Language of document : ECLI:EU:T:2021:699

URTEIL DES GERICHTS (Zehnte Kammer)

13. Oktober 2021(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke Sedus ergo+ – Ältere nationale und internationale Wortmarken ERGOPLUS – Relatives Eintragungshindernis – Keine Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑436/20,

Sedus Stoll AG mit Sitz in Dogern (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Goldmann und J. Thomsen,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer, D. Hanf und M. Eberl als Bevollmächtigte,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelfer vor dem Gericht:

Wolfgang Kappes, wohnhaft in Bochum (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Schneiders, N. Gottschalk und B. Schneiders,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 12. März 2020 (Sache R 2194/2018‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Herrn Kappes und Sedus Stoll

erlässt

DAS GERICHT (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov sowie der Richter G. Hesse und D. Petrlík (Berichterstatter),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 10. Juli 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 22. September 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 30. September 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des Streithelfers,

auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2021

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 21. Oktober 2016 meldete die Klägerin, die Sedus Stoll AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Sedus ergo+ (im Folgenden: angemeldete Marke).

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klasse 10 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „medizinische Möbel; insbesondere medizinische wirbelsäulengerechte Stühle, Sessel und Tische; Stühle und Sessel zur therapeutischen Stimulation der Muskeln und des Körpers; Möbel für therapeutische, gesundheitliche und gesundheitsprophylaktische Zwecke“.

4        Die Markenanmeldung wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 2016/239 vom 16. Dezember 2016 veröffentlicht.

5        Am 15. Dezember 2017 erhob der Streithelfer, Herr Wolfgang Kappes, gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch erfolgte auf der Grundlage der folgenden älteren Marken:

–        die deutsche Wortmarke ERGOPLUS, eingetragen unter der Nr. 1116230 für „Möbel, insbesondere Büromöbel“ der Klasse 20 (im Folgenden: ältere Marke);

–        die internationale Registrierung Nr. 518842 der Wortmarke ERGOPLUS mit Benennung Österreichs, Frankreichs und der Benelux-Staaten, eingetragen am 5. Januar 1988 für die Waren „Möbel, insbesondere Büromöbel“ der Klasse 20.

7        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) geltend gemacht.

8        Mit Entscheidung vom 8. Oktober 2018 wies die Widerspruchsabteilung des EUIPO den Widerspruch insgesamt zurück. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr, da die ältere Marke äußerst kennzeichnungsschwach sei und ihre erhöhte Kennzeichnungskraft nicht ausreichend dargetan worden sei. Die Ähnlichkeiten der zu vergleichenden Zeichen reichten nicht aus, eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

9        Am 9. November 2018 legte der Streithelfer beim EUIPO gemäß den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 12. März 2020 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) hob die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Entscheidung der Widerspruchsabteilung mit der Begründung auf, dass eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001) bestehe.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung zurückzuweisen;

–        dem EUIPO die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht und dem Streithelfer die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem EUIPO aufzuerlegen.

12      Das EUIPO und der Streithelfer beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Vorbemerkungen

13      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass für die Bestimmung der anwendbaren materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 und der Verordnung 2017/1001 der Zeitpunkt der in Rede stehenden Anmeldung maßgeblich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2020, Primart/EUIPO, C‑702/18 P, EU:C:2020:489, Rn. 2 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall wurde die betreffende Marke am 23. Juli 2015, d. h. unter der Geltung der Verordnung Nr. 207/2009, angemeldet. Auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles sind daher die materiell-rechtlichen Vorschriften dieser Verordnung anwendbar.

14      Folglich sind hinsichtlich der materiell-rechtlichen Vorschriften die Bezugnahmen der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung sowie der Klägerin, des EUIPO und des Streithelfers in ihren jeweiligen Schriftsätzen auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 so zu verstehen, dass sie sich auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 beziehen; beide Bestimmungen sind inhaltlich identisch.

15      Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) rügt, weil die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt sei, dass für die einander gegenüberstehenden Marken sowie für die Waren der Klasse 10 und die Waren der Klasse 20 Verwechslungsgefahr bestehe. Insoweit macht sie im Wesentlichen geltend, dass die Feststellungen der Beschwerdekammer im Hinblick auf den Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise, die Ähnlichkeit der betreffenden Waren und Zeichen, die mangelnde Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie den dominierenden und kennzeichnungskräftigen Charakter der die angemeldete Marke bildenden Wortbestandteile fehlerhaft seien.

16      Das EUIPO und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

17      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich dabei um zwei kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise

19      In den Rn. 20 und 21 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise aus der breiten Öffentlichkeit und Unternehmen mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem Fachwissen aus Deutschland bestünden, da sich die in Rede stehenden Waren an diese beiden Personengruppen richteten und dieser Mitgliedstaat das relevante Gebiet darstelle. Der Aufmerksamkeitsgrad dieses Publikums reiche von normal bis hoch, abhängig vom jeweiligen Preis der betreffenden Waren; für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei jedoch auf die Verkehrskreise mit der geringsten Aufmerksamkeit, also der normalen Aufmerksamkeit, abzustellen.

20      Die Parteien beanstanden weder die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise noch die des maßgeblichen Gebiets.

21      Allerdings wendet sich die Klägerin gegen die Beurteilung der Beschwerdekammer und begründet dies damit, diese habe verkannt, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise bei den mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren der Klasse 10, nämlich „medizinische Möbel“ und „Möbel für therapeutische, gesundheitliche und gesundheitsprophylaktische Zwecke“, stark erhöht sei, da die Anschaffung von Möbeln regelmäßig die Folge reiflicher Überlegung sei und üblicherweise als langfristige Investition erfolge. Der Preis sei nur eines der Kriterien, das auf den Aufmerksamkeitsgrad beim Kauf einer Ware schließen lasse; die Art des Produkts, die Bedeutung der Kaufentscheidung, die Anschaffungsintervalle sowie funktionale und ästhetische Überlegungen seien ebenfalls von Bedeutung. Diese Erwägungen gälten umso mehr für die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Möbel der Klasse 10, da es sich hierbei um gesundheitsbezogene Waren handele, für die die maßgeblichen Verkehrskreise eine besonders hohe Aufmerksamkeit walten ließen.

22      Das EUIPO und der Streithelfer halten die Feststellungen der Beschwerdekammer zum Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise nicht für fehlerhaft. Nach Ansicht des Streithelfers sind auch unter der Warenart „medizinische Möbel“ günstige Produkte zu finden. Daher sei bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf die Verkehrskreise abzustellen, die die geringste Aufmerksamkeit an den Tag legten.

23      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf durchschnittlich informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Art von Waren oder Dienstleistungen als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteile vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 17. Februar 2017, Construlink/EUIPO – Wit-Software [GATEWIT], T‑351/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:101, Rn. 46).

24      Setzen sich die maßgeblichen Verkehrskreise für alle mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowohl aus zur breiten Öffentlichkeit gehörenden Verbrauchern als auch aus Fachleuten zusammen, ist auf den geringsten Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers einer dieser beiden Gruppen abzustellen (vgl. Urteile vom 15. Juli 2011, Ergo Versicherungsgruppe/HABM – Société de développement et de recherche industrielle [ERGO Group], T‑221/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:393, Rn. 21, und vom 28. November 2019, Soundio/EUIPO – Telefónica Germany [Vibble], T‑665/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:825, Rn. 24; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. Februar 2011, Yorma’s/HABM – Norma Lebensmittelfilialbetrieb [YORMA’S], T‑213/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:37, Rn. 25).

25      Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sich die in Rede stehenden Waren sowohl an die breite Öffentlichkeit als auch an Fachleute richten und dass die breite Öffentlichkeit grundsätzlich einen geringeren Grad an Aufmerksamkeit an den Tag legt als die Fachleute.

26      Folglich ist der Aufmerksamkeitsgrad zu berücksichtigen, den der zur breiten Öffentlichkeit gehörende Durchschnittsverbraucher an den Tag legt.

27      Mit der angemeldeten Marke sind u. a. „medizinische Möbel“ und „Möbel für therapeutische, gesundheitliche und gesundheitsprophylaktische Zwecke“ gekennzeichnet, die sehr spezifische Möbelstücke darstellen. Daher fallen sie in die Klasse 10, die eine Gesamtheit von Waren zu medizinischen oder chirurgischen Zwecken umfasst, zu denen „Spezialmöbel für medizinische Zwecke“ gehören.

28      Auch wenn die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren für die breite Öffentlichkeit bestimmt sein können, werden sie nicht regelmäßig, sondern vielmehr nur gelegentlich erworben, da diese Waren dazu bestimmt sind, über einen längeren Zeitraum verwendet zu werden (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Februar 2019, Aytekin/EUIPO – Dienne Salotti [Dienne], T‑107/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:114, Rn. 24). Ein solcher Erwerb beruht zudem auf Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit der Verbraucher, was im Allgemeinen einen erhöhten Grad an Aufmerksamkeit seitens des zur breiten Öffentlichkeit gehörenden Durchschnittsverbrauchers impliziert.

29      Der Streithelfer macht zwar geltend, dass zu den mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren auch günstige Möbel wie „Medizinschränke“ oder „orthopädische Möbel“ gehörten, jedoch bringt er keinen Beweis bei, der geeignet wäre, um zum einen zu belegen, dass im Alltag gebräuchliche Möbel wie „Medizinschränke“ in die Kategorie „Spezialmöbel für medizinische Zwecke“ fallen, die zur Klasse 10 oder den verschiedenen von dieser Marke erfassten Waren gehören. Zum anderen erbringt der Streithelfer keinen Nachweis dafür, dass „orthopädische Möbel“ im Alltag gebräuchliche Waren sind, denen der zur breiten Öffentlichkeit gehörende Durchschnittsverbraucher einen lediglich normalen Aufmerksamkeitsgrad entgegenbringe. Vielmehr ist in Bezug auf „Medizinschränke“ – wie es das EUIPO in der mündlichen Verhandlung getan hat – darauf hinzuweisen, dass solche Möbelstücke nicht für die Durchführung einer therapeutischen Behandlung oder von Pflege verwendet werden und daher nicht zur Kategorie der „medizinischen Möbel“ der Klasse 10 gehören.

30      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers, der bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist, im vorliegenden Fall als hoch anzusehen ist. Folglich hat die Beschwerdekammer einen Rechtsfehler begangen, indem sie davon ausgegangen ist, dass der Aufmerksamkeitsgrad dieses Durchschnittsverbrauchers je nach dem jeweiligen Preis der Waren von normal bis hoch reiche und daher auf den geringsten, also den normalen Aufmerksamkeitsgrad, abzustellen sei.

 Zum Vergleich der in Rede stehenden Waren

31      Die Feststellung der Beschwerdekammer, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 10 und die von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 20 einander ähnlich seien, wird von der Klägerin nicht beanstandet. Ihrer Ansicht nach hat aber die Beschwerdekammer einen Fehler begangen, indem sie nicht den genauen Grad der Ähnlichkeit zwischen diesen Waren bestimmt und diesen Grad nicht als im unteren Bereich anerkannt habe.

32      Unter den von der älteren Marke erfassten „Möbel[n]“ der Klasse 20 und den von der angemeldeten Marke erfassten „medizinische[n] Möbel[n]“ der Klasse 10 überschneiden sich einige Waren, insbesondere im Hinblick auf ihre ergonomischen Eigenschaften oder darauf, dass sie dieselbe Bestimmung haben sowie von denselben Herstellern und über dieselben Vertriebswege angeboten werden können.

33      Hieraus ergibt sich, dass diese Waren einen mittleren Ähnlichkeitsgrad aufweisen.

34      Insoweit hat sich die Beschwerdekammer zu Unrecht auf die Feststellung beschränkt, dass die in Rede stehenden Waren einander ähnlich seien, ohne näher auszuführen, dass es sich um einen mittleren Grad an Ähnlichkeit handelt. Diese Feststellung ist zudem vage und ungenau, da sie es weder den Parteien noch dem Gericht ermöglicht, nachzuvollziehen, ob die Beschwerdekammer vom Vorliegen eines geringen, mittleren oder hohen Ähnlichkeitsgrads ausgegangen ist.

 Zum Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen

35      In den Rn. 26 bis 34 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass das Wortzeichen „Sedus ergo+“ der angemeldeten Marke und das Wortzeichen ERGOPLUS der älteren Marke einander ähnlich seien.

36      Die Klägerin macht erstens geltend, die Beschwerdekammer habe bei der Prüfung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente dieser Marken einen Rechtsfehler begangen. Zum einen habe sie aus der äußerst schwachen Kennzeichnungskraft der Bestandteile „ERGOPLUS“ in der älteren Marke und „ergo+“ in der angemeldeten Marke keine angemessenen Schlussfolgerungen gezogen. Zum anderen sei sie nicht auf die Kennzeichnungskraft und die Dominanz des Bestandteils „Sedus“ in der angemeldeten Marke eingegangen. Zweitens habe die Beschwerdekammer bei der Prüfung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen einen Rechtsfehler begangen.

37      Das EUIPO und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie machen geltend, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen einen über eine geringe Ähnlichkeit hinausgehenden Ähnlichkeitsgrad aufwiesen, dass der älteren Marke eine gewisse Kennzeichnungskraft zuzumessen sei, und sei sie auch gering, dass der Bestandteil „Sedus“ der angemeldeten Marke dem Firmennamen der Klägerin entspreche, der von den maßgeblichen Verkehrskreisen als solcher erkannt werde und dem der Durchschnittsverbraucher keine besondere Aufmerksamkeit schenke, und dass die ältere Marke als solche zumindest klanglich und begrifflich in die angemeldete Marke übernommen worden sei.

38      Angesichts des Vorbringens der Klägerin ist zunächst die Rüge hinsichtlich der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente der einander gegenüberstehenden Marken zu prüfen.

 Zu den unterscheidungskräftigen Bestandteilen der einander gegenüberstehenden Zeichen

39      Nach der Rechtsprechung sind zwei Marken einander ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte, d. h. hinsichtlich des visuellen, des klanglichen und des begrifflichen Aspekts, zumindest teilweise übereinstimmen (Urteile vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, EU:T:2002:261, Rn. 30, und vom 15. Dezember 2010, Novartis/HABM – Sanochemia Pharmazeutika [TOLPOSAN], T‑331/09, EU:T:2010:520, Rn. 43).

40      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Ebenso sind bei dieser umfassenden Beurteilung insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente der einander gegenüberstehenden Marken zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Rahmen dieser Beurteilung kommt dem Umstand, dass die Unterscheidungskraft jedes der Bestandteile der Marken unterschiedlich ist, besondere Bedeutung zu.

42      Um den Grad der Unterscheidungskraft dieser Bestandteile zu beurteilen, ist zu prüfen, ob sie geeignet sind, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen oder angemeldet worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Bei dieser Beurteilung sind insbesondere die Eigenschaften der in Rede stehenden Bestandteile darauf zu prüfen, ob sie in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen oder angemeldet worden ist, beschreibend sind oder nicht (vgl. Urteile vom 3. September 2010, Companhia Muller de Bebidas/HABM – Missiato Industria e Comercio [61 A NOSSA ALEGRIA], T‑472/08, EU:T:2010:347, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. März 2021, Kerry Luxembourg/EUIPO – Ornua [KERRYMAID], T‑693/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:124, Rn. 53).

43      Zudem ist bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Wortmarken auch zu berücksichtigen, dass der Verbraucher dem Anfang einer solchen Marke grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit widmet als deren Ende, da der erste Teil einer Marke sowohl in bildlicher Hinsicht als auch in klanglicher Hinsicht üblicherweise eine stärkere Wirkung hat als ihr letzter Teil (vgl. Urteile vom 27. Februar 2019, Aytekin/EUIPO – Dienne Salotti [Dienne], T‑107/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:114, Rn. 47, und vom 26. März 2020, Conlance/EUIPO – LG Electronics [SONANCE], T‑343/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:124, Rn. 39).

44      Nach alledem kann, wenn ein Zeichen ein schwach unterscheidungskräftiges Wortelement, das diesem Zeichen und dem, mit dem es zu vergleichen ist, gemeinsam ist, und ein anderes Element enthält, das eher geeignet ist, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich zu ziehen, das Vorhandensein des übereinstimmenden Elements in den einander gegenüberstehenden Zeichen für sich genommen nicht zu deren Ähnlichkeit führen (vgl. Urteil vom 19. November 2014, Evonik Oil Additives/HABM – BRB International [VISCOTECH], T‑138/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:973, Rn. 60). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dieser andere Bestandteil aufgrund seiner Anfangsposition in der angemeldeten Marke geeignet ist, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich zu ziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Mai 2020, Workspace Group/EUIPO – Technopolis Holding [UMA WORKSPACE], T‑506/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:220, Rn. 38).

45      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Marken keinen dominierenden Bestandteil aufwiesen. In Rn. 28 dieser Entscheidung hat sie ausgeführt, dass in der angemeldeten Marke, die sich aus zwei Bestandteilen, nämlich „Sedus“ und „ergo+“, zusammensetze, der letztgenannte Bestandteil „seine eigene kennzeichnende Bedeutung [behalte]“, wenn sie auch schwach sei. Schließlich hat die Beschwerdekammer in Rn. 30 dieser Entscheidung im Rahmen der Beurteilung der bildlichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen festgestellt, dass der Bestandteil „Sedus“ in der angemeldeten Marke keine dominierende Stellung einnehme.

46      In Anbetracht dieser Erwägungen hat die Beschwerdekammer bei der Prüfung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr in den Rn. 47 und 48 der angefochtenen Entscheidung zum einen befunden, dass die ältere Marke, nämlich ERGOPLUS, in dem Bestandteil „ergo+“ der angemeldeten Marke fast identisch enthalten sei und „[e]ine Ware, die mit ,ergo+‘ gekennzeichnet wird, … daher durchaus als ein Hinweis auf den Hersteller von ,ERGOPLUS‘ gesehen werden [kann]“. Zum anderen hat die Beschwerdekammer die Ansicht vertreten, dass der Teil „ergo+“ aufgrund der Hinzufügung des Firmennamens der Klägerin, „Sedus“, in der angemeldeten Marke „nicht derart verändert [wird], dass der Gesamtbegriff [für die maßgeblichen Verkehrskreise] von ‚ERGOPLUS/ergo+‘ wegführt“. Diese Hinzufügung führe nicht zu einer maßgeblichen Änderung in dem von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck, da entgegen der Auffassung der Widerspruchsabteilung „ergo+“ bereits eine eigene, kennzeichnende Bedeutung erreicht habe, wobei im Übrigen die ältere Marke fast identisch in der angemeldeten Marke integriert sei.

47      Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass es die Beschwerdekammer abgelehnt hat, dem Bestandteil „Sedus“ eine höhere Bedeutung zuzumessen, und in Wirklichkeit diesen Bestandteil und den Bestandteil „ergo+“ gleich behandelt, ja sogar dem Bestandteil „Sedus“ eine geringere Bedeutung beigemessen hat.

48      Damit hat die Beschwerdekammer erstens nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Bestandteil „Sedus“ am Anfang der angemeldeten Marke steht und dass der Verbraucher einem so platzierten Bestandteil grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit widmet als dem Bestandteil, der sich am Ende des Zeichens befindet, im vorliegenden Fall „ergo+“.

49      Zweitens hat die Beschwerdekammer den unterschiedlichen Grad der Unterscheidungskraft der verschiedenen Bestandteile der angemeldeten Marke nicht hinreichend berücksichtigt.

50      Insoweit ist der bei den einander gegenüberstehenden Marken weitgehend übereinstimmende Bestandteil, nämlich „ergo+“ in der angemeldeten Marke und „ERGOPLUS“ in der älteren Marke – wie die Beschwerdekammer in den Rn. 27 und 34 der angefochtenen Entscheidung anerkannt hat – schwach kennzeichnungskräftig; dies liegt weit unter dem normalen Grad an Kennzeichnungskraft. Dieser Bestandteil verweist nämlich auf Begriffe wie die Ergonomie oder einen Vorteil und stellt eine Anspielung auf Möbel dar, für die Ergonomie im Allgemeinen eine wichtige Eigenschaft darstellt. Ebenso ist die Bezeichnung „PLUS/+“, die den Hinweis auf die Ergonomie ergänzt, so zu verstehen, dass sie eine Ergänzung zur Ergonomie bedeutet.

51      Insoweit macht das EUIPO zwar geltend, der Umstand, dass die Einzelbestandteile, aus denen sich eine Marke zusammensetze, eine äußerst geringe oder gar keine Kennzeichnungskraft aufweisen könnten, bedeute nicht, dass die Kombination dieser Bestandteile zwangsläufig auch geringe oder gar keine Kennzeichnungskraft habe, doch ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall die Begriffe „ERGO“ und „+/PLUS“, die zusammen beurteilt werden, aus den oben in Rn. 50 angeführten Gründen hinsichtlich der Waren, auf sie sich beziehen, allenfalls eine schwache Kennzeichnungskraft aufweisen.

52      Insoweit besteht kein merklicher Unterschied zwischen dem Bestandteil „ergo+“ der angemeldeten Marke und der bloßen Summe seiner Teile. Somit ist deren Kombination in Bezug auf die mit dieser Marke gekennzeichneten Waren nicht ungewöhnlich und erweckt keinen Eindruck, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der diesen Teilen zu entnehmenden Angaben entsteht.

53      Ebenso wenig kann sich der Streithelfer auf das Vorbringen beschränken, dass das Zeichen ERGOPLUS infolge seiner Benutzung auf dem Markt normale oder sogar erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt habe. Zwar hätte der Streithelfer nach Art. 173 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts einen derartigen Klagegrund geltend machen können, doch hat er vor dem Gericht keinen konkreten Anhaltspunkt vorgetragen, der diesen Umstand belegen würde, mit dem sich die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass er die durch Benutzung erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke nicht nachgewiesen habe, substantiiert beanstanden ließe.

54      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass das bei den einander gegenüberstehenden Marken weitgehend übereinstimmende Element, nämlich „ergo+“ in der angemeldeten Marke und „ERGOPLUS“ in der älteren Marke, schwach unterscheidungskräftig ist.

55      Dagegen ist, wie das EUIPO in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dem Bestandteil „Sedus“ normale Unterscheidungskraft zuzuerkennen. Für die maßgeblichen Verkehrskreise, d. h. die normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige breite Öffentlichkeit in Deutschland, hat dieses Element nämlich keine Bedeutung, da seine Nähe zu den lateinischen Begriffen „sedere“ oder „sedes“, die „sitzen“ bzw. „Sitz“ bedeuten, von diesen Verkehrskreisen nicht erkannt werden kann, weil diese Begriffe im maßgeblichen Gebiet ungebräuchlich sind.

56      In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer jedoch, was das EUIPO in seiner Klagebeantwortung einräumt, nicht auf den Grad der Unterscheidungskraft des Bestandteils „Sedus“ Bezug genommen und ist erst recht nicht auf dessen normale Unterscheidungskraft eingegangen, die sie, wie sich aus den oben in den Rn. 46 und 47 dargelegten Erwägungen ergibt, mithin nicht berücksichtigt hat.

57      Hierzu trägt das EUIPO im Wesentlichen vor, die Beschwerdekammer habe diesen Bestandteil zu Recht nicht berücksichtigt, weil er dem Firmennamen der Klägerin entspreche, was den maßgeblichen Verkehrskreisen nach den Erklärungen der Klägerin auch bekannt sei.

58      Das EUIPO erläutert jedoch nicht, warum die Benutzung des Firmennamens des Inhabers einer Marke als deren Bestandteil zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft dieser Marke führen sollte. Eine solche Benutzung kann nämlich die Eignung der Marke verstärken, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen oder angemeldet wurde, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

59      Im Übrigen geht weder aus der angefochtenen Entscheidung, in der auf diesen Punkt nicht eingegangen wird, noch aus der dem Gericht vorgelegten Akte hervor, dass der Bestandteil „Sedus“ den maßgeblichen Verkehrskreisen, also der deutschen breiten Öffentlichkeit, als Bezeichnung für die Klägerin bekannt wäre und dass dies zur Folge hätte, die Kennzeichnungskraft der angemeldeten Marke zu schwächen. Dies gilt umso mehr, als der Bestandteil „Sedus“ dieser Marke nur einen Teil des Firmennamens der Klägerin darstellt, der Sedus Stoll AG lautet. Unter diesen Umständen ist das Vorbringen des EUIPO daher zurückzuweisen.

60      Nach alledem hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der Bestandteile der angemeldeten Marke in zweierlei Hinsicht einen Rechtsfehler begangen. Zum einen hat sie nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Bestandteil „Sedus“ aufgrund seiner Anfangsposition in der angemeldeten Marke eher geeignet ist, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich zu ziehen als der Bestandteil „ergo+“. Zum anderen hat sie den Unterschied zwischen dem jeweiligen Grad der Unterscheidungskraft der Bestandteile „Sedus“ und „ergo+“ nicht gebührend berücksichtigt.

 Zum Vergleich der Zeichen in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht

61      In den Rn. 29 bis 31 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen eine „gewisse“ bildliche Ähnlichkeit aufwiesen, da beide Zeichen den Bestandteil „ERGO“ enthielten. Zum Grad der klanglichen Ähnlichkeit hat die Beschwerdekammer in den Rn. 32 und 33 dieser Entscheidung ausgeführt, dass dieser „mehr als geringfügig“ sei, da die Aussprache der einander gegenüberstehenden Zeichen in den drei Silben „ER‑GO-PLUS“ übereinstimme und sich nur in den beiden Silben „SE‑DUS“ unterscheide. In begrifflicher Hinsicht ist die Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass die in jeweils einem der beiden Zeichen enthaltenen Bestandteile „ERGOPLUS“ und „ergo+“ wegen der Anspielung auf die Ergonomie und einen Vorteil eine „mehr als geringfügig[e]“ begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen implizierten.

62      Die Klägerin macht geltend, die einander gegenüberstehenden Zeichen seien einander nicht ähnlich. Erstens seien die insoweit in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen schwammig, insbesondere was die bildliche Ähnlichkeit dieser Zeichen betreffe, hinsichtlich deren nicht ersichtlich sei, ob die Beschwerdekammer von einer schwachen bildlichen Ähnlichkeit oder einer normalen Ähnlichkeit ausgegangen sei. Zweitens könne der Bestandteil „ERGOPLUS“, da er nur äußerst kennzeichnungsschwach sei, eine relevante Zeichenähnlichkeit nicht begründen, zumal das Zeichen der angemeldeten Marke einen dominierenden Bestandteil, nämlich den Bestandteil „Sedus“, aufweise, und die bildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen „ERGOPLUS“ und „Sedus ergo+“ allenfalls gering sei.

63      Das EUIPO und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Hinsichtlich des begrifflichen Vergleichs macht der Streithelfer geltend, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen begrifflich gleich seien, und betont, dass der Bestandteil „Sedus“ dem Firmennamen der Klägerin entspreche; dabei trete diese Bezeichnung in dem von dieser Marke hervorgerufenen Gesamteindruck im Allgemeinen zurück, und die maßgeblichen Verkehrskreise blendeten eine solche Bezeichnung, die sie als solche wahrnähmen, aus.

64      Es ist darauf hinzuweisen, dass das Zeichen der angemeldeten Marke aus zwei Wortbestandteilen besteht, nämlich „Sedus“ und „ergo+“, während das Zeichen der älteren Marke aus einem einzigen Wortbestandteil, nämlich „ERGOPLUS“, besteht.

65      Was den visuellen Vergleich betrifft, besteht zwischen den in Rede stehenden Zeichen insofern Ähnlichkeit, als sie in dem Bestandteil „ergo“ übereinstimmen. Dieser Bestandteil enthält jedoch nur vier der acht Buchstaben des Zeichens der älteren Marke und entspricht nur vier der zehn Zeichen, aus denen die angemeldete Marke besteht. Außerdem unterscheiden sich die einander gegenüberstehenden Zeichen durch den Wortbestandteil „Sedus“, der am Anfang der angemeldeten Marke steht und eine höhere Unterscheidungskraft besitzt als der Bestandteil „ergo“. Somit ist er geeignet, die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise eher auf sich zu ziehen als der letztgenannte Bestandteil, und ist auch besser geeignet, zur Bestimmung der mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren beizutragen. Schließlich unterscheiden sich die einander gegenüberstehenden Zeichen auch durch das am Ende der angemeldeten Marke stehende numerische Zeichen „+“.

66      In Anbetracht der oben in den Rn. 49 bis 59 und 65 angestellten Erwägungen ist somit festzuhalten, dass zwischen den in Rede stehenden Zeichen eine geringe bildliche Ähnlichkeit besteht. Folglich hat die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen eine „gewisse“ bildliche Ähnlichkeit bestehe; diese Feststellung ist zudem aus den oben in Rn. 34 dargelegten Gründen vage und ungenau.

67      Was den klanglichen Vergleich der in Rede stehenden Zeichen betrifft, hat die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt, dass die Aussprache dieser Zeichen in den drei Silben „er“, „go“ und „plus“ dieser Zeichen übereinstimme, dass sie sich in den beiden Anfangssilben der angemeldeten Marke, nämlich „se“ und „dus“, unterscheide und dass die ältere Marke klanglich vollständig in der angemeldeten Marke enthalten sei.

68      Unter diesen Umständen weisen die in Rede stehenden Zeichen einen mittleren Grad an klanglicher Ähnlichkeit auf. Insoweit fehlt es der Feststellung der Beschwerdekammer, dass diese Ähnlichkeit „mehr als geringfügig“ sei, aus den oben in Rn. 58 dargelegten Gründen an Klarheit.

69      Was den begrifflichen Vergleich betrifft, hat die Beschwerdekammer ihre Prüfung auf den Wortbestandteil „ERGOPLUS“ in der älteren Marke bzw. „ergo+“ in der angemeldeten Marke konzentriert, indem sie ausgeführt hat, dass dieser Bestandteil mit äußerst schwacher Unterscheidungskraft eine Anspielung auf die Ergonomie und einen Vorteil darstelle, was eine „mehr als geringfügig[e]“ begriffliche Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen impliziere.

70      Indem sich die Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung darauf gestützt hat, dass der in den in Rede stehenden Zeichen bis auf einen leichten Unterschied übereinstimmende Wortbestandteil auf die Begriffe „Ergonomie“ und „Vorteil“ verweise, und in derselben Randnummer darauf hingewiesen hat, dass die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit für die maßgeblichen Verkehrskreise keine Bedeutung habe, hat sie die beiden Umstände nicht berücksichtigt, dass der Bestandteil „Sedus“ in diesem Zeichen keine für die Verkehrskreise verständliche Bedeutung hat und dass er am Anfang dieses Zeichens steht. Diese beiden Umstände haben jedoch zur Folge, dass der Vergleich der in Rede stehenden Zeichen beeinflusst wird, weil die Wahrnehmung eines Wortelements, das für die maßgeblichen Verkehrskreise nicht verständlich ist und am Anfang eines der zu vergleichenden Zeichen steht, einen begrifflichen Unterschied erzeugt.

71      Diese Schlussfolgerung wird aus den oben in Rn. 58 dargelegten Gründen durch das Vorbringen, der Bestandteil „Sedus“ sei der Firmenname der Klägerin und werde von den maßgeblichen Verkehrskreisen als solcher erkannt, nicht in Frage gestellt, da weder die eine noch die andere dieser Behauptungen belegt worden ist.

72      Daher hätte die Beschwerdekammer feststellen müssen, dass die in Rede stehenden Zeichen in begrifflicher Hinsicht einen geringen Ähnlichkeitsgrad aufwiesen, und nicht eine „mehr als geringfügig[e]“ Ähnlichkeit, da eine solche Feststellung erneut vage und ungenau ist.

 Zur Verwechslungsgefahr

73      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

74      Im Übrigen ist die Verwechslungsgefahr umso größer, je größer sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt (Urteil vom 11. November 1997, SABEL, C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 24).

75      Um zu beurteilen, wie weit die Ähnlichkeit zwischen den betreffenden Marken geht, ist zudem der Grad ihrer Ähnlichkeit im Bild, im Klang und in der Bedeutung zu bestimmen sowie gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen und der Bedingungen, unter denen sie vertrieben werden, zu bewerten, welche Bedeutung diesen einzelnen Elementen beizumessen ist (vgl. Urteil vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 27).

76      Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdekammer im Hinblick auf die oben in den Rn. 45 und 46 wiedergegebenen Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass für das deutschsprachige Publikum mit einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad auch angesichts einer geringen Kennzeichnungskraft der älteren Marke für Möbel und ähnliche Waren eine Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen werden könne.

77      Die Klägerin beanstandet diese Feststellung, indem sie sich auf die äußerst schwache Kennzeichnungskraft der älteren Marke ERGOPLUS und den dominierenden Charakter bzw. die zumindest normale Unterscheidungskraft des Wortbestandteils „Sedus“ in der angemeldeten Marke stützt.

78      Das EUIPO macht geltend, dass die fehlende Feststellung des dominierenden Charakters des Wortbestandteils „Sedus“ in der angemeldeten Marke keine Auswirkung auf die Anerkennung der kennzeichnungskräftigen Position habe, die der Wortbestandteil „ergo+“ in dieser Marke behalte, dem ein Mindestmaß an Kennzeichnungskraft zuzubilligen sei und der in dieser Marke ein eigenständiges und nicht unerhebliches Element darstelle. Einer in ihrer Kennzeichnungskraft geschwächten älteren Marke sei nicht stets auch die Fähigkeit abzusprechen, bei praktisch identischer Übernahme der älteren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung in der später angemeldeten Marke einzunehmen. Die Beschwerdekammer habe zutreffend berücksichtigt, dass die angemeldete Marke die ältere Marke fast identisch übernommen und ihr den Firmennamen der Klägerin hinzugefügt habe, der den maßgeblichen Verkehrskreisen offenbar mehrheitlich bekannt sei.

79      Der Streithelfer ist der Auffassung, dass die Beschwerdekammer keinen Fehler begangen habe. Er stützt sich insoweit auf die Feststellung der Identität der mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren sowie auf die hohe klangliche und begriffliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, wobei die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auf den eher beschreibenden und als Produktkennzeichnung tauglichen Wortbestandteil „ergo+“ gerichtet sei. Außerdem sei die im Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594, Rn. 28), aufgestellte Regel im vorliegenden Fall anwendbar, auch wenn der Bestandteil, der eine selbständige Kennzeichnungskraft behalte, schwach kennzeichnungskräftig sei, und eine ältere Marke nicht identisch übernommen worden sei.

80      Wie oben in Rn. 33 ausgeführt worden ist, weisen die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 10 und die von der älteren Marke erfassten Waren einen mittleren Grad an Ähnlichkeit auf. Sodann weisen die einander gegenüberstehenden Zeichen, wie oben in den Rn. 64 bis 72 festgestellt worden ist, einen geringen Grad an bildlicher und begrifflicher Ähnlichkeit sowie einen mittleren Grad an klanglicher Ähnlichkeit auf.

81      Was jedoch die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und das daraus folgende Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken für die maßgeblichen Verkehrskreise betrifft, bei denen, wie sich oben aus Rn. 30 ergibt, davon auszugehen ist, dass sie einen hohen Aufmerksamkeitsgrad an den Tag legen, ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer nicht hinreichend berücksichtigt hat, dass der Bestandteil „Sedus“ am Anfang der angemeldeten Marke steht und dass nach der oben in Rn. 43 angeführten Rechtsprechung der Verbraucher einem so platzierten Bestandteil grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit widmet als einem Bestandteil am Ende des Zeichens, wie im vorliegenden Fall „ergo+“.

82      Zweitens hat die Beschwerdekammer, wie sich oben aus den Rn. 49 bis 59 ergibt, in der angefochtenen Entscheidung dem unterschiedlichen Grad der Unterscheidungskraft der Bestandteile „Sedus“, (normal unterscheidungskräftig) und „ergo+“ (schwach unterscheidungskräftig), nicht gebührend Rechnung getragen. Sie hat auch die Auswirkung des geringen Grades an Kennzeichnungskraft der älteren Marke, den sie aber in Rn. 50 der angefochtenen Entscheidung anerkannt hat, nicht zutreffend beurteilt.

83      In Anbetracht der schwachen Unterscheidungskraft des in den einander gegenüberstehenden Marken übereinstimmenden Bestandteils „ERGOPLUS“ bzw. „ergo+“ ermöglicht es das Vorhandensein des Bestandteils „Sedus“ in der angemeldeten Marke, der wegen seiner normalen Unterscheidungskraft und seiner Stellung am Anfang des Zeichens dieser Marke eher die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auf sich ziehen kann, diesen Verkehrskreisen, die einander gegenüberstehenden Marken deutlich zu unterscheiden. Somit hat die Beschwerdekammer einen Fehler begangen, als sie festgestellt hat, dass für diese Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr im Hinblick darauf bestehen könne, ob die in Rede stehenden Waren von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen könnten.

84      Außerdem durfte die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen des EUIPO ihre Schlussfolgerung nicht darauf stützen, dass der von der älteren Marke geringfügig abweichende Wortbestandteil „ergo+“ in der angemeldeten Marke „seine eigene kennzeichnende Bedeutung [behalte]“.

85      Im vorliegenden Fall hat nämlich der Wortbestandteil „ergo+“ der angemeldeten Marke nur geringe Unterscheidungskraft, da er ganz offensichtlich auf Möbel anspielt.

86      Damit ein Bestandteil mit schwacher Unterscheidungskraft in einer zusammengesetzten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung im Sinne des Urteils vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), einnehmen kann, muss er sich insbesondere durch seine Position im Zeichen oder seine Größe der Wahrnehmung des Verbrauchers aufdrängen und sich in seinem Gedächtnis einprägen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2015, BGW, C‑20/14, EU:C:2015:714, Rn. 40). Dies ist jedoch bei dem Bestandteil „ergo+“ der angemeldeten Marke nicht der Fall; er kann sich weder durch seine Position noch durch seine Größe der Wahrnehmung des Verbrauchers aufdrängen.

87      Folglich ist dem einzigen Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) gerügt wird, stattzugeben.

88      Die Klägerin beantragt neben der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung auch deren Abänderung.

89      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die dem Gericht nach Art. 72 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 zustehende Abänderungsbefugnis nicht bewirkt, dass es dazu ermächtigt wäre, eine Frage zu beurteilen, zu der die Beschwerdekammer noch nicht Stellung genommen hat. Die Ausübung der Abänderungsbefugnis ist folglich grundsätzlich auf Situationen zu beschränken, in denen das Gericht nach einer Überprüfung der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung auf der Grundlage der erwiesenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Entscheidung zu finden vermag, die die Beschwerdekammer hätte erlassen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 72).

90      Insoweit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung, wie sich aus deren Rn. 50 ergibt, ausschließlich auf die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Zeichen sowie ihrer unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente durch die maßgeblichen deutschsprachigen Verkehrskreise gestützt hat. Sie hat mithin nicht geprüft, wie diese Zeichen und ihre Bestandteile von den maßgeblichen Verkehrskreisen in Frankreich und den Benelux-Staaten wahrgenommen würden.

91      Unter diesen Umständen ist es nicht Sache des Gerichts, im vorliegenden Fall das Vorbringen der Klägerin vor der Beschwerdekammer zu prüfen, wonach zwischen der angemeldeten Marke und den älteren Marken in den maßgeblichen Gebieten keine Verwechslungsgefahr bestehe.

92      Der auf der Grundlage dieses Vorbringens gestellte Antrag der Klägerin auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung ist daher zurückzuweisen.

93      Folglich ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Klage im Übrigen abzuweisen.

 Kosten

94      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das EUIPO unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin seine eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

95      Darüber hinaus hat die Klägerin beantragt, dem Streithelfer die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem EUIPO aufzuerlegen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 190 Abs. 2 der Verfahrensordnung Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren, als erstattungsfähige Kosten gelten. Daher sind dem Streithelfer neben seinen eigenen Kosten im Verfahren vor dem Gericht auch die Aufwendungen der Klägerin aufzuerlegen, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zehnte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 12. März 2020 (Sache R 2194/20181) wird aufgehoben.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Das EUIPO trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten, die der Sedus Stoll AG für das Verfahren vor dem Gericht entstanden sind.

4.      Herr Wolfgang Kappes trägt seine eigenen Kosten sowie die Aufwendungen von Sedus Stoll, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO notwendig waren.

Kornezov

Hesse

Petrlík

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Oktober 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      M. van der Woude



*      Verfahrenssprache: Deutsch.