Language of document : ECLI:EU:T:2015:36

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

21. Januar 2015(*)

„Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt für Flughafendienstleistungen – Zurückweisung einer Beschwerde – Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Behandlung des Falles durch eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats – Zurückweisung der Beschwerde aus Prioritätsgründen – Entscheidung der Wettbewerbsbehörde, mit der aus einer Untersuchung, die im Hinblick auf eine nationale, auf den fraglichen Sektor anwendbare Regelung durchgeführt worden ist, die Schlussfolgerungen für das Wettbewerbsrecht gezogen werden – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑355/13

easyJet Airline Co. Ltd mit Sitz in Luton (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Werner und R. Marian,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Biolan und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Luchthaven Schiphol NV mit Sitz in Schiphol (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. de Pree, G. Hakopian und S. Molin,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C(2013) 2727 final der Kommission vom 3. Mai 2013 über die Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin gegen Luchthaven Schiphol wegen eines angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens auf dem Markt für Flughafendienstleistungen (Sache COMP/39.869 – easyJet/Schiphol)

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Gervasoni (Berichterstatter) und L. Madise,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2014,

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Klägerin, die easyJet Airline Co. Ltd, ist eine Fluggesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich, die innerhalb der Europäischen Union eine umfangreiche Geschäftstätigkeit ausübt, wobei sie zum Abflug und zur Ankunft insbesondere den Flughafen Amsterdam-Schiphol (Niederlande) nutzt.

2        Am 11. September 2008 erhob die Klägerin bei der Nederlandse Mededingingsautoriteit (niederländische Wettbewerbsbehörde, im Folgenden: NMa) zunächst zwei Beschwerden gegen die Luchthaven Schiphol NV (im Folgenden: Schiphol), die Betreiberin des Flughafens Amsterdam-Schiphol, die sich auf die ab 1. November 2008 anzuwendenden Sicherheitsgebühren und Fluggastgebühren bezogen. Die erste Beschwerde wurde auf § 8.25f Abs. 1 der Wet Luchtvaart (Luftfahrtgesetz, im Folgenden: WL) und die zweite Beschwerde auf § 24 der Mededingingswet (Wettbewerbsgesetz, im Folgenden: MW) und Art. 102 AEUV gestützt.

3        Am 20. November 2008 erhob die Klägerin bei der NMa eine weitere, auf § 8.25f Abs. 1 WL gestützte Beschwerde, die sich auf die von Schiphol ab dem 1. April 2009 anzuwendenden Sicherheitsgebühren und Fluggastgebühren bezog (im Folgenden: dritte Beschwerde).

4        Am 19. Dezember 2008 wies die NMa die erste Beschwerde der Klägerin wegen Verspätung zurück. Sie teilte der Klägerin zudem mit, dass sie die Prüfung der zweiten Beschwerde aussetze, bis die Ergebnisse der Beurteilung der dritten Beschwerde vorlägen.

5        Mit Entscheidung vom 14. Juli 2009 wies die NMa die dritte Beschwerde mit der Begründung zurück, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die von Schiphol ab dem 1. April 2009 angewandten Gebühren gegen die WL verstießen, insbesondere gegen den Grundsatz der Berechnung der Gebühren nach den Kosten, das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Angemessenheit der Gebühren. Die Klägerin erhob gegen diese Entscheidung Klage, die mit Urteil der Rechtbank Rotterdam (Bezirksgericht Rotterdam) vom 25. November 2010 abgewiesen wurde. Gegen dieses Urteil legte sie sodann Berufung zum College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsverwaltungsgericht in Wirtschaftsangelegenheiten) ein, die sie schließlich zurücknahm.

6        Mit Entscheidung vom 16. Dezember 2009 wies die NMa die zweite Beschwerde zurück. Sie ging davon aus, dass die verschiedenen von der Klägerin erhobenen Beschwerden gemeinsame Merkmale hätten und die ab April 2009 anzuwendenden Gebühren sich nur unwesentlich von den im November 2008 in Kraft getretenen Gebühren unterschieden. Zudem entsprächen die in § 8.25d Abs. 2 und 3 WL enthaltenen Begriffe des Diskriminierungsverbots und der Angemessenheit jenen des europäischen (Art. 102 AEUV) und des nationalen (§ 24 MW) Wettbewerbsrechts. Sie wies auch darauf hin, dass sie in ihrer Entscheidung vom 14. Juli 2009 die Bestimmungen der WL gemäß der Rechtsprechung der Unionsgerichte zu Art. 102 AEUV ausgelegt habe. Außerdem sei eine Definition des relevanten Marktes, die sie im Rahmen einer aufgrund der Bestimmungen des Wettbewerbsrechts durchgeführten Untersuchung vorgenommen hätte, im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen, da sie angenommen habe, dass sich Schiphol in einer Situation wirtschaftlicher Stärke befinde. Daraus zog sie den Schluss, dass eine Prüfung der im November 2008 eingeführten Gebühren im Hinblick auf Art. 102 AEUV zu denselben Ergebnissen führen würde wie die Prüfung der dritten Beschwerde, und wies folglich die zweite Beschwerde gemäß ihrer Politik der Setzung von Prioritäten zurück. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin keinen Rechtsbehelf ein.

7        Am 14. Januar 2011 reichte die Klägerin bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) ein. Sie machte geltend, die von Schiphol festgesetzten Gebühren seien diskriminierend und überschießend und stellten eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV dar. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass sie bei der NMa mehrere Beschwerden erhoben habe, aber davon ausgehe, dass diese keine endgültige Entscheidung über die Begründetheit einer wettbewerbsrechtlichen Beschwerde erlassen habe.

8        Am 18. Dezember 2012 informierte die Kommission die Klägerin über ihre Absicht, deren Beschwerde aufgrund von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückzuweisen, weil eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats den Fall bereits behandelt habe. Die Klägerin antwortete der Kommission mit Schreiben vom 31. Januar 2013.

9        Am 3. Mai 2013 erließ die Kommission die Entscheidung C(2013) 2727 final, mit der sie die Beschwerde der Klägerin aufgrund von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückwies (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Im Übrigen war sie der Ansicht, die Beschwerde könne allein schon wegen fehlenden Interesses der Europäischen Union zurückgewiesen werden, weil angesichts der von der NMa gezogenen Schlussfolgerungen die Wahrscheinlichkeit gering sei, dass ein Verstoß gegen Art. 102 AEUV nachgewiesen werde.

 Verfahren und Anträge der Parteien

10      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 4. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

12      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13      Mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 hat Schiphol gemäß Art. 115 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss der Präsidentin der Zweiten Kammer des Gerichts vom 10. Dezember 2013 ist Schiphol als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

14      Schiphol beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zur Begründetheit

15      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe. Als Erstes macht sie geltend, der Kommission seien ein Rechtsfehler und ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie davon ausgegangen sei, dass ihre Beschwerde aufgrund von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückgewiesen werden könne. Als Zweites macht sie geltend, die angefochtene Entscheidung sei unzureichend begründet.

 Zum ersten Klagegrund: Rechtsfehler und offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Anwendung von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

16      Die Klägerin bringt zum einen vor, der Kommission sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als sie davon ausgegangen sei, dass die NMa ihre Beschwerde im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 geprüft habe, obwohl die Beschwerde aus Prioritätsgründen zurückgewiesen worden sei. Zum anderen seien der Kommission ein Rechtsfehler und ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie sich auf eine Entscheidung der NMa gestützt habe, die eine Beschwerde betroffen habe, die nicht im Hinblick auf die Wettbewerbsvorschriften der Union, sondern in Bezug auf das nationale Luftfahrtrecht geprüft worden sei.

17      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, der es nach Art. 105 Abs. 1 AEUV obliegt, auf die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV zu achten, die Wettbewerbspolitik der Union festzulegen und durchzuführen, wozu ihr bei der Behandlung von Beschwerden ein Ermessen zusteht (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2013, Vivendi/Kommission, T‑432/10, EU:T:2013:538, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat auch darauf hingewiesen, dass Art. 13 und der 18. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 das weite Ermessen zum Ausdruck bringen, über das die in diesem Netzwerk zusammengeschlossenen Behörden verfügen, um eine optimale Verteilung der Fälle innerhalb des Netzwerks sicherzustellen (Urteil vom 14. Februar 2012, Toshiba Corporation u. a., C‑17/10, Slg, EU:C:2012:72, Rn. 90). Angesichts der Rolle, die der Kommission nach dem AEU-Vertrag zukommt, um die Wettbewerbspolitik festzulegen und auszuführen, verfügt die Kommission erst recht auch dann über ein weites Ermessen, wenn sie Art. 13 der Verordnung Nr. 1/2003 anwendet.

18      Die Rechtsprechung zur Beurteilung des Unionsinteresses hat jedoch darauf hingewiesen, dass das Ermessen der Kommission nicht unbegrenzt ist. Die Kommission muss nämlich alle erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte berücksichtigen, um darüber zu entscheiden, wie eine Beschwerde zu behandeln ist. Sie muss insbesondere alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufmerksam prüfen, die ihr der Beschwerdeführer zur Kenntnis bringt (vgl. Urteil vom 17. Mai 2001, IECC/Kommission, C‑450/98 P, Slg, EU:C:2001:276, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Insoweit geht aus ständiger Rechtsprechung hervor, dass in den Fällen, in denen die Organe über ein weites Ermessen verfügen, der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, eine umso grundlegendere Bedeutung zukommt und dass zu diesen Garantien u. a. die Verpflichtung des zuständigen Organs gehört, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2008, HEG und Graphite India/Rat, T‑462/04, Slg, EU:T:2008:586, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedoch darf die vom Unionsrichter vorgenommene Kontrolle über die Ausübung des der Kommission bei der Behandlung von Beschwerden zuerkannten Ermessens durch diese nicht dazu führen, dass er seine Beurteilung an die Stelle der Beurteilung durch die Kommission setzt; vielmehr soll mit der Kontrolle überprüft werden, ob die streitige Entscheidung nicht auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruht und ob sie nicht mit einem Rechtsfehler, einem offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2010, CEAHR/Kommission, T‑427/08, Slg, EU:T:2010:517, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Was die gerichtliche Kontrolle anbelangt, die über eine auf Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gestützte Entscheidung der Kommission ausgeübt wird, so ist sie auf die Überprüfung gerichtet, dass die streitige Entscheidung nicht auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruht und dass die Kommission keinen Rechtsfehler, offensichtlichen Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch begangen hat, als sie davon ausgegangen ist, dass eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats eine Beschwerde bereits behandelt habe. Hingegen ist darauf hinzuweisen, dass die Kontrolle von Entscheidungen der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten allein Sache der nationalen Gerichte ist, denen bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union eine wesentliche Aufgabe zukommt.

 Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Rechtsfehler

21      Die Klägerin trägt vor, der Begriff der Behandlung des Falles durch eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der der Kommission die Möglichkeit gebe, eine Beschwerde zurückzuweisen, sei im Licht von Art. 5 dieser Verordnung auszulegen, der die verschiedenen Arten von Entscheidungen anführe, die von der genannten Behörde erlassen werden könnten. Folglich könne nur dann davon ausgegangen werden, dass eine Sache von dieser Behörde behandelt worden sei, wenn sie nach einer Voruntersuchung zumindest entschieden habe, dass kein Anlass bestehe, tätig zu werden. Dagegen könne von einer derartigen Behörde nicht angenommen werden, dass sie die Sache im Sinne von Art. 13 Abs. 2 dieser Verordnung behandelt habe, wenn sie diese lediglich aus Prioritätsgründen zurückgewiesen habe. Diese Auslegung werde durch Ziff. 20 der Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden (ABl. 2004, C 101, S. 43, im Folgenden: Bekanntmachung über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden) gestützt.

22      Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

23      Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 lautet: „Ist eine einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde oder die Kommission mit einer Beschwerde gegen eine Vereinbarung, einen Beschluss oder eine Verhaltensweise befasst, die bereits von einer anderen Wettbewerbsbehörde behandelt worden ist, so kann die Beschwerde abgewiesen werden.“

24      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur deren Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch der Zusammenhang, in dem sie steht, und die Ziele, die mit der Regelung verfolgt werden, zu der sie gehört (vgl. Urteile vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C‑17/03, Slg, EU:C:2005:362, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 26. Oktober 2010, Deutschland/Kommission, T‑236/07, Slg, EU:T:2010:451, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Im Licht dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob der Ausdruck „Beschwerde …, die bereits von einer anderen Wettbewerbsbehörde behandelt worden ist“ in Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 dahin zu verstehen ist, dass die Kommission eine Beschwerde zurückweisen darf, wenn die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats diese Beschwerde zuvor aus Prioritätsgründen zurückgewiesen hat.

26      Als Erstes lässt sich die Antwort auf die Frage, ob die Kommission eine Beschwerde zurückweisen darf, die zuvor von einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats aus Prioritätsgründen zurückgewiesen worden ist, offensichtlich angesichts der klaren Bedeutung des Ausdrucks „Beschwerde …, die bereits von einer anderen Wettbewerbsbehörde behandelt worden ist“ aus einer Wortauslegung von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ableiten. Hierzu ist festzustellen, dass dieser Ausdruck insofern weitreichend ist, als er alle Beschwerden umfasst, die von einer anderen Wettbewerbsbehörde – mit welchem Ergebnis auch immer – geprüft worden sind. Der Gesetzgeber hat sich somit dafür entschieden, den Anwendungsbereich dieses Artikels nicht auf die Beschwerden zu beschränken, über die eine andere Wettbewerbsbehörde bereits entschieden hat.

27      Als Zweites steht die oben in Rn. 26 gewählte Auslegung offensichtlich auch im Einklang mit der allgemeinen Systematik der Verordnung Nr. 1/2003. Art. 13 Abs. 2 der Verordnung ist nämlich im Licht von Art. 13 Abs. 1 zu lesen, wonach die Kommission eine Beschwerde zurückweisen kann, wenn sich eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats mit dieser Beschwerde befasst. Somit zeigt sich, dass es nicht auf das Ergebnis der Prüfung der Beschwerde durch die einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde ankommt, sondern auf die Tatsache, dass die Beschwerde von dieser Behörde geprüft worden ist.

28      Die oben in Rn. 26 gewählte Auslegung wird auch durch den 18. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 untermauert, der auf Art. 13 der Verordnung Bezug nimmt (Urteil Toshiba Corporation u. a., oben in Rn. 17 angeführt, EU:C:2012:72, Rn. 90) und nach dem „[d]iese Bestimmung … nicht der der Kommission durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zuerkannten Möglichkeit entgegenstehen [sollte], eine Beschwerde wegen fehlenden Gemeinschaftsinteresses abzuweisen, selbst wenn keine andere Wettbewerbsbehörde die Absicht bekundet hat, sich des Falles anzunehmen“. Denn wenn die Kommission beschließen kann, eine Beschwerde aus mangelndem Gemeinschaftsinteresse zurückzuweisen, obwohl keine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats sich damit befasst hat, kann sie erst recht eine Beschwerde zurückweisen, die von der nationalen Wettbewerbsbehörde zwar geprüft, aber aus Prioritätsgründen zurückgewiesen worden ist.

29      Die Bekanntmachung über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden, die die Durchführung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2003 zum Gegenstand hat und auf die sich die Klägerin stützt, spricht ebenfalls für die oben in Rn. 26 gewählte Auslegung. Ziff. 20 dieser Bekanntmachung präzisiert nämlich: „Im Sinne von Artikel 13 der [genannten Verordnung] bedeutet ‚mit einer Beschwerde befasst sein‘ und ‚den Fall bearbeiten‘ nicht nur, dass eine Beschwerde bei einer anderen Behörde eingereicht wurde. Es bedeutet vielmehr, dass die andere Behörde in dem Fall ein eigenes Verfahren durchführt oder durchgeführt hat.“ Ziff. 20 enthält hingegen keinen Hinweis auf das Ergebnis, zu dem die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats gelangt ist. Ziff. 22 der Bekanntmachung berücksichtigt ausdrücklich den Fall, dass eine Beschwerde durch eine Wettbewerbsbehörde geprüft worden ist, aber aus anderen Gründen als Untersuchungen zum materiellen Gehalt zurückgewiesen worden ist, wobei sie als Beispiel den Fall anführt, dass die Behörde nicht in der Lage war, die zum Nachweis der Zuwiderhandlung notwendigen Beweismittel zu erheben, und darauf hinweist, dass es wichtig ist, Flexibilität zu beweisen, indem einer Behörde gestattet wird, eigene Untersuchungen zu führen und sich selbst mit dem Fall zu befassen. Außerdem hat der Gerichtshof das weite Ermessen anerkannt, über das die Wettbewerbsbehörden verfügen, um eine optimale Verteilung der Fälle sicherzustellen, wobei er zu Art. 13 Abs. 1 der genannten Verordnung ausgeführt hat, dass jede Behörde berechtigt – und nicht verpflichtet – ist, eine bei ihr anhängige Beschwerde zurückzuweisen, wenn eine andere Behörde bereits denselben Fall bearbeitet (Urteil Toshiba Corporation, oben in Rn. 17 angeführt, EU:C:2012:72, Rn. 90).

30      Zu den auf Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 gestützten Argumenten der Klägerin ist festzustellen, dass sie die oben in Rn. 26 gewählte Auslegung nicht in Frage zu stellen vermögen.

31      Die Klägerin bringt vor, Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sei im Licht von Art. 5 der Verordnung zu lesen, der die in Einzelfällen bestehende Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV betrifft. Nach Ansicht der Klägerin darf die Kommission eine Beschwerde nicht zurückweisen, wenn über diese keine Entscheidung einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 5 der Verordnung erlassen worden ist. Im vorliegenden Fall sei die Entscheidung der NMa vom 16. Dezember 2009 keine aufgrund von Art. 5 der Verordnung erlassene Entscheidung, da die NMa nicht geprüft habe, ob die Voraussetzungen für ein Verbot gegeben seien, und diese Entscheidung somit „weniger darstellt als das Maximum des einer nationalen Wettbewerbsbehörde Zugestandenen, nämlich festzustellen, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden“.

32      Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003, der zu Kapitel II („Zuständigkeit“) gehört, definiert die Entscheidungen, die die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten erlassen können, wenn sie in Einzelfällen die Art. 101 AEUV und 102 AEUV anwenden. So sieht Art. 5 Abs. 1 vor, dass diese Behörden, die in der Sache entscheiden, von Amts wegen oder aufgrund einer Beschwerde Entscheidungen erlassen, mit denen die Abstellung von Zuwiderhandlungen angeordnet wird, einstweilige Maßnahmen angeordnet werden, Verpflichtungszusagen angenommen werden oder Geldbußen, Zwangsgelder oder sonstige im nationalen Recht vorgesehene Sanktionen verhängt werden. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung bestimmt: „Sind die Voraussetzungen für ein Verbot nach den [den nationalen Wettbewerbsbehörden] vorliegenden Informationen nicht gegeben, so können sie auch entscheiden, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden.“ Auf die Frage, ob die nationalen Wettbewerbsbehörden eine Entscheidung erlassen können, mit der ein Verstoß gegen die Art. 101 AEUV oder 102 AEUV verneint wird, hat der Gerichtshof geantwortet, dass Art. 5 der Verordnung dahin auszulegen ist, dass er die Entscheidungen, die von diesen Behörden erlassen werden können, abschließend festlegt (Urteil vom 3. Mai 2011, Tele2 Polska, C‑375/09, Slg, EU:C:2011:270, Rn. 19 bis 30).

33      Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der zu Kapitel IV („Zusammenarbeit“) gehört, bestimmt jedoch lediglich, dass die Beschwerde von einer anderen Wettbewerbsbehörde behandelt worden sein muss, und nicht, dass über die Beschwerde unbedingt entschieden worden sein muss (siehe oben, Rn. 26). Daher verlangt diese Bestimmung – wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat – nicht unbedingt den Erlass einer Entscheidung durch die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats, die die Beschwerde bereits zurückgewiesen hat. Selbst unter der Annahme, dass eine Zurückweisung der Beschwerde durch eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats aus Prioritätsgründen keine Entscheidung im Sinne von Art. 5 darstellt, könnte die Kommission in einem solchen Fall somit Art. 13 Abs. 2 anwenden.

34      Hilfsweise kann die Entscheidung der NMa vom 16. Dezember 2009 jedenfalls als eine auf Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gestützte Entscheidung angesehen werden. Entsprechend der Auffassung der Kommission deckt diese Bestimmung nämlich alle Fälle ab, in denen die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats davon ausgeht, dass die Informationen, über die sie verfügt, ihr keinen Grund zur Annahme geben, dass die Voraussetzungen für ein Verbot erfüllt sind, ohne dass es notwendig ist, dass davor Untersuchungsmaßnahmen durchgeführt worden sind. Die NMa hat aber im vorliegenden Fall durch die Annahme in ihrer Entscheidung vom 16. Dezember 2009, dass eine Prüfung der ab April 2009 angewendeten Gebühren im Hinblick auf Art. 102 AEUV zu denselben Ergebnissen führen würde wie die Prüfung der dritten Beschwerde, und die daraus folgende Zurückweisung der zweiten Beschwerde gemäß ihrer Politik der Setzung von Prioritäten notwendigerweise die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für ein Verbot nicht erfüllt gewesen seien. Die Annahme, dass eine Zurückweisung der Beschwerde durch eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats aus Prioritätsgründen eine aufgrund von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung erlassene Entscheidung darstellt, steht außerdem im Einklang mit dem Urteil Tele2 Polska, oben in Rn. 32 angeführt (EU:C:2011:270), in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass dieser Artikel die Arten von Entscheidungen, die von einer nationalen Behörde erlassen werden können, abschließend aufzählt. Eine andere Auslegung führte dazu, dass den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit genommen würde, Entscheidungen der Zurückweisung von Beschwerden aus Prioritätsgründen zu erlassen, obwohl nationale Wettbewerbsbehörden solche Gründe heranziehen, indem sie mehr oder weniger formelle Einstellungsbeschlüsse erlassen. Folglich entspricht die oben in Rn. 26 gewählte Auslegung Art. 5 der Verordnung, da die Kommission eine Beschwerde zurückweisen darf, weil diese bereits von einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats aus Prioritätsgründen zurückgewiesen worden ist.

35      Schließlich entspricht die oben in Rn. 26 gewählte Auslegung auch dem Mechanismus von Art. 13 Abs. 2, der ebenfalls vorsieht, dass eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats eine Beschwerde zurückweisen kann, wenn diese bereits von der Kommission behandelt worden ist. Da der Kommission in ständiger Rechtsprechung zugestanden wurde, Beschwerden aus Prioritätsgründen zurückzuweisen (vgl. u. a. Urteil Vivendi/Kommission, oben in Rn. 17 angeführt, Rn. 22 bis 25 und die angeführte Rechtsprechung), kann auch die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats eine Beschwerde zurückweisen, die zuvor von der Kommission aus Prioritätsgründen zurückgewiesen worden ist.

36      Als Drittes erweist sich die oben in Rn. 26 gewählte Auslegung auch im Einklang mit einem der Hauptziele der Verordnung Nr. 1/2003, nämlich der Einführung eines wirksamen dezentralen Systems der Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union. Denn nach dem sechsten Erwägungsgrund der Verordnung setzt „[d]ie wirksame Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft … voraus, dass die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten stärker an der Anwendung beteiligt werden“. Zudem besagt der 15. Erwägungsgrund der Verordnung, dass „[d]ie Kommission und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten … gemeinsam ein Netz von Behörden bilden, die die EG-Wettbewerbsregeln in enger Zusammenarbeit anwenden“. Die Verordnung Nr. 1/2003 hat auf diese Weise die vorherige zentralisierte Regelung beendet und gemäß dem Subsidiaritätsgrundsatz einen weiteren Zusammenschluss der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten organisiert, indem sie ihnen zu diesem Zweck die Befugnis zur Durchführung des Wettbewerbsrechts der Union einräumt (Urteil vom 8. März 2007, France Télécom/Kommission, T‑339/04, Slg, EU:T:2007:80, Rn. 79). Im 18. Erwägungsgrund der Verordnung heißt es: „Um eine optimale Verteilung der Fälle innerhalb des Netzwerks sicherzustellen, sollte eine allgemeine Bestimmung eingeführt werden, wonach eine Wettbewerbsbehörde ein Verfahren mit der Begründung aussetzen oder einstellen kann, dass sich eine andere Behörde mit demselben Fall befasst hat oder noch befasst. Ziel ist es, dass jeder Fall nur von einer Behörde bearbeitet wird“.

37      Dagegen wäre die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung, wodurch die Kommission gezwungen würde, eine Beschwerde jedes Mal systematisch zu prüfen, wenn eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats eine Beschwerde zwar untersucht, aber keine Entscheidung im Sinne von Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen hat, oder wenn sie die Beschwerde aus Prioritätsgründen zurückgewiesen hat, nicht mit dem Ziel von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung vereinbar, nämlich im Sinne der Effizienz die Ressourcen innerhalb des Europäischen Wettbewerbsnetzes optimal zu verteilen.

38      Außerdem steht die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung – wie die Streithelferin festgehalten hat – offensichtlich im Widerspruch zu den Materialien zur Verordnung Nr. 1/2003. Die Begründung des Vorschlags KOM(2000) 582 endg. der Kommission für eine Verordnung des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 EG-Vertrag niedergelegten Wettbewerbsregeln zeigt nämlich, dass Art. 13 darauf gerichtet war, die Gefahr von Doppelarbeit sowie Anreize zu Mehrfachbeschwerden zu beseitigen.

39      Schließlich liefe entsprechend dem Hinweis der Kommission die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung von Art. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 zuwider, nach dem die nationalen Gerichte für die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV zuständig sind. Eine Verpflichtung der Kommission zur systematischen Prüfung der Beschwerden, die von den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten aus Prioritätsgründen zurückgewiesen worden sind, liefe nämlich darauf hinaus, der Kommission die Befugnis zur Überprüfung der Entscheidungen dieser Behörden zu übertragen, die allein den nationalen Gerichten zusteht. Durch die Verordnung wurde zwar ein Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und diesen Behörden eingerichtet (Urteil Tele2 Polska, oben in Rn. 32 angeführt, EU:C:2011:270, Rn. 26), jedoch kein Mechanismus vorgesehen, dem zufolge die Kommission an die Stelle der nationalen Gerichte tritt; diese erfüllen nämlich eine wesentliche Aufgabe bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union (vgl. siebter Erwägungsgrund des Vorschlags KOM[2000] 582 endg. der Kommission für eine Verordnung des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 EG-Vertrag niedergelegten Wettbewerbsregeln).

40      Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik der Verordnung Nr. 1/2003 geht somit hervor, dass das Ziel der Verordnung darin besteht, der Kommission zu gestatten, die Zurückweisung einer Beschwerde darauf zu stützen, dass eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats diese Beschwerde zuvor aus Prioritätsgründen zurückgewiesen hat. Der Umstand – selbst angenommen, er läge vor –, dass die NMa im vorliegenden Rechtsstreit die bei ihr anhängige Beschwerde nicht durch den Erlass einer Entscheidung im Sinne von Art. 5 der Verordnung erledigt hat und sich auf Prioritätsgründe gestützt hat, hinderte daher die Kommission nicht daran, nach Art. 13 Abs. 2 der Verordnung festzustellen, dass diese Beschwerde von einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats behandelt worden sei, und sie aus diesem Grund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Rechtsfehler und offensichtlicher Beurteilungsfehler

41      Die Klägerin macht geltend, der Kommission seien ein Rechtsfehler und ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie sich auf eine Entscheidung der NMa gestützt habe, die eine Beschwerde betroffen habe, die nicht im Hinblick auf die Wettbewerbsvorschriften der Union, sondern in Bezug auf das nationale Luftfahrtrecht geprüft worden sei.

42      Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

43      Zwar ist zutreffend, dass Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 wie alle Bestimmungen der Verordnung Fälle betrifft, in denen die Art. 101 AEUV und 102 AEUV durchgeführt werden. Im Einzelnen bestimmt Art. 3 Abs. 1 der Verordnung, dass die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten, wenn sie das nationale Wettbewerbsrecht auf eine missbräuchliche Verhaltensweise eines Unternehmens anwenden, das eine marktbeherrschende Stellung innehat, welche den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann, auch Art. 102 AEUV anwenden müssen.

44      Die Kommission darf folglich eine Beschwerde nur dann aufgrund von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückweisen, wenn die Beschwerde im Hinblick auf die Wettbewerbsvorschriften der Union geprüft worden ist.

45      Gleichwohl verbietet diese Verordnung einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats in keiner Weise, dass sie sich bei der Untersuchung, ob die Wettbewerbsregeln der Union eingehalten worden sind, auf Ergebnisse stützt, zu denen sie im Rahmen von Untersuchungen im Hinblick auf eine andere, nationale Vorschrift gelangt ist. Im Übrigen beschränkt sich Ziff. 21 der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden auf den Hinweis, dass „eine Berufung auf Artikel 13 der [Verordnung Nr. 1/2003] möglich ist, wenn die Vereinbarung oder Verhaltensweise dieselbe(n) Zuwiderhandlung(en) auf den gleichen sachlich und räumlich relevanten Märkten betrifft“.

46      Aus den vorangegangenen Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission eine nach Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 erfolgte Zurückweisung einer Beschwerde darauf stützen darf, dass eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats diese Beschwerde zuvor infolge einer Prüfung zurückgewiesen hat, die auf Ergebnissen beruht, zu denen sie im Rahmen einer Untersuchung im Hinblick auf andere, nationale Vorschriften gelangt ist, sofern diese Prüfung im Hinblick auf die Wettbewerbsvorschriften der Union vorgenommen worden ist.

47      Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission davon ausgegangen ist, dass die NMa die Beschwerde der Klägerin aufgrund von Art. 102 AEUV behandelt habe. Die NMa habe insbesondere angegeben, inwieweit die Ergebnisse der im Hinblick auf das Luftfahrtgesetz durchgeführten Untersuchung für ihre auf das Wettbewerbsrecht gestützte Prüfung relevant seien, wobei sie die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Regelungen beschrieben, die Gleichwertigkeit der betroffenen Dienstleistungen beurteilt und den durch die Gebührenordnung von Schiphol verursachten Wettbewerbsnachteil eingeschätzt habe. Die NMa habe auf diese Weise geprüft, ob die Gebühren in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten stünden, habe sie mit den Gebühren anderer internationaler Flughäfen verglichen und habe sie im Licht der Qualität der von der Klägerin erhaltenen Dienstleistung beurteilt. Schließlich hat die Kommission vorgebracht, dass sie weder über die von der NMa ausgeführten Argumente und Schlussfolgerungen noch über die von dieser gewählte Vorgehensweise zu entscheiden habe.

48      Außerdem geht aus der Entscheidung der NMa vom 16. Dezember 2009 hervor, dass die Beschwerde der Klägerin anhand von Art. 24 MW und Art. 102 AEUV geprüft worden ist. Die NMa ist darin – wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgehalten hat – davon ausgegangen, dass die Beurteilung der in § 8.25d Abs. 2 und 3 WL enthaltenen Begriffe des Diskriminierungsverbots und der Angemessenheit jener des Wettbewerbsrechts der Union ähnlich sei. Sie hat zudem darauf hingewiesen, dass sie in ihrer Entscheidung vom 14. Juli 2009 das WL gemäß der Rechtsprechung der Unionsgerichte zu Art. 102 AEUV ausgelegt habe. Außerdem sei eine Definition des relevanten Marktes – die im Rahmen einer aufgrund der Bestimmungen des Wettbewerbsrechts durchgeführten Untersuchung vorzunehmen sei – im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen, da sie angenommen habe, Schiphol befinde sich in einer Situation wirtschaftlicher Stärke.

49      Aus den vorangegangenen Ausführungen geht hervor, dass der Kommission kein Rechtsfehler unterlaufen ist, als sie die Beschwerde der Klägerin aufgrund von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückgewiesen hat, da sie davon ausgegangen ist, dass die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats diese Beschwerde aufgrund von Art. 102 AEUV behandelt habe.

50      Die Klägerin räumt zwar ein, dass sich die fraglichen Bestimmungen der WL zum Teil auf Begriffe aus dem Wettbewerbsrecht der Union beziehen, bringt aber fünf Argumente vor, mit denen sie nachweisen möchte, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, als diese davon ausgegangen sei, dass die NMa ihre Beschwerde aufgrund von Art. 102 AEUV behandelt habe.

51      Oben aus Rn. 20 geht hervor, dass sich das Gericht hinsichtlich der Erwiderung auf die Argumente der Klägerin auf die Überprüfung zu beschränken hat, ob der Kommission bei der Zurückweisung der Beschwerde aufgrund von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht ein Rechtsfehler oder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler insofern unterlaufen ist, als sie davon ausgegangen ist, dass die NMa die Beschwerde der Klägerin bereits im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht der Union behandelt habe. In diesem Rahmen hat die Kommission zu überprüfen, dass die NMa die Beschwerde der Klägerin nicht zurückgewiesen hat, ohne zuvor eine Prüfung im Hinblick auf die Wettbewerbsvorschriften der Union vorgenommen zu haben. Die Überprüfung des Gerichts darf jedoch nicht dazu führen, dass die Begründetheit der Entscheidung der NMa oder das Verfahren bzw. die Vorgehensweise, die sie gewählt hat, beurteilt wird − eine Beurteilung, die die Kommission im Übrigen selbst nicht vorgenommen hat und die in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte fällt.

52      Als Erstes weist die Klägerin darauf hin, dass die NMa keine Definition des relevanten Marktes vorgenommen habe, die für jede Prüfung der Einhaltung von Art. 102 AEUV unverzichtbar sei, und dass die Kommission daher nicht davon habe ausgehen können, dass die Beschwerde von der NMa aufgrund dieser Bestimmung behandelt worden sei. Dieses Argument ist jedoch angesichts des oben in Rn. 51 erwähnten Umfangs und Gegenstands der vom Gericht ausgeübten Überprüfung als ins Leere gehend zurückzuweisen. Es bezieht sich nämlich auf die Vorgehensweise und die Begründetheit der Prüfung, die die NMa im Hinblick auf die Behandlung der Beschwerde der Klägerin vorgenommen hat.

53      Ergänzend ist festzustellen, dass die NMa nicht verpflichtet war, eine Definition des im vorliegenden Fall relevanten Marktes vorzunehmen.

54      Es trifft zu, dass nach der Rechtsprechung die Abgrenzung des relevanten Marktes wesentliche Bedeutung für die Feststellung hat, ob ein Unternehmen eine beherrschende Stellung einnimmt, da die Wettbewerbsmöglichkeiten nur nach den Merkmalen der fraglichen Erzeugnisse oder Dienstleistungen beurteilt werden können, aufgrund deren sich diese Erzeugnisse oder Dienstleistungen zur Befriedigung eines gleichbleibenden Bedarfs besonders eignen und mit anderen Erzeugnissen oder Dienstleistungen nur wenig austauschbar sind (Urteile vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission, 6/72, Slg, EU:C:1973:22, Rn. 32, und vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, Slg, EU:T:2007:22, Rn. 78). Außerdem liegt nach ständiger Rechtsprechung eine beherrschende Stellung vor, wenn ein Unternehmen eine wirtschaftliche Machtposition innehat, die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (Urteile vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, Slg, EU:C:1978:22, Rn. 65, vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, Slg, EU:C:1979:36, Rn. 38, und France Télécom/Kommission, EU:T:2007:22, Rn. 99).

55      Gleichwohl geht im vorliegenden Fall aus der Entscheidung der NMa vom 14. Juli 2009 hervor, dass in Bezug auf die Streithelferin eine Situation wirtschaftlicher Stärke angenommen wurde und dass folglich – wie von der NMa in Rn. 16 ihrer Entscheidung vom 16. Dezember 2009 festgestellt – eine Definition des relevanten Marktes nicht erforderlich war, da die Streithelferin eine beherrschende Stellung einnahm. Der Kommission ist daher bei ihrer Entscheidung jedenfalls kein offensichtlicher Fehler unterlaufen, als sie davon ausgegangen ist, dass die Beschwerde der Klägerin unter Einhaltung der Prüfungsregeln, die das Wettbewerbsrecht der Union vorschreibt, behandelt worden ist.

56      Als Zweites bringt die Klägerin vor, bei einer Prüfung im Hinblick auf Art. 102 AEUV wäre die NMa hinsichtlich der missbräuchlichen Verhaltensweise der Streithelferin im Bereich diskriminierender Preise zu einem anderen Ergebnis gekommen.

57      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht nicht die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der NMa zu überprüfen hat (siehe oben, Rn. 51). Vielmehr hat das Gericht zu überprüfen, dass der Kommission kein Rechtsfehler oder offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie davon ausgegangen ist, dass die NMa die Beschwerde der Klägerin durch die Verwendung der Definition des in Art. 102 AEUV enthaltenen Begriffs der Diskriminierung bereits behandelt habe.

58      Insoweit geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die NMa in der ihrer Entscheidung vom 14. Juli 2009 zugrunde liegenden Prüfung die in Art. 102 AEUV enthaltene Definition des Begriffs der Diskriminierung berücksichtigt hat. Wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, hat nämlich die NMa in ihrer Entscheidung vom 14. Juli 2009 die Gleichwertigkeit der den verschiedenen Fluggesellschaften von der Streithelferin angebotenen Dienstleistungen geprüft und den durch diese Gebühren bewirkten Wettbewerbsnachteil beurteilt (Rn. 113 bis 156). Die NMa hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie für diese Prüfung die in Art. 102 AEUV enthaltene Definition des Begriffs der Diskriminierung entsprechend der Auslegung des Gerichtshofs herangezogen habe (Rn. 33).

59      Die Klägerin bringt als Drittes vor, die NMa habe in einer anderen Entscheidung angegeben, dass, wenngleich die Begriffe der WL mit Hilfe des Wettbewerbsrechts ausgelegt werden könnten, die Gesamtbeurteilung einer Rechtssache im Hinblick auf die WL nicht im Rahmen des Wettbewerbsrechts erfolge und dass im Rahmen einer nach der WL durchgeführten Untersuchung nicht jede Frage bezüglich eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln behandelt werden könne. Dieser – als nachgewiesen unterstellte – Umstand hat jedoch keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, da im vorliegenden Fall zum einen die Kommission nicht an die von der NMa in einer anderen Rechtssache getroffenen Beurteilungen gebunden war und zum anderen aus den vorstehenden Erwägungen hervorgeht, dass die Kommission tatsächlich überprüft hat, dass die NMa die bei ihr eingebrachte Beschwerde im Hinblick auf Art. 102 AEUV untersucht hat.

60      Als Viertes bringt die Klägerin vor, die Prüfung einer Beschwerde im Rahmen der WL erfolge nur durch die Luftfahrtregulierungsstelle, die andere Befugnisse und Zuteilungen habe als die Wettbewerbsdirektion, und berücksichtige nicht die allgemeinen Ziele der Wettbewerbspolitik der Union. Dieses Argument ist jedoch zurückzuweisen, da die Luftfahrtregulierungsstelle eine Stelle der niederländischen Wettbewerbsbehörde bildete und die Entscheidung der NMa, auf die sich die Kommission bei der Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin gestützt hat, von ihrem Kollegium als Ganzem erlassen worden ist. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 – so wie die ganze Verordnung – auf die „Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats“ verweist, ohne zwischen den verschiedenen Dienststellen dieser Behörde zu unterscheiden. Es ist daher irrelevant, die Zusammensetzung der Teams zu kennen, die die von der Klägerin auf die WL gestützte Beschwerde untersucht haben, da die NMa die Beschwerde der Klägerin im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht geprüft hat und aus den vorstehenden Erwägungen hervorgeht, dass die NMa sich auf die im Rahmen der auf die WL gestützten Beschwerde vorgenommene Prüfung berufen durfte.

61      Als Letztes ist schließlich das Argument der Klägerin zurückzuweisen, die angefochtene Entscheidung bewirke, dass eine umfangreiche Kategorie möglicher Missbräuche unter Verstoß gegen Art. 102 AEUV der Überprüfung durch die Wettbewerbsbehörden entzogen werde. Aus den bisherigen Ausführungen geht nämlich hervor, dass die angefochtene Entscheidung gerade nicht dazu geführt hat, die Streithelferin der Anwendung von Art. 102 AEUV zu entziehen.

62      Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als diese davon ausging, dass die NMa ihre Beschwerde aufgrund von Art. 102 AEUV behandelt habe.

63      Folglich ist der Kommission weder ein Rechtsfehler noch ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie davon ausging, dass die NMa die Beschwerde der Klägerin im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht der Union behandelt habe.

64      Der erste Klagegrund ist somit insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

65      Die Klägerin vertritt die Auffassung, die angefochtene Entscheidung sei insofern unzureichend begründet, als mit ihr die Beschwerde hilfsweise wegen mangelnden Unionsinteresses zurückgewiesen werde.

66      Die Kommission macht geltend, der zweite Klagegrund, der notwendigerweise hilfsweise vorgebracht werde, sei zurückzuweisen, da die angefochtene Entscheidung, die durch die Entscheidung der NMa vom 16. Dezember 2009 ergänzt worden sei, eindeutig die Gründe ausführe, aus denen die Rechtssache kein ausreichendes Unionsinteresse aufgewiesen habe.

67      Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission, die sich bei deren Erlass auf Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gestützt hat, außerdem angegeben hat, dass sie jedenfalls davon ausgehe, dass die Beschwerde wegen mangelnden Unionsinteresses zurückgewiesen werden könne, da die Wahrscheinlichkeit, einen Verstoß nachzuweisen, angesichts des entsprechenden Ergebnisses, zu dem die NMa nach ihrer Untersuchung gelangt sei, begrenzt sei.

68      Zunächst ist festzustellen, dass, da die Kommission die Beschwerde der Klägerin nur hilfsweise wegen mangelnden Unionsinteresses zurückgewiesen hat, der zweite Klagegrund, selbst wenn ihm stattgegeben werden sollte, nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 1997, FFSA u. a./Kommission, T‑106/95, Slg, EU:T:1997:23, Rn. 199).

69      Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedenfalls als hinreichend begründet. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 für den Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine abschließende Entscheidung der Kommission über das Vorliegen der geltend gemachten Zuwiderhandlung begründet und die Kommission nicht verpflichtet, das Verfahren unter allen Umständen bis zu einer endgültigen Entscheidung fortzusetzen (Urteile vom 18. Oktober 1979, GEMA/Kommission, 125/78, Slg, EU:C:1979:237, Rn. 18, und vom 17. Mai 2001, IECC/Kommission, C‑449/98 P, Slg, EU:C:2001:275, Rn. 35). Dagegen muss die Kommission sorgfältig alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte prüfen, die ihr die Beschwerdeführer zur Kenntnis bringen (Urteile vom 11. Oktober 1983, Schmidt/Kommission, 210/81, Slg, EU:C:1983:277, Rn. 19, und vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, Slg, EU:C:1987:490, Rn. 20). Ein Beschwerdeführer hat Anspruch darauf, durch eine Entscheidung der Kommission, die mit einer Klage angefochten werden kann, vom Schicksal seiner Beschwerde zu erfahren (Urteil vom 18. März 1997, Guérin automobiles/Kommission, C‑282/95 P, Slg, EU:C:1997:159, Rn. 36, und IECC/Kommission, Rn. 35).

70      Insoweit unterliegt die Kommission einer Begründungspflicht, wenn sie die weitere Prüfung einer Beschwerde ablehnt. Da die Begründung so genau und detailliert sein muss, dass das Gericht die Ausübung der Ermessensbefugnis der Kommission zur Festlegung der Prioritäten wirksam überprüfen kann, hat die Kommission die Tatsachen, von denen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung abhängt, und die rechtlichen Erwägungen anzuführen, die sie zum Erlass ihrer Entscheidung veranlasst haben (Beschluss vom 31. März 2011, EMC Development/Kommission, C‑367/10 P, EU:C:2011:203, Rn. 75).

71      Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass nach Auffassung der Kommission die Wahrscheinlichkeit des Nachweises einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV angesichts der von der NMa gezogenen Schlussfolgerungen begrenzt war. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass nach den Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1/2003 die Kommission und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten über parallele Zuständigkeiten für die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV verfügen und dass die Systematik der Verordnung auf einer engen Zusammenarbeit zwischen ihnen beruht. Daher kann die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung auch die Maßnahmen nationaler Wettbewerbsbehörden berücksichtigen (Urteil Vivendi/Kommission, oben in Rn. 17 angeführt, EU:T:2013:538, Rn. 26).

72      Nach alledem ist die Kommission ihrer Begründungspflicht nachgekommen, indem sie klar und eindeutig die tatsächlichen Gesichtspunkte und die rechtlichen Erwägungen angeführt hat, die sie zur Feststellung geführt haben, dass die Wahrscheinlichkeit des Nachweises einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV nur sehr begrenzt sei. Da diese Ausführungen das Gericht in die Lage versetzen, eine wirksame Kontrolle über die Ausübung des Ermessens der Kommission in der angefochtenen Entscheidung auszuüben, ist im Ergebnis festzuhalten, dass die angefochtene Entscheidung insoweit hinreichend begründet ist.

73      Der zweite Klagegrund kann daher als unbegründet zurückgewiesen werden; somit ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

74      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr die Kosten der Kommission und von Schiphol entsprechend deren Anträgen aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die easyJet Airline Co. Ltd trägt die Kosten.

Martins Ribeiro

Gervasoni

Madise

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. Januar 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.