Language of document : ECLI:EU:T:2023:830

URTEIL DES GERICHTS (Erste erweiterte Kammer)

20. Dezember 2023(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen – Einfrieren von Geldern – Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden – Beschränkungen der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten – Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten Beschränkungen unterliegt – Aufnahme des Namens des Klägers in die Listen und Belassung auf den Listen – Begriff ‚führende Geschäftsleute‘ – Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145/GASP – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Beurteilungsfehler – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung – Eigentumsrecht – Unternehmerische Freiheit – Recht auf Achtung des Privatlebens – Anwendung von Einreisebeschränkungen auf einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats – Freizügigkeit der Unionsbürger“

In der Rechtssache T‑313/22,

Roman Arkadyevich Abramovich, wohnhaft in Nemchinovo (Russland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Bontinck, Rechtsanwältin A. Guillerme, Rechtsanwalt S. Bonifassi, Rechtsanwältinnen M. Brésart, L. Burguin, J. Goffin und J. Bastien, Rechtsanwalt R. Lööf und C. Zatschler, SC,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und M.‑C. Cadilhac als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch J.‑F. Brakeland, C. Giolito, L. Puccio und M. Carpus Carcea als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann sowie der Richter V. Valančius und R. Mastroianni (Berichterstatter), der Richterin M. Brkan sowie des Richters I. Gâlea,

Kanzler: H. Eriksson, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens, insbesondere

–        der am 25. Mai 2022 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

–        der Entscheidung vom 16. August 2022, mit der die Kommission als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden ist,

–        der am 24. November 2022, am 23. März 2023 und am 17. Mai 2023 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Anpassungsschriftsätze,

auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2023,

nach Ausscheiden des Richters V. Valančius aus dem Dienst am 26. September 2023 gemäß Art. 22 und Art. 24 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage begehrt der Kläger, Herr Roman Arkadyevich Abramovich, zum einen nach Art. 263 AEUV die Nichtigerklärung erstens des Beschlusses (GASP) 2022/429 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2022, L 87 I, S. 44), und der Durchführungsverordnung (EU) 2022/427 des Rates vom 15. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2022, L 87 I, S. 1) (im Folgenden zusammen: die ursprünglichen Rechtsakte), zweitens des Beschlusses (GASP) 2022/1530 des Rates vom 14. September 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2022, L 239, S. 149), und der Durchführungsverordnung (EU) 2022/1529 des Rates vom 14. September 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2022, L 239, S. 1) (im Folgenden zusammen: die Fortsetzungsrechtsakte von September 2022), drittens des Beschlusses (GASP) 2023/572 des Rates vom 13. März 2023 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2023, L 75 I, S. 134), und der Durchführungsverordnung (EU) 2023/571 des Rates vom 13. März 2023 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2023, L 75 I, S. 1) (im Folgenden zusammen: die Fortsetzungsrechtsakte von März 2023), und viertens des Beschlusses (GASP) 2023/811 des Rates vom 13. April 2023 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2023, L 101, S. 67), und der Durchführungsverordnung (EU) 2023/806 des Rates vom 13. April 2023 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2023, L 101, S. 1) (im Folgenden zusammen: die Fortsetzungsrechtsakte von April 2023 und zusammen mit den Fortsetzungsrechtsakten von September 2022 und März 2023: die Fortsetzungsrechtsakte), soweit diese Rechtsakte (im Folgenden zusammen: angefochtene Rechtsakte) ihn betreffen; zum anderen begehrt der Kläger nach Art. 268 AEUV den Ersatz des Schadens, den er infolge des Erlasses der ursprünglichen Rechtsakte erlitten habe.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Der Kläger ist ein Geschäftsmann russischer, israelischer und portugiesischer Staatsangehörigkeit.

3        Am 17. März 2014 erließ der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2014, L 78, S. 16). Am selben Tag erließ er auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV die Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2014, L 78, S. 6).

4        Am 21. Februar 2022 unterzeichnete der Präsident der Russischen Föderation ein Dekret, mit dem die selbstproklamierte Unabhängigkeit und Souveränität der „Volksrepublik Donezk“ und der „Volksrepublik Lugansk“ anerkannt wurde, und ordnete die Entsendung russischer Streitkräfte in diese Gebiete an.

5        Am 22. Februar 2022 veröffentlichte der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik im Namen der Europäischen Union eine Erklärung, mit der diese Handlungen verurteilt wurden, da sie einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht darstellten. Er kündigte an, dass die Union auf diese jüngsten Verstöße der Russischen Föderation reagieren werde, indem sie so schnell wie möglich zusätzliche restriktive Maßnahmen erlassen werde.

6        Am 23. Februar 2022 erließ der Rat eine erste Reihe restriktiver Maßnahmen. Diese betrafen erstens Beschränkungen der Wirtschaftsbeziehungen zu den nicht von der Regierung kontrollierten Regionen Donezk und Lugansk, zweitens Beschränkungen des Zugangs zum Kapitalmarkt, insbesondere durch das Verbot von Finanzierungen für die Russische Föderation, ihre Regierung und ihre Zentralbank, und drittens die Aufnahme von Regierungsmitgliedern, Banken, Geschäftsleuten und Generälen sowie von 336 Mitgliedern der Gosudarstvennaya Duma Federal’nogo Sobrania Rossiskoï Federatsii (Staatsduma der Föderationsversammlung der Russischen Föderation) in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt werden.

7        Am 24. Februar 2022 kündigte der Präsident der Russischen Föderation eine Militäroperation in der Ukraine an, und am selben Tag griffen russische Streitkräfte die Ukraine an mehreren Stellen des Landes an.

8        Am 25. Februar 2022 erließ der Rat eine zweite Reihe restriktiver Maßnahmen. Dabei handelte es sich erstens um individuelle Maßnahmen gegen Politiker und Geschäftsleute, die an der Untergrabung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine beteiligt waren. Zweitens handelte es sich um restriktive Maßnahmen in den Bereichen Finanzen, Verteidigung, Energie, Luft- und Raumfahrtindustrie und drittens um Maßnahmen, mit denen die Anwendung einiger Bestimmungen des Abkommens über Erleichterungen für bestimmte Gruppen von Antragstellern der Russischen Föderation für Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt ausgesetzt wurde.

9        Am selben Tag erließ der Rat angesichts der sehr ernsten Lage in der Ukraine zum einen den Beschluss (GASP) 2022/329 zur Änderung des Beschlusses 2014/145 (ABl. 2022, L 50, S. 1) und zum anderen die Verordnung (EU) 2022/330 zur Änderung der Verordnung Nr. 269/2014 (ABl. 2022, L 51, S. 1), um insbesondere die Kriterien zu ändern, nach denen natürliche oder juristische Personen, Einrichtungen oder Organisationen den betreffenden restriktiven Maßnahmen unterworfen werden konnten. Nach dem elften Erwägungsgrund des Beschlusses 2022/329 war der Rat der Ansicht, dass die Kriterien für die Benennung dahin gehend geändert werden sollten, dass Personen und Organisationen einbezogen werden, die die russische Regierung unterstützen oder von ihr profitieren, und Personen und Organisationen, die eine wesentliche Einnahmequelle für sie darstellen, sowie natürliche oder juristische Personen, die mit auf der Liste stehenden Personen oder Organisationen verbunden sind.

10      Art. 2 Abs. 1 und 2 des Beschlusses 2014/145 sieht in der durch den Beschluss 2022/329 geänderten Fassung vor:

„(1)      Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum stehen oder gehalten oder kontrolliert werden von:

d)      natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die russische Entscheidungsträger, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind, materiell oder finanziell unterstützen oder von diesen profitieren;

g)      führenden Geschäftsleuten oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist, darstellen,

… werden eingefroren.

(2)      Den im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.“

11      Die Modalitäten dieses Einfrierens von Geldern werden in Art. 2 Abs. 3 bis 6 des Beschlusses 2014/145 in der geänderten Fassung festgelegt.

12      Art. 1 Abs. 1 Buchst. b und e des Beschlusses 2014/145 verbietet in der geänderten Fassung natürlichen Personen, die Kriterien entsprechen, die im Wesentlichen mit den in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und g dieses Beschlusses aufgeführten identisch sind, die Einreise in oder die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten.

13      Die Verordnung Nr. 269/2014 in der durch die Verordnung 2022/330 geänderten Fassung sieht den Erlass von Maßnahmen des Einfrierens von Geldern vor und regelt die Modalitäten dieses Einfrierens im Wesentlichen wortgleich mit dem geänderten Beschluss 2014/145. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a bis g dieser Verordnung in der geänderten Fassung übernimmt nämlich im Wesentlichen Art. 2 Abs. 1 Buchst. a bis g des genannten Beschlusses.

14      In diesem Zusammenhang nahm der Rat mit den ursprünglichen Rechtsakten den Namen des Klägers in die im Anhang des Beschlusses 2014/145 in der geänderten Fassung und in Anhang I der Verordnung Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung aufgeführten Listen der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen, Organisationen und Einrichtungen (im Folgenden: betreffende Listen) auf.

15      Die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die betreffenden Listen sind folgende:

„[Der Kläger] ist ein russischer Oligarch mit langjährigen und engen Verbindungen zu Vladimir Putin. Er hat einen privilegierten Zugang zum Präsidenten und unterhält sehr gute Beziehungen zu ihm. Seine Verbindungen zum russischen Präsidenten halfen ihm, sein beträchtliches Vermögen zu sichern. Er ist Großaktionär des Stahlkonzerns Evraz Group, einem der größten Steuerzahler Russlands.

Dadurch hat er von russischen Entscheidungsträgern profitiert, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind. Er gehört auch zu den führenden russischen Geschäftsleuten, die in Bereichen der Wirtschaft tätig sind, die der Regierung der Russischen Föderation, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist, als wichtige Einnahmequelle dienen.“

16      Am 16. März 2022 veröffentlichte der Rat im Amtsblatt der Europäischen Union eine Mitteilung an die Personen, Organisationen und Einrichtungen, die den restriktiven Maßnahmen nach dem Beschluss 2014/145, geändert durch den Beschluss 2022/429, und nach der Verordnung Nr. 269/2014, durchgeführt durch die Durchführungsverordnung 2022/427, unterliegen (ABl. 2022, C 121 I, S. 1). In dieser Mitteilung wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass die betreffenden Personen beim Rat unter Vorlage von entsprechenden Nachweisen die Überprüfung des Beschlusses, sie in die Listen im Anhang der genannten Rechtsakte aufzunehmen, beantragen konnten.

17      Mit Schreiben vom 13. April 2022 übermittelte der Rat dem Kläger die Informationen aus der Beweisakte mit dem Aktenzeichen WK 3624/2022 vom 12. März 2022 (im Folgenden: erste WK-Akte), auf die der Rat seine Entscheidung gestützt hatte.

18      Am 25. Mai 2022 stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung der ursprünglichen Rechtsakte.

 Ereignisse nach Klageerhebung

19      Am 14. September 2022 erließ der Rat die Fortsetzungsrechtsakte von September 2022, mit denen die gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen bis zum 15. März 2023 verlängert wurden. In diesen Rechtsakten begründete der Rat die Verlängerung der genannten Maßnahmen, indem er die gesamte Begründung der ursprünglichen Rechtsakte wieder aufgriff.

20      Mit Schreiben vom 22. Dezember 2022, dem die Beweisakte vom 15. Dezember 2022 mit dem Aktenzeichen WK 17693/2022 (im Folgenden: zweite WK-Akte) beigefügt war, teilte der Rat dem Kläger mit, dass er eine Verlängerung der gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen beabsichtige, und forderte ihn auf, sich dazu zu äußern.

21      Mit Schreiben vom 19. Januar 2023 nahm der Kläger zu den neuen Beweisen Stellung.

22      Mit den Fortsetzungsrechtsakten von März 2023 wurden die gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen bis zum 15. September 2023 verlängert. Mit Schreiben vom 14. März 2023 setzte der Rat den Kläger von seinem Beschluss in Kenntnis.

23      Mit den Fortsetzungsrechtsakten von April 2023 wurde eine Änderung in einigen Sprachfassungen der den Kläger betreffenden Begründung sowie im Abschnitt „Angaben zur Identifizierung“ über den Kläger vorgenommen.

24      Die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die betreffenden Listen wurden in den Fortsetzungsrechtsakten von April 2023 wie folgt geändert:

„[Der Kläger] ist ein russischer Oligarch mit langjährigen und engen Verbindungen zu Vladimir Putin. Er hat einen privilegierten Zugang zum Präsidenten und unterhält sehr gute Beziehungen zu ihm. Seine Verbindungen zum russischen Präsidenten halfen ihm, sein beträchtliches Vermögen zu sichern. Er ist Großaktionär des Stahlkonzerns Evraz Group, einem der größten Steuerzahler Russlands.

Dadurch hat er von russischen Entscheidungsträgern profitiert, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind. Er gehört auch zu den führenden russischen Geschäftsleuten, die in Bereichen der Wirtschaft tätig sind, die der Regierung der Russischen Föderation, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist, als wichtige Einnahmequelle dienen.“

25      Mit Schreiben vom 11. Mai 2023 teilte der Rat dem Kläger als Antwort auf ein Schreiben des Klägers vom 4. Mai 2023 die Gründe für die genannte Änderung mit.

 Anträge der Parteien

26      Der Kläger beantragt,

–        die angefochtenen Rechtsakte, soweit sie ihn betreffen, für nichtig zu erklären;

–        den Rat als Ersatz für den entstandenen immateriellen Schaden zur Zahlung von vorläufig 1 Mio. Euro an die im Rahmen des Verkaufs des FC Chelsea neu zu gründende gemeinnützige Stiftung zugunsten von Kriegsopfern zu verurteilen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

27      Der Rat, unterstützt durch die Europäische Kommission, beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

28      Der Kläger stützt seine Nichtigkeitsklage auf vier Klagegründe, mit denen er ausdrücklich erstens einen „Verstoß gegen das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und die Begründungspflicht“, zweitens einen „offensichtlichen Beurteilungsfehler“, drittens einen „Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit“ und viertens einen „Verstoß gegen die Grundrechte“ geltend macht. Darüber hinaus macht er geltend, dass ihm durch das rechtswidrige Verhalten des Rates ein Schaden entstanden sei, der ersetzt werden müsse. Im Rahmen seiner ersten beiden Anpassungsschriftsätze bezieht sich das klägerische Vorbringen außerdem auf eine „Verletzung der Verteidigungsrechte“ und die „Missachtung der Pflicht des Rates zur Überprüfung im Rahmen des Erlasses der Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 und März 2023“; dieses Vorbringen knüpft im Wesentlichen an den ersten Klagegrund an, so dass es als Teil dieses Klagegrundes geprüft werden wird.

 Zum Antrag auf Nichtigerklärung

 Zum ersten Klagegrund

29      Der erste Klagegrund lässt sich im Wesentlichen in zwei Teile untergliedern, von denen der erste die „Verletzung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und der Begründungspflicht“ betrifft und der zweite aus dem Vorbringen des Klägers im Rahmen der ersten beiden Anpassungsschriftsätze besteht, die sich speziell gegen die Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 und März 2023 richten.

–       Zum ersten Teil: „Verletzung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und der Begründungspflicht“

30      Der Kläger macht geltend, dass die vom Rat zur Verfügung gestellten Informationen es ihm nicht ermöglichten, sich angemessen zu verteidigen. Insbesondere wirft er dem Rat vor, die Art und den Umfang der „Verbindungen“ oder „Beziehungen“ zu Präsident Putin nicht näher erläutert zu haben.

31      Der Rat habe ihm keine zuverlässigen und glaubwürdigen Informationen übermittelt, mit denen er die Gründe für die Aufnahme seines Namens in die betreffenden Listen und dessen Belassung auf den Listen sowie die individuellen, spezifischen und konkreten Gründe, derentwegen der Rat die angefochtenen Rechtsakte als gerechtfertigt angesehen habe, hätte überprüfen können.

32      In diesem Zusammenhang weist der Kläger darauf hin, dass die in der Akte befindlichen Beweisstücke, die lediglich aus Presseartikeln oder Auszügen und Screenshots von Internetseiten bestünden, nicht geeignet seien, eine wie auch immer geartete Unterstützungshandlung oder einen wie auch immer gearteten durch Präsident Putin erlangten Vorteil festzustellen.

33      Darüber hinaus wirft der Kläger dem Rat vor, dass dieser die russischen Entscheidungsträger nicht namhaft gemacht habe, von denen er profitiert haben soll.

34      Zudem werde ihm durch die Behauptungen des Rates die Pflicht auferlegt, Negativbeweise zu erbringen, wodurch die Beweislast umgekehrt werde.

35      In der Erwiderung führt der Kläger aus, es gebe keine aktuelle Tatsachengrundlage für den Erlass der betreffenden restriktiven Maßnahmen. Ferner habe der Rat den Kontext und die Umstände des Falls nicht berücksichtigt, da er nicht auf ein Bündel von hinreichend konkreten, genauen und übereinstimmenden Indizien verwiesen habe, die eine hinreichende Verbindung zwischen ihm und den „bekämpften Situationen“ herstellten, nämlich den Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergrüben oder bedrohten.

36      In den Anpassungsschriftsätzen macht der Kläger geltend, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass er in Bezug auf den Stahlkonzern Evraz (im Folgenden: Evraz) aufgrund seiner Stellung als Aktionär der Muttergesellschaft einen Einfluss auf die mit den restriktiven Maßnahmen bekämpften Situationen ausüben könne. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass der Rat sich nicht mehr auf die dem Schreiben vom 22. Dezember 2022 beigefügten Beweisstücke stütze, die sich allgemein auf die Geschäftsbeziehungen von Evraz und insbesondere auf die Verträge bezögen, die deren Tochtergesellschaften mit der Nationalgarde der Russischen Föderation geschlossen haben sollen. Zudem seien die in der zweiten WK-Akte enthaltenen Beweisstücke, obwohl sie zu einem großen Teil aus der Zeit vor den Fortsetzungsrechtsakten von September 2022 stammten, bei deren Erlass nicht angeführt worden.

37      Der Rat tritt, unterstützt von der Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

38      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt das in Art. 47 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) niedergelegte Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, dass der Betroffene Kenntnis von den Gründen, auf denen die ihm gegenüber ergangene Entscheidung beruht, erlangen kann, und zwar entweder durch das Studium der Entscheidung selbst oder durch eine auf seinen Antrag hin erfolgte Mitteilung dieser Gründe (vgl. Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Die in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehene Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts, die aus dem Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte folgt, dient dem Zweck, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 49 und 50, und vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Die nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta vorgeschriebene Begründung muss der Natur des fraglichen Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt dieses Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen insbesondere weder alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden noch muss auf die Erwägungen des Betroffenen bei seiner Anhörung vor Erlass des Rechtsakts im Einzelnen eingegangen werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteile vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Somit ist ein beschwerender Rechtsakt zum einen hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen. Zum anderen müssen die an die Genauigkeit der Begründung eines Rechtsakts zu stellenden Anforderungen den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen der Rechtsakt zu ergehen hat (vgl. Urteil vom 27. Juli 2022, RT France/Rat, T‑125/22, EU:T:2022:483, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Nach der Rechtsprechung muss überdies in der Begründung eines Rechtsakts des Rates, mit dem eine restriktive Maßnahme verhängt wird, nicht nur die Rechtsgrundlage dieser Maßnahme genannt werden, sondern es müssen auch die besonderen und konkreten Gründe angegeben werden, aus denen der Rat es in Ausübung seines Ermessens für angebracht hielt, den Betroffenen einer solchen Maßnahme zu unterwerfen (vgl. Urteil vom 27. Juli 2022, RT France/Rat, T‑125/22, EU:T:2022:483, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Stichhaltigkeit der Gründe zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung eines Rechtsakts soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen dieser Rechtsakt beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit des Rechtsakts, nicht aber dessen Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, zureichend sein kann (vgl. Urteil vom 5. November 2014, Mayaleh/Rat, T‑307/12 und T‑408/13, EU:T:2014:926, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Gleiche gilt für die Unterscheidung zwischen der Frage der Begründung und der des Nachweises des vorgeworfenen Verhaltens, die ebenfalls zur materiellen Rechtmäßigkeit des fraglichen Rechtsakts gehört und bei der zu prüfen ist, ob die in diesem Rechtsakt angegebenen Tatsachen zutreffen und als Umstände einzustufen sind, die die Anwendung restriktiver Maßnahmen gegen die betreffende Person rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Chyzh u. a./Rat, T‑276/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:748, Rn. 111 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Zunächst bezieht sich, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, sein Vorbringen zur Richtigkeit und zur fehlenden Aktualität der Angaben in den Aufnahmegründen sowie zum Inhalt der zweiten WK-Akte auf die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte und betrifft nicht die Frage, ob für sie eine Begründung vorliegt oder ob diese hinreichend ist. Gleiches gilt für sein Vorbringen zur angeblichen Umkehr der Beweislast, das sich auf die Frage der Stichhaltigkeit der Begründung bezieht.

45      Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass der allgemeine Kontext, der den Rat dazu veranlasst hat, die betreffenden restriktiven Maßnahmen zu erlassen, in den Erwägungsgründen der angefochtenen Rechtsakte klar dargelegt wird, in denen insbesondere auf die grundlose und ungerechtfertigte militärische Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine verwiesen wird. Ebenso werden die Rechtsgrundlagen, auf deren Basis die genannten Rechtsakte erlassen wurden, nämlich Art. 29 EUV und Art. 215 AEUV, eindeutig angegeben. Die Begründung der angefochtenen Rechtsakte ist die oben unter den Rn. 14 und 24 genannte. Somit waren dem Kläger der Kontext und die Umstände, unter denen die genannten Rechtsakte erlassen wurden, wohlbekannt.

46      Zweitens ergibt sich aus der Begründung der angefochtenen Rechtsakte hinreichend deutlich, dass der Rat den Namen des Klägers in die betreffenden Listen aufgenommen hat, indem er sich auf zwei Kriterien stützte, die in den Gründen für die Aufnahme ausdrücklich genannt werden, nämlich die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und g des Beschlusses 2014/145 in seiner geänderten Fassung genannten Kriterien (im Folgenden: unter Buchst. d genanntes Kriterium bzw. unter Buchst. g genanntes Kriterium) (siehe oben, Rn. 10), was der Kläger im Übrigen nicht bestreitet.

47      Drittens konnte der Kläger den oben unter den Rn. 15 und 24 genannten Gründen für die Aufnahme entnehmen, dass sein Name u. a. deshalb in die betreffenden Listen aufgenommen und dort belassen wurde, weil er enge und langjährige Verbindungen zu Präsident Putin unterhielt, die ihm unabhängig von ihrer Art dabei halfen, sich einen beträchtlichen Reichtum zu sichern, weswegen er von russischen Entscheidungsträgern profitiert habe, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich seien. Darüber hinaus wird der Kläger als einer der Hauptaktionäre der Muttergesellschaft von Evraz identifiziert, wobei Letztere zu den größten Steuerzahlern Russlands gehört, so dass er als ein führender Geschäftsmann eingeordnet wird, der in einem Wirtschaftssektor tätig ist, der eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation darstellt bzw. ihr als solche dient.

48      In diesem Zusammenhang ist insbesondere hinsichtlich der angeblich vagen und allgemein gehaltenen Bezugnahme auf russische Entscheidungsträger in Übereinstimmung mit dem Rat festzustellen, dass die Begründung dadurch hinreichend genau ausfällt, dass sie auf den „russischen Präsidenten“ im Singular verweist, was ohne Weiteres auf Präsident Putin als denjenigen russischen Entscheidungsträger schließen lässt, von dem der Kläger profitiert habe.

49      Da sich die Gründe für die Aufnahme und das Belassen des Namens des Klägers in die bzw. auf den betreffenden Listen nicht geändert haben, kann der Kläger dem Rat schließlich nicht vorwerfen, dass er in der Begründung der Fortsetzungsrechtsakte nicht auf die Beweise Bezug genommen habe, die er ihm mit Schreiben vom 22. Dezember 2022 übermittelt habe.

50      Aus alledem lässt sich folgern, dass in den angefochtenen Rechtsakten die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, auf die sie sich dem Rat zufolge gründen, rechtlich hinreichend angegeben sind.

51      Daher ist der hier in Rede stehende Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

–       Zum zweiten Teil: „Verletzung der Verteidigungsrechte“ und „Missachtung der Pflicht des Rates zur Überprüfung im Rahmen des Erlasses der Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 und März 2023“

52      Der Kläger wirft dem Rat im Wesentlichen vor, dass er ihm vor Erlass der Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 und März 2023 nicht die Gelegenheit zur Anhörung gegeben habe und dass er auf eine Reihe von Gesichtspunkten und Argumenten, die er vorgebracht habe, nicht substantiiert eingegangen sei.

53      Darüber hinaus wirft der Kläger dem Rat vor, nicht erneut geprüft zu haben, ob die betreffenden restriktiven Maßnahmen gegen ihn aufrechtzuerhalten seien, auf nicht aktuelle Informationen verwiesen zu haben und die seit der Aufnahme seines Namens in die betreffenden Listen geänderten Umstände außer Acht gelassen zu haben, insbesondere hinsichtlich der Rolle, die er bei verschiedenen humanitären Bemühungen und bei der Vermittlung zwischen den Parteien gespielt habe, sowie in Bezug auf Beziehungen zu Präsident Putin.

54      Die Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 und März 2023 wären nach Ansicht des Klägers daher nicht erlassen worden, wenn der Rat die Situation des Klägers erneut geprüft und ihn angehört hätte.

55      Der Rat tritt, unterstützt durch die Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

56      Das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta vorgesehene Recht, in jedem Verfahren gehört zu werden, ist integraler Bestandteil der Wahrung der Verteidigungsrechte und garantiert jeder Person, dass sie die Möglichkeit hat, in einem Verwaltungsverfahren in sachdienlicher und wirksamer Weise ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen nachteilige Entscheidung ergeht (vgl. Urteil vom 27. Juli 2022, RT France/Rat, T‑125/22, EU:T:2022:483, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Im Rahmen eines Verfahrens, das den Erlass der Entscheidung betrifft, insbesondere den Namen einer Person auf einer Liste im Anhang eines Rechtsakts zum Erlass restriktiver Maßnahmen zu belassen, ist es zur Achtung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz erforderlich, dass die zuständige Unionsbehörde der betroffenen Person die dieser Behörde vorliegenden, sie belastenden Informationen, auf die sie ihre Entscheidung stützt, mitteilt, damit diese Person ihre Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen verteidigen und in Kenntnis aller Umstände entscheiden kann, ob es angebracht ist, den Unionsrichter anzurufen. Im Zusammenhang mit dieser Mitteilung muss die zuständige Unionsbehörde diese Person in die Lage versetzen, ihren Standpunkt zu den gegen sie herangezogenen Gründen in sachdienlicher Weise vorzutragen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 111 und 112, und vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d'Iran/Rat, T‑228/02, EU:T:2006:384, Rn. 93).

58      Ob eine Verletzung der Verteidigungsrechte vorliegt, ist anhand der besonderen Umstände jedes Einzelfalls zu prüfen, insbesondere anhand der Natur des betreffenden Rechtsakts, des Kontexts seines Erlasses sowie der Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Das Recht, vor dem Erlass von Rechtsakten, mit denen der Name einer Person oder Organisation auf einer Liste von restriktiven Maßnahmen unterliegenden Personen oder Organisationen belassen wird, gehört zu werden, muss gewahrt werden, wenn der Rat in dem Beschluss, den Namen einer Person auf dieser Liste zu belassen, ihr gegenüber neue Umstände anführt, d. h. solche, die im ursprünglichen Beschluss über ihre Aufnahme in diese Liste nicht enthalten waren (vgl. Urteil vom 12. Februar 2020, Amisi Kumba/Rat, T‑163/18, EU:T:2020:57, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 7. April 2016, Central Bank of Iran/Rat, C‑266/15 P, EU:C:2016:208, Rn. 33).

60      Zunächst ist daran zu erinnern, dass weder die fragliche Regelung noch der allgemeine Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte den Betroffenen ein Recht auf eine förmliche Anhörung verleiht, da die Möglichkeit, schriftliche Erklärungen einzureichen, genügt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 23. Oktober 2008, People's Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, EU:T:2008:461, Rn. 93, und vom 6. September 2013, Bank Melli Iran/Rat, T‑35/10 und T‑7/11, EU:T:2013:397, Rn. 105).

61      Nimmt die betroffene Person zu der Begründung Stellung, ist die zuständige Unionsbehörde mithin verpflichtet, die Stichhaltigkeit der angeführten Gründe im Licht dieser Stellungnahme und der ihr gegebenenfalls beigefügten entlastenden Gesichtspunkte sorgfältig und unparteiisch zu prüfen (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 114).

62      Im vorliegenden Fall hat der Rat in Bezug auf die Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 am 16. März 2022 eine Mitteilung (siehe oben, Rn. 16) an die betroffenen Personen und Organisationen veröffentlicht, in der sie auf die Möglichkeit hingewiesen wurden, vor dem 1. Juni 2022 einen Antrag auf Überprüfung zu stellen. So konnte der Kläger seinen ersten Überprüfungsantrag am 25. Mai 2022 stellen und hatte somit die Möglichkeit, seinen Standpunkt vor dem Erlass der genannten Fortsetzungsrechtsakte darzulegen.

63      Hinsichtlich der Beurteilung dessen, ob die Maßnahmen gegen den Kläger aufrechtzuerhalten sind, hat der Rat in seinem Schreiben vom 15. September 2022 nicht nur auf die in der Klagebeantwortung vorgebrachten Argumente hingewiesen, da die im Überprüfungsantrag des Klägers enthaltenen Ausführungen den in der Klage geltend gemachten Gründen ähnelten, sondern auch einige zusätzliche Klarstellungen zu den Verbindungen des Klägers zu Präsident Putin sowie zu seiner Eigenschaft als Großaktionär von Evraz getätigt, die die Aufrechterhaltung der restriktiven Maßnahmen gegen ihn rechtfertigten. Darüber hinaus konnte der Rat feststellen, dass sich die Umstände nicht geändert hatten, was u. a. dadurch belegt wird, dass die Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 auf der Grundlage derselben Beweise wie die ursprünglichen Rechtsakte erlassen wurden. In dieser Hinsicht kann die Beteiligung des Klägers an karitativen Aktivitäten, humanitären Bestrebungen und Vermittlungsbemühungen angesichts der obigen Ausführungen nicht als eine Änderung der Umstände angesehen werden.

64      Somit hat der Rat nicht gegen die Verpflichtung verstoßen, die Situation des Klägers vor Erlass der Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 erneut zu prüfen.

65      In Bezug auf die Fortsetzungsrechtsakte von März 2023 hat der Rat dem Kläger mit Schreiben vom 22. Dezember 2022 mitgeteilt, dass er beabsichtige, seinen Namen mit der gleichen Begründung auf den betreffenden Listen zu belassen, und ihn zur Stellungnahme aufgefordert; dieser Aufforderung ist der Kläger mit Schreiben vom 19. Januar 2023 nachgekommen.

66      So konnte der Kläger zu den neuen Beweisen Stellung nehmen, die der Rat ihm mit Schreiben vom 22. Dezember 2022 zusammen mit der zweiten WK-Akte übermittelt hatte.

67      Daraus folgt, dass der Rat dem Kläger die neuen Beweise vor Erlass der Fortsetzungsrechtsakte von März 2023 übermittelt hat und der Kläger die Möglichkeit hatte, sich zu diesen zu äußern, bevor die betreffenden restriktiven Maßnahmen gegen ihn aufrechterhalten wurden.

68      Darüber hinaus hat der Rat zwar den zweiten Überprüfungsantrag abgelehnt und beschlossen, die genannten Maßnahmen gegen den Kläger aufrechtzuerhalten, doch vermag dies nicht zu beweisen, dass der Rat seine Verpflichtung zur Überprüfung missachtet hätte. Denn zum einen haben sich die Umstände im Hinblick auf den Erlass der ursprünglichen Rechtsakte nicht geändert, und zum anderen hinderte den Kläger nichts daran, im zweiten Überprüfungsantrag neue Beweise dafür vorzulegen, dass sich die Umstände seit der Aufnahme seines Namens in die betreffenden Listen geändert hätten. Ferner hat der Rat in dem Schreiben vom 14. März 2023 die Gründe für die Belassung des Namens des Klägers auf den genannten Listen dargelegt, nämlich zum einen seine Tätigkeit als führender Geschäftsmann und zum anderen seine Verbindungen zu Präsident Putin.

69      In Bezug auf das angebliche Fehlen eines substantiierten Eingehens auf bestimmte Argumente des Klägers ist darauf hinzuweisen, dass die Achtung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf rechtliches Gehör zwar verlangen, dass die Unionsorgane der von einer beschwerenden Maßnahme betroffenen Person Gelegenheit geben, ihren Standpunkt sachgerecht zu vertreten, sie aber nicht dazu verpflichtet, diesen Standpunkt zu übernehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juli 2017, Arbuzov/Rat, T‑221/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:478, Rn. 84, und vom 27. September 2018, Ezz u. a./Rat, T‑288/15, EU:T:2018:619, Rn. 330).

70      So kann der alleinige Umstand, dass der Rat nicht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass für die Verlängerung der restriktiven Maßnahmen keine stichhaltigen Gründe gegeben seien, und er es auch nicht für notwendig erachtet hat, angesichts der vom Kläger vorgelegten Stellungnahmen Überprüfungen vorzunehmen, nicht bedeuten, dass er solche Stellungnahmen nicht zur Kenntnis genommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2018, Ezz u. a./Rat, T‑288/15, EU:T:2018:619, Rn. 330 und 331).

71      Schließlich kann das Vorbringen des Klägers, dass die neuen Beweise nicht aktuell seien, insofern zur Stützung des vorliegenden Teils nicht erfolgreich geltend gemacht werden, als damit auf einen Beurteilungsfehler abgestellt wird.

72      In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist der Schluss zu ziehen, dass der Rat seinen Verpflichtungen in Bezug auf die Wahrung des Rechts des Klägers, im Lauf des Verfahrens, das zum Erlass der Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 und März 2023 führte, angehört zu werden, nachgekommen ist. Daher ist dieser Teil und damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: „offensichtlicher Beurteilungsfehler“

73      Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass der Rat keine konkreten, genauen und übereinstimmenden Informationen vortrage, die eine hinreichend gesicherte tatsächliche Grundlage für die Aufnahme seines Namens in die betreffenden Listen und das Belassen auf diesen nach den unter den Buchst. d und g genannten Kriterien darstellen könnten.

74      Der Rat tritt, unterstützt durch die Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

–       Vorbemerkungen

75      Zunächst ist davon auszugehen, dass mit dem zweiten Klagegrund ein Beurteilungsfehler und nicht ein offensichtlicher Beurteilungsfehler gerügt wird. Denn es trifft zwar zu, dass der Rat ein gewisses Ermessen hat, um im Einzelfall festzustellen, ob die rechtlichen Kriterien, auf die die betreffenden restriktiven Maßnahmen gestützt werden, erfüllt sind, doch müssen die Unionsgerichte eine grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit sämtlicher Handlungen der Union gewährleisten (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2022, Ovsyannikov/Rat, T‑714/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:674, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Die durch Art. 47 der Charta gewährleistete Effektivität der gerichtlichen Kontrolle erfordert insbesondere, dass sich der Unionsrichter vergewissert, ob die Entscheidung, mit der restriktive Maßnahmen erlassen oder aufrechterhalten werden, und die eine individuelle Betroffenheit der betroffenen Person oder Organisation begründet, auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der Tatsachen voraus, die in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Begründung angeführt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe beschränkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diese Entscheidung zu stützen – erwiesen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 119, und vom 5. November 2014, Mayaleh/Rat, T‑307/12 und T‑408/13, EU:T:2014:926, Rn. 128).

77      Bei dieser Beurteilung sind die Beweise und Informationen nicht isoliert, sondern in dem Zusammenhang zu prüfen, in dem sie stehen. Denn der Rat genügt der ihm obliegenden Beweislast, wenn er vor dem Unionsrichter auf ein Bündel von Indizien hinweist, die hinreichend konkret, genau und übereinstimmend sind und die Feststellung ermöglichen, dass eine hinreichende Verbindung zwischen der Person oder der Organisation, die einer Maßnahme des Einfrierens ihrer Gelder unterworfen ist, und dem bekämpften Regime oder ganz allgemein den bekämpften Situationen besteht (vgl. Urteil vom 20. Juli 2017, Badica und Kardiam/Rat, T‑619/15, EU:T:2017:532, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 26. Oktober 2022, Ovsyannikov/Rat, T‑714/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:674, Rn. 63 und 66).

78      Im Streitfall ist es Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person oder Organisation vorliegenden Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person oder Organisation, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind. Hierzu braucht der Rat dem Unionsrichter nicht sämtliche Informationen und Beweise vorzulegen, die mit den Gründen zusammenhängen, die in dem Rechtsakt, dessen Nichtigerklärung beantragt wird, angegeben werden. Die vorgelegten Informationen oder Beweise müssen die Gründe stützen, die gegen die betroffene Person oder Organisation vorliegen (Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 121 und 122, und vom 28. November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, C‑280/12 P, EU:C:2013:775, Rn. 67; vgl. auch Urteil vom 1. Juni 2022, Prigozhin/Rat, T‑723/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:317, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79      In diesem Fall ist es Sache des Unionsrichters, die inhaltliche Richtigkeit der vorgetragenen Tatsachen anhand dieser Informationen oder Beweise zu prüfen und deren Beweiskraft anhand der Umstände des Einzelfalls und im Licht etwaiger dazu abgegebener Stellungnahmen, insbesondere der betroffenen Person oder Organisation, zu würdigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 124).

80      Insbesondere in Bezug auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Rechtsakte, mit denen der Name der betroffenen Person auf den betreffenden Listen belassen wird, ist darauf hinzuweisen, dass restriktive Maßnahmen Sicherungscharakter haben und definitionsgemäß vorläufiger Natur sind, so dass ihre Gültigkeit immer von der Fortdauer der tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die ihrem Erlass zugrunde gelegen haben, sowie von der Notwendigkeit abhängig ist, sie zur Erreichung des mit ihnen verbundenen Ziels aufrechtzuerhalten. Insoweit obliegt es dem Rat bei der regelmäßigen Überprüfung dieser restriktiven Maßnahmen, eine aktualisierte Bewertung der Lage vorzunehmen und eine Bilanz der Auswirkungen dieser Maßnahmen zu ziehen, um festzustellen, ob sie es ermöglicht haben, die mit der ursprünglichen Aufnahme der Namen der betreffenden Personen und Einrichtungen in die streitige Liste verfolgten Ziele zu erreichen, oder ob im Hinblick auf diese Personen und Einrichtungen nach wie vor dieselbe Schlussfolgerung gezogen werden kann (vgl. Urteile vom 27. April 2022, Ilunga Luyoyo/Rat, T‑108/21, EU:T:2022:253, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 26. Oktober 2022, Ovsyannikov/Rat, T‑714/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:674, Rn. 67).

81      Es ist dem Rat daher nicht verwehrt, sich zur Rechtfertigung der Belassung des Namens einer Person auf der Liste der Personen und Organisationen, die restriktiven Maßnahmen unterliegen, auf die gleichen Beweise zu stützen, die die erste Aufnahme, die erneute Aufnahme oder die frühere Belassung des Namens des Klägers auf der genannten Liste gerechtfertigt haben, sofern zum einen die Gründe für die Aufnahme unverändert sind und sich zum anderen der Kontext nicht in einer Weise weiterentwickelt hat, dass diese Beweise obsolet geworden wären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. September 2020, Kaddour/Rat, T‑510/18, EU:T:2020:436, Rn. 99). In dieser Hinsicht sind bei der Weiterentwicklung des Kontexts einerseits die Situation des Landes, gegenüber dem das System restriktiver Maßnahmen errichtet wurde, sowie die besondere Situation der betroffenen Person zu berücksichtigen (Urteil vom 26. Oktober 2022, Ovsyannikov/Rat, T‑714/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:674, Rn. 78; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 23. September 2020, Kaddour/Rat, T‑510/18, EU:T:2020:436, Rn. 101), und andererseits alle relevanten Umstände und insbesondere die Erreichung der mit den restriktiven Maßnahmen angestrebten Ziele (Urteil vom 27. April 2022, Ilunga Luyoyo/Rat, T‑108/21, EU:T:2022:253, Rn. 56; vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 12. Februar 2020, Amisi Kumba/Rat, T‑163/18, EU:T:2020:57, Rn. 82 bis 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Im Licht dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob der Rat einen Beurteilungsfehler begangen hat, indem er entschied, den Namen des Klägers in die betreffenden Listen aufzunehmen und dort zu belassen, wobei zunächst die Anwendung des unter Buchst. g genannten Kriteriums auf den Kläger zu prüfen ist.

–       Zur Anwendung des unter Buchst. g genannten Kriteriums auf den Kläger

83      Der Kläger bestreitet generell, dass die Tatsache, dass er Großaktionär von Evraz sei, einen wesentlichen Beitrag zu den Steuereinnahmen der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Annexion der Krim und der Destabilisierung der Ukraine oder enge Verbindungen zur russischen Regierung implizieren könne.

84      Erstens stelle Evraz keine bedeutende Einnahmequelle für die Russische Föderation dar, da die von Evraz gezahlten Steuern dem regionalen Haushalt zugewiesen würden, der vom föderalen Haushalt unabhängig sei.

85      Zweitens hebt der Kläger die negativen Auswirkungen hervor, die die Handlungen der russischen Regierung in der Ukraine auf Evraz gehabt hätten.

86      Drittens besitze er nur 28,64 % des Grundkapitals der Muttergesellschaft von Evraz, was ihm weder die Eigenschaft eines Mehrheitsaktionärs noch die Möglichkeit verleihe, die Geschäfte der Gesellschaft zu bestimmen.

87      Viertens sei Evraz nicht nur in Russland, sondern auch in den Vereinigten Staaten und Kanada sowie in der Tschechischen Republik und in Kasachstan tätig.

88      Fünftens seien seine persönlichen Steuerzahlungen in Russland nicht erheblich, weshalb er für die Russische Föderation nicht als wichtiger Steuerzahler angesehen werden könne. In diesem Zusammenhang beanstandet er die Anwendung des Kriteriums des „Wirtschaftssektors“, das bei der Bestimmung der wesentlichen Einnahmequelle diskriminierend sei. Zudem sei die Tatsache, dass Evraz der Stahllieferant der staatlichen Eisenbahngesellschaft sei, nicht ausschlaggebend für den Nachweis einer wesentlichen Einnahmequelle für die russische Regierung.

89      Sechstens und letztens bestreitet der Kläger, dass er ein „führender Geschäftsmann“ in Russland sei, und weist darauf hin, dass sein Vermögen größtenteils außerhalb Russlands investiert worden sei, nämlich insbesondere in Israel, Großbritannien, den Vereinigten Staaten und Kanada, und dass er sich darüber hinaus als anerkannter Philanthrop ausgezeichnet habe, dessen Wohltätigkeitsarbeit sich über alle Länder erstrecke, in denen er tätig sei.

90      Der Rat tritt, unterstützt durch die Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

91      Im vorliegenden Fall beruht die den Kläger betreffende Begründung, die sich auf das unter Buchst. g genannte Kriterium bezieht, darauf, dass er als Großaktionär bzw. einer der Hauptaktionäre von Evraz, einem der größten Steuerzahler Russlands, ein führender Geschäftsmann sei, der in Wirtschaftssektoren tätig sei, die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation darstellten bzw. ihr als solche dienten.

92      Das unter Buchst. g genannte Kriterium verwendet den Begriff „führende Geschäftsleute“ in Verbindung mit der Ausübung einer „[Tätigkeit] in Wirtschaftssektoren …, die eine wesentliche Einnahmequelle für die [russische] Regierung … darstellen“, ohne weitere Bedingungen bezüglich einer direkten oder indirekten Verbindung zu dieser Regierung aufzustellen. Denn der Zweck, der mit diesem Kriterium verfolgt wird, besteht darin, größtmöglichen Druck auf die russischen Behörden auszuüben, damit sie ihre Handlungen und ihre Politiken, die die Ukraine destabilisieren, sowie den militärischen Angriff auf dieses Land beenden.

93      In dieser Hinsicht besteht ein logischer Zusammenhang einerseits zwischen der Ausrichtung auf führende Geschäftsleute in Wirtschaftssektoren, die eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellen, und andererseits dem verfolgten Ziel der betreffenden restriktiven Maßnahmen, das insbesondere darin besteht, den Druck auf die Russische Föderation zu erhöhen und die Kosten für ihre Handlungen zur Untergrabung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine in die Höhe zu treiben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2018, Rosneft u. a./Rat, T‑715/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:544, Rn. 157 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94      Jedoch lassen weder die Erwägungsgründe noch die Bestimmungen des Beschlusses 2014/145 in der geänderten Fassung und der Verordnung Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung darauf schließen, dass es dem Rat obläge, enge Verbindungen oder eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen der Person, deren Name auf den betreffenden Listen steht, und der russischen Regierung oder ihren Handlungen nachzuweisen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben.

95      Einer solchen Auslegung stünde nicht nur der Wortlaut des unter Buchst. g genannten Kriteriums entgegen, sondern auch das damit verfolgte Ziel.

96      Denn zum einen ist im Hinblick auf den Wortlaut des unter Buchst. g genannten Kriteriums davon auszugehen, dass die erfassten Personen aufgrund ihrer Bedeutung in dem Wirtschaftssektor, in dem sie tätig sind, und in Anbetracht der Bedeutung, die dieser Sektor für die russische Wirtschaft hat, als führend betrachtet werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2018, Rosneft u. a./Rat, T‑715/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:544, Rn. 157 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist der Begriff „führende Geschäftsleute“ so zu verstehen, dass er auf deren Bedeutung abstellt, und zwar je nach Fall im Hinblick auf ihren beruflichen Status, auf die Bedeutsamkeit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten, auf das Ausmaß ihres Besitzes an Kapital oder auf ihre Funktionen innerhalb eines oder mehrerer Unternehmen, in denen sie diese Tätigkeiten ausüben.

97      Zum anderen besteht das Ziel der fraglichen restriktiven Maßnahmen nicht darin, bestimmte Personen oder Organisationen aufgrund ihrer Verbindung zur Lage in der Ukraine oder ihrer Verbindungen zur russischen Regierung mit Sanktionen zu belegen, sondern, wie oben in Rn. 93 dargelegt, darin, größtmöglichen Druck auf die russischen Behörden auszuüben, damit diese ihre Handlungen und ihre Politik, die die Ukraine destabilisieren, beenden, sowie darin, die Kosten für die Handlungen der russischen Föderation zur Untergrabung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine in die Höhe zu treiben und die Beendigung der Krise zu fördern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juli 2022, RT France/Rat, T‑125/22, EU:T:2022:483, Rn. 163 und die dort angeführte Rechtsprechung).

98      Schließlich ist das unter Buchst. g genannte Kriterium so auszulegen, dass es zum einen auf „führende Geschäftsleute“ in dem oben in Rn. 96 dargelegten Sinne anzuwenden ist und dass zum anderen die Wirtschaftssektoren, in denen diese Personen tätig sind, eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellen müssen.

99      Die Stichhaltigkeit der in den angefochtenen Rechtsakten zugrunde gelegten Gründe muss daher anhand dieser Auslegung des unter Buchst. g genannten Kriteriums beurteilt werden.

100    Da im vorliegenden Fall diese Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die betreffenden Listen und für das Belassen auf diesen unverändert geblieben sind, ist es nicht erforderlich, zwischen den ursprünglichen Rechtsakten einerseits und den Fortsetzungsrechtsakten andererseits zu unterscheiden, weil sich die Überprüfung der in der Begründung sowie in den Beweisen aus der ersten und zweiten WK-Akte angegebenen Informationen im Wesentlichen auf dieselben tatsächlichen Umstände bezieht.

101    Die Begründung, die hinsichtlich des Klägers in Bezug auf das unter Buchst. g genannte Kriterium zugrunde gelegt worden ist, beruht darauf, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses sowohl der ursprünglichen als auch der Fortsetzungsrechtsakte ein Großaktionär bzw. einer der Hauptaktionäre von Evraz, einem der größten russischen Steuerzahler, war und Evraz u. a. in einem Wirtschaftssektor tätig ist, der eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellt.

102    Aus den Aktenstücken der Rechtssache geht hervor, dass der Kläger unmittelbar 28,64 % des Grundkapitals der Muttergesellschaft von Evraz hält und dass nur drei weitere ihrer Aktionäre eine Beteiligung von mehr als 5 % halten.

103    Obwohl der Kläger bestreitet, dass er ein Großaktionär von Evraz sei und die Geschäfte dieses Konzerns bestimmen oder ihn kontrollieren könne, steht nicht nur fest, dass er einer der größten Aktionäre der Muttergesellschaft von Evraz ist, sondern auch, dass er ihr Hauptaktionär ist, wie aus dem Prospekt der Gesellschaft hervorgeht, den der Kläger zu den Akten gereicht hat.

104    Denn an der Muttergesellschaft von Evraz hält der Kläger den höchsten Anteil an Stimmrechten unter den vier Hauptaktionären, einschließlich seiner selbst; diese halten zusammen 63,35 % dieser Rechte, wobei der Rest des Grundkapitals im Streubesitz ist, und können eine Kontrolle über die Wahl der Direktoren, die Erklärung von Dividenden, die Ernennung der Geschäftsführung und andere politische Entscheidungen der genannten Muttergesellschaft ausüben. In diesem Zusammenhang ist, wie der Rat hervorhebt, zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsrat dieser Muttergesellschaft aus elf Mitgliedern besteht, von denen sechs unabhängige, nicht geschäftsführende Direktoren sind, und dass der Kläger das Recht hat, allein bis zu drei Direktoren zu ernennen. Auch wenn die Beteiligung des Klägers an der fraglichen Muttergesellschaft als bloßer Investor eine Minderheitsbeteiligung darstellt, die es ihm nicht erlaubt, irgendeine Form der Kontrolle über sie auszuüben, ist in jedem Fall festzustellen, dass diese Beteiligung dennoch erheblich ist, insbesondere angesichts der Tatsache, dass Evraz einer der größten russischen Konzerne im Bereich der Stahlindustrie und des Bergbaus ist. Daraus folgt, dass der Kläger als langjähriger Hauptaktionär der betreffenden Muttergesellschaft als führender Geschäftsmann gemäß dem unter Buchst. g genannten Kriterium angesehen werden kann.

105    Insbesondere in Bezug auf die Eigenschaft des Klägers als „führend“ ist klarzustellen, dass für die Kategorie „führende Geschäftsleute“, wie oben in den Rn. 96 und 97 ausgeführt, das unter Buchst. g genannte Kriterium keine engen Verbindungen oder wechselseitige Abhängigkeit mit der russischen Regierung oder dem Präsidenten der Russischen Föderation erfordert. Es ist auch nicht davon abhängig, ob die Entscheidung, die Invasion der Ukraine fortzusetzen, dem Kläger gleichsam zugerechnet werden kann oder ob ein direkter oder indirekter Zusammenhang mit der Annexion der Krim oder der Destabilisierung der Ukraine besteht, so dass das Vorbringen des Klägers, er habe keinen Nutzen aus den Handlungen der russischen Regierung in der Ukraine gezogen, als nicht stichhaltig zurückzuweisen ist.

106    Daraus folgt, dass der Rat zu Recht davon ausging, dass der Kläger insbesondere in Anbetracht seines beruflichen Status, der Bedeutsamkeit seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten, des Ausmaßes seines Besitzes an Evraz-Kapital und namentlich seiner Eigenschaft als Hauptaktionär der Muttergesellschaft der genannten Unternehmensgruppe (siehe oben, Rn. 96) ein führender Geschäftsmann war.

107    Darüber hinaus bestreitet der Kläger im Wesentlichen, dass er in Wirtschaftssektoren tätig sei, die eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung im Sinne des unter Buchst. g genannten Kriteriums darstellten.

108    In dieser Hinsicht ist dem Rat darin zu folgen, dass sich entgegen der Ansicht des Klägers die in dem unter Buchst. g genannten Kriterium zu findende Formulierung „die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation … darstellen“ dem Wortlaut nach auf diejenigen Einnahmen bezieht, die von wichtigen Wirtschaftssektoren der Russischen Föderation stammen, und nicht ausschließlich auf die von den führenden Geschäftsleuten entrichteten Steuern. Denn obwohl der Wortlaut des elften Erwägungsgrundes des Beschlusses 2022/329 besagt, dass die Kriterien für die Benennung dahin gehend geändert werden sollten, dass „Personen und Organisationen einbezogen werden, die … eine wesentliche Einnahmequelle für [die Regierung der Russischen Föderation] darstellen“, lässt sich hiermit gleichwohl nicht rechtfertigen, dass das genannte Kriterium in einem Sinne ausgelegt wird, der seinem sehr klaren Wortlaut zuwiderläuft. Zudem würde die vom Kläger vertretene Auslegung mit dem mit fraglichen restriktiven Maßnahmen verfolgten Zweck kollidieren, die Fähigkeit der Russischen Föderation zur Führung ihres Angriffskriegs gegen die Ukraine zu schwächen.

109    Darüber hinaus definieren zwar weder der Beschluss 2014/145 in der geänderten Fassung noch die Verordnung Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung den Begriff „wesentliche Einnahmequelle“; des ungeachtet impliziert indessen die Verwendung des beschreibenden Adjektivs „wesentlich“, das sich auf „Quelle“ bezieht, dass diese Quelle wesentlich und somit nicht vernachlässigbar sein muss.

110    Ferner kann zwar der eigene Beitrag von Evraz zum Haushalt der Russischen Föderation bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung von Evraz hilfreich sein, insbesondere um festzustellen, ob der Hauptaktionär ihrer Muttergesellschaft ein führender Geschäftsmann ist, doch ist dieser Beitrag nicht maßgeblich dafür, ob der Wirtschaftssektor, in dem der Kläger tätig ist, eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellt.

111    Im vorliegenden Fall kann in Bezug auf die Frage, ob der Wirtschaftssektor, in dem der Kläger durch Evraz tätig ist, eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellt, nicht mit Erfolg behauptet werden, dass dies für den Stahl- und Bergbausektor nicht der Fall sei.

112    Denn dass der Stahl- und Bergbausektor solch eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellt, kann aus dem Kontext sowie aus dem Aktenstück Nr. 2 der ersten WK-Akte abgeleitet werden, aus dem hervorgeht, dass dieser Sektor im Jahr 2016 den drittgrößten Wirtschaftssektor in Bezug auf die Steuereinnahmen in Russland bildete und dass unter den 50 größten russischen Steuerzahlern zehn zu diesem Sektor gehörten, darunter auch Evraz. Aus dem genannten Aktenstück geht außerdem hervor, dass die Gesamtsteuerlast der russischen Wirtschaft 2016 zwar sank, die der Steuerzahler dieses Sektors jedoch von 12,4 % auf 12,9 % anstieg.

113    Darüber hinaus ergibt sich aus dem Aktenstück Nr. 10 der ersten WK-Akte sowie aus der vom Kläger zu den Akten gereichten Unternehmensgeschichte von Evraz, dass die Muttergesellschaft dieser Unternehmensgruppe eines der größten vertikal integrierten Stahl- und Bergbauunternehmen der Welt mit zahlreichen Tochtergesellschaften ist.

114    Dies bestätigt auch der vom Kläger zu den Akten gereichte Jahresbericht der Muttergesellschaft von Evraz für das Jahr 2021, in dem die Einnahmen nach Geschäftsbereichen aufgeschlüsselt sind. Aus diesem Bericht geht insbesondere hervor, dass das Stahlgeschäft 12,5 Mrd. US-Dollar (USD) einbrachte, wobei auch die Einnahmen aus diesem Sektor in der Region Nordamerika (in Höhe von 2,3 Mrd. USD) berücksichtigt wurden. Obwohl die genannte Muttergesellschaft in mehreren Sektoren der russischen Wirtschaft tätig ist, machen die Einnahmen allein aus der Stahlindustrie, die in Russland zwischen 2020 und 2021 um 48,3 % gestiegen sind, 66,3 % ihrer Gesamteinnahmen aus. Diesem Bericht zufolge ist die Muttergesellschaft ein „führendes Unternehmen auf den Märkten für Eisenbahnbau und ‑produkte in Russland“. Denn sie hält 28 % der Anteile am russischen Markt für Eisenbahnräder sowie 97 % am Markt für Züge.

115    Ferner geht aus dem Evraz-Prospekt hervor, dass Evraz im Jahr 2018 der viertgrößte Rohstahlproduzent in Russland und der nach Volumen größte Hersteller von Langerzeugnissen für die Bau- und Eisenbahnindustrie in diesem Land und in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) war. Der Jahresbericht der Muttergesellschaft von Evraz für das Jahr 2021 gibt auch an, dass 94,8 % der 71 210 Beschäftigten von Evraz in Russland und der GUS beschäftigt sind.

116    All diese Tatsachen lassen somit zusammen genommen den Schluss zu, dass der betreffende Wirtschaftssektor, d. h. der Stahl- und Bergbausektor, in dem Evraz insbesondere tätig ist, eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellt.

117    Auch wenn als erwiesen unterstellt würde, dass die Steuereinnahmen aus dem Stahl- und Bergbausektor hauptsächlich in die Haushalte der lokalen föderierten Einheiten flössen, ist dieser Umstand unerheblich. Denn angesichts des oben in Rn. 93 genannten Ziels der fraglichen restriktiven Maßnahmen darf der Begriff „Einnahme[n] für [die Regierung der Russischen Föderation]“ nicht so eng ausgelegt werden, dass er sich lediglich auf die Steuereinnahmen bezöge, die dem föderalen Staatshaushalt zugewiesen werden. Im Übrigen ermöglicht es diese Einnahmequelle, auch wenn sie nicht für den föderalen Haushalt bestimmt ist und von der Regierung nicht unmittelbar zur Deckung ihrer Militärausgaben verwendet wird, dieser Regierung jedenfalls bei einer Gesamtbetrachtung, ohne danach zu unterscheiden, ob Einnahmen aus dem föderalen oder aus regionalen Haushalten stammen, mehr Ressourcen für ihre Handlungen zur Untergrabung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine bereitzustellen.

118    Auch das Vorbringen des Klägers zu Umständen, die eher seinen persönlichen Kontext betreffen, nämlich zu seinen humanitären Bemühungen und seiner Rolle in den Friedensverhandlungen, ist als ins Leere gehend zurückzuweisen. Denn solche Faktoren sind bei der Beurteilung dessen, ob die oben in den Rn. 92 bis 97 dargelegten Voraussetzungen des unter Buchst. g genannten Kriteriums im vorliegenden Fall erfüllt sind, irrelevant.

119    Schließlich kann die vom Kläger im Rahmen des zweiten Anpassungsschriftsatzes erhobene Rüge nicht durchgreifen, dem Rat seien, indem er sich auf die in der zweiten WK-Akte enthaltenen Beweisstücke gestützt habe, beim Erlass der Fortsetzungsrechtsakte Fehler unterlaufen, die sich auf Verträge zwischen Tochtergesellschaften von Evraz und der Nationalgarde der Russischen Föderation bezögen sowie darauf, dass es einen Entwurf für ein Kriegswirtschaftsgesetz gebe, das Unternehmen wie Evraz dazu verpflichten werde, Materialien an die Armee zu liefern und Dienstleistungen für sie zu erbringen. Denn in der Bezugnahme des Rates auf diese Beweisstücke liegt kein tragender Grund, und da er sie insofern nicht zur Untermauerung der Fortsetzungsrechtsakte herangezogen hat, als sie nicht direkt mit dem unter Buchst. g genannten Kriterium in Zusammenhang stehen, muss diese Rüge als ins Leere gehend zurückgewiesen werden.

120    Hieraus ist somit zu folgern, dass der Rat ein Bündel hinreichend konkreter, genauer und übereinstimmender Indizien vorgelegt hat, die belegen können, dass der Wirtschaftssektor, in dem der Kläger tätig ist, eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellt.

121    Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Grund für die Aufnahme des Namens des Klägers in die betreffenden Listen, der auf seiner Stellung als führender Geschäftsmann beruht, der in Wirtschaftssektoren tätig ist, die eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellen – was dem unter Buchst. g genannten Kriterium entspricht –, hinreichend belegt ist, so dass im Hinblick darauf der Rat keinen Beurteilungsfehler begangen hat, als er entschied, den Namen des Klägers in die betreffenden Listen aufzunehmen und dann auf diesen zu belassen.

122    Nach der Rechtsprechung kann bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, mit der restriktive Maßnahmen erlassen werden, dann, wenn der Unionsrichter zu der Auffassung gelangt, dass zumindest einer der angeführten Gründe hinreichend präzise und konkret ist, dass er nachgewiesen ist und für sich genommen eine hinreichende Grundlage für diese Entscheidung darstellt, der Umstand, dass dies auf andere der Gründe nicht zutrifft, die Nichtigerklärung der Entscheidung in Anbetracht des präventiven Charakters der genannten Maßnahmen nicht rechtfertigen (vgl. Urteil vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

123    Daher ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die weiteren vom Kläger erhobenen Rügen begründet sind, mit denen die Beurteilung des Rates im Hinblick auf das unter Buchst. d genannte Kriterium in Frage gestellt wird.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit

124    Der dritte Klagegrund gliedert sich in zwei Teile, mit denen zum einen ein Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung und zum anderen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltend gemacht wird.

–       Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung

125    Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass die fraglichen restriktiven Maßnahmen diskriminierend seien. Seiner Ansicht nach hat der Rat erstens das unter Buchst. g genannte Kriterium zu weit ausgelegt, da es Sanktionen gegen alle Geschäftsleute unabhängig von ihrer Herkunft und allein auf der Grundlage dessen ermögliche, dass sie in Russland eine nennenswerte Geschäftstätigkeit ausübten oder ausgeübt hätten und ihre Steuerpflichten erfüllten. Zweitens sei die Anwendung dieses Kriteriums durch den Rat insofern diskriminierend, als es sich auf Geschäftsleute mit russischer Staatszugehörigkeit und Unternehmen mit russischer Staatszugehörigkeit beziehe und dabei ausländische Unternehmen außer Acht lasse, obwohl Letztere ebenfalls auf russischem Staatsgebiet tätig seien und Steuern und Abgaben an den Haushalt der Russischen Föderation zahlten. Drittens werde er aufgrund von Faktoren mit Sanktionen belegt, die sich seiner Kontrolle entzögen, sei es die Höhe der zu zahlenden Steuern, die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen den Regionen und der föderalen Regierung oder die Verwendung des dieser zugewiesenen Haushalts. Da er die russische Steuerpolitik und die Zuweisung der Erlöse aus der Geschäftstätigkeit von Evraz nicht beeinflussen könne, könnten keine gegen ihn gerichteten restriktiven Maßnahmen etwas an den Verpflichtungen von Evraz als russischem Steuerzahler ändern.

126    Der Rat tritt, unterstützt durch die Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

127    Der Gleichbehandlungsgrundsatz, der einen fundamentalen Rechtsgrundsatz bildet, enthält nach der Rechtsprechung das Verbot, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichzubehandeln, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt wäre (vgl. Urteile vom 31. Mai 2018, Kaddour/Rat, T‑461/16, EU:T:2018:316, Rn. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 13. September 2018, Vnesheconombank/Rat, T‑737/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:543, Rn. 161 und die dort angeführte Rechtsprechung).

128    Erstens ist im vorliegenden Fall zum Vorbringen des Klägers, der Rat habe das unter Buchst. g genannte Kriterium zu weit ausgelegt, da es Sanktionen gegen alle Geschäftsleute unabhängig von ihrer Herkunft und allein auf der Grundlage ermögliche, dass sie in Russland eine nennenswerte Geschäftstätigkeit ausübten oder ausgeübt hätten und ihre Steuerpflichten erfüllten, festzustellen, dass der Kläger nicht genau angibt, inwiefern oder in Bezug auf welche Personen diese angeblich zu weite Auslegung des genannten Kriteriums diskriminierend sein soll. Entgegen der Behauptung des Klägers werden nicht alle Geschäftsleute erfasst, die eine nennenswerte Geschäftstätigkeit in Russland ausüben und auf dieser Grundlage in Russland Steuern zahlen oder gezahlt haben, da nur diejenigen von diesem Kriterium erfasst werden, die in einem Wirtschaftssektor tätig sind, der eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellt. Jedenfalls beruhen die Gründe, auf die sich der Rat beim Erlass der angefochtenen Rechtsakte stützte, auf der Feststellung, dass der Kläger Großaktionär von Evraz ist, einem der größten Steuerzahler der Russischen Föderation. Entgegen der Behauptung des Klägers wurden die fraglichen restriktiven Maßnahmen somit im Nachgang zu einer Einzelfallprüfung gegen ihn verhängt, die auf ihn betreffenden konkreten Beweisen beruhte.

129    Zudem wird im Rahmen des unter Buchst. g genannten Kriteriums der Wirtschaftssektor und werden nicht die Geschäftsleute als solche oder die Unternehmen, an denen sie als Aktionäre beteiligt sind, als eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung identifiziert (siehe oben, Rn. 98). Mithin wird nicht auf Steuerzahlungen des Klägers oder der Muttergesellschaft von Evraz bzw. ihrer Tochtergesellschaften an sich abgestellt. Das genannte Kriterium bezieht sich auf sämtliche Einnahmen, die durch den Wirtschaftssektor erzielt werden, in dem die betreffende Geschäftsfrau oder der betreffende Geschäftsmann tätig ist, und schließt somit insbesondere, aber nicht nur, die Steuereinnahmen aus diesem Sektor ein.

130    Zweitens genügt zum Vorbringen des Klägers, wonach die Anwendung des unter Buchst. g genannten Kriteriums durch den Rat insofern diskriminierend sei, als es sich auf Geschäftsleute mit russischer Staatsangehörigkeit und Unternehmen mit russischer Staatszugehörigkeit beziehe und dabei ausländische Unternehmen außer Acht lasse, in Übereinstimmung mit dem Rat die Feststellung, dass dieses Kriterium nicht auf die Staatsangehörigkeit der benannten Personen abstellt, sondern sich auf alle natürlichen Personen bezieht, die führende Geschäftsleute im Sinne dieses Kriteriums sind. Daher können die Personen, gegen die sich die fraglichen restriktiven Maßnahmen richten, jede beliebige Staatsangehörigkeit besitzen, wenn sie das fragliche Kriterium erfüllen.

131    Unter diesen Umständen – und selbst unterstellt, dass der Rat gegenüber bestimmten Personen, die das unter Buchst. g genannte Kriterium erfüllen, keine Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern ergriffen und alle diese Personen betreffenden relevanten Umstände sorgfältig und unparteiisch geprüft hat – könnte sich der Kläger hierauf nicht mit Erfolg berufen, da der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Mai 2016, Post Bank Iran/Rat, T‑68/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:263, Rn. 135 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedenfalls geht aus der Prüfung des zweiten Klagegrundes hervor, dass der Rat im Rahmen des Ermessens, über das er bei der Feststellung verfügt, ob die Kriterien für die Benennung erfüllt sind, beurteilungsfehlerfrei entschieden hat, den Namen des Klägers in die betreffenden Listen aufzunehmen und dort zu belassen.

132    Drittens erläutert der Kläger nicht, weshalb sein angeblich fehlender Einfluss auf die Verteilung der russischen Steuereinnahmen und die Zuweisung der Erlöse aus der Geschäftstätigkeit von Evraz eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung darstellen könnte, so dass dieses Vorbringen als nicht substantiiert zurückzuweisen ist.

133    Daher ist der vorliegende Teil zurückzuweisen.

–       Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

134    Der Kläger macht geltend, dass die gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen insofern ungeeignet und unverhältnismäßig seien, als sie keinen Druck auf die russischen Behörden ausübten und auch keine praktische Wirksamkeit entfalten könnten, da er sich nicht an Handlungen beteilige, die mit der Annexion der Krim oder der Destabilisierung der Ukraine in Verbindung stünden.

135    Insofern ist der Kläger zum einen der Ansicht, dass die fraglichen, gegen ihn verhängten Maßnahmen nicht erforderlich seien, um die verfolgten Ziele zu erreichen, da er an keiner Entscheidung über die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine beteiligt gewesen oder dazu konsultiert worden sei. Darüber hinaus seien die genannten Maßnahmen angesichts des nicht nennenswerten Beitrags zum föderalen Haushalt von ihrem angeblichen Ziel, die Politik der Russischen Föderation in der Ukraine zu beeinflussen, weit entfernt und könnten sich negativ auf seine Geschäftstätigkeit außerhalb Russlands auswirken. Zudem seien diese Maßnahmen aufgrund seiner Stellung als Aktionär der Muttergesellschaft von Evraz verhängt worden, gegen die keine vergleichbaren Maßnahmen erlassen worden seien. Schließlich seien die fraglichen Maßnahmen unverhältnismäßig, weil sie ihn daran hinderten, als Vermittler im Rahmen der Friedensverhandlungen effektiv mitzuwirken.

136    Der Rat tritt, unterstützt durch die Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

137    Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört und in Art. 5 Abs. 4 EUV übernommen wurde, verlangt, dass die von einer unionsrechtlichen Bestimmung eingesetzten Mittel zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziele geeignet sind und nicht über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinausgehen (Urteile vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 122, und vom 1. Juni 2022, Prigozhin/Rat, T‑723/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:317, Rn. 133).

138    Somit ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. November 2016, Rotenberg/Rat, T‑720/14, EU:T:2016:689, Rn. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung).

139    Was die gerichtliche Kontrolle der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit anbelangt, so verfügt der Unionsgesetzgeber über ein weites Ermessen in Bereichen, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Prüfungen vornehmen muss. Folglich ist eine in einem solchen Bereich erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des vom zuständigen Organ verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. November 2016, Rotenberg/Rat, T‑720/14, EU:T:2016:689, Rn. 179 und die dort angeführte Rechtsprechung).

140    Im vorliegenden Fall sind angesichts der überragenden Bedeutung der mit den fraglichen restriktiven Maßnahmen verfolgten Ziele, nämlich dem Schutz der territorialen Unversehrtheit, der Souveränität und der Unabhängigkeit der Ukraine sowie der Unterstützung einer friedlichen Beilegung der Krise in diesem Land – die sich in das übergeordnete Ziel der Erhaltung des Friedens, der Konfliktverhütung und der Stärkung der internationalen Sicherheit in Einklang mit den in Art. 21 Abs. 2 Buchst. c EUV genannten Zielen des auswärtigen Handelns der Union einfügen –, die negativen Folgen, die sich aus ihrer Anwendung auf den Kläger ergeben, nicht offensichtlich unverhältnismäßig (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 150).

141    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Rat in den Erwägungsgründen 2 bis 10 des Beschlusses 2022/329 eine anhaltende Verschlechterung der Lage in der Ukraine festgestellt hat, die am 24. Februar 2022 zum Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine unter eklatanter Verletzung der territorialen Unversehrtheit, der Souveränität und der Unabhängigkeit dieses Staates führte. So war der Rat aufgrund der sich verschlechternden Lage in der Ukraine, geprägt durch den Beginn des von der Russischen Föderation geführten Angriffskriegs, der Überzeugung, dass er den Kreis der Personen und Organisationen, gegen die sich die betreffenden restriktiven Maßnahmen richten, erweitern müsse, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Aus diesem auf die Abstufung der Rechtsbeeinträchtigung nach Maßgabe der Wirksamkeit der Maßnahmen gestützten Vorgehen folgt, dass die Maßnahmen ebenfalls verhältnismäßig sind (vgl. entsprechend Urteile vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 126, und vom 25. Januar 2017, Almaz-Antey Air and Space Defence/Rat, T‑255/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:25, Rn. 104).

142    Angesichts der Entwicklung der Lage in der Ukraine konnte der Rat, indem er auch gegen Geschäftsleute vorging, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellen, berechtigterweise erwarten, dass solche Handlungen eingestellt oder für diejenigen, die sie vornehmen, kostspieliger werden, um eine Beendigung der eklatanten Verletzung der territorialen Unversehrtheit, der Souveränität und der Unabhängigkeit der Ukraine zu fördern (vgl. entsprechend Urteil vom 13. September 2018, Rosneft u. a./Rat, T‑715/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:544, Rn. 157).

143    Im vorliegenden Fall ist im Rahmen des zweiten Klagegrundes festgestellt worden, dass die gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen gerechtfertigt waren, da aus seiner Lage abgeleitet werden konnte, dass er die Bedingungen für die Anwendung des unter Buchst. g genannten Kriteriums erfüllte. Denn bei der Benennung des Klägers in seiner Eigenschaft als Hauptaktionär der Muttergesellschaft von Evraz wird der Wirtschaftssektor berücksichtigt, in dem diese Gesellschaft tätig ist, unabhängig davon, ob sie als juristische Person auch von individuellen Sanktionen betroffen ist und welche Steuerbeiträge der russischen Regierung zugutekommen.

144    Im Übrigen ist die Tatsache, dass der Kläger an keiner Entscheidung über die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine beteiligt war, unerheblich, da die restriktiven Maßnahmen nicht aus diesem Grund gegen ihn verhängt wurden, sondern u. a. aufgrund der Tatsache, dass er zu den führenden Geschäftsleuten gehört, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellen, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist. Insoweit kann die Bedeutung der Ziele, die mit einem Unionsrechtsakt, der ein System restriktiver Maßnahmen errichtet, verfolgt werden, selbst erhebliche negative Konsequenzen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen, darunter auch für solche, die für die Situation, die zum Erlass der betreffenden Maßnahmen geführt hat, nicht verantwortlich sind (vgl. entsprechend Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 361, und vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 150).

145    Was die Geeignetheit der gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen betrifft, so ist im Hinblick auf dem Gemeinwohl dienende Zielsetzungen, die für die Völkergemeinschaft derart grundlegend sind wie die in Rn. 140 genannten, darauf hinzuweisen, dass diese Maßnahmen für sich genommen nicht als unangemessen angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 2. Dezember 2020, Kalai/Rat, T‑178/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:580, Rn. 171 und die dort angeführte Rechtsprechung).

146    Hinsichtlich der Erforderlichkeit der betreffenden Maßnahmen ist festzustellen, dass andere weniger belastende Maßnahmen es – namentlich in Anbetracht der Möglichkeit einer Umgehung der auferlegten Beschränkungen – nicht ermöglichen, das angestrebte Ziel, nämlich die Ausübung von Druck auf die für die Situation in der Ukraine verantwortlichen russischen Entscheidungsträger, ebenso wirksam zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. November 2016, Rotenberg/Rat, T‑720/14, EU:T:2016:689, Rn. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem hat der Kläger nicht dargetan, dass für den Rat der Erlass weniger belastender, aber ebenso geeigneter Maßnahmen wie der vorgesehenen in Betracht gekommen wäre.

147    In Bezug auf das Vorbringen des Klägers zu den Auswirkungen auf seine Teilnahme an den Friedensverhandlungen ist daran zu erinnern, dass es nach Art. 2 Abs. 3 und 4 des Beschlusses 2014/145 in der geänderten Fassung sowie Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung zum einen möglich ist, die Verwendung eingefrorener Gelder zur Deckung von Grundbedürfnissen oder zur Erfüllung bestimmter Verpflichtungen zu genehmigen, und zum anderen, spezifische Genehmigungen zu erteilen, um eingefrorene Gelder, sonstige Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen freizugeben. Nach Art. 1 Abs. 6 des genannten Beschlusses kann die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats den betreffenden Personen auch die Einreise in sein Hoheitsgebiet gestatten, insbesondere aufgrund einer humanitären Notlage oder wenn die Reise aufgrund der Teilnahme an Tagungen auf zwischenstaatlicher Ebene sowie an Tagungen erfolgt, die von der Union unterstützt oder ausgerichtet werden oder aber von einem Mitgliedstaat, der zu dem Zeitpunkt den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehat, ausgerichtet werden, wenn dort ein politischer Dialog geführt wird, der die Politikziele der restriktiven Maßnahmen, einschließlich der Unterstützung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine unmittelbar fördert.

148    Im Übrigen können, wie der Rat zu Recht anmerkt, die Teilnahme an Friedensverhandlungen und noch allgemeiner die Bereitstellung humanitärer Hilfe nicht die Beurteilung des Rates beeinflussen, ob es notwendig ist, restriktive Maßnahmen gegen den Kläger oder andere führende russische Geschäftsleute zu verhängen, um den Druck auf Präsident Putin und seine Regierung zu erhöhen.

149    Nach alledem ist festzustellen, dass die fraglichen restriktiven Maßnahmen weder diskriminierend noch unverhältnismäßig sind.

150    Daher sind dieser Teil sowie der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Grundrechte

151    Der Kläger macht geltend, die Aufnahme seines Namens in die betreffenden Listen und das Belassen auf diesen stelle eine ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Einschränkung seiner Grundrechte dar, darunter insbesondere des Rechts auf Eigentum, des Rechts auf Achtung des Privatlebens, der unternehmerischen Freiheit sowie des Rechts auf Freizügigkeit im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten. Der Erlass der betreffenden restriktiven Maßnahmen habe auch zu einer Verletzung seines Rechts auf die Unschuldsvermutung geführt, und ihm sei durch diesen Erlass aufgrund der Schädigung seines Rufs ein immaterieller Schaden entstanden.

152    Der Rat tritt, unterstützt durch die Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

153    Zunächst ist festzustellen, dass das Recht auf Achtung des Privatlebens, das Recht auf unternehmerische Freiheit, das Eigentumsrecht und das Recht auf Freizügigkeit und die Aufenthaltsfreiheit zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehören und in den Art. 7, 16, 17 und 45 der Charta verankert sind.

154    Zwar führen die restriktiven Maßnahmen, die die angefochtenen Rechtsakte enthalten, ungeachtet ihres Sicherungscharakters zu Einschränkungen in der Ausübung der oben in Rn. 153 genannten Grundrechte durch den Kläger.

155    Die Grundrechte, auf die sich der Kläger beruft, stellen jedoch keine absoluten Rechte dar, und ihre Ausübung kann unter den in Art. 52 Abs. 1 der Charta genannten Bedingungen Einschränkungen unterworfen werden, wonach zum einen „[j]ede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten … gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten [muss]“ und zum anderen „[u]nter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit … Einschränkungen nur vorgenommen werden [dürfen], wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen“.

156    Eine Einschränkung der Ausübung der Grundrechte und Grundfreiheiten muss daher, um mit dem Unionsrecht vereinbar zu sein, vier Voraussetzungen erfüllen. Erstens muss sie insofern „gesetzlich vorgesehen“ sein, als das Unionsorgan, das Maßnahmen erlässt, die die Grundrechte einer natürlichen oder juristischen Person beschränken können, hierfür über eine Rechtsgrundlage verfügen muss. Zweitens muss die Einschränkung den Wesensgehalt dieser Rechte achten. Drittens muss sie einer dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung entsprechen, die als solche von der Union anerkannt ist. Viertens muss sie verhältnismäßig sein (vgl. Urteil vom 27. Juli 2022, RT France/Rat, T‑125/22, EU:T:2022:483, Rn. 145 und 222 und die dort angeführte Rechtsprechung).

157    Es ist festzustellen, dass diese vier Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

158    Erstens sind die in Rede stehenden Einschränkungen „gesetzlich vorgesehen“, da sie in Rechtsakten festgelegt sind, die insbesondere allgemeine Geltung haben, für die es eine eindeutige Rechtsgrundlage im Unionsrecht gibt und die hinreichend vorhersehbar sind, was der Kläger im Übrigen nicht bestreitet.

159    Im Hinblick auf die Frage, ob die in Rede stehenden Einschränkungen den „Wesensgehalt“ der vom Kläger geltend gemachten Grundrechte achten, ist zweitens festzustellen, dass die fraglichen restriktiven Maßnahmen zeitlich befristet und reversibel sind. Denn zum einen gelten sie, wie in Art. 6 Abs. 3 des Beschlusses 2014/145 in der geänderten Fassung vorgesehen, für sechs Monate und unterliegen einer fortlaufenden Überprüfung, und zum anderen ist es möglich, Ausnahmen von den geltenden restriktiven Maßnahmen zu gewähren, sowohl in Bezug auf das Einfrieren von Geldern als auch in Bezug auf Beschränkungen der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten (siehe oben, Rn. 147).

160    Drittens entsprechen die Einschränkungen einer als solcher von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung. Denn sie sollen insbesondere direkt und indirekt Druck auf die Entscheidungsträger und die russische Regierung, die für die Invasion der Ukraine verantwortlich sind, ausüben, um deren Fähigkeit zur Fortsetzung ihrer Handlungen zu verringern, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und um diese Handlungen im Hinblick auf die Wahrung der Stabilität Europas und der Welt zu beenden. Es handelt sich hierbei um eines der Ziele, die im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) verfolgt werden und auf die in Art. 21 Abs. 2 Buchst. b und c EUV Bezug genommen wird, wie insbesondere den Frieden zu erhalten, Konflikte zu verhüten, die internationale Sicherheit zu stärken und die Zivilbevölkerung zu schützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juli 2022, RT France/Rat, T‑125/22, EU:T:2022:483, Rn. 226).

161    Was viertens die Verhältnismäßigkeit der fraglichen Einschränkungen betrifft, so ist im Hinblick auf dem Gemeinwohl dienende Zielsetzungen, die für die Völkergemeinschaft derart grundlegend sind wie die oben in Rn. 140 genannten, darauf hinzuweisen, dass die Maßnahmen des Einfrierens von Geldern für sich genommen nicht als unangemessen angesehen werden können. Hinsichtlich der Erforderlichkeit der fraglichen restriktiven Maßnahmen ist festzustellen, dass andere weniger belastende Maßnahmen es – namentlich in Anbetracht der Möglichkeit einer Umgehung der auferlegten Beschränkungen – nicht ermöglichen würden, die angestrebten Ziele, nämlich die Ausübung von Druck auf die für die Situation in der Ukraine verantwortlichen russischen Entscheidungsträger, ebenso wirksam zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. November 2016, Rotenberg/Rat, T‑720/14, EU:T:2016:689, Rn. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung).

162    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass es nach Art. 2 Abs. 3 und 4 des Beschlusses 2014/145 in der geänderten Fassung sowie Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung zum einen möglich ist, die Verwendung eingefrorener Gelder zur Deckung von Grundbedürfnissen oder zur Erfüllung bestimmter Verpflichtungen zu genehmigen, und zum anderen, spezifische Genehmigungen zu erteilen, um eingefrorene Gelder, sonstiges Finanzvermögen oder sonstige wirtschaftliche Ressourcen freizugeben.

163    Hinsichtlich insbesondere der Behauptung des Klägers, Art. 1 des Beschlusses 2014/145 in der geänderten Fassung verstoße gegen sein in Art. 21 AEUV sowie in Art. 45 Abs. 1 der Charta verankertes Recht, sich als portugiesischer Staatsangehöriger und damit als Unionsbürger im Hoheitsgebiet der Union frei zu bewegen, ist festzustellen, dass der Kläger nicht bestreitet, dass der in den Verträgen vorgesehene Erlass von Rechtsakten im Bereich der GASP das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit beschränken kann. Denn der Kläger macht lediglich geltend, dass die Beschränkung seiner Freizügigkeit unverhältnismäßig sei.

164    Indessen erläutert der Kläger nicht, inwiefern eine solche Beschränkung im Hinblick auf das verfolgte Ziel unverhältnismäßig sein soll. In seinen Schriftsätzen verweist er nämlich lediglich allgemein auf sein Vorbringen im Rahmen des Klagegrundes betreffend einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, ohne die Gründe darzulegen, derentwegen die im Rahmen dieses Klagegrundes ausgeführten Argumente relevant sein sollen, um einen unverhältnismäßigen Eingriff in seine Freizügigkeit innerhalb der Union zu belegen. Daher ist das Vorbringen des Klägers, mit dem er einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Freizügigkeit der Unionsbürger geltend macht, als nicht substantiiert zurückzuweisen.

165    In Bezug auf das Vorbringen, mit dem der Kläger in Frage stellt, ob der Rat eine Beschränkung der Freizügigkeit auf der Grundlage von Art. 215 AEUV erlassen dürfe, ist, sofern hierin ein eigenständiges Vorbringen besteht, festzustellen, dass auch dieses Vorbringen nicht substantiiert und daher zurückzuweisen ist. In jedem Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Beschränkungen der Freizügigkeit lediglich in Art. 1 des Beschlusses 2014/145 in der geänderten Fassung vorgesehen sind, nicht aber in der Verordnung Nr. 269/2014 in der geänderten Fassung. Wie aus den Bezugsvermerken des genannten Beschlusses hervorgeht, wurde dieser nicht auf der Grundlage von Art. 215 AEUV, sondern von Art. 29 EUV erlassen.

166    Darüber hinaus ist außerdem festzustellen, dass der Kläger in keiner Weise belegt, inwiefern die gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen sein Recht auf Achtung des Privatlebens beeinträchtigen sollen.

167    Hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Rechts des Klägers auf die Unschuldsvermutung, die er in seinen Schriftsätzen anführt, ohne sie jedoch durch spezifische Argumente zu untermauern, ist schließlich festzustellen, dass für die gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen, da sie nicht die Einziehung, sondern lediglich das vorsorgliche Einfrieren der Vermögenswerte des Klägers bewirken, davon auszugehen ist, dass sie nicht strafrechtlicher Natur sind und daher nicht zu einer Verletzung des in Art. 48 Abs. 1 der Charta anerkannten Rechts auf die Unschuldsvermutung führen, wonach jede Person, die einer Straftat beschuldigt wird, bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt. Der ebenfalls im Rahmen dieser Rüge behauptete immaterielle Schaden aufgrund der Schädigung seines Rufs kann nicht mit Erfolg als Nachweis für eine Verletzung des Rechts des Klägers auf die Unschuldsvermutung geltend gemacht werden.

168    Daraus ist zu schließen, dass die in Rede stehenden Beschränkungen, die sich aus den gegen den Kläger in den angefochtenen Rechtsakten verhängten restriktiven Maßnahmen ergeben, nicht unverhältnismäßig sind und nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Rechtsakte führen können.

169    Nach alledem sind der vierte Klagegrund und somit der Antrag auf Nichtigerklärung insgesamt zurückzuweisen.

 Zur Schadensersatzforderung

170    Der Kläger beantragt den Ersatz des seinem Ruf zugefügten Schadens, der vorläufig auf 1 Mio. Euro veranschlagt wird.

171    Der Rat tritt, unterstützt durch die Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

172    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unterliegt die außervertragliche Haftung der Union für rechtswidriges Verhalten ihrer Organe oder Einrichtungen gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV einer Reihe von Voraussetzungen: Es muss ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegen, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, ein Schaden muss tatsächlich entstanden sein, und es muss ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die dem Urheber der Handlung obliegende Verpflichtung und dem der geschädigten Person entstandenen Schaden bestehen (vgl. Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

173    Die Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union, die der Unionsrichter nicht in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen hat, müssen kumulativ gegeben sein, so dass es genügt, dass eine von ihnen nicht vorliegt, um die Klage insgesamt abzuweisen (Urteil vom 1. Februar 2023, Klymenko/Rat, T‑470/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:26, Rn. 62; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 13. Dezember 2018, Europäische Union/Kendrion, C‑150/17 P, EU:C:2018:1014, Rn. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung).

174    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Vorbringen des Klägers zum Nachweis der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Rechtsakte, mit denen sein Name in die betreffenden Listen aufgenommen wurde, zurückzuweisen ist, so dass die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des dem Rat vorgeworfenen Verhaltens im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist. Da mithin eine der oben in Rn. 172 genannten Voraussetzungen nicht gegeben ist, kann die Haftung der Union nicht ausgelöst werden.

175    Daher ist der Schadensersatzantrag als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob der Schaden tatsächlich entstanden ist und ob ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Schaden und der Verletzung der betreffenden Pflicht besteht. Folglich ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

176    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des Rates die Kosten aufzuerlegen.

177    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daher trägt die Kommission ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Roman Arkadyevich Abramovich trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten, die dem Rat der Europäischen Union entstanden sind.

3.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Spielmann

 

Mastroianni

 

Brkan      

 

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. Dezember 2023.

 

Unterschriften      

 


Inhalt


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Ereignisse nach Klageerhebung

Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Zum Antrag auf Nichtigerklärung

Zum ersten Klagegrund

– Zum ersten Teil: „Verletzung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und der Begründungspflicht“

– Zum zweiten Teil: „Verletzung der Verteidigungsrechte“ und „Missachtung der Pflicht des Rates zur Überprüfung im Rahmen des Erlasses der Fortsetzungsrechtsakte von September 2022 und März 2023“

Zum zweiten Klagegrund: „offensichtlicher Beurteilungsfehler“

– Vorbemerkungen

– Zur Anwendung des unter Buchst. g genannten Kriteriums auf den Kläger

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit

– Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung

– Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Grundrechte

Zur Schadensersatzforderung

Kosten


*      Verfahrenssprache: Französisch.