Language of document : ECLI:EU:T:2024:33

Rechtssache T405/21

(auszugsweise Veröffentlichung)

Dexia Crédit Local

gegen

Einheitlicher Abwicklungsausschuss

 Urteil des Gerichts (Achte erweiterte Kammer) vom 24. Januar 2024

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) – Beschluss des SRB über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge – Begründungspflicht – Gleichbehandlung – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Ermessen des SRB – Einrede der Rechtswidrigkeit – Rechtsgrundlage für die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 – Ermessen der Kommission“

1.      Rechtsangleichung – Maßnahmen zur Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts im Finanzbereich – Regelung zur Angleichung der Abwicklungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Institute in der Bankenunion – Art. 5, 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 – Ermächtigung des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge und zur Verwaltung der Finanzmittel des einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) – Rechtsgrundlage – Art. 114 AEUV

(Verordnung Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 5, 69 und 70)

(vgl. Rn. 35, 37, 46, 48-50, 54, 56, 58, 59)

2.      Wirtschafts- und Währungspolitik – Wirtschaftspolitik – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen – Im Voraus erhobene Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) – Natur – Keine steuerliche Natur – Auf dem Versicherungsgedanken basierende Logik zur Sicherstellung der Stabilität der gesamten Finanzbranche – Finanzierung durch die gesamte Finanzbranche – Beiträge, die unmittelbar nur zur Finanzierung der Ausgaben der Branche verwendet werden und für ihr Funktionieren erforderlich sind – Rechtsgrundlage – Art. 114 Abs. 2 AEUV

(Art. 114 Abs. 2 AEUV; Verordnung Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 67 Abs. 2 und 4, Art. 69 und Art. 70)

(vgl. Rn. 64-69, 71, 76-79)

3.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Erläuterungen des Urhebers zu den Gründen des Rechtsakts im Verfahren vor dem Unionsgericht – Voraussetzungen – Widerspruchsfreiheit und Gebot der Kohärenz zwischen den Gründen und den Erläuterungen dazu

(Art. 296 Abs. 2 AEUV)

(vgl. Rn. 229, 230)


Zusammenfassung

Das Gericht äußert sich im Rahmen einer Nichtigkeitsklage, der es stattgibt, zum ersten Mal zur Vereinbarkeit der Verordnung Nr. 806/2014(1) mit Art. 114 Abs. 1 und 2 und Art. 352 AEUV und präzisiert dabei insbesondere den Ausdruck „Bestimmungen über die Steuern“ im Hinblick auf die Merkmale von im Voraus erhobenen Beiträgen. Darüber hinaus wiederholt es seine Erwägungen zum Umfang der Begründungspflicht des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) in Bezug auf die Festlegung der jährlichen Zielausstattung.

Dexia Crédit Local (im Folgenden: Klägerin) ist ein Kreditinstitut mit Sitz in Frankreich.

Am 14. April 2021 erließ der SRB einen Beschluss, mit dem er die für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge der Kreditinstitute und bestimmter Wertpapierfirmen, darunter der Klägerin, zum einheitlichen Abwicklungsfonds (im Folgenden: SRF) festlegte(2) (im Folgenden: angefochtener Beschluss)(3).

Würdigung durch das Gericht

Was die vom Gericht zurückgewiesenen Einreden der Rechtswidrigkeit von Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Verträge betrifft, rügte die Klägerin insbesondere die Rechtsgrundlage, nämlich Art. 114 AEUV, auf deren Grundlage die streitgegenständlichen Bestimmungen der Verordnung(4) erlassen wurden, sowie die Entscheidung, Abs. 1 dieses Artikels anzuwenden, obwohl die im Voraus erhobenen Beiträge steuerlicher Natur seien und daher unter den Ausdruck „Bestimmungen über die Steuern“ im Sinne von Abs. 2 des Artikels fielen.

Zum Ersten weist das Gericht in Bezug auf die Rüge der zugrunde gelegten Rechtsgrundlage darauf hin, dass sich die Wahl der Rechtsgrundlage eines Unionsrechtsakts auf objektive und gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen muss, zu denen das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören. Die auf der Grundlage von Art. 114 Abs. 1 AEUV erlassenen Gesetzgebungsakte müssen zum einen Maßnahmen zur Angleichung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten umfassen und zum anderen die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben. Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die streitgegenständlichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 diese beiden letztgenannten Voraussetzungen erfüllen.

Erstens führt es aus, dass Art. 114 AEUV nur dann als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, wenn aus dem Rechtsakt objektiv und tatsächlich hervorgeht, dass er den Zweck hat, die Voraussetzungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern. Aus den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 806/2014 geht hervor, dass mit dieser die Verknüpfung zwischen der wahrgenommenen Haushaltslage einzelner Mitgliedstaaten und den Finanzierungskosten der dort tätigen Banken und Unternehmen abgeschwächt sowie die Verantwortung für die Finanzierung der Stabilisierung des Finanzsystems der gesamten Finanzbranche zugewiesen werden soll. Daher legt die Verordnung Nr. 806/2014 insbesondere einheitliche Vorschriften und ein einheitliches Verfahren für die Abwicklung von Instituten fest, die vom SRB angewandt werden sollten, um den vorhandenen Bedrohungen zu begegnen. Ein wesentliches Element dieser Vorschriften und dieses Verfahrens ist der SRF, der es ermöglicht, die effiziente Ausübung der Abwicklungsbefugnisse sicherzustellen und durch Gewährleistung der effizienten Anwendung der Abwicklungsinstrumente zu deren Finanzierung beizutragen. Um ausreichende Finanzmittel im SRF zu gewährleisten, wird dieser insbesondere durch die von den Instituten entrichteten im Voraus erhobenen Beiträge finanziert, deren Höhe von der endgültigen Zielausstattung und den grundsätzlichen Berechnungsmodalitäten abhängt, die jeweils in den Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 festgelegt sind. Folglich stellt die Entrichtung dieser Beiträge die effiziente Anwendung der einheitlichen Vorschriften und des einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Instituten sicher.

Im Übrigen hat der Unionsgesetzgeber hervorgehoben, dass die einheitliche Anwendung der Abwicklungsregelung in den teilnehmenden Mitgliedstaaten durch die dem SRB übertragenen Aufgaben gestärkt wird und dass der SRB speziell darauf ausgerichtet ist, bei Abwicklungen eine zügige und effektive Beschlussfassung sicherzustellen, und auch gewährleisten sollte, dass der nationalen Finanzstabilität sowie der Finanzstabilität der Union und des Binnenmarkts in angemessener Weise Rechnung getragen wird. Vor diesem Hintergrund sieht die Verordnung vor, dass der SRB an die Stelle einer nationalen Abwicklungsbehörde (im Folgenden: NRA) tritt, wenn er Aufgaben wahrnimmt oder Befugnisse ausübt, die einer solchen NRA zugewiesen sind. Diese Bestimmung ermöglicht es dem SRB somit, in vollem Umfang als Entscheidungsorgan im Bereich der Abwicklung innerhalb der Bankenunion tätig zu werden, und bezweckt daher ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts.

Das Gericht folgert daraus, dass die Verordnung Nr. 806/2014 den Zweck hat, die Voraussetzungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern.

Zweitens weist das Gericht darauf hin, dass die Verfasser des AEU-Vertrags dem Unionsgesetzgeber in Art. 114 AEUV mit dem Ausdruck „Maßnahmen zur Angleichung“ nach Maßgabe des allgemeinen Kontexts und der speziellen Umstände der zu harmonisierenden Materie einen Ermessensspielraum hinsichtlich der zur Erreichung des angestrebten Ergebnisses am besten geeigneten Angleichungstechnik einräumen wollten. Demzufolge kann der Unionsgesetzgeber Befugnisse auf eine Einrichtung oder sonstige Stelle der Union übertragen, die der Verwirklichung der angestrebten Harmonisierung dienen. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass der Unionsgesetzgeber unter diesen Umständen vorsehen konnte, dass der SRB an die Stelle einer NRA tritt, wenn er Aufgaben wahrnimmt oder Befugnisse ausübt, die einer solchen NRA zugewiesen sind, und er ihm die Befugnisse übertragen konnte, die Höhe der im Voraus erhobenen Beiträge festzulegen sowie die Finanzmittel des SRF zu verwalten. Außerdem stellen die Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 einen wesentlichen Bestandteil der Vorschriften und des Verfahrens für die Abwicklung von Instituten dar, der dazu beiträgt, zu verhindern, dass divergierende nationale Vorgehensweisen die Wahrnehmung der Grundfreiheiten beeinträchtigen oder den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren. Ebenso enthält Art. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Maßnahme zur Angleichung der Abwicklungsvorschriften, die die einheitliche Anwendung der Vorschriften und des Verfahrens für die Abwicklung von Instituten stärkt. Unter diesen Umständen können diese drei Bestimmungen als Bestimmungen zur Angleichung der Abwicklungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Institute in der Bankenunion angesehen werden. Das Gericht führt aus, dass die dem SRB übertragenen Aufgaben in engem Zusammenhang mit dem Bereich stehen, auf den sich die Verordnung Nr. 806/2014 bezieht.

Zum Zweiten stellt das Gericht in Bezug auf die Rüge, Art. 114 Abs. 1 AEUV sei angewandt worden, obwohl die im Voraus erhobenen Beiträge steuerlicher Natur seien und daher unter Art. 114 Abs. 2 AEUV fielen, fest, dass die Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014, die die Institute zur Entrichtung von im Voraus erhobenen Beiträgen verpflichten und die Modalitäten ihrer Berechnung regeln, keine „Bestimmungen über die Steuern“ im Sinne von Art. 114 Abs. 2 AEUV darstellen.

So weist es darauf hin, dass eine von den Wirtschaftsteilnehmern eines bestimmten Sektors entrichtete Abgabe insbesondere dann nicht steuerlicher Natur ist, wenn sie unmittelbar nur zur Finanzierung der Ausgaben in diesem Sektor verwendet wird und diese Ausgaben für dessen Funktionieren erforderlich sind, insbesondere um ihn zu stabilisieren. Diese Erwägung gilt auch für im Voraus erhobene Beiträge, die einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik folgen und von den Wirtschaftsteilnehmern eines bestimmten Sektors zur ausschließlichen Finanzierung der Ausgaben dieses Sektors entrichtet werden.

Zwar können die im Voraus erhobenen Beiträge nicht als Versicherungsprämien angesehen werden, deren monatliche Zahlung und Rückerstattung möglich wären, da die Verordnung Nr. 806/2014 keinen automatischen Zusammenhang zwischen der Zahlung des im Voraus erhobenen Beitrags und der Abwicklung des betreffenden Instituts herstellt. Gleichwohl profitieren die Institute in zweifacher Hinsicht vom SRF, der gerade durch ihre im Voraus erhobenen Beiträge finanziert wird. Zum einen kann die finanzielle Lage von Instituten, wenn sie ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen, im Rahmen eines Abwicklungsverfahrens geordnet werden, das zu ihren Gunsten eingeleitet werden kann. Zum anderen profitieren alle Institute von ihren im Voraus erhobenen Beiträgen über die Stabilität des Finanzsystems, die durch den SRF gesichert wird.

Daraus folgt, dass der SRF – unter einem nicht steuerbezogenen, sondern auf dem Versicherungsgedanken basierenden Gesichtspunkt – die Stabilität der gesamten Finanzbranche sicherstellen soll, indem er dem Zweck dient, zum Nutzen aller Institute einen Schutz gegen eine Krise ebendieser Branche zu gewährleisten. Dieser auf dem Versicherungsgedanken basierende Zweck spiegelt sich im Übrigen auch in der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge wider, da sich diese nicht aus der Anwendung eines bestimmten Satzes auf eine Bemessungsgrundlage ergeben, sondern aus der Festlegung einer endgültigen Zielausstattung und dann einer jährlichen Zielausstattung, die sodann auf die Institute verteilt wird.

Im Hinblick auf den Klagegrund des Verstoßes gegen die Begründungspflicht bei der Festlegung der jährlichen Zielausstattung, der einen Gesichtspunkt zwingenden Rechts betrifft und dem stattgegeben wird, weist das Gericht zunächst darauf hin, dass nach den geltenden Rechtsvorschriften bis zum Ende der Aufbauphase von acht Jahren ab dem 1. Januar 2016 (im Folgenden: Aufbauphase) die im SRF verfügbaren Mittel die endgültige Zielausstattung erreichen müssen, die mindestens 1 % der gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute entspricht. Die im Voraus erhobenen Beiträge müssen während der Aufbauphase zeitlich so gleichmäßig wie möglich gestaffelt werden, bis die Zielausstattung erreicht ist. Außerdem dürfen die Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, jährlich 12,5 % der endgültigen Zielausstattung nicht übersteigen. Was die Vorgehensweise zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge betrifft, legt der SRB deren Höhe auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung und unter Berücksichtigung der endgültigen Zielausstattung sowie auf der Grundlage des auf Quartalsbasis berechneten durchschnittlichen Betrags der im vorangegangenen Jahr gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute fest. Schließlich berechnet der SRB den im Voraus erhobenen Beitrag für jedes Institut auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung, die unter Bezugnahme auf die endgültige Zielausstattung und im Einklang mit der in der Delegierten Verordnung 2015/63(5) dargelegten Methodik festzulegen ist.

Im vorliegenden Fall hat der SRB, wie aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, die Höhe der jährlichen Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 auf 11 287 677 212,56 Euro festgesetzt. In dem Beschluss hat er im Wesentlichen erläutert, dass die jährliche Zielausstattung auf der Grundlage einer Analyse der Entwicklung der gedeckten Einlagen in den Vorjahren und aller relevanten Entwicklungen der wirtschaftlichen Lage sowie einer Analyse der Indikatoren für die Phase des Konjunkturzyklus und der Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute zu bestimmen sei. Der SRB hat es für angemessen gehalten, einen Koeffizienten festzusetzen, der auf dieser Analyse und den im SRF verfügbaren Finanzmitteln beruhte (im Folgenden: Koeffizient), und hat diesen Koeffizienten auf ein Achtel des Durchschnittsbetrags der gedeckten Einlagen im Jahr 2020 angewandt, um die jährliche Zielausstattung zu erhalten. Anschließend hat er die Vorgehensweise bei der Festsetzung des Koeffizienten dargelegt. In Anbetracht dieser Erwägungen hat der SRB den Wert des Koeffizienten auf 1,35 % festgesetzt. Sodann hat er den Betrag der jährlichen Zielausstattung berechnet, indem er den Durchschnittsbetrag der gedeckten Einlagen im Jahr 2020 mit diesem Koeffizienten multipliziert und das Ergebnis dieser Berechnung durch acht dividiert hat.

Insoweit ist der SRB zwar verpflichtet, den Instituten bereits im angefochtenen Beschluss Erläuterungen bezüglich der Methode zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung zu geben, allerdings müssen diese Erläuterungen mit denjenigen im Einklang stehen, die der SRB im gerichtlichen Verfahren anführt und die die tatsächlich angewandte Methode betreffen. Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Aus den Erläuterungen des SRB in der mündlichen Verhandlung geht nämlich im Wesentlichen hervor, dass er die jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 nach einer Methode in vier Schritten bestimmt hatte, von denen die letzten beiden darin bestanden, von der endgültigen Zielausstattung die im SRF verfügbaren Finanzmittel abzuziehen, um den Betrag zu berechnen, den er bis zum Ende der Aufbauphase noch zu erheben hatte, und diesen Betrag durch drei zu teilen.

Das Gericht stellt jedoch fest, dass sich diese letzten beiden Rechenschritte in der mathematischen Formel, die nach dem angefochtenen Beschluss als Grundlage für die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung gedient haben soll, in keiner Weise wiederfinden.

Diese Feststellung kann auch nicht durch das Vorbringen des SRB in Frage gestellt werden, dass er im Mai 2021 das Informationsblatt, das eine Spanne der möglichen Beträge der endgültigen Zielausstattung enthalten habe, und auf seiner Website den Betrag der im SRF verfügbaren Finanzmittel veröffentlicht habe. Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin tatsächlich Kenntnis von diesen Beträgen hatte, konnte sie nämlich allein auf deren Grundlage nicht erkennen, dass die beiden letzten Rechenschritte vom SRB tatsächlich angewandt wurden, zumal diese in der mathematischen Formel nicht einmal erwähnt wurden.

Ähnliche Unstimmigkeiten betreffen auch die Art und Weise, in der der Koeffizient von 1,35 % festgesetzt wurde, obwohl diesem in der mathematischen Formel eine zentrale Rolle zukommt. Aus den Erläuterungen des SRB in der mündlichen Verhandlung geht nämlich hervor, dass dieser Koeffizient so festgesetzt wurde, dass er das Ergebnis der Berechnung des Betrags der jährlichen Zielausstattung rechtfertigen konnte, d. h., nachdem der SRB diesen Betrag in Anwendung der vier Schritte der tatsächlich angewandten Methode berechnet hatte. Diese Vorgehensweise geht aber aus dem angefochtenen Beschluss in keiner Weise hervor.

Außerdem erweist sich die Spanne, innerhalb derer sich der geschätzte Betrag der endgültigen Zielausstattung gemäß dem Informationsblatt bewegte, als unvereinbar mit der im angefochtenen Beschluss genannten Spanne der Wachstumsrate der gedeckten Einlagen, d. h. 4 % bis 7 %. Der SRB hat nämlich in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er habe zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung die Wachstumsrate der gedeckten Einlagen von 4 % (d. h. die niedrigste Rate der zweitgenannten Spanne) berücksichtigt und auf diese Weise die geschätzte endgültige Zielausstattung von 75 Mrd. Euro errechnet (d. h. den höchsten Wert der erstgenannten Spanne). Es zeigt sich somit, dass es eine Diskrepanz zwischen diesen beiden Spannen gibt. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin nicht erkennen, auf welche Weise der SRB die Spanne betreffend die Wachstumsrate der Einlagen herangezogen hatte, um die geschätzte endgültige Zielausstattung zu berechnen.

Das Gericht stellt fest, dass in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung die vom SRB tatsächlich angewandte Methode, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist, nicht der im angefochtenen Beschluss beschriebenen Methode entspricht, so dass die wahren Gründe für die Festlegung dieser Zielausstattung auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses weder von den Instituten noch vom Gericht erkannt werden konnten. Der angefochtene Beschluss ist daher hinsichtlich der Bestimmung der jährlichen Zielausstattung mangelhaft begründet.

In Anbetracht der Rechtsfehler, mit denen der angefochtene Beschluss behaftet ist, erklärt das Gericht diesen für nichtig, soweit er die Klägerin betrifft.

Allerdings entscheidet er unter den Umständen des vorliegenden Falles, die Wirkungen dieses Beschlusses, soweit er die Klägerin betrifft, aufrechtzuerhalten, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht überschreiten darf, ein neuer Beschluss des SRB in Kraft tritt, mit dem der im Voraus erhobene Beitrag der Klägerin zum SRF für den Beitragszeitraum 2021 festgesetzt wird.


1      Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1).


2      Gemäß Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014.


3      Beschluss SRB/ES/2021/22 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses vom 14. April 2021 über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds.


4      Art. 5, 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014.


5      Delegierte Verordnung (EU) 2015/63 der Kommission vom 21. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen (ABl. 2015, L 11, S. 44).