Language of document : ECLI:EU:T:2022:314

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

1. Juni 2022(*)

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Bei Ausfall oder wahrscheinlichem Ausfall eines Unternehmens anwendbares Abwicklungsverfahren – Festlegung eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español durch den SRB – Befugnisübertragung – Begründungspflicht – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Art. 20 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 – Anspruch auf rechtliches Gehör – Eigentumsrecht“

In der Rechtssache T‑570/17,

Algebris (UK) Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Anchorage Capital Group LLC mit Sitz in New York (Vereinigte Staaten),

vertreten durch T. Soames und N. Chesaites, Rechtsanwälte, sowie R. East, Solicitor,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), vertreten durch J. King und M. Fernández Rupérez als Bevollmächtigte im Beistand von B. Meyring, S. Schelo, F. Fernández de Trocóniz Robles, T. Klupsch und S. Ianc, Rechtsanwälte,

und durch

Banco Santander, SA mit Sitz in Santander (Spanien), vertreten durch J. Rodríguez Cárcamo, A. M. Rodríguez Conde, D. Sarmiento Ramírez-Escudero, Rechtsanwälte, und G. Cahill, Barrister,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung nach Art. 263 AEUV des Beschlusses (EU) 2017/1246 der Kommission vom 7. Juni 2017 über die Genehmigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español (ABl. 2017, L 178, S. 15),

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richter M. Jaeger, V. Kreuschitz und G. De Baere (Berichterstatter) sowie der Richterin G. Steinfatt,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2021

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Nach der Finanzkrise von 2008 wurde beschlossen, eine Bankenunion innerhalb der Europäischen Union zu schaffen, die auf ein umfassendes und detailliertes einheitliches Regelwerk für Finanzdienstleistungen im Binnenmarkt als Ganzes gestützt ist und einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus sowie neue Rahmenbedingungen für die Einlagensicherung und die Abwicklung von Kreditinstituten umfasst.

2        Der erste Schritt zur Schaffung der Bankenunion bestand in der Einrichtung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. 2013, L 287, S. 63). Dem zwölften Erwägungsgrund dieser Verordnung zufolge sollte der SSM sicherstellen, dass die Politik der Union hinsichtlich der Beaufsichtigung von Kreditinstituten kohärent und wirksam umgesetzt wird, dass das einheitliche Regelwerk für Finanzdienstleistungen auf die Kreditinstitute in allen betroffenen Mitgliedstaaten in der gleichen Weise angewandt wird und dass bei der Beaufsichtigung dieser Kreditinstitute höchste, von nicht aufsichtsrechtlichen Überlegungen unbeeinflusste Standards Anwendung finden. Zu diesem Zweck wurden der Europäischen Zentralbank (EZB) mit der Verordnung Nr. 1024/2013 besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute übertragen, um zur Sicherheit und Solidität von Kreditinstituten und zur Stabilität des Finanzsystems in der Union und in jedem einzelnen Mitgliedstaat beizutragen.

3        Im Anschluss daran wurde die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) erlassen. In ihrem ersten Erwägungsgrund heißt es:

„Die Finanzkrise hat gezeigt, dass es auf der Ebene der Union eindeutig an angemessenen Instrumenten für den wirksamen Umgang mit unsoliden oder ausfallenden Kreditinstituten und Wertpapierfirmen … mangelt. Derartige Instrumentarien werden vor allem zur Verhinderung einer Insolvenz benötigt oder, falls eine solche eintritt, zur Minimierung der negativen Auswirkungen, indem die systemisch wichtigen Funktionen des jeweiligen Instituts aufrechterhalten werden. Während der Krise trugen diese Herausforderungen wesentlich dazu bei, dass die Mitgliedstaaten Institute unter Rückgriff auf das Geld der Steuerzahler retten mussten. Ziel eines glaubwürdigen Sanierungs- und Abwicklungsrahmens ist es, solchen Maßnahmen so weit wie möglich vorzubeugen.“

4        Die Richtlinie 2014/59 hat die Schaffung gemeinsamer Regeln zur Mindestharmonisierung der nationalen Bestimmungen über die Abwicklung von Banken in der Union zum Ziel und sieht eine Zusammenarbeit zwischen Abwicklungsbehörden bei Ausfällen von grenzüberschreitend tätigen Banken vor. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2014/59 benennt jeder Mitgliedstaat eine oder in Ausnahmefällen mehrere Abwicklungsbehörden, die ermächtigt sind, die Abwicklungsinstrumente anzuwenden und die Abwicklungsbefugnisse auszuüben.

5        Jedoch wurde in der Erwägung, dass die Richtlinie 2014/59 zum einen nicht zu einer Zentralisierung des Entscheidungsprozesses im Bereich der Abwicklung führt, im Wesentlichen Abwicklungsinstrumente und gemeinsame Abwicklungsbefugnisse für die nationalen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten vorsieht und diesen Behörden bei der Anwendung der Instrumente und der Nutzung der nationalen Finanzierungsmechanismen für die Abwicklungsverfahren einen Ermessensspielraum belässt und dass sie zum anderen getrennte und potenziell inkohärente Entscheidungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Abwicklung grenzüberschreitender Gruppen nicht vollständig verhindert, die Einführung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) beschlossen.

6        Als zweiter Schritt zur Schaffung der Bankenunion wurde somit die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines [SRM] und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) erlassen.

7        Der zwölfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 lautet:

„Die Gewährleistung wirksamer Beschlüsse über die Abwicklung ausfallender Banken innerhalb der Union, einschließlich über die Verwendung der auf Unionsebene aufgebrachten Mittel, ist von wesentlicher Bedeutung für die Verwirklichung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen. Im Binnenmarkt kann der Ausfall von Banken in einem Mitgliedstaat die Stabilität der Finanzmärkte in der Union als Ganzes beeinträchtigen. Die Sicherstellung wirksamer und einheitlicher Abwicklungsvorschriften und gleicher Bedingungen für die Finanzierung von Abwicklungen in allen Mitgliedstaaten liegt nicht nur im Interesse der Mitgliedstaaten, in denen Banken tätig sind, sondern auch allgemein im Interesse aller Mitgliedstaaten, da es sich um ein Mittel zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen und für ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts handelt. Die Bankensysteme im Binnenmarkt sind eng miteinander verflochten, die Bankengruppen sind international aufgestellt und die Banken besitzen einen prozentual hohen Anteil an Auslandsvermögen. Ohne einen [SRM] würden sich Bankkrisen in Mitgliedstaaten, die am einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmen, auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten stärker auf das Bankensystem auswirken. Mit der Einrichtung des [SRM] soll ein neutraler Ansatz beim Umgang mit ausfallenden Banken sichergestellt und damit die Stabilität der Banken der teilnehmenden Mitgliedstaaten gestärkt und zudem verhindert werden, dass Krisen auf nicht teilnehmende Mitgliedstaaten übergreifen, wodurch das Funktionieren des Binnenmarkts insgesamt gefördert wird. Die Mechanismen der Zusammenarbeit hinsichtlich der Institute, die sowohl in teilnehmenden als auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, sollten klar sein, und kein Mitgliedstaat und keine Gruppe von Mitgliedstaaten sollte unmittelbar oder mittelbar als Handelsplatz für Finanzdienstleistungen diskriminiert werden.“

8        Gegenstand der Verordnung Nr. 806/2014 ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 die Festlegung einheitlicher Regeln und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung der in Art. 2 genannten Unternehmen, die in den teilnehmenden Mitgliedstaaten ansässig sind, d. h. Banken, deren Aufsichtsbehörde im Herkunftsmitgliedstaat entweder die EZB oder die zuständige nationale Behörde in denjenigen Mitgliedstaaten ist, deren Währung der Euro ist, bzw. in denjenigen Mitgliedstaaten ist, deren Währung nicht der Euro ist und die eine enge Zusammenarbeit nach Maßgabe von Art. 7 der Verordnung Nr. 1024/2013 eingegangen sind (vgl. den 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014).

9        Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 werden diese einheitlichen Regeln und dieses einheitliche Verfahren von dem mit Art. 42 dieser Verordnung errichteten Einheitlichen Abwicklungsausschuss (SRB) in Zusammenarbeit mit dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Abwicklungsbehörden im Rahmen des mit dieser Verordnung geschaffenen SRM angewandt. Der SRM wird durch einen einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) unterstützt.

10      Gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 entscheidet der SRB über eine Abwicklungsmaßnahme für ein Finanzinstitut, das in einem teilnehmenden Mitgliedstaat ansässig ist, wenn die drei Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung erfüllt sind.

11      Die erste Voraussetzung ist, dass das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt. Die Bewertung dieser Voraussetzung erfolgt durch die EZB nach Anhörung des SRB oder durch den SRB, und sie gilt als erfüllt, wenn die Lage des Unternehmens eine oder mehrere der in Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt.

12      Als zweite Voraussetzung gilt, dass nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitraums durch alternative Maßnahmen des privaten Sektors oder der Aufsichtsbehörden abgewendet werden kann.

13      Die dritte Voraussetzung ist, dass eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich ist, dass sie also für das Erreichen der Abwicklungsziele notwendig ist und sich diese bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang erreichen ließen.

14      In Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 werden folgende Abwicklungsziele genannt: die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen, die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln, der Schutz der Einleger und der Anleger sowie der Schutz der Gelder und Vermögenswerte der Kunden.

15      Nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 muss, bevor Abwicklungsmaßnahmen getroffen werden oder die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten ausgeübt wird, der SRB sicherstellen, dass eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens durch eine von öffentlichen Stellen – einschließlich des SRB und der nationalen Abwicklungsbehörde – und dem betroffenen Unternehmen unabhängige Person vorgenommen wird.

16      Nach Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 ist die Bewertung integraler Bestandteil der Entscheidung über die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bzw. der Entscheidung über die Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten.

17      Sind die Voraussetzungen gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt, legt der SRB ein Abwicklungskonzept fest.

18      Wenn sie im Abwicklungsverfahren tätig werden, müssen der SRB, der Rat und die Kommission dafür sorgen, dass die Abwicklung im Einklang mit bestimmten, in Art. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 aufgeführten Grundsätzen erfolgt, darunter dem Grundsatz, dass Verluste zuerst von den Anteilseignern des in Abwicklung befindlichen Instituts getragen werden, und dem Grundsatz, dass kein Gläubiger größere Verluste zu tragen hat, als er im Fall einer Liquidation eines von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens zu tragen gehabt hätte.

19      Im Abwicklungskonzept bestimmt der SRB die Anwendung der Abwicklungsinstrumente. Nach Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 stehen als Abwicklungsinstrumente die Unternehmensveräußerung, das Brückeninstitut, die Ausgliederung von Vermögenswerten und das Bail-in‑Instrument zur Verfügung.

20      Im Abwicklungskonzept kann der SRB unter den in Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Voraussetzungen auch die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten ausüben. Nach Art. 19 der Verordnung Nr. 806/2014 kann eine Abwicklungsmaßnahme ebenfalls die Gewährung staatlicher Beihilfen oder die Inanspruchnahme des SRF umfassen.

21      Nach Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 übermittelt der SRB das Abwicklungskonzept unmittelbar nach seiner Festlegung der Kommission. Innerhalb von 24 Stunden ab Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den SRB muss die Kommission das Abwicklungskonzept entweder billigen oder in den Fällen, die nicht unter Unterabs. 3 fallen, Einwände hinsichtlich der Aspekte des Abwicklungskonzepts erheben, bei denen ein Ermessensspielraum besteht (im Folgenden: Ermessensaspekte), nämlich in Bezug auf die Einhaltung des Kriteriums des öffentlichen Interesses oder eine erhebliche Änderung des Betrags des SRF. Hinsichtlich der letztgenannten Ermessensaspekte kann die Kommission innerhalb von zwölf Stunden nach Übermittlung des Abwicklungsplans durch den SRB dem Rat vorschlagen, gegen das vom SRB festgelegte Abwicklungskonzept Einwände mit der Begründung zu erheben, dass dieses nicht das Kriterium des öffentlichen Interesses erfülle, oder eine erhebliche Änderung des Betrags des SRF, der im Abwicklungskonzept des SRB vorgesehen ist, zu billigen oder Einwände dagegen zu erheben. Das Abwicklungskonzept kann nur in Kraft treten, wenn weder der Rat noch die Kommission innerhalb von 24 Stunden nach seiner Übermittlung durch den SRB Einwände erhoben haben.

22      Nach Art. 18 Abs. 9 der Verordnung Nr. 806/2014 sorgt der SRB dafür, dass die betreffenden nationalen Abwicklungsbehörden die zur Durchführung des Abwicklungskonzepts notwendigen Abwicklungsmaßnahmen einleiten. Das Abwicklungskonzept ist an diese Behörden gerichtet und weist sie an, gemäß Art. 29 dieser Verordnung alle zur Umsetzung des Konzepts notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und zu diesem Zweck Abwicklungsbefugnisse auszuüben.

23      Gemäß Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 stellt der SRB sicher, dass nach der Durchführung einer Abwicklungsmaßnahme eine Bewertung durch eine unabhängige Person vorgenommen wird, um festzustellen, ob Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre. Diese Bewertung kann nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 zu Entschädigungszahlungen an Anteilseigner oder Gläubiger führen, falls sie größere Verluste erlitten haben, als sie bei einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erlitten hätten.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt nach Klageerhebung

24      Die Klägerinnen, die Algebris (UK) Ltd und die Anchorage Capital Group LLC, sind Verwalter von Investmentfonds, die Inhaber von Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals und solchen des Ergänzungskapitals, ausgegeben von der Banco Popular Español, SA (im Folgenden: Banco Popular), waren, bevor für Letztere ein Abwicklungskonzept angenommen wurde.

 Zur Situation von Banco Popular vor der Annahme des Abwicklungskonzepts

25      Die Banco-Popular-Gruppe, deren Muttergesellschaft Banco Popular war, war zum Zeitpunkt der Abwicklung die sechstgrößte spanische Bankengruppe.

26      2016 nahm Banco Popular eine Kapitalerhöhung von 2,5 Mrd. Euro vor.

27      Am 5. Dezember 2016 verabschiedete die Präsidiumssitzung des SRB einen Abwicklungsplan für die Banco-Popular-Gruppe. Bevorzugtes Abwicklungsinstrument in diesem Abwicklungsplan war das in Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bail-in‑Instrument.

28      Am 3. Februar 2017 veröffentlichte Banco Popular ihren Jahresbericht 2016, in dem sie einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro mit der Folge eines konsolidierten Verlusts von 3,485 Mrd. Euro und die Ernennung eines neuen Präsidenten ankündigte.

29      Am 10. Februar 2017 stufte die DBRS Ratings Limited (jetzt DBRS Morningstar) das Rating von Banco Popular angesichts ihrer geschwächten Kapitalsituation infolge eines höheren Nettoverlusts als in ihrem vorstehend in Rn. 28 erwähnten Jahresbericht vorhergesehen und ihrer Bemühungen, ihren noch hohen Bestand an notleidenden Vermögenswerten abzubauen, mit negativem Ausblick herab.

30      Am 3. April 2017 gab Banco Popular das Ergebnis interner Prüfungen bekannt, wonach Korrekturen gegenüber dem Jahresbericht 2016 erforderlich sein könnten. Diese Berichtigungen wurden im Finanzbericht von Banco Popular für das erste Quartal 2017 vorgenommen.

31      Am 10. April 2017 gab der Vorstandsvorsitzende in der Hauptversammlung der Anteilseigner von Banco Popular bekannt, dass die Bank aufgrund der Eigenkapitalsituation der Gruppe und des Niveaus der notleidenden Vermögenswerte entweder eine Kapitalerhöhung oder eine Unternehmensübertragung beabsichtige. Der Generaldirektor von Banco Popular wurde weniger als ein Jahr nach der Aufnahme seiner Tätigkeit ausgewechselt.

32      Im Anschluss an die am 3. April 2017 erfolgte Bekanntgabe der Notwendigkeit einer Anpassung der finanziellen Ergebnisse von 2016 stufte DBRS am 6. April 2017 das Rating von Banco Popular mit weiter negativem Ausblick herab. Auch Standard & Poor’s und Moody’s Investors Service (im Folgenden: Moody’s) stuften am 7. April 2017 bzw. 21. April 2017 das Rating von Banco Popular mit negativem Ausblick herab.

33      Im April 2017 leitete Banco Popular ein privates Veräußerungsverfahren mit dem Ziel ihrer Veräußerung an einen starken Wettbewerber ein, um ihre Finanzlage zu verbessern. Die Angebotsfrist für Interessenten für den Erwerb von Banco Popular endete am 10. Juni 2017 und wurde später bis Ende Juni 2017 verlängert.

34      Am 5. Mai 2017 legte Banco Popular ihren Finanzbericht für das erste Quartal 2017 vor, in dem sie Verluste in Höhe von 137 Mio. Euro bekannt gab.

35      Am 12. Mai 2017 unterschritt Banco Popular die für sie geltende Liquiditätsdeckungsanforderung (Liquidity Coverage Requirement) von mindestens 80 %, die in Art. 460 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2013, L 176, S. 1) festgelegt ist.

36      Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 teilte die Banco Santander, SA Banco Popular mit, dass sie im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens kein verbindliches Angebot abgeben könne.

37      Am 16. Mai 2017 erklärte Banco Popular in einer Mitteilung einer relevanten Tatsache an die Comisión nacional del mercado de valores (CNMV, Nationale Wertpapiermarktkommission, Spanien), dass potenzielle Erwerber ihr Interesse an dem privaten Veräußerungsverfahren bekundet hätten, dass aber kein verbindliches Angebot eingegangen sei.

38      Am 19. Mai 2017 stufte die Agentur FITCH das langfristige Rating von Banco Popular herab.

39      Am 23. Mai 2017 gab die Vorsitzende des SRB, Frau Elke König, dem Fernsehsender Bloomberg ein Interview, in dem sie u. a. zur Situation von Banco Popular befragt wurde.

40      Im Mai 2017 war in zahlreichen Presseartikeln über die Schwierigkeiten von Banco Popular berichtet worden. Beispielsweise erschien auf der Website elconfidencial.com am 11. Mai 2017 ein Artikel mit dem Titel „Saracho empfiehlt wegen eines Konkursrisikos den dringenden Verkauf von Popular an JP Morgan und Lazard“ (Saracho encarga la venta urgente del Popular a JP Morgan y Lazard por riesgo de quiebra). Diesem Artikel zufolge hatte der Präsident der Bank JP Morgan und Lazard beauftragt, den dringenden Verkauf der Bank wegen Konkursgefahr aufgrund der massiven Einlagenflucht privater und institutioneller Kunden zu organisieren, und war der Ansicht, dass die Existenzfähigkeit der Bank nur durch die vollständige und sofortige Veräußerung der gesamten Gruppe sichergestellt werden könne. In dem Artikel heißt es, dass „für die Bank angesichts der anhaltenden Einlagenabflüsse und der Schließung externer Finanzierungsquellen ein ernsthaftes Insolvenzrisiko besteht und [ihr Präsident] daher gezwungen war, zur drastischsten Maßnahme zu greifen und den Verkauf ihrer Vermögenswerte schrittweise einzustellen, um die Kapitalquote zu verbessern und den Forderungen der EZB nachzukommen“.

41      Am 15. Mai 2017 wurde in einem auf der Website elconfidencial.com veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Mitten im Veräußerungsprozess prüft die EZB Banco Popular zwei Monate lang“ (El BCE inspecciona a Banco Popular durante dos meses en pleno proceso de venta) berichtet, dass der Präsident von Banco Popular seinen Plan zu deren Veräußerung nach der Prüfung durch die EZB, die das Rückstellungsdefizit bestätigt habe, umgesetzt habe. Diesem Artikel zufolge waren die Prüfer der EZB zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schwierigkeiten von Banco Popular mit ihrem Defizit bei Rückstellungen zur Deckung ihrer Risikoposition bei Immobilien zusammenhingen und gelegentliche Einlagenabflüsse vermieden werden müssten. Die Prüfer hätten auch ihre Unzufriedenheit hinsichtlich der Vorlage der Jahresabschlüsse von 2016 zum Ausdruck gebracht.

42      Am 31. Mai 2017 veröffentlichte die Agentur Reuters einen Artikel mit dem Titel „EU, Warnung vor der Gefahr einer Abwicklung von Banco Popular“ (EU warned of wind-down risk for Spain’s Banco Popular). In diesem Artikel heißt es u. a., dass einem hohen, nicht namentlich genannten Unionsbeamten zufolge eine der wichtigsten Bankenaufsichtspersonen in Europa die Unionsbeamten darauf hingewiesen habe, dass die Abwicklung von Banco Popular erforderlich sein könnte, wenn sie keinen Käufer finde. In diesem Artikel heißt es weiter, dass diesem Beamten zufolge die Vorsitzende des SRB kürzlich eine „Frühwarnung“ ausgesprochen und erklärt habe, dass der SRB das Verfahren (von Banco Popular) mit besonderer Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine mögliche Intervention verfolge.

43      Am selben Tag veröffentlichte der SRB eine Pressemitteilung, in der er dem Inhalt dieses Artikels entgegentrat.

44      In den ersten Junitagen 2017 sah sich Banco Popular massiven Liquiditätsabzügen gegenüber.

45      Am 5. Juni 2017 stellte Banco Popular am Vormittag einen ersten Antrag auf Notfallliquiditätshilfe bei der Banco de España (Bank von Spanien) und am Nachmittag einen zweiten Antrag mit einer Ausweitung des gewünschten Betrags wegen erheblicher Liquiditätsbewegungen. Auf Antrag der Bank von Spanien und nach der Beurteilung des Antrags von Banco Popular auf Notfallliquiditätshilfe vom selben Tag durch die EZB erhob der EZB-Rat keine Einwände gegen eine Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular für den Zeitraum bis zum 8. Juni 2017. Nachdem Banco Popular einen Teil dieser Notfallliquiditätshilfe erhalten hatte, erklärte die Bank von Spanien, dass sie zu einer zusätzlichen Notfallliquiditätshilfe nicht in der Lage sei.

46      Am 6. Juni 2017 stuften DBRS und Moody’s das Rating von Banco Popular herab.

 Zum weiteren Sachverhalt vor Annahme des Abwicklungskonzepts

47      Am 23. Mai 2017 beauftragte der SRB Deloitte als unabhängigen Sachverständigen mit der Bewertung von Banco Popular gemäß Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014.

48      Am 24. Mai 2017 forderte der SRB auf der Grundlage von Art. 34 der Verordnung Nr. 806/2014 bei Banco Popular die für die Durchführung ihrer Bewertung erforderlichen Informationen an. Am 2. Juni 2017 forderte er Banco Popular auch auf, Informationen über das private Veräußerungsverfahren zur Verfügung zu stellen und einen Zugang zu dem gesicherten virtuellen Datenraum vorzusehen, den die Bank im Rahmen dieses Verfahrens eingerichtet hatte.

49      Am 3. Juni 2017 erließ die Präsidiumssitzung des SRB den Beschluss SRB/EES/2017/06 über die Vermarktung von Banco Popular, der an den Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria (FROB, Fonds zur geordneten Umstrukturierung von Kreditinstituten, Spanien) gerichtet war (im Folgenden: Vermarktungsbeschluss). Der SRB billigte die sofortige Einleitung des Verfahrens zur Veräußerung von Banco Popular durch den FROB und teilte diesem die Anforderungen für die Veräußerung gemäß Art. 39 der Richtlinie 2014/59 mit. Der SRB wies den FROB u. a. darauf hin, dass er an die fünf potenziellen Erwerber herantreten müsse, die im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden waren.

50      Von den fünf potenziellen Erwerbern entschieden sich zwei gegen eine Teilnahme am Veräußerungsverfahren, ein weiterer wurde von der EZB aus aufsichtsrechtlichen Gründen ausgeschlossen.

51      Am 4. Juni 2017 unterzeichneten die beiden potenziellen Erwerber, die beschlossen hatten, am Verkaufsverfahren teilzunehmen, Banco Santander und die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, SA (BBVA), eine Nichtoffenlegungsvereinbarung und erhielten am 5. Juni 2017 Zugang zu dem virtuellen Datenraum.

52      Am 5. Juni 2017 nahm der SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 eine erste Bewertung (im Folgenden: Bewertung 1) zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 vor.

53      Am 6. Juni 2017 nahm die EZB nach Anhörung des SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Bewertung der Lage von Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend vor.

54      In dieser Bewertung wies die EZB darauf hin, dass sich die Liquiditätssituation von Banco Popular in den vorangegangenen Monaten erheblich verschlechtert habe, was hauptsächlich auf eine signifikante Erschöpfung ihrer Einlagenbasis zurückzuführen sei. Banco Popular sei in allen Kundensegmenten mit erheblichen Liquiditätsabflüssen konfrontiert gewesen. Die EZB führte die Geschehnisse auf, die zu den Liquiditätsproblemen von Banco Popular geführt hätten.

55      Im Februar 2017 habe Banco Popular bei Vorlage ihrer Jahresabschlüsse einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro offengelegt, was zu Verlusten in Höhe von 3,485 Mrd. Euro im Jahr 2016 geführt habe, und sie habe die Auswechslung ihres langjährigen Präsidenten bekannt gegeben, der eine Änderung der Strategie der Bank betrieben habe. Die Ankündigung zusätzlicher Rückstellungen und Verluste am Ende des Geschäftsjahrs habe zu einer Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch DBRS am 10. Februar 2017 geführt und große Besorgnis bei deren Kundschaft ausgelöst, was sich darin niedergeschlagen habe, dass Einlagen in erheblichem Umfang und unerwartet abgezogen worden seien und viele Kunden die Zweigstellen der Bank aufgesucht hätten.

56      Die Veröffentlichung einer öffentlichen Ad-hoc-Erklärung am 3. April 2017, mit der das Ergebnis mehrerer interner Prüfungen mitgeteilt worden sei, die einen erheblichen Einfluss auf die Bilanzen des Instituts haben könnten, sowie die Bestätigung, dass der Generaldirektor des Instituts weniger als ein Jahr nach seinem Dienstantritt ausgewechselt werde, hätten zu einer weiteren Welle von Einlagenabzügen geführt. Diese Abzugswelle sei auch gespeist worden durch

–        eine Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch Standard & Poor’s am 7. April 2017;

–        die Ankündigung von Banco Popular vom 10. April 2017, dass sie keine Dividenden auszahlen werde und dass aufgrund der gespannten Eigenkapitalsituation und der notwendigen Anpassung der Absicherung der notleidenden Vermögenswerte an ihre Mitbewerber eine Kapitalerhöhung oder eine Unternehmensübertragung erforderlich sein könne;

–        eine Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch Moody’s am 21. April 2017;

–        die Offenlegung der Ergebnisse des ersten Quartals 2017, die schlechter gewesen seien als vorgesehen;

–        die anhaltende negative Berichterstattung in den Medien, wie die oben in den Rn. 40 und 41 angeführten Artikel vom 11. und 15. Mai 2017, die nahelegten, dass der Präsident von Banco Popular wegen eines unmittelbar drohenden Konkursrisikos oder wegen fehlender Liquidität eine dringliche Veräußerung der Bank angeordnet habe und dass sich die Bank nach einer Vor-Ort-Prüfung durch die Bankenaufsicht einem zusätzlichen Rückstellungsbedarf gegenübersehe.

57      Seit dem 31. Mai 2017, so die EZB, seien die Einlagenverluste besonders erheblich gewesen, nachdem in den Medien verbreitet worden sei, dass die Bank liquidiert werden könnte, wenn der laufende Veräußerungsprozess nicht sehr kurzfristig erfolgreich abgeschlossen werden könne.

58      Obwohl Banco Popular in den vorangegangenen Wochen verschiedene Maßnahmen zur Beschaffung zusätzlicher Liquidität entwickelt und mit deren Umsetzung begonnen habe, habe der Umfang der realisierten und noch erwarteten Zuflüsse nicht ausgereicht, um der Erschöpfung der Liquiditätssituation von Banco Popular zum Zeitpunkt der Bewertung abzuhelfen. Selbst mit dem Rückgriff auf die Notfallliquiditätshilfe, gegen die der EZB-Rat am 5. Juni 2017 keine Einwände erhoben habe, genüge die Liquiditätssituation zu diesem Zeitpunkt nicht, um die Fähigkeit von Banco Popular zu gewährleisten, ihren Verpflichtungen bis zum 7. Juni 2017 nachzukommen.

59      Die von Banco Popular bereits ergriffenen Maßnahmen seien nicht wirksam genug gewesen, um die Verschlechterung ihrer Liquiditätssituation umzukehren. Als alternative Maßnahme zur Gewährleistung ihrer Fähigkeit, ihren fällig werdenden Verpflichtungen nachzukommen, versuche Banco Popular, eine Unternehmensübertragung durchzuführen, nämlich ihre Veräußerung an einen stärkeren Wettbewerber. In Anbetracht der Verschlechterung der Liquiditätssituation von Banco Popular, des fehlenden Nachweises ihrer Fähigkeit, diese Entwicklung in naher Zukunft umzukehren, und der Tatsache, dass die Verhandlungen bis dahin zu keinem positiven Ergebnis geführt hätten, sei, so die EZB, die Bestätigung eines solchen privaten Geschäfts nicht innerhalb einer Frist absehbar gewesen, die es Banco Popular ermöglicht hätte, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

60      Gleichzeitig gebe es keine Aufsichts- oder Frühinterventionsmaßnahmen, die es ermöglichten, die Liquiditätssituation von Banco Popular sofort wieder zu verbessern, und die ihr genügend Zeit für eine Unternehmensübertragung oder eine andere Lösung verschafften. Mit den Maßnahmen, die der EZB als zuständiger Behörde gemäß der nationalen Umsetzung von Art. 104 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. 2013, L 176, S. 338) und den Art. 27 bis 29 der Richtlinie 2014/59 oder Art. 16 der Verordnung Nr. 1024/2013 zur Verfügung stünden, lasse sich angesichts von Ausmaß und Geschwindigkeit der beobachteten Liquiditätsverschlechterung nicht sicherstellen, dass Banco Popular ihre Schulden und sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit werde begleichen können.

61      Die EZB gelangte unter Berücksichtigung insbesondere der exzessiven Einlagenabflüsse, der rapiden Liquiditätsverluste der Bank und deren Unvermögen, anderweit Liquidität zu generieren, zu dem Schluss, dass es objektive Anhaltspunkte dafür gebe, dass Banco Popular in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. Es sei davon auszugehen, dass Banco Popular ausfalle oder jedenfalls wahrscheinlich in naher Zukunft ausfalle im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

62      Am 6. Juni 2017 teilte der Verwaltungsrat von Banco Popular der EZB mit, er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Bank wahrscheinlich ausfalle.

63      Ebenfalls an diesem Tag erging ein Schreiben des FROB, das Informationen über das Veräußerungsverfahren enthielt (im Folgenden: Verfahrensschreiben) und in dem das Ende der Frist für die Einreichung der Angebote auf den 6. Juni 2017 um Mitternacht festgesetzt wurde.

64      Am selben Tag teilte BBVA, einer der beiden potenziellen Erwerber von Banco Popular, dem FROB mit, dass sie kein Angebot abgeben werde.

65      Ebenfalls am 6. Juni 2017 übermittelte Deloitte dem SRB gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 eine zweite Bewertung (im Folgenden: Bewertung 2). Die Bewertung 2 sollte der Veranschlagung des Wertes der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular, der Schätzung, wie die Anteilseigner und Gläubiger behandelt würden, wenn ein reguläres Insolvenzverfahren für Banco Popular durchgeführt würde, sowie der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Anteile und Eigentumstitel und dem Verständnis des SRB dafür dienen, was unter kommerziellen Bedingungen für das Instrument der Unternehmensveräußerung zu verstehen ist. Im Rahmen dieser Bewertung wurde u. a. der wirtschaftliche Wert von Banco Popular auf 1,3 Mrd. Euro im besten Szenario, auf minus 8,2 Mrd. Euro im ungünstigsten Szenario und auf minus 2 Mrd. Euro für die beste Schätzung veranschlagt.

66      Am 7. Juni 2017 gab Banco Santander ein verbindliches Angebot ab.

67      Mit Schreiben vom 7. Juni 2017 teilte der FROB dem SRB mit, dass Banco Santander am 7. Juni um 03.12 Uhr ein Angebot abgegeben und für den Kauf der Anteile von Banco Popular einen Preis von einem Euro geboten habe. Der FROB wies darauf hin, dass sein Lenkungsausschuss Banco Santander als Zuschlagsempfänger im Wettbewerbsverfahren zur Veräußerung von Banco Popular ausgewählt und beschlossen habe, dem SRB vorzuschlagen, in seinem Beschluss über die Annahme eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular Banco Santander als Erwerber zu bestimmen.

 Zum Abwicklungskonzept für Banco Popular vom 7. Juni 2017

68      Am 7. Juni 2017 erließ die Präsidiumssitzung des SRB auf der Grundlage der Verordnung Nr. 806/2014 den Beschluss SRB/EES/2017/08 über ein Abwicklungskonzept für Banco Popular (im Folgenden: Abwicklungskonzept).

69      Art. 1 des Abwicklungskonzepts zufolge sah der SRB die Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt an und beschloss, Banco Popular ab dem Abwicklungsdatum abzuwickeln.

70      Der SRB war der Ansicht, erstens falle Banco Popular aus oder wahrscheinlich aus, zweitens gebe es keine anderen Maßnahmen, mit denen der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könne und drittens sei eine Abwicklungsmaßnahme in Form eines Instruments der Unternehmensveräußerung von Banco Popular im öffentlichen Interesse erforderlich. Hierzu wies der SRB darauf hin, dass die Abwicklung notwendig sei und in angemessenem Verhältnis zur Erreichung von zwei in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Zielen stehe, nämlich der Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen der Bank und der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität.

71      In Art. 5.1 des Abwicklungskonzepts beschloss der SRB:

„Das Abwicklungsinstrument für Banco Popular besteht in einer Unternehmensveräußerung gemäß Artikel 24 der Verordnung Nr. 806/2014 durch Übertragung der Anteile auf einen Erwerber. Die Herabschreibung und die Umwandlung der Kapitalinstrumente erfolgen unmittelbar vor Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung.“

72      Art. 6 des Abwicklungskonzepts betrifft die Herabschreibung der Kapitalinstrumente und das Instrument der Unternehmensveräußerung. In Art. 6.1 nannte der SRB die Maßnahmen, die er in Ausübung seiner Herabschreibungsbefugnis gemäß Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 erlassen hatte.

73      So beschloss der SRB in Art. 6.1 des Abwicklungskonzepts,

–        zunächst den Nominalbetrag des Grundkapitals von Banco Popular um 2 098 429 046 Euro herabzuschreiben, was zur Löschung von 100 % der Anteile von Banco Popular führte;

–        sodann den gesamten Nennwert der von Banco Popular ausgegebenen und zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Abwicklungskonzept im Umlauf befindlichen Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals in neu ausgegebene Anteile von Banco Popular, die „neuen Anteile I“, umzuwandeln;

–        sodann den Nennwert der „neuen Anteile I“ auf null herabzuschreiben, was zur Löschung von 100 % dieser „neuen Anteile I“ führte;

–        schließlich den gesamten Nennwert der von Banco Popular ausgegebenen und zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung im Umlauf befindlichen Instrumente des Ergänzungskapitals in neu ausgegebene Anteile von Banco Popular, die „neuen Anteile II“, umzuwandeln.

74      Nach Art. 6.3 des Abwicklungskonzepts beruhen diese Herabschreibungs- und Umwandlungsmaßnahmen auf der Bewertung 2, die durch die Ergebnisse eines transparenten und offenen Veräußerungsprozesses durch die spanische Abwicklungsbehörde, den FROB, bestätigt werde.

75      In Art. 6.5 des Abwicklungskonzepts ordnete der SRB in Ausübung seiner Befugnisse nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend das Instrument der Unternehmensveräußerung an, dass die „neuen Anteile II“ frei von allen Rechten oder Vorrechten Dritter gegen Zahlung eines Kaufpreises von einem Euro auf Banco Santander übertragen würden. Der Erwerber habe der Übertragung bereits zugestimmt.

76      Der SRB wies auch darauf hin, dass die Übertragung der „neuen Anteile II“ auf der Grundlage des verbindlichen Angebots des Erwerbers vom 7. Juni 2017 erfolgen und vom FROB gemäß der Ley 11/2015 de recuperación y resolución de entidades de crédito y empresas de servicios de inversión (Gesetz 11/2015 zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen) vom 18. Juni 2015 (BOE Nr. 146 vom 19. Juni 2015, S. 50797) umgesetzt werden sollte.

77      Das Abwicklungskonzept wurde der Kommission am 7. Juni 2017 um 05.13 Uhr vorgelegt.

78      Am 7. Juni 2017 um 06.30 Uhr erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2017/1246 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular (ABl. 2017, L 178, S. 15, im Folgenden: angefochtener Beschluss) und stellte ihn dem SRB zu. Demgemäß trat das Abwicklungskonzept am selben Tag in Kraft.

79      Der vierte Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lautet:

„Die Kommission stimmt dem Abwicklungskonzept zu. Sie stimmt insbesondere auch den Argumenten zu, die der [SRB] zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse nach Artikel 5 der Verordnung … Nr. 806/2014 nennt.“

80      Am selben Tag erließ der FROB gemäß Art. 29 der Verordnung Nr. 806/2014 die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung des Abwicklungskonzepts. In diesem Rahmen erteilte der FROB seine Zustimmung zur Übertragung der neuen Anteile von Banco Popular aus der Umwandlung der Instrumente des Ergänzungskapitals (der „neuen Anteile II“) auf Banco Santander.

 Zum Sachverhalt nach Erlass des Abwicklungsbeschlusses

81      Am 14. Juni 2018 übermittelte Deloitte dem SRB die in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bewertung in Bezug auf unterschiedliche Behandlung, mit der festgestellt werden sollte, ob Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre (im Folgenden: Bewertung 3). Am 31. Juli 2018 übermittelte Deloitte dem SRB einen Nachtrag zu dieser Bewertung, mit dem bestimmte formale Fehler berichtigt wurden.

82      Am 28. September 2018 wurde Banco Santander infolge einer Verschmelzung durch Aufnahme Gesamtrechtsnachfolgerin von Banco Popular.

83      Am 17. März 2020 erließ der SRB den Beschluss SRB/EES/2020/52 zur Entscheidung, ob den Anteilseignern und Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen für Banco Popular betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss. Eine Bekanntmachung dieses Beschlusses wurde am 20. März 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2020, C 91, S. 2) veröffentlicht. In diesem Beschluss vertrat der SRB die Auffassung, dass die von der Abwicklung von Banco Popular betroffenen Anteilseigner und Gläubiger keinen Anspruch auf eine Entschädigung durch den SRF nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 hätten.

 Verfahren und Anträge der Parteien

84      Mit am 17. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

85      Mit am 20. November bzw. 18. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Schriftsätzen haben Banco Santander und der SRB beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zum vorliegenden Verfahren zugelassen zu werden. Der Präsident der Achten Kammer des Gerichts hat mit Beschlüssen vom 12. April 2019 den SRB und Banco Santander als Streithelfer zugelassen. Innerhalb der gesetzten Fristen haben die Streithelfer ihre Streithilfeschriftsätze sowie die Klägerinnen ihre Stellungnahmen dazu eingereicht.

86      Mit Schreiben vom 6. Juli 2018 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung den Hauptparteien schriftliche Fragen gestellt. Die Hauptparteien haben diese Fragen fristgerecht beantwortet.

87      Mit am 31. Oktober 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eigereichtem Schriftsatz haben die Klägerinnen gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt. Die Kommission und der SRB haben dazu fristgerecht Stellung genommen.

88      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung der Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.

89      Auf Vorschlag der Dritten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung entschieden, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

90      Mit am 16. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eigereichtem Schriftsatz haben die Klägerinnen gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt. Die Kommission, der SRB und Banco Santander haben dazu fristgerecht Stellung genommen.

91      Am 15. März 2021 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung die Kommission zur Vorlage mehrerer Schriftstücke aufgefordert. Die Kommission hat mit Schriftsatz vom 30. März 2021 geantwortet, dass sie dieser Aufforderung des Gerichts nicht nachkommen könne, dass sie die angeforderten Schriftstücke aber vorgelegen könne, wenn das Gericht eine Beweiserhebung beschließe.

92      Am 15. April 2021 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung den SRB zur Vorlage mehrerer Schriftstücke aufgefordert. Der SRB hat mit Schriftsatz vom 20. April 2021 geantwortet, dass diese Schriftstücke zum Teil vertraulich seien und vorgelegt werden könnten, wenn das Gericht eine Beweiserhebung beschließe.

93      Mit Beschluss vom 21. Mai 2021 hat das Gericht auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie Art. 91 Buchst. b, Art. 92 Abs. 3 und Art. 103 der Verfahrensordnung der Kommission aufgegeben, die vollständigen Fassungen des Abwicklungskonzepts, der Bewertung 2 und der Bewertung der EZB vom 6. Juni 2017 betreffend den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular vorzulegen. Das Gericht hat zudem dem SRB aufgegeben, die nicht vertraulichen und die vertraulichen Fassungen des Schreibens von Banco Popular an die EZB vom 6. Juni 2017 einschließlich seiner Anlage und des Schreibens der EZB an Banco Popular vom 18. Mai 2017 vorzulegen.

94      Mit am 4. Juni 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eigereichtem Schriftsatz haben die Klägerinnen gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt. Die anderen Parteien sind aufgefordert worden, hierzu in der Sitzung Stellung zu nehmen.

95      Mit Beschluss vom 16. Juni 2021 hat das Gericht zum einen die vertraulichen Fassungen der von der Kommission und vom SRB gemäß dem Beschluss vom 21. Mai 2021 vorgelegten Schriftstücke aus den Akten entfernt sowie zum anderen den anderen Parteien das Schreiben von Banco Popular an die EZB vom 6. Juni 2017 ohne seine Anlage übermittelt.

96      Wegen Verhinderung zweier Mitglieder der Dritten erweiterten Kammer hat der Präsident des Gerichts zwei andere Richter zur Ergänzung der Kammer bestimmt.

97      Die Parteien haben in der Sitzung vom 24. Juni 2021 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

98      Die Klägerinnen beantragen,

–        den angefochtenen Beschluss, hilfsweise dessen Art. 1, für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

99      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

100    Banco Santander und der SRB beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

101    Die Klägerinnen führen sechs Klagegründe an. Mit dem ersten Klagegrund rügen sie, dass die Kommission das Abwicklungskonzept nicht vor seiner Billigung geprüft habe. Mit dem zweiten Klagegrund rügen sie eine Verletzung der Begründungspflicht. Mit dem dritten Klagegrund rügen sie eine Verletzung der Verpflichtungen zur Wahrung des Berufsgeheimnisses und zu ordnungsgemäßer Verwaltung. Mit dem vierten Klagegrund rügen sie offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Anwendung der Art. 14, 18, 20 bis 22 und 24 der Verordnung Nr. 806/2014. Mit dem fünften Klagegrund rügen sie eine Verletzung des Eigentumsrechts. Mit dem sechsten Klagegrund rügen sie eine Verletzung des Rechts auf Gehör.

102    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen hinsichtlich des Umfangs der vom Gericht ausgeübten Kontrolle geltend machen, dass das Gericht eine umfassende und eingehende Kontrolle des Abwicklungskonzepts vornehmen müsse.

103    Nach Ansicht der Kommission müssen die Unionsgerichte im Rahmen von Nichtigkeitsklagen bei komplexen technischen Fragen die Richtigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen prüfen, auf die die angefochtene Handlung gestützt ist, sich vergewissern, dass kein offensichtlicher Fehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt, und prüfen, ob die beklagte Partei die Grenzen ihres Ermessens nicht klar überschritten hat.

104    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung die vom Gericht ausgeübte Kontrolle sowohl in Fällen begrenzt hat, in denen die angefochtene Handlung auf hochkomplexe tatsächliche Umstände wissenschaftlicher und technischer Art gestützt ist, als auch in solchen, in denen es um komplexe wirtschaftliche Wertungen geht.

105    Zum einen muss sich in den Fällen, in denen die Unionsbehörden über ein weites Ermessen insbesondere in Bezug auf die Beurteilung hochkomplexer wissenschaftlicher und technischer tatsächlicher Umstände bei der Festlegung von Art und Umfang der von ihnen erlassenen Maßnahmen verfügen, die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränken, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist oder einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob diese Behörden die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten haben. In einem solchen Kontext darf der Unionsrichter nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen der Unionsbehörden setzen, denen allein der AEU‑Vertrag diese Aufgabe zugewiesen hat (Urteile vom 21. Juli 2011, Etimine, C‑15/10, EU:C:2011:504, Rn. 60, und vom 7. März 2013, Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, T‑93/10, EU:T:2013:106, Rn. 76; vgl. auch Urteil vom 11. Mai 2017, Deza/ECHA, T‑115/15, EU:T:2017:329, Rn. 163 und die dort angeführte Rechtsprechung).

106    Zum anderen handelt es sich bei der Kontrolle, die die Unionsgerichte in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Unionsbehörden ausüben, um eine beschränkte Kontrolle, die sich zwangsläufig auf die Prüfung beschränkt, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt. Im Rahmen dieser Kontrolle darf der Unionsrichter somit nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, EU:C:1985:327, Rn. 34, vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. Januar 2020, Iberpotash/Kommission, T‑257/18, EU:T:2020:1, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Da die Beschlüsse, die der SRB im Rahmen eines Abwicklungsverfahrens zu erlassen hat, auf hochkomplexen wirtschaftlichen und technischen Beurteilungen beruhen, gelten die Grundsätze, die sich aus der oben in den Rn. 105 und 106 angeführten Rechtsprechung ergeben, für die Kontrolle, die das Gericht auszuüben hat.

108    Auch wenn dem SRB ein Beurteilungsspielraum in wirtschaftlichen und technischen Fragen zusteht, bedeutet dies jedoch nicht, dass der Unionsrichter die Auslegung der Wirtschaftsdaten durch den SRB, die dessen Beschluss zugrunde liegen, nicht kontrollieren darf. Denn der Unionsrichter muss, wie der Gerichtshof entschieden hat, selbst bei komplexen Beurteilungen nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing, C‑525/04 P, EU:C:2007:698, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 26. März 2019, Kommission/Italien, C‑621/16 P, EU:C:2019:251, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

109    Ein die Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts rechtfertigender offensichtlicher Fehler des SRB bei der Würdigung des Sachverhalts kann nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgelegten Beweise ausreichen, um die in diesem Konzept vorgenommene Sachverhaltswürdigung nicht plausibel erscheinen zu lassen (vgl. entsprechend Urteile vom 14. Juni 2018, Lubrizol France/Rat, C‑223/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:442, Rn. 39, vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, EU:T:1996:195, Rn. 59, und vom 13. Dezember 2018, Comune di Milano/Kommission, T‑167/13, EU:T:2018:940, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum ersten Klagegrund: Die Kommission habe das Abwicklungskonzept nicht geprüft, bevor sie es gebilligt habe

110    Die Klägerinnen machen der Sache nach geltend, angesichts der kurzen Zeit, über die die Kommission für die Billigung des Abwicklungskonzepts verfügt habe, habe sie keine sachgerechte Bewertung seiner Ermessensaspekte vornehmen können, was gegen die im Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), aufgestellten Grundsätze im Bereich der Befugnisübertragung verstoße. Die Kommission habe sich unter rechtswidriger Übertragung ihrer Ermessensbefugnis auf den SRB damit begnügt, das Abwicklungskonzept zu billigen.

111    Die Kommission trägt vor, seit dem 2. Mai 2017, dem Tag, an dem der SRB sie darüber informiert habe, dass Banco Popular vor Liquiditätsproblemen stehe und dass sich eine Abwicklungsmaßnahme als notwendig erweisen könnte, sei sie an den Vorbereitungen aller denkbaren Szenarien beteiligt gewesen. Sie sei als ständige Beobachterin in den Sitzungen der Beschlussorgane des SRB zugegen. Sie habe Zugang zu allen Unterlagen, und ihre Sachverständigen hätten den SRB bei der Abfassung des Abwicklungskonzepts unterstützt. Daher habe sie die vorgeschriebene Bewertung in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit vornehmen können.

112    Der Gerichtshof hat in Rn. 41 des Urteils vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat (C‑270/12, EU:C:2014:18), ausgeführt, dass er im Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), im Wesentlichen darauf hingewiesen hat, dass sich eine Übertragung von Befugnissen sehr verschieden auswirken kann. Handelt es sich dabei um genau umgrenzte Ausführungsbefugnisse, so unterliegt deren Ausübung einer strengen Kontrolle im Hinblick auf die Beachtung objektiver Tatbestandsmerkmale, die von der übertragenden Behörde festgesetzt werden; handelt es sich dagegen um „Befugnisse, die nach freiem Ermessen auszuüben sind und die einen weiten Ermessensspielraum voraussetzen, so ermöglichen sie, je nach der Art ihrer Ausübung, die Verwirklichung einer ausgesprochenen Wirtschaftspolitik“.

113    Außerdem hat der Gerichtshof auf seine ebenfalls im Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), getroffene Feststellung hingewiesen, dass eine Delegation der ersten Art nicht geeignet ist, die Ausübung der übertragenen Befugnisse wesentlich zu beeinflussen, während eine Delegation der zweiten Art dadurch, dass an die Stelle des Ermessens der übertragenden Behörde das Ermessen derjenigen Stelle tritt, der die Befugnisse übertragen worden sind, eine „tatsächliche Verlagerung der Verantwortung“ bewirkt (Urteil vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat, C‑270/12, EU:C:2014:18, Rn. 42).

114    Zur Beurteilung der Tragweite dieses Klagegrundes ist näher auf das Verfahren zur Annahme der Abwicklungskonzepte nach der Verordnung Nr. 806/2014 und insbesondere auf die der Kommission dabei zugewiesene Rolle einzugehen.

115    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber das mit der Verordnung Nr. 806/2014 für den Erlass von Abwicklungsmaßnahmen geschaffene Verfahren nach der Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Rates eingeführt hat, der in einem Gutachten vom 7. Oktober 2013 das ursprünglich im Verordnungsvorschlag der Kommission vorgesehene Verfahren auf seine Vereinbarkeit mit den Grundsätzen für die Übertragung von Befugnissen in ihrer Auslegung im Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), beurteilt hatte.

116    Ursprünglich sah der in diesem Gutachten geprüfte Verordnungsvorschlag eine andere Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und dem SRB vor, als sie schließlich in der Verordnung Nr. 806/2014 festgelegt wurde. Insbesondere sollte die Kommission befugt sein, eine Einrichtung abzuwickeln, einen Rahmen für die Verwendung von Abwicklungsinstrumenten zu schaffen und zu entscheiden, ob und wie die Befugnisse zur Herabschreibung und zur Umwandlung von Kapitalinstrumenten zu nutzen waren, und der SRB sollte gemäß dem von der Kommission festgelegten Rahmen für den Erlass der an die nationalen Abwicklungsbehörden gerichteten Beschlüsse zuständig sein.

117    In seinem Gutachten wies der Juristische Dienst des Rates darauf hin, dass einige Maßnahmen, die der SRB in einen Abwicklungsbeschluss aufnehmen könne, nicht hinreichend genau bestimmt seien. Die allgemeine Systematik und die Struktur des Verordnungsvorschlags, wonach die Kommission den Basisbeschluss über die Abwicklung erlasse und der SRB im Rahmen der von der Kommission aufgestellten Kriterien handeln müsse, seien mit dem Unionsrecht in seiner Auslegung durch das Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), vereinbar. Die Befugnisse des SRB zur Umsetzung der Abwicklungsinstrumente und seiner Beschlüsse schienen jedoch in gewissem Umfang Ermessenscharakter zu haben und über die Ausübung rein technischer Befugnisse hinauszugehen. Es könne daher erforderlich sein, entweder weitere Bestimmungen in die Verordnung aufzunehmen, um die Anwendung der Abwicklungsinstrumente durch den SRB ordnungsgemäß zu regeln, oder ein mit Durchführungsbefugnissen ausgestattetes Unionsorgan in die Ausübung dieser Befugnisse einzubeziehen.

118    Der Unionsgesetzgeber hat unter Berücksichtigung dieses Gutachtens des Juristischen Dienstes des Rates den Mechanismus für den Erlass von Abwicklungsmaßnahmen geändert. Da dieser Erlass einen Ermessensspielraum impliziert, hat der Gesetzgeber diese Zuständigkeit einem Organ vorbehalten und nicht dem SRB übertragen.

119    Dies geht insbesondere aus den Erwägungsgründen 24 und 26 der Verordnung Nr. 806/2014 hervor, in denen es heißt:

„(24)      Da nur Organe der Union die Abwicklungspolitik der Union festlegen dürfen und da bei der Festlegung jedes spezifischen Abwicklungskonzepts ein Ermessensspielraum verbleibt, ist es notwendig, für die angemessene Einbeziehung des Rates und der Kommission als Organe zu sorgen, die gemäß Artikel 291 AEUV Durchführungsbefugnisse ausüben dürfen. Die Bewertung der Aspekte von durch den [SRB] gefassten Abwicklungsbeschlüssen, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, sollte durch die Kommission erfolgen. Wegen der beträchtlichen Auswirkungen der Abwicklungsbeschlüsse auf die finanzielle Stabilität der Mitgliedstaaten und der Union als solche sowie auf die Haushaltshoheit der Mitgliedstaaten, ist es wichtig, dass dem Rat Durchführungsbefugnisse zum Erlass bestimmter Beschlüsse im Zusammenhang mit der Abwicklung übertragen werden. Deshalb sollte es dem Rat obliegen, auf Vorschlag der Kommission eine wirksame Kontrolle über die durch den [SRB] vorgenommene Bewertung der Frage auszuüben, ob ein öffentliches Interesse besteht, und etwaige erhebliche Änderungen an dem Betrag aus dem Fonds zu bewerten, der im Rahmen einer konkreten Abwicklungsmaßnahme in Anspruch genommen werden soll. …

(26)      … Wenn der [SRB] der Auffassung ist, dass alle Kriterien im Zusammenhang mit der Einleitung von Abwicklungen erfüllt sind, sollte er das Abwicklungskonzept festlegen. Das Verfahren im Zusammenhang mit der Festlegung des Abwicklungskonzepts, an dem die Kommission und der Rat beteiligt sind, stärkt die notwendige operative Unabhängigkeit des [SRB], ohne den Grundsatz der Übertragung von Befugnissen auf Einrichtungen entsprechend der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union … anzutasten. Deshalb ist in dieser Verordnung vorgesehen, dass das vom [SRB] angenommene Abwicklungskonzept nur in Kraft tritt, wenn innerhalb einer Frist von 24 Stunden nach Annahme des Konzepts durch den [SRB] weder der Rat noch die Kommission Einwände erhoben haben oder wenn das Abwicklungskonzept durch die Kommission gebilligt wurde. Die Gründe, die es dem Rat gestatten, auf Vorschlag der Kommission Einwände gegen das Abwicklungskonzept des [SRB] zu erheben, sollten strikt auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses und auf erhebliche Änderungen des Betrags der Inanspruchnahme des Fonds, wie er vom [SRB] vorgeschlagen wurde, durch die Kommission beschränkt sein. … Als Beobachterin in den Sitzungen des [SRB] sollte sich die Kommission laufend vergewissern, dass das vom [SRB] festgelegte Abwicklungskonzept in jeder Hinsicht im Einklang mit dieser Verordnung steht, für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Zielen und Interessen, um die es geht, sorgt, dem öffentlichen Interesse Rechnung trägt und dass die Integrität des Binnenmarkts gewahrt ist. Da die Abwicklungsmaßnahme einen sehr zügigen Beschlussfassungsprozess erfordert, sollten der Rat und die Kommission eng zusammenarbeiten, und der Rat sollte die bereits durch die Kommission geleisteten vorbereitenden Arbeiten nicht erneut durchführen. …“

120    Demgemäß sieht Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 für das Abwicklungsverfahren vor, dass die Kommission entweder das Abwicklungskonzept billigt oder hinsichtlich der Aspekte des Konzepts, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, Einwände erhebt und dass ein Abwicklungskonzept nur in Kraft treten kann, wenn weder der Rat noch die Kommission innerhalb von 24 Stunden nach seiner Übermittlung durch den SRB Einwände erhoben haben.

121    Daher ist es nach Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 erforderlich, dass ein Unionsorgan, und zwar die Kommission oder der Rat, das Abwicklungskonzept hinsichtlich seiner Ermessensaspekte billigt, damit es Rechtswirkungen entfaltet. Der Unionsgesetzgeber hat demnach einem Organ die rechtliche und politische Verantwortung übertragen, die Politik der Union im Bereich der Abwicklung festzulegen, und damit eine „tatsächliche Verlagerung der Verantwortung“ im Sinne des Urteils vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), vermieden.

122    Daher muss die Kommission tatsächlich die Ermessensaspekte des Abwicklungskonzepts vor seinem Inkrafttreten bewertet haben. Andernfalls hätte sie, wie die Klägerinnen geltend machen, ihre Ermessensbefugnis rechtswidrig unter Verletzung der Grundsätze der Befugnisübertragung, die sich aus dem Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), ergeben, auf den SRB übertragen.

123    Wenn das Abwicklungskonzept, wie die Klägerinnen geltend machen, nach einer Billigung durch die Kommission in Kraft getreten sein sollte, die nicht auf eine Beurteilung, sondern auf eine bloße Bestätigung gestützt war, hätte dies zur Folge, dass der SRB die Ermessensaspekte, die wirtschaftliche Entscheidungen und damit die Entscheidung über die Notwendigkeit der Abwicklung einschließt, allein geprüft hätte, was den Grundsätzen aus dem Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), zuwiderlaufen würde.

124    Im vierten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses billigte die Kommission das Abwicklungskonzept und stimmte insbesondere den Argumenten zu, die der SRB zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse genannt hatte.

125    Damit billigte die Kommission die Entscheidung des SRB, Banco Popular einer Abwicklungsmaßnahme zu unterwerfen, die u. a. auf der Erwägung beruhte, dass die Wahl des Instruments der Unternehmensveräußerung notwendig und verhältnismäßig sei, um die Kontinuität der kritischen Funktionen zu gewährleisten und erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität zu verhindern.

126    Mit ihrem Vorbringen vertreten die Klägerinnen die Auffassung, angesichts des Verfahrensablaufs habe sich die Kommission damit begnügt, das Abwicklungskonzept ohne Prüfung zu billigen, und so ihre Ermessensbefugnis rechtswidrig auf den SRB übertragen.

127    Als Erstes machen die Klägerinnen geltend, das Abwicklungskonzept sei der Kommission am 7. Juni 2017 um 05.13 Uhr übermittelt worden und am selben Tag um 06.30 Uhr in Kraft getreten. Es sei unmöglich, dass die Kommission in dieser kurzen Zeitspanne ihrer Verpflichtung zu einer angemessenen Bewertung der Ermessensaspekte des Abwicklungskonzepts nachgekommen sei.

128    Als Zweites weisen die Klägerinnen darauf hin, dass das Abwicklungskonzept ausweislich des Protokolls der Sitzung der Kommission vom 7. Juni 2017 nach einem schriftlichen Eilverfahren angenommen worden sei. Den Klägerinnen zufolge hatte die Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion zu prüfen, ob der SRB zu den angemessenen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Ermessensaspekte des Abwicklungskonzepts gelangt sei, und dann der Kommission dessen Billigung zu empfehlen. Diese Empfehlung hätte den Kabinetten der Kommissionsmitglieder, den Generaldirektionen und dem Juristischen Dienst zugeleitet werden müssen unter Angabe der Frist, innerhalb deren Einwände zu erheben seien; bei Ausbleiben von Einwänden hätte der Beschluss gemäß Art. 12 der Geschäftsordnung der Kommission als angenommen gegolten. Nach Ansicht der Klägerinnen konnte die Kommission unmöglich in diesem Verfahren in 77 Minuten eine angemessene Prüfung der Ermessensaspekte des Abwicklungskonzepts vornehmen. Nach Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 habe sie dafür 24 Stunden Zeit.

129    Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht in Abrede stellen, dass die Annahme des Abwicklungskonzepts dringlich war.

130    Aus Art. 30 der Verordnung Nr. 806/2014 geht zum einen hervor, dass der SRB die Kommission über alle von ihm zur Vorbereitung einer Abwicklung getroffenen Maßnahmen unterrichtet, und zum anderen, dass der SRB und u. a. die Kommission bei der Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten gemäß dieser Verordnung eng zusammenarbeiten, insbesondere bei der Planung einer Abwicklung, bei frühzeitigem Eingreifen und in den einzelnen Phasen der Abwicklung, und einander alle Informationen bereitstellen, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind.

131    Nach Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 benennt die Kommission zudem einen Vertreter, der als ständiger Beobachter zur Teilnahme an den Präsidiumssitzungen und Plenarsitzungen sowie dazu berechtigt ist, an den Aussprachen teilzunehmen, und Zugang zu allen Unterlagen hat.

132    Wie der SRB und die Kommission ausführen, war Letztere seit Mai 2017 an den einzelnen Phasen vor der Annahme des Abwicklungskonzepts beteiligt, wie es ihren Verpflichtungen nach der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht.

133    Hierzu legt die Kommission in der Klagebeantwortung die verschiedenen Abschnitte ihrer Beteiligung an den Phasen der Vorbereitung des Abwicklungskonzepts im Einzelnen dar. Sie nennt u. a. mehrere Sitzungen mit dem SRB seit dem 22. Mai 2017 und tägliche Sitzungen seit dem 30. Mai 2017, den Eingang von vom SRB übermittelten Vorentwürfen des Abwicklungskonzepts am 6. und 7. Juni 2017 und die Tätigkeit ihrer verschiedenen Dienststellen vom 6. Juni 2017, 17.30 Uhr, bis zum 7. Juni 2017, 05.13 Uhr.

134    Als ständige Beobachterin habe sie Zugang zu allen sachdienlichen Unterlagen zur Vorbereitung des Abwicklungskonzepts gehabt, insbesondere denjenigen betreffend die finanzielle Lage von Banco Popular, und ihre Fachleute hätten bei der Vorbereitung des Abwicklungskonzepts mit dem SRB zusammengearbeitet, indem sie insbesondere ein Modell für ein Abwicklungskonzept erarbeitet hätten. Zudem seien ihre Fachleute seit dem 6. Juni 2017 in den Räumlichkeiten des SRB zugegen gewesen, um diesen bei der Erstellung des Abwicklungskonzepts zu unterstützen.

135    Dazu hat die Kommission in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme erstens eine Liste von Protokollen der Präsidiumssitzungen des SRB vorgelegt, an denen sie seit dem 22. Mai 2017 teilgenommen hat. Diese Liste belegt die Teilnahme der Kommission an drei Sitzungen vom 24. Mai, 2. Juni sowie 6. und 7. Juni 2017. Zweitens hat die Kommission eine Liste von informellen internen Berichten ihrer Dienststellen vom 22., 24. und 29. Mai sowie 2. und 6. Juni 2017 vorgelegt, die mit der Vorbereitung des Abwicklungskonzepts im Zusammenhang stehen. Drittens hat die Kommission mehrere E‑Mail-Wechsel zwischen ihren Dienststellen und dem SRB vom 1., 3., 6. und 7. Juni 2017 vorgelegt, die sich auf die Übermittlung von Modellen von Abwicklungskonzepten nach dem Szenario der Unternehmensveräußerung und von Vorentwürfen des Abwicklungskonzepts beziehen. Diese E‑Mails belegen u. a., dass die Kommission am 6. Juni 2017 um 18.59 Uhr und am 7. Juni 2017 um 00.33 Uhr Vorentwürfe des Abwicklungskonzepts erhalten hat.

136    Daraus geht hervor, dass die Dienststellen der Kommission an mehreren Sitzungen mit dem SRB teilgenommen haben und dass ihr die Vorentwürfe des Abwicklungskonzepts vor dem 7. Juni 2017 um 05.13 Uhr zur Kenntnis gebracht worden sind und sie an deren Erstellung mitgewirkt hat.

137    In der Sitzung haben die Klägerinnen eingeräumt, dass die Kommission an den Phasen der Vorbereitung der Annahme des Abwicklungskonzepts beteiligt war. Sie haben jedoch geltend gemacht, die Kommission habe keinen Beweis dafür erbracht, dass die Erörterungen sich auf die endgültige Fassung des Abwicklungskonzepts bezogen hätten.

138    In Anbetracht ihrer Teilnahme an den Phasen der Vorbereitung der Annahme des Abwicklungskonzepts hatte die Kommission Kenntnis von den Schwierigkeiten von Banco Popular, von den vom SRB zu deren Bewältigung in Betracht gezogenen Maßnahmen und vom wesentlichen Inhalt des Abwicklungskonzepts. Die Klägerinnen können daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Kommission schon keine Zeit für die Bewertung des Abwicklungskonzepts gehabt habe. In dieser Hinsicht ist es unerheblich, ob sich die Erörterungen während der Vorbereitungsphasen auf die endgültige Fassung des Abwicklungskonzepts bezogen haben.

139    Demnach beruht dieser Klagegrund auf einer unzutreffenden Hypothese der Klägerinnen, wonach sich das Tätigwerden der Kommission in den Phasen der Vorbereitung der Annahme des Abwicklungskonzepts auf die Zeitspanne zwischen der Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den SRB am 7. Juni 2017 um 05.13 Uhr und seiner Billigung durch die Kommission beschränkt habe.

140    Somit beruht das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission habe sich damit begnügt, das Abwicklungskonzept ohne angemessene Prüfung seiner Ermessensaspekte unter Verletzung der Grundsätze im Bereich der Befugnisübertragung zu billigen, auf einer unzutreffenden Hypothese und ist deshalb zurückzuweisen.

141    Diese Schlussfolgerung wird durch das übrige Vorbringen der Klägerinnen nicht in Frage gestellt.

142    Zum Vorbringen der Klägerinnen, die Einzelheiten des Abwicklungskonzepts unterschieden sich von denen, die im Abwicklungsplan vorgesehen gewesen seien, der gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 806/2014 angenommen und im Dezember 2016 gebilligt worden sei, genügt der Hinweis, dass es ins Leere geht. Denn das vom SRB festgelegte und von der Kommission gebilligte Abwicklungskonzept stützt sich nicht auf diesen Plan, wie in den Erwägungsgründen 44 bis 46 des Abwicklungskonzepts dargelegt wird.

143    Zum Vorbringen der Klägerinnen, nach Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 habe die Kommission 24 Stunden Zeit für die Annahme des Abwicklungskonzepts, genügt der Hinweis, dass es sich dabei um eine Höchstfrist handelt. Wie die Kommission ausführt, ist die Frist von 24 Stunden der längste Zeitraum, der ihr zur Verfügung steht, wenn eine Abwicklung an einem Wochenende erfolgt. Wenn jedoch wie im vorliegenden Fall ein Kreditinstitut an einem Wochentag ausfällt, muss eine Abwicklungsmaßnahme in der Nacht angenommen werden, um die Kontinuität der kritischen Funktionen dieses Instituts zu gewährleisten. Das Abwicklungskonzept musste also mit Dringlichkeit vor dem 7. Juni 2017, 07.00 Uhr, dem Zeitpunkt der Öffnung der Märkte, angenommen werden.

144    Daher ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

145    Die Klägerinnen machen geltend, die im vierten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltene Begründung sei unzureichend. Erstens verweise der vierte Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses allgemein auf die vom SRB angeführten Gründe, ohne dass einzelne Gründe oder konkrete Bestimmungen des Abwicklungskonzepts angeführt würden. Zweitens ließen die „Gründe“ betreffend das öffentliche Interesse nichts zu der von der Kommission vorgenommenen Bewertung erkennen, sondern es werde mit ihnen nur das Abwicklungskonzept gebilligt. Drittens enthalte der angefochtene Beschluss keinerlei Begründung betreffend die Ermessensaspekte des Abwicklungskonzepts, die die Kommission hätte prüfen müssen. Diese habe sich mit der Erklärung begnügt, dass sie das Abwicklungskonzept billige, ohne eine zusätzliche Erläuterung oder Begründung zu geben.

146    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss die gemäß Art. 296 AEUV erforderliche Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteile vom 8. Mai 2019, Landeskreditbank Baden-Württemberg/EZB, C‑450/17 P, EU:C:2019:372, Rn. 85 und 87 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Oktober 2020, EZB/Estate of Espírito Santo Financial Group, C‑396/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:845, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

147    Zudem müssen die Anforderungen, die an die Begründung einer Entscheidung zu stellen sind, den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen die Entscheidung ergeht (vgl. Urteile vom 6. November 2012, Éditions Odile Jacob/Kommission, C‑551/10 P, EU:C:2012:681, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 23. Mai 2019, KPN/Kommission, T‑370/17, EU:T:2019:354, Rn. 139 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 27. Januar 2021, KPN/Kommission, T‑691/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:43, Rn. 162).

148    Der vierte Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lautet:

„Die Kommission stimmt dem Abwicklungskonzept zu. Sie stimmt insbesondere auch den Argumenten zu, die der [SRB] zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse nach Artikel 5 der Verordnung … Nr. 806/2014 nennt.“

149    Zudem verweist die Kommission zum einen im zweiten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf, dass der SRB im Abwicklungskonzept festgestellt habe, dass alle Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 in Bezug auf Banco Popular erfüllt seien, und dass er die Gründe geprüft habe, aus denen eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich gewesen sei. Zum anderen weist die Kommission im dritten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass durch das Abwicklungskonzept im Einklang mit Art. 18 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 die Abwicklung von Banco Popular beschlossen und bestimmt werde, das Instrument der Unternehmensveräußerung anzuwenden, und dass in ihm auch begründet werde, weshalb dies angemessen sei.

150    Daraus ergibt sich, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss ausdrücklich auf die Gründe Bezug genommen hat, aus denen der SRB der Ansicht war, dass die Voraussetzungen für die Annahme des Abwicklungskonzepts erfüllt seien und das Instrument der Unternehmensveräußerung anzuwenden sei. Demgemäß ist die im vierten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltene Billigung des Abwicklungskonzepts im Licht seiner übrigen Erwägungsgründe zu sehen und erstreckt sich auf die Gesamtheit dieser Gründe. In diesem Erwägungsgrund stimmt die Kommission ausdrücklich den im Abwicklungskonzept angeführten Gründen für die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme für Banco Popular zu, insbesondere hinsichtlich des Kriteriums des öffentlichen Interesses. Somit ist die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen im angefochtenen Beschluss ausdrücklich auf die Ermessensaspekte des Abwicklungskonzepts und insbesondere auf die Beachtung des Kriteriums des öffentlichen Interesses eingegangen.

151    Somit sind das Abwicklungskonzept und seine Begründung als Teil des Kontexts anzusehen, in dem der angefochtene Beschluss erlassen worden ist.

152    Die Klägerinnen machen aber, wie die Kommission ausführt, nicht geltend, dass das Abwicklungskonzept nicht hinreichend begründet sei.

153    Zudem ist zu beachten, dass die Kommission gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 entweder das Abwicklungskonzept billigt oder hinsichtlich seiner Aspekte, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, Einwände erhebt.

154    Daraus folgt, dass sich die Kommission, wenn sie wie im vorliegenden Fall das Abwicklungskonzept billigt, in der Begründung ihres Beschlusses auf die Angabe beschränken kann, dass sie den in diesem enthaltenen Gründen zustimmt. Jede weitere zusätzliche Rechtfertigung ihrer Billigung könnte nur in einer Wiederholung der schon im Abwicklungskonzept enthaltenen Gesichtspunkte bestehen. Gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 hat aber die Kommission die vom SRB vorgenommene Analyse nicht erneut vorzunehmen, sondern nur zu billigen.

155    Ferner ist nach der oben in Rn. 147 angeführten Rechtsprechung zu berücksichtigen, dass die Kommission gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 nach der Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den SRB über einen sehr kurzen Zeitraum für den Erlass ihres Beschlusses verfügte.

156    Folglich ist eine Begründung, mit der die Kommission zum Ausdruck bringt, dass sie dem Inhalt des Abwicklungskonzepts und den vom SRB zur Rechtfertigung seiner Annahme angeführten Gründen zustimmt, als hinreichende Rechtfertigung einer Billigung anzusehen.

157    Daher ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Verpflichtungen zur Wahrung des Berufsgeheimnisses und zu ordnungsgemäßer Verwaltung

158    Die Klägerinnen machen eine Verletzung des Grundsatzes der Vertraulichkeit und des Berufsgeheimnisses nach Art. 339 AEUV sowie des in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Rechts auf ordnungsgemäße Verwaltung geltend.

159    Nach Ansicht der Klägerinnen stellen das Interview, das die Vorsitzende des SRB dem Fernsehsender Bloomberg am 23. Mai 2017 gewährt habe, und der oben in Rn. 42 erwähnte Artikel von Reuters vom 31. Mai 2017 eine Verletzung der Verpflichtung zur Vertraulichkeit und zur Wahrung des Berufsgeheimnisses durch den SRB und die Kommission dar. Die Offenlegungen vom 23. und 31. Mai 2017 hätten die schwere Liquiditätskrise von Banco Popular ausgelöst und damit zu ihrer Abwicklung geführt. Die Klägerinnen führen ein kontrafaktisches Szenario an, nach dem ohne diese Offenlegungen und demnach ohne Liquiditätskrise das Abwicklungskonzept nicht angenommen worden wäre oder einen anderen Inhalt gehabt hätte.

160    Die Kommission macht geltend, für die Annahme und die Billigung eines Abwicklungskonzepts reiche es aus, dass die Voraussetzungen für die Abwicklung erfüllt seien, und die Gründe, die zu dieser Situation geführt hätten, berührten nicht die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses. Auch der SRB macht geltend, die von den Klägerinnen angeführten Geschehnisse könnten die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht berühren, denn die Frage der Ursache des Ausfalls von Banco Popular sei unerheblich.

161    Es ist darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn die Klägerinnen nachgewiesen hätten, dass der SRB vertrauliche Informationen an die Presse weitergegeben hat, nach ständiger Rechtsprechung eine Unregelmäßigkeit dieser Art nur dann zur Nichtigerklärung der fraglichen Entscheidung führen kann, wenn erwiesen ist, dass ohne sie die Entscheidung inhaltlich anders ausgefallen wäre (vgl. Urteile vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, EU:T:2000:180, Rn. 283 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, EU:T:2006:103, Rn. 416, und vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 402 und die dort angeführte Rechtsprechung).

162    Wie die Kommission und der SRB geltend machen, ist ein Abwicklungskonzept rechtswirksam angenommen, wenn die Voraussetzungen gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt sind, unabhängig von den Gründen, die zum Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall des betreffenden Unternehmens geführt haben.

163    Die Klägerinnen stellen aber nicht in Abrede, dass die Voraussetzungen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts erfüllt waren.

164    Da der SRB die Voraussetzungen gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt ansah, legte er somit das Abwicklungskonzept für Banco Popular fest, das die Kommission als mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 im Einklang stehend billigte. Welche Umstände dazu geführt haben, dass Banco Popular die Voraussetzungen für die Annahme des Abwicklungskonzepts erfüllte, insbesondere die Voraussetzung ihres Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls, ist unerheblich.

165    Folglich ist ein von den Klägerinnen behaupteter Kausalzusammenhang zwischen den Erklärungen vom 23. und 31. Mai 2017 und der Liquiditätskrise unerheblich und kann nicht zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen.

166    Demnach geht auch das Vorbringen der Klägerinnen in der Sitzung ins Leere, die Kommission habe gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie das Abwicklungskonzept gebilligt habe, obwohl die Abwicklung von Banco Popular eine Folge dessen sei, dass der SRB seine Verpflichtungen zur Vertraulichkeit und zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verletzt habe.

167    Im Übrigen können die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen, die Offenlegungen vom 23. und 31. Mai 2017 hätten die schwere Liquiditätskrise von Banco Popular ausgelöst und ohne diese rechtswidrigen Offenlegungen und somit ohne Liquiditätskrise Anfang Juni 2017 wäre die Abwicklung von Banco Popular nicht erforderlich gewesen oder anders erfolgt.

168    Dieses Vorbringen beruht auf einer partiellen und fehlerhaften Darstellung des der Liquiditätskrise von Banco Popular zugrunde liegenden Sachverhalts und der Ursachen, die zu deren Ausfall oder wahrscheinlichem Ausfall geführt haben.

169    Wie dargelegt, hatte die EZB in ihrer oben in den Rn. 53 bis 61 angeführten Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular die Geschehnisse erwähnt, die zur Verschlechterung von deren Liquiditätssituation geführt hatten.

170    Im 24. Erwägungsgrund des Abwicklungskonzepts führte der SRB folgende weitere Umstände an, die zur rapiden Verschlechterung der Liquiditätssituation von Banco Popular geführt hätten:

–        Im Februar 2017 habe Banco Popular einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro angekündigt mit der Folge von Verlusten in Höhe von 3,485 Mrd. Euro und habe einen neuen Präsidenten ernannt;

–        am 10. Februar 2017 habe DBRS das Rating von Banco Popular herabgestuft;

–        am 3. April 2017 habe Banco Popular eine öffentliche Ad-hoc-Erklärung veröffentlicht, mit der sie das Ergebnis interner Prüfungen bekannt gegeben habe, die erhebliche Auswirkungen auf ihre Bilanzen haben könnten, und habe die Auswechslung ihres Generaldirektors weniger als ein Jahr nach seinem Dienstantritt bestätigt;

–        am 7. bzw. 21. April 2017 hätten Standard & Poor’s und Moody’s das Rating von Banco Popular herabgestuft;

–        am 12. Mai 2017 habe Banco Popular die Liquiditätsdeckungsanforderung in Höhe von 80 % unterschritten und sei danach nicht wieder in der Lage gewesen, die gesetzliche Mindestgrenze einzuhalten;

–        die anhaltende negative Berichterstattung in den Medien über die finanziellen Ergebnisse von Banco Popular und ein unmittelbar drohendes Risiko des Konkurses oder der Zahlungsunfähigkeit hätten zu vermehrten Einlagenabzügen geführt;

–        am 6. Juni 2017 hätten DBRS und Moody’s das Rating von Banco Popular herabgestuft.

171    Dem SRB zufolge verursachten alle diese Umstände erhebliche Einlagenabzüge.

172    Aus diesen von den Klägerinnen nicht bestrittenen Tatsachen ergibt sich, dass sich die Situation von Banco Popular schon deutlich vor dem 23. Mai 2017 verschlechtert hatte und dass deren Liquiditätskrise durch multiple Faktoren verursacht worden war, die ihren Ursprung in den im Februar und April 2017 angekündigten schlechten Ergebnissen der Bank hatten. Insbesondere genügte die Liquiditätsdeckung von Banco Popular seit dem 12. Mai 2017 nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen.

173    Den Klägerinnen konnte die Gesamtheit der objektiven Umstände, die insbesondere seit April 2017 zu den Liquiditätsproblemen von Banco Popular geführt hatten, nicht unbekannt sein. Sie können nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Liquiditätskrise von Banco Popular auf die Erklärung vom 23. Mai 2017 und den Artikel vom 31. Mai 2017 zurückzuführen gewesen sei, selbst wenn diesen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Vertraulichkeit durch den SRB zugrunde gelegen haben sollte, und dass ohne diese Erklärungen die Abwicklung nicht erforderlich gewesen wäre.

174    Daraus folgt, dass das von den Klägerinnen angeführte kontrafaktische Szenario, das in ihrem der Klageschrift als Anlage beigefügten Sachverständigengutachten enthalten ist und mit dem nachgewiesen werden soll, dass ohne rechtswidrige Offenlegung und Durchsickern von Informationen und somit ohne Liquiditätskrise Anfang Juni 2017 die Abwicklung von Banco Popular nicht erforderlich gewesen oder anders erfolgt wäre, auf einer fehlerhaften Prämisse beruht.

175    Da die Lösungen, die in dem der Klageschrift als Anlage beigefügten Sachverständigengutachten in Betracht gezogen werden, auf die rein theoretische Hypothese gestützt sind, dass sich Banco Popular nicht in einer Liquiditätskrise befunden hätte, und auf eine Situation abstellen, in der sich die Bank einem Mangel an Kapital gegenübergesehen hätte, ist dieses kontrafaktische Szenario als nicht erheblich anzusehen.

176    Daraus folgt auch, dass das neue Beweisangebot, das die Klägerinnen der Kanzlei des Gerichts gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung am 31. Oktober 2019 vorgelegt haben und das sich auf ein Schreiben der Pacific Investment Management Company LLC (PIMCO) vom 30. Mai 2017 an die Deutsche Bank betreffend das Bestehen einer Alternative zur Abwicklung im Rahmen dieses kontrafaktischen Szenarios bezieht, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich ist.

177    Jedenfalls haben die Klägerinnen keine der Kommission zurechenbare Verletzung der Verpflichtung zur Vertraulichkeit oder zur Wahrung des Berufsgeheimnisses nachgewiesen.

178    Mit einer ersten Rüge machen die Klägerinnen geltend, der Unionsgesetzgeber habe den SRB mit weitreichenden Befugnissen zur Abwicklung von Banken ausgestattet und die bloße Tatsache, dass der Eindruck vermittelt werde, dieser prüfe, ob er seine Befugnisse gegenüber einem bestimmten Unternehmen ausüben solle, stelle einen für den Markt wichtigen Vorgang dar, der Anleger, Gläubiger und Einleger dazu veranlasse, Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Verlusten zu treffen. Daher sei die strikte Beachtung des Grundsatzes der Wahrung des Berufsgeheimnisses durch den SRB von wesentlicher Bedeutung und Art. 88 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 erlege dem SRB und seinen Bediensteten eine Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses auf.

179    Das Interview, das die Vorsitzende des SRB dem Fernsehsender Bloomberg am 23. Mai 2017 gewährt habe und dem zufolge der SRB Banco Popular „beobachte“, stelle eine Information dar, dass der SRB die Bank untersuche im Sinne des 116. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 806/2014, und sei dem SRB zuzurechnen. Folglich stelle diese Erklärung eine Verletzung der Verpflichtungen zur Wahrung des Berufsgeheimnisses und zu ordnungsgemäßer Verwaltung durch den SRB dar.

180    Mit dieser Rüge beanstanden die Klägerinnen eine Verletzung der Verpflichtungen zur Vertraulichkeit und zur Wahrung des Berufsgeheimnisses durch den SRB und nicht durch die Kommission. Da aber der SRB nicht Partei des vorliegenden Rechtsstreits ist, ist diese Rüge als ins Leere gehend zurückzuweisen.

181    Hierzu haben die Klägerinnen mit am 4. Juni 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz ein Beweisangebot vorgelegt, das sich zum einen auf einen Beschluss des Juzgado Central de Instrucción no 4 de la Audiencia Nacional (Zentrales Ermittlungsgericht Nr. 4 des Nationalen Gerichtshofs, Spanien) vom 19. Mai 2021 bezieht, der die Vernehmung der Vorsitzenden des SRB zu ihren Erklärungen in dem Bloomberg gewährten Interview vorsehe, und zum anderen einen Artikel von elconfidencial vom 27. Mai 2021, dem zufolge sich der Präsident des FROB im Rahmen desselben Verfahrens vor der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof) über diese Erklärungen der Vorsitzenden des SRB beschwert habe.

182    Es genügt der Hinweis, dass diese den SRB und nicht die Kommission betreffenden Schriftstücke für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht erheblich sind.

183    Mit einer zweiten Rüge machen die Klägerinnen geltend, ein von Reuters am 31. Mai 2017 veröffentlichter Artikel, in dem ein „Unionsbeamter“ zitiert werde, dem zufolge der SRB die Lage von Banco Popular „im Hinblick auf eine mögliche Intervention“ verfolge, stelle eine Verletzung der Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses, die dem SRB oder Beamten anderer Unionsorgane wie der Kommission zuzurechnen sei, und eine Verletzung des Rechts auf ordnungsgemäße Verwaltung dar.

184    Mit der bereits oben in Rn. 180 dargelegten Begründung ist auch das Vorbringen der Klägerinnen, mit dem dem SRB die in diesem Artikel wiedergegebenen angeblichen Äußerungen eines anonymen Unionsbeamten zugerechnet werden sollen und nachgewiesen werden soll, dass dieser gegen Art. 88 der Verordnung Nr. 806/2014 verstoßen habe, als ins Leere gehend zurückzuweisen.

185    Art. 339 AEUV sieht vor:

„Die Mitglieder der Organe der Union, die Mitglieder der Ausschüsse sowie die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union sind verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit Auskünfte, die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen, nicht preiszugeben; dies gilt insbesondere für Auskünfte über Unternehmen sowie deren Geschäftsbeziehungen oder Kostenelemente.“

186    Nach ständiger Rechtsprechung bezieht sich diese Bestimmung zwar in erster Linie auf bei Unternehmen eingeholte Auskünfte, doch zeigt das Adverb „insbesondere“, dass es sich insoweit um einen allgemeinen Grundsatz handelt, der auch für andere vertrauliche Informationen gilt (vgl. entsprechend Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 400 und die dort angeführte Rechtsprechung).

187    Ferner heißt es im 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014:

„Abwicklungsmaßnahmen sollten ordnungsgemäß gemeldet und – vorbehaltlich der beschränkten Ausnahmen nach dieser Verordnung – veröffentlicht werden. Da die von dem [SRB], den nationalen Abwicklungsbehörden und ihren professionellen Beratern während des Abwicklungsverfahrens erhaltenen Informationen vertraulich sein dürften, sollten sie vor der Veröffentlichung der Abwicklungsentscheidung der Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses unterliegen. Es muss berücksichtigt werden, dass Informationen über den Inhalt und die Einzelheiten von Abwicklungsplänen und über die Ergebnisse einer Bewertung dieser Pläne weitreichende Auswirkungen haben können, insbesondere für die betroffenen Unternehmen. Bei allen bereitgestellten Informationen in Bezug auf eine noch nicht gefällte Entscheidung, beispielsweise darüber, ob die Abwicklungsbedingungen erfüllt sind, über die Anwendung eines spezifischen Instruments oder über Maßnahmen im Verlauf des Verfahrens, muss davon ausgegangen werden, dass sie Auswirkungen auf die öffentlichen und privaten Interessen haben, die von den Maßnahmen betroffen sind. Jedoch könnte die Information, dass der [SRB] und die nationalen Abwicklungsbehörden ein bestimmtes Unternehmen untersuchen, ausreichen, um negative Folgen für dieses Unternehmen zu haben. Deshalb muss sichergestellt werden, dass geeignete Mechanismen für die Wahrung der Vertraulichkeit entsprechender Informationen, beispielsweise des Inhalts und der Einzelheiten der Abwicklungspläne und des Ergebnisses von in diesem Zusammenhang vorgenommenen Bewertungen, existieren.“

188    Hier ist auf den Inhalt des von Reuters am 31. Mai 2017 veröffentlichten Artikels mit dem Titel „EU, Warnung vor der Gefahr einer Abwicklung von Banco Popular“ (EU warned of wind-down risk for Spain’s Banco Popular) hinzuweisen. In diesem Artikel heißt es, dass einem hohen, nicht namentlich genannten Unionsbeamten zufolge eine der wichtigsten Bankenaufsichtspersonen in Europa die Unionsbeamten darauf hingewiesen habe, dass die Abwicklung von Banco Popular erforderlich sein könnte, wenn sie keinen Käufer finde, und dass die Vorsitzende des SRB kürzlich eine „Frühwarnung“ abgegeben habe. Der genannte Beamte habe auch angegeben, dass der SRB das Verfahren (Banco Popular) mit besonderer Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine mögliche Intervention verfolge, und hinzugefügt, dass das Fusionsangebot der Bank erfolglos sein könnte.

189    In diesem Artikel von Reuters heißt es weiter, dass einer anderen, ebenfalls anonymen Quelle zufolge allgemeine Vorbereitungen getroffen würden, obwohl noch keine konkrete Maßnahme ergriffen worden sei. Ein Sprecher von Banco Popular habe erklärt, die Bank arbeite auf mehreren Ebenen, einschließlich Fusion, Kapitalerhöhung und Verkauf von Vermögenswerten.

190    Zu beachten ist auch, dass in diesem Artikel die Pressemitteilung des SRB vom selben Tag erwähnt wird, in der dieser erklärt hat, dass er die speziellen Schwierigkeiten einer bestimmten Bank nicht kommentiere, dass er die Auslegungen betreffend die angeblichen Zitate seiner Vorsitzenden nicht bestätigen könne und dass er niemals Warnungen in Bezug auf Banken ausspreche.

191    Die Klägerinnen bringen nichts zum Nachweis dafür vor, dass dieser Artikel auf eine der Kommission zuzurechnende Verletzung des Berufsgeheimnisses zurückgeht.

192    Als Erstes betrafen die in diesem Artikel erwähnten Äußerungen dieses Unionsbeamten keine vertraulichen Informationen, die nur den Mitgliedern der Kommission bekannt sein konnten.

193    So genügt erstens zu der Behauptung dieses Beamten, er sei darüber informiert worden, dass Banco Popular liquidiert werden könne, wenn es ihr nicht gelinge, einen Erwerber zu finden, die Feststellung, dass diese Information bereits öffentlich war.

194    Wie nämlich oben in den Rn. 40 bis 42 dargelegt, war bereits in mehreren Presseartikeln im Mai erwähnt worden, dass Banco Popular in Schwierigkeiten sei und ein privates Veräußerungsverfahren eingeleitet habe.

195    Insbesondere hatte einem auf der Website elconfidencial.com veröffentlichten Artikel vom 11. Mai 2017 zufolge der Präsident von Banco Popular den dringlichen Verkauf der Bank wegen Konkursgefahr angeordnet. Der Hinweis im Artikel vom 31. Mai 2017 darauf, dass die Unionsbeamten von „eine[r] der wichtigsten Bankenaufsichtspersonen in Europa“ informiert worden seien, scheint der in jenem Artikel mitgeteilten Information zu entsprechen, dass der Präsident von Banco Popular wegen ernsthafter Konkursgefahr u. a. aufgrund des anhaltenden Abflusses von Einlagen gezwungen gewesen sei, das Veräußerungsverfahren einzuleiten, um den Forderungen der EZB nachzukommen. Einem auf der Website elconfidencial.com veröffentlichten Artikel vom 15. Mai 2017 zufolge wurde der Plan zur Veräußerung von Banco Popular nach der Prüfung durch die EZB ins Werk gesetzt.

196    Zweitens soll der Beamte eine „Frühwarnung“ erwähnt haben, die die Vorsitzende des SRB ausgesprochen habe. Diese Behauptung entspricht jedoch keiner Befugnis des SRB, worauf dieser im Übrigen in seiner Pressemitteilung vom 31. Mai 2017 hingewiesen hat.

197    Drittens genügt zu der Angabe dieses Beamten, „die Vorsitzende des SRB [habe] erklärt …, der SRB verfolge das Verfahren (Banco Popular) mit besonderer Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine mögliche Intervention“, die Feststellung, dass diese Äußerungen das wiedergeben, was die Vorsitzende des SRB in dem dem Fernsehsender Bloomberg am 23. Mai 2017 gewährten Interview öffentlich geäußert hatte, nämlich, dass Banco Popular „beobachtet“ werde. Zudem trat der SRB in seiner Pressemitteilung der weiten Auslegung dieser Äußerungen mit einem Dementi entgegen.

198    Außerdem genügt die Wiedergabe angeblicher Äußerungen der Vorsitzenden des SRB in diesem Artikel nicht als Beweis ihrer Authentizität, zumal die Identität der Person selbst, die diese Äußerungen wiedergegeben haben soll, nicht mitgeteilt wird.

199    Was viertens die Äußerung dieses Beamten betrifft, dass das Fusionsangebot der Bank erfolglos sein könnte, so geht aus diesem Artikel hervor, dass Banco Popular selbst angegeben hatte, dass sie die ursprünglich am 10. Juni 2017 endende Frist für die Einreichung der Angebote im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens verlängern müsse.

200    Demnach kann die Möglichkeit eines Scheiterns des im April 2017 eingeleiteten privaten Veräußerungsverfahrens nicht als eine vertrauliche Information angesehen werden, sondern lässt sich einfach aus den Umständen ableiten, nämlich daraus, dass Banco Popular am 31. Mai 2017 immer noch keinen Erwerber im Rahmen dieses Verfahrens gefunden hatte und dass dessen Abschluss hinausgeschoben worden war.

201    Daraus ergibt sich, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die in diesem Artikel wiedergegebenen Äußerungen des anonymen Unionsbeamten keine vertraulichen Informationen im Sinne des 116. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 806/2014 über die Durchführung eines Abwicklungsverfahrens für Banco Popular enthalten, die nur Beamten der Kommission bekannt sein konnten.

202    Als Zweites haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass der in diesem Artikel zitierte Unionsbeamte ein solcher der Kommission war.

203    Derartige Äußerungen konnten nämlich von zahlreichen anderen Personen als Mitgliedern des SRB oder Beamten der Kommission abgegeben werden, insbesondere angesichts des in Art. 88 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Informationsaustauschs.

204    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen einräumen, dass das Durchsickern von Informationen vom 31. Mai 2017 dem SRB oder Beamten anderer Organe wie der Kommission, die Kenntnis von den vom SRB erhaltenen Informationen hatten, zurechenbar sein muss. Zudem begnügen sich die Klägerinnen mit dem Vorbringen, es sei „plausibel“, die in diesem Artikel wiedergegebenen Äußerungen einem Unionsbeamten zuzuschreiben. Sie können sich somit nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung stützen, nach der das Gericht ein Durchsickern von Informationen einem Organ oder einer Agentur der Union zurechne, wenn es offensichtlich keinen anderen Ursprung haben könne.

205    Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Klägerinnen, da nur ein begrenzter Personenkreis innerhalb des SRB und der Kommission Kenntnis von der bevorstehenden Abwicklung von Banco Popular gehabt habe, sei die einzige logische Schlussfolgerung, dass diese Informationen von dieser Agentur oder diesem Organ stammten. Letztere hätten im Übrigen keinen Beweis für das Gegenteil vorgelegt.

206    Selbst unterstellt, die in diesem Artikel wiedergegebenen Äußerungen gingen auf die Indiskretion eines Unionsbeamten zurück und diesem Artikel ließe sich entnehmen, dass eine Abwicklung von Banco Popular beabsichtigt war, kann jedoch mangels eines Nachweises, dass die Dienststellen der Kommission für das Durchsickern von Informationen, von dem der von den Klägerinnen angeführte Presseartikel zeugt, verantwortlich sind, nach der Rechtsprechung ein solcher Ursprung der Indiskretion nicht vermutet werden (vgl. Urteil vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, EU:T:2006:74, Rn. 605).

207    Auch wenn zudem die undichte Stelle bei der Kommission zu suchen sein sollte, genügt diese Möglichkeit entgegen der Ansicht der Klägerinnen nicht, der Kommission die Last des Gegenbeweises aufzuerlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, EU:T:2006:103, Rn. 412).

208    Im vorliegenden Fall besteht keine Vermutung, dass das vermeintliche Durchsickern von Informationen auf die Kommission zurückgeht, und diese braucht nicht darzutun, dass dies nicht der Fall ist.

209    Daher ist das Vorbringen der Klägerinnen zu dem Umstand, dass die Kommission weder eine Untersuchung zu dem Durchsickern von Informationen vom 31. Mai 2017 durchgeführt noch dargetan hat, dass ihr dieses nicht zuzurechnen sei, als ins Leere gehend zurückzuweisen.

210    Zum einen kann nämlich aus dem Fehlen einer internen Untersuchung nicht der Beweis abgeleitet werden, dass die Kommission ihre Vertraulichkeitspflichten verletzt hat. Zum anderen ist der Umstand, dass die Kommission nach der Annahme des Abwicklungskonzepts keine interne Untersuchung des Ursprungs des möglichen Durchsickerns von Informationen durchgeführt hat, unerheblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses.

211    In dieser Hinsicht haben die Klägerinnen mit am 16. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt. Dieses Beweisangebot bezog sich auf zwei interne E‑Mails des SRB vom 10. und 18. August 2017 betreffend ein mögliches Durchsickern von Informationen als Ursprung des Reuters-Artikels vom 31. Mai 2017. Nach Ansicht der Klägerinnen bestätigen diese neuen Beweise, dass der SRB nicht versucht habe, das Durchsickern von Informationen vom 31. Mai ordnungsgemäß zu untersuchen, sondern sich mit einer Zusammenfassung der beim SRB geltenden Maßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit begnügt habe.

212    Da sich diese neuen Beweise nur auf den SRB beziehen und mit ihnen nicht der Nachweis erbracht werden kann, dass das vermeintliche Durchsickern von Informationen, auf das der Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 zurückgehen soll, der Kommission zuzurechnen ist, sind sie als für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich anzusehen.

213    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerinnen keine Verletzung des Grundsatzes der Vertraulichkeit und der Wahrung des Berufsgeheimnisses durch die Kommission nachgewiesen haben.

214    Daher ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Anwendung der Art. 14, 18, 20 bis 22 und 24 der Verordnung Nr. 806/2014

215    Die Klägerinnen machen geltend, dass die von Deloitte vorgenommene Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 gewesen sei. Folglich könne die Bewertung 2 den angefochtenen Beschluss nicht stützen, und dem SRB und der Kommission sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler mit der Einschätzung unterlaufen, dass das Abwicklungskonzept die Anforderungen nach den Art. 14, 18, 20 bis 22 und 24 der Verordnung Nr. 806/2014 erfülle.

216    In der Erwiderung erläutern die Klägerinnen, sie machten mit diesem Klagegrund geltend, dass das auf der Grundlage der Bewertung 2 angenommene Abwicklungskonzept rechtswidrig sei, weil diese gemessen an Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 offensichtlich fehlerhaft sei.

217    Wie die Kommission ausführt, bringen die Klägerinnen nichts Konkretes zu offensichtlichen Fehlern vor, die sie bei der Anwendung der Art. 14, 18, 21, 22 und 24 der Verordnung Nr. 806/2014 begangen haben soll.

218    Daher ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen mit diesem Klagegrund nur vorbringen, dass die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 gewesen sei und dass der Kommission folglich mit der Billigung des auf die Bewertung 2 gestützten Abwicklungskonzepts ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei.

219    Die vor der Annahme des Abwicklungskonzepts durchgeführte Bewertung von Banco Popular umfasst zwei dem Abwicklungskonzept beigefügte Berichte.

220    Die Bewertung 1 vom 5. Juni 2017 wurde vom SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erstellt und diente der fundierten Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung erfüllt waren.

221    Die Bewertung 2 vom 6. Juni 2017 wurde von Deloitte als unabhängigem Sachverständigen gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 erstellt.

222    Im Abwicklungskonzept heißt es, in Anbetracht der Dringlichkeit sei es Ziel der gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 erstellten Bewertung 2, den Wert der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular zu schätzen, eine Einschätzung abzugeben, wie die Anteilseigner und Gläubiger behandelt würden, wenn ein reguläres Insolvenzverfahren für Banco Popular durchgeführt würde, sowie eine fundierte Entscheidung über die zu übertragenden Anteile und Eigentumstitel und dem SRB das Verständnis zu ermöglichen, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke des Instruments der Unternehmensveräußerung zu verstehen sei.

223    In der Bewertung 2 wies Deloitte darauf hin, dass sie sich auf die Anforderungen nach Art. 36 der Richtlinie 2014/59 (der Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht) und auf Kapitel 3 des endgültigen Entwurfs der technischen Regulierungsstandards der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) Nrn. 2017/05 und 2017/06 vom 23. Mai 2017 für die Bewertung zum Zweck der Abwicklung und die Bewertung zur Bestimmung der unterschiedlichen Behandlung infolge der Abwicklung nach der Richtlinie 2014/59 gestützt habe.

224    Gemäß Art. 36 Abs. 15 der Richtlinie 2014/59 kann die EBA Entwürfe technischer Regulierungsstandards ausarbeiten, in denen die Kriterien für die in einem Abwicklungsverfahren vorzunehmenden Bewertungen festgelegt werden.

225    Das oben in Rn. 223 angeführte Kapitel 3 des endgültigen Entwurfs der technischen Regulierungsstandards der EBA betrifft den Entwurf der technischen Regulierungsstandards Nr. 2017/05 für die Bewertung zum Zweck der Abwicklung (im Folgenden: technische Regulierungsstandards) und enthält u. a. gemäß Art. 36 Abs. 15 der Richtlinie 2014/59 den Entwurf einer Delegierten Verordnung der Kommission zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 durch technische Regulierungsstandards, in denen die Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Instituts oder Unternehmens festgelegt sind.

226    Zum Zeitpunkt der Abwicklung waren die technischen Regulierungsstandards nicht verbindlich, da nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 der SRB, der Rat und die Kommission den von der EBA ausgearbeiteten verbindlichen technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards unterliegen, wenn diese von der Kommission erlassen worden sind. Diese technischen Regulierungsstandards sind in die Delegierte Verordnung (EU) 2018/345 der Kommission vom 14. November 2017 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Instituten oder Unternehmen (ABl. 2018, L 67, S. 8) übernommen worden.

227    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der SRB in Art. 6.3 des Abwicklungskonzepts ausführte, er habe sich für die Entscheidung zur Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular auf die Bewertung 2 gestützt, wie sie durch die Ergebnisse des vom FROB durchgeführten Veräußerungsverfahrens ergänzt und bestätigt worden sei.

228    Da die Bewertung 2 komplexe wirtschaftliche und technische Beurteilungen enthält, ist dem SRB für die Einschätzung dieser Bewertung als zulässige Grundlage für die Entscheidung über die Abwicklungsmaßnahmen und der Kommission für die Billigung des Abwicklungskonzepts ein weiter Ermessensspielraum zuzuerkennen.

229    Demnach ist die vom Gericht ausgeübte Kontrolle gemäß der oben in den Rn. 104 bis 109 angeführten Rechtsprechung auf die Prüfung beschränkt, ob der Kommission mit der Billigung des Abwicklungskonzepts, soweit dieses auf die Bewertung 2 gestützt war, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist. Es ist Sache der Klägerinnen, ausreichende Beweise für eine fehlende Plausibilität der Bewertung 2 beizubringen.

230    Die Klägerinnen stützten ihr Vorbringen, der Kommission sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, der Sache nach auf drei Rügen, mit denen sie dartun wollen, dass die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 gewesen sei. Mit der ersten Rüge stellen sie die Verlässlichkeit der Bewertung 2 in Frage und beanstanden deren vorläufigen Charakter. Mit der zweiten und der dritten Rüge beanstanden sie die von Deloitte vorgenommene Bewertung, weil zum einen die von dieser vorgenommenen Anpassungen der Bilanz von Banco Popular fehlerhaft seien und zum anderen die in der Bewertung 2 herangezogene Spanne nicht verlässlich sei.

 Zur ersten Rüge, die die Verlässlichkeit der Bewertung 2 und deren vorläufigen Charakter betrifft

231    Als Erstes führen die Klägerinnen aus, Deloitte habe angegeben, dass die Bewertung 2 wegen der begrenzten Zeit für ihre Vorbereitung und des Mangels an verfügbaren Informationen nicht verlässlich sei.

232    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Deloitte in dem Begleitschreiben zur Übermittlung der Bewertung 2 an den SRB ausführte, sie sei wegen der schwierigen Liquiditätssituation von Banco Popular aufgefordert worden, ihre Bewertung äußerst kurzfristig vorzunehmen. Für die Hauptarbeit hätten nur zwölf Tage ab Zugang zu der Dokumentation zur Verfügung gestanden, während ein solches Vorhaben normalerweise sechs Wochen in Anspruch nehme. Deloitte wies auf eine Reihe von Lücken und Inkohärenzen in den verfügbaren Informationen hin. Die Bewertung sei als höchst ungesichert und vorläufig im Sinne von Art. 36 der Richtlinie 2014/59 anzusehen, und gemäß Art. 36 Abs. 9 dieser Richtlinie, der Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht, sei ein Puffer für zusätzliche Verluste eingefügt worden.

233    Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht ausdrücklich den Fall vor, dass es aufgrund der gebotenen Dringlichkeit nicht möglich ist, die Anforderungen nach den Abs. 7 und 9 dieses Artikels zu erfüllen, also u. a. den Fall, dass sich die Bewertung nicht durch bestimmte in den Büchern und Aufzeichnungen enthaltene Informationen ergänzen lässt. Zudem wird in dieser Bestimmung anerkannt, dass jeder vorläufigen Bewertung Unsicherheiten innewohnen, da ihr Unterabs. 2 die Einfügung eines Puffers für zusätzliche Verluste vorsieht.

234    Gemäß dieser Bestimmung beschränkte sich Deloitte demnach auf die Angabe, wegen der Kürze der für die Bewertung zur Verfügung stehenden Zeit habe sie sich auf unvollständige Informationen stützen müssen, und stellte klar, dass die von ihr vorgenommene Bewertung nach Art. 36 Abs. 9 der Richtlinie 2014/59 als vorläufig anzusehen sei.

235    Zudem geht aus Art. 20 Abs. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 hervor, dass sich der SRB wegen der Dringlichkeit der Situation auf die nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgenommene Bewertung stützen durfte, um das Abwicklungskonzept anzunehmen.

236    Der Umstand allein, dass Deloitte feststellte, dass bestimmte Informationen angesichts der zur Verfügung stehenden Zeit lückenhaft seien, stellt nicht die Möglichkeit in Frage, der Annahme des Abwicklungskonzepts die Bewertung 2 zugrunde zu legen.

237    Zudem ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass die in einer Dringlichkeitssituation vorgenommene Bewertung 2 nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 die Anforderungen nach den Abs. 1, 7 und 9 nur erfüllen musste, „insoweit dies unter den gegebenen Umständen angemessen und durchführbar [war]“. Entgegen dem, was die Klägerinnen mit diesem Vorbringen geltend machen, hat die Kommission nicht behauptet, der SRB und sie selbst könnten sich auf eine Bewertung stützen, die nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ ist.

238    Die der Bewertung 2 innewohnenden Unsicherheiten werden ferner in den technischen Regulierungsstandards hervorgehoben, nach denen sich der Bewerter bei der Schätzung und Abzinsung der Zahlungsströme, die das Unternehmen aus bestehenden Vermögenswerten und Verbindlichkeiten erwarten kann, auf faire, vorsichtige und realistische Annahmen stützen und verschiedene Faktoren und Umstände berücksichtigen muss.

239    Im Einzelnen sieht Art. 12 Abs. 5 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 5, hinsichtlich der Schätzungen des Veräußerungswerts vor:

„Der Veräußerungswert wird vom Bewerter auf der Grundlage der Zahlungsströme – abzüglich der Veräußerungskosten und des erwarteten Wertes etwaiger Sicherheiten – bestimmt, die das Unternehmen unter den derzeit vorherrschenden Marktbedingungen bei einer ordnungsgemäßen Veräußerung oder Übertragung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten nach vernünftigem Ermessen erwarten kann. Gegebenenfalls kann der Bewerter unter Berücksichtigung der im Rahmen des Abwicklungskonzepts zu ergreifenden Maßnahmen den Veräußerungswert bestimmen, indem er auf den beobachtbaren Marktpreis dieser Veräußerung oder Übertragung einen Abschlag anwendet, um einem möglichen Preisnachlass bei einer beschleunigten Veräußerung Rechnung zu tragen. Zur Bestimmung des Veräußerungswertes von Vermögenswerten, für die es keinen liquiden Markt gibt, zieht der Bewerter beobachtbare Preise an Märkten heran, an denen ähnliche Vermögenswerte gehandelt werden, oder Modellrechnungen mithilfe beobachtbarer Marktparameter, wobei aufgrund der Illiquidität gegebenenfalls Abschläge anzuwenden sind.“

240    Nach Art. 12 Abs. 6 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 6, berücksichtigt der Bewerter verschiedene Faktoren, die sich auf die Veräußerungswerte und ‑zeiträume auswirken könnten.

241    Daraus ergibt sich, dass die Bewertung 2 auf Annahmen beruht und von multiplen Faktoren abhängt. So stützte sich Deloitte gemäß den technischen Regulierungsstandards zur Bestimmung des Veräußerungswerts von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung in der Bewertung 2 auf Schätzungen und vorausschauende Bewertungen.

242    Daher ist festzustellen, dass in Anbetracht der zeitlichen Zwänge und der verfügbaren Informationen jeder nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgenommenen vorläufigen Bewertung bestimmte Unsicherheiten und Schätzungen innewohnen und dass die von Deloitte zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte nicht bedeuten, dass die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 war.

243    Folglich war die Kommission wegen der Dringlichkeit der Situation zu Recht der Ansicht, dass sich der SRB auf die nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgenommene Bewertung stützen durfte, um das Abwicklungskonzept festzulegen.

244    Als Zweites beanstanden die Klägerinnen, dass die Bewertung 2 vorläufig gewesen sei. Dies stehe im Widerspruch zur Aussage des SRB, dass es keine endgültige Ex-post-Bewertung gemäß Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 geben werde. Zudem habe Deloitte einen Puffer für zusätzliche Verluste eingefügt, der integraler Bestandteil der Bewertung sei. Da aber die Bewertung 2 als endgültig anzusehen sei, könne sie keinen solchen Puffer umfassen.

245    Es ist darauf hinzuweisen, dass zum einen Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 ausdrücklich vorsieht, dass die vorläufige Bewertung einen Puffer für zusätzliche Verluste umfasst und dass zum anderen gemäß Art. 20 Abs. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 eine vorläufige Bewertung wie die Bewertung 2 eine zulässige Grundlage für die Annahme des Abwicklungskonzepts bildet.

246    Die Tatsache, dass der SRB nach der Annahme des Abwicklungskonzepts angegeben hat, es werde keine endgültige Ex-post-Bewertung geben, kann keine rückwirkende Änderung der Anforderungen an die Vornahme der gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgenommen Bewertung bewirken.

247    In ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des SRB machen die Klägerinnen schließlich geltend, dieser habe die Parameter des Veräußerungsverfahrens im Verfahrensschreiben auf der Grundlage der Bewertung 2 festgelegt und die Bieter zu der Annahme veranlasst, dass der Wert der Vermögenswerte minus 2 Mrd. Euro betrage. Das Angebot von einem Euro sei in Wirklichkeit ein negatives Angebot von minus 2 Mrd. Euro.

248    Hierzu genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen rein spekulativ ist und auf einem tatsächlichen Fehler beruht, da das Verfahrensschreiben, auf das die Klägerinnen Bezug nehmen, vom FROB erstellt wurde.

249    Daher ist die erste Rüge zurückzuweisen.

 Zur zweiten Rüge, die die von Deloitte vorgenommenen Anpassungen betrifft

250    Die Klägerinnen machen geltend, die von Deloitte in der Bilanz von Banco Popular vorgenommenen Anpassungen nach unten seien fehlerhaft und verringerten den Wert von deren Vermögenswerten in nicht gerechtfertigter Weise. Deloitte habe Anpassungen vorgenommen, die die von Banco Santander nach dem Erwerb von Banco Popular vorgenommene Rückstellung weit überstiegen, und die in der Bewertung 2 enthaltene Bewertung könne sich nicht derart von dem von Banco Santander angenommenen Wert unterscheiden. Lege man den Ansatz von Banco Santander in allen Bereichen mit Ausnahme der unproduktiven Vermögenswerte zugrunde und ersetze deren Bewertung der Vermögenswerte durch das Basisszenario von Deloitte, so gelange man zu einer positiven Bewertung von Banco Popular in Höhe von 1 Mrd. Euro. Nach Ansicht der Klägerinnen gibt die Schätzung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular in ihrem ergänzenden Sachverständigengutachten auf 4,5 bis 7,3 Mrd. Euro einen genauen Hinweis auf die Größenordnung der Bewertung. Die Unterschiede zwischen den von ihren Sachverständigen genannten und den von Banco Santander angegebenen Werten seien begrenzt und spiegelten den Umstand wider, dass die Bewertungen unterschiedlichen Zwecken dienten, denn während die Sachverständigen der Klägerinnen die Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular beabsichtigt hätten, sei die Bewertung von Banco Santander für Buchführungszwecke vorgenommen worden.

251    Auf der Grundlage ihres ergänzenden Sachverständigengutachtens widersprechen sie der Analyse der von Deloitte vorgenommenen Anpassungen der Vermögenswerte von Banco Popular hinsichtlich der produktiven Darlehen, der Rückstellungen wegen Rechtsrisiken, der latenten Steueransprüche von Banco Popular und der nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerte von Banco Popular in Form von gemeinsamen Unternehmen, Tochtergesellschaften und assoziierten Unternehmen. Sie beanstanden nicht die in der Bewertung 2 erfolgte Anpassung der unproduktiven Vermögenswerte von Banco Popular, sondern die Höhe der von Banco Santander vorgenommen Anpassungen. Deloitte habe den immateriellen Vermögenswerten keinen zutreffenden Wert beigemessen.

252    Zur angewandten Methode führte Deloitte in der Bewertung 2 aus, dass das zur Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes herangezogene Szenario die Veräußerung der Bank mittels des Instruments der Unternehmensveräußerung sei. Gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. f der Verordnung Nr. 806/2014 habe die Bewertung der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten oder Eigentumstitel und dem Verständnis des SRB dafür gedient, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke von Art. 24 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung zu verstehen sei.

253    Deloitte erläuterte, dass „[ihre] wirtschaftliche Bewertung … eine Schätzung des Wertes ermöglichen [soll], der nach einem offenen, fairen und wettbewerbsbasierten Versteigerungsverfahren einem potenziellen Erwerber für die Bank als Ganzes vorgeschlagen werden kann (ein ,Veräußerungswert‘ gemäß Art. 11 der technischen Regulierungsstandards) …“.

254    Nach dem sechsten Erwägungsgrund der technischen Regulierungsstandards sollte für die von der Abwicklungsbehörde in Betracht gezogenen Abwicklungsmaßnahmen die am besten geeignete Bemessungsgrundlage (Haltewert oder Veräußerungswert) gewählt werden.

255    Zur Wahl der Bemessungsgrundlage heißt es in Art. 11 Abs. 4 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 11 Abs. 4:

„Wenn die Abwicklungsmaßnahmen gemäß Artikel 10 Absatz 1 erfordern, dass ein fortgeführtes Unternehmen weiterhin Vermögenswerte und Verbindlichkeiten hält, ist der Haltewert die vom Bewerter verwendete geeignete Bemessungsgrundlage. Der Haltewert kann, sofern er als fair, vorsichtig und realistisch angesehen wird, eine Normalisierung der Marktbedingungen vorwegnehmen.

Der Haltewert darf nicht als Bemessungsgrundlage verwendet werden, wenn Vermögen[s]werte gemäß Artikel 42 der Richtlinie 2014/59… auf eine eigens für die Vermögensverwaltung errichtete Zweckgesellschaft oder gemäß Artikel 40 der Richtlinie auf ein Brückeninstitut übertragen werden oder wenn ein Instrument der Unternehmensveräußerung gemäß Artikel 38 der Richtlinie 2014/59… genutzt wird.“

256    Nach Art. 12 Abs. 4 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 4, „[beziehen sich, wenn] sich ein Unternehmen in einer Lage [befindet], in der es einen Vermögenswert nicht halten oder einen Geschäftsbereich nicht fortführen kann, oder [wenn] die Abwicklungsbehörde aus anderen Gründen eine Veräußerung für notwendig [erachtet], um die Abwicklungsziele zu erreichen, … die erwarteten Zahlungsströme auf die innerhalb eines bestimmten Veräußerungszeitraums erwarteten Veräußerungswerte“.

257    Die Faktoren, die für die Bestimmung des Veräußerungswerts im Hinblick auf die Verwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung zu berücksichtigen sind, sind in Art. 12 Abs. 5 bis 7 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 5 bis 7, definiert.

258    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen nicht die Entscheidung des SRB beanstanden, das Instrument der Unternehmensveräußerung auf Banco Popular anzuwenden. Da die Bewertung 2 unter Berücksichtigung dessen vorgenommen wurde, dass das Instrument der Unternehmensveräußerung angewandt werden sollte, war die Heranziehung des Veräußerungswerts von Banco Popular durch Deloitte die richtige Methode zur Beurteilung des Wertes von Banco Popular im Rahmen der Bewertung 2.

259    Die Klägerinnen stützen ihre Beanstandung der in der Bewertung 2 vorgenommenen Schätzung der Vermögenswerte von Banco Popular zum einen auf ihr ergänzendes Sachverständigengutachten in der Anlage zur Erwiderung und zum anderen auf den von Banco Santander herangezogenen Wert.

260    Was erstens das ergänzende Sachverständigengutachten in der Anlage zur Erwiderung angeht, macht Banco Santander geltend, es beruhe auf einer fehlerhaften Methode.

261    In dem Sachverständigengutachten in der Anlage zur Klageschrift heißt es: „Für den Fall, dass das gesamte Unternehmen veräußert wird oder diese Vermögenswerte nicht gesondert veräußert werden, sehen wir den Haltewert als die geeignete Grundlage an.“ Zudem heißt es, wie Banco Santander ausführt, in dem ergänzenden Sachverständigengutachten in der Anlage zur Erwiderung:

„Wie vorstehend dargelegt, muss zur Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes jedes Vermögenswerts geprüft werden, ob die geeignete Grundlage der ,Haltewert‘ … oder der ,Veräußerungswert‘ … ist. Unserer Ansicht nach gleicht die von Banco Popular beschriebene Ermittlung des fairen Preises dem, was für eine Bewertung verlangt wird, die auf der Grundlage eines ,Haltewerts‘ im Sinne von Art. 1 der technischen Regulierungsstandards erstellt wird.“

262    Die Klägerinnen machen geltend, ihre Sachverständigengutachten enthielten eine Schätzung der Vermögenswerte von Banco Popular, die den in den technischen Regulierungsstandards festgelegten Leitlinien entspreche. In ihren Sachverständigengutachten sei der Wert der Bank gemäß dem Grundsatz der Unternehmensfortführung veranschlagt worden, indem die Zahlungsströme geschätzt worden seien, die die Bank beim Halten oder Veräußern bestimmter Vermögenswerte generieren könnte. Je nach den Erwartungen des Erwerbers müssten verschiedene Kategorien von Vermögenswerten danach bewertet werden, ob sie gehalten oder veräußert würden. Der in dem ergänzenden Sachverständigengutachten der Klägerinnen verwendete Ansatz stehe im Einklang mit Art. 11 Abs. 4 der technischen Regulierungsstandards, wonach der Bewerter für die Veräußerung eines fortgeführten Unternehmens, wie im vorliegenden Fall, den Haltewert zu verwenden habe.

263    Somit stützten sich, wie die Klägerinnen einräumen, ihre Sachverständigengutachten für die Schätzung des Wertes der einzelnen Kategorien der Vermögenswerte von Banco Popular auf den Haltewert und nicht auf den Veräußerungswert.

264    Es genügt indes die Feststellung, dass der oben in Rn. 255 angeführte Art. 11 Abs. 4 der technischen Regulierungsstandards ausdrücklich vorsieht, dass der Haltewert nicht als Bemessungsgrundlage verwendet wird, wenn das Instrument der Unternehmensveräußerung angewandt wird.

265    Ferner scheint aus dem Vorbringen der Klägerinnen hervorzugehen, dass sie zur Rechtfertigung der in ihren Sachverständigengutachten verwendeten Methode den Wert berücksichtigen, zu dem der Erwerber bereit wäre, Banco Popular nach dem Erwerb ganz oder teilweise wieder zu veräußern.

266    So legen sie in ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz von Banco Santander dar, warum ihre Sachverständigengutachten die Schätzung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular als fortgeführtes Unternehmen erlaubt hätten. Je nachdem, welcher Umgang des Erwerbers mit den Vermögenswerten erwartet werde, müssten verschiedene Kategorien von Vermögenswerten danach bewertet werden, ob sie gehalten oder veräußert würden. Beispielsweise könne erwartet werden, dass ein Erwerber die unproduktiven Vermögenswerte innerhalb eines bestimmten Zeitraums veräußere, aber gesunde Darlehen, die Einkünfte generierten, halten wolle. Je nachdem müssten die Vermögenswerte nach dem Veräußerungswert oder dem Haltewert bewertet werden.

267    Dieses Vorbringen beruht auf einer Verwechslung. Die Bewertung 2 diente der Bestimmung des Wertes von Banco Popular im Rahmen der Verwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung, d. h. der Bestimmung des Wertes, zu dem ein potenzieller Erwerber bereit wäre, Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung zu erwerben. Deloitte legt in dem Bericht zur Bewertung 2 dar, dass ihre wirtschaftliche Bewertung eine Schätzung des Wertes liefern solle, den ein potenzieller Erwerber für die gesamte Bank bieten könne. Es handelte sich – entgegen dem, was die Klägerinnen anzunehmen scheinen – nicht darum, den Wert von Banco Popular nach einer Veräußerung an einen Erwerber nach Maßgabe der Vermögenswerte zu schätzen, die dieser möglicherweise würde veräußern oder halten wollen.

268    Daraus ergibt sich, dass die Methode, die in den von den Klägerinnen vorgelegten Sachverständigengutachten verwendet wird, nicht derjenigen entspricht, die Deloitte in der Bewertung verwenden musste. Zudem stützt sich, wie die Kommission ausführt, das ergänzende Sachverständigengutachten auf Daten aus der Zeit nach dem Erwerb von Banco Popular durch Banco Santander, die somit nicht erheblich sind für die Beurteilung der in der Bewertung 2 vorgenommenen Schätzung, die der Bestimmung des Veräußerungswerts für einen potenziellen Erwerber vor der Abwicklung diente.

269    Daher sind diese Sachverständigengutachten als nicht erheblich für die Frage anzusehen, ob die Bewertung 2 den Wert der Vermögenswerte von Banco Popular zutreffend bestimmt hat. Insbesondere die Schätzung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular in ihrem ergänzenden Sachverständigengutachten auf 4,5 Mrd. bis 7,3 Mrd. Euro beruht auf einer fehlerhaften Methode und ist somit nicht erheblich. Der von den Klägerinnen angestellte Vergleich der Ergebnisse der Schätzungen der verschiedenen Kategorien von Vermögenswerten, die zum einen in ihrem ergänzenden Sachverständigengutachten und zum anderen in der Bewertung 2 enthalten sind, ist somit als ins Leere gehend anzusehen.

270    Zweitens beziehen sich die Klägerinnen auf die Anpassungen, die Banco Santander nach dem Erwerb von Banco Popular bei der Vorlage von deren Bilanz vorgenommen habe. Eine Schätzung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular in der Bewertung 2 könne nicht als „fair, vorsichtig und realistisch“ angesehen werden, wenn sie von der des Erwerbers abweiche.

271    Mit dem SRB ist festzustellen, dass die buchmäßige Erfassung der Käufe von Banco Santander nicht mit den Ergebnissen der Bewertung 2 verglichen werden kann, da sie nicht denselben Zwecken dient und nicht nach derselben Methode erfolgt.

272    Insoweit räumen die Klägerinnen in der Erwiderung ein, dass die von Banco Santander vorgenommene Bewertung einem anderen Zweck diente als die ihrer Sachverständigen und dass sie nicht der Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular, sondern der ihres Buchwerts diente.

273    Zudem sollte die Bewertung 2 der Bestimmung des Veräußerungswerts von Banco Popular für potenzielle Erwerber dienen. Wie jedoch der SRB ausführt, weist die Buchführung von Banco Santander den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten von Banco Popular nach deren Integration in ihre Geschäftstätigkeit gemäß den Buchführungsregeln einen besonderen Wert zu.

274    Jedenfalls ist der wirtschaftliche Wert, der Banco Popular von Banco Santander zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts beigemessen wurde, der in ihrem Kaufangebot genannte Wert, d. h. ein Euro.

275    Zudem ist das Vorbringen der Klägerinnen als ins Leere gehend zurückzuweisen, mit dem sie die Anpassungen betreffend die unproduktiven Vermögenswerte beanstanden, die Banco Santander nach der Abwicklung vorgenommen hat.

276    Hilfsweise bringen die Klägerinnen in ihren Stellungnahmen zu den Streithilfeschriftsätzen vor, selbst wenn die Vermögenswerte von Banco Popular nach dem Veräußerungswert betreffend die individuellen Vermögenswerte von Banco Popular hätten bewertet werden müssen, läge der Wert von Banco Popular zwischen 1,5 Mrd. und 4,3 Mrd. Euro.

277    Insoweit begnügen sich die Klägerinnen mit der Vorlage einer Zahlentabelle mit einem Vergleich der von Deloitte in der Bewertung 2, von Banco Santander und in ihrem Sachverständigengutachten mit und ohne Anpassungen geschätzten Werte von Banco Popular. Die Vorlage der Ergebnisse der Berechnungen ihrer Sachverständigen nach Anpassung ohne weitere Erläuterung der verwendeten Methode und der Art der vorgenommenen Anpassungen erlaubt dem Gericht jedoch nicht, die Tragweite dieses Vorbringens zu verstehen.

278    Aus dieser Tabelle geht z. B. hervor, dass die Zeile, die der „Anpassung des Wertes der Vermögenswerte“ in dem ergänzenden Sachverständigengutachten entspricht, zu einer Spanne von 5,2 Mrd. bis 7,9 Mrd. Euro führte und dass dieser Wert „nach Anpassung“ 8,2 Mrd. bis 11 Mrd. Euro beträgt. Die Klägerinnen erläutern diese Unterschiede nicht.

279    Drittens bringen die Klägerinnen in der Erwiderung spezifische Argumente zur Beanstandung der Methode vor, die Deloitte für die Bewertung bestimmter Kategorien von Vermögenswerten verwendet habe.

280    Zu den produktiven Darlehen machen die Klägerinnen geltend, Deloitte habe in der Bewertung 2 eingeräumt, dass sie nicht die Methode der abgezinsten Zahlungsströme (Discounted Cash Flows) verwendet habe, und sie habe eine ungeeignete Methode gewählt, nämlich die Regel IFRS 9 (International Financial Reporting Standard  [internationaler Rechnungslegungsstandard]), die die Rechnungslegung für Finanzinstrumente betreffe.

281    In der Bewertung 2 führte Deloitte zu Darlehen und Forderungen aus:

„[Es war] nicht möglich …, für dieses Portfolio einen hinreichend belastbaren Ansatz der Modellierung der abgezinsten Zahlungsströme zu verwenden. Stattdessen haben wir angesichts der vorliegenden Daten und der verfügbaren Zeit zwei Bewertungsansätze in Betracht gezogen:

einen nach Maßgabe der erwarteten Verluste angepassten ,Bottom-up‘-Ansatz, der die Daten betreffend das unterschwellige Kreditausfallrisiko der Bank, die Ausfallwahrscheinlichkeit über die Laufzeit (geschätzt ab der zu einem gegebenen Zeitpunkt bestehenden Ausfallwahrscheinlichkeit) und die Verluste bei Ausfall berücksichtigt und die Parameter auf der Grundlage der Markt-Benchmarks, der Benchmarks der Bank von Spanien für Verluste bei Ausfall und der Analyse von Deloitte anpasst, alles auf der Basis konservativer Hypothesen. Dieser Ansatz spiegelt im Wesentlichen die Art und Weise wider, in der der Erwerber die Portfolios in der Zukunft verwalten würde …“

282    Deloitte wies darauf hin, dass ihre Methode zur Berechnung des wirtschaftlichen Wertes der Darlehen und Forderungen darin bestehe, den erwarteten Kreditverlust zu schätzen, und erläuterte die gewählten Risikoparameter zur Bestimmung des Ausfallrisikos und der Ausfallwahrscheinlichkeiten.

283    Es ist festzustellen, dass diese Methode im Einklang mit den technischen Regulierungsstandards steht.

284    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass bei der Bewertung von Darlehen und Forderungen Unsicherheiten bestehen, die in Art. 8 Buchst. a der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 8 Buchst. a, wie folgt erläutert werden:

„Der Bewerter legt besonderes Augenmerk auf Bereiche mit erheblichen Bewertungsunsicherheiten, die sich beträchtlich auf die Gesamtbewertung auswirken. Für diese Bereiche gibt der Bewerter die Ergebnisse der Bewertung gemäß Artikel 2 Absatz 3 in Form der besten Punktschätzungen und gegebenenfalls als Spannbreiten an. Zu diesen Bereichen gehören:

a)      Darlehen oder Darlehensportfolios, deren erwartete Zahlungsströme von der Fähigkeit, Bereitschaft oder Motivation einer Gegenpartei abhängen, ihrer Verpflichtung nachzukommen, sofern diese Erwartungen auf Annahmen über Ausfallquoten, Ausfallwahrscheinlichkeiten, die Verlustquote bei Ausfall oder Merkmale von Instrumenten beruhen, insbesondere dann, wenn bei einem Darlehensportfolio Ausfallmuster ersichtlich werden“.

285    Zudem erläuterte Deloitte auf den S. 4 bis 11 des Anhangs der Bewertung 2 die Anpassungen, die sie bei der Bewertung der Darlehen und Forderungen insbesondere wegen des Zahlungsausfallrisikos vorgenommen habe. Die Klägerinnen treten diesen Anpassungen mit ihrem Vorbringen nicht entgegen.

286    Die Klägerinnen räumen zudem ein, dass Deloitte in der begrenzten ihr zur Verfügung stehenden Zeit keine vollständige und belastbare Analyse der abgezinsten Zahlungsströme erstellen konnte.

287    Zu dem Vorbringen, der Rechnungslegungsstandard IFRS 9 sei ungeeignet, genügt der Hinweis, dass Deloitte in der Bewertung 2 ausgeführt hat, dass, „obwohl uns bewusst ist, dass der neue Standard IFRS 9 zu einer Erhöhung der Rückstellungen führen wird, … dies die im vorliegenden Fall angestellten Berechnungen nicht verändern [wird]“. Daraus ergibt sich, dass Deloitte diese Methode nicht verwendet hat und dass das Vorbringen der Klägerinnen ins Leere geht.

288    Zur Bewertung der Anpassungen der Rückstellungen wegen Rechtsrisiken ist festzustellen, dass der von den Klägerinnen angestellte Vergleich zwischen der Bewertung 2 und der nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses vorgenommenen Bewertung 3 nicht erheblich ist. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Bewertung 3 nach einer Methode und zu einem Zweck vorgenommen worden ist, die sich von denen der Bewertung 2 unterscheiden. Auch der Vergleich mit der von Bankia vorgenommenen Bewertung auf der Grundlage eines Presseartikels ist nicht erheblich, zumal weder erläutert wird, ob sich diese Bewertung auf die Gesamtheit der in der Bewertung 2 analysierten Rechtsrisiken bezog, noch, ob die Ergebnisse wirklich vergleichbar waren.

289    Hinsichtlich der Bewertung der latenten Steueransprüche räumen die Klägerinnen ein, dass diese unsicher sei und stark vom Erwerber abhänge. Sie sind der Ansicht, dass die von Deloitte gewählte Spanne zu eng sei, was für den SRB und die Kommission ein Indiz hätte sein müssen, dass der Ansatz von Deloitte ungeeignet gewesen sei, und dass diese Spanne nicht der von Banco Santander vorgenommenen Anpassung entspreche.

290    Deloitte erläuterte insbesondere auf S. 32 des Anhangs der Bewertung 2, die Bewertung der nicht geschützten latenten Steueransprüche hänge vom Erwerber ab, und zwar u. a. davon, ob dieser eine spanische oder eine ausländische Bank sei, und falls der Erwerber eine spanische Bank sei, hänge ihre Beitreibbarkeit und ihre Einstellung in die Bilanz vom Geschäftsplan von Banco Popular und von dem des Erwerbers ab. Dem Anhang der Bewertung 2 zufolge berücksichtigte die von Deloitte vorgenommene Bewertung diese verschiedenen Hypothesen.

291    Die Klägerinnen erläutern nicht, wie die von Deloitte angesprochenen Unsicherheiten es hätten rechtfertigen sollen, im besten und im schlechtesten Szenario unterschiedliche Anpassungen vorzunehmen. Insoweit begnügt sich der Sachverständige im ergänzenden Sachverständigengutachten in der Anlage zur Erwiderung mit der Aussage, diese Spanne sei „überraschend“. Zudem ist, wie dargelegt, der Vergleich mit den von Banco Santander vorgenommenen Anpassungen nicht erheblich.

292    Zur Bewertung der immateriellen Vermögenswerte bringen die Klägerinnen vor, Deloitte habe einen wirtschaftlichen Wert weder den immateriellen Vermögenswerten von Kerneinlagen (Core Deposit Intangibles)  zugewiesen, obwohl die Abzüge wahrscheinlich die am wenigsten stabilen Einlagen beträfen, noch der Marke Banco Popular, obwohl sie der Marke Banco Pastor einen geringfügigen Wert zuerkannt habe. Dieser Ansatz allein lasse den Schluss zu, dass die Bewertung 2 nicht verlässlich sei.

293    Zum einen führte Deloitte in der Bewertung 2 zu den immateriellen Vermögenswerten von Kerneinlagen aus, dass ein potenzieller Erwerber diesen wegen der erheblichen Einlagenabzüge zum Zeitpunkt der Bewertung keinen Wert zuweisen würde.

294    Es ist darauf hinzuweisen, dass angesichts des Ausmaßes der Liquiditätsabflüsse zum Zeitpunkt der Vornahme der Bewertung 2 nichts die von den Klägerinnen aufgestellte Behauptung zulässt, dass die Mehrheit der stabilen Einlagen in der Bank verblieben seien.

295    Zum anderen erläuterte Deloitte in der Bewertung 2 zum Geschäfts- oder Firmenwert von Banco Popular, dass ein potenzieller Erwerber einem früheren Geschäfts- oder Firmenwert keinen Wert zuerkennen würde, da es sich nicht um einen im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses feststellbaren Vermögenswert handle. Wegen der starken Präsenz der Marke Banco Pastor in Galicien habe diese Marke einen Wert für einen Dritten, und sie habe die Wertspanne mittels der Nutzungsentgeltmethode geschätzt, die die geläufigste Methode zur Bewertung von Marken sei.

296    Die Klägerinnen bringen nichts vor, was diese Erläuterungen in Frage stellen könnte.

297    Was die Bewertung der gemeinsamen Unternehmen, der Tochtergesellschaften und der assoziierten Unternehmen angeht, begnügen sich die Klägerinnen mit dem Vorbringen, dass der von Deloitte berücksichtigte Betrag auf der Grundlage zeitnaher Analysen und tatsächlicher oder behaupteter Transaktionen eine Unterbewertung darstelle und dass eine angemessene Schätzung 1,5 Mrd. Euro ergebe.

298    Dazu genügt die Feststellung, dass die Klägerinnen zum einen nicht nachweisen, auf welcher Grundlage diese Schätzung beruht, und dass dieses Vorbringen nicht erkennen lässt, welche Fehler Deloitte in der Bewertung 2 begangen haben soll.

299    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Für die Zulässigkeit einer Klage ist es nach ständiger Rechtsprechung erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen sie beruht, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben. Zwar kann ihr Text zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach den oben genannten Vorschriften in der Klageschrift enthalten sein müssen (vgl. Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 92 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 114 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

300    Da die Erwiderung selbst insoweit kein Vorbringen enthält, können die allgemeinen Verweise der Klägerinnen auf das ergänzende Sachverständigengutachten in der Anlage zu dieser nicht geprüft werden.

301    In der Bewertung 2 erläuterte Deloitte, welche Methode für die Bewertung jeder einzelnen Kategorie von Vermögenswerten verwendet wurde und welche Unsicherheiten die vorgenommenen Anpassungen rechtfertigten. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Vorbringen der Klägerinnen die von Deloitte in der Bewertung 2 vorgenommenen Anpassungen bezüglich der verschiedenen Kategorien von Vermögenswerten von Banco Popular nicht in Frage stellt und nicht den Schluss zulässt, dass die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 war.

302    Hilfsweise machen die Klägerinnen auch geltend, die von Deloitte in der Bewertung 2 vorgenommene Bewertung von vier Schlüsselelementen, die von der anwendbaren Bewertungsmethode nicht berührt seien, habe zu einer Unterbewertung des Wertes von Banco Popular um 4,8 Mrd. bis 5 Mrd. Euro geführt. Die Klägerinnen beziehen sich auf die Anpassung der latenten Steueransprüche, die Nichtberücksichtigung der immateriellen Vermögenswerte, insbesondere derjenigen im Zusammenhang mit Kerneinlagen, die Überbewertung von Rechtsrisiken und die Unterbewertung des Wertes der gemeinsamen Unternehmen, der Tochtergesellschaften und der assoziierten Unternehmen in der Bewertung 2.

303    Hierzu genügt die Feststellung, dass sich die Klägerinnen zum einen damit begnügen, die in der Bewertung 2 enthaltenen Schätzungen mit denen in ihrem ergänzenden Sachverständigengutachten zu vergleichen. Zum anderen erläutern sie nicht, aus welchem Grund die Bewertungsmethode für diese vier Kategorien von Vermögenswerten unerheblich sein soll.

304    Daher ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

 Zur dritten Rüge, die die in der Bewertung 2 berücksichtigte Spanne betrifft

305    Die Klägerinnen machen geltend, die Breite der in der Bewertung 2 berücksichtigten Spanne und der Umstand, dass diese von den jüngsten Bewertungen der Nettovermögenswerte von Banco Popular abweiche, hätten den SRB und die Kommission darauf aufmerksam machen müssen, dass diese Bewertung nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ und keine verlässliche Grundlage für die Annahme des Abwicklungskonzepts gewesen sei.

306    Hierzu ist auf die Angabe von Deloitte in der Bewertung 2 hinzuweisen, dass sich deren Ergebnis in einer Spanne zwischen 1,3 Mrd. und minus 8,2 Mrd. Euro bewege, mit der besten Schätzung innerhalb dieser Spanne bei minus 2 Mrd. Euro.

307    Als Erstes machen die Klägerinnen geltend, die Breite der in der Bewertung 2 genannten Spanne zeige, dass diese nicht verlässlich sei.

308    Es ist festzustellen, dass die Breite dieser Spanne durch die in der Bewertung 2 angewandte Methode gerechtfertigt ist.

309    Zu der in der Bewertung 2 angewandten Methode führte Deloitte aus, sie sei Kategorie für Kategorie vorgegangen, indem sie die Buchwerte jeder Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten angepasst habe, um die Verluste und Gewinne sowie andere Wertanpassungen zu schätzen, die jeder Erwerber vornehmen würde. Sie legte für jede Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten eine Bewertungsspannbreite vor.

310    Diese Methode steht im Einklang mit Art. 2 Abs. 3 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 2 Abs. 3, der vorsieht:

„Der Bewerter gibt die beste Punktschätzung des Wertes eines bestimmten Vermögenswertes, einer bestimmten Verbindlichkeit oder von Kombinationen davon ab. Die Ergebnisse der Bewertung werden gegebenenfalls auch in Form von Spannbreiten angegeben.“

311    Auf diese Weise lieferte die Addition der niedrigsten Werte für jede Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten die niedrige und die Addition der höchsten Werte die hohe Schätzung der Spanne. Aus dieser Methode ergibt sich somit die in der Bewertung 2 enthaltene Spannbreite. Wie zudem die Prüfung der ersten Rüge ergeben hat, stützt sich die Bestimmung des Veräußerungswerts auf Schätzungen, die gewisse Unsicherheiten bedingen, die die Darstellung der Ergebnisse in Form einer Spanne rechtfertigen.

312    Zudem beträgt, wie die Kommission hervorhebt, angesichts des Bilanzumfangs von Banco Popular von über 130 Mrd. Euro der Unterschied zwischen den beiden Werten der Spanne nur etwa 7 % der Bilanzsumme.

313    In der Erwiderung machen die Klägerinnen geltend, dieser Vergleich sei nicht erheblich und die Spannbreite, nämlich 9,5 Mrd. Euro, müsse mit dem Wert der Nettovermögenswerte von Banco Popular, nämlich 10,78 Mrd. Euro, verglichen werden.

314    Hierzu ist zum einen festzustellen, dass mit der Bezugnahme der Kommission auf den Umfang der Bilanz von Banco Popular nicht die Richtigkeit der Spanne beurteilt, sondern nur deren Breite relativiert werden soll. Zum anderen ist der Abstand zwischen dem von Deloitte berücksichtigten besten und schlechtesten Bewertungsszenario keine Größe, die mit dem Buchwert der Nettovermögenswerte von Banco Popular verglichen werden kann.

315    Als Zweites führen die Klägerinnen aus, Banco Popular habe den Stresstest von 2016 bestanden und obwohl sie am 31. März 2017 vor Liquiditätsproblemen gestanden habe, hätten sich ihre Nettovermögenswerte auf 10,78 Mrd. Euro belaufen und ihr Hauptgeschäft betreffend kleine und mittlere Franchise-Unternehmen (KMU) sei weiter rentabel gewesen.

316    Hierzu genügt zum einen die Feststellung, dass der im Juli 2016 veröffentlichte Stresstest von 2016 für Banco Popular deren Situation zu einem Zeitpunkt vor der Annahme des Abwicklungskonzepts betrifft und dass ihm somit keine Hinweise auf die finanzielle Entwicklung der Bank entnommen werden können. Zum anderen ist die Bezugnahme auf die Nettovermögenswerte nicht erheblich, da diese nur den Buchwert von Banco Popular und nicht deren Veräußerungswert zum Zeitpunkt der Abwicklung widerspiegeln.

317    Daher ist die dritte Rüge zurückzuweisen.

318    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Klägerinnen nicht dargetan haben, dass die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 war.

319    Somit ist der Kommission mit der Billigung des Abwicklungskonzepts, soweit dieses auf die Bewertung 2 gestützt war, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen.

320    Daher ist der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Gehör

321    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe ihr Recht auf Gehör verletzt, indem sie das Abwicklungskonzept gebilligt habe, ohne ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Sie seien im Abwicklungsverfahren nicht gehört worden, obwohl ihre Interessen durch den angefochtenen Beschluss unmittelbar und individuell berührt gewesen seien. Die Kommission müsse gemäß Art. 41 der Charta dafür sorgen, dass sie gehört würden, selbst wenn die Verordnung Nr. 806/2014 dies nicht vorsehe.

322    Wenn der SRB und die Kommission ihr Recht auf Gehör gewahrt hätten, hätten sie auch kurzfristig sachdienlich Stellung nehmen können. Sie hätten sich zur Frage der richtigen Bewertung von Banco Popular äußern können, und angesichts der im Rahmen des vierten Klagegrundes vorgelegten Beweise sei es wahrscheinlich, dass der SRB und die Kommission hinsichtlich der Bewertung von Banco Popular zu einer anderen Auffassung gelangt wären, was zur Annahme eines anderen als des mit dem angefochtenen Beschluss gebilligten Abwicklungskonzepts geführt hätte.

323    Die Kommission macht geltend, das Verfahren nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 führe zum Erlass einer Maßnahme mit allgemeiner Geltung in Bezug auf die Anteilseigner und die Gläubiger des von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens und Art. 41 der Charta sei nicht anwendbar. Hilfsweise bringt sie vor, das Fehlen einer Möglichkeit für die Klägerinnen, gehört zu werden, sei nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

324    Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird.

325    Das Recht, gehört zu werden, garantiert jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen möglicherweise nachteilige Entscheidung erlassen wird. Das Recht auf Gehör dient einem zweifachen Zweck. Es dient zum einen der Zusammenstellung der Akten und einer möglichst genauen und zutreffenden Ermittlung des Sachverhalts und ermöglicht es zum anderen, einen wirksamen Schutz der betroffenen Person zu gewährleisten. Das Recht auf Gehör soll insbesondere gewährleisten, dass jede beschwerende Entscheidung in Kenntnis aller Umstände getroffen wird, und soll u. a. der zuständigen Behörde erlauben, einen Fehler zu berichtigen, und der betroffenen Person, individuelle Umstände vorzutragen, die für oder gegen den Erlass oder für oder gegen einen bestimmten Inhalt der Entscheidung sprechen (vgl. Urteil vom 4. Juni 2020, EAD/De Loecker, C‑187/19 P, EU:C:2020:444, Rn. 68 und 69 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

326    Der Gerichtshof hat die Bedeutung des Rechts auf Gehör und seine sehr weite Geltung in der Rechtsordnung der Union bekräftigt, indem er dargelegt hat, dass dieses Recht in allen Verfahren gelten muss, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen können. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dieses Recht auch dann zu wahren, wenn die anwendbare Regelung ein solches Verfahrensrecht nicht ausdrücklich vorsieht (vgl. Urteile vom 22. November 2012, M., C‑277/11, EU:C:2012:744, Rn. 85 und 86 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. November 2019, ADDE/Parlament, T‑48/17, EU:T:2019:780, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

327    Da der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, der das Recht auf Gehör einschließt, ein fundamentaler und allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, kann seine Anwendung durch eine Verordnung weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden, und seine Beachtung ist daher sowohl bei völligem Fehlen einer Sonderregelung als auch bei Vorliegen einer Regelung, die ihm nicht selbst Rechnung trägt, sicherzustellen (vgl. Urteil vom 18. Juni 2014, Spanien/Kommission, T‑260/11, EU:T:2014:555, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

328    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit dem vom SRB angenommenen Abwicklungskonzept die Abwicklung von Banco Popular bezweckt wird, die somit als die Person anzusehen ist, der gegenüber eine individuelle Maßnahme getroffen wird und der das Recht auf Gehör durch Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta garantiert ist.

329    Somit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen weder Adressaten des Abwicklungskonzepts, das keine ihnen gegenüber getroffene individuelle Maßnahme ist, noch des angefochtenen Beschlusses zur Billigung dieses Abwicklungskonzepts sind.

330    Allerdings hat der SRB die Befugnis gemäß Art. 21 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 zur Herabschreibung oder Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular ausgeübt.

331    Auch wenn das vom SRB durchgeführte Verfahren zur Annahme des Abwicklungskonzepts kein gegenüber den Klägerinnen eröffnetes individuelles Verfahren ist, kann es daher zum Erlass einer Maßnahme führen, die für deren Interessen als Inhaber von Kapitalinstrumenten von Banco Popular nachteilig sein kann.

332    In der oben in Rn. 326 angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist aber das Recht auf Gehör weit dahin ausgelegt worden, dass es jeder Person in einem Verfahren garantiert ist, das zu einer sie beschwerenden Maßnahme führen kann.

333    Zudem steht zum einen die Verordnung Nr. 806/2014 ihrem 121. Erwägungsgrund zufolge im Einklang mit den Grundrechten und den insbesondere in der Charta verankerten Rechten, Freiheiten und Grundsätzen, darunter den Verteidigungsrechten, und ist im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen anzuwenden. Zum anderen schließt keine Bestimmung der Verordnung Nr. 806/2014 das Recht auf Gehör der Anteilseigner oder der Inhaber von Kapitalinstrumenten des betreffenden Unternehmens während des Abwicklungsverfahrens ausdrücklich aus oder schränkt es ausdrücklich ein.

334    Die Klägerinnen erheben keine Einrede der Unzulässigkeit der Verordnung Nr. 806/2014 mit der Begründung, dass diese keine Anhörung der Inhaber von Kapitalinstrumenten vor der Annahme eines Abwicklungskonzepts vorsehe. Sie machen geltend, gemäß Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta im Rahmen des Abwicklungsverfahrens für Banco Popular müsse ihnen das Recht auf Gehör zuerkannt werden.

335    Die Ausübung des Rechts auf Gehör, sollten sich die Anteilseigner und die Gläubiger des von der Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens im Rahmen des Abwicklungsverfahrens darauf berufen können, kann jedoch nach Art. 52 Abs. 1 der Charta Einschränkungen unterworfen werden.

336    Art. 52 Abs. 1 der Charta lautet:

„Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“

337    Der Gerichtshof hat entschieden, dass Grundrechte wie das Recht auf Beachtung der Verteidigungsrechte nicht schrankenlos gewährleistet sind, sondern Einschränkungen unterliegen können, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen, die mit der fraglichen Maßnahme verfolgt werden, und keinen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und untragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. Urteile vom 10. September 2013, G. und R., C‑383/13 PPU, EU:C:2013:533, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 20. Dezember 2017, Prequ’Italia, C‑276/16, EU:C:2017:1010, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

338    Demgemäß konnte das Fehlen einer Anhörung der Klägerinnen als Inhaber von Kapitalinstrumenten von Banco Popular im Rahmen des Abwicklungsverfahrens, sei es durch den SRB oder durch die Kommission, gerechtfertigt sein.

339    In Art. 4.2 des Abwicklungskonzepts wies der SRB darauf hin, dass die Abwicklung dem öffentlichen Interesse entspreche, weil sie notwendig sei und in angemessenem Verhältnis zu zwei in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Zielen stehe, nämlich der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität und der Sicherstellung der Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular. Durch eine Liquidation von Banco Popular im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens hätten sich diese Ziele nicht im selben Umfang erreichen lassen. Im angefochtenen Beschluss billigte die Kommission ausdrücklich die vom SRB für die Notwendigkeit einer Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse angeführten Gründe.

340    Im vorliegenden Fall lässt sich die Einschränkung des Rechts der Klägerinnen auf Gehör zum einen mit dem Ziel der Stabilität der Finanzmärkte und zum anderen mit der Notwendigkeit rechtfertigen, die Wirksamkeit der Abwicklung von Banco Popular sicherzustellen, die rasch durchgeführt werden musste.

341    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass nach mehreren Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 806/2014, u. a. den Erwägungsgründen 12, 58 und 61, die Stabilität der Finanzmärkte eines der Ziele ist, die mit den mit dieser Verordnung eingeführten Abwicklungsmechanismen verfolgt werden.

342    Zudem ist gemäß Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Abwicklungsmaßnahme als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten, wenn sie für das Erreichen eines oder mehrerer der in Art. 14 dieser Verordnung genannten Abwicklungsziele notwendig und mit Blick auf diese Ziele verhältnismäßig ist und wenn dies bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang der Fall wäre. Zu den in Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Abwicklungszielen gehören u. a. „die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, beispielsweise von Marktinfrastrukturen, und durch die Erhaltung der Marktdisziplin“, sowie „der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“.

343    Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass Finanzdienstleistungen in der Wirtschaft der Union eine zentrale Rolle spielen. Banken und sonstige Kreditinstitute sind eine wesentliche Finanzierungsquelle für auf den verschiedenen Märkten tätige Unternehmen. Außerdem sind Banken häufig eng untereinander verbunden, und viele operieren auf internationaler Ebene. Deshalb besteht das Risiko, dass die Insolvenz einer oder mehrerer Banken rasch auf andere Banken – sowohl im Herkunftsstaat als auch in anderen Mitgliedstaaten – übergreift. Dies wiederum birgt die Gefahr, dass negative Auswirkungen auch in anderen Wirtschaftssektoren spürbar werden (Urteile vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 50, vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 72, und vom 25. März 2021, Balgarska Narodna Banka, C‑501/18, EU:C:2021:249, Rn. 108).

344    Der Gerichtshof hat entschieden, dass das Ziel, die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, gleichzeitig aber übermäßige öffentliche Ausgaben zu vermeiden und Wettbewerbsverzerrungen auf ein Minimum zu beschränken, ein hochrangiges öffentliches Interesse darstellt (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 69).

345    Außerdem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) in seiner Entscheidung vom 1. April 2004, Camberrow MM5 AD/Bulgarien (CE:ECHR:2004:0401DEC005035799, § 6), befunden, dass die Staaten in wirtschaftlich sensiblen Bereichen wie dem der Stabilität des Bankensystems über einen weiten Einschätzungsspielraum verfügten und dass es daher im Hinblick auf die legitimen Ziele des Schutzes der Rechte der Gläubiger und der Sicherung der ordnungsgemäßen Verwaltung der Insolvenz der Bank nicht unverhältnismäßig sei, wenn sich ein Anteilseigner nicht an einem Verfahren beteiligen könne, das zum Verkauf der Bank führe.

346    Darüber hinaus ist das Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a. (C‑41/15, EU:C:2016:836), anzuführen, das auf ein Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Art. 8, 25 und 29 der Zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels [54 Abs. 2 AEUV] im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. 1977, L 26, S. 1), ergangen ist. Diese Rechtssache betraf eine außergewöhnliche Maßnahme der nationalen Behörden, mit der durch eine Kapitalerhöhung die Insolvenz einer Aktiengesellschaft verhindert werden sollte, die nach Ansicht des vorlegenden Gerichts die finanzielle Stabilität der Union bedroht hätte. Der Gerichtshof befand, dass sich der den Aktionären und Gläubigern einer Aktiengesellschaft durch die Zweite Richtlinie 77/91 verliehene Schutz in Bezug auf das Gesellschaftskapital der Aktiengesellschaft nicht auf eine derartige, in der Situation einer gravierenden Störung der Wirtschaft und des Finanzsystems eines Mitgliedstaats getroffene nationale Maßnahme erstreckte, die eine aus der unzureichenden Eigenkapitalausstattung der betroffenen Aktiengesellschaft resultierende systemische Bedrohung der finanziellen Stabilität der Union beseitigen sollte (Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a., C‑41/15, EU:C:2016:836, Rn. 50). Die Bestimmungen der Zweiten Richtlinie standen folglich einer das Gesellschaftskapital einer Aktiengesellschaft betreffenden außergewöhnlichen Maßnahme wie der in Rede stehenden Anordnung nicht entgegen, die von den nationalen Behörden in der Situation einer gravierenden Störung der Wirtschaft und des Finanzsystems eines Mitgliedstaats ohne die Zustimmung der Hauptversammlung der Gesellschaft getroffen wurde, um eine systemische Gefahr abzuwenden und die finanzielle Stabilität der Union zu sichern (vgl. Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a., C‑41/15, EU:C:2016:836, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

347    Diese Erwägungen gelten entsprechend für die Situation früherer Inhaber von Kapitalinstrumenten einer gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 in Abwicklung befindlichen Bank wie der Klägerinnen.

348    Aus dem Vorstehenden folgt, dass mit dem durch die Verordnung Nr. 806/2014 geschaffenen und in ihrem Art. 18 beschriebenen Abwicklungsverfahren ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta verfolgt wird, nämlich das Ziel der Gewährleistung der Stabilität der Finanzmärkte, das eine Einschränkung des Rechts auf Gehör zu rechtfertigen vermag.

349    Im vorliegenden Fall stellen die Klägerinnen nicht in Abrede, dass das Abwicklungsverfahren für Banco Popular dem in Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Ziel entsprach, die Finanzstabilität zu gewährleisten.

350    Dazu erläuterte der SRB in Art. 4.4.2 des Abwicklungskonzepts, er sei aufgrund verschiedener Anhaltspunkte zu dem Schluss gelangt, dass die Situation von Banco Popular eine wachsende Gefahr erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität in Spanien berge. Zu diesen Anhaltspunkten gehörten erstens die Größe und die Bedeutung von Banco Popular, die die Muttergesellschaft der sechstgrößten Bankengruppe Spaniens mit Vermögenswerten von insgesamt 147 Mrd. Euro sei und 2017 von der Bank von Spanien als systemrelevantes Institut eingestuft worden sei. Banco Popular sei einer der Hauptakteure auf dem Markt in Spanien mit einem signifikanten Marktanteil im Segment der KMU und habe in ganz Spanien einen relativ hohen Marktanteil bei den Einlagen (fast 6 %) und eine hohe Zahl von Kunden (etwa 1,4 Millionen). Zweitens sei die Art der Tätigkeit von Banco Popular berücksichtigt worden, deren Schwerpunkt im Firmenkundengeschäft liege und die sich hauptsächlich auf das Angebot von Finanzierungen, die Verwaltung von Sparguthaben und Dienstleistungen für Privatkunden, Familien und Unternehmen (insbesondere KMU) konzentriere. Die Ähnlichkeit des Geschäftsmodells von Banco Popular und anderer spanischer Geschäftsbanken könne zum indirekten Ansteckungspotenzial im Verhältnis zu diesen Banken beitragen, die als vor denselben Schwierigkeiten stehend angesehen werden könnten.

351    Auch das zweite Abwicklungsziel, nämlich die Sicherstellung der Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular, ist dem Gemeinwohlziel des Schutzes der Stabilität der Finanzmärkte zuzurechnen.

352    Art. 2 Abs. 1 Nr. 35 der Richtlinie 2014/59 definiert die kritischen Funktionen eines Instituts als „Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte, deren Einstellung aufgrund der Größe, des Marktanteils, der externen und internen Verflechtungen, der Komplexität oder der grenzüberschreitenden Tätigkeiten eines Instituts oder einer Gruppe wahrscheinlich in einem oder mehreren Mitgliedstaaten die Unterbrechung von für die Realwirtschaft wesentlichen Dienstleistungen oder eine Störung der Finanzstabilität zur Folge hat, besonders mit Blick auf die Substituierbarkeit dieser Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte“.

353    In dieser Hinsicht sieht Art. 6 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/778 der Kommission vom 2. Februar 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 in Bezug auf die Umstände und Bedingungen, unter denen die Entrichtung von außerordentlichen nachträglich erhobenen Beiträgen teilweise oder vollständig aufgeschoben werden kann, und auf die Kriterien für die Bestimmung der Tätigkeiten, Dienstleistungen und Geschäfte im Zusammenhang mit „kritischen Funktionen“ und zur Präzisierung der Kriterien für die Bestimmung der Geschäftsbereiche und damit verbundenen Dienste im Zusammenhang mit den Kerngeschäftsbereichen (ABl. 2016, L 131, S. 41) die Kriterien zur Bestimmung der kritischen Funktionen vor. Eine Funktion gilt als kritisch, wenn sie von einem Institut für Dritte erbracht wird, die nicht dem Institut oder der Gruppe angehören, und wenn ihr plötzlicher Ausfall wahrscheinlich wesentliche negative Auswirkungen auf die Dritten hätte, zu Ansteckung führen würde oder das allgemeine Vertrauen der Marktteilnehmer untergraben würde, da die Funktion für Dritte und ihre Ausübung durch das Institut oder die Gruppe systemrelevant sind.

354    Das in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Ziel, die Kontinuität der kritischen Funktionen des von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens sicherzustellen, soll somit eine Unterbrechung dieser Funktionen verhindern, die zu Störungen nicht nur auf dem betreffenden Markt, sondern auch für die gesamte Finanzstabilität der Union führen könnte.

355    Da eine Abwicklungsmaßnahme die Finanzlage eines Kreditinstituts sichern oder wiederherstellen soll und insbesondere eine Alternative zu dessen Liquidation darstellt, ist daher davon auszugehen, dass sie tatsächlich einem von der Union anerkannten Gemeinwohlziel entspricht (vgl. entsprechend Urteil vom 25. März 2021, Balgarska Narodna Banka, C‑501/18, EU:C:2021:249, Rn. 108).

356    In Art. 4.2 des Abwicklungskonzepts wies der SRB darauf hin, dass die Abwicklung von Banco Popular zur Erreichung des Ziels, die Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular sicherzustellen, notwendig und verhältnismäßig sei. In Art. 4.4 des Abwicklungskonzepts benannte der SRB drei kritische Funktionen im Sinne von Art. 6 der Delegierten Verordnung 2016/778, und zwar das Einlagengeschäft mit Haushalten und Nichtfinanzunternehmen, die Kreditvergabe an KMU und Barzahlungsdienstleistungen.

357    Die Klägerinnen bringen nichts vor, um diesen Beurteilungen entgegenzutreten.

358    Aus dem Vorstehenden folgt, dass mit dem Abwicklungsverfahren für Banco Popular ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta verfolgt wurde, nämlich das Ziel, die Stabilität der Finanzmärkte zu gewährleisten, das eine Einschränkung des Rechts auf Gehör rechtfertigen konnte.

359    Als Zweites erfordert es das allgemeine Interesse der Union, insbesondere die Verfolgung der Ziele, die Stabilität der Finanzmärkte zu erhalten und die Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular sicherzustellen, bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 unverzüglich eine Abwicklungsmaßnahme zu treffen.

360    In dieser Hinsicht ist mehreren Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 806/2014 zu entnehmen, dass eine erforderlich gewordene Abwicklungsmaßnahme rasch erlassen werden muss. Es handelt sich um die Erwägungsgründe 26, 31, 53 und insbesondere 56 dieser Verordnung, nach dem die Abwicklung innerhalb kurzer Zeit vollzogen werden sollte, um eine Störung des Finanzmarkts und der Wirtschaft so gering wie möglich zu halten.

361    Der Gerichtshof hat festgestellt, dass mit der Verordnung Nr. 806/2014, wie es in ihrem achten Erwägungsgrund heißt, effizientere Abwicklungsmechanismen geschaffen werden sollen, die ein unentbehrliches Instrument zur Verhütung von Schäden sind, die in der Vergangenheit durch Ausfälle von Banken verursacht wurden, und dass die Erreichung dieses Ziels eine rasche Beschlussfassung voraussetzt, wie die kurzen Fristen zeigen, die in Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehen sind, damit die Finanzstabilität nicht gefährdet wird (Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB, C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 55).

362    Demgemäß sieht Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 u. a. vor, dass die EZB, wenn sie zu der Einschätzung gelangt, dass ein Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, diese Einschätzung umgehend der Kommission und dem SRB mitteilt. Nach Abs. 2 dieses Artikels wird eine vom SRB selbst vorgenommene Bewertung unverzüglich der EZB mitgeteilt. Sind die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, legt der SRB ein Abwicklungskonzept fest, das gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 unmittelbar danach der Kommission übermittelt wird. Die Kommission verfügt sodann über eine Frist von 24 Stunden, um das Abwicklungskonzept entweder zu billigen oder Einwände zu erheben.

363    Demgemäß sieht Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 den unverzüglichen Erlass eines Beschlusses vor, wenn ein Unternehmen die Voraussetzungen für die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme erfüllt, es also erstens ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, zweitens nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass dieser Ausfall innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch andere Maßnahmen des privaten Sektors oder der Aufsichtsbehörden abgewendet werden kann, und drittens seine Abwicklung erforderlich ist, um eins oder mehrere der in Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Ziele zu erreichen.

364    Somit musste, nachdem die EZB den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular festgestellt hatte und der SRB die Voraussetzungen des Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt ansah, das Abwicklungskonzept schnellstmöglich angenommen werden.

365    Diese rasche Beschlussfassung war durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular sicherzustellen und die erheblichen negativen Auswirkungen ihrer Situation auf die Finanzmärkte zu verhindern, indem insbesondere dem Ansteckungsrisiko vorgebeugt wurde. Da im vorliegenden Fall der Ausfall von Banco Popular an einem Wochentag eingetreten war, musste vor der Öffnung der Märkte am Morgen des 7. Juni 2017 das Verfahren abgeschlossen und der Beschluss gefasst worden sein.

366    Wie Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona in Nr. 80 seiner Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:16) ausgeführt hat, müssen die zuständigen Organe und Agenturen der Union ihre Entscheidungen so schnell treffen, um negative Auswirkungen der Abwicklung des Bankinstituts auf die Finanzmärkte zu verhindern, und dieser Zeitdruck verpflichtet sie dazu, die Entscheidung de facto schon „vorbereitet“ zu haben, bevor sie das Verfahren einleiten, um die Schließung der Wertpapiermärkte nutzen zu können.

367    Die Schnelligkeit der Beschlussfassung war somit eine Voraussetzung für die Wirksamkeit des Beschlusses.

368    Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, rechtfertigte daher die Dringlichkeit, die ein sofortiges Tätigwerden der zuständigen Behörde gebot, die Einschränkung des Rechts auf Gehör von Personen, die von Maßnahmen betroffen waren, die im Bereich der Umwelthaftung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2010, ERG u. a., C‑379/08 und C‑380/08, EU:C:2010:127, Rn. 67) und in dem der Landwirtschaft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2006, Dokter u. a., C‑28/05, EU:C:2006:408, Rn. 76) getroffen worden waren.

369    Zudem hat der Gerichtshof im Bereich des Einfrierens von Geldern entschieden, dass es die Wirksamkeit der nach dem Unionsrecht gebotenen Maßnahmen des Einfrierens von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen beeinträchtigen würde, wenn die Gründe, auf denen die erstmalige Aufnahme einer Person oder einer Organisation in die Liste der Personen beruht, die mit Restriktionen belegt worden sind, diesen vor ihrer Aufnahme in die Liste mitgeteilt würden. Um das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel zu erreichen, müssen solche Maßnahmen naturgemäß einen Überraschungseffekt haben und unverzüglich zur Anwendung kommen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 338 bis 340, vom 21. Dezember 2011 Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran, C‑27/09 P, EU:C:2011:853, Rn. 61, und vom 12. Februar 2020, Amisi Kumba/Rat, T‑163/18, EU:T:2020:57, Rn. 51).

370    Aus Gründen, die ebenfalls mit dem mit der streitigen Verordnung verfolgten Ziel und der Wirksamkeit der darin vorgesehenen Maßnahmen zusammenhängen, sind die Unionsbehörden auch nicht verpflichtet, die Kläger vor der erstmaligen Aufnahme ihrer Namen in die Liste der mit Restriktionen belegten Personen anzuhören (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 341, und vom 25. April 2013, Gbagbo/Rat, T‑119/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:216, Rn. 103).

371    Dies gilt erst recht, wenn wie im vorliegenden Fall die Einschränkung des Rechts auf Gehör nicht das von der Abwicklung betroffene Unternehmen, nämlich Banco Popular, sondern die Klägerinnen als Inhaber von Kapitalinstrumenten dieses Unternehmens betrifft.

372    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der EGMR in seiner Entscheidung vom 1. April 2004, Camberrow MM5 AD/Bulgarien (CE:ECHR:2004:0401DEC005035799), festgestellt hat, dass der Verkauf der insolventen Bank als arbeitendes Unternehmen zur schnelleren und sichereren Befriedigung der Gläubiger, die seit Jahren auf den Erhalt der ihnen zustehenden Gelder gewartet hätten, und zum raschen Abschluss des Insolvenzverfahrens erfolgt sei. Folglich sei das Gebot der Einfachheit und Schnelligkeit des Verfahrens zum Verkauf der Bank von herausragender Bedeutung gewesen. Wäre das Insolvenzgericht gesetzlich verpflichtet gewesen, alle Anteilseigner und Gläubiger der Bank zu konsultieren, hätte dies zu einer erheblichen Verlangsamung des Verfahrens und damit zu einer weiteren Verzögerung bei der Zahlung der den Gläubigern geschuldeten Beträge und der Durchführung des Insolvenzverfahrens geführt.

373    Im Urteil vom 24. November 2005, Capital Bank AD/Bulgarien (CE:ECHR:2005:1124JUD004942999, § 136), hat der EGMR entschieden, dass in einem wirtschaftlich sensiblen Bereich wie dem der Stabilität des Bankensystems und in bestimmten Situationen eine unabweisbare Notwendigkeit bestehen könne, so rasch wie möglich und ohne Ankündigung zu handeln, um irreparable Schäden für die Bank, ihre Einleger und ihre sonstigen Gläubiger oder für das Banken- und Finanzsystem als Ganzes zu verhindern.

374    Auch der Umstand, dass die Abwicklungsmaßnahme zu einem Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerinnen führen kann, vermag keine Verpflichtung zu rechtfertigen, ihnen ein Recht auf Gehör vor der Annahme dieser Maßnahme zu gewähren.

375    Hierzu hat das Gericht in Rn. 282 des Urteils vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a. (T‑680/13, EU:T:2018:486), ausgeführt, dass die anwendbaren Verfahren dem Betroffenen eine angemessene Gelegenheit bieten müssen, sein Anliegen den zuständigen Stellen vorzutragen. Um die Einhaltung dieses Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten innewohnenden Erfordernisses sicherzustellen, sind die anwendbaren Verfahren abstrakt zu betrachten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 368 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 25. April 2013, Gbagbo/Rat, T‑119/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:216, Rn. 119, und EGMR, vom 20. Juli 2004, Bäck/Finnland, CE:ECHR:2004:0720JUD003759897, § 56). Das genannte Erfordernis kann deshalb nicht dahin ausgelegt werden, dass der Betroffene unter allen Umständen in der Lage sein muss, vor dem Erlass der Maßnahmen, die sein Eigentumsrecht beeinträchtigen, seinen Standpunkt gegenüber den zuständigen Behörden geltend zu machen (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 19. September 2006, Maupas u. a./Frankreich, CE:ECHR:2006:0919JUD001384402, §§ 20 und 21).

376    Dies war dem Gericht zufolge insbesondere der Fall, wenn, wie bei einer Abwicklungsmaßnahme, die betreffenden Maßnahmen keine Sanktionen darstellten und in einem Kontext besonderer Dringlichkeit standen. In letzterer Hinsicht ging es darum, die unmittelbar bevorstehende Gefahr eines Zusammenbruchs der betroffenen Banken abzuwenden, um die Stabilität des Finanzsystems eines Mitgliedstaats zu erhalten und damit ein Übergreifen auf andere Mitgliedstaaten der Eurozone zu verhindern. Die Durchführung eines Verfahrens zur vorherigen Konsultation, in dem Tausende von Einlegern und Anteilseignern der betroffenen Banken vor dem Erlass der nachteiligen Bestimmungen ihren Standpunkt hätten geltend machen können, hätte die Anwendung der Maßnahmen, mit denen dieser Zusammenbruch verhindert werden sollte, unweigerlich verzögert. Die Erreichung des Ziels, die Stabilität des Finanzsystems dieses Mitgliedstaats zu wahren und damit ein Übergreifen auf andere Mitgliedstaaten der Eurozone zu verhindern, wäre erheblich gefährdet gewesen (vgl. Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 282 und die dort angeführte Rechtsprechung).

377    Der Gerichtshof hat diese Beurteilung bestätigt und festgestellt, dass das Gericht seine Erwägungen zutreffend auf das Urteil des EGMR vom 21. Juli 2016, Mamatas u. a./Griechenland (CE:ECHR:2016:0721JUD006306614), gestützt hat, wonach das Erfordernis, dass jede Einschränkung des Eigentumsrechts gesetzlich vorgesehen sein muss, nicht dahin ausgelegt werden kann, dass die Betroffenen vor dem Erlass dieses Gesetzes hätten konsultiert werden müssen, insbesondere wenn eine solche vorherige Konsultation unweigerlich die Anwendung der Maßnahmen, mit denen der Zusammenbruch der betroffenen Banken verhindert werden sollte, verzögert hätte (Urteil vom 16. Dezember 2020, Rat u. a./K. Chrysostomides & Co. u. a., C‑597/18 P, C‑598/18 P, C‑603/18 P und C‑604/18 P, EU:C:2020:1028, Rn. 159).

378    Ferner ist festzustellen, dass durch das Gebot, rasch zu handeln, ohne die Anteilseigner und die Gläubiger eines Unternehmens vom unmittelbaren Bevorstehen eines dieses Unternehmen betreffenden Abwicklungsverfahrens zu unterrichten, eine Verschlechterung der Lage dieses Unternehmens verhindert werden soll, die der Wirksamkeit der Abwicklungsmaßnahme abträglich wäre. Würden nämlich die Anteilseigner oder die Inhaber von Anleihen der Bank davon unterrichtet, dass für diese ein Abwicklungsverfahren eingeleitet werden könnte, dass die Bank also als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend angesehen worden ist, könnte das ein Anreiz für sie sein, ihre Wertpapiere auf den Märkten zu veräußern, und auch zu einem massiven Abzug von Einlagen führen, was zur Folge hätte, dass die Finanzlage der Bank verschlechtert und eine Lösung, die ihre Liquidation verhindern könnte, erschwert oder unmöglich gemacht würde.

379    Wie dazu aus dem oben in Rn. 187 angeführten 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 hervorgeht, können alle bereitgestellten Informationen in Bezug auf eine noch nicht gefällte Entscheidung, beispielsweise darüber, ob die Abwicklungsvoraussetzungen erfüllt sind, über die Anwendung eines spezifischen Instruments oder über Maßnahmen im Verlauf des Verfahrens, Auswirkungen auf die öffentlichen und privaten Interessen haben, die von den Maßnahmen betroffen sind.

380    Die Klägerinnen räumen in der Klageschrift ein, dass die bloße Tatsache, dass der Eindruck vermittelt werde, der SRB prüfe, ob er seine Befugnisse gegenüber einem bestimmten Unternehmen ausüben solle, einen für den Markt wichtigen Vorgang darstelle, der Anleger, Gläubiger und Einleger dazu veranlasse, zur Vermeidung von Verlusten Schutzvorkehrungen zu treffen.

381    Es ist somit davon auszugehen, dass die Anhörung der Klägerinnen vor der Annahme des Abwicklungskonzepts oder vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses zu einer erheblichen Verlangsamung des Verfahrens geführt und daher sowohl das Erreichen der Ziele der Maßnahme als auch deren Wirksamkeit gefährdet hätte.

382    In dieser Hinsicht machen die Klägerinnen geltend, die Kommission und der SRB hätten die Frage der Notwendigkeit einer Abwicklungsmaßnahme vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses mehrere Wochen lang geprüft, was der Kommission genügend Zeit zur Anhörung der Klägerinnen gegeben habe.

383    Dazu genügt die Feststellung, dass die Abwicklung von Banco Popular vor dem 6. Juni 2017, dem Tag, an dem die EZB deren Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall feststellte, und vor dem Beschluss des SRB, das Abwicklungsverfahren einzuleiten, nur eine Möglichkeit war. Zudem erläutern die Klägerinnen nicht, ab welchem Zeitpunkt die Kommission die Inhaber von Kapitalinstrumenten von Banco Popular hätte konsultieren müssen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich deren Identität ändern konnte, da Kapitalinstrumente auf den Märkten handelbar sind.

384    Daraus folgt zum einen, dass eine vorherige Anhörung der Klägerinnen, bei der sie von einer möglichen Abwicklungsmaßnahme unterrichtet worden wären, die Gefahr heraufbeschworen hätte, dass sie sich in einer Weise auf dem Markt verhielten, die die Finanzlage von Banco Popular verschlimmert hätte. Eine solche Anhörung hätte damit der Wirksamkeit der beabsichtigten Abwicklungsmaßnahme abträglich sein können.

385    Zum anderen wäre es in Anbetracht der Dringlichkeit des Erlasses einer Abwicklungsmaßnahme nicht möglich gewesen, die Klägerinnen wie auch die übrigen Anteilseigner oder Inhaber von Kapitalinstrumenten von Banco Popular vorher zu konsultieren, und zwar nicht nur wegen der Schwierigkeiten ihrer Identifizierung, sondern auch, weil es unmöglich gewesen wäre, ihre Stellungnahmen vor der Annahme des Abwicklungskonzepts sachdienlich zu prüfen.

386    Aus alledem ergibt sich, dass eine Anhörung der Klägerinnen vor der Annahme des Abwicklungskonzepts die Ziele des Schutzes der Stabilität der Finanzmärkte und der Kontinuität der kritischen Funktionen des Unternehmens sowie die Erfüllung der Erfordernisse der Schnelligkeit und der Wirksamkeit des Abwicklungsverfahrens gefährdet hätte.

387    Somit stellt das Fehlen einer Anhörung der Klägerinnen im Rahmen des Abwicklungsverfahrens für Banco Popular eine Einschränkung des Rechts auf Gehör dar, die im Einklang mit Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt und notwendig war, um einem dem Gemeinwohl dienenden Ziel zu entsprechen, und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrte.

388    Daher ist der sechste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund: Verletzung des Eigentumsrechts

389    Die Klägerinnen machen geltend, das mit dem angefochtenen Beschluss gebilligte Abwicklungskonzept verletze ihr in Art. 17 Abs. 1 der Charta verankertes Eigentumsrecht. Mit diesem Abwicklungskonzept seien ihre Kapitalinstrumente enteignet worden. Die in dem Abwicklungskonzept beschlossene Herabschreibung der Kapitalinstrumente stelle eine rechtswidrige Enteignung dar, die den Anforderungen nach Art. 17 Abs. 1 der Charta nicht genüge, weil sie nicht unter den Bedingungen, „die in einem Gesetz vorgesehen sind“, erfolge und keine angemessene Entschädigung vorsehe.

390    Art. 17 Abs. 1 der Charta lautet:

„Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“

391    Nach ständiger Rechtsprechung gilt das durch Art. 17 Abs. 1 der Charta verbürgte Eigentumsrecht nicht schrankenlos, und seine Ausübung kann Einschränkungen unterworfen werden, die durch dem Gemeinwohl dienende Ziele der Union gerechtfertigt sind. Das Eigentumsrecht kann daher, wie aus Art. 52 Abs. 1 der Charta hervorgeht, Einschränkungen unterworfen werden, sofern diese Einschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der das so gewährleistete Recht in seinem Wesensgehalt antasten würde (vgl. Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 69 und 70 sowie die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile vom 16. Juli 2020, Adusbef u. a., C‑686/18, EU:C:2020:567, Rn. 85, und vom 23. Mai 2019, Steinhoff u. a./EZB, T‑107/17, EU:T:2019:353, Rn. 100).

392    Daraus folgt, dass das Eigentumsrecht kein schrankenloses Recht ist, sondern gemäß dem oben in Rn. 336 angeführten Art. 52 Abs. 1 der Charta Einschränkungen unterworfen werden kann, sofern diese in den anwendbaren Regelungen vorgesehen, zur Verfolgung eines dem Gemeinwohl dienenden Ziels erforderlich und im Hinblick auf dieses Ziel verhältnismäßig sind.

393    Es ist darauf hinzuweisen, dass der SRB in Art. 6 des Abwicklungskonzepts gemäß Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 beschloss, die Kapitalinstrumente von Banco Popular in der oben in Rn. 73 beschriebenen Weise herabzuschreiben und umzuwandeln.

394    Zudem sollten zum einen nach dem 61. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 die Einschränkungen der Anteilseigner- und Gläubigerrechte in Übereinstimmung mit Art. 52 Abs. 1 der Charta erfolgen und sollte zum anderen nach dem 62. Erwägungsgrund dieser Verordnung der Eingriff in die Eigentumsrechte nicht unverhältnismäßig sein.

395    Nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend die allgemeinen Grundsätze für eine Abwicklung werden Verluste zuerst von den Anteilseignern des in Abwicklung befindlichen Instituts getragen.

396    Wie der Gerichtshof dazu entschieden hat, tragen die Anteilseigner der Banken nach den allgemeinen Regeln, die für die Rechtsstellung von Anteilseignern von Kapitalgesellschaften gelten, ihr Investitionsrisiko in vollem Umfang (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 73).

397    Da die Anteilseigner, wie der Gerichtshof im Bereich der staatlichen Beihilfen festgestellt hat, bis zur Höhe des Grundkapitals der Bank für deren Schulden haften, kann darin, dass nach den Rn. 40 bis 46 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen ab dem 1. August 2013 auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise („Bankenmitteilung“) (ABl. 2013, C 216, S. 1) die Anteilseigner zur Schließung von Kapitallücken einer Bank vor der Gewährung einer staatlichen Beihilfe in demselben Umfang wie beim Fehlen einer solchen staatlichen Beihilfe dazu beizutragen haben, die Verluste der Bank zu absorbieren, keine Beeinträchtigung ihres Eigentumsrechts gesehen werden (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 74).

398    Entsprechend folgt der im Abwicklungskonzept enthaltene Beschluss zur Herabschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten von Banco Popular, deren Inhaber die Klägerinnen waren, daraus, dass die Anteilseigner eines Unternehmens die ihren Investitionen innewohnenden Risiken tragen und die wirtschaftlichen Konsequenzen der Abwicklung dieses Unternehmens wegen dessen Ausfall hinnehmen müssen.

399    Dazu hat das Gericht bereits entschieden, dass die Herabsetzung des Nominalwerts der Aktien einer zyprischen Bank in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dieser Maßnahme verfolgten Ziel stand. Zunächst, so das Gericht, sollte diese Maßnahme zur Rekapitalisierung der Bank beitragen und war zur Erreichung des Ziels geeignet, die Stabilität des zyprischen Finanzsystems und der Eurozone insgesamt zu gewährleisten. Sodann ging die Maßnahme nicht über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels geeignet und erforderlich war, da weniger einschränkende alternative Maßnahmen entweder nicht durchführbar waren oder nicht zu den erwarteten Ergebnissen hätten führen können. Schließlich brachte in Anbetracht der Bedeutung des verfolgten Ziels die betreffende Maßnahme keine unangemessenen Nachteile mit sich. In diesem Zusammenhang hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die Anteilseigner der Banken ihr Investitionsrisiko grundsätzlich in vollem Umfang tragen (Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 330).

400    Das Gericht ist daher zu dem Schluss gelangt, dass die Herabsetzung des Nominalwerts der Aktien dieser Bank keinen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellte, der das Eigentumsrecht der Kläger in seinem Wesensgehalt antastet (Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 331).

401    Ferner ergibt sich aus der oben in Rn. 343 angeführten Rechtsprechung, dass Finanzdienstleistungen in der Wirtschaft der Union eine zentrale Rolle spielen und dass das Risiko besteht, dass die Insolvenz einer oder mehrerer Banken rasch auf andere Banken – sowohl im Herkunftsstaat als auch in anderen Mitgliedstaaten – übergreift.

402    Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, können unter Berücksichtigung des Ziels, die Stabilität des Bankensystems im Euro-Währungsgebiet sicherzustellen, und in Anbetracht der Gefahr finanzieller Verluste, die den Einlegern bei den betroffenen Banken im Fall von deren Zahlungsunfähigkeit unmittelbar droht, bestimmte Einschränkungen des Eigentumsrechts gerechtfertigt sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 74).

403    Der Gerichtshof hat ebenfalls entschieden, dass zwar ein klares öffentliches Interesse daran besteht, in der gesamten Union einen wirksamen und einheitlichen Schutz der Investoren zu gewährleisten, dass aber nicht davon ausgegangen werden kann, dass dieses Interesse in jedem Fall Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung der Stabilität des Finanzsystems hat (Urteile vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 91, und vom 8. November 2016, Dowling u. a., C‑41/15, EU:C:2016:836, Rn. 54).

404    Wie bereits dargelegt, wies der SRB in Art. 4.2 des Abwicklungskonzepts darauf hin, dass die Abwicklung notwendig sei und in angemessenem Verhältnis zu den in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Zielen stehe, nämlich der Sicherstellung der Kontinuität der kritischen Funktionen und der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, einschließlich von Marktinfrastrukturen, und durch die Erhaltung der Marktdisziplin. Durch eine Liquidation von Banco Popular im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens hätten sich diese Ziele nicht im selben Umfang erreichen lassen. Im angefochtenen Beschluss billigte die Kommission ausdrücklich die Gründe, die der SRB zur Rechtfertigung der Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse angeführt hatte.

405    Indem das Abwicklungskonzept die finanzielle Lage von Banco Popular schützen oder wiederherstellen sollte und insbesondere eine Alternative zu deren Liquidation darstellte, entsprach es somit einem Gemeinwohlziel im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta, nämlich der Sicherstellung der Stabilität der Finanzmärkte.

406    Die Klägerinnen führen aus, sie stellten nicht die Vereinbarkeit des in der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen einheitlichen Abwicklungsmechanismus mit der Charta in Frage, und räumen ein, dass mit der gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung erfolgenden Abwicklung einer ausfallenden Bank zum Schutz der Stabilität des Finanzsystems in rechtmäßiger Weise ein öffentliches Interesse verfolgt wird.

407    Als Erstes machen die Klägerinnen geltend, der Beschluss zur Herabschreibung und Umwandlung der von ihnen gehaltenen Kapitalinstrumente von Banco Popular laufe den Anforderungen nach Art. 17 Abs. 1 der Charta zuwider, weil er nicht unter den gesetzlich vorgesehenen Bedingungen ergangen sei. Aus den im Rahmen der übrigen Klagegründe dargelegten Gründen wahrten das Abwicklungskonzept und der angefochtene Beschluss weder die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts noch die Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014.

408    Insoweit genügt die Feststellung, dass die Prüfung der übrigen Klagegründe ergeben hat, dass die Kommission bei der Anwendung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 weder einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen noch die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts verletzt hat.

409    Zudem ist zum einen festzustellen, dass die Klägerinnen mit ihren übrigen Klagegründen nicht in Abrede stellen, dass die in Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Voraussetzungen für die Annahme eines Abwicklungskonzepts erfüllt waren. Zum anderen bringen sie nichts Spezifisches zum Beweis dafür vor, dass die vom SRB beschlossene Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente, bei der es sich um die möglicherweise in ihr Eigentumsrecht eingreifende Maßnahme handelt, nicht im Einklang mit den Bestimmungen von Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 steht und die Kommission sie deshalb nicht hätte billigen dürfen.

410    Daraus ergibt sich, dass die Klägerinnen nichts vorgebracht haben, wodurch in Frage gestellt werden kann, dass zum einen der Beschluss des SRB zur Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular den Voraussetzungen nach der Verordnung Nr. 806/2014 entsprach und zum anderen dieser Beschluss zur Verfolgung eines Gemeinwohlziels erforderlich war, das eine Einschränkung des Eigentumsrechts rechtfertigen konnte.

411    Als Zweites bringen die Klägerinnen vor, das Abwicklungskonzept und der angefochtene Beschluss verstießen dadurch gegen Art. 17 Abs. 1 der Charta, dass sie nicht die Gewährung einer Entschädigung vorsähen.

412    Es ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 15 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 806/2014 der Grundsatz aufgestellt wird, dass kein Gläubiger größere Verluste zu tragen hat, als er im Fall einer Liquidation eines Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens zu tragen gehabt hätte.

413    Zur Beantwortung der Frage, ob die Anteilseigner und die Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das betreffende Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, sieht Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 vor, dass nach der Abwicklung eine Bewertung durchgeführt wird. Nach Art. 20 Abs. 17 der Verordnung Nr. 806/2014 wird bei dieser Bewertung festgestellt, ob Unterschiede zwischen der Behandlung, die den Anteilseignern und den Gläubigern zuteilgeworden wäre, wenn für das in Abwicklung befindliche Institut zu dem Zeitpunkt, als der Beschluss über die Abwicklungsmaßnahme gefasst wurde, ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, und ihrer tatsächlichen Behandlung im Rahmen der Abwicklung bestehen.

414    Wird als Ergebnis dieser Bewertung festgestellt, dass die Anteilseigner oder die Gläubiger größere Verluste erlitten haben, als sie bei einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erlitten hätten, kann der SRB nach Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 den SRF heranziehen.

415    Folglich wird mit der Verordnung Nr. 806/2014 ein Mechanismus geschaffen, der den Anteilseignern und den Gläubigern des abgewickelten Unternehmens eine angemessene Entschädigung im Einklang mit den Anforderungen nach Art. 17 Abs. 1 der Charta garantieren soll.

416    Außerdem genügt entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen der Umstand, dass sie zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts keine Entschädigung erhalten haben, nicht als Nachweis einer Verletzung ihres Eigentumsrechts, da Art. 17 Abs. 1 der Charta nicht vorsieht, dass eine Entschädigung gleichzeitig mit der Einschränkung des Eigentumsrechts, sondern, dass sie rechtzeitig zu leisten ist.

417    Zum Vorbringen der Klägerinnen in der Erwiderung, mit dem sie die Bewertung 3 wegen fehlender Unabhängigkeit von Deloitte und eine Verletzung ihres Rechts auf Akteneinsicht beanstanden, genügt die Feststellung, dass es ins Leere geht. Dieses Vorbringen betrifft nämlich die nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Bewertung 3 und ein anderes Verfahren, so dass damit nicht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage gestellt werden kann.

418    Als Drittes machen die Klägerinnen in der Erwiderung geltend, dass eine Entschädigung, die auf der Grundlage des Unterschieds zwischen der Behandlung der Gläubiger im Rahmen einer Abwicklungsmaßnahme und der in einem regulären Insolvenzverfahren bestimmt werde, keine angemessene Entschädigung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Charta sei. Wenn die Kommission das Unionsrecht beachtet hätte, wäre der angefochtene Beschluss nicht erlassen worden oder das Abwicklungskonzept wäre anders ausgefallen, so dass die Zahlung einer Entschädigung auf der Grundlage von Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 keine angemessene Entschädigung darstelle. Die den Klägerinnen zustehende Entschädigung sei in Wirklichkeit auf der Grundlage des zutreffenden kontrafaktischen Szenarios zu bestimmen, in dem es nicht zu einer Abwicklung, sondern zu einer Lösung des privaten Sektors oder hilfsweise zu einer auf eine korrekte Bewertung von Banco Popular gestützten Abwicklung gekommen wäre.

419    Es ist darauf hinzuweisen, dass der in Art. 15 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 806/2014 aufgestellte Grundsatz, dass kein Gläubiger schlechter behandelt werden darf, gewährleisten soll, dass die Klägerinnen eine Entschädigung erhalten können, wenn das Abwicklungskonzept stärker in ihr Eigentumsrecht eingreift, als es der Fall gewesen wäre, wenn Banco Popular in einem regulären Insolvenzverfahren liquidiert worden wäre.

420    Im vorliegenden Fall stellte der SRB jedoch im Abwicklungskonzept fest, dass die Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt seien, dass Banco Popular also ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend war, dass ihr Ausfall angesichts der zeitlichen Zwänge durch keine andere Maßnahme der Aufsichtsbehörden oder des privaten Sektors abgewendet werden konnte und dass die Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich war. Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt waren.

421    Folglich bestand für den Fall, dass das Abwicklungskonzept nicht angenommen worden wäre, die Alternative in der Liquidation von Banco Popular in einem regulären Insolvenzverfahren, was die Klägerinnen in der Sitzung eingeräumt haben.

422    Zudem hat die Prüfung des dritten Klagegrundes ergeben, dass das von den Klägerinnen angeführte und in ihrem ergänzenden Sachverständigengutachten enthaltene kontrafaktische Szenario, wonach es keine Abwicklung und anschließend eine Lösung des privaten Sektors gegeben hätte, nicht erheblich ist.

423    Zudem ist entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen der Wert ihrer Investition nicht anhand der Situation vor der Annahme des Abwicklungskonzepts zu berechnen, sondern entspricht dem Fall, dass das Abwicklungskonzept nicht angenommen worden wäre, was wiederum der Situation entspricht, dass Banco Popular in einem regulären Insolvenzverfahren liquidiert worden wäre.

424    Wie der Gerichtshof im Bereich der staatlichen Beihilfen entschieden hat, haben die Verluste der Anteilseigner von notleidenden Banken jedenfalls dasselbe Ausmaß unabhängig davon, ob sie ihren Grund in einem Urteil zur Feststellung der Insolvenz aufgrund der Nichtgewährung einer staatlichen Beihilfe oder in einem Verfahren zur Gewährung einer solchen Beihilfe unter der Voraussetzung der Lastenverteilung haben (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 75).

425    Der Gerichtshof hat auf Rn. 46 der Bankenmitteilung hingewiesen, wonach „der Grundsatz eingehalten werden [muss], dass ‚keine Schlechterstellung von Gläubigern‘ … erfolgen darf“, und „[n]achrangige Gläubiger … folglich für ihr Instrument nicht weniger erhalten [dürfen] als das, was sie erhalten hätten, wenn keine staatliche Beihilfe gewährt worden wäre“ (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 77).

426    Aus dieser Randnummer der Bankenmitteilung ergibt sich, so der Gerichtshof, dass die Lastenverteilungsmaßnahmen, von denen die Gewährung einer staatlichen Beihilfe für eine defizitäre Bank abhängig gemacht würde, das Eigentumsrecht der nachrangigen Gläubiger nicht stärker beeinträchtigen können, als dies im Rahmen eines Insolvenzverfahrens infolge der Nichtgewährung einer solchen Beihilfe der Fall wäre. Unter diesen Umständen kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass Lastenverteilungsmaßnahmen, wie sie in der Bankenmitteilung vorgesehen sind, einen Eingriff in das Eigentumsrecht der Anteilseigner und der nachrangigen Gläubiger darstellen (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 78 und 79).

427    Zudem bemisst sich bei Wertpapieren die Entschädigungshöhe nach dem tatsächlichen Verkehrswert des Wertpapiers zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Regelung, nicht aber nach ihrem Nominalwert oder dem Betrag, den ihr Inhaber zum Zeitpunkt des Erwerbs zu erzielen hoffte (vgl. Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 314 und die dort angeführte Rechtsprechung).

428    Daher ist entsprechend festzustellen, dass die Anwendung des in Art. 15 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Verbots einer Schlechterstellung von Gläubigern den Klägerinnen eine angemessene Entschädigung gemäß den Anforderungen nach Art. 17 Abs. 1 der Charta gewährleistet.

429    Aus alledem folgt erstens, dass Banco Popular ausfiel oder wahrscheinlich ausfiel und dass es keine alternativen Maßnahmen gab, mit denen sich diese Situation hätte abwenden lassen, zweitens, dass ohne Abwicklung über Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre, und drittens, dass die Anteilseigner von Banco Popular ihr Investitionsrisiko tragen und dass nach der Verordnung Nr. 806/2014 gemäß dem Grundsatz, dass kein Gläubiger schlechter gestellt werden darf, eine Entschädigung geleistet werden kann. Daraus ist zu schließen, dass der Beschluss zur Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular im Abwicklungskonzept keinen übermäßigen und unerträglichen Eingriff in den Wesensgehalt des Eigentumsrechts der Klägerinnen darstellt, sondern als eine gerechtfertigte und verhältnismäßige Einschränkung im Einklang mit den Art. 17 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 der Charta anzusehen ist.

430    Die Klägerinnen machen ferner geltend, die Behandlung im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens sei das richtige Kriterium für die Bestimmung der Entschädigung, wenn die Abwicklung einer Bank rechtmäßig erfolgt sei. Da im vorliegenden Fall das Abwicklungskonzept nicht im Einklang mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 stehe, müsse für die ihnen zustehende Entschädigung auf die Situation abgestellt werden, in der sie sich ohne die rechtswidrigen Handlungen befunden hätten.

431    Es ist festzustellen, dass dieses Vorbringen nicht auf den Nachweis einer Verletzung des Eigentumsrechts gerichtet ist, sondern dass damit in Wirklichkeit Ersatz eines durch einen Rechtsverstoß eines Unionsorgans verursachten Schadens gefordert wird, der im Rahmen einer Schadensersatzklage zuerkannt werden kann.

432    Daher ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zu den Anträgen auf prozessleitende Maßnahmen

433    In der Klageschrift stellen die Klägerinnen Anträge auf prozessleitende Maßnahmen, mit denen das Gericht der Kommission, dem SRB und der EZB die Vorlage bestimmter Schriftstücke aufgeben soll.

434    Es ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht mit seinem Beweisbeschluss vom 21. Mai 2021 gemäß Art. 91 Buchst. b, Art. 92 Abs. 3 und Art. 103 der Verfahrensordnung dem SRB die Vorlage bestimmter, oben in Rn. 93 bezeichneter Schriftstücke aufgegeben hat. Mit Beschluss vom 16. Juni 2021 hat das Gericht die vom SRB in ihrer vertraulichen Fassung vorgelegten Schriftstücke für nicht erheblich für die Entscheidung des Rechtsstreits befunden. Dagegen ist das Schreiben von Banco Popular an die EZB vom 6. Juni 2017 ohne seine Anlage den anderen Parteien übermittelt worden.

435    Was die Anträge einer Partei auf prozessleitende Maßnahmen oder Beweiserhebung angeht, so hat allein das Gericht darüber zu befinden, ob die ihm in einer Rechtssache vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen (vgl. Urteile vom 26. Januar 2017, Mamoli Robinetteria/Kommission, C‑619/13 P, EU:C:2017:50, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. November 2020, Fleig/EAD, C‑446/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:918, Rn. 53).

436    Im vorliegenden Fall reichen der Akteninhalt und die von den Parteien in der Sitzung gegebenen Erläuterungen für eine Entscheidung des Gerichts aus, da dieses auf der Grundlage der Anträge, der Klagegründe und des im Verfahren entwickelten Vorbringens sowie anhand der von den Parteien vorgelegten Schriftstücke sachdienlich entscheiden konnte.

437    Folglich sind die Anträge der Klägerinnen auf prozessleitende Maßnahmen zurückzuweisen.

438    Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit des von den Klägerinnen hilfsweise gestellten Antrags auf Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses entschieden zu werden braucht.

 Kosten

439    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen ihre eigenen Kosten sowie entsprechend den Anträgen der Kommission und von Banco Santander deren Kosten aufzuerlegen.

440    Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. f der Verfahrensordnung bezeichnet der Begriff „Organe“ die in Art. 13 Abs. 1 EUV genannten Organe der Union und die Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die durch die Verträge oder einen zu deren Durchführung erlassenen Rechtsakt geschaffen worden sind und die in Verfahren vor dem Gericht Partei sein können. Nach Art. 42 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 ist der SRB eine Agentur der Union. Der SRB trägt daher seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Algebris (UK) Ltd und die Anchorage Capital Group LLC tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission und der Banco Santander, SA.

3.      Der Einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) trägt seine eigenen Kosten.

Van der Woude

Jaeger

Kreuschitz

De Baere

 

      Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Juni 2022.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.