Language of document : ECLI:EU:T:2015:368

URTEIL DES GERICHTS (Rechtsmittelkammer)

9. Juni 2015

Rechtssache T‑556/14 P

Victor Navarro

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Vertragsbedienstete – Einstellung – Aufforderung zur Interessensbekundung – Erforderliche Mindestqualifikationen – Ablehnung der Einstellung – Verstoß gegen Art. 116 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst – Rechtsfehler – Tatsachenverfälschung“

Gegenstand:      Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst (Dritte Kammer) vom 21. Mai 2014, Navarro/Kommission (F‑46/13, SlgÖD, EU:F:2014:104), wegen Aufhebung dieses Urteils

Entscheidung:      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. Herr Victor Navarro trägt die Kosten.

Leitsätze

1.      Gerichtliches Verfahren – Klage vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst – Anwendung des Versäumnisverfahrens – Verpflichtung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, gemäß dem Antrag des Klägers zu entscheiden – Fehlen

(Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, Art. 116 Abs. 1)

2.      Beamtenklage – Gründe – Klage gegen eine Verwaltungsentscheidung – Klagegrund, der sich auf einen Irrtum in Bezug auf die Rechtsgrundlage stützt, der keine Auswirkung auf die von der Verwaltung vorgenommene Bewertung in der Sache hat – Ins Leere gehender Klagegrund

(Beamtenstatut, Art. 90 und 91)

3.      Rechtsmittel – Gründe – Vorbringen gegen eine Erwägung im Urteil, die kein tragender Bestandteil der Entscheidung ist – Ins Leere gehender Rechtsmittelgrund

4.      Beamte – Einstellung – Auswahlverfahren – Prüfungsausschuss – Unabhängigkeit – Grenzen – Erlass rechtswidriger Entscheidungen – Pflicht der Anstellungsbehörde – Weigerung, einen Bewerber einzustellen, der die Mindestvoraussetzungen für die Teilnahme an einem Auswahlverfahren nicht erfüllt

1.      Aus Art. 116 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst geht hervor, dass das Gericht, wenn es der Ansicht ist, dass es über ausreichende Informationen für den Erlass eines Versäumnisurteils verfügt, und wenn an der ordnungsgemäßen Erhebung und der Zulässigkeit der Klage kein Zweifel besteht, die Begründetheit der Anträge des Klägers prüft und das Urteil erlässt, ohne jedoch verpflichtet zu sein, diesen Anträgen stattzugeben.

(vgl. Rn. 21)

Verweisung auf:

Gerichtshof: Beschluss vom 11. September 2014, Think Schuhwerk/HABM, C‑521/13 P, Slg, EU:C:2014:2222, Rn. 22

2.      Die Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung wegen einer unzutreffenden Rechtsgrundlage ist nicht gerechtfertigt, wenn dieser Fehler keinen entscheidenden Einfluss auf die von der Verwaltung vorgenommene Würdigung hatte, so dass ein Klagegrund, mit dem die fehlerhafte Wahl der Rechtsgrundlage geltend gemacht wird, zurückzuweisen ist, da er nur rein formelle Bedeutung hat.

(vgl. Rn. 26)

Verweisung auf:

Gericht: Urteil vom 16. Juli 1998, Jensen/Kommission, T‑156/96, SlgÖD, EU:T:1998:174, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung

3.      Ein Rechtsfehler des Gerichts des ersten Rechtszugs führt nicht zur Aufhebung des von ihm erlassenen Urteils, wenn sich der Tenor des Urteils aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist. Im Rahmen einer solchen Ersetzung von Gründen kann das Rechtsmittelgericht die Tatsachen berücksichtigen, wie sie vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellt wurden.

(vgl. Rn. 33)

Verweisung auf:

Gerichtshof: Urteile vom 10. Dezember 2002, Kommission/Camar und Tico, C‑312/00 P, Slg, EU:C:2002:736, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 30. September 2003, Biret International/Rat, C‑93/02 P, Slg, EU:C:2003:517, Rn. 60 bis 66 und die dort angeführte Rechtsprechung

Gericht: Urteil vom 12. Juli 2011, Kommission/Q, T‑80/09 P, Slg, EU:T:2011:347, Rn. 98

4.      Die Anstellungsbehörde ist gehalten, bei der Ausübung ihrer eigenen Befugnisse rechtsfehlerfreie Entscheidungen zu treffen. Sie kann deshalb nicht durch Entscheidungen von Prüfungsausschüssen gebunden sein, deren Rechtswidrigkeit sich dann auf ihre eigenen Entscheidungen auswirken könnte. Lässt der Prüfungsausschuss einen Bewerber zu Unrecht zum Auswahlverfahren zu und setzt er ihn anschließend auf die Eignungsliste, muss es die Anstellungsbehörde demnach durch eine mit Gründen versehene Entscheidung, anhand deren der Unionsrichter ihre Begründetheit beurteilen kann, ablehnen, diesen Erwerber zu ernennen.

(vgl. Rn. 38)

Verweisung auf:

Gerichtshof: Urteil vom 23. Oktober 1986, Schwiering/Rechnungshof, 142/85, Slg, EU:C:1986:405, Rn. 19 und 20

Gericht: Urteil vom 4. Juli 2006, Tzirani/Kommission, T‑45/04, SlgÖD, EU:T:2006:185, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung