Language of document : ECLI:EU:C:2024:555

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

27. Juni 2024(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Richtlinie 2009/28/EG – Art. 1 – Art. 3 Abs. 3 Buchst. a – Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 16 – Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen – Änderung der anwendbaren Förderregelung – Gewährung der betreffenden Förderung in Abhängigkeit vom Abschluss von Verträgen“

In der Rechtssache C‑148/23

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 27. Februar 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 10. März 2023, in dem Verfahren

Gestore dei Servizi Energetici SpA – GSE

gegen

Erg Eolica Ginestra Srl,

Erg Eolica Campania SpA,

Erg Eolica Fossa del Lupo Srl,

Erg Eolica Amaroni Srl,

Erg Eolica Adriatica Srl,

Erg Eolica San Vincenzo Srl,

Erg Eolica San Circeo Srl,

Erg Eolica Faeto Srl,

Green Vicari Srl,

Erg Wind Energy Srl,

Erg Wind Sicilia 3 Srl,

Erg Wind Sicilia 6 Srl,

Erg Wind 4 Srl,

Erg Wind 6 Srl,

Erg Wind Sicilia 5 Srl,

Erg Wind 2000 Srl,

Erg Wind Sicilia 2 Srl,

Erg Wind Sardegna Srl,

Erg Wind Sicilia 4 Srl,

Enel Hydro Appennino Centrale Srl, vormals Erg Hydro Srl,

Erg Power Generation SpA,

Ministero dello Sviluppo economico

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen, der Präsidentin der Zweiten Kammer A. Prechal (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Siebten Kammer und der Richterin M. L. Arastey Sahún,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Juhász-Tóth, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2024,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Gestore dei Servizi Energetici SpA – GSE, vertreten durch F. Degni, P. R. Molea und A. Pugliese, Avvocati,

–        der Erg Eolica Ginestra Srl, der Erg Eolica Campania SpA, der Erg Eolica Fossa del Lupo Srl, der Erg Eolica Amaroni Srl, der Erg Eolica Adriatica Srl, der Erg Eolica San Vincenzo Srl, der Erg Eolica San Circeo Srl, der Erg Eolica Faeto Srl, der Green Vicari Srl, der Erg Wind Energy Srl, der Erg Wind Sicilia 3 Srl, der Erg Wind Sicilia 6 Srl, der Erg Wind 4 Srl, der Erg Wind 6 Srl, der Erg Wind Sicilia 5 Srl, der Erg Wind 2000 Srl, der Erg Wind Sicilia 2 Srl, der Erg Wind Sardegna Srl, der Erg Wind Sicilia 4 Srl, der Enel Hydro Appennino Centrale Srl, vormals Erg Hydro Srl, und der Erg Power Generation SpA, vertreten durch E. Bruti Liberati, A. Canuti und P. Tanferna, Avvocati,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. G. V. Delbono, S. Fiorentino und P. Garofoli, Avvocati dello Stato,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch B. De Meester und G. Gattinara als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung zum einen der Art. 1 und 3 der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. 2009, L 140, S. 16) im Licht der Erwägungsgründe 8, 14 und 25 dieser Richtlinie sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und zum anderen von Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gestore dei Servizi Energetici SpA – GSE, der Verwaltungsgesellschaft für Energiedienstleistungen in Italien, auf der einen Seite und 21 Unternehmen, die Strom aus anderen erneuerbaren Quellen als Fotovoltaik erzeugen, nämlich der Erg Eolica Ginestra Srl, der Erg Eolica Campania SpA, der Erg Eolica Fossa del Lupo Srl, der Erg Eolica Amaroni Srl, der Erg Eolica Adriatica Srl, der Erg Eolica San Vincenzo Srl, der Erg Eolica San Circeo Srl, der Erg Eolica Faeto Srl, der Green Vicari Srl, der Erg Wind Energy Srl, der Erg Wind Sicilia 3 Srl, der Erg Wind Sicilia 6 Srl, der Erg Wind 4 Srl, der Erg Wind 6 Srl, der Erg Wind Sicilia 5 Srl, der Erg Wind 2000 Srl, der Erg Wind Sicilia 2 Srl, der Erg Wind Sardegna Srl, der Erg Wind Sicilia 4 Srl, der Enel Hydro Appennino Centrale Srl, vormals Erg Hydro Srl, und der Erg Power Generation SpA, sowie dem Ministero dello Sviluppo economico (Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Italien) auf der anderen Seite über die Ersetzung einer Förderregelung für Erzeuger solchen Stroms durch eine andere, die diese Erzeuger zwingt, einen Vertrag mit GSE zu schließen, um in den Genuss letzterer Förderregelung kommen zu können.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        In den Erwägungsgründen 8, 14 und 25 der Richtlinie 2009/28 wird ausgeführt:

„(8)      In der Mitteilung der [Europäischen] Kommission vom 10. Januar 2007 ‚Fahrplan für erneuerbare Energien – Erneuerbare Energien im 21. Jahrhundert: größere Nachhaltigkeit in der Zukunft‘ wurde dargelegt, dass 20 % als Ziel für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen und 10 % als Ziel für Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor angemessene und erreichbare Ziele wären und dass ein Rahmen, der verbindliche Ziele enthält, den Unternehmen die langfristige Sicherheit geben dürfte, die sie benötigen, um vernünftige und nachhaltige Investitionen in den Sektor der erneuerbaren Energie zu tätigen, mit denen die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen verringert und die Nutzung neuer Energietechnologien gefördert werden kann. Dabei handelt es sich um Ziele im Zusammenhang mit der Erhöhung der Energieeffizienz um 20 % bis 2020, die gemäß der vom Europäischen Rat im März 2007 und vom Europäischen Parlament in seiner Entschließung vom 31. Januar 2008 zu jenem Aktionsplan gebilligten Mitteilung der Kommission vom 19. Oktober 2006 mit dem Titel ‚Aktionsplan für Energieeffizienz: das Potenzial ausschöpfen‘ angestrebt wird.

(14)      Mit den verbindlichen nationalen Zielen wird in erster Linie der Zweck verfolgt, Investitionssicherheit zu schaffen und die kontinuierliche Entwicklung von Technologien für die Erzeugung von Energie aus allen Arten erneuerbarer Quellen zu fördern. Es ist daher nicht angebracht, die Entscheidung über die Verbindlichkeit eines Ziels bis zum Eintritt eines Ereignisses in der Zukunft zu verschieben.

(25)      Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Potenziale im Bereich der erneuerbaren Energie und wenden auf nationaler Ebene unterschiedliche Regelungen zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen an. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten wendet Förderregelungen an, bei denen Vorteile ausschließlich für in ihrem Hoheitsgebiet erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen gewährt werden. Damit nationale Förderregelungen ungestört funktionieren können, müssen die Mitgliedstaaten deren Wirkung und Kosten entsprechend ihrem jeweiligen Potenzial kontrollieren können. Ein wichtiger Faktor bei der Verwirklichung des Ziels dieser Richtlinie besteht darin, das ungestörte Funktionieren der nationalen Förderregelungen, wie nach der Richtlinie 2001/77/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 2001, L 283, S. 33)], zu gewährleisten, damit das Vertrauen der Investoren erhalten bleibt und die Mitgliedstaaten wirksame nationale Maßnahmen im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele konzipieren können. …“

4        Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2009/28 lautet:

„Mit dieser Richtlinie wird ein gemeinsamer Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgeschrieben. In ihr werden verbindliche nationale Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch und für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor festgelegt. Gleichzeitig werden Regeln für statistische Transfers zwischen Mitgliedstaaten, gemeinsame Projekte zwischen Mitgliedstaaten und mit Drittländern, Herkunftsnachweise, administrative Verfahren, Informationen und Ausbildung und Zugang zum Elektrizitätsnetz für Energie aus erneuerbaren Quellen aufgestellt. Ferner werden Kriterien für die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen vorgeschrieben.“

5        In Art. 3 („Verbindliche nationale Gesamtziele und Maßnahmen auf dem Gebiet der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen“) dieser Richtlinie heißt es:

„(1)      Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass sein … Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens seinem nationalen Gesamtziel für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen in diesem Jahr gemäß der dritten Spalte der Tabelle in Anhang I Teil A entspricht. Diese verbindlichen nationalen Gesamtziele müssen mit dem Ziel in Einklang stehen, bis 2020 mindestens 20 % des Bruttoendenergieverbrauchs der [Europäischen] Gemeinschaft durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken. Um die in diesem Artikel aufgestellten Ziele leichter erreichen zu können, fördern die Mitgliedstaaten Energieeffizienz und Energieeinsparungen.

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um effektiv zu gewährleisten, dass ihr Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen den im indikativen Zielpfad in Anhang I Teil B angegebenen Anteil erreicht oder übersteigt.

(3)      Zur Erfüllung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Ziele können die Mitgliedstaaten unter anderem folgende Maßnahmen anwenden:

a)      Förderregelungen;

…“

 Italienisches Recht

 Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 79/1999

6        Mit dem Decreto legislativo n. 79 – Attuazione della direttiva 96/92/CE recante norme comuni per il mercato interno dell’energia elettrica (gesetzesvertretendes Dekret Nr. 79 – Umsetzung der Richtlinie 96/92/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt) vom 16. März 1999 (GURI Nr. 75 vom 31. März 1999, S. 8) hatte die Italienische Republik eine Regelung zur Förderung der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen errichtet, mit der sie Importeuren und Erzeugern von Strom aus nicht erneuerbaren Quellen vorgab, im Folgejahr in das nationale Netz eine Quote Strom aus erneuerbaren Quellen einzuspeisen oder alternativ die entsprechende Quote oder die entsprechenden darauf entfallenden Rechte in Form sogenannter „Grüner Zertifikate“, die Erzeugern solchen Stroms erteilt werden, ganz oder teilweise bei anderen Erzeugern zu erwerben, sofern diese solchen Strom in das Netz einspeisen (im Folgenden: Grüne-Zertifikate-Regelung).

 Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 28/2011

7        Das Decreto legislativo no 28 – Attuazione della direttiva 2009/28/CE sulla promozione dell’uso dell’energia da fonti rinnovabili, recante modifica e successiva abrogazione delle direttive 2001/77/CE e 2003/30/CE (gesetzesvertretendes Dekret Nr. 28 – Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG) vom 3. März 2011 (GURI Nr. 71 vom 28. März 2011, Ordentliche Beilage zur GURI Nr. 81, im Folgenden: gesetzesvertretendes Dekret Nr. 28/2011), das am 29. März 2011 in Kraft trat, sieht vor, dass die Grüne-Zertifikate-Regelung ab 2013 schrittweise abgeschafft und ab 2016 durch eine Förderregelung ersetzt wird, die auf der Gewährung von Einspeisefördertarifen beruht (im Folgenden: Einspeisefördertarif-Regelung).

8        Art. 24 dieses gesetzesvertretenden Dekrets sieht vor:

„(1)      Die Stromerzeugung aus nach dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommenen Anlagen, die aus erneuerbaren Quellen gespeist werden, wird über die Instrumente und auf der Grundlage der allgemeinen Kriterien des Absatzes 2 sowie der besonderen Kriterien der Absätze 3 und 4 gefördert. …

(2)      Die Stromerzeugung aus den in Absatz 1 genannten Anlagen wird auf der Grundlage der folgenden allgemeinen Kriterien gefördert:

d)      die Förderleistungen werden über privatrechtliche Verträge, die zwischen GSE und der für die Anlage verantwortlichen Person auf der Grundlage eines von der Autorità per l’energia elettrica e il gas [(AEEG) (Strom- und Gasbehörde, Italien), nunmehr Autorità di regolazione per energia, reti e ambiente (ARERA) (Regulierungsbehörde für Energie, Netze und Umwelt, Italien),] aufgesetzten Mustervertrags geschlossen werden, innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des ersten der in Absatz 5 genannten Dekrete gewährt;

(5)      Durch Dekrete des Ministro dello Sviluppo economico [(Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Italien)], die im Einvernehmen mit dem Ministro dell’Ambiente e della Tutela del Territorio e del Mare [(Minister für Umwelt, Landschafts- und Meeresschutz, Italien)] sowie, hinsichtlich der Anforderungsprofile, dem Ministro delle Politiche agricole e forestali [(Minister für Land‑ und Forstwirtschaftspolitik, Italien)] und nach Anhörung der [AEEG] und der Conferenza unificata [(Gemeinsame Konferenz, Italien)] im Sinne des Artikels 8 des Decreto legislativo Nr. 281 [(gesetzesvertretendes Dekret Nr. 281)] vom 28. August 1997 erlassen werden, werden die Durchführungsbestimmungen zu den in diesem Artikel vorgesehenen Förderregelungen unter Beachtung der Kriterien der Absätze 2, 3 und 4 festgelegt. Die Dekrete regeln insbesondere:

c)      die Modalitäten für den Übergang vom alten zum neuen Fördermechanismus. Insbesondere werden die Modalitäten festgelegt, nach denen der Anspruch auf Grüne Zertifikate für die Jahre nach 2015, auch bei nicht aus erneuerbaren Quellen gespeisten Anlagen, in den Anspruch auf Zugang zu einer Förderung entsprechend der Typologie des Absatzes 3 für die Restlaufzeit des Anspruchs auf Grüne Zertifikate umgewandelt wird, so dass die Rentabilität der getätigten Investitionen gewährleistet ist.

…“

9        Art. 25 Abs. 4 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 sieht vor, dass GSE jährlich die für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen in den Jahren 2011 bis 2015 erteilten Grünen Zertifikate zurücknimmt, die etwa über die Zertifikate hinausgehen, die für die Erfüllung der die Abnahmeverpflichtung für erneuerbare Energie betreffenden Quote erforderlich sind. Der Rücknahmepreis für die vorstehend genannten Zertifikate beträgt 78 % des Preises nach Art. 2 Abs. 148 der Legge n. 244 – Disposizioni per la formazione del bilancio annuale e pluriennale dello Stato (Legge finanziaria 2008) (Gesetz Nr. 244 – Bestimmungen über die Aufstellung des jährlichen und mehrjährigen Staatshaushalts [Haushaltsgesetz 2008]) vom 24. Dezember 2007 (GURI Nr. 300 vom 28. Dezember 2007, Ordentliche Beilage zur GURI Nr. 285).

 Dekret vom 6. Juli 2012

10      Der Minister für wirtschaftliche Entwicklung erließ im Einvernehmen mit dem Minister für Umwelt, Landschafts- und Meeresschutz und dem Minister für Land‑ und Forstwirtschaftspolitik das Decreto – Attuazione dell’art. 24 del decreto legislativo 3 marzo 2011, n. 28, recante incentivazione della produzione di energia elettrica da impianti a fonti rinnovabili diversi dai fotovoltaici (Dekret – Durchführung von Art. 24 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28 vom 3. März 2011, Förderung der Stromerzeugung aus Anlagen, die aus anderen erneuerbaren Quellen als Fotovoltaik gespeist werden) vom 6. Juli 2012 (GURI Nr. 159 vom 10. Juli 2012, Ordentliche Beilage zur GURI Nr. 143, im Folgenden: Dekret vom 6. Juli 2012).

11      Art. 19 („Umwandlung des Anspruchs auf Grüne Zertifikate in eine Förderung“) des Dekrets vom 6. Juli 2012 sieht vor:

„(1)      Für die Stromerzeugung aus bis zum 31. Dezember 2012 in Betrieb genommenen Anlagen, die aus erneuerbaren Quellen gespeist werden, … hinsichtlich deren der Anspruch auf Grüne Zertifikate erworben wurde, wird für die Restlaufzeit des Anspruchs nach 2015 [ein Einspeisetarif] I in Bezug auf die Nettoerzeugung gewährt, die nach den zuvor geltenden einschlägigen Bestimmungen gefördert wurde. [Mathematische Formel zur Berechnung des Einspeisetarifs I]

…“

12      In Art. 20 („Bestimmungen über die Rücknahme der Grünen Zertifikate, die für die Erzeugung der Jahre bis 2015 erteilt wurden“) dieses Dekrets heißt es:

„(1)      Für die Erteilung und Rücknahme der Grünen Zertifikate für die Erzeugung der Jahre 2012 bis 2015 gelten in Durchführung von Artikel 24 Absatz 5 Buchstabe c Satz 1 des gesetzesvertretenden Dekrets [Nr. 28/2011] die folgenden Absätze.

(2)      Auf Antrag des Erzeugers erteilt GSE vierteljährlich Grüne Zertifikate für die Erzeugung des vorangegangenen Quartals, ausgehend von den Messungen, die die Netzbetreiber GSE monatlich auf der Grundlage eines eigens dazu bestimmten Verfahrens übermitteln, das von GSE innerhalb von 60 Tagen nach Inkrafttreten des vorliegenden Dekrets veröffentlicht wird.

(3) … GSE [nimmt] auf Antrag des Inhabers zu dem in Artikel 25 Absatz 4 des gesetzesvertretenden Dekrets [Nr. 28/2011] festgelegten Preis … nach folgender Maßgabe zurück:

b)      die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des ersten Halbjahrs 2012 bis zum 31. März 2013 und die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des zweiten Halbjahrs 2012 bis zum 30. September 2013;

c)      die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des ersten Quartals 2013 bis zum 31. Dezember 2013; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des zweiten Quartals 2013 bis zum 31. März 2014; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des dritten Quartals 2013 bis zum 30. Juni 2014; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des vierten Quartals 2013 bis zum 30. September 2014;

d)      die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des ersten Quartals 2014 bis zum 30. September 2014; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des zweiten Quartals 2014 bis zum 31. Dezember 2014; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des dritten Quartals 2014 bis zum 31. März 2015; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des vierten Quartals 2014 bis zum 30. Juni 2015;

e)      die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des ersten Quartals 2015 bis zum 30. September 2015; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des zweiten Quartals 2015 bis zum 31. Dezember 2015; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des dritten Quartals 2015 bis zum 31. März 2016; die Grünen Zertifikate für die Erzeugung des vierten Quartals 2015 bis zum 30. Juni 2016.

…“

13      Art. 21 Abs. 8 des Dekrets sieht vor:

„Für jede einzelne Anlage obliegt es dem Verantwortlichen, nach Erlangung des Anspruchs auf Zugang zu den Fördermechanismen des vorliegenden Dekrets einen privatrechtlichen Vertrag mit GSE zu schließen. GSE übermittelt der [AEEG] die erforderlichen Angaben, damit diese innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des vorliegenden Dekrets den Mustervertrag im Sinne des Artikels 24 Absatz 2 Buchstabe d des gesetzesvertretenden Dekrets [Nr. 28/2011] aufsetzen kann.“

14      Art. 30 („Übergang vom alten zum neuen Fördermechanismus“) des Dekrets vom 6. Juli 2012 bestimmt:

„(1)      Zum Schutz laufender Investitionen und zur Sicherstellung eines schrittweisen Übergangs vom alten zum neuen Mechanismus kann für Anlagen, die bis zum 30. April 2013 bzw., was allein für aus Abfällen im Sinne des Artikels 8 Absatz 4 Buchstabe c gespeiste Anlagen gilt, bis zum 30. Juni 2013 in Betrieb genommen werden, unter folgenden Bedingungen und Umständen alternativ zu dem mit dem vorliegenden Dekret eingeführten Fördermechanismus für einen anderen Fördermechanismus optiert werden:

b)      für Anlagen, die innerhalb der Frist des Absatzes 1 in Betrieb genommen werden, gelten die Werte der Einspeisetarife und der Multiplikationskoeffizienten für Grüne Zertifikate gemäß den Tabellen 1 und 2 im Anhang des Gesetzes Nr. 244 von 2007 in geänderter Fassung und gemäß Absatz 382quater der Legge n. 296 [– Disposizioni per la formazione del bilancio annuale e pluriennale dello Stato (Gesetz Nr. 296 – Bestimmungen über die Aufstellung des jährlichen und mehrjährigen Staatshaushalts) vom 27. Dezember 2006 (GURI Nr. 299 vom 27. Dezember 2006, Ordentliche Beilage Nr. 244)] in geänderter Fassung, wie sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorliegenden Dekrets anwendbar sind; diese Werte werden ab Januar 2013 bzw., was allein für aus Abfällen im Sinne des Artikels 8 Absatz 4 Buchstabe c gespeiste Anlagen gilt, ab Mai um 3 % pro Monat herabgesetzt.

(2)      Anlagen im Sinne des Absatzes 1 bedürfen einer vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Dekrets datierenden Genehmigung.

…“

 Musterverträge

15      Mit dem Beschluss Nr. 207/2013/R/EFR vom 16. Mai 2013 billigte die AEEG den Entwurf eines Mustervertrags mit dem Titel „Fonti energetiche rinnovabili“ (Vertrag über erneuerbare Energiequellen, im Folgenden: FER-Vertrag), der von GSE für die Zwecke der Gewährung der im Dekret vom 6. Juli 2012 vorgesehenen Fördermaßnahmen vorformuliert worden war. Der Beschluss wurde am 17. Mai 2013 auf der Website der AEEG veröffentlicht.

16      Am 20. April 2016 veröffentlichte GSE auf ihrer Website den Entwurf eines Mustervertrags mit dem Titel „Gestione Riconoscimento Incentivo“ (Mustervertrag über die Verwaltung der Zuerkennung einer Fördermaßnahme, im Folgenden: GRIN-Vertrag).

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

17      Die 21 oben in Rn. 2 genannten Gesellschaften (im Folgenden: Berufungsbeklagte des Ausgangsverfahrens) sind Eigentümerinnen von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus anderen erneuerbaren Quellen als Fotovoltaik, die eine Förderung für die Erzeugung dieses Stroms nach der Grüne-Zertifikate-Regelung erhielten und daher Grüne Zertifikate an andere Marktteilnehmer verkaufen konnten, damit deren Verpflichtung nachgekommen wird, eine bestimmte Menge solchen Stroms in das italienische Stromsystem einzuspeisen.

18      Infolge des Erlasses des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 und des Dekrets vom 6. Juli 2012, die die Ersetzung der Grüne-Zertifikate-Regelung durch die Einspeisefördertarif-Regelung vorsehen, erhoben diese Eigentümerinnen Klage beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien), mit der sie die Rechtmäßigkeit des GRIN-Vertrags in Frage stellten, den sie mit GSE schließen mussten, um den Übergang zwischen den beiden Regelungen zu vollziehen.

19      Das angerufene Gericht gab ihrer Klage mit der Begründung statt, dass weder das gesetzesvertretende Dekret Nr. 28/2011 noch das Dekret vom 6. Juli 2012 ausdrücklich vorgesehen hätten, dass für diesen Übergang der Abschluss eines Vertrags mit GSE erforderlich sei. Die in Art. 24 Abs. 2 Buchst. d des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 vorgesehene Obliegenheit, einen „privatrechtlichen Vertrag“ abzuschließen, um in den Genuss der Einspeisefördertarif-Regelung zu kommen, gelte nur für die Betreiber von aus erneuerbaren Quellen gespeisten Anlagen, die nach dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen worden seien, nicht aber für die Betreiber von Anlagen wie denjenigen der klagenden Eigentümerinnen, die vor diesem Zeitpunkt in Betrieb genommen worden seien und deren Betreiber von der Grüne-Zertifikate-Regelung profitiert hätten.

20      GSE legte gegen die Entscheidung des Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium) Berufung beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), dem vorlegenden Gericht, ein.

21      Vorab weist dieses Gericht im Wesentlichen darauf hin, dass sich aus seiner Rechtsprechung und der Rechtsprechung der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) ergebe, dass entgegen dem, was im ersten Rechtszug entschieden worden sei, die Obliegenheit zum Abschluss eines Vertrags mit GSE, um in den Genuss der Einspeisefördertarif-Regelung kommen zu können, sowohl für Betreiber gelte, deren Anlagen bis zum 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen worden seien, als auch für Betreiber, deren Anlagen nach dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen worden seien. Somit habe GSE vorbehaltlich der erforderlichen Änderungen, die sich aus den Besonderheiten des Übergangs ergäben, den von der AEEG gebilligten FER-Vertrag oder den an dessen Stelle tretenden GRIN-Vertrag verwenden können, um die Gewährung der tariflichen Fördermaßnahmen an die Betreiber von bis zum 31. Dezember 2012 in Betrieb genommenen Anlagen daran zu knüpfen.

22      Allerdings könnte, so das vorlegende Gericht, die Ansicht vertreten werden, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung, indem sie von den Betreibern, die von der Grüne-Zertifikate-Regelung profitierten, den Abschluss eines Vertrags mit GSE verlange, um in den Genuss der Einspeisefördertarif-Regelung kommen zu können, einseitig die rechtlichen Bedingungen verändert habe, auf die die Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens ihre Wirtschaftstätigkeit gestützt hätten, was dem Ziel der Richtlinie 2009/28, Investitionssicherheit zu schaffen, zuwiderlaufen könnte.

23      Die Obliegenheit der betroffenen Unternehmen, einen solchen Vertrag abzuschließen, stehe nämlich nicht am Ende einer freien Verhandlung. Außerdem würden die Unternehmen durch diesen Vertrag zusätzlich gebunden. Der Vertrag sehe nämlich nicht nur vor, dass die Grünen Zertifikate dieser Unternehmen auf der Grundlage einer mathematischen Formel in eine tarifliche Förderung umgewandelt würden, sondern enthalte u. a. die Verpflichtung der Unternehmen zur Anbringung neuer Fernablesegeräte, um GSE die Erhebung der Messdaten zu ermöglichen (Art. 5 des GRIN-Vertrags), Beschränkungen der Abtretung von Forderungen (Art. 7 und 8 des GRIN-Vertrags), die Befugnis von GSE, die Fördermaßnahmen im Fall des Verkaufs der betreffenden Anlage an einen Dritten einseitig zu ändern oder zu kündigen (Art. 9 Abs. 2 des GRIN-Vertrags), die Möglichkeit für GSE, den Vertrag beim bloßen Vorliegen unwahrer Angaben zu kündigen (Art. 12 des GRIN-Vertrags), und das Recht von GSE, den Vertrag zu kündigen oder ruhen zu lassen (Art. 13 Abs. 3 und 4 des GRIN-Vertrags).

24      Durch die einseitige Änderung der rechtlichen Bedingungen, auf die die Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens ihre Wirtschaftstätigkeit gestützt hätten, könnte die Obliegenheit zum Abschluss eines solchen Vertrags sowohl dem Ziel der Richtlinie 2009/28, wie es sich aus ihren Erwägungsgründen 8, 14 und 25 sowie aus ihren Art. 1 und 3 ergebe, nämlich Investitionssicherheit zu schaffen, als auch dem Grundsatz des Vertrauensschutzes zuwiderlaufen.

25      Es sei zweifelhaft, dass vertreten werden könne, dass im vorliegenden Fall ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer ohne Weiteres in der Lage gewesen wäre, die Entwicklung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung und das Risiko, dass infolgedessen etwa seinen Interessen möglicherweise abträgliche Maßnahmen erlassen würden, genau vorherzusehen. Anders als in den Rechtssachen, in denen das Urteil vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche (Anie) u. a. (C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280), ergangen sei, habe die zuvor geltende Regelung keinen für die Wirtschaftsteilnehmer hinreichend deutlichen Hinweis darauf enthalten, dass die Fördermaßnahmen der Grüne-Zertifikate-Regelung geändert oder abgeschafft werden könnten.

26      Im Übrigen könnte, so das vorlegende Gericht, im vorliegenden Fall auch ein Eingriff in die in Art. 16 der Charta verankerte unternehmerische Freiheit vorliegen. Zum einen könnte die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung nämlich als Eingriff in die Vertragsfreiheit der Betreiber von Anlagen, die von der Grüne-Zertifikate-Regelung profitierten, angesehen werden, da der Gesetzgeber diese Regelung durch die Einspeisefördertarif-Regelung ersetzt und den besagten Betreibern neue Bedingungen für die Inanspruchnahme der letztgenannten Regelung vorgegeben habe, obwohl sie ihre Wirtschaftstätigkeit für einen Zeitraum geplant und eingerichtet hätten, der für eine angemessene Dauer hätte stabil bleiben müssen. Zum anderen beeinträchtige diese nationale Regelung das Recht jedes Unternehmens, in den Grenzen der Verantwortlichkeit für seine Handlungen frei über seine wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen verfügen zu können.

27      Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind die Richtlinie 2009/28, insbesondere die Erwägungsgründe 8, 14 und 25 und die Art. 1 und 3, sowie Art. 16 der Charta im Licht der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 und des Dekrets vom 6. Juli 2012 in ihrer Auslegung in der ständigen Rechtsprechung des Consiglio di Stato (Staatsrat) entgegenstehen, die die Gewährung von Förderleistungen – auch im Fall von aus erneuerbaren Quellen gespeisten Stromerzeugungsanlagen, die bis zum 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen wurden – vom Abschluss privatrechtlicher Verträge zwischen GSE und dem für die Anlage Verantwortlichen abhängig macht?

 Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

28      GSE macht geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei unzulässig, da es für den Ausgangsrechtsstreit nicht entscheidungserheblich sei. Infolge der von ihr erhobenen Unzulässigkeitseinrede, die auf der fehlenden Beschwer der Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens durch den von ihnen angefochtenen GRIN-Vertrag gründe, sei der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Rechtsbehelf vom vorlegenden Gericht für unzulässig zu erklären oder es müsse sonst ein Prozessurteil ergehen.

29      Insoweit ist daran zu erinnern, dass im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen hat. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 22. Februar 2024, Consejería de Presidencia, Justicia e Interior de la Comunidad de Madrid u. a., C‑59/22, C‑110/22 und C‑159/22, EU:C:2024:149, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Folglich gilt für Fragen, die das Unionsrecht betreffen, eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann es nur dann ablehnen, über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts zu befinden, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, das Problem hypothetischer Natur ist oder er nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 22. Februar 2024, Consejería de Presidencia, Justicia e Interior de la Comunidad de Madrid u. a., C‑59/22, C‑110/22 und C‑159/22, EU:C:2024:149, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Es kommt dem Gerichtshof daher weder zu, zu prüfen, ob die Vorlageentscheidung den nationalen Vorschriften über die Gerichtsorganisation und das gerichtliche Verfahren entspricht, noch, die Beurteilung der Zulässigkeit des im Ausgangsverfahren eingelegten Rechtsbehelfs durch das vorlegende Gericht in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Folglich kann das Vorabentscheidungsersuchen nicht deshalb für unzulässig erklärt werden, weil GSE vor dem vorlegenden Gericht geltend gemacht hat, dass der im Ausgangsverfahren eingelegte Rechtsbehelf unzulässig sei oder sonst die Voraussetzungen für ein Prozessurteil vorlägen.

 Zur Vorlagefrage

33      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 1 und 3 der Richtlinie 2009/28 im Licht der Erwägungsgründe 8, 14 und 25 dieser Richtlinie sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und Art. 16 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die in einem Kontext, in dem eine nationale Regelung zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Quellen, die auf in das nationale Netz einzuspeisenden Quoten solchen Stroms und der Erteilung Grüner Zertifikate an die ihn erzeugenden Unternehmen beruht, durch eine auf der Gewährung von Einspeisefördertarifen für diese Unternehmen beruhende nationale Regelung zur Förderung dieses Stroms ersetzt wird, die Inanspruchnahme der letztgenannten Regelung vom Abschluss eines Vertrags über die Bedingungen für die Gewährung dieser Förderung zwischen einem solchen Unternehmen und einer mit der Verwaltung und Überwachung der letztgenannten Regelung betrauten staatlich kontrollierten Stelle abhängig macht, und zwar auch für die Unternehmen, die in Anbetracht des Zeitpunkts der Inbetriebnahme ihrer Anlagen von der auf Quoten und der Erteilung Grüner Zertifikate beruhenden nationalen Förderregelung profitierten.

34      Insoweit geht aus Art. 1 der Richtlinie 2009/28 hervor, dass sie zum Gegenstand hat, einen gemeinsamen Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorzuschreiben, indem in ihr u. a. verbindliche nationale Ziele für den Anteil von Energie aus solchen Quellen am Bruttoendenergieverbrauch festgelegt werden. Im Einklang damit legt Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie zu erfüllende Ziele fest, die zum einen darin bestehen, dass für jeden Mitgliedstaat sein Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens seinem nationalen Gesamtziel gemäß Anhang I Teil A der Richtlinie entspricht, und zum anderen darin, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, um effektiv zu gewährleisten, dass ihr Anteil von Energie aus solchen Quellen den im indikativen Zielpfad in Anhang I Teil B der Richtlinie angegebenen Anteil erreicht oder übersteigt.

35      Wie sich aus den Erwägungsgründen 8 und 14 der Richtlinie 2009/28 ergibt, dürfte die Festlegung dieses gemeinsamen Rahmens und dieser Ziele den Unternehmen die langfristige Sicherheit geben, die sie benötigen, um vernünftige und nachhaltige Investitionen in den Sektor der erneuerbaren Energie zu tätigen, mit denen die kontinuierliche Entwicklung und Nutzung neuer Technologien für die Erzeugung von Energie aus allen Arten erneuerbarer Quellen gefördert werden kann.

36      Nach Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 in Verbindung mit deren 25. Erwägungsgrund können die Mitgliedstaaten Förderregelungen anwenden, um die genannten Ziele zu erfüllen, und müssen, damit diese Förderregelungen ungestört funktionieren können, deren Wirkung und Kosten entsprechend ihrem jeweiligen Potenzial im Bereich der erneuerbaren Energie kontrollieren können, da dieses Potenzial von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich ist. Im selben Erwägungsgrund wird auch hervorgehoben, dass die Gewährleistung des ungestörten Funktionierens der nationalen Förderregelungen, wie nach der Richtlinie 2001/77, ein wichtiger Faktor für den Erhalt des Vertrauens der Investoren und bei der Verwirklichung des Ziels der Richtlinie 2009/28 ist.

37      So ist es zwar wichtig, den Unternehmen eine gewisse Beständigkeit zuzusichern, damit nachhaltige Investitionen in den Sektor der erneuerbaren Energien getätigt werden, die zu einer Steigerung des Verbrauchs dieser Energien beitragen werden, doch wird den Unternehmen eine solche Zusicherung zuteil, indem zum einen ein gemeinsamer Rahmen mit verbindlichen Zielen für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch in den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschrieben wird und indem zum anderen das ungestörte Funktionieren der Förderregelungen gewährleistet wird, die die Mitgliedstaaten zur Förderung der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen erlassen.

38      Die in den Erwägungsgründen 8 und 14 der Richtlinie 2009/28 anerkannte Notwendigkeit, Investitionssicherheit zu schaffen, kann jedoch als solche nicht den Beurteilungsspielraum beeinträchtigen, der den Mitgliedstaaten in Art. 3 Abs. 3 Buchst. a dieser Richtlinie im Licht ihres 25. Erwägungsgrundes eingeräumt wird, um wirksame und somit nicht zu kostspielige Förderregelungen zu erlassen und beizubehalten, die es ihnen ermöglichen, die verbindlichen Ziele der Richtlinie im Bereich des Verbrauchs von Energie aus erneuerbaren Quellen zu erfüllen. In der Tat bedeutet nach der Rechtsprechung der Beurteilungsspielraum, über den die Mitgliedstaaten verfügen, wenn es um die Maßnahmen geht, die sie zur Erfüllung dieser Ziele für geeignet halten, dass es ihnen freisteht, Förderregelungen zu erlassen, zu ändern oder zu streichen, sofern u. a. diese Ziele erfüllt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 28, und Beschluss vom 1. März 2022, Milis Energy u. a., C‑306/19, C‑512/19, C‑595/19 und C‑608/20 bis C‑611/20, EU:C:2022:164, Rn. 30).

39      Folglich hindert die Richtlinie 2009/28 an sich nicht daran, dass der italienische Gesetzgeber die Grüne-Zertifikate-Regelung durch die Einspeisefördertarif-Regelung ersetzt und damit für manche Unternehmen der Vorteil endet, den sie aus der ersten Regelung zogen, und sie die Obliegenheit trifft, mit GSE – einer vollständig unter staatlicher Kontrolle stehenden Stelle, die mit der Verwaltung und Überwachung der Gewährung von Fördermaßnahmen gemäß einer nationalen Regelung zur Förderung der Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen betraut ist – einen Vertrag zu schließen, um in den Genuss der zweiten Regelung kommen zu können, sofern diese zweite Regelung es der Italienischen Republik ermöglicht, ihre mit der Richtlinie 2009/28 festgelegten Ziele für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch zu erfüllen.

40      Nach ständiger Rechtsprechung müssen die Mitgliedstaaten jedoch, wenn sie Maßnahmen zur Umsetzung des Unionsrechts erlassen, ihren Beurteilungsspielraum unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts ausüben, zu denen u. a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gehören (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Dezember 2019, Coöperatieve Producentenorganisatie en Beheersgroep Texel, C‑386/18, EU:C:2019:1122, Rn. 55, und vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende mit diesen Grundsätzen vereinbar ist, da der Gerichtshof, wenn er im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV entscheidet, darauf beschränkt ist, dem vorlegenden Gericht alle unionsrechtlichen Auslegungshinweise zu geben, die es diesem ermöglichen können, die Frage der Vereinbarkeit zu beurteilen. Das vorlegende Gericht kann zu diesem Zweck alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigen, die aus Wortlaut, Zweck oder Aufbau der betreffenden Rechtsvorschriften hervorgehen (Urteil vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, kann ihm der Gerichtshof jedoch im Geiste der Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten alle Hinweise geben, die er für eine solche Beurteilung der Vereinbarkeit für erforderlich hält (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2023, Viterra Hungary, C‑366/22, EU:C:2023:876, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Insoweit ist, was als Erstes die Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit betrifft, daran zu erinnern, dass dieser Grundsatz gebietet, dass Rechtsvorschriften – vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen haben können – klar und bestimmt sowie in ihrer Anwendung für den Einzelnen vorhersehbar sind. Insbesondere verlangt er, dass eine Regelung es den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, und dass sie ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können (Urteil vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 223 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Diese Erfordernisse sind jedoch weder dahin zu verstehen, dass sie den nationalen Gesetzgeber darin hindern, im Rahmen einer von ihm erlassenen Norm einen abstrakten Rechtsbegriff zu verwenden, noch dahin, dass sie gebieten, dass in einer solchen abstrakten Norm die verschiedenen konkreten Fälle genannt werden, auf die sie angewandt werden kann, sofern der Gesetzgeber nicht alle diese Fälle im Voraus bestimmen kann (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 224 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Folglich verletzt die Tatsache, dass ein Gesetzgebungsakt den Stellen, die mit seiner Durchführung betraut sind, ein Ermessen verleiht, als solche nicht das Erfordernis der Vorhersehbarkeit, sofern der Umfang dieses Ermessens und die Modalitäten seiner Ausübung im Hinblick auf das in Rede stehende legitime Ziel hinreichend deutlich festgelegt sind, um angemessenen Schutz vor Willkür zu bieten (Urteil vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 225 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Im vorliegenden Fall scheinen, vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht, die Bestimmungen des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 und des Dekrets vom 6. Juli 2012 die schrittweise Abschaffung der Grüne-Zertifikate-Regelung und ihre Ersetzung durch die Einspeisefördertarif-Regelung sowie die Modalitäten der schrittweisen Abschaffung und Ersetzung klar und bestimmt festzulegen.

46      Art. 24 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 sieht nämlich vor, dass nach dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommene Stromerzeugungsanlagen, die aus erneuerbaren Quellen gespeist werden, bei Erfüllung bestimmter Kriterien in den Genuss einer Förderregelung kommen können, die auf Einspeisefördertarifen beruht. Für bis zum 31. Dezember 2012 in Betrieb genommene Anlagen, die aus erneuerbaren Quellen gespeist werden, regelt außerdem Art. 19 des Dekrets vom 6. Juli 2012 die Modalitäten für die Umwandlung der Ansprüche auf Grüne Zertifikate in Ansprüche auf Einspeisefördertarife ab dem 1. Januar 2016. Art. 25 Abs. 4 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 und Art. 20 des Dekrets vom 6. Juli 2012 regeln die Bedingungen für die Rücknahme von Grünen Zertifikaten, die für die Erzeugung der Jahre bis 2015 erteilt wurden. Schließlich sieht Art. 30 des Dekrets vom 6. Juli 2012 in Bezug auf bis zum 30. April 2013 in Betrieb genommene Anlagen die Möglichkeit vor, beim Übergang vom alten zum neuen Fördermechanismus für einen speziellen Fördermechanismus zu optieren.

47      Ferner ist in Art. 24 Abs. 2 Buchst. d des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 und in Art. 21 Abs. 8 des Dekrets vom 6. Juli 2012 klar geregelt, dass die Gewährung der Einspeisefördertarife den Abschluss eines Vertrags zwischen GSE und der für die Anlage verantwortlichen Person erfordert.

48      Die Anwendung dieser Bestimmungen war für alle Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen unabhängig davon vorhersehbar, ob ihre Anlagen bis zum oder nach dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen wurden, da das gesetzesvertretende Dekret Nr. 28/2011 und das Dekret vom 6. Juli 2012 vor Beginn des Zeitraums vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2015, in dem die Grüne-Zertifikate-Regelung schrittweise durch die Einspeisefördertarif-Regelung ersetzt werden sollte, erlassen wurden.

49      Zu den Klauseln des Vertrags, der von Unternehmen mit GSE geschlossen werden muss, um die Einspeisefördertarif-Regelung in Anspruch nehmen zu können, ist festzustellen, dass die AEEG am 16. Mai 2013 gemäß Art. 24 Abs. 2 Buchst. d des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 8 des Dekrets vom 6. Juli 2012 auf Vorschlag von GSE einen Mustervertrag, nämlich den FER-Vertrag, beschloss. Darüber hinaus veröffentlichte GSE am 20. April 2016 den Entwurf des GRIN-Vertrags, der den FER-Vertrag ablösen sollte.

50      Was den GRIN-Vertrag betrifft, der Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits ist, erscheinen dessen Klauseln auf den ersten Blick klar und vorhersehbar im Sinne der oben in Rn. 42 angeführten Rechtsprechung.

51      Wie nämlich GSE und die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen geltend machen, scheinen die Klauseln des GRIN-Vertrags inhaltlich den Bestimmungen des FER-Vertrags bzw. den Bestimmungen des für die Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen in Italien geltenden Regelungsrahmens, insbesondere jenen des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 und des Dekrets vom 6. Juli 2012, zu entsprechen oder daraus hervorzugehen. Sollte das vorlegende Gericht diese Beurteilung nach Überprüfung bestätigen, müsste der Inhalt dieser Klauseln als vorhersehbar im Sinne der oben in Rn. 42 angeführten Rechtsprechung angesehen werden.

52      Die besagte Beurteilung wird nicht zwangsläufig dadurch in Frage gestellt, dass manche dieser Klauseln, wie sich aus Rn. 23 des vorliegenden Urteils ergibt, GSE ein gewisses Ermessen einräumen, u. a. bei der einseitigen Änderung oder Kündigung des betreffenden Vertrags im Fall des Verkaufs der Anlage an Dritte oder bei der einseitigen Kündigung oder dem einseitigen Ruhenlassen des Vertrags im Fall wesentlicher Abweichungen der Beschaffenheit der betreffenden Anlage von der angegebenen Beschaffenheit.

53      Wie sich nämlich aus Rn. 44 des vorliegenden Urteils ergibt, wird das vorlegende Gericht nur dann einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit feststellen können, wenn es zu dem Schluss gelangt, dass der Umfang und die Modalitäten der Ausübung dieses Ermessens von GSE im Hinblick auf das in Rede stehende legitime Ziel nicht hinreichend festgelegt sind, um angemessenen Schutz vor Willkür zu bieten.

54      Was als Zweites die Beachtung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes als Ausfluss des Grundsatzes der Rechtssicherheit betrifft, kann sich nach ständiger Rechtsprechung jeder Wirtschaftsteilnehmer auf diesen Grundsatz berufen, bei dem eine nationale Behörde, insbesondere aufgrund bestimmter Zusicherungen, die sie ihm gegeben hat, begründete Erwartungen geweckt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. November 2022, Avicarvil Farms, C‑443/21, EU:C:2022:899, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ist jedoch ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in der Lage, den Erlass einer Maßnahme, die seine Interessen berühren kann, vorherzusehen, so kann er sich im Fall ihres Erlasses nicht auf diesen Grundsatz berufen. Zudem sind die Wirtschaftsteilnehmer nicht berechtigt, auf den Fortbestand einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die nationalen Behörden im Rahmen ihres Ermessens ändern können (Urteil vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Vorbehaltlich der Beurteilung durch das vorlegende Gericht geht im vorliegenden Fall aus der Akte des Gerichtshofs nicht hervor, dass die italienischen Behörden vor dem Erlass des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 und des Dekrets vom 6. Juli 2012 irgendeine Maßnahme ergriffen oder irgendeine Zusicherung gegeben hätten, die bei Wirtschaftsteilnehmern wie den Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens begründete Erwartungen hinsichtlich der Beibehaltung der Grüne-Zertifikate-Regelung hätte wecken können.

56      Im Übrigen räumte die Richtlinie 2009/28, wie oben in Rn. 38 ausgeführt, den italienischen Behörden einen Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Änderung oder Abschaffung der Förderregelungen ein, die zur Erfüllung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ziele im Bereich der Energie aus erneuerbaren Quellen eingeführt wurden.

57      Demnach mussten umsichtige und besonnene Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein, vorherzusehen, dass die italienischen Behörden von diesem Beurteilungsspielraum Gebrauch machen könnten. Sie durften daher nicht berechtigt auf die Beibehaltung einer Förderregelung, die die Erteilung Grüner Zertifikate vorsieht, und auf das Unterbleiben der Auferlegung neuer Verpflichtungen oder Obliegenheiten vertrauen, wie z. B. derjenigen zum Abschluss eines Vertrags mit GSE, um in den Genuss eines Einspeisefördertarifs für den von ihnen aus erneuerbaren Quellen erzeugten Strom kommen zu können.

58      Was genauer die Obliegenheit zum Abschluss des GRIN-Vertrags betrifft, ist – ebenfalls vorbehaltlich der Beurteilung durch das vorlegende Gericht – nicht ersichtlich, dass die Erzeuger, deren Anlagen vor dem 31. Dezember 2012 in Betrieb waren, irgendeine Zusicherung dahin hatten, dass diese Obliegenheit für sie nicht gelten würde, um in den Genuss eines Einspeisefördertarifs zu gelangen. Vielmehr geht, wie das vorlegende Gericht ausführt, sowohl aus seiner Rechtsprechung als auch aus der Rechtsprechung der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof) hervor, dass Art. 24 Abs. 2 Buchst. d des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 8 des Dekrets vom 6. Juli 2012 dahin auszulegen ist, dass danach die besagte Obliegenheit sowohl für die Erzeuger, deren Anlagen nach dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen wurden, als auch für die Erzeuger mit an diesem Datum schon in Betrieb befindlichen Anlagen gilt, um einen Einspeisefördertarif in Anspruch nehmen zu können.

59      Was den Wortlaut des GRIN-Vertrags anbelangt, ist davon auszugehen, dass er für die genannten Erzeuger vorhersehbar war, sofern festgestellt werden kann, dass er im Wesentlichen dem Inhalt der Bestimmungen des mit dem Beschluss der AEEG vom 16. Mai 2013 angenommenen FER-Vertrags und des für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen in Italien geltenden Regelungsrahmens entspricht, was vom vorlegenden Gericht zu überprüfen sein wird.

60      Daher durften die Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens, deren Anlagen bis zum 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen worden waren und denen die Grüne-Zertifikate-Regelung zugutekam, nicht berechtigt auf die Beibehaltung dieser Regelung sowie darauf vertrauen, dass sie mit GSE keinen Vertrag wie den GRIN-Vertrag schließen müssten, um in den Genuss der an die Stelle der Grüne-Zertifikate-Regelung tretenden Einspeisefördertarif-Regelung zu kommen.

61      Was als Drittes die Auslegung von Art. 16 der Charta betrifft, ist erstens festzustellen, dass er unter Berücksichtigung von Art. 51 Abs. 1 der Charta im vorliegenden Fall gilt, da das gesetzesvertretende Dekret Nr. 28/2011 und das Dekret vom 6. Juli 2012 die Richtlinie 2009/28 in italienisches Recht umsetzen.

62      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass Art. 16 der Charta, der die unternehmerische Freiheit betrifft, die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, die Freiheit, in den Grenzen der unternehmerischen Verantwortlichkeit für die eigenen Handlungen über die unternehmenseigenen wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen verfügen zu können, und die Vertragsfreiheit schützt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 56 und 62 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Vorbehaltlich der Beurteilung durch das vorlegende Gericht ist aber nicht ersichtlich, dass die Ersetzung der Grüne-Zertifikate-Regelung durch die mit dem gesetzesvertretenden Dekret Nr. 28/2011 und dem Dekret vom 6. Juli 2012 vorgesehene Einspeisefördertarif-Regelung die Freiheit der von der Grüne-Zertifikate-Regelung profitierenden Unternehmen, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, beeinträchtigen würde. Insbesondere scheint diese Ersetzung nicht das Recht dieser Unternehmen zu beeinträchtigen, frei über ihre wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen.

64      Eine Beschränkung dieses Rechts liegt nämlich insoweit u. a. in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, die für einen Wirtschaftsteilnehmer unter Umständen mit erheblichen Kosten verbunden sind, beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeiten haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (Urteil vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Übergang zwischen den betreffenden Regelungen scheint aber nicht mit erheblichen Kosten verbunden zu sein, schwierige und komplexe technische Lösungen zu erfordern oder beträchtliche Auswirkungen auf die Tätigkeiten der Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens zu haben.

65      Zu der in Art. 16 der Charta verankerten Vertragsfreiheit ist daran zu erinnern, dass es dabei u. a. um die freie Wahl eines Geschäftspartners und die Freiheit geht, den Preis für eine bestimmte Leistung festzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. April 2021, Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche [Anie] u. a., C‑798/18 und C‑799/18, EU:C:2021:280, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Im vorliegenden Fall scheint diese Freiheit jedoch nicht dadurch beeinträchtigt, dass die von der Grüne-Zertifikate-Regelung profitierenden Unternehmen mit GSE einen Vertrag wie den GRIN-Vertrag schließen müssen, um in den Genuss von Einspeisefördertarifen kommen zu können.

67      In Anbetracht der Anhaltspunkte in der Akte des Gerichtshofs scheint dieser Vertrag nämlich nur ein Instrument zur Durchführung der Einspeisefördertarif-Regelung durch GSE zu sein, bei der es sich, wie oben in Rn. 39 ausgeführt, um eine vollständig unter staatlicher Kontrolle stehende Stelle handelt, die mit der Verwaltung und Überwachung der Gewährung von Fördermaßnahmen betraut ist. Der Vertrag scheint nur akzessorisch zu einer Verwaltungsentscheidung über den Zugang zu den Vorteilen der tariflichen Fördermaßnahmen zu sein und keine Auswirkung auf die Höhe der betreffenden Förderung zu haben, da diese durch den geltenden Regelungsrahmen festgelegt und damit nicht verhandelbar ist.

68      Unter diesen Umständen ist es gerechtfertigt, dass die Unternehmen ihren Vertragspartner nicht wählen können und über keine Verhandlungsmacht in Bezug auf den Inhalt des GRIN-Vertrags oder die Höhe der Förderung verfügen. Die Vertragsfreiheit dieser Unternehmen beschränkt sich berechtigterweise auf die Entscheidung, ob sie die Bestimmungen dieses Vertrags akzeptieren oder nicht.

69      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 1 und 3 der Richtlinie 2009/28 im Licht der Erwägungsgründe 8, 14 und 25 dieser Richtlinie sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und Art. 16 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die in einem Kontext, in dem eine nationale Regelung zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Quellen, die auf in das nationale Netz einzuspeisenden Quoten solchen Stroms und der Erteilung Grüner Zertifikate an die ihn erzeugenden Unternehmen beruht, durch eine auf der Gewährung von Einspeisefördertarifen für diese Unternehmen beruhende nationale Regelung zur Förderung dieses Stroms ersetzt wird, die Inanspruchnahme der letztgenannten Regelung vom Abschluss eines Vertrags über die Bedingungen für die Gewährung dieser Förderung zwischen einem solchen Unternehmen und einer mit der Verwaltung und Überwachung der letztgenannten Regelung betrauten staatlich kontrollierten Stelle abhängig macht, und zwar auch für die Unternehmen, die in Anbetracht des Zeitpunkts der Inbetriebnahme ihrer Anlagen von der auf Quoten und der Erteilung Grüner Zertifikate beruhenden nationalen Förderregelung profitierten.

 Kosten

70      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 1 und 3 der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG, betrachtet im Licht der Erwägungsgründe 8, 14 und 25 dieser Richtlinie sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, und Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

sind dahin auszulegen, dass

sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die in einem Kontext, in dem eine nationale Regelung zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Quellen, die auf in das nationale Netz einzuspeisenden Quoten solchen Stroms und der Erteilung Grüner Zertifikate an die ihn erzeugenden Unternehmen beruht, durch eine auf der Gewährung von Einspeisefördertarifen für diese Unternehmen beruhende nationale Regelung zur Förderung dieses Stroms ersetzt wird, die Inanspruchnahme der letztgenannten Regelung vom Abschluss eines Vertrags über die Bedingungen für die Gewährung dieser Förderung zwischen einem solchen Unternehmen und einer mit der Verwaltung und Überwachung der letztgenannten Regelung betrauten staatlich kontrollierten Stelle abhängig macht, und zwar auch für die Unternehmen, die in Anbetracht des Zeitpunkts der Inbetriebnahme ihrer Anlagen von der auf Quoten und der Erteilung Grüner Zertifikate beruhenden nationalen Förderregelung profitierten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Italienisch.