Language of document : ECLI:EU:C:2014:224

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 3. April 2014(1)

Rechtssache C‑114/12

Europäische Kommission

gegen

Rat der Europäischen Union

„Aushandlung eines Übereinkommens des Europarats zum Schutz der Rechte von Sendeunternehmen – Zuständigkeit – Verfahren“





1.        Zwischen der Europäischen Kommission und dem Rat der Europäischen Union besteht Streit über die Zuständigkeit zur Aushandlung eines Übereinkommens des Europarats zum Schutz der Rechte von Sendeunternehmen (im Folgenden: Übereinkommen).

2.        Am 19. Dezember 2011 ermächtigten der Rat und die (im Rat als Vertreter ihrer jeweiligen Regierung vereinigten) Vertreter der Mitgliedstaaten die Kommission zur Teilnahme an den Verhandlungen über das hier in Rede stehende Übereinkommen in Bezug auf Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Europäischen Union fallen, und wiesen den Vorsitz an, im Namen der Mitgliedstaaten über Angelegenheiten zu verhandeln, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen (im Folgenden: Beschluss)(2). Die Kommission beantragt, den Beschluss für nichtig zu erklären, da die ausschließliche Außenkompetenz der Europäischen Union im Bereich des Schutzes der Rechte von Sendeunternehmen nicht beachtet worden sei. Der Beschluss sei im Übrigen auch deshalb für nichtig zu erklären, weil er unter Verletzung der einschlägigen Verfahrensvorschriften und des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit gefasst worden sei(3).

 Zum Übereinkommen

3.        Im Jahr 2002 verabschiedete der Europarat die Empfehlung Rec(2002)7 zur Erhöhung des Schutzes verwandter Schutzrechte von Sendeunternehmen (im Folgenden: Empfehlung von 2002)(4). Mit Beschluss vom 20. Februar 2008 beauftragte der Ministerausschuss des Europarats den Lenkungsausschuss für Medien und neue Kommunikationsdienste (CDMC)(5), zu prüfen, ob diese Rechte verstärkt werden können. Ebenfalls im Jahr 2008 legte die Ad-hoc-Bestandsaufnahmegruppe des CDMC ein Memorandum über ein mögliches Rechtsinstrument des Europarats zum Schutz von Sendeunternehmen sowie eine Durchführbarkeitsbeurteilung vor (im Folgenden: Memorandum von 2008).

4.        Im Jahr 2009 billigte der CDMC das Mandat (im Folgenden: Mandat von 2009)(6) der Ad-hoc-Beratergruppe für den Schutz der verwandten Rechte von Sendeunternehmen (MC‑S-NR) und beauftragte diese, sich mit dem Thema des Schutzes verwandter Rechte von Sendeunternehmen zu befassen und möglicherweise einen Übereinkommensentwurf zu erarbeiten.

5.        Die MC‑S-NR ist noch nicht eingerichtet worden. Allerdings haben Konsultationen über ihre künftige Tätigkeit stattgefunden. Auf einer Konsultationstagung im Jahr 2010 wurden Fragen der Zielsetzung und Tragweite eines möglichen Übereinkommens erörtert(7). Insbesondere aus dem Memorandum von 2008 und dem Tagungsbericht über die Konsultationstagung von 2010 (im Folgenden: Tagungsbericht von 2010) geht hervor, dass ein Regelwerk über ausschließliche Rechte der Sendeunternehmen, wie etwa das Aufzeichnungsrecht(8), das Vervielfältigungsrecht, das Recht der Weitersendung, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, das Recht der öffentlichen Wiedergabe und das Verbreitungsrecht technologieunabhängig vereinbart werden soll(9). Weitere Diskussionsthemen sind u. a. der Schutz von der Sendung vorausgehenden programmtragenden Signalen(10), die Schutzdauer, die Notwendigkeit einer nicht erschöpfenden Aufzählung von Beschränkungen und Ausnahmen, die Durchsetzung von Rechten und Pflichten in Bezug auf technische Maßnahmen sowie Informationen für die Rechtewahrnehmung(11).

6.        Das Übereinkommen würde bestehende internationale und regionale Vertragsnormen über denselben Regelungsgegenstand ergänzen. Eine Vielzahl dieser Bestimmungen und Übereinkünfte ist nicht ratifiziert worden und/oder nicht in Kraft getreten(12). Da die technische Entwicklung mit rasantem Tempo voranschreitet, verlieren viele dieser Normen auch einen Teil ihres Nutzens (so dass eine Ratifizierung oder ein Inkrafttreten der Verträge entsprechend unwahrscheinlicher wird).

7.        Neben den Vorbereitungsarbeiten im Europarat für ein mögliches Übereinkommen laufen die Verhandlungen über einen WIPO-Vertrag über die Rechte von Sendeunternehmen weiter(13). Ziel dieser Verhandlungen ist – ähnlich wie bei den Verhandlungen im Europarat – eine „Aktualisierung“ der Rechte von Sendeunternehmen als Reaktion auf den technologischen Wandel und die verstärkte Nutzung von Technologie. Im Jahr 2001 legten die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten der WIPO gemeinsam einen Vorschlag für einen Vertrag über den Schutz von Sendeunternehmen vor(14).

8.        Teilweise aufgrund des Ausbleibens nennenswerter Fortschritte bei den WIPO-Gesprächen entschied sich der Europarat zur Aufnahme von Verhandlungen über ein gesondertes Übereinkommen. Aus den im vorliegenden Verfahren eingereichten Unterlagen geht allerdings hervor, dass bei diesen Verhandlungen die WIPO-Verhandlungen sowie anderweitig bestehende oder mögliche künftige internationale Verpflichtungen der Vertragsparteien berücksichtigt werden(15).

 Rechtlicher Rahmen

 Vertrag über die Europäische Union

9.        Nach Art. 5 EUV gilt der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung, wonach alle der Europäischen Union nicht in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten bei den Mitgliedstaaten verbleiben(16). Gemäß Art. 5 Abs. 2 „wird die Union nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten.“

10.      Art. 13 Abs. 2 EUV lautet: „Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren, Bedingungen und Zielen, die in den Verträgen festgelegt sind. Die Organe arbeiten loyal zusammen.“

11.      Art. 16 Abs. 3 EUV bestimmt: „Soweit in den Verträgen nichts anderes festgelegt ist, beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit.“

 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

12.      Art. 2 AEUV sieht vor:

„(1)      Übertragen die Verträge der Union für einen bestimmten Bereich eine ausschließliche Zuständigkeit, so kann nur die Union gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen; die Mitgliedstaaten dürfen in einem solchen Fall nur tätig werden, wenn sie von der Union hierzu ermächtigt werden, oder um Rechtsakte der Union durchzuführen.

(2)      Übertragen die Verträge der Union für einen bestimmten Bereich eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit, so können die Union und die Mitgliedstaaten in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat[(17)]. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeit erneut wahr, sofern und soweit die Union entschieden hat, ihre Zuständigkeit nicht mehr auszuüben.

…“

13.      Der einzige Artikel des Protokolls Nr. 25(18) über die Ausübung der geteilten Zuständigkeit lautet: „Ist die Union in einem bestimmten Bereich im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 [AEUV] betreffend die geteilte Zuständigkeit tätig geworden, so erstreckt sich die Ausübung der Zuständigkeit nur auf die durch den entsprechenden Rechtsakt der Union geregelten Elemente und nicht auf den gesamten Bereich.“

14.      In Art. 3 Abs. 1 AEUV sind die Bereiche genannt, in denen die Union die ausschließliche Zuständigkeit hat, darunter

„…

b)      Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln,

e)      gemeinsame Handelspolitik“.

15.      Nach Art. 3 Abs. 2 AEUV hat die Europäische Union die ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Übereinkünfte, „wenn der Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann, oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte“.

16.      Der die geteilte Zuständigkeit betreffende Art. 4 AEUV lautet:

„(1)      Die Union teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten, wenn ihr die Verträge außerhalb der in den Artikeln 3 und 6 genannten Bereiche eine Zuständigkeit übertragen.

(2)      Die von der Union mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche:

a)      Binnenmarkt,

…“

17.      Gemäß Art. 26 Abs. 1 AEUV erlässt die Europäische Union „die erforderlichen Maßnahmen, um nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen der Verträge den Binnenmarkt zu verwirklichen beziehungsweise dessen Funktionieren zu gewährleisten“. In Art. 114 Abs. 1 AEUV ist vorgesehen, dass das Parlament und der Rat „die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben“, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen.

18.      Art. 83 Abs. 2 Satz 1 AEUV bestimmt: „Erweist sich die Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als unerlässlich für die wirksame Durchführung der Politik der Union auf einem Gebiet, auf dem Harmonisierungsmaßnahmen erfolgt sind, so können durch Richtlinien Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftaten und Strafen auf dem betreffenden Gebiet festgelegt werden.“

19.      Titel I des Fünften Teils des AEU-Vertrags enthält die allgemeinen Bestimmungen über die auswärtigen Beziehungen der Europäischen Union. Nach Art. 207 Abs. 1 AEUV wird die gemeinsame Handelspolitik (die gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. e EUV in die ausschließliche Zuständigkeit fällt) nach „einheitlichen Grundsätzen gestaltet; dies gilt insbesondere für … die Handelsaspekte des geistigen Eigentums … Die gemeinsame Handelspolitik wird im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union gestaltet.“ Titel V des Fünften Teils betrifft speziell internationale Übereinkünfte. Art. 216 AEUV lautet:

„(1)      Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen eine Übereinkunft schließen, wenn dies in den Verträgen vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der in den Verträgen festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte.

(2)      Die von der Union geschlossenen Übereinkünfte binden die Organe der Union und die Mitgliedstaaten.“

20.      Art. 218 AEUV enthält Verfahrensvorschriften über u. a. die Aushandlung, die Unterzeichnung und den Abschluss von internationalen Übereinkünften:

„(1)      Unbeschadet der besonderen Bestimmungen des Artikels 207 werden Übereinkünfte zwischen der Union und Drittländern oder internationalen Organisationen nach dem im Folgenden beschriebenen Verfahren ausgehandelt und geschlossen.

(2)      Der Rat erteilt eine Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen, legt Verhandlungsrichtlinien fest, genehmigt die Unterzeichnung und schließt die Übereinkünfte.

(3)      Die Kommission … legt dem Rat Empfehlungen vor; dieser erlässt einen Beschluss über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen und über die Benennung, je nach dem Gegenstand der geplanten Übereinkunft, des Verhandlungsführers oder des Leiters des Verhandlungsteams der Union.

(4)      Der Rat kann dem Verhandlungsführer Richtlinien erteilen und einen Sonderausschuss bestellen; die Verhandlungen sind im Benehmen mit diesem Ausschuss zu führen.

(5)      Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Beschluss, mit dem die Unterzeichnung der Übereinkunft und gegebenenfalls deren vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten genehmigt werden.

(6)      Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft.

… [D]er Rat [erlässt] den Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft

a)      nach Zustimmung des Europäischen Parlaments in folgenden Fällen:

      …

v)      Übereinkünfte in Bereichen, für die entweder das ordentliche Gesetzgebungsverfahren oder, wenn die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich ist, das besondere Gesetzgebungsverfahren gilt.

Das Europäische Parlament und der Rat können in dringenden Fällen eine Frist für die Zustimmung vereinbaren.

b)      nach Anhörung des Europäischen Parlaments in den übrigen Fällen. Das Europäische Parlament gibt seine Stellungnahme innerhalb einer Frist ab, die der Rat entsprechend der Dringlichkeit festlegen kann. Ergeht innerhalb dieser Frist keine Stellungnahme, so kann der Rat einen Beschluss fassen.

(7)      Abweichend von den Absätzen 5, 6 und 9 kann der Rat den Verhandlungsführer bei Abschluss einer Übereinkunft ermächtigen, im Namen der Union Änderungen der Übereinkunft zu billigen, wenn die Übereinkunft vorsieht, dass diese Änderungen im Wege eines vereinfachten Verfahrens oder durch ein durch die Übereinkunft eingesetztes Gremium anzunehmen sind. Der Rat kann diese Ermächtigung gegebenenfalls mit besonderen Bedingungen verbinden.

(8)      Der Rat beschließt während des gesamten Verfahrens mit qualifizierter Mehrheit.

Er beschließt jedoch einstimmig, wenn die Übereinkunft einen Bereich betrifft, in dem für den Erlass eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit erforderlich ist, sowie bei Assoziierungsabkommen und Übereinkünften nach Artikel 212 mit beitrittswilligen Staaten. Auch über die Übereinkunft über den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beschließt der Rat einstimmig; der Beschluss zum Abschluss dieser Übereinkunft tritt in Kraft, nachdem die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt haben.

(9)      Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission … einen Beschluss über die Aussetzung der Anwendung einer Übereinkunft und zur Festlegung der Standpunkte, die im Namen der Union in einem durch eine Übereinkunft eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sofern dieses Gremium rechtswirksame Akte, mit Ausnahme von Rechtsakten zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens der betreffenden Übereinkunft, zu erlassen hat.

(10)      Das Europäische Parlament wird in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet.

(11)      Ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission können ein Gutachten des Gerichtshofs über die Vereinbarkeit einer geplanten Übereinkunft mit den Verträgen einholen. Ist das Gutachten des Gerichtshofs ablehnend, so kann die geplante Übereinkunft nur in Kraft treten, wenn sie oder die Verträge geändert werden.“

21.      Art. 263 Abs. 1 AEUV bestimmt:

„Der Gerichtshof … überwacht die Rechtmäßigkeit der Gesetzgebungsakte sowie der Handlungen des Rates, der Kommission und der Europäischen Zentralbank, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt, und der Handlungen des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten. Er überwacht ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten.“

22.      In Art. 288 AEUV heißt es:

„Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nehmen die Organe Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen an.

Beschlüsse sind in allen ihren Teilen verbindlich. Sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur für diese verbindlich.

…“

 Unionsvorschriften über verwandte Schutzrechte von Sendeunternehmen

23.      Die Kommission konzentriert sich in ihrer Klageschrift auf die Zuständigkeit zur Aushandlung einer Übereinkunft über verwandte Schutzrechte von Sendeunternehmen. Ich beschränke mich in dieser Zusammenfassung daher auf die unionsrechtliche Regelung solcher Rechte.

24.      Diese etwas fragmentierte Regelung findet sich in einer Reihe von Instrumenten. Das Urheberrecht und die ihm verwandten Schutzrechte wurden erstmals gemeinsam in der Richtlinie 92/100 geregelt, die durch die Richtlinie 2006/115 aufgehoben und ersetzt wurde(19). Gemäß dem 16. Erwägungsgrund der letztgenannten Richtlinie „[sollten d]ie Mitgliedstaaten … einen weiter reichenden Schutz … vorsehen können, als er in dieser Richtlinie hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe vorgeschrieben ist“(20).

25.      Die Richtlinie 2006/115 gilt in Verbindung mit der Richtlinie 2006/116(21) (betreffend die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte), der Richtlinie 93/83(22) (mit eigenen Regeln betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung) und der Richtlinie 2001/29 (zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft).

26.      Durch die Maßgabe, dass der Schutz von dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten den Schutz der Urheberrechte unberührt lässt und ihn in keiner Weise beeinträchtigt, wird in diesen Richtlinien der eigenständige Charakter des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte hervorgehoben(23).

27.      In Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 ist das Aufzeichnungsrecht von Sendeunternehmen geregelt, d. h. das ausschließliche Recht, die Aufzeichnung ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten, die drahtlos oder drahtgebunden, über Kabel oder durch Satelliten vermittelt werden. Nach Art. 7 Abs. 3 steht dieses Recht einem Kabelsendeunternehmen, das lediglich Sendungen anderer Sendeunternehmen über Kabel weiterverbreitet, nicht zu. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 gilt dieser Schutz auch im Fall der öffentlichen Wiedergabe über Satellit, die in der genannten Richtlinie in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a definiert ist als „die Handlung, mit der unter der Kontrolle des Sendeunternehmens und auf dessen Verantwortung die programmtragenden Signale, die für den öffentlichen Empfang bestimmt sind, in eine ununterbrochene Kommunikationskette, die zum Satelliten und zurück zur Erde führt, eingegeben werden“.

28.      In Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2001/29 ist das Vervielfältigungsrecht(24) niedergelegt, wonach „[d]ie Mitgliedstaaten … für folgende Personen das ausschließliche Recht vor[sehen], die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten: … für die Sendeunternehmen in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, über Kabel oder Satellit übertragen werden“. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 gilt dieser Schutz auch im Fall der öffentlichen Wiedergabe über Satellit.

29.      Nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115 sehen die Mitgliedstaaten für Sendeunternehmen das ausschließliche Recht vor, die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind. Gemäß dem 16. Erwägungsgrund behalten die Mitgliedstaaten die Zuständigkeit, einen weiter reichenden Schutz dieser Rechte vorzusehen. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 gilt dieser Schutz auch im Fall der öffentlichen Wiedergabe über Satellit, jedoch handelt es sich dabei nach Art. 6 Abs. 1 der letztgenannten Richtlinie nur um einen Mindestschutz.

30.      In Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2001/29 ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung geregelt, d. h. „für folgende Personen das ausschließliche Recht …, zu erlauben oder zu verbieten, dass die nachstehend genannten Schutzgegenstände drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind: … für die Sendeunternehmen in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, über Kabel oder Satellit übertragen werden“. Gemäß dem 24. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 sollte dieses Recht „dahin gehend verstanden werden, dass es alle Handlungen der Zugänglichmachung derartiger Schutzgegenstände für Mitglieder der Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Zugänglichmachung ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend sind; dieses Recht gilt für keine weiteren Handlungen“.

31.      Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/115 räumen die Mitgliedstaaten den Sendeunternehmen das ausschließliche Verbreitungsrecht ein, d. h., die Aufzeichnungen ihrer Sendungen sowie Kopien davon der Öffentlichkeit im Wege der Veräußerung oder auf sonstige Weise zur Verfügung zu stellen. Art. 9 Abs. 2 betrifft die Erschöpfung dieses Rechts, und nach Art. 9 Abs. 3 werden die Bestimmungen des Kapitels I dieser Richtlinie über die Vermiet- und Verleihrechte durch das Verbreitungsrecht nicht berührt. Art. 9 Abs. 4 lautet: „Das Verbreitungsrecht kann übertragen oder abgetreten werden oder Gegenstand vertraglicher Lizenzen sein.“

32.      Nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115 sehen die Mitgliedstaaten für Sendeunternehmen das ausschließliche Recht vor, die drahtlose Weitersendung ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten. Gemäß dem 16. Erwägungsgrund behalten die Mitgliedstaaten die Zuständigkeit, einen weiter reichenden Schutz dieser Rechte vorzusehen. Durch Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/83 wurde dieser Schutz auf die öffentliche Wiedergabe über Satellit ausgedehnt, und nach Art. 6 Abs. 1 der letztgenannten Richtlinie handelt es sich dabei um einen Mindestschutz.

33.      In Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2006/115 sind vier Fälle aufgeführt, in denen die Mitgliedstaaten Beschränkungen der verwandten Schutzrechte vorsehen können, die nach Maßgabe von Kapitel II der Richtlinie verliehen werden. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 10 Abs. 2 Beschränkungen der gleichen Art vorsehen, wie sie für den Schutz des Urheberrechts an Werken der Literatur und der Kunst vorgesehen sind. Weiter heißt es in dieser Bestimmung, dass „Zwangslizenzen … nur insoweit vorgesehen werden [können], als sie mit den Bestimmungen des Rom-Abkommens vereinbar sind“. Schließlich bestimmt Art. 10 Abs. 3, dass diese Beschränkungen „nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden [dürfen], in denen die normale Verwertung des Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden“.

34.      Im 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 heißt es, dass „Ausnahmen und Beschränkungen einheitlicher definiert werden [sollten]“ und dass „sich der Grad ihrer Harmonisierung nach ihrer Wirkung auf die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts bestimmen [sollte]“. Im Weiteren besagt der 32. Erwägungsgrund, dass „[d]ie Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Wiedergabe … in [der Richtlinie 2001/29] erschöpfend aufgeführt [sind]“. Ausnahmen und Beschränkungen sind im Rahmen des jeweiligen konkreten Rechts definiert. So sind z. B. in Art. 5 Abs. 2 die Fälle aufgezählt, in denen Ausnahmen und Beschränkungen des (in Art. 2 geregelten) Vervielfältigungsrechts vorgesehen werden können. Art. 5 Abs. 3 nennt die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf sowohl das Vervielfältigungsrecht als auch die in Art. 3 vorgesehenen Rechte (also einschließlich des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung). Nach Art. 5 Abs. 5 dürfen diese Ausnahmen und Beschränkungen „nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden“.

35.      Art. 6 der Richtlinie 2001/29 regelt die Pflichten in Bezug auf den Schutz gegen die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen, wobei dieser Begriff in Abs. 3 definiert ist als „alle Technologien, Vorrichtungen oder Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, Werke oder sonstige Schutzgegenstände betreffende Handlungen zu verhindern oder einzuschränken, die nicht von der Person genehmigt worden sind, die Inhaber der Urheberrechte oder der dem Urheberrecht verwandten gesetzlich geschützten Schutzrechte … ist“. Art. 6 Abs. 1 lautet: „Die Mitgliedstaaten sehen einen angemessenen Rechtsschutz gegen die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen durch eine Person vor, der bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass sie dieses Ziel verfolgt.“ Im 47. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 heißt es: „Um ein uneinheitliches rechtliches Vorgehen zu vermeiden, das den Binnenmarkt in seiner Funktion beeinträchtigen könnte, muss der rechtliche Schutz vor der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen und vor der Bereitstellung entsprechender Vorrichtungen und Produkte bzw. der Erbringung entsprechender Dienstleistungen harmonisiert werden.“

36.      Art. 7 der Richtlinie 2001/29 sieht Pflichten in Bezug auf Informationen für die Rechtewahrnehmung vor, die in Abs. 2 definiert sind als „die von Rechtsinhabern stammenden Informationen, die die in [der Richtlinie 2001/29] bezeichneten Werke oder Schutzgegenstände …, den Urheber oder jeden anderen Rechtsinhaber identifizieren, oder Informationen über die Modalitäten und Bedingungen für die Nutzung der Werke oder Schutzgegenstände sowie die Zahlen oder Codes, durch die derartige Informationen ausgedrückt werden“. Nach Art. 7 Abs. 1 „[sehen d]ie Mitgliedstaaten … einen angemessenen rechtlichen Schutz gegen Personen vor, die wissentlich unbefugt eine der nachstehenden Handlungen vornehmen, wobei ihnen bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass sie dadurch die Verletzung von Urheberrechten oder dem Urheberrecht verwandten gesetzlich geschützten Schutzrechten … veranlassen, ermöglichen, erleichtern oder verschleiern: a) die Entfernung oder Änderung elektronischer Informationen für die Wahrnehmung der Rechte, b) die Verbreitung, Einfuhr zur Verbreitung, Sendung, öffentliche Wiedergabe oder öffentliche Zugänglichmachung von Werken oder sonstigen unter [die Richtlinie 2001/29] … fallenden Schutzgegenständen, bei denen elektronische Informationen für die Wahrnehmung der Rechte unbefugt entfernt oder geändert wurden“. Im 56. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 heißt es: „Um ein uneinheitliches rechtliches Vorgehen zu vermeiden, das den Binnenmarkt in seiner Funktion beeinträchtigen könnte, muss der rechtliche Schutz vor solchen Handlungen harmonisiert werden.“

37.      Laut dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/116 sollte in der gesamten Europäischen Union dieselbe Schutzdauer gelten. Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2006/116 bestimmt, dass die Rechte der Sendeunternehmen 50 Jahre nach der Erstsendung unabhängig davon erlöschen, ob es sich hierbei um drahtlose oder drahtgebundene, über Kabel oder durch Satelliten vermittelte Sendungen handelt.

38.      Schließlich bestimmt Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 bezüglich der Durchsetzung verwandter Schutzrechte, dass die Mitgliedstaaten angemessene Sanktionen und Rechtsbehelfe vorsehen und alle notwendigen Maßnahmen treffen, um deren Anwendung sicherzustellen. Gemäß der genannten Vorschrift müssen die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein(25). Art. 8 Abs. 2 und 3 betrifft die Erhebung von Schadensersatzklagen, die Beantragung gerichtlicher Anordnungen (auch gegen Vermittler) sowie die Beschlagnahme von rechtswidrigem Material.

39.      Die Richtlinie 2004/48(26) wurde vor dem Hintergrund erlassen, dass bezüglich der Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums zwischen den Mitgliedstaaten weiterhin große Unterschiede u. a. bei den Durchführungsbestimmungen für einstweilige Maßnahmen, bei der Berechnung von Schadensersatz und bei den Durchführungsbestimmungen für Verfahren zur Beendigung von Verstößen gegen Rechte des geistigen Eigentums bestanden(27). Die Richtlinie gilt unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie 2001/29, und im 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48 wird darauf verwiesen, dass sie, was Verletzungen des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte betreffe, „ein umfassendes Maß an Harmonisierung“ gewähre(28). Laut dem 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48 „stellen in geeigneten Fällen auch strafrechtliche Sanktionen ein Mittel zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums dar“. Nach Art. 2 Abs. 3 Buchst. b und c berührt die Richtlinie 2004/48 weder „die sich aus internationalen Übereinkünften für die Mitgliedstaaten ergebenden Verpflichtungen, insbesondere solche aus dem TRIPS-Übereinkommen, einschließlich solcher betreffend strafrechtliche Verfahren und Strafen“ noch „innerstaatliche Vorschriften der Mitgliedstaaten betreffend strafrechtliche Verfahren und Strafen bei Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums“.

 Zum Beschluss

40.      Am 9. Februar 2011 empfahl die Kommission dem Rat, sie zur Aushandlung des Übereinkommens zu ermächtigen. Sie stellte sich – ohne eine Rechtsgrundlage in den Verträgen zu nennen – auf den Standpunkt, dass sie die ausschließliche Zuständigkeit besitze, da der Gegenstand des Übereinkommens in den Anwendungsbereich der bestehenden Richtlinien falle und dem Übereinkommen der Besitzstand der Union zugrunde liegen werde. Aus den Unterlagen, die der Rat nach Aufforderung durch den Gerichtshof eingereicht hat(29), geht hervor, dass der Vorschlag der Kommission mehrmals in der Arbeitsgruppe geistiges Eigentum (Urheberrecht) erörtert wurde und der Vorsitz sodann einen Kompromissvorschlag erarbeitete, der die Grundlage für den Beschluss bildete. Im Zuge dieses Vorgangs wurde in das Ratsprotokoll eine förmliche Erklärung der Kommission des Inhalts aufgenommen, dass der Abschluss des Übereinkommens nach Auffassung der Kommission einen Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit betrifft und der Beschluss, den die Kommission als „Zwitterakt“ bezeichnete, gegen Art. 218 Abs. 2 und 3 AEUV verstößt.

41.      Der Rat und die im Rat vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten fassten den Beschluss am 19. Dezember 2011. Meines Wissens sind keine Unterlagen verfügbar, in denen das Abstimmungsverfahren erläutert würde. Der Beschluss wurde der Kommission am 21. Dezember 2011 mitgeteilt.

42.      Die Erwägungsgründe des an die Kommission gerichteten Beschlusses(30) lauten wie folgt:

„gestützt auf den [AEU-Vertrag], insbesondere auf Artikel 218 Absätze 3 und 4,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)      Die Kommission sollte ermächtigt werden, im Namen der Union an den Verhandlungen über [das Übereinkommen] teilzunehmen, soweit diese Verhandlungen Angelegenheiten betreffen, die in die Zuständigkeit der Union fallen und zu denen die Union Vorschriften erlassen hat.

(2)      Die Mitgliedstaaten sollten selbst nur insoweit an den Verhandlungen teilnehmen, wie im Lauf der Verhandlungen Gegenstände zur Sprache kommen, die in ihre Zuständigkeit fallen. Um Geschlossenheit in der auswärtigen Vertretung der Union zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten und die Kommission während des Verhandlungsprozesses eng zusammenarbeiten.

…“

43.      Art. 1 des Beschlusses bestimmt:

„(1)      Die Kommission wird ermächtigt, an den Verhandlungen über [das Übereinkommen] teilzunehmen und diese Verhandlungen, soweit sie Angelegenheiten betreffen, die in die Zuständigkeit der Union fallen und zu denen die Union Bestimmungen erlassen hat, im Namen der Union in Absprache mit der Gruppe ‚Geistiges Eigentumʻ (Urheberrecht) (im Folgenden: ‚Sonderausschussʻ) zu führen.

(2)      Die Kommission führt die betreffenden Verhandlungen im Einklang mit den im Anhang enthaltenen Verhandlungsrichtlinien und/oder mit den abgestimmten Standpunkten der Union, die eigens für die Zwecke dieser Verhandlungen vom Sonderausschuss festgelegt wurden.

(3)      Bei Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, nimmt der Vorsitz in vollem Umfang an den Verhandlungen teil und führt sie im Namen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines zuvor vereinbarten gemeinsamen Standpunkts. Sollte es nicht möglich sein, einen gemeinsamen Standpunkt zu vereinbaren, sind die Mitgliedstaaten unbeschadet des Absatzes 4 berechtigt, sich einzeln zu der betreffenden Angelegenheit zu äußern und darüber abzustimmen.

(4)      Die Kommission und die Mitgliedstaaten arbeiten während des Verhandlungsprozesses eng zusammen, um Geschlossenheit in der Vertretung der Union und ihrer Mitgliedstaaten auf internationaler Ebene zu erreichen.

(5)      Die Kommission und/oder der Vorsitz sorgen dafür, dass die verhandlungsrelevanten Dokumente den Mitgliedstaaten rechtzeitig zukommen. Sie erstatten vor und nach jeder Verhandlungssitzung dem Rat und/oder dem Sonderausschuss offen und transparent Bericht über das Ergebnis der Verhandlungen und gegebenenfalls über Probleme, die während der Verhandlungen aufgetreten sind.“

44.      Im Anhang des Beschlusses sind die Verhandlungsrichtlinien aufgeführt, die wie folgt lauten:

„1.      Die Kommission sorgt dafür, dass der vom Europarat vorgeschlagene Entwurf eines Übereinkommens zum Schutz der Rechte von Rundfunkveranstaltern geeignete Bestimmungen enthält, die es der Europäischen Union ermöglichen, Vertragspartei zu werden.

2.      Die Kommission führt die Verhandlungen in einer Weise, die gewährleistet, dass die geplanten Bestimmungen mit der Richtlinie 2006/115/EG …, der Richtlinie 2006/116/EG …, der Richtlinie 93/83/EWG … und der Richtlinie 2001/29/EG … sowie mit den Verpflichtungen vereinbar sind, welche die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten im Rahmen des unter Schirmherrschaft der WTO geschlossenen Übereinkommens über die wirtschaftlichen Aspekte des Rechts auf geistiges Eigentum (TRIPs) eingegangen sind.

3.      Diese Verhandlungsrichtlinien können entsprechend den im Laufe der Verhandlungen erreichten Fortschritten angepasst werden.“

 Klage und Verfahren

45.      Die Kommission stützt ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses auf vier Klagegründe.

46.      Der von der Kommission angeführte erste Klagegrund betrifft die Zuständigkeit. Die Kommission macht geltend, der Rat habe dadurch gegen Art. 2 Abs. 2 AEUV und Art. 3 Abs. 2 AEUV verstoßen, dass er der Ansicht gewesen sei, der vom Übereinkommen zu regelnde Gegenstand falle in den Bereich der geteilten Zuständigkeit, und die Mitgliedstaaten oder ein anderes Organ als die Kommission zu Verhandlungen in einem Bereich ermächtigt habe, in der die Europäische Union ausschließlich zuständig sei.

47.      Die anderen drei Klagegründe betreffen das Verfahren, das bei der Fassung des Beschlusses angewandt wurde. Insbesondere rügt die Kommission einen Verstoß

–        gegen das Verfahren und die Bedingungen für die Ermächtigung zu Verhandlungen über internationale Übereinkünfte durch die Europäische Union,

–        gegen die Abstimmungsregeln im Rat (Art. 16 Abs. 3 EUV und Art. 218 Abs. 8 AEUV) und

–        gegen die Ziele der Verträge und den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 13 EUV).

48.      Der Rat, das Parlament und die Kommission sowie die deutsche, die niederländische, die polnische, die tschechische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Nach Aufforderung durch den Gerichtshof gemäß Art. 62 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung hat der Rat am 25. Juli 2013 Schriftstücke zum Verfahren übermittelt, das zum Erlass des Beschlusses geführt hat.

49.      In der Sitzung vom 24. September 2013 haben mit Ausnahme der niederländischen Regierung alle Verfahrensbeteiligten, die schriftliche Erklärungen eingereicht haben, mündlich verhandelt.

 Umfang der Kontrolle des Beschlusses durch den Gerichtshof

50.      Der Rat erhebt zwar nicht förmlich die Unzulässigkeitseinrede, macht aber geltend, dass der Gerichtshof im Rahmen von Art. 263 AEUV keine Befugnis zur Überprüfung von Beschlüssen besitze, die die Mitgliedstaaten über in ihren Zuständigkeitsbereich fallende Angelegenheiten erließen. Der Gerichtshof sei daher nicht zur Kontrolle des Beschlusses befugt, soweit es sich dabei um einen Beschluss der Vertreter der Mitgliedstaaten handele, die nicht in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Rates tätig geworden seien. Die deutsche und die niederländische Regierung unterstützen im Wesentlichen das Vorbringen des Rates.

51.      Nach Ansicht der Kommission und des Parlaments wird die Europäische Union durch den Beschluss zur Aushandlung eines internationalen Übereinkommens ermächtigt. Er sei daher in Wahrnehmung der Zuständigkeit des Rates gefasst worden und unterliege der Kontrolle durch den Gerichtshof. Die Kommission räumt zwar ein, dass weder Verhandlungen über Richtlinien noch die vom Sonderausschuss (dessen Einrichtung der Beschluss vorsehe) festgelegten Standpunkte bindend seien, trägt jedoch vor, dass die Rechtswirkung des Beschlusses darin liege, die Ermächtigung zu Verhandlungen in Bereichen zu beschränken, „hinsichtlich deren die Union Rechtsvorschriften erlassen hat“.

52.      Ich kann der Auffassung des Rates nicht zustimmen.

53.      Nach Art. 263 Abs. 1 AEUV überwacht der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Handlungen des Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten. Rechtsnatur und Form des Aktes sind dabei unerheblich(31). Die Überprüfung kann sich sowohl auf den materiell-rechtlichen Inhalt des Aktes als auch auf die verfahrensrechtlichen Bestimmungen beziehen, nach denen er erlassen wurde.

54.      Der Beschluss ist ein auf Art. 218 Abs. 3 und 4 AEUV gestützter einheitlicher Akt, mit dem die Kommission zur Aushandlung des Übereinkommens nach Maßgabe der im Beschluss festgelegten Zuständigkeitsaufteilung und Verhandlungsrichtlinien ermächtigt wird und der deshalb Rechtswirkungen entfaltet(32).

55.      Der Gerichtshof ist nach Art. 263 AEUV für die Kontrolle des Beschlusses zuständig, einschließlich der Aspekte, die das Regierungshandeln der Mitgliedstaaten betreffen. In diesem Rahmen äußert er sich nicht zum Regierungshandeln der Mitgliedstaaten als solchem – das läge außerhalb seiner Zuständigkeit(33). Im Mittelpunkt der Kontrolle durch den Gerichtshof steht allein der Rat und insbesondere die Frage, ob dieser nach den Verträgen befugt ist, eine Regelung über Regierungshandeln in einen Beschluss der hier in Rede stehenden Art aufzunehmen.

56.      Tatsächlich geht es hier nicht darum, ob der Beschluss entweder einen Akt des Rates oder einen Regierungsbeschluss darstellt(34). Fraglich ist vielmehr, ob ein der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegender Beschluss im Sinne von Art. 218 Abs. 3 und 4 AEUV beides zugleich sein kann. Die Antwort hängt im Wesentlichen von der Stichhaltigkeit des zweiten und des dritten Klagegrundes der Kommission ab, die die Rechtmäßigkeit eines Zwitterakts betreffen. Die Verschmelzung des Inhalts eines Regierungsakts mit dem eines Unionsakts darf jedoch nicht als Instrument dafür verwendet werden, die Anforderungen des Unionsrechts zu umgehen und den Rechtsakt der Kontrolle durch den Gerichtshof zu entziehen(35).

 Reihenfolge der Prüfung der Klagegründe

57.      Die Kommission hat die Klagegründe 2 bis 4, die die Rechtmäßigkeit eines Zwitterakts betreffen, als alternative Gründe für eine Nichtigerklärung formuliert, trägt jedoch vor, dass diese Gründe unabhängig davon durchgriffen, ob der Gerichtshof auf eine ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union zur Aushandlung des Übereinkommens erkenne.

58.      Sollte nach den in den Klagegründen 2 bis 4 angeführten Bestimmungen der Verträge der Erlass eines Zwitterakts wie des Beschlusses durch den Rat unzulässig sein, erübrigt sich theoretisch eine Prüfung seines Inhalts. Allerdings ist die Frage der Zuständigkeit für die Parteien wie auch für die Streithelfer selbstverständlich höchst bedeutsam – sämtliche Verfahrensbeteiligten haben sich in ihren Ausführungen vor allem auf den ersten Klagegrund konzentriert. Ich werde daher die Klagegründe in der von der Kommission angeführten Reihenfolge abhandeln.

 Erster Klagegrund: Zuständigkeit

 Vorbringen

59.      Mit dem ersten Klagegrund macht die Kommission geltend, der Rat habe gegen Art. 2 Abs. 2 AEUV und Art. 3 Abs. 2 AEUV verstoßen, da er der Ansicht gewesen sei, der Gegenstand der Verhandlungen im Europarat falle in den Bereich der geteilten Zuständigkeit, und die Mitgliedstaaten oder ein anderes Organ als die Kommission selbst zur Aushandlung eines internationalen Übereinkommens ermächtigt habe, für das in Wirklichkeit die Europäische Union ausschließlich zuständig sei. Der erste Klagegrund lautet im Wesentlichen, dass der Rat nicht befugt gewesen sei, den Mitgliedstaaten eine Zuständigkeit in Bezug auf die Verhandlungen zuzuerkennen.

60.      Die Kommission, die in ihrem Vorbringen vom Parlament unterstützt wird, ist der Meinung, dass ausschließlich die Union die Außenkompetenz für die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte in einem Bereich besitze, der weitgehend durch Unionsbestimmungen geregelt sei, die mehr als nur Mindestvorschriften darstellten. Die Kommission beruft sich insoweit auf die AETR-Rechtsprechung(36).

61.      Selbst wenn das Übereinkommen in seiner endgültigen Fassung über den Besitzstand der Europäischen Union hinausgehen sollte, könne jeder einzelne Verhandlungspunkt dennoch diesen Besitzstand beeinträchtigen oder seine Tragweite verändern. Die Europäische Union habe ihre Zuständigkeit für die Harmonisierung der Rechte von Sendeunternehmen wahrgenommen und müsse daher jetzt allein handeln. Dass den Mitgliedstaaten im Rahmen dieser harmonisierten Vorschriften möglicherweise eine gewisse Zuständigkeit für die Schaffung von Beschränkungen oder für die Gewährung eines höheren Schutzniveaus verbleibe, ändere nichts an der Ausschließlichkeit der Zuständigkeit, da insbesondere gemeinsame Regeln in Bezug auf das Aufzeichnungsrecht, das Vervielfältigungsrecht, das Weiterverbreitungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und das Verbreitungsrecht bestünden.

62.      Die Kommission weist mit Unterstützung des Parlaments die These zurück, dass die Außenkompetenz der Europäischen Union durch den Vertrag von Lissabon beschnitten worden sei. Nach ihrer Auffassung sind Art. 2 Abs. 2 AEUV und das Protokoll Nr. 25 nicht an die Stelle der AETR-Rechtsprechung getreten. Falls die Verfasser der Verträge die Absicht gehabt hätten, die Außenkompetenz der Europäischen Union zu beschränken und eine 40 Jahre lang bestehende Rechtsprechung zu ändern, hätten sie diese Absicht klar zum Ausdruck gebracht.

63.      Bestehe eine ausschließliche Zuständigkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 2 AEUV, könne Art. 2 Abs. 2 naturgemäß keine Anwendung finden. Aus dem Umstand, dass der Binnenmarkt in den Bereich der geteilten Zuständigkeit falle, folge nicht, dass die Außenkompetenz für den Abschluss einer internationalen Übereinkunft über geistiges Eigentum ebenfalls geteilt sei. Unstreitig könne Art. 2 Abs. 2 AEUV auf internationale Übereinkünfte Anwendung finden; wenn also die Europäische Union die Möglichkeit habe, neue gemeinsame Regeln in Form einer internationalen Übereinkunft zu erlassen, dann sei diese auch für die Mitgliedstaaten bindend. Selbst wenn der Gerichtshof entscheiden sollte, dass keine ausschließliche Zuständigkeit bestehe, sei die Europäische Union trotzdem befugt, das Übereinkommen allein auszuhandeln und zu schließen, da die Ausübung der geteilten Zuständigkeit nicht auf einem vorherigen Erlass gemeinsamer Regeln beruhe.

64.      Hinsichtlich der Methodik wendet sich die Kommission dagegen, jede einzelne Bestimmung des Unionsrechts mit einer möglichen Bestimmung einer künftigen internationalen Übereinkunft zu vergleichen. Vielmehr müsse das Unionsrecht als ein zusammenhängendes und ausgewogenes Regelwerk betrachtet werden. Die Kommission befürwortet daher eine Prüfung der einzelnen Sachgebiete sowie eine Gesamtwürdigung, wenngleich, wie sie vorträgt, nicht der Nachweis geführt zu werden brauche, dass jeder einzelne Punkt, der in den Verhandlungen erörtert werden solle, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtige (dessen Gewährleistung die Rechtsgrundlage für den Erlass der einschlägigen EU-Richtlinien gewesen sei). Im Rahmen der letztgenannten Würdigung beruft sich die Kommission auf die Feststellung des Gerichtshofs, dass das Unionsrecht den Gegenstand der Berner Übereinkunft sehr umfassend regele(37). Dem Gutachten 1/03 lasse sich entnehmen, dass eine Zuständigkeit allein aufgrund der Tatsache, dass den Mitgliedstaaten in Restbereichen unter Umständen die Möglichkeit zu eigenem Handeln bleibe, noch nicht zu einer nichtausschließlichen Zuständigkeit werde; der Gerichtshof habe in einem solchen Fall dann zu prüfen, ob diese Möglichkeit das Unionsrecht beeinträchtige oder dessen Tragweite ändere(38). Der Gerichtshof sei davon ausgegangen, dass eine Zuständigkeit nicht deshalb ihren ausschließlichen Charakter verliere, weil keine vollständige Harmonisierung erfolgt sei. Insoweit seien im vorliegenden Fall die im Gutachten 2/91 genannten Voraussetzungen erfüllt: Das Gebiet werde sehr umfassend von unionsrechtlichen Bestimmungen erfasst, die keine bloßen Mindestvorschriften darstellten(39).

65.      Die Kommission vergleicht die vorliegende Rechtssache mit der Rechtssache Kommission/Griechenland, in der es um eine Verordnung gegangen sei, durch die zwei internationale Rechtsakte inhaltlich in das Unionsrecht übernommen werden sollten. Im Licht der AETR-Rechtsprechung habe der Gerichtshof entschieden, dass einem Mitgliedstaat die Einleitung eines Verfahrens verwehrt sei, das möglicherweise zu einer Änderung dieser Rechtsakte führe(40).

66.      Zum Inhalt des Übereinkommens führt die Kommission aus, dass die Definition des Begriffs „Sendung“ und die Beschreibung des Kreises der Schutzrechteinhaber (zu denen auch Web- und Simultansendeunternehmen gehören könnten) unmittelbare Folgen für den Besitzstand der Union nach sich ziehen werde. Derzeit schützten die Richtlinien 2006/115 und 2001/29 Sendeunternehmen mit drahtgebundener oder drahtloser Vermittlung ihrer Signale (diese Kategorie umfasse Sendeunternehmen mit terrestrischer oder Satellitenübertragung), während die Richtlinie 93/83 weiterverbreitende Kabelsendeunternehmen nicht als eine eigene Kategorie von Rechteinhabern anerkenne.

67.      Zu den unionsrechtlichen geschützten Rechten trägt die Kommission Folgendes vor:

–        Vorschläge, denen zufolge auch die drahtgebundene Weiterverbreitung von Sendungen (einschließlich über das Internet) und die zeitversetzte Weiterverbreitung geschützt werden sollten, beeinträchtigten das unionsrechtliche Recht der Weiterverbreitung oder veränderten dessen Tragweite.

–        Der Vorschlag, den Umfang des Rechts der öffentlichen Wiedergabe auf andere Orte als solche auszudehnen, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich seien, beeinträchtige das engere unionsrechtliche Recht der öffentlichen Wiedergabe sowie die Rechte anderer Rechteinhaber in den Bereichen, in denen dieses Rechtsinstitut gelte.

68.      Die Kommission räumt ein, dass im Unionsrecht ein Schutz von der Sendung vorangehenden programmtragenden Signalen nicht vorgesehen sei, da es sich bei ihrer Vermittlung nicht um eine Sende- oder Übertragungshandlung im eigentlichen Sinne handele. Allerdings seien Vorschläge zum Schutz solcher Signale – sei es durch Verleihung eines eigenständigen Rechts, durch eine weitere Definition des Begriffs „Sendung“ oder durch Gewährung angemessenen Rechtsschutzes – untrennbar mit dem bestehenden Unionsrecht verknüpft, da sie dasselbe Material – wenn auch in einem früheren Übertragungsstadium – beträfen. Außerdem müsse ein solcher Schutz im Licht der Richtlinie 93/83 gesehen werden, in der Regeln für durch Satellit übertragene programmtragende Signale niedergelegt seien.

69.      Des Weiteren macht die Kommission geltend, dass die Schutzdauer harmonisiert und im Unionsrecht der Schutz gegen die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen sowie der Schutz gegen die unbefugte Entfernung oder Änderung von Information für die Rechtewahrnehmung geregelt sei.

70.      Abschließend verweist die Kommission darauf, dass der Gerichtshof Begriffe wie etwa „öffentlich“ in der Wendung „öffentliche Wiedergabe“ einheitlich und (so weit wie möglich) im Licht des Völkerrechts auslege und bestrebt sei, Grundsätze oder Begriffe, die sich in einer Richtlinie über die Rechte des geistigen Eigentums fänden, trotz fehlender spezifischer Harmonisierung auch auf andere Richtlinien zu übertragen. Folglich könne sich die Änderung einer Richtlinie auf das gesamte Regelwerk auswirken, das im Hinblick auf alle Kategorien von Rechteinhabern auszulegen und anzuwenden sei.

71.      Nach Auffassung des Rates, der insoweit von den dem Rechtsstreit beigetretenen Mitgliedstaaten unterstützt wird, ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 AEUV und dem Protokoll Nr. 25, dass sich die ausschließliche Außenkompetenz der Europäischen Union auf diejenigen Elemente einer internationalen Übereinkunft beschränke, die durch die betreffenden Rechtsakte der Union erfasst seien. Mit anderen Worten: Art. 3 Abs. 2 AEUV sei nicht als eine Kodifizierung des im Gutachten 1/03(41) genannten Kriteriums „Gebiet, das bereits weitgehend von Unionsrechtsnormen erfasst ist“ zu verstehen. Hilfsweise macht der Rat geltend, dass selbst dann, wenn die Vorschrift in diesem Sinne auszulegen sei, sich die der Rechtsprechung wie etwa dem Gutachten 2/91(42), dem Urteil Kommission/Dänemark(43) und dem Gutachten 1/03(44) zugrunde liegenden Sachverhalte von der vorliegenden Rechtssache unterschieden.

72.      Auch wenn zahlreiche Bereiche, die im Übereinkommen möglicherweise geregelt würden, bereits Unionsvorschriften unterlägen und daher in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fielen, besitze sie nicht die ausschließliche Zuständigkeit zur Aushandlung des gesamten Übereinkommens.

73.      Der Rat bestreitet, dass der Schutz der Rechte von Sendeunternehmen das allgemeine Gleichgewicht auf dem Gebiet des Schutzes des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte und ihrer Ausübung beinträchtige, denn die Rechte der Sendeunternehmen seien gegenüber den letztgenannten Rechten unabhängig und eigenständig. Verdeutlicht werde dies u. a. im Urteil SCF(45), in dem der Gerichtshof den Begriff „öffentliche Wiedergabe“ in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 anders ausgelegt habe als in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100 (kodifiziert durch die Richtlinie 2006/115). Im Übrigen werde das Übereinkommen wahrscheinlich den üblichen Grundsatz beinhalten, wonach der durch das Übereinkommen gewährte Schutz den Schutz des Urheberrechts an Werken der Literatur und Kunst unberührt und vollkommen unbeeinträchtigt lasse.

74.      Im Weiteren verweist der Rat auf drei Aspekte des Schutzes der Rechte von Sendeunternehmen, um die es in den Verhandlungen gehen werde, die aber noch nicht harmonisiert seien. Folglich führten die Aushandlung und das Eingehen völkerrechtlicher Verpflichtungen bezüglich dieser drei Aspekte nicht zu einer Beeinträchtigung der Unionsregeln oder zu einer Veränderung von deren Tragweite.

75.      Erstens stehe es Mitgliedstaaten weiterhin frei, ein ausschließliches Recht, die öffentliche Wiedergabe zu erlauben oder zu verbieten, in Fällen zu gewähren oder nicht zu gewähren, in denen kein Eintrittsgeld erhoben werde. Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115 regele lediglich den Fall der öffentlichen Wiedergabe gegen Zahlung eines Eintrittsgelds.

76.      Zweitens bezwecke keine unionsrechtliche Bestimmung (auch nicht Art. 6 der Richtlinie 2001/29) den Schutz der Übertragung von der Sendung vorangehenden programmtragenden Signalen, bevor diese an die Öffentlichkeit gesendet würden. Der Signalinhalt könne zwar urheberrechtlich geschützt sein, der Gegenstand und die Schutzberechtigten dieses Rechts seien jedoch nicht identisch mit dem Gegenstand und den Schutzberechtigten im Bereich der Sendetätigkeit.

77.      Drittens existierten zwar Unionsbestimmungen für die Durchsetzung, allerdings hinderten diese Bestimmungen die Mitgliedstaaten nicht daran, für Rechteinhaber günstigere als die in der Richtlinie 2004/48 vorgesehenen Rechtsbehelfe vorzusehen. Die Bestimmungen beinhalteten auch weder strafrechtliche Sanktionen noch eine auf Art. 83 Abs. 2 AEUV beruhende Mindestregelung. Der Rat erkennt an, dass der Inhalt des Übereinkommens zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses nicht hinreichend präzise festgestanden habe, um Anwendungsbereich, Wesen und Inhalt der die Durchsetzung betreffenden Regelungen genau bestimmen zu können.

78.      Die polnische Regierung fügt hinzu, dass der Begriff der Sendung in dem Übereinkommen möglicherweise weiter definiert werde und dass das Unionsrecht, wie auch die Regierung des Vereinigten Königreichs vorträgt, kein Recht der drahtgebundenen Weiterverbreitung vorsehe.

79.      Ferner tritt der Rat, unterstützt von der niederländischen und der polnischen Regierung sowie von der Regierung des Vereinigten Königreichs, der Auffassung der Kommission entgegen, wonach der Gerichtshof eine weit angelegte Prüfung vornehmen solle, ohne sich auf einzelne Bestimmungen (wie etwa die Bestimmungen über die drei Aspekte, die er als in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallend ansehe) zu konzentrieren. Die These, dass allen Rechteinhabern identische Rechte zustehen müssten, entbehre jeder Grundlage. Alle Rechte und Pflichten seien in ihrem jeweiligen Kontext und nach ihrem jeweiligen Zweck auszulegen. Dass ein Begriff in einer Richtlinie im Bereich des geistigen Eigentums im Licht anderer diesen Bereich betreffender Richtlinien auszulegen sei(46), bedeute noch nicht, dass sie sich zwangsläufig gegenseitig beeinflussten.

80.      Für den Fall, dass in dem letztlich ausgehandelten Übereinkommen keine Angelegenheiten geregelt sein sollten, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, geht der Rat schließlich davon aus, dass nur die Europäische Union Partei des Übereinkommens wird.

 Würdigung

 Bedeutung der Wendung „soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte“ in Art. 3 Abs. 2 AEUV

81.      Sämtliche Verfahrensbeteiligten sind sich darin einig, dass die Europäische Union die Außenkompetenz zur Aushandlung einer internationalen Übereinkunft über die Rechte von Sendeunternehmen hat. Streitig ist, ob es sich dabei um eine ausschließliche Zuständigkeit handelt oder ob sie mit den Mitgliedstaaten geteilt wird.

82.      Unstreitig ist außerdem, dass die Verträge nicht ausdrücklich eine ausschließliche Zuständigkeit in Bezug auf den Schutz der Rechte von Sendeunternehmen vorsehen, dass der Abschluss des Übereinkommens nicht als notwendig angesehen wird, um der Europäischen Union die Ausübung ihrer internen Zuständigkeit auf dem vom vorgeschlagenen Übereinkommen zu erfassenden Gebiet zu ermöglichen, und dass die interne Zuständigkeit grundsätzlich geteilt ist. Ob die Außenkompetenz ausschließlich ist, hängt davon ab, ob der Abschluss des Übereinkommens im Sinne von Art. 3 Abs. 2 AEUV gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.

83.      Die Verfahrensbeteiligten sind hingegen unterschiedlicher Meinung hinsichtlich der Auslegung von Art. 3 Abs. 2 AEUV sowie hinsichtlich der Frage, in welchen Fällen die Europäische Union ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung einer internationalen Übereinkunft insgesamt besitzt, wenn die Unionsregeln nur einen Teil des Bereichs erfassen, auf den sich die vorgeschlagene internationale Übereinkunft erstreckt. Nach Auffassung der Kommission ist die ausschließliche Zuständigkeit gegeben, wenn der Bereich weitgehend von Unionsregeln erfasst wird. Der Rat befürwortet einen engeren Ansatz, dem zufolge in denjenigen Bereichen, in denen die Europäische Union nicht tätig geworden ist, keine ausschließliche Zuständigkeit bestehen kann(47).

84.      Die Verfahrensbeteiligen haben in ihren Erklärungen die Streitfrage darauf zugespitzt, ob Art. 3 Abs. 2 AEUV die AETR-Rechtsprechung kodifiziert. Dies ist übrigens nicht das erste Mal, dass der Standpunkt des Rates bezüglich des Verhältnisses von Art. 3 Abs. 2 AEUV zur AETR-Rechtsprechung vor dem Gerichtshof erörtert wird. In der Rechtssache Kommission/Rat (C‑137/12) erstreckte sich die in Frage stehende Zuständigkeit auf den Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, so dass sich eine Prüfung von Art. 3 Abs. 2 AEUV erübrigte(48). Allerdings hat Generalanwältin Kokott diese Frage in ihren Schlussanträgen in jener Rechtssache angesprochen. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, dass Art. 3 Abs. 2 dritte Alternative AEUV die AETR-Rechtsprechung kodifiziere und dass es keine Anhaltspunkte zur Stützung des vom Rat angeführten Arguments gebe, wonach die Verfasser des Vertrags von Lissabon etwas anderes beabsichtigt hätten. Ferner könne das Protokoll Nr. 25 nicht im Sinne einer Beschränkung der gemäß Art. 3 Abs. 2 AEUV bestehenden Unionszuständigkeit ausgelegt werden(49).

85.      Meines Erachtens ist es nicht zweckmäßig, die zu klärende Frage darin zu sehen, ob Art. 3 Abs. 2 AEUV eine Kodifizierung der AETR-Rechtsprechung darstellt, und zwar nicht zuletzt deshalb nicht, weil Uneinigkeit darüber herrscht, was diese Rechtsprechung (genau) besagt. Maßgeblich ist die Wendung „soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte“ in Art. 3 Abs. 2 AEUV. Diese Formulierung muss daher im Kontext der übrigen Teile der Verträge und unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte ausgelegt werden, zu der selbstverständlich auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gehört.

86.      Ich befasse mich zunächst mit dem Wortlaut des AEU-Vertrags.

87.      Im AEU-Vertrag wird die Wendung „gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern“ an zwei Stellen verwendet. Außer in Art. 3 Abs. 2 AEUV findet sich die Formulierung „gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern“ noch in Art. 216 Abs. 1 AEUV, in dem die Fälle beschrieben sind, in denen die Zuständigkeit der Europäischen Union zum Abschluss internationaler Übereinkünfte begründet ist, ohne jedoch zwischen ausschließlicher und geteilter Zuständigkeit zu unterscheiden.

88.      Die beiden Bestimmungen weisen zwar Ähnlichkeiten auf, es bestehen aber auch Unterschiede im Wortlaut. In vielen, jedoch nicht allen Sprachfassungen deuten diese Unterschiede darauf hin, dass die Begründung der ausschließlichen Zuständigkeit nach Art. 3 Abs. 2 AEUV an geringere Voraussetzungen geknüpft sein könnte als die Begründung der Zuständigkeit nach Art. 216 Abs. 1 AEUV(50). So bezeichnet das „may“ in der englischen Sprachfassung von Art. 3 Abs. 2 AEUV eine einfache Möglichkeit, während das „is likely to“ in Art. 216 Abs. 1 AEUV einen gewissen Wahrscheinlichkeitsgrad impliziert. Eine solche Unterscheidung kann jedoch nicht richtig sein. Wenn die ausschließliche Außenkompetenz nach Art. 3 Abs. 2 AEUV begründet ist, kann das Vorliegen der Außenkompetenz als solcher nach Art. 216 Abs. 1 AEUV unmöglich in Frage gestellt werden. Wenn es außerdem richtig ist, dass die Prüfung im Rahmen von Art. 216 Abs. 1 AEUV („Besteht Zuständigkeit?“) der Prüfung des Wesens der Zuständigkeit („Ist die Zuständigkeit ausschließlich?“) vorangehen muss, dann hat der Nachweis, dass der Abschluss der internationalen Übereinkunft gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte, automatisch zur Folge, dass es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit handelt, und schließt die Möglichkeit der Begründung geteilter Zuständigkeit aus.

89.      Nach meiner Lesart ist Art. 3 Abs. 2 dritte Alternative AEUV zu entnehmen, dass in dem von der internationalen Übereinkunft erfassten Bereich bereits Unionsregeln bestehen müssen. Gibt es solche Regeln nicht, ist schwer vorstellbar, wie der Abschluss der Übereinkunft die Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte. Daraus ergibt sich, dass im Rahmen der Prüfung stets (und zwar in der nachstehenden Reihenfolge) untersucht werden müssen: i) die Tragweite und der Inhalt der vorgesehenen internationalen Übereinkunft; ii) die Frage, ob die Europäische Union ihre interne Zuständigkeit bereits ausgeübt hat und, falls ja, die Tragweite und der Inhalt des Unionsrechts; iii) die Frage, ob der Abschluss der internationalen Übereinkunft Unionsregeln beeinträchtigen oder ihre Tragweite verändern könnte. Letzteres mag aus den verschiedensten Gründen und bei einigen Sachverhalten offensichtlicher als bei anderen in Frage kommen.

90.      Es ist wohl ohne große Bedeutung, dass in Art. 3 Abs. 2 AEUV nicht ausdrücklich angegeben ist, ob der Abschluss der internationalen Übereinkunft, hinsichtlich dessen festgestellt werden muss, dass er „gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte“, „von der Europäischen Union“ oder „von den Mitgliedstaaten“ vorgenommen wird. Ob gemeinsame Regeln beeinträchtigt werden oder ihre Tragweite verändert wird, hängt nicht von der Identität der Vertragspartei(en) ab, sondern vom Regelungsinhalt der internationalen Übereinkunft. Nimmt man geteilte Zuständigkeit als Ausgangspunkt, dann steht logischerweise die Frage im Mittelpunkt, welche Konsequenzen der Abschluss einer internationalen Übereinkunft durch die Mitgliedstaaten in einem Bereich hätte, in dem bereits Unionsregeln bestehen. Das Wort „soweit“ macht deutlich, dass auf dieser Grundlage Teile der internationalen Übereinkunft in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen können, während hinsichtlich anderer Teile trotzdem geteilte Zuständigkeit bestehen kann.

91.      Des Weiteren ergibt sich aus der Wendung „hat ferner die ausschließliche Zuständigkeit“, dass neben den in Art. 3 Abs. 1 genannten Fällen die Aufzählung der (grob umrissenen) Fälle in Art. 3 Abs. 2 abschließend ist.

92.      Ich komme nunmehr zum Kontext, in dem Art. 3 Abs. 2 AEUV steht, sowie zur Wirkung insbesondere des Art. 2 Abs. 2 AEUV und des Protokolls Nr. 25.

93.      Meines Erachtens schränken weder das Protokoll Nr. 25 noch Art. 2 Abs. 2 AEUV als solche den Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 2 AEUV ein. Beide betreffen geteilte Zuständigkeiten. In Art. 2 Abs. 2 Satz 1 ist die Rechtsfolge beschrieben, die sich aus der Einstufung einer Zuständigkeit als geteilte Zuständigkeit ergibt. Die Sätze 2 und 3 regeln Sachverhalte, bei denen eine Unionszuständigkeit und eine Zuständigkeit der Mitgliedstaaten nebeneinander bestehen. Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 AEUV in Verbindung mit dem Protokoll Nr. 25 (das nur auf Art. 2 Abs. 2 verweist) ergibt sich somit, dass immer dann, wenn die Europäische Union ihre Zuständigkeit in einem bestimmten Bereich ausgeübt hat, die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit in dem von dem betreffenden Unionsrechtsakt erfassten Bereich nicht mehr ausüben dürfen. Ihnen steht aber unter Umständen nach wie vor frei, in anderen Bereichen tätig zu werden. Hat die Europäische Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt, können die Mitgliedstaaten weiterhin tätig werden, soweit die Europäische Union nicht gehandelt hat. Im Übrigen erlangen die Mitgliedstaaten in allen Bereichen, in denen die Europäische Union ihr Handeln einstellt, ihre (ursprüngliche) Zuständigkeit zurück.

94.      Abschließend wende ich mich der Entstehungsgeschichte von Art. 3 Abs. 2 AEUV zu.

95.      Die Formulierung von Art. 3 Abs. 2 dritte Alternative AEUV ist offensichtlich dem Urteil AETR entnommen. In jener Entscheidung hat der Gerichtshof ein Kriterium aufgestellt, anhand dessen sich feststellen lässt, ob eine Außenkompetenz besteht (jetzt Regelungsgegenstand des Art. 216 Abs. 1 AEUV)(51) und ob es sich dabei um eine ausschließliche Zuständigkeit handelt (jetzt Regelungsgegenstand des Art. 3 Abs. 2 AEUV). Zur Frage der Ausschließlichkeit hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Europäische Union immer dann, wenn sie zur Verwirklichung einer von den Verträgen vorgesehenen gemeinsamen Politik in irgendeiner Form gemeinsame Rechtsnormen erlässt, ausschließlich zuständig wird(52) und dass die Mitgliedstaaten nicht berechtigt sind, mit dritten Staaten Verpflichtungen einzugehen, die „diese [gemeinsamen] Normen beeinträchtigen“(53). Ich werde dies als „AETR-Doktrin“ bezeichnen. Die AETR-Doktrin beruhte auf der Notwendigkeit, die Einheit des Gemeinsamen Marktes zu schützen und das Gemeinschaftsrecht einheitlich anzuwenden(54).

96.      Dem Verlauf der Verhandlungen über Art. 3 Abs. 2 AEUV lässt sich auf alle Fälle entnehmen, dass keine Absicht bestand, von der AETR-Doktrin abzuweichen(55). Insoweit stimme ich der Auffassung von Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Kommission/Rat (C‑137/12) zu(56).

97.      Der Gerichtshof sollte sich daher von seiner bisherigen Rechtsprechung zu diesem Bereich leiten lassen, zu der (selbstverständlich) das Urteil AETR und mehrere andere Entscheidungen sowie nach dem jetzigen Art. 218 Abs. 11 AEUV abgegebene Gutachten gehören.

98.      In dieser Rechtsprechung hat der Gerichtshof den Grundgedanken der AETR-Doktrin näher erläutert. Die Doktrin kommt dann zum Tragen, wenn der Abschluss der internationalen Übereinkunft (oder einzelner Teile davon) durch die Mitgliedstaaten mit der Einheit des Gemeinsamen Marktes und der einheitlichen und kohärenten Anwendung des Unionsrechts unvereinbar wäre(57) oder das reibungslose Funktionieren des mit den gemeinsamen Regeln errichteten Systems beeinträchtigen würde(58) oder wenn gerade wegen der Natur der bestehenden Unionsbestimmungen jedes internationale Übereinkommen zwangsläufig das Unionsrecht beeinträchtigen würde(59). Des Weiteren hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass Art. 10 EG(60) (jetzt Art. 4 Abs. 3 EUV in Form des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit) die Mitgliedstaaten auf allen Gebieten, die den Zielen des Vertrags entsprechen, verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele des Vertrags gefährden könnten(61).

99.      Welche weiteren klarstellenden Hinweise hat der Gerichtshof zur Bedeutung der AETR-Doktrin selbst gegeben?

100. Die Anwendung der AETR-Doktrin setzt voraus, dass ein internes Handeln stattgefunden hat; die bloße Existenz einer internen Zuständigkeit genügt nicht(62). Solange die interne Zuständigkeit nicht ausgeübt worden ist, gibt es nämlich keine Unionsregeln, die beeinträchtigt werden können oder deren Tragweite verändert werden kann. Ebenso befreien etwaige Initiativen oder Rechtsakte zur Verhinderung von Widersprüchen zwischen dem Unionsrecht und der geplanten internationalen Übereinkunft nicht von einem Vergleich der beiden, um feststellen zu können, inwieweit sich die Übereinkunft auf das Unionsrecht auswirkt(63). Ohne Belang sind außerdem die Rechtsgrundlage für die betreffenden Unionsvorschriften(64) und (wie der Rat zutreffend hervorhebt) der Umstand, dass die Aushandlung einer gemischten Übereinkunft Nachteile und praktische Umständlichkeiten mit sich bringen kann(65). Auch dass der Abschluss einer internationalen Übereinkunft durch die Mitgliedstaaten in irgendeiner Weise das normale Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen könnte, genügt allein noch nicht für das Eingreifen der AETR-Doktrin(66).

101. Sofern ein internes Handeln stattgefunden hat, kann die AETR-Doktrin auf die gesamte internationale Übereinkunft oder einzelne Teile davon angewandt werden.

102. Besteht das interne Handeln in einer vollständigen Harmonisierung eines bestimmten Bereichs, ist für diesen Bereich ausschließliche Zuständigkeit gegeben(67). In diesem Fall ist den Mitgliedstaaten die Beibehaltung oder der Erlass von Maßnahmen verwehrt, die mit dem Unionsrechtsakt unvereinbar sind oder dessen Ziele und Wirksamkeit in sonstiger Weise beeinträchtigen könnten (selbst wenn durch strengere Vorschriften ein höheres Schutzniveau erzielt würde)(68). Ein etwaiger Handlungsspielraum für ein Abweichen vom Unionsrecht bestimmt sich allein nach den Harmonisierungsmaßnahmen selbst(69). Regelt also eine internationale Übereinkunft den Bereich A und ist der gesamte Bereich A harmonisiert, greift bei Abschluss einer internationalen Übereinkunft über diesen Bereich automatisch die AETR-Doktrin ein und besitzt die Union die ausschließliche Zuständigkeit. Durch eine Mitwirkung der Mitgliedstaaten könnte die Europäische Union in den Modalitäten der späteren Ausübung ihrer internen Zuständigkeiten beschränkt werden. Erfasst die internationale Übereinkunft neben dem Bereich A auch den Bereich B und ist dieser Bereich B noch nicht harmonisiert, besitzt die Europäische Union die ausschließliche Zuständigkeit mindestens für den Bereich A. Abgesehen davon, dass sich nur schwer feststellen lässt, ob und in welcher Hinsicht eine vollständige Harmonisierung erfolgt ist, würde ich dies als den „einfachen Sachverhalt“ bezeichnen.

103. Ob eine vollständige Harmonisierung erfolgt ist, ist danach zu beurteilen, wie intensiv ein konkreter Bereich geregelt ist. Dies ist insbesondere anhand des Wortlauts und der Zielsetzung der betreffenden Unionsrechtsakte zu bestimmen, d. h. anhand ihres Inhalts, ihres Anwendungsbereichs und des Wesens der in ihnen festgelegten Verpflichtungen. Bei dem konkreten Bereich kann es sich z. B. um einen Wirtschaftssektor, eine Geschäftspraxis bestimmter Art, einen Personenkreis oder eine bestimmte Art von Vermögensgegenständen handeln.

104. Kann die Europäische Union auch die ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung und den Abschluss einer internationalen Übereinkunft insgesamt besitzen, wenn die von der Übereinkunft (oder Teilen davon) erfassten Bereiche noch nicht vollständig harmonisiert worden sind?

105. Dies ist denkbar.

106. Der Gerichtshof hat diese Möglichkeit im Gutachten 2/91 anerkannt, in dem er festgestellt hat, dass das Gebiet weitgehend von Unionsvorschriften erfasst sei, wobei die historische Entwicklung und die Zielsetzung der Unionsregelung sowie der Umstand zu berücksichtigen seien, dass die internationale Übereinkunft aufgrund einer weiteren Definition der den Anwendungsbereich berührenden Elemente einen weiter gehenden Schutz biete(70). Der betreffende Teil der internationalen Übereinkunft könne daher das Unionsrecht beeinträchtigen, und den Mitgliedstaaten sei es nicht mehr erlaubt, Verpflichtungen außerhalb des Rahmens der Unionsorgane einzugehen(71). Im Urteil Kommission/Dänemark hat sich der Gerichtshof auf diese Feststellung gestützt und deren Sinn wohl dahin zusammengefasst, dass völkerrechtliche Verpflichtungen gemeinsame Rechtsnormen dann beeinträchtigen oder verändern können, wenn diese Verpflichtungen in einen Bereich fallen, der bereits weitgehend durch die Rechtsnormen erfasst wird(72). Sodann hat der Gerichtshof im Gutachten 1/03 diese Fallgestaltung als lediglich ein Beispiel für die Anerkennung ausschließlicher Zuständigkeit bezeichnet und hervorgehoben, dass der Umfang, die Natur und der Inhalt der Unionsvorschriften sowie absehbare Entwicklungsperspektiven zu berücksichtigen seien(73).

107. Nach meinem Verständnis dieser Rechtsprechung begründet der Umstand, dass eine internationale Übereinkunft (oder Teile davon) einen von Unionsvorschriften „weitgehend erfassten“ (oder einen unter Bezugnahme auf einen sonstigen abstrakt festgelegten Regulierungsgrad definierten) Bereich betrifft (oder betreffen), für sich genommen noch nicht zwangsläufig die ausschließliche Zuständigkeit zur Aushandlung der gesamten internationalen Übereinkunft (oder des betreffenden Teils der Übereinkunft), ohne dass es einer Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung der AETR-Doktrin bedürfte. Je umfangreicher der bereits vom Unionsrecht erfasste Bereich ist, desto wahrscheinlicher ist es selbstverständlich, dass der restliche Teil der internationalen Übereinkunft die bestehenden Unionsvorschriften beeinträchtigen kann. Das wird jedoch nicht immer der Fall sein. Entscheidend sind der Inhalt der eingegangenen Verpflichtungen und ihr möglicher Bezug zu den Unionsvorschriften. Dieser Punkt lässt sich sehr gut anhand des Verhältnisses zwischen dem vorgeschlagenen Übereinkommen und den Unionsvorschriften über den Schutz der Rechte von Sendeunternehmen veranschaulichen, das ich nunmehr erörtern werde.

108. Voraussetzung für die Anwendung der AETR-Doktrin ist die genaue Bestimmung des Inhalts sowohl der im Rahmen der internationalen Übereinkunft als auch der im Rahmen des Unionsrechts übernommenen Verpflichtungen, um feststellen zu können, ob und gegebenenfalls inwieweit die Mitgliedstaaten ein bestimmtes Sachgebiet nicht mehr regeln und demzufolge nicht mehr eigene völkerrechtliche Verpflichtungen (auch wenn diese nicht im Widerspruch zum Unionsrecht stehen sollten) eingehen dürfen. Ein Widerspruch zwischen der internationalen Übereinkunft und den Unionsvorschriften ist keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der AETR-Doktrin(74). Hierzu hat Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen in den „Open Skies“-Rechtssachen sachdienlich erläutert, dass selbst die Übernahme bestehender Unionsvorschriften in eine internationale Übereinkunft nicht gewährleisten würde, dass „diese Normen später tatsächlich einheitlich angewandt und vor allem etwaige auf interner Ebene vorgenommene Änderungen vollständig und rechtzeitig in diese Verträge übertragen werden“; es könne zu einer Änderung der Natur und des rechtlichen Systems der gemeinsamen Normen kommen „mit der großen und konkreten Gefahr, dass sie der vom Gerichtshof nach dem Vertrag ausgeübten Kontrolle entzogen wären“(75). Im Gutachten 1/03 hat der Gerichtshof allgemein formuliert, dass die Anwendung der AETR-Doktrin eine Analyse voraussetzt, die sich auf den Umfang, die Natur und den Inhalt der Vorschriften unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des Unionsrechts und dessen Entwicklungsperspektiven, wenn sie zum Zeitpunkt der Analyse absehbar sind, stützen muss(76).

109. Ob die Europäische Union ausschließliche Außenkompetenz nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 2 dritte Alternative AEUV besitzt, ist also im Wesentlichen anhand eines konkreten und umfassenden Vergleichs zwischen den von der vorgesehenen internationalen Übereinkunft und den vom Unionsrecht erfassten Bereichen zu ermitteln(77).

110. In seiner Rechtsprechung hat sich der Gerichtshof insbesondere auf die maßgeblichen Gesichtspunkte zur Ermittlung des Stands des Unionsrechts in dem von der internationalen Übereinkunft zu erfassenden Bereich konzentriert, etwa auf das Kriterium, ob die Gemeinschaft ihre interne Zuständigkeit ausgeübt hat, den Gegenstand der Bestimmungen, die die Grundlage für das interne Handeln bilden, den Umfang, die Natur und den Inhalt des (aktuellen) Unionsrechts(78), den Zweck der Unionsvorschriften(79), die Systematik des einschlägigen Unionsrechtsakts(80), das Kriterium, inwieweit die Unionsbestimmungen Mindestvorschriften beinhalten(81), die historische Entwicklung des Unionsrechts in einem bestimmten Bereich(82), die Entwicklungsperspektiven des Unionsrechts, wenn sie zum Zeitpunkt der Analyse absehbar sind(83), die volle Wirksamkeit des Unionsrechts(84) sowie das reibungslose Funktionieren des mit den Unionsvorschriften errichteten Systems(85). Meines Erachtens können einige dieser Gesichtspunkte durchaus auch zur Kennzeichnung der vorgesehenen internationalen Übereinkunft dienen.

111. Eine Analyse dieser Art muss für jeden einzelnen Teil der auszuhandelnden und zu schließenden internationalen Übereinkunft durchgeführt werden.

112. Eine spezielle Frage kann entscheidend für die Anwendbarkeit der AETR-Doktrin sein, nämlich ob das Unionsrecht Mindestschutzstandards in einem bestimmten Bereich festlegt. Ist dies der Fall, behalten die Mitgliedstaaten die Zuständigkeit zum Abschluss internationaler Übereinkünfte, die ebenfalls Mindeststandards auferlegen, da solche Übereinkünfte nicht geeignet sind, das Unionsrecht, das die Mitgliedstaaten in vollem Umfang anwenden können und müssen, zu beeinträchtigen(86). Ob sie die Zuständigkeit tatsächlich weiterhin behalten, hängt davon ab, inwieweit den Mitgliedstaaten sowohl im Rahmen der internationalen Übereinkunft als auch im Rahmen der Unionsvorschriften ein Handlungsspielraum eingeräumt wird. Enthält die internationale Übereinkunft niedrigere Mindeststandards als das Unionsrecht, wird das Unionsrecht durch den Abschluss der Übereinkunft seitens der Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt, denn aufgrund des Primats des Unionsrechts ist es den Mitgliedstaaten verwehrt, in ihrem Hoheitsgebiet einen niedrigeren Standard als den durch das Unionsrecht vorgegebenen umzusetzen (selbst wenn dieser niedrigere Standard im Einklang mit der internationalen Übereinkunft steht). Falls die internationale Übereinkunft einen höheren Mindeststandard vorsieht, wird das Unionsrecht ebenfalls nicht beeinträchtigt, sofern dieses den Mitgliedstaaten die Festlegung eines solchen höheren Standards erlaubt.

113. Wie stellt sich die Situation dar, wenn das Unionsrecht einen Mindeststandard vorsieht und die internationale Übereinkunft ein maximales Schutzniveau festlegt? Angenommen, nach dem Unionsrecht beträgt die Schutzdauer eines verwandten Rechts „mindestens 70 Jahre“ und die internationale Übereinkunft legt die Schutzdauer auf „höchstens 50 Jahre“ fest. In diesem Fall können die Mitgliedstaaten das Unionsrecht nicht anwenden, ohne gegen die internationale Übereinkunft zu verstoßen. Dadurch wird die völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten berührt, nicht jedoch die Unionsvorschrift, die „mindestens 70 Jahre“ vorsieht und an die die Mitgliedstaaten weiterhin gebunden sind.

114. Vor diesem Hintergrund wende ich mich jetzt der Prüfung zu, ob die Europäische Union die ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung des gesamten Übereinkommens besitzt.

 Zur Zuständigkeit der Europäischen Union für die Aushandlung des Übereinkommens

–       Bestimmung der Außenkompetenz vor Aufnahme der Verhandlungen über das Übereinkommen

115. Im vorliegenden Fall haben die Verhandlungen über das Übereinkommen noch nicht begonnen(87), ein (Entwurf für einen) Vertragstext(88) ist nicht verfügbar.

116. Zweifellos stellt die Klärung der Zuständigkeitsfrage vor Aufnahme der Verhandlungen sicher, dass nur die zuständigen Parteien am Verhandlungstisch sitzen. Dies bietet eine gewisse Rechtssicherheit und liegt im Interesse der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten und der an den Verhandlungen beteiligten Dritten(89).

117. Allerdings ist der Verlauf von Vertragsverhandlungen nicht immer vorhersehbar, der Inhalt der auszuhandelnden internationalen Übereinkunft wandelt sich unter Umständen ständig. Welche Folgen hat diese Tatsache für die Durchführung der beim Gerichtshof zulässigen Verfahren zur Entscheidung der Frage, ob im Einzelfall eine ausschließliche Zuständigkeit der Union oder eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit besteht?

118. Zunächst sei angemerkt, dass es Situationen geben kann, in denen sich der Gerichtshof mangels hinreichender Angaben zu einer Entscheidung außerstande erklären muss. Dies könnte (beispielsweise) dann der Fall sein, wenn lediglich eine Absichtserklärung vorliegt, eine internationale Übereinkunft über den Schutz der Rechte von Sendeunternehmen aushandeln zu wollen, ohne dass irgendwelche Angaben zu dem voraussichtlichen Inhalt einer solchen künftigen Übereinkunft verfügbar sind.

119. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass „vor der Aufnahme von Verhandlungen auf internationaler Ebene um ein Gutachten [nach Art. 218 Abs. 11 AEUV] ersucht werden kann, wenn der Gegenstand des geplanten Abkommens bekannt ist und die dem Gerichtshof vorgelegten Unterlagen eine hinreichend sichere Beurteilung der vom Rat aufgeworfenen Frage erlauben, selbst wenn noch eine Reihe von Alternativen offen sind und Meinungsverschiedenheiten über die Abfassung bestimmter Klauseln bestehen“(90). Meiner Ansicht nach sollten dieselben Voraussetzungen auch dann gelten, wenn (wie hier) der Gerichtshof mit einer Nichtigkeitsklage befasst ist(91). Sofern hinreichende Informationen über die wesentlichen Merkmale der vorgeschlagenen internationalen Übereinkunft zur Verfügung stehen, hindert ein gewisses Maß an Ungewissheit über ihren endgültigen Inhalt den Gerichtshof nicht daran, in Wahrnehmung seiner Aufgabe zu prüfen, ob die Kommission gemäß den rechtlichen Anforderungen die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union dargetan hat, und eine Entscheidung in der Sache zu erlassen.

120. Eine Bestimmung der Zuständigkeit ex ante auf der Grundlage der dem Gerichtshof in diesem Stadium vorliegenden Unterlagen schließt jedoch nicht unbedingt eine Neubeurteilung aus, wenn der Verhandlungsprozess letztlich dazu führt, dass die Endfassung (des Vertragsentwurfs) wesentlich von den ursprünglichen Vorstellungen abweicht. In einem solchen Fall kann es angemessen sein, den Gerichtshof um eine weitere Entscheidung über die Zuständigkeit zu ersuchen und erforderlichenfalls an den Verhandlungstisch zurückzukehren(92).

121. Die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten müssen dabei eng zusammenarbeiten. Diese Pflicht gilt bei der Aushandlung, dem Abschluss und der Durchführung einer internationalen Übereinkunft, deren Gegenstand teils in die Zuständigkeit der Europäischen Union, teils in diejenige der Mitgliedstaaten fällt(93). Sollte der Gerichtshof hier also zu dem Ergebnis gelangen, dass ausschließlich die Europäische Union zuständig ist, und sollten die Verhandlungen später in eine andere Richtung fortschreiten und sich auf neue Punkte erstrecken, müssten die Unionsorgane ihre Zuständigkeit für diese neuen Punkte beurteilen. Gegebenenfalls müssten sie die Mitgliedstaaten zur Teilnahme einladen. Zumindest hätten sie die Mitgliedstaaten von diesen Entwicklungen zu unterrichten, damit die Mitgliedstaaten ihre Rechte aus den Verträgen wahrnehmen können. Wenn umgekehrt den Mitgliedstaaten eine Zuständigkeit verbleibt, haben sie redlich an den Verhandlungen teilzunehmen und alles zu unterlassen, was die Zuständigkeit der Europäischen Union beeinträchtigen könnte. Sollte der Gerichtshof zum jetzigen Zeitpunkt auf das Vorliegen einer geteilten Zuständigkeit erkennen und sollte das ausgehandelte Übereinkommen letztlich nur bereits vom Unionsrecht erfasste Punkte enthalten, wäre allein die Europäische Union für den Abschluss zuständig.

–       Zum Übereinkommen

122. Derzeit liegt kein Textentwurf des Übereinkommens vor. Die Kommission hat jedoch einen Satz von Dokumenten eingereicht, in denen die Ziele und der Umfang der Verhandlungen (und somit der möglichen Endfassung) dargelegt sind, und zwar i) die Empfehlung von 2002, einschließlich Anhang und Begründung, ii) das Memorandum von 2008, iii) das Mandat von 2009 und iv) den Tagungsbericht von 2010. Weder die anderen Parteien noch die Streithelfer haben Einwände gegen diese Dokumente erhoben.

123. Diese Unterlagen lassen den möglichen Verhandlungsgegenstand erkennen. Die Aussagekraft der einzelnen Dokumente hängt zwangsläufig vom Verfasser, dem Inhalt und der Nähe zum eigentlichen Verhandlungsprozess ab. Der Tagungsbericht von 2010 enthält offenbar die aktuellste Erklärung zu der Zielsetzung und dem Umfang der Verhandlungen. Der Bericht spiegelt zwar inhaltlich die Diskussionen auf der Konsultationstagung von 2010 wider, er enthält jedoch keine systematischen Ausführungen zum eventuell vereinbarten materiellen Inhalt des geplanten Übereinkommens. Bei der Empfehlung von 2002 und dem Mandat von 2009 handelt es sich insofern um politische Dokumente, als sie vom Ministerausschuss des Europarats verabschiedet wurden. Das Mandat von 2009 enthält lediglich den Auftrag an den MC‑S-NR zur „Weiterverfolgung der Arbeiten über den Schutz verwandter Rechte von Sendeunternehmen und, falls die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, Vorlage des Entwurfs eines Übereinkommens zu diesem Thema“. Die ausführlichste Darstellung eines etwaigen Verhandlungsauftrags findet sich in dem Memorandum von 2008, das von der Ad-hoc-Bestandsaufnahmegruppe stammt und als Arbeitsunterlage für den CDMC bestimmt ist. Darin werden die Durchführbarkeit der Erarbeitung eines Übereinkommens beurteilt sowie der Bedarf für ein solches Übereinkommen und seine Funktion ausgelotet. Das Memorandum von 2008 stützt sich außerdem auf die Empfehlung von 2002, die als möglicher Ausgangspunkt für Gespräche über den Inhalt des Übereinkommens bezeichnet wird.

124. Ein von der Kommission eingereichter getrennter Dokumentensatz betrifft die laufenden Verhandlungen über einen WIPO-Vertrag zum Schutz von Sendeunternehmen, deren schleppender Fortgang(94) offenbar die Initiative des Europarats zur Erarbeitung eines Übereinkommens veranlasst hat. Diese WIPO-Dokumente haben nur begrenzte Aussagekraft. Auch internationale Übereinkünfte wie das Rom-Abkommen(95), die (teilweise) die Rechte der Sendeunternehmen regeln, können nicht als Grundlage für die Ermittlung des Inhalts des Übereinkommens dienen, da keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür vorliegen, ob die Absicht besteht, bestehende internationale Übereinkünfte oder Teile davon als Muster heranzuziehen.

125. Bei der nachfolgenden Darstellung des meiner Einschätzung nach vorgesehenen Anwendungsbereichs des Übereinkommens stütze ich mich im Wesentlichen auf das Memorandum von 2008 und den Tagungsbericht von 2010. Ich werde außerdem in anderen Dokumenten angeführte Gesichtspunkte berücksichtigen, soweit diese von Belang sind.

126. Ziel des vorgeschlagenen Übereinkommens ist eine Verstärkung des Schutzes der Rechte von Sendeunternehmen und die Anpassung dieser Rechte insbesondere angesichts der Gefahr des Diebstahls von Signalen (die häufig über Landesgrenzen hinweg übertragen werden). Verwirklicht werden soll dieses Ziel durch die Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten an Sendeunternehmen, die durchsetzbar sind und technologieunabhängig definiert werden. In den vorliegenden Unterlagen finden sich keine Hinweise darauf, dass das Übereinkommen auch das Urheberrecht oder verwandte Schutzrechte z. B. der Hersteller und ausübenden Künstler erfassen soll.

127. Unklar ist, wie in dem Übereinkommen der Begriff „Sendung“ definiert werden wird, insbesondere ob er beispielsweise auch die Vermittlung über das Internet (sei es in Form der Web-, der Simultansendung oder in sonstiger Form) umfassen wird. Wie die polnische Regierung zutreffend ausführt, scheint das Memorandum von 2008 (das auf die WIPO-Vorschläge der Europäischen Union verweist(96)) eine solche Begriffsbestimmung auszuschließen, während der Tagungsbericht von 2010 das Erfordernis der Beibehaltung einer technologieunabhängigen Lösung in den Mittelpunkt stellt, gleichzeitig aber auch zu einer näheren Untersuchung der Frage auffordert, ob das Übereinkommen neue Mediendienste, einschließlich Dienste auf Abruf und zeitversetzte Dienste, schützen sollte. Aus dem Memorandum von 2008 scheint hervorzugehen, dass jede Bestrebung, die Definition auf die eine oder andere Form von Sendungen über das Internet auszudehnen, auf alle Fälle auf eine erhebliche Erweiterung des Schutzumfangs (und damit des Schutzumfangs der ausschließlichen Rechte der Sendeunternehmen) im Vergleich zu dem derzeit bestehenden Schutz nach Maßgabe des Rom-Abkommens hinauslaufen würde, das in Art. 3 Buchst. f lediglich auf drahtlose Vermittlung verweist.

128. Das Memorandum von 2008 definiert sechs ausschließliche Rechte mit dem Hinweis, dass diese Rechte auch für der Sendung vorangehende programmtragende Signale gelten sollten, hebt die Notwendigkeit des Rechtsschutzes und wirksamer Rechtsbehelfe gegen die Umgehung technischer Maßnahmen sowie die Notwendigkeit der Normierung von Pflichten bezüglich Informationen für die Rechtewahrnehmung hervor und legt die Schutzdauer fest.

129. Was den Schutzinhalt betrifft, wird in der Empfehlung von 2002 ein Recht der Weiterverbreitung vorgeschlagen, das alle Formen der Weiterverbreitung auf beliebigem Weg umfassen soll. Den Sendeunternehmen würde das Recht zustehen, die drahtgebundene oder drahtlose simultane oder (auf der Grundlage von Aufzeichnungen) zeitversetzte Weiterverbreitung ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten(97).

130. Es ist beabsichtigt (wie sich auch der Empfehlung von 2002 entnehmen lässt), mit dem Übereinkommen ein Aufzeichnungsrecht festzulegen, aufgrund dessen die Sendeunternehmen Aufzeichnungen ihrer Sendungen erlauben oder verbieten können(98).

131. Aus der Empfehlung von 2002 geht hervor, dass das Übereinkommen auch ein Vervielfältigungsrecht umfassen könnte, aufgrund dessen Sendeunternehmen die unmittelbare und mittelbare Vervielfältigung von Aufzeichnungen jedweder Art und Form erlauben oder verbieten können(99).

132. In der Empfehlung von 2002 wird das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung als das Recht der Sendeunternehmen beschrieben, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Zugänglichmachung der Aufzeichnungen ihrer Sendungen in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten(100). Das Memorandum von 2008 deutet an, dass dieses Recht auch die Zugänglichmachung von Sendungen über das Internet erfassen könnte.

133. Der Empfehlung von 2002 zufolge würde das Übereinkommen ein Verbreitungsrecht normieren, d. h. das Recht, die öffentliche Zugänglichmachung von Aufzeichnungen und Vervielfältigungsstücken von Aufzeichnungen ihrer Sendungen, einschließlich der Sendung von nicht urheberrechtlich geschützten Werken, durch Verkauf oder Eigentumsübertragung zu erlauben oder zu verbieten(101). Das Memorandum von 2008 deutet darauf hin, dass das Übereinkommen den Umfang dieses Rechts, wie es im Rom-Abkommen verankert ist, insofern ausdehnen könnte, als auch ein Schutz bei drahtgebundener Verbreitung gewährt wird.

134. Gemäß der Empfehlung von 2002 begründet das Übereinkommen möglicherweise ein Recht der öffentlichen Wiedergabe, d. h. das Recht der Sendeunternehmen, die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind, wobei jedoch die Mitgliedstaaten berechtigt wären, den Begriff „Eintrittsgeld“ im nationalen Recht zu definieren und zu entscheiden, ob dieses Recht geschützt werden soll, wenn die Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines mittelbaren Eintrittsgelds zugänglich sind(102).

135. Aus den verfügbaren Unterlagen ergibt sich, dass zu den Hauptzielen des Übereinkommens der Schutz von der Sendung vorangehenden programmtragenden Signalen gehört, wenngleich der Schutzumfang ungewiss erscheint(103). Solche Signale werden durch das Rom-Abkommen nicht geschützt. In keinem der vorliegenden Dokumente wird der mögliche Inhalt dieses Rechts definiert, allerdings wird im Memorandum von 2008 ausgeführt, dass der Schutz einfach durch eine Ausdehnung des Begriffs „Sendung“ verwirklicht werden könnte. Nach dem Memorandum von 2008 ist im Ergebnis jedoch auch vorstellbar, dass die Mitgliedstaaten geeignete und wirksame Maßnahmen gegen die unbefugte Verbreitung und sonstige Nutzung solcher Signale erlassen. Ob es sich dabei um privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Maßnahmen handeln soll, bleibt offen. Aus dem Tagungsbericht von 2010 geht hervor, dass die Frage, ob sich der Schutz auf Signale erstrecken sollte, die im Gegensatz zu Übertragungssignalen möglicherweise Rohmaterial oder nicht zur Sendung bestimmtes Material tragen, weiterhin unbeantwortet bleibt.

136. Das Übereinkommen könnte durch die Gewährung von Rechtsschutz und Rechtsbehelfen das Problem der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen thematisieren, die Sendeunternehmen im Rahmen der Wahrnehmung ihrer verwandten Schutzrechte nutzen. Im Memorandum von 2008 wird ausgeführt, dass die Bestimmungen des Übereinkommens „in Einklang“ mit den WIPO-Verträgen von 1996 und der Richtlinie 2001/29 stehen könnten.

137. Das Übereinkommen könnte auch das Problem behandeln, dass Personen wissentlich elektronische Informationen für die Rechtewahrnehmung entfernen oder ändern (d. h. Informationen, die den geschützten Inhalt, die Rechteinhaber oder die Modalitäten und Bedingungen für die Nutzung dieses Inhalts identifizieren). Laut dem Memorandum von 2008 könnten die WIPO-Verträge von 1996 und die Richtlinie 2001/29 als Vorlage für die Formulierung der Bestimmungen dienen.

138. Was die Schutzdauer anlangt, findet ausweislich der Empfehlung von 2002 und des Memorandums von 2008 die Lösung Unterstützung, dass die Schutzdauer für die Rechte von Sendeunternehmen mindestens 50 Jahre ab Ende des Jahres betragen soll, in dem die Sendung stattgefunden hat(104). Eine andere Auffassung ist dem Tagungsbericht von 2010 zu entnehmen, nämlich dass die Dauer den in Art. 14 des Rom-Abkommens bezeichneten Zeitraum nicht überschreiten sollte, der mindestens 20 Jahre beträgt, gerechnet vom Ende des Jahres, in dem die Sendung stattgefunden hat.

139. Schließlich deuten die vorliegenden Dokumente an, dass die Übereinkunft (kaum überraschend) eine Klausel über Beschränkungen und Ausnahmen enthalten wird. Der im Tagungsbericht von 2010 wiedergegebenen Übereinkunft ist allerdings zu entnehmen, dass diese nicht abschließend aufgezählt werden sollen.

–       Unionsrecht

140. Die Europäische Union hat die geteilte Zuständigkeit für den Binnenmarkt(105) durch Erlass von Harmonisierungsmaßnahmen im Bereich des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums von Sendeunternehmen ausgeübt, der auch vom Übereinkommen erfasst wird. Weitere Regelungen des Unionsrechts gelten ebenfalls für Sendeunternehmen, betreffen aber andere Bereiche, etwa die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste(106), und sind daher für den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ohne Belang.

141. Wenn ich recht verstehe, geht die Kommission selbst davon aus, dass die einschlägigen Richtlinien nicht den gesamten Bereich des Schutzes der Rechte von Sendeunternehmen regeln und dass dementsprechend noch keine vollständige Harmonisierung erzielt worden ist. Schon der Anwendungsbereich des vorgeschlagenen Übereinkommens zeigt, dass es Elemente des Schutzes der Rechte von Sendeunternehmen gibt, die von den derzeit bestehenden Rechtsvorschriften noch nicht erfasst sind. Außerdem handelt es sich um einen Bereich, in dem der Regelungsbedarf häufig unmittelbar mit technischen Neuerungen verknüpft ist(107). Jede Einschätzung in Bezug auf den Stand der Harmonisierung muss solchen Entwicklungen Rechnung tragen.

142. Oben in den Nrn. 23 bis 39 habe ich bereits das Unionsrecht in diesem Bereich dargestellt.

–       Auswirkungen des Abschlusses des Übereinkommens durch die Mitgliedstaaten auf das Unionsrecht über die Rechte von Sendeunternehmen

143. Die verschiedenen Teile des Übereinkommens können sich in unterschiedlicher Weise auf das für die Rechte von Sendeunternehmen geltende Unionsrecht auswirken. Im Mittelpunkt der Prüfung muss an dieser Stelle die Frage stehen, ob die Kommission dargetan hat, dass die Europäische Union die ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung des gesamten Übereinkommens hat. Die Kommission macht nämlich geltend, dass der Rat zu Unrecht der Ansicht gewesen sei, dass keine ausschließliche Zuständigkeit bestehe. Da die Kommission in dieser Weise argumentiert, muss ihr Klagegrund zurückgewiesen werden, wenn die Würdigung des Übereinkommens und der Unionsregeln auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Angaben ergibt, dass die Mitgliedstaaten in mindestens einer Hinsicht die Zuständigkeit behalten. Für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens ist es daher nicht notwendig, genau festzulegen, wer zur Aushandlung welcher Punkte genau zuständig ist. Das scheint auch gar nicht möglich zu sein.

144. Meines Erachtens hat die Kommission nicht dargetan, weshalb die Europäische Union nach Art. 3 Abs. 2 AEUV die ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung des gesamten Übereinkommens besitzt.

145. Zweifellos erfasst das Unionsrecht einen erheblichen Teil dessen, was in dem Übereinkommen vereinbart werden soll. Dies allein genügt jedoch noch nicht für die Schlussfolgerung, dass die Kriterien von Art. 3 Abs. 2 AEUV erfüllt sind(108).

146. Ich befasse mich zunächst mit den Ausschließlichkeitsrechten der Sendeunternehmen.

147. Das Aufzeichnungsrecht, das Vervielfältigungsrecht, das Recht der drahtlosen Weiterverbreitung, das Recht der Wiedergabe an Orten, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind, sowie das Verbreitungsrecht, die im Übereinkommen vorgesehen sind, sollen wohl in der Tat auf bestehendem Unionsrecht fußen, mit dem der Schutz der Rechte von Sendeunternehmen harmonisiert wird(109). Dies legt grundsätzlich nahe, dass die Europäische Union deshalb auch die ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung der entsprechenden Teile des Übereinkommens besitzt, da die Mitgliedstaaten keine völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehen dürfen, die die Einheit und die einheitliche Anwendung des Unionsrechts beeinträchtigen können. Soweit das Unionsrecht jedoch lediglich Mindestschutzstandards festlegt und das Übereinkommen diese Standards übernimmt, bleiben die Mitgliedstaaten für die Aushandlung des Übereinkommens zuständig.

148. Legt das Unionsrecht Mindeststandards fest?

149. Sicherlich zu bejahen ist diese Frage hinsichtlich des Rechts der drahtlosen Weiterverbreitung und des Rechts der öffentlichen Wiedergabe nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115.

150. Daher sind „mindestens“ das Recht der drahtlosen Weiterverbreitung und das Recht der Kabelweiterverbreitung im Unionsrecht noch nicht geregelt, während dies im Übereinkommen durchaus erfolgen könnte, und die Mitgliedstaaten sind derzeit befugt, eine solche Regelung in ihrem eigenen Recht vorzunehmen. Ob sie eine solche Regelung aus eigener Initiative oder aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen treffen, spielt dabei keine Rolle. Es ist auch unerheblich, ob dieser weiter gehende Schutz als neues Recht oder als Ausweitung eines bestehenden Rechts bezeichnet wird. Tatsache ist, dass das Unionsrecht den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Zuständigkeit zur Ausdehnung des den Rechteinhabern gewährten Schutzes in Bezug auf die Weiterverbreitung zuerkennt, und zwar im Gegensatz zu den sonstigen von den einschlägigen EU-Richtlinien erfassten Rechten. Das Gleiche würde für das Recht auf öffentliche Wiedergabe an anderen als denjenigen Orten gelten, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind (z. B. in Ladenlokalen oder Restaurants), falls das Übereinkommen dieses Recht erfassen sollte. Ich habe den vorliegenden Dokumenten jedoch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen können, dass das Übereinkommen den Umfang des Wiedergaberechts in dieser Weise ausdehnen könnte. Im Rahmen des ersten Klagegrundes sollte dieses Recht daher außer Betracht bleiben.

151. Wie verhält es sich mit dem Aufzeichnungsrecht, dem Vervielfältigungsrecht, dem Verbreitungsrecht und dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung?

152. Meines Erachtens sieht das Unionsrecht mehr als nur Mindestschutzstandards für diese Rechte vor und berücksichtigt den aktuellen Stand der technischen Entwicklungen, die die Vermittlung von Sendungen ermöglichen. In dieser Hinsicht ergibt sich aus den Erwägungsgründen 6 und 7 der Richtlinie 2001/29 (in der u. a. das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung geregelt sind), dass diese Rechte Bestandteil eines harmonisierten Rechtsrahmens sind, mit dem rechtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und Rechtsunsicherheiten vermieden werden sollen, die den Binnenmarkt in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigen könnten. Zwar finden sich in der Richtlinie 2006/115 keine entsprechenden Erwägungsgründe, sie verfolgt jedoch dasselbe allgemeine Ziel und ist auf dieselbe Rechtsgrundlage wie die Richtlinie 2001/29 gestützt. Unionsrechtlich steht den Sendeunternehmen also ein ausschließliches Recht zu, die Aufzeichnung ihrer Sendungen (d. h. die erste Aufzeichnung eines Signals) unabhängig davon zu erlauben oder zu verbieten, ob die Sendungen drahtgebunden oder drahtlos vermittelt werden, was auch Sendungen über Kabel oder Satellit einschließt. Damit scheinen Vermittlungen jeder Art erfasst zu sein. Den Mitgliedstaaten ist jedoch verwehrt, dieses Aufzeichnungsrecht Kabelsendeunternehmen zu gewähren, die lediglich Sendungen von Sendeunternehmen über Kabel vermitteln. Diese Aufzeichnungen sind Gegenstand des Ausschließlichkeitsrechts, die unmittelbare oder mittelbare Vervielfältigung zu erlauben oder zu verbieten, sowie des ausschließlichen Verbreitungsrechts, Aufzeichnungen ihrer Sendungen oder Vervielfältigungsstücke davon durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten. In Bezug auf diese Rechte lässt das Unionsrecht den Mitgliedstaaten daher keinerlei Spielraum für die Festsetzung eines hiervon abweichenden Schutzniveaus. Somit gilt die AETR-Doktrin uneingeschränkt für alle diese Verhandlungspunkte. Der Europäischen Union ist ausschließliche Zuständigkeit zuzuerkennen, selbst wenn diese Vorschriften des Unionsrechts einfach in das Übereinkommen eingefügt werden sollten, d. h. das Unionsrecht einfach übernommen wird.

153. Eine entsprechende Analyse in Bezug auf ein etwaiges im Übereinkommen geplantes Schutzrecht für der Sendung vorangehende programmtragende Signale führt indessen zu einem anderen Ergebnis. Derzeit bietet das Unionsrecht nur dann Schutz, wenn nachgewiesen wird, dass ein Diebstahl solcher Signale durch Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 2001/29 begangen wurde. Voraussetzung für diesen Schutz ist jedoch offenbar, dass die betreffende Maßnahme zur Verhinderung oder Einschränkung von Handlungen bestimmt ist, hinsichtlich deren einem Rechteinhaber ein Genehmigungsrecht zusteht(110). Das Unionsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten jedoch nicht, Sendeunternehmen das Recht zu gewähren, den Zugang zu ihren der Sendung vorangehenden programmtragenden Signalen oder deren Nutzung zu verhindern.

154. Anhand der vorliegenden Unterlagen lässt sich nur schwer beurteilen, in welcher Form das Übereinkommen solche Signale schützen wird. Eine Möglichkeit besteht darin, die entsprechenden Begriffsbestimmungen zu erweitern(111). Alternativ ist u. a. denkbar, solche Signale den Bestimmungen über den Schutz technischer Maßnahmen zu unterstellen (wodurch einige der im Unionsrecht geltenden Beschränkungen aufgehoben würden, wonach Rechtsschutz nur in Bezug auf Handlungen gewährt wird, für die die Genehmigung des Rechteinhabers erforderlich ist) oder den Sendeunternehmen in Bezug auf die der Sendung vorangehenden Signale Schutz auch vor Handlungen zu gewähren, auf die sich z. B. das Aufzeichnungsrecht, das Vervielfältigungsrecht, das Weiterverbreitungsrecht, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung oder das Recht der öffentlichen Wiedergabe erstrecken(112). Sollte eine dieser Lösungen gewählt werden, hätte die Europäische Union die ausschließliche Zuständigkeit.

155. Sollten sich die Verhandlungen jedoch stattdessen auf die Normierung eines eigenständigen Rechts auf Schutz der einer Sendung vorangehenden programmtragenden Signale mit anderer Ausgestaltung als soeben von mir beschrieben konzentrieren, leuchtet mir nicht ein, weshalb die Europäische Union bei Zugrundelegung der vorliegenden Informationen ausschließlich zuständig sein sollte. Dass die Signale dem Urheberrecht unterliegendes Material beinhalten mögen, das bereits unionsrechtlich geschützt ist, besagt nicht, dass ein eigenständiges Recht der Sendeunternehmen das Urheberrecht über eine Verbesserung seiner Wirksamkeit hinaus in irgendeiner Weise berühren wird. Es genügt auch nicht, dass ein solches Recht die Wirksamkeit der bestehenden Unionsrechte der Sendeunternehmen verbessern könnte, die derzeit grundsätzlich erst zum Zeitpunkt der Aufzeichnung eines Signals und möglicherweise unabhängig davon eingreifen, ob die Sendung urheberrechtlich geschütztes Material oder Rohmaterial enthält. Dies gilt für die in den Richtlinien 2001/29 und 2006/115 vorgesehenen Rechte. Was die Richtlinie 93/83 betrifft, so bestimmt sich deren Anwendungsbereich nach den Definitionen des Art. 1, dessen Abs. 1 zur Voraussetzung macht, dass der Satellit auf Frequenzbändern arbeitet, die dem Aussenden von Signalen zum öffentlichen Empfang oder der nicht öffentlichen Individual-Kommunikation vorbehalten sind. Hinsichtlich des zweitgenannten Signaltyps hat der Gerichtshof festgestellt, dass der Individualempfang dennoch unter Bedingungen erfolgen muss, die dem Empfang des erstgenannten Signaltyps entsprechen(113). Das entscheidende Merkmal der der Sendung vorangehenden programmtragenden Signale ist nach meinem Verständnis jedoch, dass sie (in der Regel im Gegensatz zu den Programmen, deren Träger sie sind) nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.

156. Der Begriff „Sendeunternehmen“ ist im Unionsrecht nicht definiert, jedoch lassen sich solche Unternehmen offenkundig als Rechteinhaber in Bezug auf die nach den Richtlinien 93/83, 2001/29 und 2006/115 geschützten Sendungen bezeichnen. Das Unionsrecht äußert sich allerdings nicht zu der Frage, ob Unternehmen, die Websendungen, Simultansendungen oder Signale in einem anderen (aus der technischen Entwicklung hervorgehenden) neuen Format übertragen, als Rechteinhaber im Sinne dieser Richtlinien einzustufen sind. Je nach der Formulierung können sich Definitionen solcher Begriffe wie diese auf den gesamten Bereich des Unionsrechts auswirken, der die Rechte der Sendeunternehmen erfasst, einschließlich der Rechte, hinsichtlich deren das Unionsrecht den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Möglichkeit lässt, den Rechteinhabern einen weiter gehenden Schutz zu gewähren (womit jedoch nicht gesagt ist, dass die Mitgliedstaaten auch den Kreis der Rechteinhaber als solchen erweitern dürfen). Sollte in dem Übereinkommen ein bestimmter Personenkreis festgelegt werden, der über die Sendeunternehmen, die Rechteinhaber nach Maßgabe der genannten Richtlinien sind, hinaus geht, könnte durch die Festlegung dieses Personenkreises die Freiheit der Europäischen Union, eine eigene Festlegung vorzunehmen, beschränkt werden. Hierzu mag es jedoch dann nicht kommen, wenn die Festlegung im Übereinkommen nicht erschöpfend erfolgt und anderen Unternehmen als denjenigen, die derzeit Rechteinhaber nach Unionsrecht sind, keinen Schutz gewährt.

157. In Art. 5 der Richtlinie 2001/29 und Art. 10 der Richtlinie 2006/115 sind Beschränkungen und Ausnahmen sorgfältig beschrieben und offenbar abschließend aufgezählt. Ich verstehe diese Bestimmungen dahin, dass sie ein in sich geschlossenes System von Ausnahmen und Beschränkungen bilden und dass jegliche Handlungsfreiheit der Mitgliedstaaten durch diese Aufzählung eingeschränkt wird. Somit ist es den Mitgliedstaaten verwehrt, diese Unionsregeln durch Eingehen selbständiger völkerrechtlicher Verpflichtungen zu beeinträchtigen.

158. In Bezug auf die Durchsetzungsrechte stimme ich der Kommission darin zu, dass sich in den vorliegenden Unterlagen keine Anhaltspunkte dafür finden, dass in das Übereinkommen eine Regelung über strafrechtliche Sanktionen aufgenommen werden wird. Insoweit bin ich nicht bereit, ein informelles Papier des Vorsitzenden des für die parallel laufenden WIPO-Verhandlungen zuständigen Ausschusses als Beleg für den möglichen Umfang der Verhandlungen über das Übereinkommen zu werten. Die Mitgliedstaaten verfügen bei der Festlegung von Rechtsbehelfen (die nicht nur strafrechtliche Sanktionen umfassen, selbst wenn die Maßnahmen auf Art. 83 Abs. 2 AEUV gestützt sind) im Fall der Verletzung verwandter Schutzrechte der Sendeunternehmen zwar über ein beträchtliches Ermessen, dessen Ausübung jedoch dem Unionsrecht unterliegt.

159. Was die Schutzdauer anlangt, so ist diese im Unionsrecht festgesetzt, und den Mitgliedstaaten steht es nicht frei, hiervon abzuweichen.

160. Die beiden verbleibenden Bereiche betreffen den Schutz technischer Maßnahmen und den Schutz von Informationen für die Rechtewahrnehmung. Es steht noch nicht fest, ob das Übereinkommen über den Besitzstand der Union hinausgehen oder in sonstiger Weise einen Mindeststandard festsetzen könnte und wie die Begriffe „technische Maßnahmen“ und „Informationen für die Rechtewahrnehmung“ darin definiert werden. Die Mitgliedstaaten scheinen zwar nach dem Unionsrecht eine gewisse Zuständigkeit für die Ausgestaltung des „angemessenen“ Rechtsschutzes zu behalten, gleichwohl bezwecken die Art. 6 und 7 der Richtlinie 2001/29 die Gewährung eines harmonisierten Rechtsschutzes. Daher hätte die Europäische Union, selbst wenn diese unionsrechtlichen Bestimmungen in das Übereinkommen eingefügt werden sollten, ausschließliche Zuständigkeit.

161. Diese Erwägungen führen mich zu dem Ergebnis, dass die Kommission nicht dargetan hat, dass die Europäische Union nach dem gegenwärtigen Stand die ausschließliche Zuständigkeit für das gesamte Übereinkommen besitzt.

162. Ändern die möglichen Auswirkungen des Übereinkommens auf andere Bereiche des Unionsrechts auf dem Gebiet des geistigen Eigentums etwas an diesem Ergebnis?

163. Bei der Auslegung des Unionsrechts auf dem Gebiet des geistigen Eigentums geht der Gerichtshof davon aus, dass die verwendeten Begriffe auf Unionsebene eine autonome Bedeutung haben(114), oftmals in unterschiedlichen Zusammenhang benutzt werden und im Licht der einschlägigen Normen des Völkerrechts auszulegen sind(115), und zwar gleichviel, ob diese Normen aus internationalen Übereinkünften, deren Vertragspartei die Europäische Union ist (und die daher Bestandteil der Rechtsordnung der Union sind), oder mittelbar (wie im Fall des Rom-Abkommens) hergeleitet werden. Die Kommission weist daher zu Recht darauf hin, dass der Gerichtshof bestrebt ist, eine kohärente Auslegung des Rechts auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, insbesondere des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte, zu gewährleisten(116). In diesem Zusammenhang sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, Begriffe, die in einer Richtlinie nicht definiert sind, möglicherweise im Licht einer anderen Richtlinie auszulegen, insbesondere wenn die beiden Richtlinien zwei eigenständige Aspekte desselben Regelungsgegenstands betreffen, wie z. B. die Richtlinien 93/83 und 2001/29.

164. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass der Gerichtshof die Bedeutung eines Begriffs unbesehen von einem Kontext auf einen anderen überträgt(117). Sollte also im Übereinkommen der Umfang des Rechts der öffentlichen Wiedergabe dahin ausgedehnt werden, dass es für die Wiedergabe an anderen als denjenigen Orten gilt, die gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind, würde damit nicht automatisch die Tragweite des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe in sonstigen Bereichen des Unionsrechts auf dem Gebiet des geistigen Eigentums verändert, in denen der Begriff im Übrigen durch andere Tatbestandsmerkmale gekennzeichnet sein mag.

165. Zu beachten ist ferner, dass nach dem Rom-Abkommen wie auch nach dem Unionsrecht der Schutz von Sendeunternehmen das Urheberrecht nicht beeinträchtigen oder in sonstiger Weise berühren kann. Die Kommission hat nicht dargetan, inwieweit die Ausdehnung des Schutzumfangs oder die Schaffung neuer Rechte für Sendeunternehmen das Urheberrecht beeinträchtigen würde, während dies bei den bestehenden Rechten (die offenbar in das Übereinkommen kopiert und eingefügt werden sollen) nicht möglich ist.

166. Ich halte daher an meiner Auffassung fest, dass die Kommission nicht dargetan hat, dass die Europäische Union nach dem gegenwärtigen Stand die ausschließliche Zuständigkeit für jeden einzelnen Teil des Übereinkommens besitzt. Ich möchte klarstellen, dass dieses Ergebnis möglicherweise überdacht werden muss, wenn weitere inhaltliche Elemente des Übereinkommens bekannt werden und sich dann herausstellen sollte, dass der Abschluss des gesamten Übereinkommens im Sinne von Art. 3 Abs. 2 AEUV „gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte“.

 Zweiter Klagegrund: Art. 218 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 EUV

 Vorbringen

167. Nach Ansicht der Kommission verstößt der Beschluss sowohl gegen Art. 218 Abs. 2 AEUV, dem zufolge die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über eine internationale Übereinkunft und die Festlegung von Verhandlungsrichtlinien allein Sache des Rates sei, als auch gegen Art. 13 Abs. 2 EUV, den der Gerichtshof im Urteil C‑27/04 in dem Sinne ausgelegt habe, dass der Rat nicht auf ein alternatives Verfahren zurückgreifen könne(118). Der Rat dürfe nicht einseitig von dem in Art. 218 Abs. 2 AEUV festgelegten Verfahren abweichen, indem er die Mitgliedstaaten, die im Rat als Kollektiv handelten, in seinen Entscheidungsprozess einbeziehe. Das Parlament unterstützt das Vorbringen der Kommission.

168. Der Rat trägt, unterstützt von den als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten, vor, dass es keine Rolle spiele, ob die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen durch einen einzigen „Zwitterbeschluss“ oder durch zwei getrennte Beschlüsse erteilt werde, von denen der eine vom Rat oder der andere von den Mitgliedstaaten gefasst werde. In diesem Kontext beruhe die Entscheidung der Mitgliedstaaten, Vertragsverhandlungen aufzunehmen, auf dem Völkerrecht, insbesondere auf dem Zustimmungsgrundsatz, und nicht auf Art. 218 AEUV oder einer anderen Bestimmung der Verträge. Die Wahl eines Zwitterbeschlusses stehe unter diesen Umständen mit der Notwendigkeit einer geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung der Europäischen Union und dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit durchaus im Einklang.

169. Das Vereinigte Königreich führt darüber hinaus aus, die Kommission übersehe, dass in Bereichen der geteilten Zuständigkeit für die Teilnahme der Mitgliedstaaten an den Verhandlungen über den Abschluss eines gemischten Übereinkommens auch deren Zustimmung erforderlich sei. Die Kommission sei daher zu Unrecht der Auffassung, dass der Beschluss allein vom Rat hätte gefasst werden müssen. Wären zwei getrennte Beschlüsse – ein Beschluss des Rates und ein Beschluss der Mitgliedstaaten – ergangen, hätte keine größere Klarheit hinsichtlich der Zuständigkeitsbereiche der Mitgliedstaaten geherrscht. Im Übrigen hindere Art. 218 Abs. 2 AEUV die Mitgliedstaaten nicht an der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union bei der Aushandlung einer internationalen Übereinkunft über Angelegenheiten, in denen die Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeiten ausübten.

 Würdigung

170. Meines Erachtens erlauben die Verträge nicht den Erlass des Beschlusses nach der hier gewählten Vorgehensweise(119).

171. Aus der Verteilung der Außenkompetenzen folgt, dass die Europäische Union und die Mitgliedstaaten bei der Aushandlung, dem Abschluss und der Durchführung der internationalen Übereinkunft zusammenarbeiten müssen. Diese Pflicht ergibt sich aus der Notwendigkeit einer einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der Europäischen Union(120). Jeder Beteiligte muss jedoch seine eigenen konstitutionellen Verfahren für die Aushandlung, die Unterzeichnung, den Abschluss und die Ratifizierung von internationalen Übereinkünften anwenden. Hieran ändert auch die Pflicht zur Zusammenarbeit nichts. Fällt eine internationale Übereinkunft in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union, können allein die konstitutionellen Verfahren der Union Anwendung finden. Verbleibt daneben auch den Mitgliedstaaten eine Zuständigkeit, gilt für ihre Beteiligung an der internationalen Übereinkunft (und an deren Aushandlung) das jeweilige nationale Recht, während für die Mitwirkung der Europäischen Union das Unionsrecht maßgeblich ist. Dass eine internationale Übereinkunft gemischt ist, ändert nichts daran, dass sich die Beteiligung der Europäischen Union an der Übereinkunft (und an deren Aushandlung) ausschließlich nach Unionsrecht richten kann.

172. Aus meiner Sicht ergibt sich aus Art. 218 Abs. 2 AEUV eindeutig, dass allein der Rat befugt ist, die Europäische Union zur Verhandlungsführung zu ermächtigen, Verhandlungsrichtlinien festzulegen sowie die Unterzeichnung und den Abschluss einer internationalen Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und Drittländern oder internationalen Organisationen zu ermächtigen. Art. 218 gilt für alle internationalen Übereinkünfte, gleichviel, ob ihr Inhalt in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union oder in eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit fällt. Die Bestimmung legt die Voraussetzungen fest, unter denen die Verträge der Europäischen Union das Eingehen internationaler Übereinkünfte erlauben.

173. Das Instrument, mit dem eine solche Ermächtigung konkret erteilt wird, ist ein Beschluss im Sinne von Art. 288 Abs. 4 AEUV, der somit in allen seinen Teilen und, soweit er an die Kommission gerichtet ist, nur für diese verbindlich ist. Der Erlass eines solchen Beschlusses im Rahmen von Art. 218 AEUV ist die Prärogative des Rates. Die Mitgliedstaaten können weder seinen Inhalt bestimmen noch an seinem Erlass mitwirken. Der Rat kann auch nicht entscheiden, wie die Mitgliedstaaten ihre Mitwirkung an der Aushandlung einer gemischten Übereinkunft gestalten.

174. Für diese Auslegung sprechen auch andere Bestimmungen des Art. 218 AEUV, der sowohl für gemischte als auch für in die ausschließliche Zuständigkeit fallende Übereinkünfte gilt. So hat z. B. die Kommission ihre Empfehlung bezüglich der Ermächtigung dem Rat (und nicht den Mitgliedstaaten) vorzulegen. Mit Ausnahme von Art. 218 Abs. 11 AEUV (Einholung eines Gutachtens des Gerichtshofs) ist in den übrigen Absätzen des Art. 218 von (einer Funktion der) Mitgliedstaaten nicht die Rede.

175. Der Gerichtshof hat entschieden, dass die in den Verträgen festgelegten Grundsätze über die Willensbildung der Unionsorgane „nicht zur Disposition der Mitgliedstaaten oder der Organe selbst stehen“(121). Gemäß dem in Art. 13 Abs. 2 EUV verankerten Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung(122) muss der Rat nach Maßgabe der ihm zugewiesenen Zuständigkeit handeln und darf nicht von sich aus die Mitgliedstaaten an einem Entscheidungsverfahren beteiligen, wenn die Verträge etwas anderes vorsehen. Er kann sich auch nicht auf den Grundsatz der Verwaltungsautonomie berufen, um dies zu bewirken. Auf diesen Grundsatz (ebenso wie auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit) kann sich nur ein Organ berufen, das im Rahmen seiner Zuständigkeiten handelt. Der Beschluss nach Art. 218 Abs. 2 AEUV kann daher nur vom Rat ausgehen.

176. Die These, dass es sich bei dem Beschluss um nichts anderes als die Summe eines Beschlusses des Rates und eines Regierungsakts der Mitgliedstaaten handele, überzeugt mich nicht. Sie setzt voraus, dass die Verfahrensvorschriften des Art. 218 AEUV durch einen förmlichen Akt erfüllt werden können, den der Rat als „Beschluss“ bezeichnet, sofern dieser ein Element eines unter diese Vorschrift fallenden Beschlusses enthält. Die Verträge gehen jedoch davon aus, dass das Organ, das den Beschluss erlässt, für dessen gesamten Inhalt verantwortlich ist.

177. Im Hinblick auf den Inhalt des Beschlusses ist es dem Rat nach Art. 218 Abs. 2 AEUV nicht verwehrt, die Kommission zur Aushandlung einer internationalen Übereinkunft nach Maßgabe der Zuständigkeitsaufteilung für bestimmte Bereiche zu ermächtigen und dabei in Aussicht zu nehmen, dass es zu einer gemischten Übereinkunft kommen könnte. Die Vorschrift verleiht dem Rat aber andererseits nicht die Befugnis, zu entscheiden, wie die Mitgliedstaaten die internationale Übereinkunft aushandeln, falls es sich um eine gemischte Übereinkunft handeln sollte(123). Genau das aber bezweckt Art. 1 Abs. 3 des Beschlusses.

178. Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass der zweite Klagegrund durchgreift.

 Dritter Klagegrund: Art. 218 Abs. 8 Satz 1 AEUV und Art. 16 Abs. 3 EUV

 Vorbringen

179. Die Kommission macht mit Unterstützung des Parlaments geltend, dass der Rat durch den Erlass des Beschlusses im Wege einer gemeinsamen Vereinbarung gegen Art. 218 Abs. 8 AEUV verstoßen habe, da der Beschluss mit qualifizierter Mehrheit hätte gefasst werden müssen. So laute auch die allgemeine Regel des Art. 16 Abs. 3 EUV. Dadurch, dass der Rat einen Beschluss der Union und eine Regierungsentscheidung zu einem Zwitterakt verschmolzen habe, habe er faktisch dem in Art. 218 Abs. 8 AEUV vorgesehenen Verfahren die Bedeutung genommen, die Wirksamkeit des Entscheidungsverfahrens beeinträchtigt, möglicherweise den Inhalt des Beschlusses beeinflusst und an die Beschlussfassung die für den Erlass eines Regierungsakts geltenden strengeren Mehrheitsanforderungen gestellt. Maßnahmen zur Harmonisierung des Rechts auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, mit denen der Schutz der Rechte von Sendeunternehmen verbessert werde, seien im ordentlichen Rechtssetzungsverfahren (Abstimmung und Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit) zu erlassen. Die Auffassung des Rates, wonach dasselbe Ergebnis durch die Aushandlung einer internationalen Übereinkunft erzielt werden könne, an denen sämtliche Mitgliedstaaten teilnähmen und bei denen der Grundsatz der Einstimmigkeit gelte, sei in sich widersprüchlich.

180. Das Parlament trägt außerdem vor, dass ein Zwitterakt nicht bloß eine Kombination zweier Beschlüsse sei. Es sei denkbar, dass die Mitgliedstaaten je nachdem, ob sie als Mitglieder des Rates in Bezug auf die Zuständigkeit der Europäischen Union oder als individuelle Staaten in Bezug auf ihre eigenen Zuständigkeiten handelten, unterschiedliche Standpunkte einnähmen. Eine solche Vorgehensweise berge zudem die Gefahr einer Störung des institutionellen Gleichgewichts in sich, wie es in Art. 218 AEUV (insbesondere in den Abs. 6 und 10) und in der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission(124) zum Ausdruck komme, wonach das Parlament in allen Phasen der Verhandlungen zu und des Abschlusses von internationalen Übereinkünften umgehend und umfassend und so rechtzeitig zu unterrichten sei, dass es seinen Standpunkt zum Ausdruck bringen könne und die Kommission diesem Standpunkt Rechnung tragen könne.

181. Dem hält der Rat, unterstützt von den als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten, entgegen, dass der Beschluss in Bezug auf die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union mit qualifizierter Mehrheit und in Bezug auf die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten durch gemeinsame Vereinbarung der Vertreter der Mitgliedstaaten gefasst worden sei. Daraus folge nicht, dass das Erfordernis der Einstimmigkeit an die Stelle des Erfordernisses einer qualifizierten Entscheidung getreten und auf diese Weise die in Art. 218 AEUV festgelegte Abstimmungsregel unterlaufen worden sei. Dass keine Delegation im Rat dem Beschluss widersprochen habe, besage auch nicht, dass die Abstimmungsregeln nicht eingehalten worden wären. Selbst wenn der Beschluss vom Rat allein gefasst worden wäre, hätten die Verhandlungen über das Übereinkommen nicht ohne eine getrennte Entscheidung oder Ermächtigung seitens der Mitgliedstaaten geführt werden können.

 Würdigung

182. Beschlüsse, mit denen eine Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über eine internationale Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und Drittländern erteilt wird, werden vom Rat mit qualifizierter Mehrheit gefasst. Maßgebend für diese Abstimmungsregel ist der Inhalt des Beschlusses. Es wird nicht danach unterschieden, ob die Zuständigkeit der Europäischen Union ausschließlich besteht oder mit den Mitgliedstaaten geteilt wird. Die Abstimmungsregel kann jedoch keine Anwendung auf die Fassung eines Beschlusses finden, dessen Inhalt sich auf Bereiche erstreckt, die nicht in die Zuständigkeit der Europäischen Union fallen.

183. Die Gerichtsakten enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Abstimmung im Rat nicht auf den gesamten Inhalt des Beschlusses bezogen hätte. Anders ausgedrückt: Der Rat hat über eine untrennbare Gesamtregelung abgestimmt. Insoweit ist ein Zwitterakt der hier in Rede stehenden Art nicht mit einem Akt vergleichbar, der aufgrund seines Inhalts auf zwei verschiedene Rechtsgrundlagen gestützt ist, von denen die eine Einstimmigkeit und die andere eine qualifizierte Mehrheit verlangt. Die Verträge schreiben eine einzige Abstimmungsregel vor, die für einen Beschluss des Rates gilt, mit dem die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen erteilt wird.

184. Grundsätzlich sind drei Varianten für das Zustandekommen des Beschlusses vorstellbar. Der Rat und die Mitgliedstaaten könnten über den Beschluss getrennt nach ihren jeweiligen eigenen Abstimmungsregeln abgestimmt haben. Es könnte nur nach dem Grundsatz der Einstimmigkeit abgestimmt worden sein, wie dies die Kommission geltend macht. Oder der gesamte Beschluss könnte ausschließlich mit qualifizierter Mehrheit gefasst worden sein.

185. Wie auch immer die Antwort lauten mag – der Beschluss kann meines Erachtens nicht in Einklang mit der Abstimmungsregel des Art. 218 Abs. 8 AEUV gefasst worden sein.

186. Die dritte Variante kann ausgeschlossen werden, denn der Beschluss kann keinen Regierungsakt beinhalten und dennoch mit qualifizierter Mehrheit gefasst worden sein.

187. Der Rat ist nicht befugt, die Mitgliedstaaten zur Aushandlung einer gemischten Übereinkunft zu ermächtigen und die Einzelheiten der dabei zu verfolgenden Verhandlungsstrategie festzulegen. Die Verträge erlauben daher nicht die Anwendung der Abstimmungsregel des Art. 218 Abs. 8 AEUV auf einen solchen Beschluss, so dass getrennte Abstimmungsverfahren (erste Variante) ebenfalls ausgeschlossen werden können.

188. Da der Beschluss tatsächlich sowohl einen Regierungsakt als auch einen Unionsakt umfasst und dennoch in einer einzigen Abstimmung verabschiedet wurde, kann er nicht mit qualifizierter Mehrheit gefasst worden sein. Er muss einstimmig ergangen sein (zweite Variante).

189. Selbstverständlich ist bei Einstimmigkeit auch eine qualifizierte Mehrheit gegeben. Das heißt jedoch noch nicht, dass Einstimmigkeit ohne Einfluss auf den Inhalt eines Beschlusses wäre. Ein Beschluss, auf den sich alle einigen können bzw. dem niemand widerspricht, ist nicht zwangsläufig dasselbe wie ein Beschluss, auf den sich eine qualifizierte Mehrheit einigen kann. So muss z. B. ein Beschluss, für den eine qualifizierte Mehrheit erreicht werden kann, möglicherweise inhaltlich abgeschwächt werden, um eine einstimmige Zustimmung bzw. eine Zustimmung ohne Widerspruch zu erlangen.

190. Der dritte Klagegrund greift daher meines Erachtens ebenfalls durch.

 Vierter Klagegrund: Ziele des Vertrags und Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit nach Art. 13 Abs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 218 Abs. 2 AEUV

 Vorbringen

191. Die Kommission, unterstützt vom Parlament, trägt vor, dass der Rat mit dem Beschluss gegen Art. 13 Abs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 218 Abs. 2 AEUV verstoßen habe, da er nicht im Einklang mit den in den Verträgen festgelegten Zielen gehandelt und einen Beschluss unter Verletzung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit gefasst habe. Zu diesen Zielen gehöre das Gebot, festzulegen, wie und von wem die Unionszuständigkeit im Rahmen der auswärtigen Beziehungen auszuüben sei, sowie für eine geschlossene Vertretung der Europäischen Union zu sorgen. Der Erlass eines Zwitterbeschlusses stelle per se einen Verstoß gegen die Ziele der Verträge dar. Durch sein Handeln habe der Rat die Grenzen der Rechtspersönlichkeit der Europäischen Union verwischt sowie ihre Präsenz und ihr Ansehen im Rahmen der internationalen Beziehungen beeinträchtigt. Außerdem hätte der Rat gemäß der Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen den Organen seine Befugnisse so ausüben müssen, dass das in Art. 218 AEUV festgelegte Verfahren nicht umgangen werde, und hätte den Mitgliedstaaten nicht eine in den Verträgen nicht vorgesehene Funktion zuweisen dürfen.

192. Der Rat, unterstützt von den als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten, bestreitet, dass der Beschluss die internationale Gemeinschaft verwirren könnte, und macht geltend, dass eine etwaige Verwirrung eher dadurch bedingt sei, dass die Kommission der einzige Verhandlungspartner sogar in Angelegenheiten sei, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen. Des Weiteren führt der Rat aus, dass Art. 218 Abs. 2 AEUV keine Anwendung auf internationale Übereinkünfte finden könne, für die die Mitgliedstaaten zuständig seien, und bestreitet, gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen zu haben. Die Pflicht zur Zusammenarbeit gebiete ganz im Gegenteil ein gemeinsames Handeln des Rates und der Mitgliedstaaten. Im Übrigen stütze sich die Kommission mit ihrem vierten Klagegrund größtenteils auf Spekulationen und Vermutungen.

 Würdigung

193. Der Gerichtshof hat anerkannt, dass zwischen der Notwendigkeit der Geschlossenheit und der Kohärenz in den auswärtigen Beziehungen der Europäischen Union einerseits und dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit andererseits ein Zusammenhang besteht. Der Grundsatz, dem zufolge die Mitgliedstaaten und die Unionsorgane bei der Aushandlung, beim Abschluss und bei der Durchführung internationaler Übereinkünfte eng zusammenarbeiten müssen, „ergibt sich aus der Notwendigkeit einer einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der Gemeinschaft“(125). Die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit gilt beim internen ebenso wie beim auswärtigen Handeln und auch für interinstitutionelle Beziehungen(126). Dabei ist es ohne Belang, ob es sich bei der Außenkompetenz der Europäischen Union um eine geteilte oder ausschließliche Zuständigkeit handelt(127), wenngleich selbstverständlich das Zusammenarbeitsgebot umso dringlicher ist, wenn es darum geht, eine gemischte Übereinkunft auszuhandeln und zu schließen(128). Deshalb müssen die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten im Frühstadium der Verhandlungen auf die geltende Verteilung der Zuständigkeiten achten. Die Notwendigkeit, die Geschlossenheit und Kohärenz in den auswärtigen Beziehungen der Europäischen Union sicherzustellen, besteht im gesamten Bereich der auswärtigen Beziehungen (und bildet sogar die Grundlage der AETR-Doktrin). Sie kommt vor allem bei den auswärtigen Beziehungen zum Tragen, kann sich aber auch auf das interne Tätigwerden der Europäischen Union auswirken.

194. Wenn die Europäische Union nach Art. 3 Abs. 2 AEUV die ausschließliche Zuständigkeit für die Aushandlung des Übereinkommens besitzt, würde jeder Beschluss, der vorsieht, dass die Mitgliedstaaten ebenfalls dieses Übereinkommen (oder Teile davon) aushandeln, zwangsläufig mit Art. 218 AEUV kollidieren sowie die Zuständigkeiten und das Handeln der Unionsorgane unterlaufen. Damit läge auch ein Verstoß gegen die Ziele der Verträge vor. Die Pflicht zur Beachtung der Zuständigkeitsverteilung (einschließlich der Regelung des Art. 2 Abs. 1 AEUV) und der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung sind Ausprägungen des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit, so dass sich eine getrennte Feststellung zu Art. 13 Abs. 2 EUV erübrigt(129).

195. Besteht keine ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union für die Aushandlung des gesamten Übereinkommens, ist die Zusammenarbeit zwischen den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten zweifellos eine unerlässliche Voraussetzung für die Ermöglichung des Abschlusses einer gemischten Übereinkunft. Ein gemeinsamer Beschluss mag zwar die engste Form der Zusammenarbeit darstellen, jedoch dürfen die Verfahrensvorschriften nicht im Namen des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit beiseitegeschoben werden. Insoweit habe ich oben bereits dargelegt, weshalb meiner Meinung nach die Verträge den Erlass eines Zwitterakts nicht zulassen. Ich halte daher eine getrennte Feststellung zum vierten Klagegrund für nicht erforderlich.

 Kosten

196. Die Kommission obsiegt. Sie hat beantragt, den Rat zur Tragung ihrer Kosten zu verurteilen. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

 Ergebnis

197. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        den Beschluss des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 19. Dezember 2011 über die Teilnahme der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten an Verhandlungen über ein Übereinkommen des Europarats zum Schutz der Rechte von Sendeunternehmen für nichtig zu erklären;

–        dem Rat der Europäischen Union neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission aufzuerlegen und

–        der deutschen, der niederländischen, der polnischen und der tschechischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und dem Europäischen Parlament ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – Beschluss des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 19. Dezember 2011 über die Teilnahme der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten an Verhandlungen über ein Übereinkommen des Europarats zum Schutz der Rechte von Sendeunternehmen. Der Beschluss ist nicht veröffentlicht worden und wurde im vorliegenden Verfahren als Anhang zur Klageschrift der Kommission eingereicht. Siehe unten, Nrn. 40 bis 44.


3 – Der Grundsatz wird mitunter in einigen Sprachen anders bezeichnet – vgl. z. B. Urteil vom 20. April 2010, Kommission/Schweden (C‑246/07, Slg. 2010, I‑3317, Rn. 70 und 71).


4 – Der maßgebende Inhalt dieses Dokuments und der weiteren Unterlagen zu den Verhandlungen über das Übereinkommen wird unten in den Nrn. 122 bis 139 im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes dargestellt.


5 – Die Buchstabenfolgen CDMC und MC‑S-NR (nachstehend in Nr. 4 verwendet) sind die vom Europarat selbst verwendeten Abkürzungen.


6 – Das Mandat von 2009 wurde im vorliegenden Verfahren als Anhang zu „Consultation meeting on the protection of rights of broadcasting organisations“ (Straßburg, 28. und 29. Januar 2010) des Europarats (im Folgenden: Konsultationstagung von 2010), Tagungsbericht, MC‑S-NR (2010)Misc1rev, eingereicht. Das Dokument ist auch auf der Website des Europarats abrufbar.


7 – Vgl. Tagungsbericht von 2010 (oben in Fn. 6 angeführt, Nrn. 1 und 2).


8 – Unter Sendung ist im Wesentlichen das Senden eines Bild- und/oder Tondaten enthaltenden Signals von einem Punkt an einen anderen zu verstehen. Das Signal ist ein elektromagnetischer Impuls und existiert nur während seiner Übertragung, d. h. also nur so lange, bis es empfangen wird. Es kann in einer bestimmten Form aufgezeichnet und anschließend in einer anderen Form bzw. in mehreren verschiedenen Formen (z. B. drahtlos oder mittels Kabel) übertragen werden, um zum Empfänger zu gelangen, bei dem es sich z. B. um ein Fernsehgerät, ein Radio, einen Computer oder ein Smartphone handeln kann. Diese Empfänger machen den visuellen bzw. akustischen Inhalt des Signals wahrnehmbar.


9 – Vgl. Tagungsbericht von 2010 (oben in Fn. 6 angeführt, Nr. 13).


10 – Das programmtragende Signal, das z. B. von einem Veranstaltungsort an einen Sender oder von einem Sendeunternehmen an ein anderes gesandt wird, wird als der Sendung vorausgehendes programmtragendes Signal bezeichnet. Häufig handelt es sich dabei um ein digitales Signal, das nicht für den unmittelbaren Empfang durch das Publikum, sondern für die Verwendung durch Sendeunternehmen bestimmt ist.


11 – Zum Konzept der Informationen für die Rechtewahrnehmung siehe unten, Nr. 137.


12 – Vgl. z. B. Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971, im Folgenden: Berner Übereinkunft) (die Europäische Union ist nicht Vertragspartei, hat jedoch gemäß Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums [Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen] die Art. 1 bis 21 [mit Ausnahme von Art. 6bis] der Berner Übereinkunft und den Anhang dazu zu beachten); Rom-Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961 (im Folgenden: Rom-Abkommen) (die Europäische Union ist nicht Vertragspartei); Europäisches Abkommen zum Schutz von Fernsehsendungen vom 22. Juni 1960 (die Europäische Union ist nicht Vertragspartei); Europäische Konvention über urheber- und leistungsschutzrechtliche Fragen im Bereich des grenzüberschreitenden Satellitenrundfunks vom 11. Mai 1994 (die Europäische Union ist Vertragspartei); Übereinkommen über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale, abgeschlossen in Brüssel am 21. Mai 1974 (im Folgenden: Brüsseler Satelliten-Übereinkommen von 1974) (die Europäische Union ist nicht Vertragspartei); TRIPS-Übereinkommen (das den Anhang 1C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation [WTO] bildet) (die Europäische Union ist Mitglied der WTO) – diese internationalen Übereinkünfte wurden durch den Beschluss des Rates 94/800/EG vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1) genehmigt; WIPO-Urheberrechtsvertrag und WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger von 1996, beide unter Schirmherrschaft der Weltorgansiation für geistiges Eigentum (WIPO) angenommen (die Europäische Union ist Vertragspartei; beide Verträge wurden durch Beschluss 2000/278/EG des Rates vom 16. März 2000 über die Zustimmung – im Namen der Europäischen Gemeinschaft – zum WIPO-Urheberrechtsvertrag und zum WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger, ABl. L 89, S. 6, genehmigt).


13 – Vgl. z. B. WIPO, Standing Committee on Copyright and Related Rights, Working Document for a Treaty on the Protection of Broadcasting Organisations, SCCR/24/10 Corr.


14 – WIPO, Protection of the Rights of Broadcasting Organisations – Submitted by the European Community and its Member States, SCCR/6/2 (3. Oktober 2001) (im Folgenden: WIPO-Vorschlag von 2001). Ein zusätzlicher Vorschlag für eine Definition des Begriffs „Sendung“ wurde 2003 vorgelegt (vgl. WIPO, Article 1bis – Proposal submitted by the European Community and its Member States, SCCR/9/12 [24. Juni 2003]). Diese Dokumente wurden mit der Klageschrift der Kommission eingereicht. Mit der Frage der Zuständigkeit für die Aushandlung und den schließlichen Abschluss dieses WIPO-Vertrags ist der Gerichtshof nicht befasst worden.


15 – Oben in Fn. 6 angeführt, Nr. 6.


16 – Vgl. auch Art. 4 Abs. 1 EUV.


17 –      Vgl. auch Erklärung Nr. 18 zur Abgrenzung der Zuständigkeiten in den Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz, die den Vertrag von Lissabon angenommen hat.


18 – ABl. 2012, C 326, S. 307.


19 – Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. L 346, S. 61), geändert zunächst durch die Richtlinie 93/98/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. L 290, S. 9), sodann durch die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10) und schließlich kodifiziert und aufgehoben durch die Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 (ABl. L 376, S. 28).


20 – Siehe unten, Nrn. 29 und 32.


21 – Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. L 372, S. 12).


22 – Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (ABl. L 248, S. 15). Diese Richtlinie enthält einen Querverweis auf die Richtlinie 92/100, aber nach Art. 14 der Richtlinie 2006/115 „[gelten] Verweisungen auf die aufgehobene Richtlinie [92/100] … als Verweisungen auf die vorliegende Richtlinie“.


23 – Art. 5 der Richtlinie 93/83, Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29 und Art. 12 der Richtlinie 2006/115. Die Richtlinie 2006/116 legt eigene Vorschriften über die Schutzdauer des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte fest und enthält daher keine entsprechende Bestimmung.


24 – Dieses Recht war ursprünglich in Art. 7 der Richtlinie 92/100 aufgeführt, der aber durch die Richtlinie 2001/29 gestrichen wurde.


25 – Vgl. auch den 58. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29.


26 – Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157, S. 45).


27 – Vgl. den siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48.


28 – Vgl. Art. 2 Abs. 2 und den 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48. Vgl. auch den 23. Erwägungsgrund in Bezug auf Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29.


29 – Siehe unten, Nr. 48.


30 – Art. 2 des Beschlusses.


31 – Vgl. z. B. Urteile vom 30. Juni 1993, Parlament/Rat und Kommission (C‑181/91 und C‑248/91, Slg. 1993, I‑3685, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 13. Juli 2004, Kommission/Rat (C‑27/04, Slg. 2004, I‑6649, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).


32 – Insoweit ist zu unterscheiden zwischen der Rechtswirkung der Verhandlungsrichtlinien und dem förmlichen Rechtsinstrument, das den rechtlich bindenden Akt des Rates normiert, der Gegenstand der Nichtigkeitsklage ist und gegen den sich die vier von der Kommission angeführten Klagegründe richten. Sollte also der Beschluss aufgrund eines oder aller dieser Klagegründe für nichtig erklärt werden, hätte dies auch Konsequenzen für die Verhandlungsrichtlinien, da diese nicht für Verhandlungen gelten können, deren Gegenstand nicht in die Zuständigkeit der Europäischen Union fällt und/oder für die keine ordnungsgemäße Ermächtigung vorliegt. Anders ausgedrückt: Die Verhandlungsrichtlinien können (unabhängig davon, ob und gegebenenfalls weshalb genau sie grundsätzlich bindend sind) keine Wirkungen entfalten, solange die Kommission nicht ordnungsgemäß zur Teilnahme an Verhandlungen ermächtigt ist.


33 – Urteil Parlament/Rat und Kommission (oben in Fn. 31 angeführt, Rn. 12).


34 – Das war der Streitpunkt in der Rechtssache Parlament/Rat und Kommission (oben in Fn. 31 angeführt). In seinem Urteil in jener Rechtssache hat der Gerichtshof ausgeführt (Rn. 14), dass es nicht auf die Bezeichnung des Aktes ankomme und dass die Zuständigkeitsfrage anhand der Prüfung entschieden werden müsse, „ob der fragliche Akt nach seinem Inhalt und den gesamten Umständen, unter denen er erlassen wurde, in Wirklichkeit eine Entscheidung des Rates darstellt“.


35 – Genau dies hat der Gerichtshof im Urteil Parlament/Rat und Kommission (oben in Fn. 31 angeführt) in Bezug auf eine Entscheidung erklärt, die von den Mitgliedstaaten getroffen, aber im Rat verabschiedet worden war (vgl. Rn. 12). Dass eine Entscheidung als ein Akt der im Rat vereinigten Mitgliedstaaten (oder in ähnlicher Weise) bezeichnet wird, ist keine hinreichende Grundlage für eine Verneinung der Zuständigkeit (Rn. 14). Vgl. auch, in einem etwas anderen Kontext, Urteil vom 12. Mai 1998, Kommission/Rat (C‑170/96, Slg. 1998, I‑2763, Rn. 12 bis 18).


36 – Urteil vom 31. März 1971, Kommission/Rat (Europäisches Übereinkommen über Straßenverkehr) („AETR“, 22/70, Slg. 1971, 263).


37 – Urteil vom 19. März 2002, Kommission/Irland (C‑13/00, Slg. 2002, I‑2943, Rn. 17).


38 – Gutachten vom 7. Februar 2006 (Slg. 2006, I‑1145, Rn. 148 bis 151).


39 – Gutachten vom 19. März 1993 (Slg. 1993, I‑1061, Rn. 22 bis 26).


40 – Urteil vom 12. Februar 2009 (C‑45/07, Slg. 2009, I‑701, Rn. 21 und 22).


41 – Oben in Fn. 38 angeführt.


42 – Oben in Fn. 39 angeführt.


43 – Urteil vom 5. November 2002 (C‑467/98, Slg. 2002, I‑9519) (diese Entscheidung gehört zu den sogenannten „Open Skies“-Urteilen).


44 – Oben in Fn. 38 angeführt.


45 – Urteil vom 15. März 2012, SCF (C‑135/10, Rn. 75 und 76).


46 – Urteil vom 13. Oktober 2011, Airfield und Canal Digitaal (C‑431/09 und C‑432/09, Slg. 2011, I‑9363, Rn. 44).


47 – Ich möchte darauf hinweisen, dass keiner der Verfahrensbeteiligten geltend macht, dass das Übereinkommen (oder Teile davon) deshalb in die ausschließliche Außenkompetenz der Europäischen Union falle, weil unter Berücksichtigung des Umstands, dass die materiellen Schutznormen für Rechte des geistigen Eigentums unabhängig von der Natur der internationalen Übereinkunft, in der sie zu finden seien, identisch sein könnten, Ausschließlichkeitsrechte der Sendeunternehmen sowie Bedingungen, Ausnahmen, Beschränkungen und Vorbehalte in Bezug auf diese Rechte im TRIPS-Übereinkommen (insbesondere in Art. 14) geregelt seien und weil nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon die Europäische Union nunmehr die ausschließliche Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik habe, die nach Art. 207 Abs. 1 AEUV „nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet [wird]; dies gilt insbesondere für die … Handelsaspekte des geistigen Eigentums“. Zur Bedeutung des Begriffs „Handelsaspekte des geistigen Eigentums“ vgl. Urteil vom 18. Juli 2013, Daiichi Sankyo und Sanofi-Aventis Deutschland (C‑414/11, Rn. 49 bis 61).


48 – Urteil vom 22. Oktober 2013 (Rn. 77).


49 – Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Rat (C‑137/12, Urteil oben in Fn. 48 angeführt, Nrn. 111 bis 117).


50 – Eine erwähnenswerte Ausnahme bilden Art. 3 Abs. 2 AEUV und Art. 216 Abs. 1 AEUV in der französischen Sprachfassung, die für beide Bestimmungen eine identische Formulierung verwendet: „est susceptible d’affecter des règles communes ou d’en altérer la portée“.


51 – So hat die Europäische Union Außenkompetenz, wenn trotz Fehlens einer ausdrücklichen begrenzten Einzelermächtigung der Erlass gemeinsamer Regeln zwangsläufig auf der Zuständigkeit der Europäischen Union für den Abschluss internationaler Übereinkünfte beruht, die sich auf den Gegenstand der gemeinsamen Regeln beziehen. In der Rechtssache AETR betrafen diese gemeinsamen Regeln auch den internationalen Verkehr aus oder nach dritten Staaten für den innergemeinschaftlichen Streckenteil (vgl. Urteil AETR [oben in Fn. 36 angeführt, Rn. 23/29]). Im Urteil Kramer u. a. galt Entsprechendes im Hinblick auf die Zuständigkeit für die Erhaltung der biologischen Schätze des Meeres (Urteil vom 14. Juli 1976 [3/76, 4/76 und 6/76, Slg. 1976, 1279, Rn. 30/33]). Vgl. auch Gutachten vom 26. April 1977 (1/76, Slg. 1977, 741, Rn. 3), 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 7), vom 28. März 1996 (2/94, Slg. 1996, I‑1759, Rn. 26) und 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 114 und 115).


52 – Urteil AETR (oben in Fn. 36 angeführt, Rn. 15/19); vgl. auch z. B. Urteil Kommission/Dänemark (oben in Fn. 43 angeführt, Rn. 77).


53 – Urteil AETR (oben in Fn. 36 angeführt, Rn. 15/19).


54 – Urteil AETR (oben in Fn. 36 angeführt, Rn. 30/31).


55 – Art. I‑12 Abs. 2 des Entwurfs eines Vertrags über eine Verfassung für Europa, dem Art. 3 Abs. 2 AEUV offenkundig nachgebildet ist, lautete: „Die Union hat ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Übereinkommen, wenn der Abschluss eines solchen Übereinkommens … einen internen Rechtsakt der Union beeinträchtigt“ (abrufbar unter http://european-convention.eu.int). Die Arbeitsgruppe VII „Außenpolitisches Handeln“ des Konvents verwies in ihrem Schlussbericht ebenfalls darauf, dass der Gerichtshof „der Gemeinschaft eine implizite Außenkompetenz für den Fall zuerkannt hat, dass der Abschluss internationaler Übereinkünfte für die Durchführung interner Politiken erforderlich ist, oder auch als Ausdruck der internen Zuständigkeit der Gemeinschaft in Bereichen, in denen sie diese durch den Erlass sekundärer Rechtsvorschriften wahrgenommen hat“, und „sah die Vorteile einer ausdrücklichen Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofes, mit dem Ziel, der Union das Tätigwerden in einer globalisierten Welt zu erleichtern, insbesondere wenn es um die externe Dimension interner Politiken und innenpolitischen Handelns geht“ (Schlussbericht der Gruppe VII „Außenpolitisches Handeln“, CONV 459/02, vom 16. Dezember 2002, Nr. 18). Vgl. auch Mandat für die Regierungskonferenz 2007, POLGEN 74 (26. Juni 2007), Nr. 18 und Fn. 10.


56 – Siehe oben, Nr. 84 sowie Fn. 48 und 49.


57 – Vgl. Urteil AETR (oben in Fn. 36 angeführt, Rn. 31) und Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 122 und 133).


58 – Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 128 und 133).


59 – Vgl. Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 122).


60 – Art. 10 EG lautete: „Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Sie erleichtern dieser die Erfüllung ihrer Aufgabe. Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten.“


61 – Vgl. z. B. auch Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 10) und Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 119).


62 – Vgl. z. B. Gutachten 1/94 vom 15. November 1994 (Slg. 1994, I‑5267, Rn. 77 [auch Rn. 88]) und Gutachten 2/92 vom 24. März 1995 (Slg. 1995, I‑521, Rn. 31 und 36). Es braucht sich jedoch nicht um ein Tätigwerden im Rahmen einer gemeinsamen Politik zu handeln – vgl. Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 10 und 11) und Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 118).


63 – Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 25), Urteil Kommission/Dänemark (oben in Fn. 43 angeführt, Rn. 101 und 105) und Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 129 und 130). In der Rechtssache Kommission/Dänemark bestand der Rechtsakt in einer Klausel, die besagte, dass das betreffende internationale Übereinkommen die Anwendung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedstaaten unberührt lasse.


64 – Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 131).


65 – In diesem Fall müssen die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten aufgrund der Notwendigkeit einer geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung der Europäischen Union bei der Aushandlung und dem Abschluss der internationalen Übereinkunft sowie bei der Erfüllung der damit übernommenen Verpflichtungen eng zusammenarbeiten – vgl. z. B. Gutachten 2/00 vom 6. Dezember 2001 (Slg. 2001, I‑9713, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).


66 – Vgl. z. B. Gutachten 1/94 (oben in Fn. 62 angeführt, Rn. 78 und 79) und Urteil Kommission/Dänemark (oben in Fn. 43 angeführt, Rn. 95).


67 – Vgl. z. B. Urteil Kommission/Dänemark (oben in Fn. 43 angeführt, Rn. 84), Gutachten 1/94 (oben in Fn. 62 angeführt, Rn. 96) und Gutachten 2/92 (oben in Fn. 62 angeführt, Rn. 33). Umgekehrt kann die Europäische Union, wenn das Unionsrecht die Harmonisierung auf einem Gebiet ausschließt, keine internationale Übereinkunft schließen, die gleichwohl eine Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet vorsieht – vgl. Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 132).


68 – Vgl. z. B. Urteil vom 23. April 2009, VTB-VAB und Galatea (C‑261/07 und C‑299/07, Slg. 2009, I‑2949, Rn. 52).


69 – Vgl. z. B. Urteil vom 25. April 2002, Kommission/Frankreich (C‑52/00, Slg. 2002, I‑3827, Rn. 19: „[D]er Umstand, dass [eine] Richtlinie bestimmte Ausnahmen vorsieht oder in manchen Punkten auf das nationale Recht verweist, [bedeutet] nicht, dass die Harmonisierung in den durch sie geregelten Punkten nicht vollständig ist.“).


70 – Vgl. insbesondere Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 25).


71 – Vgl. insbesondere Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 26).


72 – Oben in Fn. 43 angeführt (Rn. 81 und 82).


73 – Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 121 und 126).


74 – Vgl. Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 25).


75 – Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑466/98, Urteil vom 5. November 2002, Slg. 2002, I‑9427, Nr. 72).


76 – Vgl. Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 126); vgl. auch Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 25).


77 – Vgl. z. B. Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 124 und 133). Beispiele für Sachverhalte, bei denen eine solche Analyse zu dem Ergebnis geführt hat, dass keine ausschließliche Zuständigkeit gegeben ist, sind in Rn. 123 des Gutachtens 1/03 angeführt.


78 – Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 25 und 26) und 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 126). Der Gerichtshof hat diese Faktoren im Hinblick auf die Formel „ein Gebiet, das bereits weitgehend von Gemeinschaftsvorschriften erfasst ist“ erörtert, es wäre jedoch seltsam, diese Faktoren nicht auch bei anderen Fallgestaltungen heranzuziehen. Auf alle Fälle legt Rn. 133 des Gutachtens 1/03 eine allgemeinere Anwendung nahe.


79 – Vgl. z. B. Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 135).


80 – Vgl. z. B. Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 138).


81 – Vgl. Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 123 und 127) und Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt).


82 – Vgl. Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 25 und 26) und Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 120).


83 – Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 25) und Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 126).


84 – Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 128).


85 – Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 133).


86 – Vgl. insbesondere Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 18) vor dem Hintergrund des Gutachtens 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 123 und 127).


87 – Dies ist nicht das erste Mal, dass eine solche Situation vorliegt. Vgl. z. B. Gutachten 1/78 vom 4. Oktober 1979 (Slg. 1979, 2871) (betreffend die Zuständigkeit der [damaligen] Gemeinschaft für die Aushandlung eines Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommens, über das seinerzeit im Rahmen der Welthandelskonferenz der Vereinten Nationen verhandelt wurde) und Gutachten 2/94 (oben in Fn. 51 angeführt) (betreffend den möglichen Beitritt der Gemeinschaft zur Europäischen Menschenrechtskonvention).


88 – Im Gutachten 1/03 (oben in Fn. 38 angeführt, Rn. 137) z. B. hat der Gerichtshof die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluss eines neuen Übereinkommens von Lugano anhand eines Textes, der sich aus den Revisionsarbeiten am Übereinkommen von Lugano und am Brüsseler Übereinkommen ergab, sowie anhand der Verhandlungsrichtlinien geprüft.


89 – Vgl. auch Gutachten 2/94 (oben in Fn. 51 angeführt, Rn. 10 und 17), Gutachten 1/78 (oben in Fn. 87 angeführt, Rn. 35) und Gutachten 1/09 vom 8. März 2011 (Slg. 2011, I‑1137, Rn. 48).


90 – Gutachten 1/09 (oben in Fn. 89 angeführt, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).


91 – Vgl. z. B. Gutachten 1/78 (oben in Fn. 87 angeführt, Rn. 35).


92 – Ebenso wie die Heranziehung der falschen Rechtsgrundlage z. B. dazu führen kann, dass eine internationale Übereinkunft neu ausgehandelt wird – vgl. Urteil vom 30. Mai 2006, Parlament/Rat und Kommission (C‑317/04 und C‑318/04, Slg. 2006, I‑4721). Diese Gefahr besteht jedoch nicht nur beim auswärtigen Handeln der Europäischen Union.


93 – Vgl. Gutachten 2/91 (oben in Fn. 39 angeführt, Rn. 36); vgl. auch Gutachten 1/78 (oben in Fn. 87 angeführt, Rn. 34 bis 36) und Gutachten 1/94 (oben in Fn. 62 angeführt, Rn. 108).


94 – Zu den Gründen für den schleppenden Fortgang vgl. WIPO Standing Committee on Copyright and Related Rights, informelles Papier des Vorsitzenden des Standing Committee on Copyright and Related Rights (SCCR). Im Einklang mit dem Beschluss des SCCR auf seiner 16. Sitzung (März 2008), SCCR/17/INF/1 (3. November 2008) (vgl. Nrn. 13 bis 22) wurde dieses Papier zusammen mit dem Antrag der Kommission eingereicht.


95 – Oben in Fn. 12 angeführt.


96 – Oben in Fn. 14 angeführt. Die Definition des Begriffs „Sendung“ in Art. 1bis des Vorschlags von 2003 umfasst „… die drahtgebundene oder drahtlose Übertragung, einschließlich der Übertragung über Kabel oder Satellit, von Tönen oder von Bildern und Tönen oder deren Darstellungen zum Zweck des Empfangs durch die Öffentlichkeit …“ und entsprechend „… die von einem Sendeunternehmen vorgenommene simultane und unveränderte Weiterverbreitung seiner Sendung über Computernetze …“; nicht einbezogen sind jedoch „… die bloße Weiterverbreitung der Sendungen eines Sendeunternehmens über Kabel, Übertragungen über Computernetze und die Zugänglichmachung der Aufzeichnungen von Sendungen …“. Die Verfasser des Vorschlags haben ausdrücklich erklärt, dass sie für Gespräche über die Frage, ob weitere Sachverhalte aufgenommen werden sollten, aufgeschlossen seien.


97 – Der damit verliehene Schutz wäre also weiter als in Art. 13 des Rom-Abkommens, der keinen Schutz vor Kabelweiterverbreitung oder zeitversetzter Weiterverbreitung gewährt, und auch weiter als in Art. 1 des Europäischen Abkommens zum Schutz von Fernsehsendungen, der keine Hörfunksendungen erfasst und keinen Schutz gegen drahtlose Weiterverbreitungen bietet.


98 – Dieses Recht soll nicht von dem in Art. 13 des Rom-Abkommens und in Art. 1 des Europäischen Abkommens zum Schutz von Fernsehsendungen normierten Recht abweichen (das jedoch spezifischer und enger ausgestaltet ist, da darin von Festlegungen „ihrer Einzelbilder“ die Rede ist).


99 – Dieses Recht soll nicht denselben Beschränkungen des Vervielfältigungsrechts wie in Art. 13 Buchst. c des Rom-Abkommens unterliegen. Art. 1 des Europäischen Abkommens zum Schutz von Fernsehsendungen sieht ebenfalls ein Vervielfältigungsrecht vor.


100 –      Der Wortlaut der Bestimmung soll sich an das „Recht der öffentlichen Wiedergabe“ in den WIPO-Verträgen von 1996 anlehnen. Art. 8 des WIPO-Urheberrechtsvertrags von 1996 lautet: „Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 11 Absatz 1 Ziffer 2, Artikel 11bis Absatz 1 Ziffern 1 und 2, Artikel 11ter Absatz 1 Ziffer 2, Artikel 14 Absatz 1 Ziffer 2 und Artikel 14bis Absatz 1 der Berner Übereinkunft haben die Urheber von Werken der Literatur und Kunst das ausschließliche Recht, die öffentliche drahtlose oder drahtgebundene Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben, einschließlich der Zugänglichmachung ihrer Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit an Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind.“ In der vereinbarten Erklärung zu Art. 8 heißt es: „Die Bereitstellung der materiellen Voraussetzungen, die eine Wiedergabe ermöglichen oder bewirken, stellt für sich genommen keine Wiedergabe im Sinne dieses Vertrags oder der Berner Übereinkunft dar. Artikel 8 steht einer Anwendung von Artikel 11bis Absatz 2 der Berner Übereinkunft durch die Vertragsparteien nicht entgegen.“


101 –      Weder das Rom-Abkommen noch das Europäische Abkommen zum Schutz von Fernsehsendungen regelt ein solches Recht. In den WIPO-Verträgen von 1996 ist es hingegen aufgeführt, allerdings nur für andere Gruppen von Inhabern verwandter Schutzrechte.


102 –      Sowohl das Rom-Abkommen als auch das Europäische Abkommen zum Schutz von Fernsehsendungen sehen dieses Recht vor, und es ist beabsichtigt, dieses Recht als Grundlage für das im Übereinkommen vorgeschlagene Recht heranzuziehen. Nach dem im Rom-Abkommen verankerten Recht ist die Wiedergabe von Hörfunksendungen jedoch nicht geschützt.


103 –      Nach dem Brüsseler Satelliten-Übereinkommen von 1974 sind über Satellit übertragene programmtragende Signale geschützt; davon ausgenommen sind jedoch Signale, die dazu bestimmt sind, von der Allgemeinheit unmittelbar empfangen zu werden.


104 –      Dies ist die gleiche Schutzdauer, die anderen Inhabern verwandter Schutzrechte nach dem WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger von 1996 und Art. 14 Abs. 5 des TRIPS-Übereinkommens gewährt wird.


105 –      Vgl. Art. 4 Abs. 2 Buchst. a AEUV.


106 –      Vgl. z. B. Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95, S. 1) oder Art. 167 AEUV.


107 – Vgl. z. B. Erwägungsgründe 5, 6 und 20 der Richtlinie 2001/29 sowie Erwägungsgründe 2 und 4 der Richtlinie 2006/115.


108 – Siehe oben, Nr. 107.


109 – Siehe oben, Nrn. 27 bis 32.


110 –      Vgl. hierzu Urteil vom 23. Januar 2014, Nintendo u. a. (C‑355/12, Rn. 25).


111 –      Siehe unten, Nr. 156.


112 –      Vgl. z. B. Art. 10 des WIPO-Vorschlags von 2001 (oben in Fn. 14 angeführt).


113 –      Urteil vom 14. Juli 2005, Lagardère Active Broadcast (C‑192/04, Slg. 2005, I‑7199, Rn. 24 und 34 bis 36).


114 –      Vgl. z. B. Urteil vom 16. Juli 2009, Infopaq International (C‑5/08, Slg. 2009, I‑6569, Rn. 27 bis 29).


115 –      Vgl. z. B. Urteile vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, Slg. 2011, I‑9083, Rn. 189), und Infopaq International (oben in Fn. 114 angeführt, Rn. 32).


116 –      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache OSA (C‑351/12, Urteil vom 27. Februar 2014, Nr. 25). Vgl. hierzu auch Urteil SCF (oben in Fn. 45 angeführt, Rn. 75 bis 77).


117 – Vgl. z. B. Urteil OSA (oben in Fn. 116 angeführt, Rn. 35 bis 41).


118 –      Kommission/Rat (oben in Fn. 31 angeführt, Rn. 81).


119 – Der Beschluss ist nicht das einzige Beispiel für einen solchen Zwitterakt. Vgl. z. B. den in der anhängigen Rechtssache Kommission/Rat (C‑28/12) streitigen Beschluss (dem eine internationale gemischte Übereinkunft zugrunde liegt).


120 – Vgl. z. B. Urteil Kommission/Schweden (oben in Fn. 3 angeführt, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).


121 – Urteile vom 23. Februar 1988, Vereinigtes Königreich/Rat (68/86, Slg. 1988, 855, Rn. 38), und vom 6. Mai 2008, Parlament/Rat (C‑133/06, Slg. 2008, I‑3189, Rn. 54). Vgl. auch Urteil Kommission/Rat (C‑27/04, oben in Fn. 31 angeführt, Rn. 81).


122 – Zum Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung vgl. z. B. Urteil Parlament/Rat (oben in Fn. 121 angeführt, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).


123 – In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um einen Fall geht, in dem die Mitgliedstaaten außerhalb des Rahmens der Union die Organe mit Aufgaben betrauen (vgl. hierzu Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C‑370/12, Rn. 158 bis 169).


124 – ABl. 2010, L 304, S. 47.


125 – Urteil Kommission/Schweden (oben in Fn. 3 angeführt, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).


126 – Vgl. z. B. Urteil vom 10. Dezember 2002, Kommission/Rat (C‑29/99, Slg. 2002, I‑11221, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).


127 – Urteil Kommission/Schweden (oben in Fn. 3 angeführt, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).


128 – Urteil Kommission/Schweden (oben in Fn. 3 angeführt, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung) und Gutachten 1/94 (oben in Fn. 62 angeführt, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).


129 – Vgl. z. B. Urteile vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland („MOX-Anlage“, C‑459/03, Slg. 2006, I‑4635, Rn. 169 bis 171), vom 19. Mai 1992, Kommission/Deutschland (C‑195/90, Slg. 1992, I‑3141, Rn. 36 bis 38), und vom 11. März 1992, Compagnie Commerciale de l’Ouest u. a. (C‑78/90 bis C‑83/90, Slg. 1992, I‑1847, Randnr. 19).