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Klage, eingereicht am 2. September 2016 – Troszczynski/Parlament

(Rechtssache T-626/16)

Verfahrenssprache: Französisch

Parteien

Klägerin: Mylène Troszczynski (Noyon, Frankreich) (Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Ceccaldi)

Beklagter: Europäisches Parlament

Anträge

Die Klägerin beantragt,

den auf die Art. 33, 43, 62, 67 und 68 des Beschlusses 2009/C 159/01 des Präsidiums des Europäischen Parlaments vom 19. Mai und 9. Juli 2008 „mit Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments“ in geänderter Fassung gestützten Beschluss des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 23. Juni 2016, mit dem eine Forderung gegen sie in Höhe von 56 554,00 Euro wegen zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der parlamentarischen Assistenz festgestellt und die Rückforderung gemäß Art. 68 der Durchführungsbestimmungen und den Art. 78, 79 und 80 der Haushaltsverordnung begründet wurde, für nichtig zu erklären;

die nicht datierte Belastungsanzeige Nr. 2016-888 mit dem Vermerk „Einziehung der zu Unrecht gezahlten Beträge für parlamentarische Assistenz, Anwendung von Art. 68 der Ausführungsbestimmungen und der Art. 78, 79 und 80 der Haushaltsordnung“, mit der ihr mitgeteilt wurde, dass infolge des Beschlusses des Generalsekretärs vom 23. Juni 2016 eine Forderung gegen sie festgestellt worden sei, für nichtig zu erklären;

dem Europäischen Parlament die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen;

das Europäische Parlament zu verurteilen, ihr als Ausgleich der erstattungsfähigen Kosten einen Betrag von 50 000,00 Euro zu zahlen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung der Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend.

Erster Klagegrund: Die angefochtenen Maßnahmen seien formell rechtswidrig. Dieser Klagegrund gliedert sich in drei Teile.

Erster Teil: Da es sich bei den angefochtenen Maßnahmen um finanzielle Beschlüsse handle, die die politischen Parteien und somit die Abgeordneten beträfen, fielen sie in die sachliche Zuständigkeit des Präsidiums des Europäischen Parlaments und nicht in die des Generalsekretärs.

Zweiter Teil: Das Präsidium des Europäischen Parlaments sei nicht dafür zuständig, über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden, könne also deren Natur und Umfang nicht verändern. Der Generalsekretär wiederum verfüge über keinerlei ordnungsgemäße Bevollmächtigung durch den Präsidenten des Europäischen Parlaments, die ihn berechtigen würde, die angefochtenen Maßnahmen zur Regelung finanzieller Fragen bezüglich der Abgeordneten zu erlassen, zu unterschreiben und zuzustellen.

Dritter Teil: Der Urheber der angefochtenen Maßnahmen habe die Begründungspflicht nicht erfüllt. So erfasse die angegebene Begründung nicht den in diesen Maßnahmen festgestellten Sachverhalt und enthalte einen unauflöslichen Widerspruch zwischen dem Vorwurf, dass der Assistent der Klägerin tatsächlich zwei Ämter gleichzeitig ausübe, und der Darstellung, dass er lediglich eines und kein anderes ausübe, wovon der Generalsekretär ausschließlich ausgehe.

Zweiter Klagegrund: Die angefochtenen Maßnahmen seien materiell rechtswidrig. Dieser Klagegrund gliedert sich in neun Teile.

Erster Teil: Die zur Stützung der angefochtenen Maßnahmen vorgeworfenen Tatsachen entsprächen nicht der Realität.

Zweiter Teil: Die angefochtenen Maßnahmen seien unter Verletzung der für die Beweisführung und die Beweislast geltenden allgemeinen Regeln und Rechtsgrundsätze erlassen worden.

Dritter Teil: Der Beschluss des Generalsekretärs, zu Unrecht gezahlte Beträge zurückzufordern, missachte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Außerdem sei der verlangte Betrag weder bezüglich seiner Zusammensetzung noch bezüglich der Berechnungsmethode begründet worden.

Vierter Teil: Die angefochtenen Maßnahmen stellten einen Eingriff in die politischen Rechte der örtlichen Assistenten der europäischen Abgeordneten dar.

Fünfter Teil: Die angefochtenen Maßnahmen seien von einem Ermessensmissbrauch geprägt, da der Generalsekretär sich ihm nicht zustehende Zwangsbefugnisse finanzieller Natur angemaßt habe, um die Handlungsmöglichkeiten eines Abgeordneten zu beschränken, dessen Ideale und politisches Programm, wie öffentlich bekannt und unbestreitbar sei, er nicht teile.

Sechster Teil: Die angefochtenen Maßnahmen seien diskriminierend und ließen die Absicht vermuten, der politischen Tätigkeit der Klägerin zu schaden, so dass ein fumus persecutionis bestehe.

Siebter Teil: Die angefochtenen Maßnahmen beeinträchtigten die Unabhängigkeit der Klägerin als europäische Abgeordnete.

Achter Teil: Die angefochtenen Maßnahmen verstießen gegen den Grundsatz der Bindung an das einmal gewählte rechtliche Vorgehen („una via electa“) und ließen die Frage der Parteilichkeit des OLAF aufkommen, das seine Untersuchungen einseitig zulasten der französischen Abgeordneten führe, die auf Listen des Front National ins Europäische Parlament gewählt worden seien.

Neunter Teil: Die angefochtenen Maßnahmen stellten einen Verstoß gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz dar, dass Zivilverfahren während eines Strafverfahrens nicht fortgeführt würden („le pénal tient le civil en l’état“), da die Verfahren zur Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge bis zum Abschluss der anderen Verfahren, insbesondere des französischen Verfahrens, auszusetzen seien, sowie einen Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem.

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