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Rechtssache C605/21

Heureka Group a.s.

gegen

Google LLC

(Vorabentscheidungsersuchen des Městský soud v Praze)

 Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 18. April 2024

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 102 AEUV – Effektivitätsgrundsatz – Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen – Richtlinie 2014/104/EU – Verspätete Umsetzung der Richtlinie – Zeitliche Geltung – Art. 10 – Verjährungsfrist – Modalitäten des dies a quo – Beendigung der Zuwiderhandlung – Kenntnis der für die Erhebung der Schadensersatzklage unerlässlichen Informationen – Veröffentlichung der Zusammenfassung des Beschlusses der Europäischen Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt wird, im Amtsblatt der Europäischen Union – Bindungswirkung eines noch nicht bestandskräftigen Beschlusses der Kommission – Hemmung oder Unterbrechung der Verjährungsfrist während der Untersuchung der Kommission oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ihr Beschluss bestandskräftig wird“

1.        Wettbewerb – Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen Wettbewerbsregeln – Richtlinie 2014/104 – Zeitliche Geltung – Bestimmung, die gewisse Anforderungen an die für Schadensersatzklagen geltende Verjährungsfrist stellt – Materiell-rechtliche Vorschrift – Verbot der rückwirkenden Anwendung der nationalen Umsetzungsregelung

(Richtlinie 2014/104 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 10 und 22)

(vgl. Rn. 47-49)

2.        Wettbewerb – Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen Wettbewerbsregeln – Richtlinie 2014/104 – Zeitliche Geltung – Schadensersatzklagen wegen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung, der vor dem Inkrafttreten der Richtlinie begann – Zeitliche Anwendbarkeit der Richtlinienbestimmung, die gewisse Anforderungen an die Verjährungsfrist stellt – Voraussetzung – Schadensersatzansprüche, die zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nicht verjährt waren – Ermittlung des Beginns der Verjährungsfrist bei solchen Ansprüchen – Anwendbarkeit des nationalen Rechts – Grenzen – Beachtung von Art. 102 AEUV und des Effektivitätsgrundsatzes – Nationale Verjährungsfrist, die erst zu laufen beginnen darf, wenn die Zuwiderhandlung beendet ist und der Geschädigte von den für die Klageerhebung unerlässlichen Informationen Kenntnis erlangt hat – Grundsätzlicher Zusammenfall des Zeitpunkts der Kenntniserlangung mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Zusammenfassung des die Zuwiderhandlung feststellenden Beschlusses der Kommission – Noch nicht bestandskräftiger Beschluss – Unbeachtlichkeit

(Art. 102 AEUV; Richtlinie 2014/104 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 10 und 22)

(vgl. Rn. 50-78, 82-88)

3.        Beherrschende Stellung – Missbrauch – Verbot – Unmittelbare Wirkung – Recht des Einzelnen, Ersatz des erlittenen Schadens zu verlangen – Modalitäten der Ausübung – Verjährungsfristen – Nationale Regelung, die keine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährungsfrist während der Untersuchung durch die Kommission vorsieht – Unzulässigkeit – Nationale Regelung, die keine Hemmung der Verjährungsfrist bis zum Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses der Kommission vorsieht – Zulässigkeit

(Art. 102 AEUV)

(vgl. Rn. 79, 80)

4.        Wettbewerb – Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen Wettbewerbsregeln – Richtlinie 2014/104 – Bei Schadensersatzklagen geltende Verjährungsfrist – Hemmung der Verjährungsfrist im Anschluss an eine von einer Wettbewerbsbehörde im Hinblick auf eine Untersuchung oder ihr Verfahren wegen der betreffenden Zuwiderhandlung getroffene Maßnahme

(Richtlinie 2014/104 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 10 Abs. 2 und 4)

(vgl. Rn. 90, 91)

5.        Handlungen der Organe – Richtlinien – Umsetzung durch die Mitgliedstaaten – Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Richtlinien zu gewährleisten – Pflichten der nationalen Gerichte – Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung – Tragweite – Auslegung contra legem des nationalen Rechts – Ausschluss

(Art. 288 Abs. 3 AEUV)

(vgl. Rn. 93)

Zusammenfassung

Die mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasste Große Kammer des Gerichtshofs äußert sich zu den Anforderungen an die nationalen Verjährungsregelungen bei Schadensersatzklagen, die vor nationalen Gerichten wegen Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union erhoben werden. Diese Klarstellungen erfolgen im Kontext einer Schadensersatzklage eines tschechischen Unternehmens gegen die Google LLC wegen des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung, den Google und ihre Muttergesellschaft Alphabet Inc. in der Tschechischen Republik begangen haben sollen.

Mit Beschluss vom 27. Juni 2017(1) stellte die Europäische Kommission fest, dass Google seit Februar 2013 gegen Art. 102 AEUV verstoßen habe, indem sie ihre beherrschende Stellung auf 13 nationalen Märkten für allgemeine Suchdienste, u. a. auf dem Markt der Tschechischen Republik, dadurch missbraucht habe, dass sie den Datenverkehr von ihren allgemeinen Ergebnisseiten zu konkurrierenden Preisvergleichsdiensten reduziert und den Datenverkehr zu ihrem eigenen Preisvergleichsdienst erhöht habe. Eine Zusammenfassung dieses Beschlusses wurde am 12. Januar 2018 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht(2).

Google und Alphabet erhoben beim Gericht Klage gegen den genannten Beschluss, die im Wesentlichen abgewiesen wurde(3). Da das gegen das Urteil des Gerichts eingelegte Rechtsmittel noch beim Gerichtshof anhängig ist, ist der Beschluss der Kommission jedoch nicht bestandskräftig.

Im Juni 2020 erhob die Heureka Group a.s. (im Folgenden: Heureka), ein auf dem Markt für Verkaufspreisvergleichsdienste tätiges tschechisches Unternehmen, beim Městský soud v Praze (Stadtgericht Prag, Tschechische Republik) Klage auf Verurteilung von Google zum Ersatz des Schadens, der durch die im Beschluss der Kommission festgestellte, in der Tschechischen Republik von Februar 2013 bis zum 27. Juni 2017 begangene Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV entstanden sein soll. Heureka führte aus, durch das wettbewerbswidrige Verhalten von Google hätten sich die Aufrufe ihres Portals Heureka.cz verringert.

Google verteidigte sich damit, dass der Ersatzanspruch von Heureka zumindest teilweise verjährt sei.

Insoweit hebt das Stadtgericht Prag hervor, dass die auf die Klage von Heureka anwendbaren nationalen Vorschriften eine dreijährige Verjährungsfrist vorsähen, die für jeden aus einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln resultierenden partiellen Schaden unabhängig und gesondert ab dem Zeitpunkt zu laufen beginne, zu dem der Geschädigte Kenntnis davon, dass er einen solchen partiellen Schaden erlitten habe, und von der Identität des Ersatzpflichtigen erlangt habe oder von seiner Kenntniserlangung ausgegangen werden könne. Für den Beginn des Fristlaufs sei hingegen weder erforderlich, dass der Geschädigte Kenntnis davon erlangt habe, dass das betreffende Verhalten eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln darstelle, noch, dass die Zuwiderhandlung beendet worden sei. Außerdem schrieben die anwendbaren nationalen Vorschriften keine Hemmung oder Unterbrechung dieser Frist während der Untersuchung einer solchen Zuwiderhandlung durch die Kommission vor. Die Frist könne auch nicht zumindest für die Dauer von einem Jahr nach dem Zeitpunkt gehemmt werden, zu dem der Beschluss, mit dem die Kommission diese Zuwiderhandlung feststelle, bestandskräftig werde.

Im vorliegenden Fall würde daraus folgen, dass jede allgemeine Suche bei Google, die zu einer für den Preisvergleichsdienst von Google günstigeren Platzierung und Anzeige von Ergebnissen geführt habe, eine neue, eigenständige Verjährungsfrist in Gang gesetzt hätte.

Überdies habe die Google zur Last gelegte Zuwiderhandlung, da die Richtlinie 2014/104(4) verspätet in tschechisches Recht umgesetzt worden sei, nach Ablauf der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie am 27. Dezember 2016, aber offenbar vor dem Inkrafttreten der Umsetzungsvorschriften am 1. September 2017 geendet.

Vor diesem Hintergrund hat das Stadtgericht Prag dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt; es möchte im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 der Richtlinie 2014/104 und/oder Art. 102 AEUV und der Effektivitätsgrundsatz einer für Schadensersatzklagen wegen fortgesetzter Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union geltenden nationalen Verjährungsregelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegenstehen.

Würdigung durch den Gerichtshof

Zur Beantwortung der Vorlagefragen prüft der Gerichtshof zunächst die zeitliche Anwendbarkeit von Art. 10 der Richtlinie 2014/104, der die Mindestdauer der Verjährungsfrist bei Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht, den frühestmöglichen Zeitpunkt ihres Beginns sowie die Umstände festlegt, unter denen sie gehemmt oder unterbrochen werden muss.

Insoweit weist der Gerichtshof darauf hin, dass Art. 10 der Richtlinie 2014/104 eine materiell-rechtliche Bestimmung ist, so dass die Mitgliedstaaten nach ihrem Art. 22 Abs. 1 zu gewährleisten haben, dass die Bestimmungen zur Umsetzung dieses Artikels nicht rückwirkend gelten. Nach Ablauf der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie am 27. Dezember 2016 ist das nationale Recht jedoch im Einklang mit jeder ihrer Bestimmungen auszulegen.

In diesem Kontext ist zur Klärung der zeitlichen Anwendbarkeit von Art. 10 der Richtlinie 2014/104 im vorliegenden Fall zu prüfen, ob der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sachverhalt vor dem 27. Dezember 2016 abgeschlossen war oder ob er danach weiterhin Wirkungen entfaltete.

Zu diesem Zweck ist zu prüfen, ob die auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbare nationale Verjährungsfrist am 27. Dezember 2016 abgelaufen war. In diesem Rahmen ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei den anwendbaren nationalen Verjährungsvorschriften auch vor Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2014/104 die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden mussten, um nicht die volle Wirksamkeit von Art. 102 AEUV zu untergraben.

Die volle Wirksamkeit von Art. 102 AEUV und insbesondere die praktische Wirksamkeit des darin ausgesprochenen Verbots verlangen, dass die nationalen Verjährungsfristen bei Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen diesen Artikel erst zu laufen beginnen, wenn die Zuwiderhandlung beendet ist und der Geschädigte von den für die Erhebung seiner Schadensersatzklage unerlässlichen Informationen Kenntnis erlangt hat oder eine solche Kenntnisnahme vernünftigerweise erwartet werden kann.

Zur ersten, die Beendigung der Zuwiderhandlung betreffenden Voraussetzung ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht grundsätzlich durch eine Informationsasymmetrie zum Nachteil des Geschädigten gekennzeichnet sind und dass es für ihn oft besonders schwierig ist, vor der Beendigung einer solchen Zuwiderhandlung deren Existenz und Ausmaß sowie den aus ihr resultierenden Schaden nachzuweisen, so dass das Erfordernis, dass die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnen darf, bevor die betreffende Zuwiderhandlung beendet ist, nötig ist, damit der Geschädigte tatsächlich in der Lage ist, sein Recht auf vollständigen Ersatz geltend zu machen, das sich aus Art. 102 AEUV ergibt. Zudem wäre, da es für den Geschädigten generell schwierig ist, den Beweis für einen Verstoß gegen diesen Artikel zu erbringen, wenn es keinen Beschluss der Kommission oder einer nationalen Behörde gibt, mit dem diese Zuwiderhandlung festgestellt wird, eine Verjährungsregelung, die dazu führen könnte, dass die Verjährungsfrist lange vor dem Erlass eines solchen Beschlusses abläuft, geeignet, die Ausübung seines Rechts auf vollen Schadensersatz übermäßig zu erschweren.

Zur zweiten, die Kenntnis der für die Erhebung einer Schadensersatzklage unerlässlichen Informationen betreffenden Voraussetzung ist darauf hinzuweisen, dass zu diesen Informationen das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht, das Vorliegen eines Schadens, der Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der Zuwiderhandlung sowie die Identität des Rechtsverletzers gehören.

Zwar ist es Sache des vorlegenden Gerichts, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem Heureka im vorliegenden Fall von diesen Informationen Kenntnis erlangt hat, doch hält der Gerichtshof die Klarstellung für sachdienlich, dass dieser Zeitpunkt der Kenntniserlangung in der Regel mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Zusammenfassung des Beschlusses der Kommission, mit dem die Zuwiderhandlung festgestellt wird, im Amtsblatt der Europäischen Union zusammenfällt, unabhängig davon, ob der Beschluss bestandskräftig geworden ist.

Der Gerichtshof stellt außerdem klar, dass Art. 102 AEUV und der Effektivitätsgrundsatz die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährungsfrist während einer Untersuchung der Kommission gebieten. Dagegen verlangen dieser Artikel und dieser Grundsatz nicht, dass die Verjährungsfrist gehemmt bleibt, bis der Beschluss der Kommission bestandskräftig wird. Ein Geschädigter kann nämlich seine Schadensersatzklage auf die Feststellungen in einem nicht bestandskräftig gewordenen Beschluss der Kommission stützen, da dieser bindende Wirkung entfaltet, solange er nicht für nichtig erklärt worden ist.

In Anbetracht dessen kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass eine nationale Verjährungsregelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende – wonach zum einen die Verjährungsfrist von drei Jahren für jeden aus einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV resultierenden partiellen Schaden unabhängig und gesondert ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Geschädigte Kenntnis davon, dass er einen solchen partiellen Schaden erlitten hat, und von der Identität des Ersatzpflichtigen erlangt hat oder seine Kenntniserlangung vernünftigerweise erwartet werden kann, ohne dass die Zuwiderhandlung beendet sein und der Geschädigte Kenntnis davon erlangt haben muss, dass das betreffende Verhalten eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln darstellt, und zum anderen diese Frist während der Untersuchung einer solchen Zuwiderhandlung durch die Kommission weder gehemmt noch unterbrochen werden kann – mit Art. 102 AEUV und dem Effektivitätsgrundsatz unvereinbar ist, da sie die Geltendmachung des Rechts, den Ersatz des aufgrund der Zuwiderhandlung erlittenen Schadens zu verlangen, praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

Folglich ist unter Außerachtlassung der mit Art. 102 AEUV und dem Effektivitätsgrundsatz unvereinbaren Elemente dieser Verjährungsregelung zu prüfen, ob, als am 27. Dezember 2016 die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2014/104 ablief, die Verjährungsfrist nach den bis dahin für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens geltenden nationalen Rechtsvorschriften verstrichen war.

Insoweit geht aus dem Beschluss der Kommission, mit dem der Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch Google festgestellt wird, hervor, dass die Zuwiderhandlung noch nicht beendet war, als dieser Beschluss am 27. Juni 2017 erlassen wurde. Daraus folgt, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2014/104 nicht nur nicht verstrichen war, sondern noch gar nicht zu laufen begonnen hatte.

Da der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sachverhalt nicht vor Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2014/104 abgeschlossen war, ist ihr Art. 10 im vorliegenden Fall in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Aus dem klaren Wortlaut von Art. 10 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2014/104 ergibt sich aber, dass die fragliche nationale Verjährungsregelung auch mit dieser Bestimmung unvereinbar ist. Insbesondere darf nunmehr nach Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2014/104 die Hemmung der Verjährungsfrist im Anschluss an eine Maßnahme, die von einer Wettbewerbsbehörde im Hinblick auf eine Untersuchung oder ihr Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht, auf die sich die Schadensersatzklage bezieht, getroffen wurde, frühestens ein Jahr, nachdem die Zuwiderhandlungsentscheidung bestandskräftig geworden oder das Verfahren auf andere Weise beendet worden ist, enden. Damit geht diese Bestimmung insoweit über die Anforderungen hinaus, die sich aus Art. 102 AEUV und dem Effektivitätsgrundsatz ergeben.

Schließlich weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine nicht umgesetzte Richtlinie in einem Rechtsstreit zwischen Privaten zwar nicht unmittelbar geltend gemacht werden kann, das mit einem solchen Rechtsstreit befasste nationale Gericht aber gleichwohl verpflichtet ist, das innerstaatliche Recht ab dem Ablauf der Frist für ihre Umsetzung richtlinienkonform auszulegen, ohne jedoch eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts vorzunehmen.


1      Beschluss C(2017) 4444 final der Kommission vom 27. Juni 2017 in einem Verfahren nach Artikel 102 [AEUV] und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Fall AT.39740 – Google-Search [Shopping]).


2      ABl. 2018, C 9, S. 11.


3      Urteil vom 10. November 2021, Google und Alphabet/Kommission (Google Shopping) (T‑612/17, EU:T:2021:763).


4      Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. 2014, L 349, S. 1).