruments der Unternehmensveräußerung herangezogen habe, was eine Bewertung der zu kommerziellen Bedingungen zu veräußernden Vermögenswerte und Verbindlichkeiten erfordert habe. Ihre wirtschaftliche Bewertung solle eine Schätzung des Wertes ermöglichen, der von einem potenziellen Erwerber für die Bank als Ganzes vorgeschlagen würde, und sie sei dabei nach Vermögenswertkategorien vorgegangen. Zudem habe sie sich auf die Anforderungen nach Art. 36 der Richtlinie 2014/59 (der Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht) und auf den endgültigen Entwurf der technischen Regulierungsstandards der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) Nr. 2017/05 vom 23. Mai 2017 für die Bewertung zum Zweck der Abwicklung gestützt. Sodann erläuterte Deloitte in der Bewertung 2, wie sie bei der Bewertung jeder einzelnen Vermögenswertkategorie vorgegangen sei.

298    Daraus ergibt sich, dass die in der Bewertung 2 verwendeten Bewertungskriterien hinreichend erläutert worden sind.

299    Als Drittes machen die Klägerinnen geltend, nach der Annahme des Abwicklungskonzepts habe es keinen Grund mehr gegeben, dieses und die Bewertung 2 nicht in vollem Umfang zu veröffentlichen. In der Erwiderung treten sie der Auffassung entgegen, dass nur der FROB als Adressat des Abwicklungskonzepts Anspruch auf einen mit einer Begründung versehenen Beschluss habe. Da sie zu einer Klage gegen die Abwicklung befugt seien, hätten sie Anspruch auf einen begründeten Beschluss.

300    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Abwicklungsbeschluss nicht an die Klägerinnen, sondern an den FROB gerichtet ist. Die Klägerinnen sind als Dritte anzusehen und haben somit keinen Anspruch auf Übermittlung des Abwicklungskonzepts.

301    Nach Art. 29 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 veröffentlicht der SRB auf seiner Website eine Kopie des Abwicklungskonzepts oder eine Bekanntmachung, in der die Auswirkungen der Abwicklungsmaßnahme, insbesondere die Auswirkungen auf die Kleinanleger, zusammengefasst werden.

302    Im vorliegenden Fall veröffentlichte der SRB am 7. Juni 2017 auf seiner Website eine Mitteilung über die Annahme des Abwicklungskonzepts, der eine Zusammenfassung der Auswirkungen der Abwicklung gemäß Art. 29 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 beigefügt war. Am 11. Juli 2017 veröffentlichte der SRB eine nicht vertrauliche Fassung des Abwicklungskonzepts. Ferner veröffentlichte er am 2. Februar 2018 und sodann am 31. Oktober 2018 auf seiner Website weniger stark gekürzte nicht vertrauliche Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2.

303    Art. 88 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht zudem vor:

„Vor der Offenlegung von Informationen trägt der [SRB] dafür Sorge, dass diese Informationen keine vertraulichen Angaben enthalten, indem er insbesondere die Folgen einer etwaigen Weitergabe dieser Informationen mit Blick auf öffentliche Interessen der Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik, Geschäftsinteressen natürlicher und juristischer Personen und die Zwecke von Inspektions‑, Untersuchungs- und Prüftätigkeiten bewertet. Die Verfahren zur Überprüfung der Folgen einer Offenlegung von Informationen enthalten eine konkrete Bewertung der Folgen einer Weitergabe der Inhalte und Einzelheiten von Abwicklungsplänen im Sinne der Artikel 8 und 9, der Ergebnisse der nach Artikel 10 durchgeführten Bewertungen oder des Abwicklungskonzepts nach Artikel 18 …“

304    Diese Bestimmung verpflichtet den SRB ausdrücklich, vor der Veröffentlichung des Abwicklungskonzepts oder seiner Übermittlung an einen Dritten dafür Sorge zu tragen, dass dieses keine vertraulichen Angaben enthält. Diese Verpflichtung gilt auch für die Bewertung 2, die einen Anhang des Abwicklungskonzepts darstellt und nach dessen Art. 12.2 integraler Bestandteil desselben ist.

305    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass ein Beschluss der Kommission, mit dem das Vorliegen einer von einem Kläger beanstandeten staatlichen Beihilfe verneint wird, aus der Sicht der Verpflichtung zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses hinreichend begründet sein kann, ohne dass in ihm sämtliche bezifferten Angaben angeführt sind, auf die die Kommission ihre Erwägungen stützt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 108 bis 111). Wenn eine nicht vertrauliche Fassung eines solchen Beschlusses klar und eindeutig die Überlegungen der Kommission und die von ihr verwendete Methode zum Ausdruck bringt und es damit den Betroffenen ermöglicht, von diesen Gründen Kenntnis zu nehmen, und dem Gericht, insoweit seine Kontrolle auszuüben, genügt sie den Anforderungen an die der Kommission obliegende Begründungspflicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 55).

306    Was zudem die wirtschaftlichen Gesichtspunkte angeht, die von Deloitte in der Bewertung 2 herangezogen und vom SRB im Abwicklungskonzept berücksichtigt wurden, so handelt es sich dabei unbestreitbar um komplexe technische Beurteilungen. Da das Abwicklungskonzept die Erwägungen des SRB klar zum Ausdruck bringt und es so ermöglicht, deren Stichhaltigkeit später vor dem zuständigen Gericht in Frage zu stellen, wäre es übertrieben, eine besondere Begründung für jede der fachlichen Entscheidungen oder der Zahlen zu verlangen, auf die sich diese Erwägungen stützen (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

307    Zum einen bestreiten die Klägerinnen aber nicht, dass das Abwicklungskonzept und die Bewertung 2 vertrauliche Informationen enthalten, die der SRB zu schützen hat. Zum anderen legen sie nicht dar, inwiefern die in den nicht vertraulichen Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2 unkenntlich gemachten Daten für das Verständnis des Abwicklungskonzepts notwendig gewesen sein sollen.

308    Die Klägerinnen haben somit nicht nachgewiesen, dass der SRB seine Begründungspflicht dadurch verletzt hat, dass er die wirtschaftlichen Daten in den nicht vertraulichen Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2 unkenntlich gemacht hat.

309    Daher ist festzustellen, dass die Klägerinnen weder Anspruch auf Übermittlung der vollständigen Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2 noch auf deren Veröffentlichung haben.

310    Als Viertes beschränken sich die Klägerinnen in der Erwiderung auf das Vorbringen, aufgrund der Nichtveröffentlichung der Bewertung 1, die später im Februar 2018 in einer gekürzten und sodann im Oktober 2018 in einer weniger stark gekürzten Form bereitgestellt worden sei, sei ihnen ein wesentlicher Teil des Abwicklungskonzepts unbekannt geblieben.

311    Es genügt festzustellen, dass dieses Vorbringen für den Nachweis einer Verletzung der Begründungspflicht nicht ausreicht, da die Klägerinnen nicht erläutern, welchen Teil der vom SRB im Abwicklungskonzept dargelegten Begründung sie wegen der Nichtveröffentlichung der vollständigen Bewertung 1 nicht verstanden haben wollen.

312    Als Fünftes meinen die Klägerinnen, der SRB könne nicht geltend machen, dass er seiner Begründungspflicht nachgekommen sei, indem er das Abwicklungskonzept und die Bewertungen 1 und 2 am 2. Februar und am 31. Oktober 2018 in weniger stark gekürzten Fassungen veröffentlicht habe, denn diese Pflicht könne nicht nachträglich erfüllt werden.

313    Hierzu genügt die Feststellung, dass die aufeinanderfolgenden Veröffentlichungen auf der Website des SRB das Abwicklungskonzept und die Bewertungen 1 und 2 in ihren ursprünglichen Fassungen betreffen. Mit diesen Veröffentlichungen sollte der Öffentlichkeit ein weiterer Zugang zu diesen Dokumenten gewährt werden, indem Teile, die anfangs als vertraulich angesehen worden waren, offengelegt wurden. Für den SRB ging es nicht darum, Informationen zu veröffentlichen, die nicht schon von Anfang an im Abwicklungskonzept oder in den Bewertungen 1 und 2 enthalten gewesen wären oder deren Begründung hätten ergänzen sollen.

314    Als Sechstes führen die Klägerinnen in der Erwiderung die Entscheidungen des Beschwerdeausschusses des SRB vom 28. November 2017 und 19. Juni 2018 über ihre Anträge auf Zugang zu Dokumenten gemäß Art. 90 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) an, auf die hin der SRB im Februar und im Oktober 2018 auf seiner Website weniger stark gekürzte vertrauliche Fassungen des Abwicklungskonzepts sowie der Bewertungen 1 und 2 veröffentlicht habe. Sie machen geltend, der Beschwerdeausschuss des SRB habe ausgeführt, dass die Verweigerung des Zugangs zum wesentlichen Inhalt des Abwicklungskonzepts und der Bewertungen ein Indiz für die Nichtbeachtung des Rechts auf einen mit einer Begründung versehenen Beschluss und auf wirksamen gerichtlichen Schutz sei.

315    Hierzu genügt der Hinweis, dass der Beschwerdeausschuss in seiner Entscheidung vom 28. November 2017 ausgeführt hat, dass der Beschluss des SRB, den Zugang zur Bewertung 2 gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 völlig zu verweigern, zu weit gehe und dass die Auffassung des SRB, jede Offenlegung der Bewertung 2 und somit auch die einer gekürzten, nicht vertraulichen Fassung gefährde das Ziel des Schutzes eines durch die Verordnung Nr. 1049/2001 geschützten Interesses, der Begründungspflicht nicht genüge. Zudem seien die Erläuterungen des SRB zur Rechtfertigung der Ausnahme von der Offenlegung des Abwicklungskonzepts so vage und allgemein, dass sie der Begründungspflicht nicht genügen könnten.

316    Die Ausführungen des Beschwerdeausschusses des SRB zur Verletzung der Begründungspflicht bezogen sich somit weder auf das Abwicklungskonzept noch auf die Bewertung 2, sondern auf den im Rahmen der Verordnung Nr. 1049/2001 erlassenen Beschluss des SRB, mit dem den Klägerinnen der Zugang zu diesen Dokumenten verweigert worden war.

317    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen geht aus den in der Erwiderung angeführten Auszügen aus den Entscheidungen des Beschwerdeausschusses nicht hervor, dass dieser der Ansicht war, dass die ursprünglich vom SRB veröffentlichte Fassung des Abwicklungskonzepts die Begründungspflicht verletze. Wie der SRB ausführt, ist der Beschwerdeausschuss nicht zuständig für die Entscheidung über die Gültigkeit des Abwicklungskonzepts und könnte nicht über eine Verletzung der Pflicht zu dessen Begründung befinden.

318    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der SRB im Anschluss an die Entscheidungen des Beschwerdeausschusses vom 28. November 2017 und vom 19. Juni 2018 auf seiner Website am 2. Februar und am 31. Oktober 2018 weniger stark gekürzte Fassungen der Bewertungen 1 und 2 und des Abwicklungskonzepts veröffentlicht hat.

319    Die von den Klägerinnen angeführten Entscheidungen des Beschwerdeausschusses sind somit nicht erheblich für den Nachweis einer Verletzung der Begründungspflicht des SRB im Abwicklungskonzept oder eines Begründungsmangels der Bewertung 2.

320    Daher ist die erste Rüge betreffend eine Verletzung der Begründungspflicht zurückzuweisen.

–       Zur zweiten Rüge, die eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht betrifft

321    Die Klägerinnen machen geltend, es stelle eine Verletzung ihres in Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta verankerten Rechts auf Zugang zu den Akten dar, dass ihr die Bewertung 2 nicht übermittelt worden sei.

322    Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses.

323    Das Recht auf Akteneinsicht ist in Art. 90 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 wie folgt vorgesehen:

„Die von den Beschlüssen des [SRB] betroffenen Personen haben vorbehaltlich des legitimen Interesses anderer Personen an dem Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse das Recht auf Zugang zu den Akten des [SRB]. Vom Recht auf Akteneinsicht ausgenommen sind vertrauliche Informationen sowie interne vorbereitende Unterlagen des [SRB].“

324    Im Rahmen dieser Rüge stützen sich die Klägerinnen im Wesentlichen auf die Rn. 81 bis 83 des Urteils vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission (T‑30/91, EU:T:1995:115), in denen das Gericht im Kontext eines wettbewerbsrechtlichen Verwaltungsverfahrens entschieden hat, dass die Kommission nicht allein entscheiden kann, welche Schriftstücke der Verteidigung des betroffenen Unternehmens dienlich sind. Da es sich um schwierige und komplexe wirtschaftliche Beurteilungen handelt, muss die Kommission den Bevollmächtigten des betreffenden Unternehmens die Möglichkeit einräumen, die Schriftstücke, die möglicherweise erheblich sind, im Hinblick auf ihren Beweiswert für die Verteidigung zu prüfen. Es kann nicht akzeptiert werden, dass bei der Entscheidung über die Zuwiderhandlung nur die Kommission im Besitz der Schriftstücke war und damit allein darüber entscheiden konnte, ob sie diese gegen die Klägerin verwendet, während die Klägerin keinen Zugang zu den relevanten Schriftstücken hatte und somit die entsprechende Entscheidung, ob sie von ihnen für ihre Verteidigung Gebrauch machen soll, nicht treffen konnte. Andernfalls würden die Verteidigungsrechte, die der Klägerin im Verwaltungsverfahren zustehen, zu sehr gegenüber den Befugnissen der Kommission eingeschränkt.

325    Insoweit ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass der Zweck der Akteneinsicht in Wettbewerbssachen insbesondere darin besteht, es den Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte zu ermöglichen, von den in den Akten der Kommission enthaltenen Beweismitteln Kenntnis zu nehmen, damit sie auf deren Grundlage zu den Schlussfolgerungen, zu denen die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte gelangt ist, sachgerecht Stellung nehmen können. Dieses Recht auf Akteneinsicht bedeutet, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit gibt, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (vgl. Urteil vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltung und NKT/Kommission, C‑607/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:385, Rn. 261 und 262 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

326    Als Zweites verlangt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren vor der Kommission, das die Verhängung einer Geldbuße gegen ein Unternehmen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften zum Gegenstand hat, dass dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit gegeben wurde, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr für ihre Behauptung einer Zuwiderhandlung herangezogenen Schriftstücken sachdienlich Stellung zu nehmen. Diese Rechte sind Gegenstand von Art. 41 Abs. 2 Buchst. a und b der Charta (vgl. Urteil vom 28. November 2019, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, C‑591/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:1026, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

327    Als Drittes umfasst allgemeiner das in Art. 41 Abs. 2 der Charta verankerte Recht auf Achtung der Verteidigungsrechte den Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht auf Akteneinsicht unter Beachtung der berechtigten Interessen an Vertraulichkeit (vgl. Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 2. Dezember 2020, Kalai/Rat, T‑178/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:580, Rn. 73).

328    Als Viertes kann die Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht im Verfahren vor dem Erlass einer Entscheidung grundsätzlich deren Nichtigerklärung nach sich ziehen, wenn die Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden sind (vgl. Urteile vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑109/10 P, EU:C:2011:686, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 15. Juli 2015, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑47/10, EU:T:2015:506, Rn. 349 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).

329    Aus der in den vorstehenden Rn. 325 bis 328 angeführten Rechtsprechung geht hervor, dass sowohl das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta verankerte Recht auf Akteneinsicht als auch im Besonderen das Recht auf Akteneinsicht in Wettbewerbssachen Personen oder Unternehmen betreffen, gegen die Verfahren eingeleitet worden oder Beschlüsse ergangen sind.

330    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus Art. 90 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014, dass das Recht auf Akteneinsicht das Unternehmen betrifft, für das das Abwicklungskonzept angenommen wurde, d. h. Banco Popular, und nicht dessen Anteilseigner oder Gläubiger.

331    Daher steht den Klägerinnen kein Recht auf Akteneinsicht zu.

332    Zudem sehen sowohl Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta als auch Art. 90 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 vor, dass bestimmte Daten geschützt sein können, wenn sie vertraulich sind.

333    Demnach können die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen, es stelle eine Verletzung des in Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta verankerten Rechts auf Akteneinsicht dar, dass der SRB ihnen im Verwaltungsverfahren, das zur Annahme des Abwicklungskonzepts geführt habe, nicht die Bewertung 2 übermittelt habe.

334    Sollten die Klägerinnen schließlich mit dieser Rüge ein Recht auf Übermittlung der Bewertung 2 nach der Annahme des Abwicklungskonzepts geltend machen, so ist festzustellen, dass eine solche nachträgliche Übermittlung nicht unter das Recht auf Zugang zu den Akten nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta fällt.

335    Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen, wie sie ausführen, beim SRB Anträge auf Zugang zu Dokumenten gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 gestellt haben, auf die hin der SRB am 2. Februar 2018 und sodann am 31. Oktober 2018 auf seiner Website nicht vertrauliche Fassungen der Bewertung 2 veröffentlicht hat.

336    Außerdem hat die Prüfung der ersten Rüge ergeben, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Übermittlung einer vollständigen Fassung der Bewertung 2 oder auf deren Veröffentlichung haben, da weder das Abwicklungskonzept noch die Bewertung 2 an sie gerichtet sind und da sie nicht bestreiten, dass die Bewertung 2 vertrauliche Daten enthält.

337    Daher ist die zweite Rüge betreffend eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht zurückzuweisen.

–       Zur dritten Rüge, die eine Verletzung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf betrifft

338    Mit dem ersten und dem vierten Klagegrund machen die Klägerinnen eine Verletzung ihres in Art. 47 der Charta verankerten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf wegen zum einen Begründungsmangels des Abwicklungskonzepts und zum anderen Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit geltend, weil der SRB ihnen den Zugang zum vollständigen Abwicklungskonzept und zur vollständigen Bewertung 2 verweigert habe.

339    Es ist zu beachten, dass es für die Wirksamkeit der durch Art. 47 der Charta gewährleisteten gerichtlichen Kontrolle erforderlich ist, dass der Betroffene von den Gründen, auf denen die ihm gegenüber ergangene Entscheidung beruht, Kenntnis erlangen kann, entweder durch die Lektüre der Entscheidung selbst oder durch eine auf seinen Antrag hin erfolgte Mitteilung dieser Gründe, unbeschadet der Befugnis des zuständigen Gerichts, von der betreffenden Behörde die Übermittlung dieser Gründe zu verlangen, damit er seine Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen verteidigen und in Kenntnis aller Umstände entscheiden kann, ob es für ihn von Nutzen ist, das zuständige Gericht anzurufen, und damit dieses Gericht umfassend in der Lage ist, die Rechtmäßigkeit der fraglichen nationalen Entscheidung zu kontrollieren (vgl. Urteile vom 26. April 2018, Donnellan, C‑34/17, EU:C:2018:282, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 24. November 2020, Minister van Buitenlandse Zaken, C‑225/19 und C‑226/19, EU:C:2020:951, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 3. Februar 2021, Ramazani Shadary/Rat, T‑122/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:61, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

340    Als Ergebnis der Prüfung der ersten Rüge ist das Vorbringen der Klägerinnen zu einer Verletzung der Begründungspflicht zurückgewiesen worden. Zudem geht aus der Prüfung der ersten und der zweiten Rüge hervor, dass die Klägerinnen weder Anspruch auf Übermittlung der vollständigen Fassungen des Abwicklungskonzepts oder der Bewertung 2 noch auf deren Veröffentlichung haben.

341    Da den Ausführungen der Klägerinnen im Rahmen der vorliegenden Rüge zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte, des Grundsatzes der Waffengleichheit und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf dasselbe Vorbringen zugrunde liegt, sind sie zurückzuweisen.

342    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der SRB am 11. Juli 2017 auf seiner Website eine nicht vertrauliche Fassung des Abwicklungskonzepts veröffentlicht hat. Die Klägerinnen hatten Zugang zu dieser und konnten das Abwicklungskonzept mit der vorliegenden Klage anfechten.

343    Des Weiteren hat der SRB nach Einreichung der vorliegenden Klage und im Anschluss an die oben in Rn. 314 erwähnten Entscheidungen des Beschwerdeausschusses des SRB am 2. Februar und am 31. Oktober 2018, also vor Einreichung der Erwiderung, auf seiner Website weniger stark gekürzte Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2 veröffentlicht. Die Klägerinnen konnten somit Argumente zu diesen Fassungen vortragen.

344    Da festgestellt worden ist, dass die Klägerinnen nicht den Nachweis einer unzureichenden Begründung der Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2, die auf der Website des SRB veröffentlicht worden waren und zu denen sie Zugang hatten, erbracht haben, können sie nicht mit Erfolg geltend machen, dass für die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte oder ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf ein Zugang zu einer vollständigen Fassung erforderlich gewesen sei.

345    Gemäß Art. 91 Buchst. b und Art. 92 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht den SRB zudem im Wege einer prozessleitenden Maßnahme oder einer Beweiserhebung zur Vorlage aller Schriftstücke auffordern, die es für die Entscheidung über den Rechtsstreit für erheblich erachtet. Nach Art. 103 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht jedoch bestimmten in diesen Schriftstücken enthaltenen Informationen vertraulichen Charakter beimessen und daher entscheiden, dass sie den anderen Parteien, u. a. den Klägern, nicht bekannt gegeben werden.

346    Daraus ergibt sich, dass eine Entscheidung des Gerichts, mit der die Vorlage von Schriftstücken angeordnet wird, den Parteien keinen umfassenden Zugang zu diesen Schriftstücken garantiert, wenn diese nach Ansicht des Gerichts vertrauliche Angaben enthalten.

347    Im vorliegenden Verfahren hat das Gericht dem SRB zudem mit Beweisbeschluss vom 12. Mai 2021 die Vorlage bestimmter Schriftstücke aufgegeben, darunter die vertraulichen Fassungen des Abwicklungskonzepts, der Bewertung 2 und der Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular durch die EZB. Nach Prüfung des Inhalts dieser Schriftstücke gemäß Art. 103 der Verfahrensordnung ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Teile, die in den auf den Websites des SRB und der EZB veröffentlichten Fassungen dieser Schriftstücke unkenntlich gemacht worden sind, für die Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit nicht erheblich sind. Daher hat das Gericht die vertraulichen Fassungen dieser Schriftstücke mit Beschluss vom 9. Juni 2021 aus den Akten entfernt.

348    Auch das übrige Vorbringen der Klägerinnen zum Nachweis einer Verletzung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf ist zurückzuweisen.

349    Zum einen berufen sich die Klägerinnen zu Unrecht auf die Rechtsprechung zu beschränkenden Maßnahmen, wonach mit der Verpflichtung zur Übermittlung der Gründe einer Entscheidung den Adressaten die Verteidigung ihrer Rechte unter bestmöglichen Bedingungen ermöglicht und das Recht auf effektiven gerichtlichen Schutz gewahrt werden soll.

350    Im Unterschied zu beschränkenden Maßnahmen, mit denen gegen eine Person eine individuelle wirtschaftliche und finanzielle Sanktion (Einfrieren von Geldern) verhängt wird, stellt das Abwicklungskonzept keine gegenüber den Anteilseignern von Banco Popular und damit den Klägerinnen getroffene individuelle Maßnahme dar.

351    Daher ist die von den Klägerinnen angeführte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

352    Zum anderen bringen die Klägerinnen in der Erwiderung vor, der Beschwerdeausschuss des SRB habe befunden, dass der SRB mit der Verweigerung des Zugangs zum wesentlichen Inhalt des Abwicklungskonzepts und zu den Bewertungen 1 und 2 ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt habe.

353    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen nicht erläutern, auf welche Entscheidung des Beschwerdeausschusses – die vom 28. November 2017 oder die vom 19. Juni 2018 – sie sich beziehen, so dass es dem Gericht nicht möglich ist, genau zu bestimmen, was es als Grundlage dieses Vorbringens ansehen könnte.

354    Jedenfalls genügt der Hinweis darauf, dass der Beschwerdeausschuss nach Art. 85 Abs. 3 und Art. 90 Abs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 für die Entscheidung über eine Beschwerde gegen die nach der Verordnung Nr. 1049/2001 erfolgte Ablehnung eines Zweitantrags auf Zugang zu Dokumenten zuständig ist. Seine Aufgabe ist es, zu prüfen, ob der SRB die Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten mit Blick auf die in dieser Verordnung vorgesehenen Ausnahmen zutreffend begründet hat, nicht aber, die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen wie des Abwicklungskonzepts und der Bewertungen 1 und 2 zu beurteilen.

355    Die Klägerinnen machen schließlich eine Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit geltend.

356    Da nach der Rechtsprechung der Grundsatz der Waffengleichheit, der integraler Bestandteil des in Art. 47 der Charta verankerten Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Schutzes der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte ist, ebenso wie etwa der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens eine logische Folge des Begriffs des fairen Verfahrens als solchen ist, gebietet er, dass es jeder Partei angemessen ermöglicht wird, ihren Standpunkt sowie ihre Beweise unter Bedingungen vorzutragen, die sie nicht in eine gegenüber ihrem Gegner deutlich nachteilige Position versetzen (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2019, Glencore Agriculture Hungary, C‑189/18, EU:C:2019:861, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

357    Dieser Grundsatz dient der Wahrung des prozeduralen Gleichgewichts zwischen den Parteien eines Gerichtsverfahrens, indem er ihnen gleiche Rechte und Pflichten gewährleistet, insbesondere hinsichtlich der Regeln der Beweisführung und der streitigen Verhandlung vor Gericht sowie ihrer Rechtsbehelfe. Für die Erfüllung der Anforderungen im Zusammenhang mit dem Recht auf ein faires Verfahren kommt es darauf an, dass die Beteiligten sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Umstände kennen, die für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sind (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2019, Glencore Agriculture Hungary, C‑189/18, EU:C:2019:861, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

358    Da indes der SRB kein Gericht im Sinne von Art. 47 der Charta ist und diese Bestimmung somit im vorliegenden Fall keine Anwendung findet, können sich die Klägerinnen gegenüber dem Abwicklungskonzept nicht mit Erfolg auf das Recht auf ein faires Verfahren berufen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Mai 2017, Deza/ECHA, T‑115/15, EU:T:2017:329, Rn. 213).

359    Somit ist die dritte Rüge betreffend eine Verletzung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf zurückzuweisen.

360    Folglich sind der erste und der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 32 der Richtlinie 2014/59

361    Die Klägerinnen machen geltend, der SRB habe gegen Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 32 der Richtlinie 2014/59 verstoßen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, weil die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Voraussetzungen für die Annahme des Abwicklungskonzepts nicht erfüllt gewesen seien. Banco Popular habe kein Solvenz‑, sondern ein Liquiditätsproblem gehabt, so dass eine Abwicklung nicht notwendig gewesen sei.

362    Vorab ist festzustellen, dass der Klagegrund ins Leere geht, soweit mit ihm ein Verstoß gegen Art. 32 der Richtlinie 2014/59 geltend gemacht wird, da das Abwicklungskonzept nicht auf diese Bestimmung gestützt ist.

363    Gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 legt der SRB nur dann ein Abwicklungskonzept fest, wenn er zu der Einschätzung gelangt, dass folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

„a)      Das Unternehmen fällt aus oder fällt wahrscheinlich aus.

b)      Bei Berücksichtigung zeitlicher Zwänge und anderer relevanter Umstände besteht nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch alternative Maßnahmen des privaten Sektors, einschließlich Maßnahmen durch ein institutsbezogenes Sicherungssystem, oder Maßnahmen der Aufsichtsbehörden (einschließlich Frühinterventionsmaßnahmen oder Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten gemäß Artikel 21), die in Bezug auf das Unternehmen getroffen werden, abgewendet werden kann.

c)      Eine Abwicklungsmaßnahme ist gemäß Absatz 5 im öffentlichen Interesse erforderlich.“

364    Der vorliegende Klagegrund besteht der Sache nach aus drei Teilen, die jeweils eine der Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 betreffen.

–       Zum ersten Teil, der die erste Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 betrifft

365    Die Klägerinnen machen geltend, da Banco Popular ein Liquiditäts- und kein Solvenzproblem gehabt habe, sei sie nicht ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 gewesen.

366    Erstens nahm, wie dargelegt, die EZB am 6. Juni 2017 nach Anhörung des SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Bewertung der Frage des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular vor. In dieser Bewertung gelangte die EZB unter Berücksichtigung insbesondere der exzessiven Einlagenabflüsse, der Geschwindigkeit der Liquiditätsverluste der Bank und deren Unvermögen, anderweit Liquidität zu generieren, zu dem Schluss, dass es objektive Anhaltspunkte dafür gebe, dass Banco Popular in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. Es sei davon auszugehen, dass Banco Popular ausfalle oder jedenfalls wahrscheinlich in naher Zukunft ausfallen werde im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

367    Zweitens teilte der Verwaltungsrat von Banco Popular der EZB mit Schreiben vom 6. Juni 2017 mit, er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Bank wahrscheinlich ausfalle.

368    Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann diese Schlussfolgerung des Verwaltungsrats von Banco Popular nicht deshalb als irrelevant außer Betracht bleiben, weil dessen Mitglieder angesichts der Gefahr, persönlich haften zu müssen und von der EZB mit Sanktionen belegt zu werden, bereit gewesen seien, auf Aufforderung des SRB förmlich den vermeintlichen Ausfall der Bank zu erklären. In Ermangelung jedes konkreten Indizes ist dieses Vorbringen als rein spekulativ zurückzuweisen.

369    In ihrem Schreiben vom 6. Juni 2017 an die EZB bezieht sich Banco Popular auf ihre Mitteilung an diese gemäß Art. 414 der Verordnung Nr. 575/2013 betreffend die Verletzung der Mindestanforderungen an die Liquiditätsdeckung und verweist auf die von ihrem Verwaltungsrat durchgeführte Bewertung in der Anlage zu diesem Schreiben, wonach Banco Popular ausfalle, und auf die Informationen und Analysen, aufgrund deren der Verwaltungsrat zu diesem Schluss gelangt sei.

370    In diesem Schreiben heißt es:

„Gemäß Art. 21.4 des Gesetzes 11/2015 und den Art. 45 und 46 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1075 [der Kommission vom 23. März 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen der Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und Gruppenabwicklungsplänen, die Mindestkriterien, anhand deren die zuständige Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne zu bewerten hat, die Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle Unterstützung, die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter, die vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen, die Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und Aussetzungsbekanntmachungen und die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien festgelegt werden (ABl. 2016, L 184, S. 1)] teilt Banco Popular hiermit mit, dass ihr Verwaltungsrat die Bewertung ausgesprochen hat, dass die Bank wahrscheinlich ausfällt.“

371    Drittens wies der SRB in Art. 2 des Abwicklungskonzepts auf das Ergebnis der Bewertung der EZB hin und gelangte in Art. 2.2 zu dem Schluss, dass danach die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt sei.

372    So wurde im vorliegenden Fall der Ausfall oder wahrscheinliche Ausfall von Banco Popular auf der Grundlage von Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 festgestellt, wonach für die Zwecke von Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels das Unternehmen als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten ist, wenn folgende Voraussetzung erfüllt ist:

„Das Unternehmen ist nicht in der Lage, seine Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen, oder es liegen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird.“

373    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass weder die EZB noch der SRB sich auf den Tatbestand von Art. 18 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 beriefen, wonach ein Unternehmen als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten ist, wenn „[seine] Vermögenswerte … die Höhe seiner Verbindlichkeiten [unterschreiten] oder … objektive Anhaltspunkte dafür vor[liegen], dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird“.

374    Somit ist die Insolvenz des Unternehmens keine Voraussetzung für die Feststellung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls nach Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 und folglich auch keine Voraussetzung für die Annahme eines Abwicklungskonzepts.

375    In dieser Hinsicht heißt es, wie der SRB ausführt, im 57. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014:

„Der Beschluss zur Abwicklung eines Unternehmens sollte gefasst werden, bevor ein Finanzunternehmen bilanzmäßig insolvent ist und das gesamte Eigenkapital aufgezehrt ist. Die Abwicklung sollte eingeleitet werden, nachdem festgestellt wurde, dass ein Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt und dass keine alternativen Maßnahmen des privaten Sektors einen solchen Ausfall innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abwenden würden. …“

376    Demnach war die Insolvenz von Banco Popular entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht der einzige Fall, in dem diese als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 angesehen werden konnte.

377    Da Insolvenz des betroffenen Unternehmens kein Tatbestandsmerkmal von Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 ist, geht das Vorbringen der Klägerinnen, mit dem sie dartun wollen, dass Banco Popular zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts solvent gewesen sei, ins Leere. Denn die Tatsache, dass ein Unternehmen bilanzmäßig solvent ist, bedeutet nicht, dass es über ausreichend Liquidität, also frei verfügbare Mittel verfügt, um seine Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

378    Daraus folgt auch, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die in der Bewertung 1 enthaltene Aussage, dass Banco Popular mit einem Nettovermögen von über 8,4 Mrd. Euro solvent gewesen sei, nicht im Widerspruch zu der Feststellung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular steht. Da sich diese Feststellung aus der Bewertung der EZB und nicht aus der Bewertung 1 oder Bewertung 2 ergibt, geht das Vorbringen der Klägerinnen, diese Bewertungen widersprächen einander hinsichtlich der Frage der Solvenz von Banco Popular, ebenfalls ins Leere.

379    Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen Liquiditätsprobleme von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung einräumen. Zudem bringen sie nichts vor, um in Abrede zu stellen, dass Banco Popular zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts in der in Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 bezeichneten Lage war, d. h., dass sie in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein würde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

380    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der SRB im 23. Erwägungsgrund des Abwicklungskonzepts unter Bezugnahme auf die von der EZB durchgeführte Bewertung feststellte, dass sich die Liquiditätssituation von Banco Popular wegen des Abzugs von Einlagen in allen Kundensegmenten seit Oktober 2016 erheblich verschlechtert habe. Daraus leitete er ab, dass die Bank nicht mehr über genügend Optionen zur Wiederherstellung ihrer Liquiditätsposition verfügt habe, um sich zu vergewissern, dass sie in einer stabilen Position sein würde, um ihren Verpflichtungen bei Fälligkeit nachzukommen.

381    Im Abwicklungskonzept führte der SRB die einzelnen Geschehnisse an, die seit Februar 2017 zu einer rapiden Verschlechterung der Liquiditätsposition von Banco Popular geführt hätten. Der SRB verwies u. a. auf die Veröffentlichung des Jahresberichts 2016 von Banco Popular im Februar 2017, in dem sie einen konsolidierten Verlust von 3,485 Mrd. Euro, einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro und die Ernennung eines neuen Präsidenten angekündigt habe, und auf die Veröffentlichung des Finanzberichts für das erste Quartal 2017 im Mai 2017, in dem sie weniger gute Ergebnisse als vom Markt erwartet angekündigt habe. Der SRB erwähnte die Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch verschiedene Ratingagenturen im Februar, April und Juni 2017. Auch die anhaltende negative Berichterstattung in den Medien über die finanziellen Ergebnisse und über ein angeblich unmittelbar drohendes Konkurs- oder Illiquiditätsrisiko für Banco Popular habe zu einem vermehrten Abzug von Einlagen geführt.

382    Außerdem legte der SRB dar, am 12. Mai 2017 sei die Liquiditätsdeckungsanforderung für Banco Popular unter die Mindestschwelle von 80 % gesunken, die in Art. 460 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 575/2013 festgelegt sei, und ihr sei es nicht gelungen, diese Schwelle zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts wieder zu erreichen.

383    Art. 412 Abs. 1 der Verordnung Nr. 575/2013 definiert die Liquiditätsdeckungsanforderung wie folgt:

„Institute müssen über liquide Aktiva verfügen, deren Gesamtwert die Liquiditätsabflüsse abzüglich der Liquiditätszuflüsse unter Stressbedingungen abdeckt, damit gewährleistet wird, dass sie über angemessene Liquiditätspuffer verfügen, um sich einem möglichen Ungleichgewicht zwischen Liquiditätszuflüssen und ‑abflüssen unter erheblichen Stressbedingungen während 30 Tagen stellen zu können. In Stressperioden dürfen Institute ihre liquiden Aktiva zur Deckung ihrer Netto-Liquiditätsabflüsse verwenden.“

384    Wie der SRB ausführt, sind diese verschiedenen Anhaltspunkte in den Leitlinien der EBA vom 6. August 2015 zur Interpretation der Umstände, unter denen ein Institut gemäß Art. 32 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten ist (EBA/GL/2015/07) (im Folgenden: EBA-Leitlinien), enthalten.

385    Diese ab dem 1. Januar 2016 geltenden Leitlinien enthalten eine Reihe objektiver Anhaltspunkte für die Feststellung, ob ein Unternehmen im Einklang mit den in Art. 32 Abs. 4 Buchst. a bis c der Richtlinie 2014/59 festgelegten Voraussetzungen als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend gilt. Art. 32 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2014/59 entspricht in seinem Wortlaut weitgehend Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

386    Gemäß Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 bemühen sich der SRB, der Rat und die Kommission nach Kräften, die Leitlinien und Empfehlungen der EBA zu befolgen, die sich auf die Art der von diesen Gremien wahrzunehmenden Aufgaben beziehen.

387    Nach den EBA-Leitlinien gilt ein Institut als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Art. 32 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2014/59, wenn es gegen die regulatorischen Liquiditätsanforderungen verstößt, wenn es nicht in der Lage ist, seine Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen, oder wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird.

388    Unter den zu berücksichtigenden objektiven Anhaltspunkten nennen die EBA-Leitlinien u. a. erstens bedeutende nachteilige Entwicklungen, die sich auf die Entwicklung der Liquiditätsposition des Instituts und die Nachhaltigkeit seines Finanzierungsprofils sowie seine Fähigkeit zur Einhaltung der in der Verordnung Nr. 575/2013 festgelegten Mindest-Liquiditätsanforderungen und der gemäß ihrem Art. 105 auferlegten zusätzlichen Anforderungen oder jedweder nationaler Mindest- Liquiditätsanforderungen auswirken; zweitens eine beträchtlich nachteilige Entwicklung der aktuellen und zukünftigen Verbindlichkeiten des Instituts, bei deren Bewertung gegebenenfalls erwartete und außergewöhnliche Liquiditätsabflüsse, einschließlich sich abzeichnender Anzeichen eines möglichen Ansturms auf die Banken, berücksichtigt werden sollten, und drittens Entwicklungen, die den Ruf des Instituts wahrscheinlich ernsthaft schädigen würden, insbesondere bedeutende Herabstufungen des Ratings durch eine oder mehrere Ratingagenturen, wenn sie zu bedeutenden Mittelabflüssen oder der Unfähigkeit zur Erneuerung der Finanzierung oder der Aktivierung der vertraglichen auf externen Ratings basierenden Auslösebedingungen führen.

389    Die verschiedenen Anhaltspunkte, die die EZB und der SRB gemäß den EBA-Leitlinien berücksichtigt haben und die im Übrigen von den Klägerinnen nicht in Frage gestellt werden, ließen zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts den Schluss zu, dass Banco Popular ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

390    Daraus ergibt sich, dass dem SRB kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als er die in Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Voraussetzung als erfüllt angesehen hat.

391    Daher ist der erste Teil zurückzuweisen.

–       Zum zweiten Teil, der die zweite Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 betrifft

392    Nach Ansicht der Klägerinnen durfte das Abwicklungskonzept nicht eingesetzt werden, weil es andere, angemessenere Lösungen gegeben habe. Mit dem Erlass von Frühinterventionsmaßnahmen hätten sich das Vertrauen in Banco Popular sowie ihre Stabilität und ihr Wert wiederherstellen lassen. Daher sei die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 nicht erfüllt. Es sei nicht begründet worden, warum es nicht möglich gewesen sein solle, Frühinterventionsmaßnahmen oder Maßnahmen des privaten Sektors einzusetzen, mit denen die Abwicklung vermieden worden wäre.

393    In Art. 3 des Abwicklungskonzepts gelangte der SRB unter Berücksichtigung der Bewertung der EZB zu dem Schluss, dass es keine alternative Maßnahme gebe, mit der der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könne, und dass die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt sei.

394    Im Einzelnen führte der SRB in Art. 3.2 des Abwicklungskonzepts aus, nach vernünftigem Ermessen bestehe keine Aussicht, dass der Ausfall von Banco Popular durch andere Maßnahmen des privaten Sektors abgewendet werden könne. Das Fehlen solcher Maßnahmen lasse sich u. a. aus folgenden Umständen ableiten:

–        Die Bank selbst habe in einem Schreiben an die EZB vom 6. Juni 2017 ihren Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall eingeräumt;

–        das private Veräußerungsverfahren habe kein positives Ergebnis innerhalb eines Zeitraums erbracht, der es der Bank erlaubt hätte, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen;

–        es sei wenig wahrscheinlich, dass die Bank in der Lage sein werde, rechtzeitig zusätzliche Liquidität durch Marktgeschäfte, durch Maßnahmen der Zentralbank oder durch in ihrem Rücklagenfonds und in ihren Rettungsplänen vorgesehene Maßnahmen zu beschaffen;

–        eine Notfallliquiditätshilfe wäre angesichts der rapiden Verschlechterung der Liquiditätsposition unzureichend gewesen.

395    In dem oben in Rn. 287 erwähnten Art. 3.3 des Abwicklungskonzepts führte der SRB weiter aus, nach vernünftigem Ermessen bestehe keine Aussicht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, einschließlich solcher der Frühintervention, abgewendet werden könne.

396    In Art. 3.4 des Abwicklungskonzepts legte der SRB dar, nach vernünftigem Ermessen bestehe auch keine Aussicht, dass mit der Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung und zur Umwandlung von Kapitalinstrumenten nach Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könne. Da Banco Popular wegen ihrer Liquiditätsposition ausfalle oder wahrscheinlich ausfalle, reichten die Herabschreibung und die Umwandlung von Kapitalinstrumenten zur Wiederherstellung der Liquiditätssituation nicht aus.

397    Daraus ergibt sich, dass der SRB im Abwicklungskonzept begründet hat, warum alternative Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, einschließlich solcher der Frühintervention, oder Maßnahmen des privaten Sektors nicht in Betracht kamen. Die Klägerinnen bringen nichts vor, was diese Schlussfolgerung in Frage stellen könnte.

398    Erstens machen die Klägerinnen geltend, es habe eine aufsichtsbehördliche Lösung zur Abwendung des Ausfalls von Banco Popular im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 gegeben, die in der von der Bank von Spanien und der EZB am 5. Juni 2017 genehmigten Notfallliquiditätshilfe bestanden habe, mit der der Liquiditätsbedarf von Banco Popular hätte gedeckt werden können.

399    Indes stellte die EZB am 6. Juni 2017 in ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular fest, diese habe zwar in den vorangegangenen Wochen verschiedene Maßnahmen zur Beschaffung zusätzlicher Liquidität entwickelt und mit ihrer Umsetzung begonnen, doch habe der Umfang der realisierten und noch erwarteten Zuflüsse nicht ausgereicht, um der Verschlechterung der Liquiditätsposition der Bank zum Zeitpunkt dieser Bewertung abzuhelfen. Selbst mit dem Rückgriff auf die Notfallliquiditätshilfe, gegen die der EZB-Rat am 5. Juni 2017 keine Einwände erhoben habe, genüge die Liquiditätssituation, so die EZB, zu diesem Zeitpunkt nicht, um die Fähigkeit von Banco Popular zu gewährleisten, ihren Verpflichtungen bis zum 7. Juni 2017 nachzukommen.

400    Im 26. Erwägungsgrund Buchst. c des Abwicklungskonzepts stellte der SRB fest, dass Banco Popular am 5. Juni 2017 eine erste Notfallliquiditätshilfe erhalten habe, nachdem die EZB keine Einwände erhoben habe, dass aber die Bank von Spanien nicht in der Lage gewesen sei, ihr eine zusätzliche Liquiditätshilfe zu gewähren.

401    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Bank von Spanien mit einem Schreiben vom 5. Juni 2017 bei der EZB die Genehmigung einer Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular beantragt hatte, um deren schwerer Liquiditätskrise zu begegnen. Am selben Tag richtete die Bank von Spanien ein weiteres Schreiben an die EZB mit einem Antrag auf Ausweitung der Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular, nachdem diese sie von äußerst umfangreichen Liquiditätsbewegungen informiert hatte. Diese beiden der EZB am selben Tag übermittelten Schreiben zeugen davon, wie rapide sich die Liquiditätssituation von Banco Popular verschlechtert hatte.

402    Demgemäß stellte der SRB in Art. 3.2 Buchst. d des Abwicklungskonzepts fest, dass eine Notfallliquiditätshilfe angesichts der rapiden Verschlechterung der Liquiditätsposition von Banco Popular nicht ausgereicht hätte.

403    Die EZB und der Verwaltungsrat von Banco Popular waren am Tag nach dieser ersten Notfallliquiditätshilfe, dem 6. Juni 2017, wegen der umfangreichen und rapiden Liquiditätsabflüsse zu dem Schluss gelangt, dass die Bank nicht mehr in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit am 7. Juni zu begleichen. Da der Ausfall von Banco Popular somit festgestellt war, kam eine Notfallliquiditätshilfe nicht mehr in Betracht.

404    Zudem kommt dem SRB, wie dieser darlegt, keine Rolle bei der Leistung einer Notfallliquiditätshilfe zu, die in die Zuständigkeit der nationalen Zentralbanken fällt.

405    Somit konnte der SRB im Abwicklungskonzept nur feststellen, dass zum einen die EZB in ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular zu der Ansicht gelangt sei, dass sich mit der von ihr genehmigten Notfallliquiditätshilfe die Liquiditätskrise von Banco Popular nicht bewältigen lasse, und dass zum anderen die Bank von Spanien keine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular genehmigt habe.

406    Daraus ergibt sich, dass eine Notfallliquiditätshilfe entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen keine alternative Maßnahme zur Abwicklung darstellte.

407    Zweitens meinen die Klägerinnen, dass es die Gewährung der gesamten von der EZB ursprünglich genehmigten Notfallliquiditätshilfe Banco Popular erlaubt hätte, ihren unmittelbaren Liquiditätsbedarf zu decken, um Maßnahmen des privaten Sektors wie die Veräußerung von Vermögenswerten einzusetzen.

408    Dazu genügt der Hinweis, dass in Anbetracht der Feststellung, dass Banco Popular keine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe gewährt werden konnte, die von den Klägerinnen angesprochenen Veräußerungen von Vermögenswerten keine alternative Maßnahme zur Abwicklung darstellten, da sie von der Gewährung dieser Liquiditätshilfe abhingen.

409    Jedenfalls ist festzustellen, dass die Klägerinnen anscheinend nicht berücksichtigen, dass sich die Liquiditätsposition von Banco Popular am 6. Juni 2017 so verschlechtert hatte, dass dringliche Maßnahmen ergriffen werden mussten. Zudem haben die Klägerinnen nicht dargetan, dass die von ihnen angeführten alternativen Maßnahmen – Veräußerungen von Vermögenswerten wie der Verkauf von Totalbank oder WiZink – so rasch hätten erfolgen können, dass Banco Popular ausreichend Liquidität hätte beschaffen können, um ihren Verpflichtungen zum 7. Juni 2017 nachzukommen.

410    Wie der SRB hervorhebt, hätte es für solche Veräußerungen von Vermögenswerten, die sich erst im Vorbereitungsstadium befanden, mehrerer Wochen bedurft. Selbst wenn demnach mit den Klägerinnen angenommen würde, dass Banco Popular bis zum 21. Juni 2017 eine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe gewährt worden wäre, hätten solche Veräußerungen nicht innerhalb dieses Zeitraums abgeschlossen werden können.

411    Insoweit ist auch auf die Einschätzung der EZB hinzuweisen, wonach keine Maßnahmen der Aufsichtsbehörden oder der Frühintervention zur Verfügung standen, mit denen sich die Liquiditätssituation von Banco Popular sofort hätte wiederherstellen lassen und die ihr genügend Zeit für eine Unternehmensübertragung oder eine andere Lösung verschafft hätten.

412    Zudem räumte der Präsident von Banco Popular mit seiner im April 2017 erfolgten Ankündigung der Einleitung eines privaten Veräußerungsverfahrens, um der Gefahr eines Konkurses zu begegnen, faktisch ein, dass Veräußerungen von Vermögenswerten zur Bewältigung der Schwierigkeiten von Banco Popular nicht mehr ausreichten.

413    Schließlich erläutern die Klägerinnen nicht, wie diese Veräußerungen von Vermögenswerten, selbst wenn sie rasch genug hätten erfolgen können, um neue Liquidität zu generieren, es erlaubt hätten, die Einlagenabzüge einzudämmen und so die Liquiditätsflucht zu unterbrechen und die langfristige Existenzfähigkeit von Banco Popular wiederherzustellen.

414    Drittens machen die Klägerinnen geltend, dass sich die Liquiditätsprobleme von Banco Popular mit anderen Maßnahmen des privaten Sektors hätten bewältigen lassen. Sie berufen sich dafür auf zwei Schreiben, in denen die Barclays Bank und die Deutsche Bank am 3. bzw. 5. Juni 2017 ihre Bereitschaft bekundet hätten, eine Erhöhung des Kapitals von Banco Popular um 4 Mrd. Euro sicherzustellen. Nach Ansicht der Klägerinnen hätte sich das Abwicklungskonzept auf das Wochenende nach dem 7. Juni 2017 verschieben lassen, denn der SRB hätte Banco Popular gemäß Art. 76 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 über den SRF ein Darlehen gewähren können, um ihr zu erlauben, bis zur Schließung der Märkte am Freitag durchzuhalten.

415    Hierzu genügt die Feststellung, dass die von den Klägerinnen angeführten Schreiben keinerlei verbindliche Zusage der Barclays Bank oder der Deutschen Bank enthalten, sich an einer Kapitalerhöhung von Banco Popular zu beteiligen, sondern nur Gespräche über eine mögliche künftige Kapitalerhöhung widerspiegeln. Aus diesen Schreiben geht hervor, dass das Vorhaben einer Kapitalerhöhung von Banco Popular zum Zeitpunkt ihrer Versendung noch in seinem sehr frühen Stadium war.

416    So bezieht sich die Barclays Bank in ihrem Schreiben vom 3. Juni 2017 an Banco Popular nur auf kürzlich geführte Gespräche über eine Kapitalerhöhung mit dem Ziel für Banco Popular, ihren zusätzlichen Deckungsbedarf zu befriedigen und ein deutlich höheres Kapitalniveau zu erreichen, um die Herausforderungen durch besondere Risikopositionen im Immobiliensektor und andere notleidende Vermögenswerte abzumildern, denen sie sich gegenübersehe. Zum einen deutet somit nichts in diesem Schreiben darauf hin, dass die Barclays Bank bereit gewesen wäre, sich an dieser Kapitalerhöhung zu beteiligen, und zum anderen erwähnt diese Bank nicht die Liquiditätskrise, in der sich Banco Popular befand, und schlägt keinerlei Lösung dafür vor.

417    In ihrem Schreiben vom 5. Juni 2017 an Banco Popular erwähnt die Deutsche Bank nur ihr Interesse daran, 50 % einer möglichen Kapitalerhöhung von 4 Mrd. Euro sicherzustellen. Die Deutsche Bank führt lediglich aus, dass „[s]elbstverständlich … bestimmte Voraussetzungen [bestehen, dass] dem Schreiben … aber unsere Überzeugung zugrunde [liegt], dass unter Bedingungen, die wir für realistischerweise erfüllbar halten, eine [Kapital‑]Erhöhung durchgeführt werden könnte, die die Bank stabilisieren würde“. Somit kann dieses Schreiben nicht als eine verbindliche Zusage der Deutschen Bank ausgelegt werden, und es betrifft keine Lösung zur Bewältigung der Liquiditätskrise von Banco Popular.

418    Zudem beruht dieses Vorbringen der Klägerinnen auf der rein hypothetischen Annahme, dass diese Kapitalerhöhungen sich so rasch hätten konkretisieren lassen, dass einige Tage nach dem 7. Juni zusätzlich Liquidität zur Verfügung gestanden hätte. Die Klägerinnen legen nicht dar, wie sich mit dieser Kapitalerhöhung die Einlagenflucht hätte eindämmen und die langfristige Liquiditätsposition von Banco Popular hätte wiederherstellen lassen.

419    Zu dem Vorbringen, der SRF hätte Banco Popular ein Darlehen gewähren können, genügt die Feststellung, dass der SRB nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 innerhalb des Abwicklungskonzepts bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente den SRF nur insoweit heranziehen kann, als es für die wirksame Anwendung der Abwicklungsinstrumente u. a. für die Gewährung von Darlehen an das in Abwicklung befindliche Institut erforderlich ist. Daraus geht klar hervor, dass diese Möglichkeit nur im Rahmen einer Abwicklungsmaßnahme in Betracht kommt und keinesfalls eine dieser gegenüber alternative Maßnahme darstellt.

420    Viertens meinen die Klägerinnen, mit einer Ersetzung der Mitglieder des Leitungsorgans von Banco Popular durch die EZB hätte der Liquiditätskrise wirksam begegnet werden können, weil dies eine vertrauensbildende Maßnahme gegenüber den Märkten, den Kunden und den Gläubigern der Bank gewesen wäre.

421    Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass durch eine Ersetzung der Mitglieder des Leitungsorgans von Banco Popular Vertrauen in die Bank hätte wiederhergestellt werden können, kann dies nicht als eine alternative Lösung angesehen werden, die es erlaubt hätte, die Einlagenflucht sofort aufzuhalten oder die nötige Liquidität für die Einlagenabzüge bereitzustellen, die sich fortgesetzt hätten, und somit rasch dem Liquiditätsbedarf von Banco Popular zu entsprechen.

422    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die EZB in ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular ausgeführt hat, dass die ihr als Aufsichtsbehörde zur Verfügung stehenden Maßnahmen, darunter diejenigen nach den Art. 27 bis 29 der Richtlinie 2014/59, die ihr u. a. gestatteten, die Entlassung der Geschäftsleitung und des Leitungsorgans zu verlangen, angesichts des Ausmaßes und der Geschwindigkeit der festgestellten Liquiditätsverschlechterung nicht hätten sicherstellen können, dass Banco Popular in der Lage sein würde, ihre Schulden und sonstigen Verbindlichkeiten zu begleichen.

423    Daraus folgt, dass die Klägerinnen nicht nachgewiesen haben, dass sich mit den von ihnen angeführten alternativen Maßnahmen die Liquiditätsposition von Banco Popular rasch genug hätte wiederherstellen lassen, und dass sie somit nicht dargetan haben, dass dem SRB ein offensichtlicher Beurteilungsfehler mit der Einschätzung unterlaufen ist, dass es keine alternativen Maßnahmen zur Abwicklung gebe, mit denen der Ausfall oder wahrscheinliche Ausfall von Banco Popular zum 6. Juni 2017 abgewendet werden könne.

424    Zum Vorbringen der Klägerinnen, die EZB und der SRB hätten schon im Mai 2017 die Veräußerung von Banco Popular an Banco Santander beschlossen, genügt die Feststellung, dass es hinsichtlich der Beurteilung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 ins Leere geht und zudem rein spekulativ ist.

425    Folglich ist dem SRB kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als er die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt angesehen hat.

426    Der zweite Teil ist daher zurückzuweisen.

–       Zum dritten Teil, der die dritte Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 betrifft

427    Die Klägerinnen machen geltend, dass die Annahme des Abwicklungskonzepts nicht im öffentlichen Interesse erforderlich gewesen sei, weil angemessenere Maßnahmen zur Verfügung gestanden hätten, mit denen der Liquiditätskrise von Banco Popular hätte abgeholfen werden können, ohne den Anteilseignern ihr Eigentumsrecht zu entziehen, und dass daher das Abwicklungskonzept nicht die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 erfülle.

428    Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 für die Zwecke von dessen Abs. 1 Buchst. c eine Abwicklungsmaßnahme als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten ist, wenn sie für das Erreichen eines oder mehrerer der in Art. 14 genannten Abwicklungsziele notwendig und mit Blick auf diese Ziele verhältnismäßig ist und wenn dies bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang der Fall wäre.

429    Die Abwicklungsziele sind gemäß Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen, die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln und der Schutz der Einleger sowie der Gelder und Vermögenswerte der Kunden.

430    Zur Beachtung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 ist zu prüfen, ob die in deren Art. 14 genannten Ziele besser durch eine Abwicklungsmaßnahme als durch die Liquidation des Unternehmens zu erreichen sind.

431    Im vorliegenden Fall gelangte der SRB in Art. 4.1 des Abwicklungskonzepts zu dem Schluss, dass die Abwicklung in Form des Instruments der Unternehmensveräußerung im öffentlichen Interesse erforderlich sei im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014.

432    In Art. 4.2 des Abwicklungskonzepts wies der SRB darauf hin, dass die Abwicklung notwendig sei und in angemessenem Verhältnis zu den in Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Zielen stehe, nämlich der Sicherstellung der Kontinuität der kritischen Funktionen und der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, einschließlich von Marktinfrastrukturen, und durch die Erhaltung der Marktdisziplin. Durch eine Liquidation von Banco Popular im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens hätten sich diese Ziele nicht im selben Umfang erreichen lassen. Sodann nahm der SRB in Art. 4.4 des Abwicklungskonzepts eine Analyse im Licht der Abwicklungsziele und unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Umstände vor.

433    Im Einzelnen erläuterte der SRB in Art. 4.4.2 des Abwicklungskonzepts, er sei aufgrund verschiedener Anhaltspunkte zu dem Schluss gelangt, dass die Situation von Banco Popular eine wachsende Gefahr erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität in Spanien berge. Zu diesen Anhaltspunkten gehörten erstens die Größe und die Bedeutung von Banco Popular, die die Muttergesellschaft der sechstgrößten Bankengruppe Spaniens mit Vermögenswerten von insgesamt 147 Mrd. Euro sei und 2017 von der Bank von Spanien als systemrelevantes Institut eingestuft worden sei. Banco Popular sei einer der Hauptakteure auf dem Markt in Spanien mit einem signifikanten Marktanteil im Segment der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und habe in ganz Spanien einen relativ hohen Marktanteil bei den Einlagen (fast 6 %) und eine hohe Zahl von Kunden (etwa 1,4 Millionen). Zweitens sei die Art der Tätigkeit von Banco Popular berücksichtigt worden, deren Schwerpunkt im Firmenkundengeschäft liege und die sich hauptsächlich auf das Angebot von Finanzierungen, die Verwaltung von Sparguthaben und Dienstleistungen für Privatkunden, Familien und Unternehmen (insbesondere KMU) konzentriere. Die Ähnlichkeit des Geschäftsmodells von Banco Popular und anderer spanischer Geschäftsbanken könne zum indirekten Ansteckungspotenzial im Verhältnis zu diesen Banken beitragen, die als vor denselben Schwierigkeiten stehend angesehen werden könnten.

434    Daraus ergibt sich, dass der SRB begründet hat, in welchem Umfang die Abwicklung von Banco Popular insbesondere dem Gemeinwohlziel entsprach, die negativen Auswirkungen auf die Finanzstabilität vor allem durch die Begrenzung des Ansteckungseffekts zu verhindern.

435    Im vierten Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/1246 zur Billigung des Abwicklungskonzepts stimmte die Kommission diesem Konzept und insbesondere den Argumenten zu, die der SRB zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse nach Art. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 genannt hatte.

436    Das Vorbringen der Klägerinnen ist nicht geeignet, die Würdigung des SRB hinsichtlich der Beachtung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 in Frage zu stellen.

437    Die Klägerinnen machen der Sache nach geltend, das Instrument der Unternehmensveräußerung sei unverhältnismäßig gegenüber den zur Veräußerung von Banco Popular alternativen Maßnahmen, die sie in ihrem Vorbringen zur zweiten Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 angeführt hätten und mit denen sich die Liquiditätskrise ohne Eingriff in ihr Eigentumsrecht hätte bewältigen lassen. Damit stellen die Klägerinnen in Wirklichkeit die Verhältnismäßigkeit der Abwicklungsmaßnahme gegenüber den angeführten alternativen Maßnahmen im Hinblick auf den Eingriff in ihr Eigentumsrecht in Frage.

438    In der Erwiderung bringen sie zudem vor, dass der SRB nicht erläutere, aus welchem Grund das Instrument der Unternehmensveräußerung gegenüber den anderen Abwicklungsinstrumenten nach der Verordnung Nr. 806/2014 die beste Lösung zur Erreichung der Abwicklungsziele gewesen sein solle.

439    Zum einen machen die Klägerinnen aber nicht geltend, dass das Abwicklungskonzept nicht den dem öffentlichen Interesse dienenden Zielen des Schutzes der kritischen Funktionen von Banco Popular und des Erhalts der Finanzstabilität nach Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 entspreche.

440    Zum anderen bringen die Klägerinnen nichts zum Nachweis dafür vor, dass diese Ziele im selben Umfang erreicht worden wären, wenn Banco Popular im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens liquidiert worden wäre. Die Verhältnismäßigkeit der Abwicklungsmaßnahme gegenüber den alternativen Maßnahmen oder den anderen Abwicklungsinstrumenten nach der Verordnung Nr. 806/2014 ist für die Anwendung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 unerheblich.

441    Daraus ergibt sich, dass dem SRB kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als er die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt angesehen hat.

442    Folglich ist der dritte Teil und damit der fünfte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum sechsten Klagegrund: Verletzung des Vorsorgeprinzips im Bankensektor

443    Die Klägerinnen machen geltend, die EZB habe dadurch, dass sie keine Frühinterventionsmaßnahmen in Abstimmung mit dem SRB ergriffen habe, das Vorsorgeprinzip im Bankensektor verletzt, denn durch den Einsatz solcher Maßnahmen hätte sich die Annahme des Abwicklungskonzepts vermeiden lassen. Sie bringen der Sache nach vor, mit dem Erlass von Frühinterventionsmaßnahmen hätte sich die Liquiditätskrise von Banco Popular vermeiden lassen, mit der die Annahme des Abwicklungskonzepts und die Veräußerung der Bank an einen Dritten begründet worden seien. Durch den Einsatz solcher Maßnahmen hätte der Inhalt des Abwicklungskonzepts verändert oder seine Annahme vermieden werden können.

444    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass dieser Klagegrund, soweit er gegen die EZB gerichtet ist, weil diese keine Frühinterventionsmaßnahmen ergriffen habe, zum einen als unzulässig zurückzuweisen ist, da die EZB nicht Partei des vorliegenden Rechtsstreits ist.

445    Zum anderen berufen sich die Klägerinnen auf das Vorsorgeprinzip im Bankensektor. In der Klageschrift und in der Sitzung haben sie geltend gemacht, dieser Grundsatz ergebe sich aus dem Vorsorgeprinzip im Umweltbereich.

446    Es ist jedoch festzustellen, dass Art. 191 Abs. 2 AEUV zwar vorsieht, dass die Umweltpolitik u. a. auf dem Vorsorgeprinzip beruht, dass dieses Prinzip aber auch im Rahmen anderer Politiken der Union anzuwenden ist, insbesondere der Politik zum Schutz der öffentlichen Gesundheit sowie dann, wenn die Unionsorgane aufgrund der gemeinsamen Agrarpolitik oder der Binnenmarktpolitik Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit erlassen (vgl. Urteil vom 1. Oktober 2019, Blaise u. a., C‑616/17, EU:C:2019:800, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

447    Dieses Prinzip bedeutet, dass bei Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens oder des Umfangs von Risiken für die menschliche Gesundheit Schutzmaßnahmen getroffen werden können, ohne dass abgewartet werden müsste, dass das Bestehen und die Schwere dieser Risiken vollständig dargelegt werden (vgl. Urteile vom 1. Oktober 2019, Blaise u. a., C‑616/17, EU:C:2019:800, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 6. Mai 2021, Bayer CropScience und Bayer/Kommission, C‑499/18 P, EU:C:2021:367, Rn. 80).

448    Es genügt die Feststellung, dass die Klägerinnen nicht darlegen, wie das Vorsorgeprinzip in seiner Definition durch die Rechtsprechung im Bankensektor Anwendung findet.

449    Daher ist dieser Klagegrund unter Bezugnahme auf den Vorwurf der Klägerinnen an den SRB zu prüfen, keine Frühinterventionsmaßnahmen ergriffen zu haben, mit denen sich die Liquiditätskrise von Banco Popular hätte vermeiden lassen. Die Klägerinnen machen dazu geltend, durch den Erlass von Frühinterventionsmaßnahmen oder anderen Maßnahmen nach Art. 13 der Verordnung Nr. 806/2014, nach der Verordnung Nr. 1024/2013 und nach den Art. 27 bis 29 der Richtlinie 2014/59 hätte sich die durch die Abwicklung ausgelöste Krise vermeiden lassen. In den Monaten vor der Abwicklung von Banco Popular habe der SRB keine wirksame Maßnahme ergriffen und die Verschlechterung der Lage zugelassen, was dazu geführt habe, dass eine solvente Bank wegen eines Liquiditätsproblems abgewickelt worden sei.

450    Die Klägerinnen führen bestimmte Frühinterventionsmaßnahmen an, die im Fall von Banco Popular geeignet gewesen wären und mit denen der Verschlechterung der Lage der Bank hätte abgeholfen werden können. Sie beziehen sich auf die Aufspaltung der Bank in eine sanierte Bank und eine Bad Bank, die vorläufige Verwaltung und die Ersetzung des Verwaltungsrats, die Aufsicht über die Liquiditätsposition und die rasche Begrenzung der Verschuldung, eine Liquiditätshilfe, um Zeit zu gewinnen für ein wettbewerbsbasiertes Veräußerungsverfahren und schließlich die Verhandlung mit den Gläubigern über eine finanzielle Gesundung.

451    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 die vorherige Annahme einer Maßnahme nach Art. 16 der Verordnung Nr. 1024/2013, Art. 27 Abs. 1 oder den Art. 28 oder 29 der Richtlinie 2014/59 oder Art. 104 der Richtlinie 2013/36 keine Voraussetzung für die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme ist.

452    Sodann ist zu beachten, dass Art. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend Frühinterventionsmaßnahmen in seinem Abs. 1 vorsieht, dass die EZB oder die zuständigen nationalen Behörden den SRB über alle Maßnahmen unterrichten, zu denen sie ein Institut oder eine Gruppe verpflichten oder die sie nach Art. 16 der Verordnung Nr. 1024/2013, Art. 27 Abs. 1 oder den Art. 28 oder 29 der Richtlinie 2014/59 oder Art. 104 der Richtlinie 2013/36 selbst treffen.

453    Daraus ergibt sich, wie der SRB, unterstützt von Banco Santander und vom Königreich Spanien, ausführt, dass der Erlass von Frühinterventionsmaßnahmen nicht in seine Zuständigkeit, sondern in die der EZB und der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden fällt.

454    Die Klägerinnen erläutern nicht, auf welcher rechtlichen Grundlage der SRB solche Maßnahmen hätte erlassen können.

455    Da der SRB nicht für den Erlass der von den Klägerinnen angeführten Maßnahmen zuständig ist, können diese ihm nicht zum Vorwurf machen, dass er diese Maßnahmen nicht vor der Annahme des Abwicklungskonzepts erlassen hat.

456    Wie der SRB, unterstützt von der Kommission, schließlich geltend macht, kann das Vorbringen der Klägerinnen die Rechtmäßigkeit des Abwicklungskonzepts nicht in Frage stellen. Denn dessen Annahme ist als gerechtfertigt anzusehen, wenn die Voraussetzungen nach der Verordnung Nr. 806/2014, insbesondere diejenigen nach ihrem Art. 18, erfüllt sind. Der Umstand, dass vorbeugende Maßnahmen hätten ergriffen werden können, um die Schwierigkeiten von Banco Popular zu bewältigen, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Abwicklungskonzepts unerheblich, da feststeht, dass die Voraussetzungen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 zum Zeitpunkt seiner Annahme erfüllt waren.

457    Des Weiteren ist festzustellen, dass dieser Klagegrund auf rein spekulativen und nicht substantiierten Behauptungen beruht, wonach die Liquiditätskrise von Banco Popular hätte vermieden werden können und das Abwicklungskonzept nicht erforderlich gewesen wäre oder einen anderen Inhalt gehabt hätte, wenn Frühinterventionsmaßnahmen oder andere vorbeugende Maßnahmen ergriffen worden wären.

458    Mit am 28. Mai 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Klägerinnen zum einen ein neues Beweisangebot nach Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung vorgelegt, das sich auf zwei am 27. Mai 2021 im Internet veröffentlichte Presseartikel bezieht, in denen E‑Mails des Präsidenten des FROB an den SRB betreffend die Erklärungen der Vorsitzenden des SRB in ihrem Interview mit dem Fernsehsender Bloomberg erwähnt werden; zum anderen haben sie beantragt, dem SRB im Wege einer prozessleitenden Maßnahme die Vorlage dieser E‑Mails aufzugeben. Die Klägerinnen machen geltend, mit diesen Schriftstücken, die sie zur Stützung ihres sechsten Klagegrundes anführten, solle das Bestehen undichter Stellen und deren Einfluss auf den Liquiditätsverlust von Banco Popular nachgewiesen werden. Hierzu verweisen sie auf Rn. 83 der Klageschrift, wo sie ausgeführt hätten, dass die Erklärungen der Vorsitzenden des SRB bei den Kunden von Banco Popular Panik ausgelöst und den Absturz ihres Börsenwerts ausgelöst hätten und dass dieses „Verhalten … mit dem elementarsten Vorsorgegedanken unvereinbar“ sei.

459    Aus diesem einzigen Satz in Rn. 83 der Klageschrift lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der vorliegende Klagegrund Vorbringen enthält, mit dem die Klägerinnen dem SRB die Erklärungen seiner Vorsitzenden zum Vorwurf machen. Zum einen geht aus der Überschrift dieses Klagegrundes in der Klageschrift und dem Vorbringen dazu klar hervor, dass die Klägerinnen dem SRB nur vorwerfen, keine anderen Maßnahmen, darunter solche der Frühintervention, ergriffen zu haben, mit denen sich die Annahme des Abwicklungskonzepts hätte vermeiden lassen. Zum anderen bringen die Klägerinnen nichts Näheres zu den Erklärungen der Vorsitzenden des SRB vor und erläutern nicht, gegen welche Bestimmung oder welchen Grundsatz der SRB verstoßen haben soll. Auch im Stadium der Erwiderung haben die Klägerinnen im sechsten Klagegrund zu diesem Punkt nichts vorgebracht.

460    Da die von den Klägerinnen vorgelegten Presseartikel und die E‑Mails des Präsidenten des FROB, deren Vorlage sie in ihrem Schriftsatz vom 28. Mai 2021 beantragen, die Erklärungen der Vorsitzenden des SRB betreffen, sind sie somit nicht erheblich.

461    Daher ist der sechste Klagegrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum siebten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

462    Die Klägerinnen machen geltend, verschiedene Umstände aus der Zeit vor der Annahme des Abwicklungskonzepts seien zum Beweis ihres berechtigten Vertrauens darauf geeignet, dass Banco Popular nicht abgewickelt werden würde.

463    Nach ständiger Rechtsprechung setzt das Recht, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen, voraus, dass die zuständigen Unionsbehörden dem Betroffenen klare, unbedingte und übereinstimmende, aus befugten und zuverlässigen Quellen stammende Zusicherungen erteilt haben. Auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes kann sich somit jeder berufen, bei dem ein Unionsorgan durch klare Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (vgl. Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2020, Rat u. a./K. Chrysostomides & Co. u. a., C‑597/18 P, C‑598/18 P, C‑603/18 P und C‑604/18 P, EU:C:2020:1028, Rn. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung).

464    Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, zählt der Grundsatz des Vertrauensschutzes zwar zu den tragenden Grundsätzen der Union, doch sind die Wirtschaftsteilnehmer nicht berechtigt, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die Unionsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können, und zwar insbesondere auf einem Gebiet wie dem der staatlichen Beihilfen im Bankensektor, deren Zweck eine ständige Anpassung an die Veränderungen der wirtschaftlichen Lage mit sich bringt (vgl. Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

465    Diese Rechtsprechung ist auf die Situation einer Bank, für die eine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet worden ist, übertragbar (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Dezember 2020, Rat u. a./K. Chrysostomides & Co. u. a., C‑597/18 P, C‑598/18 P, C‑603/18 P und C‑604/18 P, EU:C:2020:1028, Rn. 181 und 182). Denn im Bankensektor können sich wegen der vom Gerichtshof angesprochenen ständigen Anpassung an die Veränderungen der wirtschaftlichen Lage die Anteilseigner und die Gläubiger eines Unternehmens nicht auf ein berechtigtes Vertrauen darauf berufen, dass sich dieses Unternehmen in Zukunft nicht in einer Situation befinden wird, die eine Abwicklungsmaßnahme rechtfertigt. Ebenso wenig können sie geltend machen, der SRB könne ihnen zusichern, dass für eine Bank, hinsichtlich deren die Voraussetzungen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt wären, keine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet würde.

466    Als Anteilseigner oder Gläubiger von Banco Popular können die Klägerinnen somit nicht geltend machen, dass der SRB mit der Annahme des Abwicklungskonzepts den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt hat.

467    Jedenfalls ist festzustellen, dass keiner der von den Klägerinnen angeführten Umstände die Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes rechtfertigt.

468    Erstens stützen die Klägerinnen das Bestehen eines berechtigten Vertrauens auf den 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014, wonach die EZB, „[d]amit das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit im Bankensektor wiederhergestellt werden, … derzeit eine umfassende Bewertung der Bilanzen aller unmittelbar beaufsichtigten Banken vor[nimmt]. Eine solche Bewertung sollte allen Interessenträgern die Gewissheit geben, dass Banken, die in den [SSM] aufgenommen werden und damit in den Geltungsbereich des [SRM] fallen, grundsolide und vertrauenswürdig sind.“ Die EZB müsse ihre Zuständigkeiten in Zusammenarbeit mit dem SRB mit dem Ziel ausüben, die Solvenz und die Solidität der ihrer Aufsicht unterstehenden Kreditinstitute zu gewährleisten.

469    Dazu genügt der Hinweis, dass dieser Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 die Bewertung betrifft, die die EZB im Rahmen der Einrichtung des SSM vornimmt. Die Auffassung der Klägerinnen, dass jede von der EZB beaufsichtigte Bank garantiert „gesund und vertrauenswürdig“ sei und für sie keine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet werde, nähme der Verordnung Nr. 806/2014 jede nützliche Wirkung.

470    Zweitens führen die Klägerinnen die Ergebnisse der Stresstests von Banco Popular der Jahre 2014 und 2016 sowie die Ergebnisse des von der EZB durchgeführten Prozesses der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung (Supervisory Review and Evaluation Process, SREP) vom November 2016 an, um daraus eine vernünftige Erwartung abzuleiten, dass das Institut stabil und solvent gewesen sei und keine Gefahr einer Abwicklung bestanden habe.

471    Hierzu genügt die Feststellung, dass die von den Klägerinnen angeführten Gesichtspunkte die Situation von Banco Popular zu einem gegebenen Zeitpunkt betreffen, der mehrere Monate vor der Annahme des Abwicklungskonzepts liegt. So wurde der Stresstest von Banco Popular von 2016 im Juli 2016 veröffentlicht, und der Stichtag für die Ergebnisse des von der EZB durchgeführten SREP vom November 2016 war der 31. Dezember 2015. Diesen Gesichtspunkten lassen sich keine Hinweise auf die künftige finanzielle Entwicklung von Banco Popular entnehmen. Sie begründen für die Klägerinnen keine berechtigte Erwartung, dass Banco Popular in Zukunft nicht ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen werde. Zudem ist zu beachten, dass sich die Liquiditätssituation von Banco Popular nach Vorlage dieser Ergebnisse seit Februar 2017 verschlechtert hatte. Insbesondere erfüllte Banco Popular am 12. Mai 2017 nicht mehr die Mindestanforderungen an die Liquiditätsdeckung. Diese Gesichtspunkte können jedenfalls keine genauen, unbedingten und übereinstimmenden Garantien seitens eines Unionsorgans darstellen, dass für Banco Popular in Zukunft keine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet werde.

472    Drittens führen die Klägerinnen den Umstand an, dass die EZB 2017 die Teilrückzahlung eines von Banco Popular begebenen nachrangigen Schuldtitels in Höhe von 400 000 Euro genehmigt habe. Jeder vernünftige Investor habe davon ausgehen dürfen, dass die EZB dieser Maßnahme nicht zugestimmt hätte, wenn Banco Popular Solvenz- oder Liquiditätsprobleme gehabt hätte.

473    Zum einen stellen indes diese Tatsachen keine klaren Zusicherungen im Sinne der oben in Rn. 463 angeführten Rechtsprechung hinsichtlich der finanziellen Solidität von Banco Popular seitens des SRB dar. Zum anderen erläutern die Klägerinnen nicht, aus welchen Gründen diese Tatsachen geeignet gewesen sein sollen, bei einem erfahrenen Investor ein berechtigtes Vertrauen in die Solvenz oder die Liquiditätssituation von Banco Popular zu begründen, konnte es einem solchen Investor doch nicht verborgen geblieben sein, dass sich die Situation der Bank mehrere Monate vor der Annahme des Abwicklungskonzepts rapide verschlechtert hatte. So waren die Veröffentlichung des Jahresberichts 2016 von Banco Popular am 3. Februar 2017, die des Finanzberichts für das erste Quartal 2017 am 5. Mai 2017 und die Verschlechterung ihres Ratings den Investoren bekannte Informationen, aus denen die Schwierigkeiten von Banco Popular hervorgingen. Zudem war Banco Popular zwischen Februar und Mai 2017 Gegenstand umfangreicher Berichterstattung in den Medien über die Verschlechterung ihrer Finanzlage.

474    Viertens machen die Klägerinnen geltend, da der SRB und die EZB keine Frühinterventionsmaßnahmen ergriffen hätten, seien sie zu der Annahme berechtigt gewesen, dass für Banco Popular nicht rasch eine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet werden würde.

475    Es genügt der Hinweis, dass nach Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 der vorherige Erlass von Frühinterventionsmaßnahmen keine Voraussetzung für die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme ist, was die Klägerinnen auch ausdrücklich in der Erwiderung einräumen. Die Klägerinnen konnten somit aus dem Fehlen solcher Maßnahmen keine Schlussfolgerungen ziehen.

476    Daher ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen können, sie hätten über Garantien seitens des SRB verfügt, dass dieser kein Abwicklungskonzept für Banco Popular annehmen werde. Den Anteilseignern von Banco Popular war auch nicht zugesagt worden, dass einige der vom SRB angenommenen Abwicklungsmaßnahmen ihre Investitionen nicht berühren würden.

477    Daher ist der siebte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum achten Klagegrund: Verletzung des Eigentumsrechts und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die in Art. 17 und 52 der Charta verankert seien

478    Die Klägerinnen machen geltend, das Abwicklungskonzept entziehe den Anteilseignern von Banco Popular in unverhältnismäßiger Weise ihr Eigentumsrecht unter Verstoß gegen Art. 17 und 52 der Charta.

479    Nach Ansicht der Klägerinnen ist der Eingriff in ihr Eigentumsrecht mit Blick auf das vom SRB verfolgte Ziel des Schutzes der Finanzstabilität unverhältnismäßig. Unter dem Vorwand des Schutzes des öffentlichen Interesses und der Stabilität der Finanzmärkte habe der SRB den Anteilseignern von Banco Popular ihr Eigentumsrecht völlig entzogen, was beweise, dass das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet worden sei. Es habe weniger belastende Maßnahmen als die mit dem Abwicklungskonzept erlassenen gegeben, und mit Letzterem sei ihnen ihr Eigentumsrecht entzogen worden, ohne dass sie zuvor gehört worden seien und ohne dass ihnen eine Entschädigung geleistet worden sei.

480    Nach ständiger Rechtsprechung dürfen gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und dass die verursachten Nachteile gegenüber den angestrebten Zielen nicht unangemessen sein dürfen (vgl. Urteile vom 30. April 2019, Italien/Rat [Fangquote für Schwertfisch im Mittelmeer], C‑611/17, EU:C:2019:332, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 6. Mai 2021, Bayer CropScience und Bayer/Kommission, C‑499/18 P, EU:C:2021:367, Rn. 166 und die dort angeführte Rechtsprechung). Auf diesen Grundsatz wird in Art. 5 Abs. 4 EUV und in Art. 1 des dem EU‑Vertrag und dem AEU‑Vertrag beigefügten Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit Bezug genommen.

481    Art. 17 Abs. 1 der Charta lautet:

„Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“

482    Nach ständiger Rechtsprechung gilt das durch Art. 17 Abs. 1 der Charta verbürgte Eigentumsrecht nicht schrankenlos, und seine Ausübung kann Einschränkungen unterworfen werden, die durch dem Gemeinwohl dienende Ziele der Union gerechtfertigt sind. Das Eigentumsrecht kann daher, wie aus Art. 52 Abs. 1 der Charta hervorgeht, Einschränkungen unterworfen werden, sofern diese Einschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der das so gewährleistete Recht in seinem Wesensgehalt antasten würde (vgl. Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 69 und 70 sowie die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile vom 16. Juli 2020, Adusbef u. a., C‑686/18, EU:C:2020:567, Rn. 85, und vom 23. Mai 2019, Steinhoff u. a./EZB, T‑107/17, EU:T:2019:353, Rn. 100).

483    Daraus folgt, dass das Eigentumsrecht kein schrankenloses Recht ist, sondern gemäß dem oben in Rn. 205 angeführten Art. 52 Abs. 1 der Charta Einschränkungen unterworfen werden kann, sofern diese in den anwendbaren Regelungen vorgesehen, zur Verfolgung eines dem Gemeinwohl dienenden Ziels erforderlich und im Hinblick auf dieses Ziel verhältnismäßig sind.

484    Die Klägerinnen räumen ein, dass ihr Eigentumsrecht Einschränkungen unterliegen kann, und stellen nicht in Abrede, dass der SRB nach Art. 22 der Verordnung Nr. 806/2014 im Rahmen der Abwicklung Kapitalinstrumente des betroffenen Unternehmens umwandeln und herabschreiben kann.

485    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass zum einen nach dem 61. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 die Einschränkungen der Anteilseigner- und Gläubigerrechte in Übereinstimmung mit Art. 52 Abs. 1 der Charta erfolgen sollten und zum anderen nach dem 62. Erwägungsgrund dieser Verordnung der Eingriff in die Eigentumsrechte nicht unverhältnismäßig sein sollte.

486    Nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend die allgemeinen Grundsätze für eine Abwicklung werden Verluste zuerst von den Anteilseignern des in Abwicklung befindlichen Instituts getragen.

487    Wie der Gerichtshof dazu entschieden hat, tragen die Anteilseigner der Banken nach den allgemeinen Regeln, die für die Rechtsstellung von Anteilseignern von Kapitalgesellschaften gelten, ihr Investitionsrisiko in vollem Umfang (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 73).

488    Da die Anteilseigner, wie der Gerichtshof im Bereich der staatlichen Beihilfen festgestellt hat, bis zur Höhe des Grundkapitals der Bank für deren Schulden haften, kann darin, dass nach den Rn. 40 bis 46 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen ab dem 1. August 2013 auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise („Bankenmitteilung“) (ABl. 2013, C 216, S. 1) die Anteilseigner zur Schließung von Kapitallücken einer Bank vor der Gewährung einer staatlichen Beihilfe in demselben Umfang wie beim Fehlen einer solchen staatlichen Beihilfe dazu beizutragen haben, die Verluste der Bank zu absorbieren, keine Beeinträchtigung ihres Eigentumsrechts gesehen werden (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 74).

489    Entsprechend folgt die Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung und zur Umwandlung von Kapitalinstrumenten von Banco Popular, deren Inhaber die Klägerinnen waren, im Abwicklungskonzept daraus, dass die Anteilseigner eines Unternehmens die ihren Investitionen innewohnenden Risiken tragen und die wirtschaftlichen Konsequenzen der Abwicklung dieses Unternehmens wegen dessen Ausfall hinnehmen müssen.

490    Dazu hat das Gericht bereits entschieden, dass die Herabsetzung des Nominalwerts der Aktien einer zyprischen Bank in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dieser Maßnahme verfolgten Ziel stand. Zunächst, so das Gericht, sollte diese Maßnahme zur Rekapitalisierung der Bank beitragen und war geeignet, einen Beitrag zur Erreichung des Ziels zu leisten, die Stabilität des zyprischen Finanzsystems und der Eurozone insgesamt zu gewährleisten. Sodann ging die Maßnahme nicht über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels geeignet und erforderlich war, da weniger einschränkende alternative Maßnahmen entweder nicht durchführbar waren oder nicht zu den erwarteten Ergebnissen hätten führen können. Schließlich brachte in Anbetracht der Bedeutung des verfolgten Ziels die betreffende Maßnahme keine unangemessenen Nachteile mit sich. In diesem Zusammenhang hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die Anteilseigner der Banken ihr Investitionsrisiko grundsätzlich in vollem Umfang tragen (Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 330).

491    Das Gericht ist daher zu dem Schluss gelangt, dass die Herabsetzung des Nominalwerts der Aktien dieser Bank keinen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellte, der das Eigentumsrecht der Kläger in seinem Wesensgehalt antastete (Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 331).

492    Im vorliegenden Fall halten die Klägerinnen als Erstes den Eingriff in ihr Eigentumsrecht für unverhältnismäßig, weil die Stabilität der Finanzmärkte in Anbetracht der Solvenz von Banco Popular, der wirtschaftlichen Lage in Spanien und der Wachstumsaussichten der spanischen Wirtschaft nicht gefährdet gewesen sei. Die Liquiditätskrise von Banco Popular habe nicht zu einem Sturz der Aktien oder zu einer Einlagenflucht bei anderen spanischen Finanzinstituten geführt, es habe sich somit um ein auf ein Finanzinstitut begrenztes Problem gehandelt, und es habe keinen Ansteckungseffekt gegeben.

493    Mit diesem Vorbringen stellen die Klägerinnen in Abrede, dass der Ausfall von Banco Popular einen Ansteckungseffekt gehabt hätte und dass die Gefahr negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität in Spanien bestand.

494    Wie bereits dargelegt, führte der SRB im Abwicklungskonzept aus, dass die Abwicklung von Banco Popular und damit die Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente notwendig und verhältnismäßig gewesen seien, um die negativen Auswirkungen eines Ausfalls des Instituts auf die Finanzstabilität und insbesondere Ansteckung der anderen spanischen Banken zu verhindern.

495    Zum einen war Banco Popular zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014. Das Vorbringen der Klägerinnen, die Bank sei solvent gewesen, ist daher unerheblich.

496    Zum anderen erläutern die Klägerinnen nicht, wie die wirtschaftliche Lage in Spanien es ermöglicht haben sollte, den vom Ausfall von Banco Popular ausgehenden Ansteckungseffekt zu vermeiden. Die Klägerinnen bringen nichts vor, was geeignet wäre, die Erläuterungen des SRB im oben in Rn. 433 angeführten Art. 4.2.2 des Abwicklungskonzepts in Frage zu stellen, wonach ein Ausfall von Banco Popular wegen ihrer Systemrelevanz und der Art ihrer Tätigkeit einen Ansteckungseffekt für die spanischen Finanzinstitute mit ähnlichem Geschäftsmodell und damit erhebliche negative Auswirkungen für die Finanzstabilität in Spanien zur Folge gehabt hätte.

497    Aus der oben in Rn. 211 angeführten Rechtsprechung geht hervor, dass Finanzdienstleistungen in der Wirtschaft der Union eine zentrale Rolle spielen, so dass die Gefahr besteht, dass die Insolvenz einer oder mehrerer Banken rasch auf andere Banken – sowohl im Herkunftsstaat als auch in anderen Mitgliedstaaten – übergreift.

498    Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, können unter Berücksichtigung des Ziels, die Stabilität des Bankensystems im Euro-Währungsgebiet sicherzustellen, und in Anbetracht der Gefahr finanzieller Verluste, die den Einlegern bei den betroffenen Banken im Fall von deren Zahlungsunfähigkeit unmittelbar droht, bestimmte Einschränkungen des Eigentumsrechts gerechtfertigt sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 74).

499    Der Gerichtshof hat ebenfalls entschieden, dass zwar ein klares öffentliches Interesse daran besteht, in der gesamten Union einen wirksamen und einheitlichen Schutz der Investoren zu gewährleisten, dass aber nicht davon ausgegangen werden kann, dass dieses Interesse in jedem Fall Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung der Stabilität des Finanzsystems hat (Urteile vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 91, und vom 8. November 2016, Dowling u. a., C‑41/15, EU:C:2016:836, Rn. 54).

500    Nach Ansicht der Klägerinnen kann die Entscheidung im Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a. (C‑526/14, EU:C:2016:570), nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, weil jene Rechtssache das gesamte Finanzsystem eines Mitgliedstaats betroffen habe, das von einer systemischen Krise bedroht gewesen sei, während die vorliegende Rechtssache nur ein einzelnes Unternehmen betreffe.

501    Hierzu genügt die Feststellung, dass der Gerichtshof in Rn. 50 des Urteils vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a. (C‑526/14, EU:C:2016:570), entschieden hat, dass die Gefahr besteht, dass die Insolvenz einer oder mehrerer Banken rasch auf andere Banken – sowohl im Herkunftsstaat als auch in anderen Mitgliedstaaten – übergreift. Die Anwendung des in diesem Urteil anerkannten Grundsatzes, dass das Ziel der Gewährleistung der Finanzstabilität eine Einschränkung des Eigentumsrechts der Anteilseigner rechtfertigen kann, ist somit nicht auf Fälle begrenzt, in denen das gesamte Finanzsystem eines Mitgliedstaats von einer systemischen Krise betroffen ist. Dieses Urteil ist einschlägig, wenn wie im vorliegenden Fall die betroffene Bank systemrelevant ist und ihre Liquidation eine Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems in Spanien darstellt.

502    Als Zweites machen die Klägerinnen geltend, das Abwicklungskonzept genüge nicht den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, weil der SRB zur Bewältigung der Liquiditätskrise von Banco Popular nicht die am wenigsten belastende Maßnahme gewählt habe. Im Abwicklungskonzept fehle eine Rechtfertigung dafür, dass nicht rechtzeitig Frühinterventionsmaßnahmen, mit denen sich das Liquiditätsproblem von Banco Popular hätte bewältigen lassen, wie etwa eine Notfallliquiditätshilfe, und keine weniger radikalen Maßnahmen, wie etwa das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten oder das Instrument des Brückeninstituts, ergriffen worden seien.

503    Die Prüfung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 im Rahmen des zweiten Teils des fünften Klagegrundes hat ergeben, dass der SRB im Abwicklungskonzept begründet hat, warum alternative Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, einschließlich solcher der Frühintervention, oder Maßnahmen des privaten Sektors nicht in Betracht kamen, und dass die Klägerinnen nicht dargetan haben, dass es andere, weniger belastende Maßnahmen gab, mit denen sich die Liquiditätsposition von Banco Popular rasch genug hätte wiederherstellen lassen, um deren Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall zum 6. Juni 2017 abzuwenden.

504    Zudem geht aus Art. 5 des Abwicklungskonzepts hervor, dass der SRB die Wahl des Instruments der Unternehmensveräußerung als Abwicklungsinstrument begründet hat. Dieses Instrument sei zur Erreichung der Ziele des Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 erforderlich und verhältnismäßig und diene in erster Linie dem Schutz der für das Funktionieren der Realwirtschaft kritischen Funktionen und dem Erhalt der Finanzstabilität.

505    In Art. 5.3 des Abwicklungskonzepts führte der SRB zudem aus, dass die anderen in Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Abwicklungsinstrumente den Abwicklungszielen nicht in demselben Umfang genügten. Was das Bail-in‑Instrument angehe, könne nicht garantiert werden, dass damit, selbst in Kombination mit dem Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten, sofort wirksam die Liquiditätssituation von Banco Popular bereinigt und somit deren Solidität und langfristige Existenzfähigkeit wiederhergestellt werden könne. Da das Instrument des Brückeninstituts, selbst in Kombination mit dem Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten, den Zugang zu den kritischen Funktionen hätte aufrechterhalten und die Veräußerung von Banco Popular innerhalb von grundsätzlich zwei Jahren bewirken sollen und da sich mit dem Instrument der Unternehmensveräußerung dasselbe Ergebnis innerhalb kürzerer Zeit habe erreichen lassen, sei davon ausgegangen worden, dass sich die Abwicklungsziele mit Letzterem wirksamer erreichen ließen als mit dem Instrument des Brückeninstituts.

506    Somit hat der SRB im Abwicklungskonzept dargelegt, aus welchen Gründen das Instrument der Unternehmensveräußerung gewählt worden war und warum die anderen in der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Abwicklungsinstrumente nicht geeignet waren.

507    Die Klägerinnen bringen nichts vor, um dieser Beurteilung des SRB entgegenzutreten. Sie begnügen sich mit dem Hinweis, dass es andere Abwicklungsinstrumente gegeben habe, deren Anwendung weniger stark beeinträchtigt in ihr Eigentumsrecht eingegriffen hätte, ohne zu erläutern, wie diese Instrumente im Fall von Banco Popular hätten angewandt werden können.

508    Ferner verweisen die Klägerinnen auf die alternativen Lösungen, die in dem der Klageschrift als Anlage beigefügten Gutachten ihres Sachverständigen angeführt seien und die zeigten, dass das Abwicklungskonzept den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit nicht genüge.

509    Nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Für die Zulässigkeit einer Klage ist es nach ständiger Rechtsprechung erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen sie beruht, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben. Zwar kann ihr Text zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach den oben genannten Vorschriften in der Klageschrift enthalten sein müssen (vgl. Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 92 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Urteile vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 114 und die dort angeführte Rechtsprechung).

510    Es ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen hinsichtlich des Bestehens alternativer Lösungen gegenüber der Abwicklung mit einer pauschalen Bezugnahme auf das der Klageschrift als Anlage beigefügte Sachverständigengutachten begnügen, was es dem Gericht nicht erlaubt, die Umstände genau zu bestimmen, die es als Grundlage dieses Vorbringens ansehen könnte.

511    Daher ist festzustellen, dass dieses Argument lediglich vorgetragen und entgegen der Regel des Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung nicht durch weiteres Vorbringen untermauert worden ist und deshalb als unzulässig zurückzuweisen ist.

512    Als Drittes machen die Klägerinnen geltend, mit dem Abwicklungskonzept werde in unverhältnismäßiger Weise in ihr Eigentumsrecht eingegriffen, weil ihnen keine Entschädigung zuerkannt worden sei. Die Herabschreibung des gesamten Gesellschaftskapitals von Banco Popular ohne Gegenleistung für die Anteilseigner stelle eine Enteignung dar. Das Abwicklungskonzept sei eine unverhältnismäßige konfiskatorische Maßnahme.

513    Dieses Vorbringen ist, wie die Kommission ausführt, als verfrüht anzusehen.

514    Hierzu ist auf Art. 15 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 806/2014 hinzuweisen, in dem der Grundsatz aufgestellt wird, dass kein Gläubiger größere Verluste zu tragen hat, als er im Fall einer Liquidation eines Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens zu tragen gehabt hätte.

515    Zur Beantwortung der Frage, ob die Anteilseigner und die Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das betreffende Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, sieht Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 vor, dass nach der Abwicklung eine Bewertung durchgeführt wird. Nach Art. 20 Abs. 17 der Verordnung Nr. 806/2014 wird bei dieser Bewertung festgestellt, ob Unterschiede zwischen der Behandlung, die den Anteilseignern und den Gläubigern zuteilgeworden wäre, wenn für das in Abwicklung befindliche Institut zu dem Zeitpunkt, als der Beschluss über die Abwicklungsmaßnahme gefasst wurde, ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, und ihrer tatsächlichen Behandlung im Rahmen der Abwicklung bestehen.

516    Wird als Ergebnis dieser Bewertung festgestellt, dass die Anteilseigner oder die Gläubiger größere Verluste erlitten haben, als sie bei einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erlitten hätten, kann der SRB nach Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 den SRF heranziehen, um sie zu entschädigen.

517    Folglich wird mit der Verordnung Nr. 806/2014 ein Mechanismus geschaffen, der den Anteilseignern und den Gläubigern des abgewickelten Unternehmens eine angemessene Entschädigung im Einklang mit den Anforderungen nach Art. 17 Abs. 1 der Charta garantieren soll.

518    Da die Leistung einer solchen Entschädigung das Ergebnis der oben in Rn. 515 erwähnten Bewertung ist, die nach der Annahme des Abwicklungskonzepts vorgenommen wird, ist es unbeachtlich, dass die Klägerinnen zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts keine Entschädigung erhalten hatten.

519    In der Erwiderung führen die Klägerinnen aus, das Recht auf eine angemessene Entschädigung, das es rechtfertigen könne, den Anteilseignern ihr Eigentumsrecht zu entziehen, könne nicht so verstanden werden, dass es gewahrt sei, wenn der Grundsatz nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 806/2014, dass kein Gläubiger schlechter gestellt werden darf, beachtet sei. Der Unterschied zwischen dem Ergebnis eines hypothetischen Insolvenzverfahrens in Spanien und dem Abwicklungskonzept sei unerheblich. Die Anteilseigner müssten nach dem Wert ihrer Anteile zu dem Zeitpunkt entschädigt werden, zu dem ihnen ihr Eigentumsrecht entzogen worden sei. Banco Popular habe ein Liquiditätsproblem gehabt, sei jedoch nach der Bewertung 1 zum Zeitpunkt der Abwicklung solvent gewesen, so dass das Ergebnis des Grundsatzes, dass kein Gläubiger schlechter gestellt werden darf, unerheblich sei.

520    Hierzu ist mit Banco Santander darauf hinzuweisen, dass sich die Anwendung des Grundsatzes, dass kein Gläubiger schlechter gestellt werden darf, nicht aus dem Abwicklungskonzept, sondern aus einer zukünftigen Entscheidung des SRB im Anschluss an die Bewertung 3 ergibt.

521    Daher geht das Vorbringen der Klägerinnen, mit dem sie die Anwendung dieses Grundsatzes zur Bestimmung der Parameter für die Berechnung der Entschädigung beanstanden, ins Leere.

522    Jedenfalls ist entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen der Wert ihrer Investition nicht anhand des Nominalwerts ihrer Aktie vor der Annahme des Abwicklungskonzepts zu berechnen, sondern entspricht dessen Wert im Fall der Nichtannahme des Abwicklungskonzepts. Wie dargelegt, wäre Banco Popular aber ohne die Annahme des Abwicklungskonzepts wegen ihres Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens liquidiert worden.

523    Wie der Gerichtshof im Bereich der staatlichen Beihilfen entschieden hat, haben die Verluste der Anteilseigner von notleidenden Banken jedenfalls dasselbe Ausmaß unabhängig davon, ob sie ihren Grund in einem Urteil zur Feststellung der Insolvenz aufgrund der Nichtgewährung einer staatlichen Beihilfe oder in einem Verfahren zur Gewährung einer solchen Beihilfe unter der Voraussetzung der Lastenverteilung haben (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 75).

524    Zudem bemisst sich bei Wertpapieren die Entschädigungshöhe nach dem tatsächlichen Verkehrswert des Wertpapiers zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Regelung, nicht aber nach ihrem Nominalwert oder dem Betrag, den ihr Inhaber zum Zeitpunkt des Erwerbs zu erzielen hoffte (vgl. Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 314 und die dort angeführte Rechtsprechung).

525    Wie bereits dargelegt, war die in der Bewertung 1 festgestellte bilanzmäßige Solvenz von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung unerheblich. Zu diesem Zeitpunkt entsprach der Wert von Banco Popular ihrem Veräußerungswert im Anschluss an die Feststellung ihres Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls.

526    Folglich können die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Herabschreibung und die Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts eine entschädigungslose „Enteignung“ gewesen sei, denn eine eventuelle Entschädigung konnte später beschlossen werden.

527    Als Viertes machen die Klägerinnen geltend, das Abwicklungskonzept sei unverhältnismäßig, weil es den Anteilseignern ihr Eigentumsrecht ohne vorherige Anhörung entzogen habe.

528    Hierzu ist auf die bereits im Rahmen der Prüfung des zweiten Klagegrundes und insbesondere in den vorstehenden Rn. 234 und 235 angeführte Rechtsprechung des Gerichts hinzuweisen, wonach der Schutz des in Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK verankerten Eigentumsrechts nicht dahin ausgelegt werden kann, dass der Betroffene unter allen Umständen in der Lage sein muss, vor dem Erlass der Maßnahmen, die sein Eigentumsrecht beeinträchtigen, seinen Standpunkt gegenüber den zuständigen Behörden geltend zu machen.

529    Zudem ist festzustellen, dass die Klägerinnen nichts vorbringen, um zu erläutern, wie sich das Fehlen einer Anhörung durch den SRB vor der Annahme des Abwicklungskonzepts auf ihr Eigentumsrecht ausgewirkt haben soll.

530    Aus alledem folgt erstens, dass Banco Popular ein ausfallendes oder wahrscheinlich ausfallendes Unternehmen war und dass es keine alternativen Maßnahmen gab, mit denen sich diese Situation hätte abwenden lassen, zweitens, dass ohne Abwicklung über Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre, und drittens, dass die Anteilseigner von Banco Popular ihr Investitionsrisiko tragen und dass nach der Verordnung Nr. 806/2014 gemäß dem Grundsatz, dass kein Gläubiger schlechter gestellt werden darf, eine Entschädigung geleistet werden kann. Daraus ist zu schließen, dass der Beschluss zur Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular im Abwicklungskonzept keinen übermäßigen und unerträglichen Eingriff in den Wesensgehalt des Eigentumsrechts der Klägerinnen darstellt, sondern als eine gerechtfertigte und verhältnismäßige Einschränkung ihres Eigentumsrechts im Einklang mit den Art. 17 und 52 der Charta anzusehen ist.

531    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen in der Klageschrift im Rahmen des achten Klagegrundes keine Verletzung der unternehmerischen Freiheit geltend machen und hierzu nichts vorbringen. Der einzige Hinweis auf die unternehmerische Freiheit findet sich im dritten Klagegrund, mit dem eine Einrede der Rechtswidrigkeit erhoben wird.

532    Da sich der SRB dafür entschieden hat, auf den dritten und den achten Klagegrund zusammen zu antworten, entwickeln die Klägerinnen in der Erwiderung neues Vorbringen zur Verletzung der unternehmerischen Freiheit durch den SRB, das dahin geht, dass Banco Popular veräußert worden sei, ohne dass ihre Anteilseigner in einer Hauptversammlung gehört worden seien oder die geschäftlichen Entscheidungen hätten treffen können, die sie für angebracht gehalten hätten, um die Existenzfähigkeit von Banco Popular zu gewährleisten.

533    Zum einen erläutern die Klägerinnen, wie der SRB ausführt, nicht, welches der durch die unternehmerische Freiheit gewährleisteten Rechte, wie sie oben in Rn. 266 aufgeführt sind, verletzt sein soll. Zum anderen üben, wie die Kommission geltend macht, die Klägerinnen als Minderheitsaktionäre von Banco Popular keine wirtschaftliche Tätigkeit im Bankensektor aus und können sich daher insoweit nicht auf die unternehmerische Freiheit berufen.

534    Jedenfalls gilt die unternehmerische Freiheit, wie das in Art. 17 der Charta verankerte Eigentumsrecht, nicht schrankenlos, und ihre Ausübung kann gemäß Art. 52 Abs. 1 der Charta Einschränkungen unterworfen werden. Da festgestellt worden ist, dass das Abwicklungskonzept keinen übermäßigen und unerträglichen Eingriff in den Wesensgehalt des Eigentumsrechts darstellte, ist es aus denselben Gründen nicht als ein Eingriff in den Wesensgehalt der unternehmerischen Freiheit anzusehen.

535    Nach alledem ist der achte Klagegrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014

536    Nach Ansicht der Klägerinnen kann die Bewertung 2 nicht als „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 eingestuft werden. Das Vorbringen der Klägerinnen besteht aus vier Rügen, mit denen erstens die Unabhängigkeit des Sachverständigen, der die Bewertung 2 vorgenommen hat, zweitens das Nebeneinander von zwei Ex-ante-Bewertungen, drittens die in der Bewertung 2 verwendete Methode und viertens die Glaubwürdigkeit dieser Bewertung in Zweifel gezogen werden.

537    Die vor der Annahme des Abwicklungskonzepts durchgeführte Bewertung von Banco Popular umfasst zwei dem Abwicklungskonzept beigefügte Berichte.

538    Die Bewertung 1 vom 5. Juni 2017 wurde vom SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erstellt und diente der fundierten Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung erfüllt waren.

539    Die Bewertung 2 vom 6. Juni 2017 wurde von Deloitte als unabhängigem Sachverständigen gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 erstellt.

540    Im Abwicklungskonzept heißt es, in Anbetracht der Dringlichkeit sei es Ziel der gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 erstellten Bewertung 2, den Wert der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular zu schätzen, eine Einschätzung abzugeben, wie die Anteilseigner und Gläubiger behandelt würden, wenn ein reguläres Insolvenzverfahren für Banco Popular durchgeführt würde, sowie eine fundierte Entscheidung über die zu übertragenden Anteile und Eigentumstitel und dem SRB das Verständnis zu ermöglichen, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke des Instruments der Unternehmensveräußerung zu verstehen sei.

541    In der Bewertung 2 wies Deloitte darauf hin, dass sie sich auf die Anforderungen nach Art. 36 der Richtlinie 2014/59 (der Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht) und auf Kapitel 3 des endgültigen Entwurfs der technischen Regulierungsstandards der EBA Nrn. 2017/05 und 2017/06 vom 23. Mai 2017 für die Bewertung zum Zweck der Abwicklung und die Bewertung zur Bestimmung der unterschiedlichen Behandlung infolge der Abwicklung nach der Richtlinie 2014/59 (im Folgenden: technische Standards der EBA) gestützt habe.

542    Gemäß Art. 36 Abs. 15 der Richtlinie 2014/59 kann die EBA Entwürfe technischer Regulierungsstandards ausarbeiten, in denen die Kriterien für die in einem Abwicklungsverfahren vorzunehmenden Bewertungen festgelegt werden.

543    Kapitel 3 der technischen Standards der EBA betrifft den Entwurf der technischen Regulierungsstandards Nr. 2017/05 für die Bewertung zum Zweck der Abwicklung (im Folgenden: technische Regulierungsstandards) und enthält u. a. gemäß Art. 36 Abs. 15 der Richtlinie 2014/59 den Entwurf einer Delegierten Verordnung der Kommission zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 durch technische Regulierungsstandards, in denen die Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Instituts oder Unternehmens festgelegt sind.

544    Zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts waren die technischen Regulierungsstandards nicht verbindlich, da nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 der SRB, der Rat und die Kommission den von der EBA ausgearbeiteten verbindlichen technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards unterliegen, wenn diese von der Kommission erlassen worden sind. Diese technischen Regulierungsstandards sind in die Delegierte Verordnung (EU) 2018/345 der Kommission vom 14. November 2017 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Instituten oder Unternehmen (ABl. 2018, L 67, S. 8) übernommen worden.

545    In Art. 6.3 des Abwicklungskonzepts führte der SRB aus, er habe sich für die Entscheidung zur Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular auf die Bewertung 2 gestützt, wie sie durch die Ergebnisse des vom FROB durchgeführten Veräußerungsverfahrens ergänzt und bestätigt worden sei.

546    Da die Bewertung 2 komplexe wirtschaftliche und technische Beurteilungen enthält, ist dem SRB ein weiter Ermessensspielraum für die Einschätzung dieser Bewertung als zulässige Grundlage für die Entscheidung über die Abwicklungsmaßnahmen zuzuerkennen.

547    Demnach ist die vom Gericht ausgeübte Kontrolle gemäß der oben in den Rn. 166 bis 171 angeführten Rechtsprechung auf die Prüfung beschränkt, ob dem SRB kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als er die Bewertung 2 für im Einklang mit den Anforderungen nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 stehend befunden hat. Es ist Sache der Klägerinnen, ausreichende Beweise für eine fehlende Plausibilität der Bewertung 2 beizubringen.

–       Zur ersten Rüge, die die Unabhängigkeit des Sachverständigen betrifft, der die Bewertung 2 vorgenommen hat

548    Erstens machen die Klägerinnen geltend, Deloitte könne wegen eines Interessenkonflikts nicht als unabhängiger Sachverständiger gelten, weil der FROB sie der Fälschung im Rahmen des Börsengangs von Bankia beschuldigt habe.

549    Nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 ist die Bewertung durch eine von staatlichen Stellen – einschließlich des SRB und der nationalen Abwicklungsbehörde – und dem betroffenen Unternehmen unabhängige Person vorzunehmen.

550    Die Anforderungen an die Unabhängigkeit des Bewerters ergeben sich aus den Art. 37 bis 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075. Nach deren Art. 38 gilt der Bewerter als unabhängig von einschlägigen Behörden und dem einschlägigen Unternehmen, wenn drei Bedingungen erfüllt sind. Erstens muss der Bewerter über die erforderlichen Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen verfügen und die Bewertung wirksam und ohne übermäßige Abhängigkeit von einer einschlägigen Behörde oder dem einschlägigen Unternehmen vornehmen können. Zweitens muss er rechtlich von der einschlägigen Behörde und dem einschlägigen Unternehmen getrennt sein. Drittens darf der Bewerter keine wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen im Sinne von Art. 41 dieser Delegierten Verordnung haben.

551    Die Klägerinnen behaupten nicht, dass Deloitte nicht über die erforderlichen Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen verfüge, um die Bewertung wirksam im Sinne der ersten Bedingung des Art. 38 der Delegierten Verordnung 2016/1075 vorzunehmen. Sie behaupten auch nicht, dass Deloitte nicht rechtlich getrennt von den einschlägigen Behörden, dem SRB und dem FROB, und von Banco Popular im Sinne der zweiten Bedingung des Art. 38 der Delegierten Verordnung 2016/1075 gewesen sei.

552    Die Klägerinnen machen geltend, es bestehe ein Interessenkonflikt zwischen dem FROB und Deloitte, der sich aus einem in Spanien gegen Deloitte geführten Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Fälschung der Bilanz von Bankia ergebe, in dem der FROB als Nebenkläger aufgetreten sei. Die Klägerinnen legen jedoch dar, dass der FROB in diesem Verfahren keine Anschuldigungen gegen Deloitte oder einen ihrer Gesellschafter erhoben habe.

553    Sollte dieses Vorbringen dahin zu verstehen sein, dass die Klägerinnen unter Berufung auf das Bestehen eines wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interesses im Sinne von Art. 41 dieser Delegierten Verordnung in Abrede stellen, dass Deloitte die dritte Bedingung nach Art. 38 der Delegierten Verordnung 2016/1075 erfüllt, so genügt die Feststellung, dass es auf einem Fehlverständnis dieser Bestimmung beruht.

554    Nach Art. 41 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2016/1075 gilt nämlich für die Zwecke von Abs. 1 ein tatsächliches oder potenzielles Interesse als wesentlich, wenn es nach Einschätzung der bestellenden Behörde oder einer anderen Behörde, die im betreffenden Mitgliedstaat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ermächtigt ist, das Urteil des unabhängigen Bewerters bei der Durchführung der Bewertung beeinflussen könnte oder eine solche Einflussnahme nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann. Nach Abs. 3 dieses Artikels sind gemeinsame oder widersprüchliche Interessen mit den Mitgliedern des Unternehmens oder dessen Gläubigern relevant.

555    Zum einen machen die Klägerinnen jedoch nicht geltend, dass gemeinsame oder widersprüchliche Interessen zwischen Deloitte und Banco Popular bestünden, und zum anderen erläutern sie nicht, wie der Umstand, dass der FROB in einem Strafverfahren gegen Deloitte in Spanien als Nebenkläger aufgetreten ist, das Urteil von Deloitte hinsichtlich der Bewertung von Banco Popular beeinflussen können soll.

556    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, Deloitte sei nicht unabhängig, weil der SRB von ihr verlangt habe, die Bewertung 2 unter Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung zu erstellen, ohne ihr die Beurteilung der Frage zu erlauben, welches Abwicklungsinstrument am besten zur Bewältigung der Liquiditätskrise von Banco Popular geeignet sei.

557    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 20 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 die Zwecke der Bewertung nach Maßgabe des angewandten Abwicklungsinstruments definiert. Art. 20 Abs. 5 Buchst. f der Verordnung Nr. 806/2014 legt die Bewertungszwecke im Fall der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung fest, die sich von den Zwecken unterscheiden, die Art. 20 Abs. 5 Buchst. d und e dieser Verordnung für die Fälle der Anwendung des Bail-in‑Instruments bzw. des Instruments des Brückeninstituts oder des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten nennt.

558    Art. 20 Abs. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014, wonach, falls die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, die Bewertung der fundierten Entscheidung über die in Bezug auf ein Unternehmen zu treffenden angemessenen Abwicklungsmaßnahmen dient, ist dahin auszulegen, dass die Bewertung dem SRB die in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht fundierte Entscheidung über die Umsetzung des von ihm gewählten Abwicklungsinstruments ermöglichen soll.

559    Aus dieser Bestimmung geht nicht hervor, dass es Sache des Bewerters ist, selbst zu bestimmen, welches das am besten geeignete Abwicklungsinstrument wäre. Die Entscheidung über die Wahl des anzuwendenden Abwicklungsinstruments trifft die Abwicklungsbehörde und nicht der unabhängige Bewerter.

560    Daher kann der Umstand, dass der SRB das Instrument der Unternehmensveräußerung als am besten geeignet zur Erreichung der Abwicklungsziele gehalten und Deloitte beauftragt hat, eine den Zwecken dieses Instruments entsprechende Bewertung vorzunehmen, nicht als eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit von Deloitte angesehen werden.

561    Die erste Rüge ist somit zurückzuweisen.

–       Zur zweiten Rüge, die das Nebeneinander von zwei Ex-ante-Bewertungen betrifft

562    Die Klägerinnen machen geltend, die Verordnung Nr. 806/2014 sehe nicht vor, den Bewertungsbericht in zwei von unterschiedlichen Autoren erstellte Dokumente aufzuteilen. Die Schlussfolgerungen der Bewertung 2 stünden zudem im Widerspruch zu denen der Bewertung 1, in der Banco Popular als solvent eingestuft und der Wert ihres Vermögens auf 8,4 Mrd. Euro geschätzt worden sei.

563    Wie dargelegt, nahm der SRB am 5. Juni 2017 die Bewertung 1 gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 vor, mit der festgestellt werden sollte, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung oder die Voraussetzungen für eine Herabschreibung oder eine Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt waren. Dem SRB zufolge sollte die Bewertung 1 zur Beantwortung der Frage beitragen, ob Banco Popular ein ausfallendes oder wahrscheinlich ausfallendes Unternehmen im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 war.

564    Die am 23. Mai 2017 erlassenen technischen Standards der EBA waren zwar nicht verbindlich, sie waren aber zum Zeitpunkt der Bewertung 2 verfügbar. In der Bewertung 2 wies Deloitte ausdrücklich darauf hin, dass sie gemäß den Anforderungen nach den technischen Standards der EBA gehandelt habe.

565    Der einleitenden Zusammenfassung der technischen Standards der EBA zufolge ist es wichtig, zwischen zwei Arten der Bewertung vor der Abwicklung zu unterscheiden, der Bewertung 1 gemäß Art. 36 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2014/59, der Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht, und der Bewertung 2 gemäß Art. 36 Abs. 4 Buchst. b bis g der Richtlinie 2014/59, der Art. 20 Abs. 5 Buchst. b bis g der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht.

566    Im ersten Erwägungsgrund der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren erster Erwägungsgrund, wird an diese Unterscheidung zwischen anfänglichen Bewertungen, anhand deren ermittelt wird, ob die Bedingungen für die Herabschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten oder eine Abwicklung erfüllt sind, und anschließenden Bewertungen, die als Grundlage für die Entscheidung über die Anwendung eines oder mehrerer Abwicklungsinstrumente dienen, erinnert. Die technischen Regulierungsstandards legen unterschiedliche Kriterien für die Durchführung der Bewertung 1 und der Bewertung 2 fest.

567    Für die Bewertung 1 ist das relevante Kriterium gemäß den technischen Regulierungsstandards, ob das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, was der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht.

568    Nach Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 erfolgt die Bewertung dieser Voraussetzung aber durch die EZB oder den SRB.

569    Daher war es in Anbetracht der unterschiedlichen Zwecke der Bewertung 1 und der Bewertung 2 gerechtfertigt, dass Erstere vom SRB und die Zweitgenannte vom unabhängigen Bewerter, d. h. von Deloitte, vorgenommen wurde.

570    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerinnen mit dem Vorbringen begnügen, dass die Verordnung Nr. 806/2014 nicht ausdrücklich zwischen diesen beiden Bewertungen unterscheide, dass sie aber nicht darlegen, welche Bestimmung verletzt sein soll.

571    Zum Vorbringen der Klägerinnen, die Schlussfolgerungen der Bewertungen 1 und 2 widersprächen einander, genügt die Feststellung, dass es ins Leere geht.

572    Die am 5. Juni 2017 vorgenommene Bewertung 1, mit der festgestellt werden sollte, ob Banco Popular ein ausfallendes oder wahrscheinlich ausfallendes Unternehmen war, um zu ermitteln, ob die Bedingungen für eine Abwicklung oder für die Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt waren, war nämlich nach der am 6. Juni 2017 von der EZB vorgenommenen Bewertung der Lage von Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend hinfällig geworden.

573    In der Bewertung 1 hatte der SRB zwar ausgeführt, dass Banco Popular am Bewertungsstichtag, dem 31. März 2017, solvent gewesen sei. Zum einen schloss die EZB aufgrund erheblicher Einlagenabzüge bei dieser Bank seit den Monaten April und Mai 2017 und deren Unvermögen, neue Liquidität zu generieren, am 6. Juni 2017 auf den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular. Zum anderen beruhte die Schlussfolgerung der EZB darauf, dass Banco Popular im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 nicht in der Lage sein würde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen, und nicht darauf, dass Banco Popular bilanzmäßig insolvent gewesen wäre. Somit waren, wie der SRB zu Recht ausführt, die Schlussfolgerungen der Bewertung 1 zum Zeitpunkt der Abwicklung nicht mehr relevant.

574    Zudem erklären sich unterschiedliche Schlussfolgerungen der Bewertung 1 und der Bewertung 2 dadurch, dass diese wegen ihres unterschiedlichen Gegenstands auf unterschiedliche Bewertungskriterien gestützt sind, die in den technischen Standards der EBA festgelegt sind. So dient die Bewertung 1 nach den technischen Standards der EBA in erster Linie der Feststellung, ob der Gesamtwert der Vermögenswerte des Unternehmens dessen Verbindlichkeiten übersteigt, ob das Unternehmen also bilanzmäßig solvent ist, während der Bewertung 2 der wirtschaftliche Wert und nicht der Buchwert des Unternehmens zugrunde liegen muss.

575    Daher ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

–       Zur dritten Rüge, die die in der Bewertung 2 verwendete Methode betrifft

576    Die Klägerinnen machen geltend, die Bewertung des Instituts dürfe nicht so erfolgen, als handle es sich um ein Unternehmen in Liquidation, sondern müsse für ein fortgeführtes Unternehmen vorgenommen werden, und dessen Marktwert müsse als der eines Instituts bestimmt werden, das seine Finanzgeschäfte weiterführe. Die Bewertung 2 beruhe auf einer fehlerhaften Methode, weil jede Fähigkeit von Banco Popular zur künftigen Erzielung von Ergebnissen außer Betracht geblieben sei.

577    Dieses Vorbringen beruht auf einem Fehlverständnis der in der Bewertung 2 angewandten Methode. Die Bewertung 2 besteht nämlich aus zwei Teilen, einem ersten mit der vorläufigen Bewertung von Banco Popular und einem zweiten mit der Simulation eines Liquidationsszenarios. Der erste Teil dient der Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular im Rahmen der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung. Der zweite Teil dient der Feststellung, ob die Anteilseigner und die Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren nach spanischem Recht eingeleitet worden wäre.

578    Der SRB legte das Abwicklungskonzept unter Berücksichtigung des ersten Teils der Bewertung 2 fest, der die eigentliche Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular enthält. Da Deloitte angegeben hatte, dass sie in diesem Stadium weder über alle nötigen Informationen noch über ausreichend Zeit für eine mehr als nur annähernde Schätzung verfüge, entspricht dagegen der zweite Teil der Bewertung 2 einer ersten Simulation gemäß Art. 20 Abs. 9 der Verordnung Nr. 806/2014. Die Bewertung 3, bei der es sich um die endgültige Bewertung zum Zweck der Feststellung gemäß Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 handelt, ob die Anteilseigner und die Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, wurde nach der Abwicklung vorgenommen.

579    Der Liquidationswert, dessen Heranziehung durch Deloitte die Klägerinnen beanstanden, entspricht aber dem zweiten Teil der Bewertung 2. Im Rahmen des ersten Teils berücksichtigte Deloitte den Veräußerungswert von Banco Popular.

580    Zur angewandten Methode führte Deloitte in der Bewertung 2 aus, dass das zur Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes herangezogene Szenario die Veräußerung der Bank mittels des Instruments der Unternehmensveräußerung sei. Gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. f der Verordnung Nr. 806/2014 habe die Bewertung der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten oder Eigentumstitel und dem Verständnis des SRB dafür gedient, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke von Art. 24 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung zu verstehen sei.

581    Deloitte erläuterte, dass „[ihre] wirtschaftliche Bewertung … eine Schätzung des Wertes ermöglichen [soll], der nach einem offenen, fairen und wettbewerbsbasierten Versteigerungsverfahren einem potenziellen Erwerber für die Bank als Ganzes vorgeschlagen werden kann (ein ,Veräußerungswert‘ gemäß Art. 11 der technischen Regulierungsstandards) …“

582    Nach dem sechsten Erwägungsgrund der technischen Regulierungsstandards sollte für die von der Abwicklungsbehörde in Betracht gezogenen Abwicklungsmaßnahmen die am besten geeignete Bemessungsgrundlage (Haltewert oder Veräußerungswert) gewählt werden.

583    Zur Wahl der Bemessungsgrundlage heißt es in Art. 11 Abs. 4 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 11 Abs. 4:

„Wenn die Abwicklungsmaßnahmen gemäß Artikel 10 Absatz 1 erfordern, dass ein fortgeführtes Unternehmen weiterhin Vermögenswerte und Verbindlichkeiten hält, ist der Haltewert die vom Bewerter verwendete geeignete Bemessungsgrundlage. Der Haltewert kann, sofern er als fair, vorsichtig und realistisch angesehen wird, eine Normalisierung der Marktbedingungen vorwegnehmen.

Der Haltewert darf nicht als Bemessungsgrundlage verwendet werden, wenn Vermögen[s]werte gemäß Artikel 42 der Richtlinie 2014/59… auf eine eigens für die Vermögensverwaltung errichtete Zweckgesellschaft oder gemäß Artikel 40 der Richtlinie auf ein Brückeninstitut übertragen werden oder wenn ein Instrument der Unternehmensveräußerung gemäß Artikel 38 der Richtlinie 2014/59… genutzt wird.“

584    Nach Art. 12 Abs. 4 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 4, „[beziehen sich, wenn] sich ein Unternehmen in einer Lage [befindet], in der es einen Vermögenswert nicht halten oder einen Geschäftsbereich nicht fortführen kann, oder [wenn] die Abwicklungsbehörde aus anderen Gründen eine Veräußerung für notwendig [erachtet], um die Abwicklungsziele zu erreichen, … die erwarteten Zahlungsströme auf die innerhalb eines bestimmten Veräußerungszeitraums erwarteten Veräußerungswerte“.

585    Die Faktoren, die für die Bestimmung des Veräußerungswerts im Hinblick auf die Verwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung zu berücksichtigen sind, sind in Art. 12 Abs. 5 bis 7 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 5 bis 7, definiert.

586    Demnach können die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Heranziehung des Veräußerungswerts nicht die korrekte Methode zur Beurteilung des Wertes von Banco Popular im Rahmen der Bewertung 2 gewesen sei.

587    Weiter machen die Klägerinnen erstens geltend, die Bewertung 2 stehe im Widerspruch zu den geprüften Jahresabschlüssen 2016, den Stresstests von 2014 und 2016, den Ergebnissen der 2016 von der EBA durchgeführten Solvenzprüfung und dem Buchwert der Kapitalinstrumente von Banco Popular in ihrem Finanzbericht für das erste Quartal 2017. Es sei undenkbar, dass sich der Wert von Banco Popular in so kurzer Zeit derart verschlechtert habe.

588    Dazu genügt die Feststellung, dass keine der von den Klägerinnen angeführten Vergleichsgrößen relevant ist, da sie zum einen nur den Buchwert von Banco Popular und nicht deren Veräußerungswert zum Zeitpunkt der Abwicklung widerspiegeln und zum anderen den Wert von Banco Popular zu einem weit vor der Abwicklung liegenden Zeitpunkt betreffen.

589    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die Bewertung 2 stehe im Widerspruch zu den zeitnahen Bewertungen durch Analysten und zu dem Kaufangebot von BBVA.

590    Hierzu genügt die Feststellung, dass die Klägerinnen weder angeben, auf welche Analysen sie sich beziehen, noch, um welches Angebot von BBVA es sich handeln soll, hat Letztere doch weder im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens noch im Rahmen des Abwicklungsverfahrens ein Kaufangebot abgegeben.

591    Drittens meinen die Klägerinnen, die Bewertung 2 stehe im Widerspruch zum Anstieg des Kurses der Aktie von Banco Santander und den unmittelbaren Gewinnaussichten nach der Analyse in dem der Klageschrift als Anlage beigefügten Sachverständigengutachten.

592    Es genügt der Hinweis, dass dieses Vorbringen ins Leere geht, da die Entwicklung der Situation des Erwerbers nach der Abwicklung für die Beurteilung der Gültigkeit der in der Bewertung 2 erfolgten Ermittlung des Wertes von Banco Popular unerheblich ist.

593    Viertens verweisen die Klägerinnen in der Erwiderung auf das der Erwiderung als Anlage beigefügte Sachverständigengutachten, wonach die Bewertung 2 technische Fehler aufweise, die die in ihr gezogenen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Bewertung bestimmter Vermögenswerte entkräfteten.

594    Dazu macht der SRB geltend, dass sich die Klägerinnen hinsichtlich vermeintlicher technischer Fehler der Bewertung 2 mit einer pauschalen Bezugnahme auf das der Erwiderung als Anlage beigefügte Sachverständigengutachten begnügten. Da der SRB dieser Bezugnahme nicht entnehmen könne, was genau die Klägerinnen vorbrächten, sei diese Anlage zurückzuweisen und das Vorbringen der Klägerinnen sei nicht hinreichend untermauert.

595    Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes ergänzen die Klägerinnen den Text der Erwiderung hinsichtlich eines bestimmten Vorbringens, nämlich vermeintlicher Fehler der Bewertung 2, durch Bezugnahmen auf ihr Sachverständigengutachten in der Anlage zur Erwiderung. Diese Bezugnahmen verweisen jedoch nur allgemein auf das Sachverständigengutachten und erlauben es dem Gericht somit nicht, genau zu erkennen, welche Argumente es als Ergänzung dieses Klagegrundes ansehen könnte.

596    Die oben in Rn. 509 angeführte Rechtsprechung gilt aber auch für die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Erwiderung, die nach Art. 83 Abs. 1 der Verfahrensordnung die Klageschrift ergänzen soll (vgl. Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 11. Juli 2018, Europa Terra Nostra/Parlament, T‑13/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:428, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung).

597    Daher ist festzustellen, dass technische Fehler der Bewertung 2 lediglich behauptet werden und dieses Vorbringen entgegen der Regel des Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung nicht durch weiteren Vortrag untermauert worden ist. Dieses Vorbringen der Klägerinnen ist folglich zurückzuweisen.

598    Daher ist die dritte Rüge zurückzuweisen.

–       Zur vierten Rüge, die die Glaubwürdigkeit der Bewertung 2 betrifft

599    Erstens machen die Klägerinnen geltend, Deloitte habe in der Bewertung 2 eingeräumt, dass diese in wenigen Tagen mit einem begrenzten Zugang zu Informationen erstellt worden sei und dass diese Beschränkungen ihre Verlässlichkeit beeinträchtigten. Die Bewertung 2 könne somit nicht als Entscheidungsgrundlage dienen, und deshalb müsse eine endgültige Ex-post-Bewertung vorgenommen werden.

600    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Deloitte in dem Begleitschreiben zur Übermittlung der Bewertung 2 an den SRB ausführte, sie sei wegen der schwierigen Liquiditätssituation von Banco Popular aufgefordert worden, ihre Bewertung äußerst kurzfristig vorzunehmen. Für die Hauptarbeit hätten nur zwölf Tage ab Zugang zu der Dokumentation zur Verfügung gestanden, während ein solches Vorhaben normalerweise sechs Wochen in Anspruch nehme. Deloitte wies auf eine Reihe von Lücken und Inkohärenzen in den verfügbaren Informationen hin. Die Bewertung sei als höchst ungesichert und vorläufig im Sinne von Art. 36 der Richtlinie 2014/59 anzusehen, und gemäß Art. 36 Abs. 9 dieser Richtlinie, der Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht, sei ein Puffer für zusätzliche Verluste eingefügt worden.

601    Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht ausdrücklich den Fall vor, dass es aufgrund der gebotenen Dringlichkeit nicht möglich ist, die Anforderungen nach den Abs. 7 und 9 dieses Artikels zu erfüllen, also u. a. den Fall, dass sich die Bewertung nicht durch bestimmte in den Büchern und Aufzeichnungen enthaltene Informationen ergänzen lässt. Zudem wird in dieser Bestimmung anerkannt, dass jeder vorläufigen Bewertung Unsicherheiten innewohnen, da ihr Unterabs. 2 die Einfügung eines Puffers für zusätzliche Verluste vorsieht.

602    Gemäß dieser Bestimmung beschränkte sich Deloitte demnach auf die Angabe, wegen der Kürze der für die Bewertung zur Verfügung stehenden Zeit habe sie sich auf unvollständige Informationen stützen müssen. Sie stellte klar, dass die von ihr vorgenommene Bewertung als vorläufig im Sinne von Art. 36 Abs. 9 der Richtlinie 2014/59 anzusehen sei.

603    Zudem geht aus Art. 20 Abs. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 hervor, dass sich der SRB wegen der Dringlichkeit der Situation auf die nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgenommene Bewertung 2 stützen durfte, um das Abwicklungskonzept festzulegen, was die Klägerinnen im Übrigen in der Erwiderung einräumen.

604    Das Vorbringen der Klägerinnen, der SRB müsse eine endgültige Ex-post-Bewertung vornehmen, wird im Rahmen des elften Klagegrundes geprüft.

605    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die Bewertung 2 sei nicht fair, weil die in ihr enthaltene Spanne für den Wert von Banco Popular übermäßig breit und wenig glaubwürdig sei.

606    Dazu ist auf die Angabe von Deloitte in der Bewertung 2 hinzuweisen, dass sich deren Ergebnis in einer Spanne zwischen 1,3 Mrd. Euro und minus 8,2 Mrd. Euro bewege, mit der besten Schätzung innerhalb dieser Spanne von minus 2 Mrd. Euro.

607    Zum einen ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen damit begnügen, diese Spanne zu beanstanden, ohne etwas Konkretes vorzubringen. Zum anderen ist festzustellen, dass die Breite dieser Spanne durch die in der Bewertung 2 angewandte Methode gerechtfertigt ist.

608    Zu der in der Bewertung 2 angewandten Methode führte Deloitte aus, sie sei Kategorie für Kategorie vorgegangen, indem sie die Buchwerte jeder Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten angepasst habe, um die Verluste und Gewinne sowie andere Wertanpassungen zu schätzen, die jeder Erwerber vornehmen würde. Sie legte für jede Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten eine Bewertungsspannbreite vor.

609    Diese Methode steht im Einklang mit Art. 2 Abs. 3 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 2 Abs. 3, der vorsieht:

„Der Bewerter gibt die beste Punktschätzung des Wertes eines bestimmten Vermögenswertes, einer bestimmten Verbindlichkeit oder von Kombinationen davon ab. Die Ergebnisse der Bewertung werden gegebenenfalls auch in Form von Spannbreiten angegeben.“

610    Auf diese Weise lieferte die Addition der niedrigsten Werte für jede Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten die niedrige und die Addition der höchsten Werte die hohe Schätzung der Spanne. Aus dieser Methode ergibt sich somit die in der Bewertung 2 enthaltene Spannbreite.

611    Zudem beträgt, wie der SRB hervorhebt, angesichts des Bilanzumfangs von Banco Popular von über 130 Mrd. Euro der Unterschied zwischen den beiden Werten der Spanne nur etwa 7 % der Bilanz. Damit spiegelt dieser Unterschied den dem Bewertungsprozess innewohnenden Unsicherheitsgrad wider.

612    Zudem ist zu beachten, dass nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 bei der vorläufigen Bewertung die Anforderungen nach den Abs. 1, 7 und 9 dieses Artikels erfüllt werden müssen, „insoweit dies unter den gegebenen Umständen angemessen und durchführbar ist“.

613    Die der Bewertung 2 innewohnenden Unsicherheiten werden ferner in den technischen Regulierungsstandards hervorgehoben, nach denen sich der Bewerter bei der Schätzung und Abzinsung der Zahlungsströme, die das Unternehmen aus bestehenden Vermögenswerten und Verbindlichkeiten erwarten kann, auf faire, vorsichtige und realistische Annahmen stützen und verschiedene Faktoren und Umstände berücksichtigen muss.

614    Im Einzelnen sieht Art. 12 Abs. 5 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 5, hinsichtlich der Schätzungen des Veräußerungswerts vor:

„Der Veräußerungswert wird vom Bewerter auf der Grundlage der Zahlungsströme – abzüglich der Veräußerungskosten und des erwarteten Wertes etwaiger Sicherheiten – bestimmt, die das Unternehmen unter den derzeit vorherrschenden Marktbedingungen bei einer ordnungsgemäßen Veräußerung oder Übertragung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten nach vernünftigem Ermessen erwarten kann. Gegebenenfalls kann der Bewerter unter Berücksichtigung der im Rahmen des Abwicklungskonzepts zu ergreifenden Maßnahmen den Veräußerungswert bestimmen, indem er auf den beobachtbaren Marktpreis dieser Veräußerung oder Übertragung einen Abschlag anwendet, um einem möglichen Preisnachlass bei einer beschleunigten Veräußerung Rechnung zu tragen. Zur Bestimmung des Veräußerungswertes von Vermögenswerten, für die es keinen liquiden Markt gibt, zieht der Bewerter beobachtbare Preise an Märkten heran, an denen ähnliche Vermögenswerte gehandelt werden, oder Modellrechnungen mithilfe beobachtbarer Marktparameter, wobei aufgrund der Illiquidität gegebenenfalls Abschläge anzuwenden sind.“

615    Nach Art. 12 Abs. 6 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 6, berücksichtigt der Bewerter verschiedene Faktoren, die sich auf die Veräußerungswerte und ‑zeiträume auswirken könnten.

616    Daraus ergibt sich, dass die Bewertung 2 auf Annahmen beruht und von multiplen Faktoren abhängt. So stützte sich Deloitte gemäß den technischen Regulierungsstandards zur Bestimmung des Veräußerungswerts von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung in der Bewertung 2 auf Schätzungen und vorausschauende Bewertungen und legte ihr Ergebnis als eine Spannbreite von Werten vor.

617    Daher ist festzustellen, dass in Anbetracht der zeitlichen Zwänge und der verfügbaren Informationen jeder nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgenommenen vorläufigen Bewertung bestimmte Unsicherheiten und Schätzungen innewohnen und dass die von Deloitte zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte nicht bedeuten, dass die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 war.

618    Daher ist die vierte Rüge zurückzuweisen.

619    Aus dem Vorstehenden folgt, dass dem SRB mit der Einstufung der Bewertung 2 als fair, vorsichtig und realistisch im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist.

620    Folglich ist der neunte Klagegrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zehnten Klagegrund: Verstoß des Verfahrens zur Veräußerung von Banco Popular gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie Art. 39 Abs. 2 Buchst. a, b, d und f der Richtlinie 2014/59

621    Die Klägerinnen machen geltend, das im Vermarktungsbeschluss festgelegte Veräußerungsverfahren für Banco Popular verstoße gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend das Instrument der Unternehmensveräußerung sowie Art. 39 Abs. 2 Buchst. a, b, d und f der Richtlinie 2014/59, weil es kein wettbewerbsbasiertes Veräußerungsverfahren gewesen sei.

622    Nach Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2014/59 vermarktet die Abwicklungsbehörde bei der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung auf ein Institut oder ein Unternehmen die Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten, Anteile oder anderen Eigentumstitel dieses Instituts oder leitet die erforderlichen Schritte für eine Vermarktung ein. Art. 39 Abs. 2 dieser Richtlinie legt die Kriterien für die Vermarktung nach Abs. 1 fest.

623    Dieser Klagegrund besteht aus vier Rügen, die den in Art. 39 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 vorgesehenen Kriterien entsprechen. Die Klägerinnen machen geltend, das Veräußerungsverfahren für Banco Popular sei erstens nicht transparent gewesen und habe zweitens Banco Santander begünstigt, drittens dieser einen unlauteren Vorteil verschafft und viertens nicht die Erzielung des höchstmöglichen Verkaufspreises erlaubt.

624    Vorab ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der SRB in dem am 3. Juni 2017 erlassenen Vermarktungsbeschluss unter Berücksichtigung der rapiden Verschlechterung der Liquiditätssituation von Banco Popular, der erheblichen Verringerung des Wertes ihrer Aktien und der möglichen negativen Auswirkungen des Ausfalls der Bank auf die Finanzstabilität feststellte, dass er alle erforderlichen Maßnahmen für die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme zu ergreifen habe und dass die Wirksamkeit des Instruments der Unternehmensveräußerung sichergestellt werden müsse, um die Erreichung der Abwicklungsziele zu gewährleisten. Der SRB billigte somit die sofortige Einleitung des Verfahrens zur Veräußerung von Banco Popular durch den FROB und teilte diesem die Anforderungen für die Veräußerung gemäß Art. 39 der Richtlinie 2014/59 mit.

625    Sodann wurde das Verfahren zur Veräußerung von Banco Popular gemäß den Bestimmungen der Richtlinie 2014/59 und des Gesetzes 11/2015 vom FROB durchgeführt. In dem am 6. Juni 2017 im Zusammenhang mit einer möglichen Abwicklung von Banco Popular ergangenen Verfahrensschreiben forderte der FROB die potenziellen Erwerber auf, am Veräußerungsverfahren teilzunehmen und ihm ein Angebot für den Erwerb von 100 % des Kapitals von Banco Popular zu den in diesem Schreiben genannten Bedingungen vorzulegen.

626    Schließlich stellte der SRB in Art. 6.6 des Abwicklungskonzepts fest, dass die Bemühungen des FROB um eine Vermarktung von Banco Popular vor Annahme des Abwicklungskonzepts den Anforderungen nach Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 39 der Richtlinie 2014/59 genügt hätten.

627    Der SRB wies darauf hin, dass Banco Popular in der Zeit unmittelbar vor der Abwicklung ein privates Veräußerungsverfahren betrieben habe und dass sich in der Woche vom 29. Mai 2017 gezeigt habe, dass dieses Verfahren fehlschlagen werde. Die Entscheidung, seine Veräußerungsbemühungen auf die Banken zu begrenzen, die schon im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens ein allgemeines Interesse am Erwerb von Banco Popular bekundet hätten, habe den Anforderungen nach Art. 39 der Richtlinie 2014/59 entsprochen.

628    Nach Einleitung des Veräußerungsverfahrens durch den FROB seien letztlich zwei Banken zur Teilnahme an der Veräußerung aufgefordert worden. An alle potenziellen Erwerber sei am selben Tag herangetreten worden, sie hätten Zugang zu demselben virtuellen Datenraum gehabt, und für ihre Angebote hätten dieselben Bedingungen und dieselbe Frist gegolten.

629    Der SRB stellte abschließend fest, dass von den beiden potenziellen Erwerbern nur ein gültiges Angebot eingegangen sei, und befand es, da allein der Erwerber ein Angebot abgegeben habe, für ratsam, dessen Bedingungen anzunehmen und so einer unkontrollierten Insolvenz von Banco Popular zuvorzukommen, die u. a. deren kritische Funktionen hätte beeinträchtigen können.

–       Zur ersten Rüge, die die Transparenz des Veräußerungsverfahrens betrifft

630    Die Klägerinnen machen geltend, die im Vermarktungsbeschluss festgelegten Regeln für das wettbewerbsbasierte Verfahren zur Veräußerung von Banco Popular seien intransparent und verstießen gegen Art. 24 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 39 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2014/59. Die Teilnahme am Veräußerungsverfahren sei willkürlich auf die Institute beschränkt worden, die sich an dem vor der Abwicklung von Banco Popular eingeleiteten privaten Veräußerungsverfahren beteiligt hätten.

631    Gemäß Art. 24 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend das Instrument der Unternehmensveräußerung werden im Abwicklungskonzept die Regelungen für die Vermarktung des jeweiligen Unternehmens oder der jeweiligen Titel, Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten durch die nationale Abwicklungsbehörde gemäß Art. 39 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/59 festgelegt.

632    Gemäß dem Kriterium nach Art. 39 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2014/59 muss die Vermarktung unter Berücksichtigung der Umstände und insbesondere der erforderlichen Wahrung der Finanzstabilität so transparent wie möglich sein und darf die Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten, Anteile oder anderen Eigentumstitel des Instituts, die die Behörde zu übertragen beabsichtigt, nicht sachlich falsch darstellen.

633    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Anforderungen betreffend die Veräußerung und insbesondere die Entscheidung zur Begrenzung der Teilnehmer am Veräußerungsverfahren nicht im Abwicklungskonzept enthalten sind, sondern in dem zu einem früheren Zeitpunkt, am 3. Juni 2017, ergangenen Vermarktungsbeschluss des SRB.

634    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind Zwischenmaßnahmen, die der Vorbereitung der endgültigen Entscheidung dienen, grundsätzlich keine Handlungen, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein können (vgl. Urteile vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB, C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 3. Juni 2021, Ungarn/Parlament, C‑650/18, EU:C:2021:426, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

635    Eine Zwischenmaßnahme kann nach der Rechtsprechung auch dann nicht Gegenstand einer Klage sein, wenn feststeht, dass die Rechtswidrigkeit dieser Handlung im Rahmen einer Klage gegen die endgültige Entscheidung, deren Vorbereitung sie dient, geltend gemacht werden kann. Unter solchen Umständen bietet die Klage gegen die das Verfahren abschließende Entscheidung einen ausreichenden gerichtlichen Rechtsschutz (vgl. Urteil vom 15. März 2017, Stichting Woonpunt u. a./Kommission, C‑415/15 P, EU:C:2017:216, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

636    Im vorliegenden Fall befand der SRB im Abwicklungskonzept, dass das vom FROB eingeleitete Veräußerungsverfahren den Anforderungen nach Art. 39 der Richtlinie 2014/59 entsprochen habe. Es ist darauf hinzuweisen, dass der FROB die vom SRB im Vermarktungsbeschluss festgelegten Anforderungen berücksichtigt hatte. Folglich bestätigte der SRB im Abwicklungskonzept implizit die Anforderungen betreffend die Veräußerung, die er selbst im Vermarktungsbeschluss festgelegt hatte.

637    Zudem sieht Art. 13 der Verordnung Nr. 806/2014, der die Frühintervention betrifft, in Abs. 3 vor:

„Der [SRB] ist befugt, von dem Institut oder dem Mutterunternehmen vorbehaltlich der in Artikel 39 Absatz 2 der Richtlinie 2014/59… festgelegten Kriterien und der in Artikel 88 dieser Verordnung festgelegten Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses zu verlangen, an potenzielle Erwerber heranzutreten, um die Abwicklung des Instituts vorzubereiten.

…“

638    Somit ist der Vermarktungsbeschluss als eine vom SRB erlassene Zwischenmaßnahme im Hinblick auf die mögliche Abwicklung von Banco Popular anzusehen, und den Klägerinnen ist es nicht verwehrt, zur Stützung ihrer Klage gegen das Abwicklungskonzept geltend zu machen, dass die in diesem Beschluss enthaltene Beurteilung rechtswidrig sei.

639    Was die Transparenz des Verfahrens zur Veräußerung von Banco Popular angeht, ist auf die Feststellung des SRB im vierten Erwägungsgrund des Vermarktungsbeschlusses hinzuweisen, dass jede öffentliche Bekanntgabe der Veräußerung der Bank aufgeschoben werden müsse, um negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität zu vermeiden.

640    Diese Möglichkeit ist ausdrücklich in Art. 39 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Richtlinie 2014/59 vorgesehen, wonach eine öffentliche Bekanntgabe der Vermarktung eines Instituts, wie sie andernfalls nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. 2014, L 173, S. 1) erforderlich wäre, im Einklang mit Art. 17 Abs. 4 oder 5 dieser Verordnung aufgeschoben werden kann.

641    Im 64. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59 heißt es dazu:

„Informationen zur Vermarktung eines ausfallenden Instituts und die Verhandlungen mit potenziellen Käufern vor dem Rückgriff auf das Instrument der Unternehmensveräußerung dürften von systemischer Bedeutung sein. Zur Wahrung der Finanzstabilität ist es von großer Bedeutung, dass die Offenlegung derartiger Informationen, wie in der Verordnung … Nr. 596/2014 … vorgesehen, für den Zeitraum ausgesetzt werden kann, der für die Planung und Strukturierung der Abwicklung des Instituts unter Beachtung der bei der Marktmissbrauch-Regelung gestatteten Fristen erforderlich ist.“

642    Folglich ist das Transparenzerfordernis nach Art. 39 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2014/59 dahin auszulegen, dass es den Ablauf des Veräußerungsverfahrens und nicht die möglichen Maßnahmen zur öffentlichen Ankündigung dieses Verfahrens betrifft.

643    Was die Begrenzung des Veräußerungsverfahrens auf die Institute angeht, die an dem oben in Rn. 33 erwähnten von Banco Popular eingeleiteten privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen hatten, nennt der SRB in Art. 2 Buchst. a Ziff. i des Vermarktungsbeschlusses eine Reihe von Gründen für seine Entscheidung, den FROB aufzufordern, nur an diese fünf Teilnehmer heranzutreten.

644    Hierzu führte der SRB aus:

„Was die Auswahl der anzusprechenden Erwerber angeht, tritt der FROB auf jeden Fall an eine ausreichende Zahl von Erwerbern heran, nachdem eine Untersuchung des Interesses des Marktes an einer Investition in die Tätigkeit der Bank durchgeführt worden ist. Angesichts der Notwendigkeit, das Veräußerungsverfahren innerhalb äußerst kurzer Zeit abzuschließen, gibt das im privaten Veräußerungsverfahren gezeigte Interesse Aufschluss über die Analyse des Marktinteresses. Im Verlauf des privaten Veräußerungsverfahrens wurden mehrere potenzielle Bieter angesprochen, die auf dem spanischen und dem internationalen Markt tätig sind. Nur fünf Parteien haben ihr Anfangsinteresse bekundet und sind daher aufgefordert worden, nicht verbindliche Angebote im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens abzugeben.

Der FROB wird an die fünf Parteien herantreten, die zur Abgabe von Angeboten im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens aufgefordert worden sind.

An diese fünf Parteien heranzutreten, ist aus Gründen der Finanzstabilität und wegen der erheblichen Gefahr gerechtfertigt, dass die Vermarktung unter Einbeziehung eines größeren Kreises potenzieller Erwerber, die Offenlegung der Risiken und Schätzungen oder die Benennung der kritischen und der nicht kritischen Funktionen der Bank am Markt zu zusätzlicher Unsicherheit und zu einem Vertrauensverlust führen. Zudem könnte das Ansprechen einer größeren Erwerberzahl die Wahrscheinlichkeit des Durchsickerns von Informationen und damit die Gefahr erhöhen, dass die Bank innerhalb äußerst kurzer Frist abgewickelt würde.

Wegen der Dringlichkeit und der sehr begrenzten Zeit, die voraussichtlich für das Vermarktungsverfahren zur Verfügung stehen wird, würde ferner eine Aufforderung an eine größere Zahl von Teilnehmern die Komplexität des Verfahrens erhöhen. Außerdem ist es auf der Grundlage der von der Bank erteilten Informationen zweifelhaft, ob die Bieter, die noch kein Interesse am privaten Veräußerungsverfahren bekundet haben, Angebote abgeben werden.

Gemäß Art. 24 Abs. 3 der Verordnung [Nr. 806/2014] wird sich der SRB um einen Ausgleich zwischen den Vermarktungsanforderungen und der Notwendigkeit des Erreichens der Abwicklungsziele bemühen. Insbesondere wird der SRB wegen der Dringlichkeit der Umstände und insbesondere der erheblichen Bedrohung für die Finanzstabilität, die sich aus dem Ausfall der Bank ergeben würde, und der Tatsache, dass die Beachtung des Erfordernisses, an eine größere Zahl von Erwerbern heranzutreten, auch die Wirksamkeit des Instruments der Unternehmensveräußerung gefährden würde, teilweise von den Vermarktungsanforderungen abweichen.“

645    Nach Art. 39 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/59 hindern vorbehaltlich einer unzulässigen Begünstigung oder einer Benachteiligung potenzieller Erwerber die in diesem Absatz genannten Grundsätze die Abwicklungsbehörde nicht daran, gezielt an bestimmte potenzielle Erwerber heranzutreten.

646    Folglich steht die Entscheidung des SRB, den FROB aufzufordern, nur an die fünf Institute heranzutreten, die an dem privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen hatten, im Einklang mit dieser Bestimmung.

647    Darüber hinaus beruhte diese Entscheidung auf einem objektiven Kriterium, nämlich dem von diesen Unternehmen bereits bekundeten Interesse am Erwerb von Banco Popular, und war durch die sehr kurze Frist gerechtfertigt, innerhalb deren das Veräußerungsverfahren abgeschlossen sein musste. Wie der SRB darlegte, drohte eine Ausweitung des Verfahrens auf eine größere Zahl von Teilnehmern das Verfahren zu verlangsamen, erhöhte aber zugleich auch die Risiken des Durchsickerns von Informationen über die Lage von Banco Popular und damit die Risiken für die Finanzstabilität.

648    Folglich war die Entscheidung des SRB, den FROB aufzufordern, nur an die fünf Institute heranzutreten, die an dem privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen hatten, nicht willkürlich.

649    Ebenfalls zu Unrecht machen die Klägerinnen geltend, es sei willkürlich und diskriminierend gewesen, nur an die fünf spanischen Institute heranzutreten, die bekundet hätten, nicht am Erwerb von Banco Popular im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens interessiert gewesen zu sein.

650    Mit ihrer Teilnahme am privaten Veräußerungsverfahren hatten diese fünf Institute nämlich als einzige Kreditinstitute ein Interesse am Erwerb von Banco Popular bekundet. Die Klägerinnen verwechseln die Bekundung eines Interesses am Erwerb von Banco Popular, das in der Teilnahme am privaten Veräußerungsverfahren zum Ausdruck gekommen ist, mit der Tatsache, dass dieses Verfahren letztlich fehlgeschlagen ist.

651    Schließlich ist zu beachten, dass das private Veräußerungsverfahren jedem spanischen oder internationalen Wirtschaftsbeteiligten offenstand. Die Klägerinnen erläutern nicht, aus welchem Grund andere spanische oder internationale Institute, die zur Zeit des privaten Veräußerungsverfahrens kein Interesse am Erwerb von Banco Popular bekundet hatten, einige Wochen später, im Stadium der Einleitung des Verfahrens durch den FROB, daran hätten interessiert sein sollen. Da zudem jede öffentliche Information bezüglich der Einleitung des Veräußerungsverfahrens ausgeschlossen war, erläutern die Klägerinnen nicht, anhand welcher nicht diskriminierenden Kriterien andere Wirtschaftsbeteiligte hätten angesprochen werden können.

652    Folglich hat der SRB mit der im Vermarktungsbeschluss festgelegten Beschränkung des Veräußerungsverfahrens auf die fünf Institute, die an dem privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen hatten, nicht gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 39 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2014/59 verstoßen.

653    Daher ist die erste Rüge zurückzuweisen.

–       Zur zweiten Rüge, mit der eine Diskriminierung zugunsten von Banco Santander beanstandet wird

654    Die Klägerinnen machen geltend, unter den Teilnehmern an dem vorangegangenen privaten Veräußerungsverfahren sei Banco Santander unter Verstoß gegen Art. 39 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2014/59 durch den Ausschluss der potenziellen Erwerber, die nicht an dem privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen hätten, und durch die verkürzten Fristen begünstigt worden. Banco Santander, die die Möglichkeit eines Erwerbs von Banco Popular mehrere Monate lang geprüft habe, habe sich diese privilegierte Situation zunutze machen können, um ein Angebot zu einem niedrigen Preis abzugeben. Banco Santander sei die einzige Bank gewesen, die weiter Zugang zu aktualisierten Informationen über die Lage von Banco Popular gehabt habe. Die Vorverlegung des Endes der Angebotsfrist auf den 6. Juni 2017 habe Banco Santander begünstigt.

655    Gemäß dem Kriterium nach Art. 39 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2014/59 dürfen bei der Vermarktung potenzielle Erwerber weder unzulässig begünstigt noch benachteiligt werden.

656    In Art. 2 Buchst. a Ziff. ii des Vermarktungsbeschlusses führte der SRB aus, dass das Veräußerungsverfahren transparent sein müsse, damit alle teilnehmenden potenziellen Erwerber in jedem Verfahrensstadium gleichermaßen und gebührend informiert sein könnten. Jede von einem der potenziellen Erwerber angefragte und diesem übermittelte Information müsse gleichzeitig allen anderen übermittelt werden.

657    Mit dieser Rüge zielen die Klägerinnen weder auf den Vermarktungsbeschluss noch auf das Abwicklungskonzept, sondern auf das Veräußerungsverfahren, wie es vom FROB durchgeführt worden ist. Die Klägerinnen können daher nicht mit Erfolg einen Verstoß gegen Art. 39 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2014/59 durch den SRB geltend machen. Demgemäß ist davon auszugehen, dass sie mit dieser Rüge der Sache nach geltend machen, dem SRB sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler damit unterlaufen, dass er im Abwicklungskonzept das vom FROB durchgeführte Veräußerungsverfahren gebilligt habe, obwohl es Banco Santander unter Verstoß gegen Art. 39 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2014/59 begünstigt habe.

658    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der SRB in Art. 6.6 des Abwicklungskonzepts feststellte, dass das vom FROB für Banco Popular durchgeführte Veräußerungsverfahren den Anforderungen nach Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 39 der Richtlinie 2014/59 genügt habe, insbesondere, dass an alle potenziellen Erwerber am selben Tag herangetreten worden sei, dass sie Zugang zu demselben virtuellen Datenraum gehabt hätten und dass für ihre Angebote dieselben Bedingungen und dieselbe Frist gegolten hätten.

659    Zunächst hat die Prüfung der ersten Rüge ergeben, dass die Beschränkung des Verfahrens auf die potenziellen Erwerber, die an dem privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen hatten, gerechtfertigt war. Die Klägerinnen erläutern nicht, wie diese Beschränkung Banco Santander gegenüber den vier anderen Instituten, an die der FROB wegen einer Teilnahme am Veräußerungsverfahren herangetreten war, soll begünstigt haben können.

660    Sodann ist zum Ablauf des Verfahrens darauf hinzuweisen, dass von den fünf potenziellen Erwerbern, an die der FROB herangetreten war, zwei beschlossen, nicht am Veräußerungsverfahren teilzunehmen, und einer von der EZB aus aufsichtsrechtlichen Gründen ausgeschlossen wurde. Am 4. Juni 2017 unterzeichneten Banco Santander und BBVA, die beiden potenziellen Erwerber, die sich zur Teilnahme am Veräußerungsverfahren entschlossen hatten, eine Vertraulichkeitsvereinbarung, und am 5. Juni 2017 hatten sie Zugang zum virtuellen Datenraum. Am 6. Juni 2017 übermittelte ihnen der FROB das Verfahrensschreiben und den Kaufvertrag (Sale and Purchase Agreement).

661    Mit Schreiben vom 6. Juni 2017 teilte BBVA dem FROB ihre Entscheidung mit, kein Angebot abzugeben. In diesem Schreiben führte BBVA aus, dass

„… angesichts der im Verfahrensschreiben gemachten Preisvorgaben und der übrigen dort aufgestellten Bedingungen sowie wegen der unzureichenden verfügbaren Informationen BBVA nicht in der Lage ist, ein Angebot gemäß dem Verfahrensschreiben und dem Kaufvertrag (Sale and Purchase Agreement, SPA), die heute vorgelegt worden sind, abzugeben.

Ungeachtet dessen bekräftigen wir auch, dass BBVA an einer Teilnahme interessiert wäre, wenn genügend Informationen zur Verfügung stünden, anhand deren ihre Leitungsorgane den Vorgang ordnungsgemäß prüfen könnten, und wenn die Bedingungen des Verfahrens geändert werden könnten.“

662    Der Umstand, dass BBVA dem FROB mitgeteilt hat, die ihr zur Verfügung stehenden Informationen erlaubten ihr nicht die Abgabe eines Angebots, kann nicht dahin ausgelegt werden, dass sie über weniger Informationen verfügte als Banco Santander.

663    Zu dem Vorbringen, die Verkürzung der Verfahrensdauer habe Banco Santander begünstigt, ist darauf hinzuweisen, dass die im Verfahrensschreiben festgelegte Frist für alle Teilnehmer gleich war. Zudem hatten alle potenziellen Erwerber schon an dem privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen und konnten somit von den Informationen betreffend Banco Popular Kenntnis nehmen und diese während des gleichen Zeitraums analysieren.

664    Im Übrigen war, wie der SRB darlegt, die Festlegung des Endes der Frist auf den 6. Juni dadurch gerechtfertigt, dass die EZB Banco Popular am selben Tag für ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend erklärt hatte, dass diese somit am folgenden Tag nicht zu operativem Handeln auf dem Markt in der Lage gewesen wäre und dass daher eine Abwicklung dringlich war.

665    Wie zudem aus der vorstehenden Rn. 661 hervorgeht, hat BBVA entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen in ihrem Schreiben an den FROB ihre Entscheidung, kein Angebot abzugeben, nicht mit einem Mangel an Zeit gerechtfertigt.

666    Daraus folgt entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen, dass das vom FROB durchgeführte Veräußerungsverfahren Banco Santander nicht begünstigt hat und dass dem SRB mit der Einschätzung, dass dieses Verfahren den Anforderungen nach Art. 39 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2014/59 genügte, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist.

667    Daher ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

–       Zur dritten Rüge, mit der ein unlauterer Vorteil für Banco Santander beanstandet wird

668    Die Klägerinnen machen geltend, Banco Santander sei unter Verstoß gegen Art. 39 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2014/59 ein unlauterer Vorteil verschafft worden, weil diese ihr Angebot am 7. Juni 2017 um 03.12 Uhr, d. h. nach Ablauf der vom SRB und vom FROB festgelegten Frist, abgegeben habe und BBVA nicht darüber informiert worden sei, dass sie nach Ablauf der festgelegten Frist ein Angebot abgeben könne. Wäre BBVA darüber informiert worden, dass diese Frist flexibel sei, hätte sie sicherlich ein Angebot abgegeben. Nach Ansicht der Klägerinnen wird das Vorbringen von Banco Santander, der Termin 6. Juni 2017 um Mitternacht habe nur Hinweischarakter gehabt, durch den Inhalt des Verfahrensschreibens widerlegt.

669    Gemäß dem Kriterium nach Art. 39 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2014/59 darf bei der Vermarktung keinem potenziellen Erwerber ein unlauterer Vorteil gewährt werden.

670    Wie dargelegt, teilte der FROB dem SRB mit Schreiben vom 7. Juni 2017 die Ergebnisse des Veräußerungsverfahrens mit und gab an, dass Banco Santander am 7. Juni um 03.12 Uhr ein Angebot abgegeben und für den Kauf der Anteile von Banco Popular einen Preis von einem Euro angeboten habe. Der FROB schlug vor, Banco Santander als Zuschlagsempfänger im wettbewerbsbasierten Verfahren zur Veräußerung von Banco Popular im Abwicklungskonzept als deren Erwerber zu bestimmen.

671    Im Abwicklungskonzept befand der SRB, dass das vom FROB durchgeführte Verfahren zur Veräußerung von Banco Popular den Anforderungen nach Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 39 der Richtlinie 2014/59 genügt habe, und nahm den Vorschlag des FROB an, Banco Santander als Erwerber von Banco Popular zu bestimmen.

672    Daher ist diese Rüge so auszulegen, dass sie auf die Feststellung gerichtet ist, dass dem SRB ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als er im Abwicklungskonzept dem Vorschlag des FROB zugestimmt habe, Banco Santander als Erwerber zu bestimmen, obwohl diese im Veräußerungsverfahren unter Verstoß gegen Art. 39 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2014/59 einen unlauteren Vorteil erhalten habe.

673    Es ist darauf hinzuweisen, dass der SRB im Vermarktungsbeschluss keine Frist für das Verfahren zur Auswahl des Erwerbers von Banco Popular festgelegt hat. Die Klägerinnen machen somit zu Unrecht geltend, dass die Frist für die Einreichung der Angebote vom SRB festgelegt worden sei.

674    Im Verfahrensschreiben hatte der FROB einen Zeitplan für den Ablauf des Veräußerungsverfahrens für Banco Popular festgelegt. Danach waren die verbindlichen Angebote bis spätestens 6. Juni 2017, Mitternacht, einzureichen. Am 7. Juni 2017 um 01.00 Uhr sollte Kontakt zu den Bietern aufgenommen werden, um das Verfahren abzuschließen und das Angebot auszuwählen; danach sollten um 05.30 Uhr das Abwicklungskonzept des SRB (gegebenenfalls) und der Vollzug des Kaufvertrags, um 06.30 Uhr der Vollzugsakt des FROB und um 07.00 Uhr die Schließung und die Verkündung der Transaktion erfolgen.

675    Wie Banco Santander ausführt, sollte mit dem im Verfahrensschreiben festgelegten Zeitplan der Abschluss aller Formalitäten am 7. Juni 2017 um 07.00 Uhr ermöglicht werden, damit Banco Popular nach der Öffnung der Märkte normal weiterarbeiten konnte, um insbesondere eine Unterbrechung ihrer kritischen Funktionen zu verhindern.

676    Da BBVA am 6. Juni, vor Ablauf der Frist, angekündigt hat, dass sie kein Angebot abgeben werde, und da sie diese Entscheidung nicht damit begründet hat, dass sie nicht über ausreichend Zeit verfügt habe, kann darin, dass Banco Santander ihr Angebot nach Fristablauf eingereicht hat, kein unlauterer Vorteil für sie gegenüber BBVA gesehen werden.

677    Das Vorbringen der Klägerinnen, BBVA hätte sicherlich ein Angebot abgegeben, wenn sie darüber informiert worden wäre, dass die vom FROB festgelegte Frist „flexibel“ war, ist rein spekulativ. Es steht zudem im Widerspruch zum Vorbringen der Klägerinnen in der Erwiderung, dass der SRB den Betrieb von Banco Popular bis zum Wochenende des 10. und 11. Juni 2017 hätte sicherstellen müssen, um es BBVA zu ermöglichen, ihre Analyse der Finanzlage von Banco Popular abzuschließen und ein Angebot abzugeben. Die Klägerinnen können somit nicht mit Erfolg geltend machen, dass es die Verlängerung der Angebotsfrist um einige Stunden BBVA ermöglicht hätte, ein Angebot abzugeben.

678    Da Banco Santander als einziger Teilnehmer des Verfahrens ein verbindliches Angebot abgegeben hat und feststand, dass nach der Ankündigung von BBVA kein anderes zur Teilnahme am Veräußerungsverfahren aufgefordertes Institut ein Angebot abgeben würde, konnte der Umstand, dass der FROB dieses Angebot angenommen hat, obwohl es nach dem im Verfahrensschreiben festgelegten Ablauf der Frist abgegeben worden war, Banco Santander keinen unlauteren Vorteil verschaffen.

679    Zudem sieht Art. 24 Abs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 Folgendes vor:

„Der [SRB] wendet das Instrument der Unternehmensveräußerung an, ohne die in Absatz 2 Buchstabe e genannten Vermarktungsanforderungen einzuhalten, wenn er zu der Feststellung gelangt, dass die Einhaltung dieser Anforderungen wahrscheinlich die Erreichung eines oder mehrerer Abwicklungsziele beeinträchtigen würde, und insbesondere, wenn er der Auffassung ist, dass

a)      ein Ausfall oder wahrscheinlicher Ausfall des in Abwicklung befindlichen Instituts eine schwerwiegende Bedrohung für die Finanzstabilität darstellt bzw. eine bereits bestehende derartige Bedrohung erhöht, und

b)      die Einhaltung dieser Anforderungen wahrscheinlich die Wirksamkeit des Instruments der Unternehmensveräußerung mit Blick auf die Abwendung der Bedrohung oder die Erreichung des in Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe b genannten Abwicklungsziels beeinträchtigen würde.“

680    Wie bereits oben in Rn. 629 dargelegt, befand es der SRB in Art. 6.6 des Abwicklungskonzepts, da allein der Erwerber ein Angebot abgegeben habe, für ratsam, dessen Bedingungen anzunehmen und so einer unkontrollierten Insolvenz von Banco Popular zuvorzukommen, die u. a. deren kritische Funktionen hätte beeinträchtigen können.

681    Wäre nämlich der SRB dem Vorschlag des FROB zur Bestimmung von Banco Santander als Erwerber von Banco Popular nicht gefolgt, so wäre Letztere liquidiert worden. Wie aber bereits im Rahmen der Prüfung des fünften Klagegrundes anhand von Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 festgestellt worden ist, hätten sich durch eine Liquidation von Banco Popular im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens die in Art. 14 dieser Verordnung vorgesehenen Ziele nicht im selben Umfang wie durch die Abwicklung erreichen lassen. Insbesondere ist festgestellt worden, dass die Abwicklung zur Erreichung der Ziele erforderlich war, die Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular sicherzustellen und negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität zu verhindern.

682    Der FROB übermittelte dem SRB die Ergebnisse des Veräußerungsverfahrens für Banco Popular so rechtzeitig, dass dieser das Abwicklungskonzept annehmen und am 7. Juni 2017 um 05.13 Uhr der Kommission übermitteln konnte. Die Kommission erließ ihren Beschluss über das Inkrafttreten des Abwicklungskonzepts um 06.30 Uhr desselben Tages. Das Verfahren lief demnach so ab, dass der FROB alle Formalitäten erledigen und die Veräußerung vor Ablauf der im Verfahrensschreiben festgesetzten Frist, also vor dem 7. Juni 2017, 07.00 Uhr, abschließen konnte.

683    Daraus folgt, dass der Vorschlag des FROB, Banco Santander als Erwerber von Banco Popular zu bestimmen, Banco Santander keinen unlauteren Vorteil verschafft hat und dass dem SRB mit der Einschätzung, dass das Veräußerungsverfahren den Anforderungen nach Art. 39 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2014/59 genügte, keine offensichtlichen Beurteilungsfehler unterlaufen sind.

684    Daher ist die dritte Rüge zurückzuweisen.

–       Zur vierten Rüge, mit der beanstandet wird, dass das Veräußerungsverfahren nicht auf die Erzielung eines möglichst hohen Verkaufspreises gerichtet gewesen sei

685    Die Klägerinnen machen geltend, es sei unter Verstoß gegen Art. 39 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2014/59 nicht versucht worden, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen. Die Reduzierung der Zahl der potenziellen Erwerber auf ein Minimum habe jede Möglichkeit von Wettbewerb zwischen den verschiedenen Akteuren des Bankensektors und damit der Erzielung des höchstmöglichen Verkaufspreises beseitigt.

686    Mit dieser Rüge werfen die Klägerinnen dem SRB der Sache nach vor, dadurch gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend das Instrument der Unternehmensveräußerung in Verbindung mit Art. 39 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2014/59 verstoßen zu haben, dass er im Vermarktungsbeschluss das Veräußerungsverfahren auf die fünf Institute beschränkt habe, die an dem privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen hätten.

687    Gemäß dem Kriterium nach Art. 39 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2014/59 wird soweit möglich angestrebt, einen möglichst hohen Verkaufspreis für die betroffenen Anteile oder anderen Eigentumstitel, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten zu erzielen.

688    Wie die Prüfung der ersten Rüge ergeben hat, war die Entscheidung des SRB, das Veräußerungsverfahren auf die fünf Institute zu beschränken, die an dem privaten Veräußerungsverfahren teilgenommen hatten, durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, das Veräußerungsverfahren innerhalb sehr kurzer Zeit abzuschließen und das Durchsickern von Informationen über die Lage von Banco Popular und damit Gefahren für die Finanzstabilität zu verhindern.

689    Zudem wies der SRB in Art. 2 Buchst. b des Vermarktungsbeschlusses darauf hin, dass im Veräußerungsverfahren angestrebt werde, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen, wobei die Notwendigkeit einer raschen Durchführung der Abwicklung berücksichtigt werde. Das Hauptkriterium für die Bewertung der Angebote sei der angebotene Preis.

690    Im Verfahrensschreiben hatte der FROB ausgeführt, dass der Angebotspreis mindestens einen Euro betragen müsse.

691    Die Klägerinnen bringen nichts vor, um darzutun, dass die Beschränkung der potenziellen Erwerber auf die fünf Teilnehmer am privaten Veräußerungsverfahren keinen echten Preiswettbewerb zwischen diesen ermöglicht habe.

692    Dem SRB sind die im Verlauf des Verfahrens eingetretenen Umstände, nämlich, dass vier der fünf Teilnehmer auf die Abgabe eines verbindlichen Angebots verzichteten und dass das einzige abgegebene verbindliche Angebot auf einen Kaufpreis von einem Euro lautete, nicht anzulasten.

693    Somit machen die Klägerinnen zu Unrecht geltend, dass der Vermarktungsbeschluss unter Verstoß gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 39 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2014/59 nicht auf die Erzielung eines möglichst hohen Verkaufspreises gerichtet gewesen sei.

694    In der Erwiderung fügen die Klägerinnen hinzu, die Bieter hätten die drei im Verfahrensschreiben genannten Optionen als stillschweigenden Hinweis des FROB an sie verstehen dürfen, dass die Verluste zur Vernichtung des gesamten Kapitals von Banco Popular oder eines Teils davon führen würden. Zur Erzielung eines den Wert der Aktien maximierenden Preises hätte der SRB die potenziellen Erwerber verpflichten müssen, die Verluste selbst zu bestimmen.

695    Mit diesem Vorbringen beanstanden die Klägerinnen den Inhalt des Verfahrensschreibens des FROB. In diesem Schreiben hatte der FROB erwähnt, dass in den Angeboten der Preis anzugeben sei, der für die Übertragung der Aktien von Banco Popular gemäß drei Optionen vorgeschlagen würde.

696    Zum einen genügt der Hinweis, dass dieses Vorbringen der Klägerinnen rein spekulativ ist und nicht auf Tatsachen, sondern auf dem Eindruck beruht, den das Verfahrensschreiben auf die Bieter gemacht haben soll. Zum anderen lässt sich anhand dieses Vorbringens nicht erkennen, was die Klägerinnen dem SRB vorwerfen.

697    Des Weiteren ist das rein spekulative Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, zum einen habe Banco Santander gewusst, dass sie als Einzige ein Angebot abgebe, und zum anderen sei die Entscheidung, Banco Popular zum Preis von einem Euro zu verkaufen, bereits zuvor getroffen worden.

698    Daher ist die vierte Rüge zurückzuweisen.

699    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerinnen nicht dargetan haben, dass das Veräußerungsverfahren für Banco Popular gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 39 Abs. 2 Buchst. a, b, d und f der Richtlinie 2014/59 verstieß.

700    Somit ist der zehnte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum elften Klagegrund, mit dem das Unterlassen einer endgültigen Ex-post-Bewertung durch den SRB beanstandet wird

701    Mit ihren in der Erwiderung angeführten drei neuen Klagegründen, zusammengefasst zum elften Klagegrund, machen die Klägerinnen geltend, dass der SRB keine endgültige Ex-post-Bewertung habe vornehmen lassen, stelle erstens einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 und 11 der Verordnung Nr. 806/2014, zweitens eine Verletzung der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf sowie drittens eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften dar.

702    Die Klägerinnen führen aus, davon, dass keine endgültige Ex-post-Bewertung vorgenommen werde, hätten sie Kenntnis erlangt durch die Antwort des SRB auf eine vom Gericht im vorliegenden Verfahren gestellte Frage.

703    Der SRB hat in der Tat am 30. Juli 2018 in Beantwortung der vom Gericht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme gestellten Fragen ausgeführt, dass auf die Bewertung 2 keine endgültige Ex-post-Bewertung folgen werde. Wegen der Besonderheiten des vorliegenden Falles sei er zu dem Schluss gekommen, dass eine endgültige Ex-post-Bewertung keinem praktischen Zweck im Rahmen von Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 dienen und nicht zu einer Ausgleichsentscheidung nach Art. 20 Abs. 12 dieser Verordnung führen würde.

704    Es ist darauf hinzuweisen, dass die endgültige Ex-post-Bewertung nach Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 definitionsgemäß zeitlich nach der Annahme des Abwicklungskonzepts liegt.

705    Wie zudem oben in Rn. 603 dargelegt, bildet gemäß Art. 20 Abs. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 eine vorläufige Bewertung wie die Bewertung 2 eine zulässige Grundlage für die Annahme des Abwicklungskonzepts.

706    Es genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen ist (vgl. Urteil vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich können Umstände, die nach dem Erlass des Rechtsakts der Union eingetreten sind, bei der Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit nicht berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

707    Folglich ist es für die Gültigkeit der angefochtenen Beschlüsse unerheblich, ob eine endgültige Ex-post-Bewertung, die zeitlich offenkundig nach der Annahme des Abwicklungskonzepts liegt, vorgenommen wird oder nicht.

708    Die Klägerinnen können auch nicht mit Erfolg geltend machen, das Abwicklungskonzept sei unzureichend begründet, weil keine endgültige Ex-post-Bewertung vorgenommen werde. Denn durch die Vornahme einer endgültigen Ex-post-Bewertung könnte der SRB die Begründung des Abwicklungskonzepts ohnehin nicht ergänzen.

709    Daher geht das Vorbringen der Klägerinnen im Rahmen des elften Klagegrundes ins Leere, so dass dieser zurückzuweisen ist.

 Zu den Anträgen auf prozessleitende Maßnahmen und Beweiserhebung

710    Die Klägerinnen haben den Erlass verschiedener prozessleitender Maßnahmen und eine Beweiserhebung beantragt.

711    Zum einen haben die Klägerinnen in der Klageschrift und in der Erwiderung sowie mit Schriftsätzen vom 15. November 2018, 20. April 2021 und 28. Mai 2021 beantragt, die Vorlage verschiedener Schriftstücke anzuordnen.

712    Wie dargelegt, hat das Gericht mit seinem Beweisbeschluss vom 12. Mai 2021 gemäß Art. 91 Buchst. b, Art. 92 Abs. 3 und Art. 103 der Verfahrensordnung dem SRB die Vorlage bestimmter, oben in Rn. 95 bezeichneter Schriftstücke aufgegeben. Mit Beschluss vom 9. Juni 2021 hat das Gericht die vom SRB in ihrer vertraulichen Fassung vorgelegten Schriftstücke für nicht erheblich für die Entscheidung des Rechtsstreits befunden. Dagegen ist das Schreiben von Banco Popular an die EZB vom 6. Juni 2017 ohne seine Anlage den anderen Parteien übermittelt worden.

713    Zum anderen haben die Klägerinnen in der Klageschrift die Vernehmung mehrerer Zeugen beantragt.

714    Was die Anträge einer Partei auf prozessleitende Maßnahmen oder Beweiserhebung angeht, so hat allein das Gericht darüber zu befinden, ob die ihm in einer Rechtssache vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen (vgl. Urteile vom 26. Januar 2017, Mamoli Robinetteria/Kommission, C‑619/13 P, EU:C:2017:50, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. November 2020, Fleig/EAD, C‑446/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:918, Rn. 53).

715    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es selbst dann, wenn ein in der Klageschrift enthaltener Antrag auf Vernehmung von Zeugen die Tatsachen genau bezeichnet, die Gegenstand der Vernehmung des oder der Zeugen sein sollen, und die ihre Vernehmung rechtfertigenden Gründe genau angibt, Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit des Antrags im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit einer Vernehmung der benannten Zeugen zu beurteilen (vgl. Urteile vom 26. Januar 2017, Mamoli Robinetteria/Kommission, C‑619/13 P, EU:C:2017:50, Rn. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 22. Oktober 2020, Silver Plastics und Johannes Reifenhäuser/Kommission, C‑702/19 P, EU:C:2020:857, Rn. 29).

716    Im vorliegenden Fall reichen der Akteninhalt und die von den Parteien in der Sitzung gegebenen Erläuterungen für die Entscheidung des Gerichts aus, da dieses auf der Grundlage der Anträge, der Klagegründe und des im Verfahren entwickelten Vorbringens sowie anhand der von den Parteien vorgelegten Schriftstücke sachdienlich entscheiden konnte.

717    Folglich sind die Anträge der Klägerinnen auf prozessleitende Maßnahmen und Beweiserhebung zurückzuweisen, und die Klage ist in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

718    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen ihre eigenen Kosten sowie entsprechend den Anträgen des SRB und von Banco Santander deren Kosten aufzuerlegen.

719    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Königreich Spanien sowie das Parlament, der Rat und die Kommission tragen somit ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und die Stiftung für Forschung und Lehre (SFL) werden verurteilt, ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) und der Banco Santander, SA zu tragen.

3.      Das Königreich Spanien sowie das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

Van der Woude

Jaeger

Kreuschitz

De Baere

 

      Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Juni 2022.

Unterschriften



Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Spanisch.