Language of document : ECLI:EU:T:2012:57

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

7. Februar 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke DYNIQUE – Ältere Gemeinschaftswortmarke DIPTYQUE – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑305/10

Marlies Hartmann-Lamboy, wohnhaft in Westerburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. Loos,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten zunächst durch A. Pohlmann, dann durch G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Diptyque SAS mit Sitz in Paris (Frankreich),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 7. Mai 2010 (Sache R 1217/2009‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Diptyque SAS und Frau Marlies Hartmann-Lamboy

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi (Berichterstatter) sowie der Richter S. Frimodt Nielsen und K. O’Higgins,

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 23. Juli 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 28. Oktober 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der Bestimmung eines anderen Richters, um die Kammer nach Verhinderung eines ihrer Mitglieder zu ergänzen,

auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 9. März 2007 meldete die Klägerin, Frau Marlies Hartmann-Lamboy, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen DYNIQUE.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen in den Klassen 3, 41 und 44 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Seifen; Parfums, ätherische Öle, Haarwässer; Zahnputzmittel, Lippenstifte, künstliche Nägel; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Kosmetika, nämlich Haut- und Gesichtscremes, Haut- und Gesichtslotionen, Puder für kosmetische Zwecke, Mascara, Lidschatten, Eyeliner, Nagelpflegemittel, Make‑up, Rouge, Blush und Camouflage“;

–        Klasse 41: „Veranstaltung von Schulungen und Seminaren auf dem Gebiet der Verkaufspsychologie, der Verkaufstechnik, der Produkt- und Behandlungskunde sowie der Rhetorik“;

–        Klasse 44: „Gesundheits- und Schönheitspflege; Durchführung von kosmetischen Dienstleistungen im Bereich Wellness/Massagen“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 40/2007 vom 6. August 2007 veröffentlicht.

5        Am 6. November 2007 erhob die Diptyque SAS gegen die Anmeldung nach Art. 42 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch wegen Bestehens von Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) im Hinblick auf alle oben in Randnr. 3 genannten Waren und Dienstleistungen.

6        Der Widerspruch war auf die eingetragene Gemeinschaftswortmarke DIPTYQUE (Nr. 4292652) für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 4 und 35 des Nizzaer Abkommens gestützt.

7        Mit Entscheidung vom 31. August 2009 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch mit der Begründung statt, dass zwischen den Marken Verwechslungsgefahr bestehe.

8        Am 14. Oktober 2009 legte die Klägerin beim HABM nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

9        Mit Entscheidung vom 7. Mai 2010 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) hob die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Entscheidung der Widerspruchsabteilung teilweise auf und wies die Beschwerde im Übrigen zurück.

10      Hinsichtlich der maßgeblichen Verkehrskreise stellte die Beschwerdekammer fest, dass diese aus in der Europäischen Union lebenden Durchschnittsverbrauchern und Fachleuten bestünden (Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung).

11      Im Rahmen des Vergleichs der Waren und Dienstleistungen gelangte die Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit der Widerspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass Identität hinsichtlich der Waren der Klasse 3 und Ähnlichkeit hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 44 gegeben seien (Randnr. 17 der angefochtenen Entscheidung).

12      Die Beschwerdekammer erachtete es jedoch für fehlerhaft, dass die Widerspruchsabteilung bestimmte Dienstleistungen der Klassen 41 und 35 als ähnlich angesehen hatte. Daher verneinte die Beschwerdekammer insoweit das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen, und sie hob demgemäß die Entscheidung der Widerspruchsabteilung teilweise auf (Randnrn. 18, 19, 28 und 29 sowie Nr. 1 des Tenors der angefochtenen Entscheidung).

13      Im Rahmen des Zeichenvergleichs nahm die Beschwerdekammer im Wesentlichen an, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen visuell und klanglich ähnlich seien und dass der begriffliche Vergleich an dieser Beurteilung nichts ändere, da eines der beiden Zeichen keine begriffliche Bedeutung habe (Randnrn. 20 bis 22 der angefochtenen Entscheidung).

14      Als Ergebnis einer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr entschied die Beschwerdekammer, dass angesichts der visuellen und klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen zumindest aus der Sicht des französischen Durchschnittsverbrauchers eine Gefahr von Verwechslungen zwischen den Zeichen hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 44 des Nizzaer Abkommens bestehe (Randnrn. 23 bis 28 der angefochtenen Entscheidung).

 Anträge der Parteien

15      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung teilweise aufzuheben oder „abzuändern“, soweit sie nicht zu ihren Gunsten ausgefallen ist;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

16      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zu dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

17      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

18      Nach Auffassung des HABM ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

19      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

20      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Bestimmung dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Die Beurteilung der Gefahr von Verwechslungen durch das relevante Publikum hängt von zahlreichen Faktoren ab und ist umfassend unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnrn. 34 und 35, und vom 3. September 2009, Aceites del Sur-Coosur/Koipe, C‑498/07 P, Slg. 2009, I‑7371, Randnrn. 59 und 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ferner impliziert sie eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den berücksichtigten Faktoren, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 17. April 2008, Ferrero Deutschland/HABM, C‑108/07 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 44 und 45; Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnr. 41). Diese umfassende Beurteilung impliziert weiter, dass die begrifflichen und visuellen Unterschiede zwischen zwei Zeichen die zwischen ihnen bestehenden klanglichen Ähnlichkeiten neutralisieren können, wenn zumindest eines der Zeichen aus der Sicht des relevanten Publikums eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, so dass dieses Publikum sie ohne Weiteres erfassen kann (vgl. Urteil vom 13. September 2007, Ponte Finanziaria/HABM, C‑234/06 P, Slg. 2007, I‑7333, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Für die Anwendung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr im Übrigen voraus, dass gleichzeitig eine Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 12. Oktober 2004, Vedial/HABM, C‑106/03 P, Slg. 2004, I‑9573, Randnr. 51, und Il Ponte Finanziaria/HABM, oben in Randnr. 21 angeführt, Randnr. 42).

23      Im vorliegenden Fall bestreitet die Klägerin, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr bestehe.

24      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass weder die Klägerin noch das HABM der von der Beschwerdekammer getroffenen Feststellung entgegentreten, dass die von den Marken erfassten Waren in Klasse 3 des Nizzaer Abkommens und Dienstleistungen in Klasse 44 dieses Abkommens entweder identisch oder ähnlich sind. Da sich aus den Akten nichts Gegenteiliges ergibt, sind diese Identität der Waren und Ähnlichkeit der Dienstleistungen als erwiesen anzusehen.

25      Die Klägerin wendet sich ebenso wenig gegen die in den Randnrn. 15 und 16 der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Beurteilung, dass das relevante Publikum im vorliegenden Fall aus Durchschnittsverbrauchern und Fachkreisen in der gesamten Union bestehe. Diese Definition des relevanten Publikums ist fehlerfrei, und sie ist deshalb dem Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken zugrunde zu legen.

26      Tatsächlich beschränkt sich die Klägerin darauf, die Wahrnehmung in Frage zu stellen, die diese Verbraucher insbesondere von Schönheitspflege im Sinne der Klassen 3 und 44 des Nizzaer Abkommens hätten, welche höherpreisige Produkte und Leistungen betreffe, so dass der Grad der Aufmerksamkeit der Verbraucher bei ihrem Erwerb besonders hoch sei. Diesem Vorbringen kann jedoch nicht gefolgt werden. Wie das HABM vorgetragen hat, erbringt die Klägerin keinen Beweis für diese Behauptung, die im Übrigen wenig plausibel erscheint, wenn man bedenkt, dass Schönheitspflege auch zu geringen Preisen und insbesondere in Drogerieketten und Supermärkten angeboten wird. Dazu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sie nur hochpreisige Kosmetikartikel vertreibe, und zwar nur über auf kosmetische Produkte und Dienstleistungen spezialisierte Kosmetikinstitute. Wie jedoch in der mündlichen Verhandlung das HABM vorgebracht und die Klägerin eingeräumt hat, kann die Geschäftsstrategie der Klägerin bei der Prüfung der Wahrnehmung des relevanten Publikums nicht berücksichtigt werden; diese Prüfung muss sich vielmehr auf die Waren und Dienstleistungen beziehen, so wie sie im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der fraglichen Marken beschrieben sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 10. November 2011, Esprit International/HABM – Marc O’Polo International [Darstellung eines Buchstabens auf einer Hosentasche], T‑22/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39).

27      Im Rahmen des bildlichen Vergleichs wendet sich die Klägerin gegen die in Randnr. 20 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Beurteilung der Beschwerdekammer. Die Klägerin betont, dass bei relativ kurzen Wortzeichen – wie den hier in Rede stehenden – die Bestandteile in der Mitte ebenso wichtig seien wie diejenigen am Anfang und am Ende des Zeichens. Die einander gegenüberstehenden Zeichen wiesen angesichts der Buchstabenfolge „Y“, „N“ und „I“ in der angemeldeten Gemeinschaftsmarke und „I“, „P“, „T“, „Y“ in der älteren Gemeinschaftsmarke Unterschiede in bildlicher Hinsicht auf.

28      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer die bildliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen im Wesentlichen daraus herleitete, dass sechs der sieben bzw. acht Buchstaben der Zeichen identisch seien und sich nur die Buchstaben „P“, „T“ und „N“ in ihrer Mitte unterschieden (Randnr. 20 der angefochtenen Entscheidung). Wie das HABM vorgetragen hat, ist diese Beurteilung fehlerfrei. Diese bildliche Ähnlichkeit wird nämlich dadurch verstärkt, dass zum einen der Anfangsbuchstabe „D“ und die Endung „que“ identisch sind und sich in beiden Zeichen an gleicher Stelle befinden und zum anderen den Zeichen sechs Buchstaben gemeinsam sind, wobei nur die Position der Buchstaben „Y“ und „I“ vertauscht ist. Unter diesen Umständen vermag entgegen den Ausführungen der Klägerin der sich allein aus den Buchstaben „P“, „T“ und „N“ in der Mitte der Zeichen ergebende Unterschied nichts daran zu ändern, dass die Zeichen in ihrer Gesamtheit bildlich ähnlich sind.

29      Die Klägerin rügt ebenso die Beurteilung der klanglichen Zeichenähnlichkeit durch die Beschwerdekammer (Randnr. 21 der angefochtenen Entscheidung). Sie trägt vor, die Zeichen enthielten im Deutschen zwei klanglich völlig unterschiedliche Silben bzw. in den meisten anderen Sprachen der Union drei Silben, die auch völlig unterschiedlich betont würden. Die Klägerin hat in der Klageschrift weiter hervorgehoben, dass im Französischen die Buchstaben „I“ und „Y“ dann nicht identisch ausgesprochen würden, wenn sich der Buchstabe „Y“ zwischen zwei Konsonanten befinde, so wie hier in der Buchstabenfolge „D“, „Y“, „N“ am Anfang der Anmeldemarke. In diesem Fall werde das „Y“ wie ein „Ü“ ausgesprochen. Gleiches treffe auf die Buchstabenfolge „T“, „Y“, „Q“ am Ende der älteren Marke zu. Diese Unterschiede schlössen jede klangliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken aus.

30      Die Beschwerdekammer stellte jedoch in Randnr. 21 der angefochtenen Entscheidung zu Recht fest, dass die Buchstaben „I“ und „Y“ in einem wesentlichen Teil der Union, so insbesondere im Spanischen und Französischen, identisch ausgesprochen werden. So bewirkt insbesondere die Identität der ersten und der letzten Silbe, die wie „di“ und „ik“ ausgesprochen werden, eine ausgeprägte klangliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in ihrer Gesamtheit. Allein der Umstand, dass insbesondere im Deutschen die Buchstaben „I“ und „Y“ manchmal unterschiedlich ausgesprochen werden, kann diese klangliche Wahrnehmung durch einen nicht zu vernachlässigenden Teil der Verbraucher der Union nicht berühren (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Darstellung eines Buchstabens auf einer Hosentasche, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnrn. 118 und 119). Weiter ist das Argument der Klägerin als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen, wonach im Französischen die Buchstaben „I“ und „Y“ nicht identisch ausgesprochen würden, wenn sich der Buchstabe „Y“ zwischen zwei Konsonanten befinde, womit der Buchstabe „I“ wie ein „Ü“ auszusprechen sei; dies hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, wie im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist. Die Beschwerdekammer hat ebenfalls fehlerfrei festgestellt, dass beide Zeichen den starken und deutlich vernehmbaren Vokal „I“ enthielten, während es sich bei den jeweiligen mittleren Buchstaben „P“, „T“ und „N“ nur um stimmlose, bei der Aussprache kaum hörbare Konsonanten handele. Die Beschwerdekammer ist schließlich ebenso zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass eine klangliche Zeichenähnlichkeit vorliege, da die streitigen Zeichen von identischer Länge mit identischer Vokalfolge seien, wodurch Rhythmus und Betonung sehr ähnlich würden.

31      Hinsichtlich des begrifflichen Vergleichs rügt die Klägerin die in Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Begründung. Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass unstreitig das französische Wort „diptyque“ sich auf ein aus zwei Teilen bestehendes Kunstwerk, etwa eine Skulptur, einen Altar oder ein Gemälde, bezieht, während das Wort „Dynique“ in allen Sprachen der Union ohne begriffliche Bedeutung ist. Insoweit wendet sich die Klägerin lediglich zum einen gegen die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung, wonach die meisten maßgeblichen Verbraucher dazu neigten, den Begriff „Diptyque“ als Phantasiewort ohne begriffliche Bedeutung wahrzunehmen, da er die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen nicht beschreibe, und zum anderen gegen den zugrunde gelegten Aufmerksamkeitsgrad dieser Verbraucher, der nach Auffassung der Klägerin besonders hoch ist. Abgesehen davon, dass die Klägerin keinen überzeugenden Beweis dafür beigebracht hat, dass das relevante Publikum eine solche, besonders erhöhte Aufmerksamkeit an den Tag legt (vgl. oben, Randnr. 25), hat sie aber auch nicht nachgewiesen, dass dieses Publikum beim Erwerb kosmetischer Produkte oder Dienstleistungen geneigt sein wird, den Begriff „Diptyque“ in der speziellen technischen Bedeutung aufzufassen, den er im Bereich der Kunst hat. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin im Übrigen eingeräumt, dass dies tatsächlich nicht der Fall ist, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist. In Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung konnte die Beschwerdekammer daher fehlerfrei zu dem Ergebnis gelangen, dass es sich bei den einander gegenüberstehenden Zeichen um Phantasiewörter handelt, die dem Durchschnittsverbraucher keinen begrifflichen Vergleich ermöglichen. Mangels einer aus der Sicht des relevanten Publikums eindeutigen und bestimmten Bedeutung des Wortes „Dyptique“, die es ihm erlaubte, dessen kunstbezogenen Aussagegehalt in der Situation eines solchen Erwerbsgeschäfts unmittelbar zu erfassen, ist dieser begriffliche Unterschied nicht geeignet, die zwischen den Zeichen festgestellten bildlichen und klanglichen Ähnlichkeiten im Sinne der oben in Randnr. 21 angeführten Rechtsprechung zu neutralisieren.

32      Was schließlich die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr angeht, wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, dass ihre in den Randnrn. 23 ff. der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Beurteilung lückenhaft sei. Abgesehen davon, dass die Beschwerdekammer den besonders hohen Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise bei Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 44 außer Acht gelassen habe, habe sie nicht hinreichend berücksichtigt, dass die ältere Marke nur über eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft verfüge. So stelle das Wort „Diptyque“ eine rein beschreibende Angabe dar, die im Französischen, Englischen und Deutschen insbesondere „zweiteilige Schreibtafel“ bedeute, was im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch die Beschwerdekammer keine Berücksichtigung gefunden habe. Die schwache Kennzeichnungskraft der älteren Marke werde dadurch bestätigt, dass es unzählige ähnlich gebildete Marken und Wörter gebe, die auf das französische Suffix „ique“ endeten. Dieses sehr geläufige Suffix sei als Markenbestandteil nicht geeignet, eine Ähnlichkeit zwischen Marken zu begründen, weil dies eine übermäßige Ausschließlichkeit bewirkte, noch könne es als das dominierende Element einer Marke angesehen werden, das die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auf sich lenke.

33      Insoweit genügt die Feststellung, dass angesichts der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 44 des Nizzaer Abkommens sowie der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr besteht.

34      Die Klägerin hat keinen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt vorgetragen, der das Ergebnis in Frage stellen könnte, zu dem die Beschwerdekammer in Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung gelangt ist. So kann die Klägerin sich weder erneut auf ihr vages und unbegründetes Argument stützen, dass die Beschwerdekammer einen besonders hohen Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise hätte berücksichtigen müssen (vgl. oben, Randnr. 25), noch geltend machen, dass die Beschwerdekammer die äußerst geringe Kennzeichnungskraft oder gar den beschreibenden Charakter der älteren Marke nicht hinreichend geprüft habe. Insoweit lässt die Klägerin zum einen die Tatsache außer Betracht, dass die ältere Marke unabhängig von ihrem spezifischen kunstbezogenen Aussagegehalt die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen nicht beschreibt (vgl. oben, Randnr. 31). Zum anderen macht die Klägerin in diesem Zusammenhang zu Unrecht geltend, dass die ältere Marke deshalb eine geringe Kennzeichnungskraft habe, weil sie, wie im Übrigen auch die Anmeldemarke, auf das französische Suffix „ique“ ende. Dieser Umstand ist nämlich allein nicht geeignet, die Feststellung in Frage zu stellen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen infolge des durch sie hervorgerufenen Gesamteindrucks, der die Ähnlichkeit ihrer jeweiligen Endungen „yque“ und „ique“ einschließt, eine Verwechslungsgefahr besteht.

35      Nach alledem gelangte die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken eine Verwechslungsgefahr vorliegt.

36      Die Klage ist daher als unbegründet abzuweisen.

 Kosten

37      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

38      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr, wie vom HABM beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Marlies Hartmann-Lamboy trägt die Kosten.

Azizi

Frimodt Nielsen

O’Higgins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Februar 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.