Language of document : ECLI:EU:C:2022:510

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

30. Juni 2022(*)

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Gebührensystem für die Abwassersammlung – Beschwerde – Beschluss, mit dem das Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt wird – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Klagebefugnis – Art. 263 Abs. 4 AEUV – Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht – Unmittelbare Betroffenheit“

In der Rechtssache C‑99/21 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 17. Februar 2021,

Danske Slagtermestre mit Sitz in Odense (Dänemark), vertreten durch H. Sønderby Christensen, Advokat,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch L. Grønfeldt und P. Němečková als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Königreich Dänemark, vertreten durch J. Nymann-Lindegren, V. Pasternak Jørgensen, M. Søndahl Wolff und L. Teilgård als Bevollmächtigte,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos (Berichterstatter), der Richter S. Rodin und J.‑C. Bonichot sowie der Richterinnen L. S. Rossi und O. Spineanu-Matei,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Februar 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Danske Slagtermestre die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 1. Dezember 2020, Danske Slagtermestre/Kommission (T‑486/18, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2020:576), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 2259 final der Kommission vom 19. April 2018 über die staatliche Beihilfe SA.37433 (2017/FC) – Dänemark (im Folgenden: streitiger Beschluss) als unzulässig abgewiesen hat. Mit dem streitigen Beschluss war am Ende des Vorprüfungsverfahrens festgestellt worden, dass die durch das Lov nr. 902/2013 om ændring af lov om betalingsregler for spildevandsforsyningsselskaber m.v. (Betalingsstruktur for vandafledningsbidrag, bemyndigelse til opgørelse af særbidrag for behandling af særlig forurenet spildevand m.v.) (Gesetz Nr. 902/2013 zur Änderung des Gesetzes über die Regelung der Gebühren für Abwasserentsorgungsunternehmen [Gebührenstruktur für die Abwasserentsorgung mit der Möglichkeit der Erhebung besonderer Gebühren für die Behandlung besonders verschmutzter Abwässer etc.]) eingeführte Gebühr bestimmten Unternehmen keinen Vorteil verschafft und daher keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Rechtsmittelführerin ist ein Berufsverband, der geltend macht, dänische Kleinschlachtbetriebe, Großhändler, Metzgereien und verarbeitende Unternehmen zu vertreten. Am 26. September 2013 reichte Danske Slagtermestre bei der Kommission eine Beschwerde mit der Begründung ein, dass das Königreich Dänemark mit dem Erlass des Gesetzes Nr. 902/2013 eine staatliche Beihilfe zugunsten großer Schlachthöfe in Form einer Verringerung der Gebühren für die Abwasserbehandlung gewährt habe.

3        Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes sahen die dänischen Rechtsvorschriften eine einheitliche Abgabe pro Kubikmeter für alle an dieselbe Abwasserbehandlungsanlage angeschlossenen Verbraucher vor, unabhängig von ihrem Tätigkeitsbereich und ihrem Verbrauch. Mit dem Gesetz Nr. 902/2013 wurde ein degressives Modell in Stufen eingeführt, das einen Tarif pro Kubikmeter Abwasser vorsieht, der sich nach dem abgelassenen Abwasservolumen richtet (im Folgenden: Stufenmodell).

4        Das Stufenmodell ist wie folgt ausgestaltet:

–        Stufe 1 entspricht einem Wasserverbrauch von bis zu 500 m³ pro Jahr pro Grundstück;

–        Stufe 2 entspricht dem Teil des Wasserverbrauchs, der zwischen 500 m³ und 20 000 m³ pro Jahr pro Grundstück beträgt, und

–        Stufe 3 entspricht dem Teil des Wasserverbrauchs, der über 20 000 m³ pro Jahr pro Grundstück hinausgeht.

5        Die Betreiber der Abwasserbehandlungsanlagen legen den Tarif pro Kubikmeter für jeden der Abschnitte wie folgt fest:

–        der Tarif pro Kubikmeter des Abschnitts 2 ist um 20 % niedriger als der Tarif des Abschnitts 1, und

–        der Tarif pro Kubikmeter des Abschnitts 3 ist um 60 % niedriger als der Tarif des Abschnitts 1.

6        Im Rahmen des Stufenmodells zahlen die Verbraucher, die unter den dritten Abschnitt fallen, zunächst den für den ersten Abschnitt vorgesehenen Tarif, bis ihr Wasserverbrauch 500 m³ überschreitet. Sie zahlen dann den für den zweiten Abschnitt vorgesehenen Tarif, bis ihr Verbrauch 20 000 m³ überschreitet, und schließlich zahlen sie den Abwasserbeitrag gemäß dem für den dritten Abschnitt vorgesehenen Tarif.

7        Zwischen dem 10. Oktober 2013 und dem 12. September 2017 tauschte die Kommission mit der Rechtsmittelführerin und dem Königreich Dänemark Informationen über die Beschwerde aus. Am 23. Juli 2014 und am 25. Februar 2016 übersandte die Kommission der Rechtsmittelführerin vorläufige Beurteilungsschreiben, in denen sie die Auffassung vertrat, dass die fragliche Maßnahme keinen selektiven Vorteil verschaffe und daher keine staatliche Beihilfe darstelle.

8        Am 19. April 2018 erließ die Kommission den streitigen Beschluss. Während die Rechtsmittelführerin der Ansicht war, dass das Stufenmodell auf dem Markt für Tierschlachtung die großen Schlachtbetriebe in Dänemark begünstige, indem sie ihnen einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffe, der eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, vertrat die Kommission die Auffassung, dass die durch das Gesetz Nr. 902/2013 eingeführte neue Entgeltregelung keinen besonderen Vorteil für bestimmte Unternehmen schaffe.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

9        Mit Klageschrift, die am 15. August 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin nach Art. 263 AEUV Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

10      Das Königreich Dänemark beantragte, in diesem Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Diesem Antrag wurde stattgegeben.

11      Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht die Klage mit der Begründung für unzulässig erklärt, dass die Rechtsmittelführerin nicht klagebefugt sei.

12      Das Gericht hat in Rn. 32 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass zwar die erste in Art. 263 Abs. 4 AEUV genannte Variante, nämlich die Befugnis jeder natürlichen oder juristischen Person, gegen die an sie gerichteten Handlungen zu klagen, jedenfalls im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei, da der streitige Beschluss allein an das Königreich Dänemark gerichtet gewesen sei, dass jedoch zu prüfen sei, ob die Rechtsmittelführerin nach der zweiten oder der dritten Variante dieser Bestimmung klagebefugt sei; bei diesen gehe es um die Klagebefugnis jeder natürlichen oder juristischen Person gegen Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen, bzw. um die Klagebefugnis dieser Personen gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen.

13      Hierzu hat das Gericht, nachdem es in den Rn. 24 bis 26 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hatte, dass der streitige Beschluss die Rechtsmittelführerin nicht in ihrer Eigenschaft als Verhandlungsführerin individuell betreffe, in den Rn. 33 bis 82 des angefochtenen Beschlusses entschieden, dass sich die Voraussetzung, dass die Rechtsmittelführerin von dem streitigen Beschluss individuell betroffen sein müsse, auch nicht aus anderen Elementen ableiten lasse, so dass die im vorliegenden Fall erhobene Klage nicht unter die zweite Variante von Art. 263 Abs. 4 AEUV falle.

14      Es hat weiter entschieden, dass auch die dritte in dieser Bestimmung genannte Variante keine Anwendung finden könne.

15      Insoweit hat das Gericht zum einen in den Rn. 90 bis 96 des angefochtenen Beschlusses unter Bezugnahme insbesondere auf die vom Gerichtshof im Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (C‑622/16 P bis C‑624/16 P, im Folgenden: Urteil Montessori, EU:C:2018:873), aufgestellten Kriterien festgestellt, dass der streitige Beschluss ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter sei.

16      Zum anderen hat es in den Rn. 97 bis 104 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin von diesem Rechtsakt nicht unmittelbar betroffen sei.

17      Hierzu hat das Gericht in Rn. 102 des angefochtenen Beschlusses auf Rn. 47 des Urteils Montessori Bezug genommen, in der es heißt: „Soweit die Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit erfordert, dass sich der angefochtene Rechtsakt unmittelbar auf die Rechtsstellung des Klägers auswirkt, muss der Unionsrichter … prüfen, ob der Kläger stichhaltig dargelegt hat, weshalb der Beschluss der Kommission geeignet ist, ihn in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen und sich damit auf seine Rechtsstellung auszuwirken“.

18      In Rn. 103 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht ausgeführt: „Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht dargetan, dass ihre Mitglieder bzw. welche von ihnen von der fraglichen Maßnahme konkret betroffen wären, und erst recht nicht, wie sich diese Maßnahme auf ihre Wettbewerbsstellung auswirken würde (siehe Rn. 71 bis 77 [des angefochtenen Beschlusses]). Die Klägerin hat somit nicht schlüssig nachgewiesen, dass der [streitige] Beschluss geeignet war, ihre Mitglieder in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen, und dass dieser Beschluss daher deren Rechtsstellung, insbesondere deren Recht, auf dem relevanten Markt keinem durch diese Maßnahme verfälschten Wettbewerb ausgesetzt zu sein, unmittelbar berührte.“

19      Daher hat das Gericht in den Rn. 104 bis 106 des angefochtenen Beschlusses entschieden, dass die Klage wegen fehlender unmittelbarer Betroffenheit als unzulässig abzuweisen sei, ohne dass die Voraussetzung des Fehlens von Maßnahmen zur Durchführung des streitigen Beschlusses geprüft zu werden brauche.

 Anträge der Parteien

20      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

21      Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

22      Das Königreich Dänemark beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und den angefochtenen Beschluss zu bestätigen.

 Zum Rechtsmittel

 Zur Zulässigkeit

23      Die Kommission macht geltend, die Anträge der Rechtsmittelführerin stünden nicht im Einklang mit Art. 170 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, da diese Anträge nur auf die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses gerichtet seien, ohne die Situation in Betracht zu ziehen, in der dem Rechtsmittel stattgegeben werde.

24      Hierzu ist festzustellen, dass nach Art. 170 Abs. 1 „[d]ie Rechtsmittelanträge … für den Fall, dass das Rechtsmittel für begründet erklärt werden sollte, darauf gerichtet sein [müssen], dass den erstinstanzlichen Anträgen vollständig oder teilweise stattgegeben wird“.

25      Im vorliegenden Fall beantragt die Rechtsmittelführerin förmlich die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Zwar sind ihre Rechtsmittelanträge nicht ausdrücklich darauf gerichtet, dass den erstinstanzlichen Anträgen stattgegeben bzw. der streitige Beschluss für nichtig erklärt wird, jedoch können sie nicht anders als letztlich auf dieses Ergebnis abzielend angesehen werden (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juli 2020, Inclusion Alliance for Europe/Kommission, C‑378/16 P, EU:C:2020:575, Rn. 59).

26      Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit wegen Verstoßes gegen die Verfahrensordnung ist daher zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

27      Zur Begründung ihres Rechtsmittels macht die Rechtsmittelführerin fünf Rechtsmittelgründe geltend. Mit dem ersten und dem zweiten Rechtsmittelgrund, die zusammen zu prüfen sind, wird gerügt, dass die Voraussetzung, dass der Kläger von der fraglichen Handlung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar betroffen sein müsse, fehlerhaft angewandt und diese Voraussetzung mit der Voraussetzung, dass der Kläger von dem fraglichen Rechtsakt individuell betroffen sein müsse, verwechselt worden sei. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird gerügt, dass die im Urteil Montessori aufgestellten Kriterien zur Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit im vorliegenden Fall erfüllt seien, mit dem vierten, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, die Rechtsmittelführerin habe nicht nachgewiesen, dass ihre Mitglieder einem verfälschten Wettbewerb ausgesetzt seien. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund wird gerügt, dass die Ausführungen des Gerichts zu der Voraussetzung, dass die Rechtsmittelführerin von dem streitigen Beschluss individuell betroffen sein müsse, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht fehlerhaft seien.

 Zum ersten und zum zweiten Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

28      Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, hinsichtlich ihrer unmittelbaren Betroffenheit Anforderungen an sie gestellt zu haben, die über diejenigen hinausgingen, die sich aus der Auslegung von Art. 263 Abs. 4 AEUV durch den Gerichtshof im Urteil Montessori ergäben.

29      Zwar habe das Gericht in Rn. 102 des angefochtenen Beschlusses das Urteil Montessori zitiert, in Rn. 103 dieses Beschlusses jedoch die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen verkannt, da es verlangt habe, dass die Rechtsmittelführerin dartue, welche ihrer Mitglieder von dem streitigen Beschluss konkret betroffen seien, und da es zur Stützung seiner Beurteilung, dass die Rechtsmittelführerin von diesem Beschluss nicht unmittelbar betroffen sei, auf die Rn. 71 bis 77 des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen habe, obwohl es in diesen Randnummern nicht um die Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit, sondern um die der individuellen Betroffenheit gehe.

30      Nach Ansicht der Kommission sind diese Vorwürfe unbegründet. Das Gericht habe in Rn. 102 des angefochtenen Beschlusses das im Urteil Montessori enthaltene maßgebliche Kriterium genau wiedergegeben, bevor es in Rn. 103 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass die Klage dieses Kriterium nicht erfülle. Mit dieser Vorgehensweise habe das Gericht keinen Rechtsfehler begangen.

31      Die Verwendung des Verbs „dartun“ in Rn. 103 gebe die in Rn. 47 des Urteils Montessori enthaltene Wendung „stichhaltig dar[legen]“ korrekt wieder.

32      Der Sachverhalt in der Rechtssache, in der das Urteil Montessori ergangen sei, unterscheide sich im Übrigen von dem der vorliegenden Rechtssache. Die Kommission weist darauf hin, dass die erstgenannte Rechtssache eine Steuerbefreiung zugunsten eindeutig bezeichneter Einrichtungen in einem spezifischen Dienstleistungssektor betroffen habe. Dies erkläre, warum der Gerichtshof in Rn. 50 dieses Urteils davon ausgegangen sei, dass der Umstand, dass die Kläger unter Anführung von Beweisen vorgetragen hätten, dass sich ihre Einrichtungen in unmittelbarer Nähe zu denen befänden, die auf demselben Dienstleistungsmarkt von den Begünstigten der angeblichen Beihilfe betrieben würden, für die Annahme genüge, dass der in jener Rechtssache in Rede stehende Beschluss geeignet gewesen sei, die Kläger in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen. Dagegen beziehe sich der streitige Beschluss im vorliegenden Fall auf eine Maßnahme einer allgemeinen Steuerregelung, die für die Tätigkeiten aller Abwasser verursachenden Personen gelte. Die Rechtsmittelführerin habe weder dargelegt noch belegt, inwiefern diese Regelung ihre Mitglieder gegenüber anderen dieser Maßnahme unterliegenden Unternehmen in eine nachteilige Wettbewerbssituation versetze. Sie habe es sogar unterlassen, den relevanten Markt zu bestimmen, da die Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen zu vage gewesen sei.

33      Zu dem Verweis in Rn. 103 des angefochtenen Beschlusses auf dessen Rn. 71 bis 77 führt die Kommission aus, das Gericht habe in diesen Randnummern geprüft, ob der streitige Beschluss geeignet gewesen sei, die Mitglieder der Rechtsmittelführerin in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen. Dass diese Beurteilung im Rahmen der Prüfung der Voraussetzung, dass der Kläger von der fraglichen Handlung individuell betroffen sein müsse, relevant gewesen sei, schließe keineswegs aus, dass dieselben Feststellungen auch für die Beurteilung der Voraussetzung relevant seien, dass der Kläger von dieser Handlung unmittelbar betroffen sein müsse.

34      Aus besagten Rn. 71 bis 77 ergebe sich jedenfalls, dass die Rechtsmittelführerin nicht stichhaltig dargelegt habe, inwiefern der streitige Beschluss ihre Mitglieder in eine nachteilige Wettbewerbssituation versetzen könnte.

35      Für den Fall, dass der Gerichtshof der Auffassung sein sollte, dass das Gericht bei seiner Beurteilung der Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit einen Rechtsfehler begangen habe, beantragt die Kommission hilfsweise, die Gründe des angefochtenen Beschlusses durch die Feststellung zu ersetzen, dass der streitige Beschluss ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter sei, der Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe, so dass die in Art. 263 Abs. 4 AEUV genannte Voraussetzung des Fehlens solcher Maßnahmen nicht erfüllt sei.

36      Aus Rn. 105 des angefochtenen Beschlusses gehe hervor, dass sich das Gericht zu dieser Voraussetzung nicht geäußert habe. Der streitige Beschluss enthalte jedoch Durchführungsmaßnahmen. Anders als in der Rechtssache, in der das Urteil Montessori ergangen sei, gehe es in der vorliegenden Rechtssache um eine Maßnahme, die sowohl die Begünstigten der angeblichen Beihilfe als auch ihre Wettbewerber einer Abgabe unterwerfe. Die Wettbewerber könnten daher ebenso wie die Begünstigten der angeblichen Beihilfe gegen ihren Steuerbescheid Klage vor den nationalen Gerichten erheben, was es diesen ermöglichen würde, ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV zu stellen.

37      Die Kommission weist im Übrigen darauf hin, dass das Gesetz Nr. 902/2013 von den Betreibern der Abwasserbehandlungsanlagen verlange, jedes Jahr den auf die drei Abschnitte des Stufenmodells anwendbaren Tarif festzusetzen. Folglich erfordere die Umsetzung dieses Modells eine spätere Durchführung im dänischen Recht. Dieses Recht verlange außerdem, dass die Gebührenfestsetzung in jeder Ortschaft vom Gemeinderat gebilligt werde. Somit werde ein Verwaltungsakt erlassen, der vor den nationalen Gerichten mit der Begründung angefochten werden könne, dass die Entgeltfestsetzung gegen Unionsrecht verstoße. Folglich hätte die Rechtsmittelführerin auch in dieser Situation diese Gerichte veranlassen können, den Gerichtshof nach Art. 267 AEUV zu befragen. Außerdem könnten die Mitglieder der Rechtsmittelführerin vor den dänischen Gerichten eine Feststellungsklage erheben, um die Vereinbarkeit des Gesetzes Nr. 902/2013 mit dem Unionsrecht in Frage zu stellen.

38      Das Königreich Dänemark macht wie die Kommission geltend, das Gericht habe die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.

39      Die Rechtsmittelführerin lege das Urteil Montessori in einer Weise aus, die die vom Gerichtshof in diesem Urteil aufgestellten Beweisanforderungen schwäche. In Rn. 50 des Urteils Montessori habe der Gerichtshof die unmittelbare Betroffenheit im Hinblick darauf festgestellt, dass die Kläger Beweise für ihre räumliche Nähe zu den Begünstigten der angeblichen Beihilfe und für die Ausübung ähnlicher Tätigkeiten auf demselben Markt beigebracht hätten. In der vorliegenden Rechtssache habe die Rechtsmittelführerin jedoch keine relevanten Informationen vorgelegt, die die Annahme zuließen, dass die Wettbewerbssituation ihrer Mitglieder beeinträchtigt sein könnte.

40      Sollte der Gerichtshof zu der Auffassung gelangen, dass das Gericht bei der Anwendung der Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit einen Rechtsfehler begangen habe, wäre das Rechtsmittel gleichwohl zurückzuweisen, da der streitige Beschluss Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

41      Die Zulässigkeit einer Klage, die von einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung erhoben wird, steht nach Art. 263 Abs. 4 AEUV unter der Bedingung, dass dieser Person eine Klagebefugnis zuerkannt wird, die in zwei Fällen vorliegt. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft (Urteil vom 20. Januar 2022, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑594/19 P, EU:C:2022:40, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Die in dieser Bestimmung vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind im Licht des Grundrechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, wie er in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist, auszulegen, ohne dass dies den Wegfall der im AEU-Vertrag ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen zur Folge hätte (Urteil vom 3. Dezember 2020, Changmao Biochemical Engineering/Distillerie Bonollo u. a., C‑461/18 P, EU:C:2020:979, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Das vorliegende Rechtsmittel betrifft die letzte Variante des Art. 263 Abs. 4 AEUV, wonach die Klagebefugnis gegeben ist, wenn es sich bei dem angefochtenen Rechtsakt um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter handelt, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht und der den Kläger unmittelbar betrifft. Hierzu hat das Gericht in den Rn. 94 bis 96 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass der streitige Beschluss, mit dem die Kommission es abgelehnt habe, die vom dänischen Gesetzgeber eingeführte Regelung der degressiven Festsetzung der Beiträge für die Abwasserbehandlung als staatliche Beihilfe einzustufen, einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter darstelle. Es hat jedoch in den Rn. 97 bis 104 des angefochtenen Beschlusses auch festgestellt, dass diese Handlung die Rechtsmittelführerin nicht unmittelbar betreffe. Daraus hat das Gericht in den Rn. 105 und 106 des angefochtenen Beschlusses den Schluss gezogen, dass die Klage unzulässig sei, ohne dass geprüft zu werden brauche, ob dieser Rechtsakt Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe.

44      Daher ist zu prüfen, ob das Gericht, wie die Rechtsmittelführerin vorträgt, bei der Anwendung der Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit einen Rechtsfehler begangen hat.

45      Nach dieser Voraussetzung ist erforderlich, dass zwei Kriterien kumulativ erfüllt sind, nämlich erstens, dass sich die beanstandete Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung des Klägers auswirkt, und zweitens, dass sie den Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergibt (Urteil vom 13. Januar 2022, Deutschland u. a./Kommission, C‑177/19 P bis C‑179/19 P, EU:C:2022:10, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      In Bezug auf das zweite dieser Kriterien hat das Gericht in Rn. 98 des angefochtenen Beschlusses, ohne dass dies im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels beanstandet worden wäre, festgestellt, dass der streitige Beschluss, soweit darin ausgeführt wird, dass das vom Königreich Dänemark im Rahmen seiner Gebührenregelung für die Abwasserbehandlung eingeführte Stufenmodell kein Beihilfeelement im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV enthalte, rein automatisch und dies allein nach der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften zur Folge gehabt habe, dass diesem Staat die Anwendung des Stufenmodells gestattet worden sei.

47      In Bezug auf das erste in Rn. 45 des vorliegenden Urteils genannte Kriterium zur unmittelbaren Betroffenheit hat der Gerichtshof in Rn. 43 des Urteils Montessori darauf hingewiesen, dass im Bereich der staatlichen Beihilfen der Umstand, dass ein Kommissionsbeschluss die Wirkungen einer nationalen Maßnahme unberührt lässt, bezüglich deren der Kläger in einer an die Kommission gerichteten Beschwerde geltend gemacht hat, sie sei mit dem Ziel des Wettbewerbsschutzes unvereinbar und versetze ihn in eine nachteilige Wettbewerbssituation, darauf schließen lässt, dass dieser Beschluss die Rechtsstellung des Klägers unmittelbar berührt, insbesondere sein aus den beihilferechtlichen Bestimmungen des AEU-Vertrags folgendes Recht, keinem durch die fraglichen nationalen Maßnahmen verfälschten Wettbewerb ausgesetzt zu sein.

48      Hierzu hat der Gerichtshof in den Rn. 46 und 47 des Urteils Montessori klargestellt, dass die unmittelbare Betroffenheit der Rechtsstellung des Klägers zwar nicht aus der bloßen Möglichkeit einer Wettbewerbsbeziehung zwischen dem Kläger und den Begünstigten der angeblichen Beihilfe abgeleitet werden darf, dass diese Voraussetzung jedoch als erfüllt anzusehen ist, wenn der Kläger stichhaltig dargelegt hat, weshalb der Beschluss der Kommission geeignet ist, ihn in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen und sich damit auf seine Rechtsstellung auszuwirken. Die Prüfung, die das Gericht insoweit vorzunehmen hat, darf jedoch nicht dazu führen, dass es im Stadium der Prüfung der Zulässigkeit der Klage abschließend über die Wettbewerbsbeziehungen zwischen dem Kläger und den Begünstigten der angeblichen Beihilfe befindet.

49      Der Gerichtshof hat somit eine Auslegung der Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit vorgenommen, die es der Person, die eine Beschwerde im Bereich staatlicher Beihilfen an die Kommission gerichtet hat, ermöglicht, Zugang zum Gericht zu erlangen, damit dieses die Rechtmäßigkeit des Kommissionsbeschlusses über die von dieser Beschwerde betroffene nationale Maßnahme überprüft, wobei jedoch Voraussetzung ist, dass diese Person vor dem Gericht stichhaltig darlegt, dass sie aufgrund dieses Beschlusses einen Wettbewerbsnachteil zu erleiden droht.

50      Im vorliegenden Fall hat sich die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht in ihrer Eigenschaft als Berufsverband von dänischen Kleinschlachtbetrieben, Großhändlern, Metzgereien und verarbeitenden Unternehmen vorgestellt. Das Gericht hatte daher zu prüfen, ob sie stichhaltig dargelegt hatte, weshalb der streitige Beschluss, dem zufolge das vom Königreich Dänemark im Rahmen der Gebührenregelung für die Abwasserbehandlung eingeführte Stufenmodell keine Elemente einer staatlichen Beihilfe enthielt, geeignet war, ihre Mitglieder oder zumindest einen erheblichen Teil ihrer Mitglieder in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen.

51      Aus Rn. 103 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass das Gericht seine Beurteilung, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, auf die Erwägung gestützt hat, dass „die [Rechtsmittelführerin] … nicht dargetan [hat], dass ihre Mitglieder bzw. welche von ihnen von der fraglichen Maßnahme konkret betroffen wären, und erst recht nicht, wie sich diese Maßnahme auf ihre Wettbewerbsstellung auswirken würde“.

52      Dadurch, dass das Gericht also von der Rechtsmittelführerin verlangt, „darzutun“, welche wettbewerbswidrigen Wirkungen durch die in Rede stehende nationale Maßnahme – und folglich durch den streitigen Beschluss, der dem betreffenden Mitgliedstaat gestattet, diese Maßnahme anzuwenden, – „konkret“ hervorgerufen werden, hat das Gericht, wie der Generalanwalt in Nr. 27 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit von einer Anforderung abhängig gemacht, die über die hinausgeht, die sich aus der Auslegung dieser Voraussetzung durch den Gerichtshof im Urteil Montessori ergibt. Nach der vom Gerichtshof vorgenommenen Abwägung zur Gewährleistung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes genügt es nämlich, dass die Person, die die Beschwerde eingelegt hat, die Möglichkeit einer nachteiligen Wettbewerbssituation stichhaltig dargelegt hat.

53      Das Gericht hat daher in Bezug auf die Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit eine Anforderung angewandt, die nicht der Tragweite dieser Voraussetzung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte entspricht.

54      Das Vorliegen dieses Fehlers wird durch den Verweis in Rn. 103 des angefochtenen Beschlusses auf dessen Rn. 71 bis 77 bestätigt. In diesen Randnummern hat das Gericht der Rechtsmittelführerin vorgeworfen, sie habe es unterlassen, zur Stützung der Zulässigkeit ihrer Klage insbesondere zu den fraglichen Marktanteilen ihrer Mitglieder und der Begünstigten der angeblichen Beihilfe, zu den Umsätzen und den Einnahmen ihrer Mitglieder und zur Abwälzung der Gebühren für die Abwasserbehandlung, die ihre Mitglieder tatsächlich in Rechnung stellen könnten, konkrete Angaben zu machen. So habe die Rechtsmittelführerin, wie es in Rn. 77 des angefochtenen Beschlusses heißt, „keinen Nachweis für eine konkrete Auswirkung der angeblichen Beihilfe auf ihre Mitglieder und ihre eigene Wettbewerbsstellung auf dem betreffenden Markt erbracht“.

55      Indem das Gericht diese Gesichtspunkte für den Nachweis der unmittelbaren Betroffenheit der Rechtsmittelführerin als erforderlich angesehen hat, ist es über die Anforderung hinausgegangen, die sich aus dem Urteil Montessori ergibt. Ausweislich der Rn. 46 und 47 dieses Urteils soll sich nämlich die Prüfung der unmittelbaren Betroffenheit nicht auf eine eingehende Untersuchung der Wettbewerbsbeziehungen auf dem fraglichen Markt stützen, anhand deren die Tragweite der Beeinträchtigung des Wettbewerbs genau festgestellt werden kann, sondern auf eine Prima-facie-Beurteilung der Gefahr, dass der Kommissionsbeschluss, dem zufolge die fragliche nationale Maßnahme keine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellt, zu einer nachteiligen Wettbewerbssituation für die Rechtsmittelführerin oder ihre Mitglieder führt.

56      Daraus folgt, dass der erste und der zweite Rechtsmittelgrund durchgreifen.

57      Was die von der Kommission und dem Königreich Dänemark angeführte Rechtsprechung angeht, wonach eine Verletzung des Unionsrechts in einem Urteil des Gerichts, wenn zwar die Gründe dieses Urteils eine solche Verletzung enthalten, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen kann und die Begründung durch eine andere zu ersetzen ist (vgl. u. a. Urteil vom 6. Oktober 2021, Banco Santander/Kommission, C‑52/19 P, EU:C:2021:794, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung), so ist festzustellen, dass diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.

58      Entgegen dem Vorbringen der Kommission und des Königreichs Dänemark erweist sich der angefochtene Beschluss, mit dem das Gericht die Klage für unzulässig erklärt hat, nämlich nicht aus anderen Rechtsgründen als den vom Gericht zugrunde gelegten als richtig.

59      Insoweit hat der Gerichtshof zu der von der Kommission und diesem Mitgliedstaat geltend gemachten Voraussetzung des Fehlens von Durchführungsmaßnahmen in den Rn. 63 bis 66 des Urteils Montessori zwar klargestellt, dass die nationalen Vorschriften, mit denen die Regelung eingeführt wird, und die Rechtsakte, mit denen diese Vorschriften umgesetzt werden, z. B. ein Steuerbescheid, Durchführungsmaßnahmen darstellen, die ein Beschluss, mit dem diese Regelung für mit dem Binnenmarkt unvereinbar oder vorbehaltlich der Einhaltung von Zusagen des betreffenden Mitgliedstaats für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird, nach sich zieht. Diese Auslegung ist jedoch auf die Situation eines Wettbewerbers von Begünstigten einer nationalen Maßnahme, bezüglich deren festgestellt wurde, dass sie keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, nicht übertragbar. Ein solcher Wettbewerber erfüllt nämlich nicht die in dieser Maßnahme vorgesehenen Voraussetzungen, um von ihr profitieren zu können. Unter diesen Umständen wäre es abwegig, von diesem Wettbewerber zu verlangen, dass er bei den nationalen Behörden die Gewährung dieses Vorteils beantragt und den diesen Antrag ablehnenden Rechtsakt vor einem nationalen Gericht anficht, um dieses zu veranlassen, den Gerichtshof nach der Gültigkeit des die genannte Maßnahme betreffenden Kommissionsbeschlusses zu befragen.

60      Im vorliegenden Fall besteht der angebliche Vorteil, den die Kommission nach Ansicht der Rechtsmittelführerin als staatliche Beihilfe hätte einstufen müssen, in der Einführung einer degressiven Gebührenregelung, die nach dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin bewirkt, dass die großen Schlachthöfe in dem in den Rn. 4 und 5 des vorliegenden Urteils beschriebenen Modell zu einem günstigeren Tarifabschnitt gehören als die Kleinschlachtbetriebe. Unter diesen Umständen wäre es, wie der Generalanwalt in den Nrn. 59 und 60 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, entsprechend den Feststellungen des Gerichtshofs im Urteil Montessori abwegig und liefe im Übrigen dem Interesse einer geordneten Rechtspflege zuwider, die Rechtsmittelführerin oder die ihr angeschlossenen Schlachthöfe dazu zu verpflichten, im Wissen, darauf keinen Anspruch zu haben, bei den nationalen Behörden, die diese Gebührenregelung durchführen, zu beantragen, den Kleinschlachtbetrieben den Vorteil des auf die großen Schlachthöfe angewandten günstigeren Tarifabschnitts zu gewähren, nur um den Rechtsakt, mit dem dieser Antrag abgelehnt wird, vor einem nationalen Gericht anfechten und dieses veranlassen zu können, den Gerichtshof nach der Gültigkeit des diese Regelung betreffenden streitigen Beschlusses zu befragen.

61      Nach alledem ist dem ersten und dem zweiten Rechtsmittelgrund stattzugeben und der angefochtene Beschluss aufzuheben.

 Zum dritten bis fünften Rechtsmittelgrund

62      Da der angefochtene Beschluss auf der Grundlage des ersten und des zweiten Rechtsmittelgrundes aufgehoben wird, brauchen der dritte, der vierte und der fünfte Rechtsmittelgrund nicht geprüft zu werden.

 Zur Klage vor dem Gericht

63      Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn er zur Entscheidung reif ist.

64      Der Gerichtshof ist in diesem Stadium des Verfahrens nicht in der Lage, über die Begründetheit der beim Gericht erhobenen Klage zu entscheiden, da dies die Prüfung von Tatsachenfragen auf der Grundlage von Angaben erfordert, die weder vom Gericht beurteilt noch vor dem Gerichtshof erörtert worden sind.

65      Dagegen verfügt der Gerichtshof über die erforderlichen Angaben, um über die Zulässigkeit dieser Klage zu entscheiden. Unter diesen Umständen ist endgültig über diesen verfahrensrechtlichen Aspekt zu entscheiden (vgl. u. a. entsprechend Urteile vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, EU:C:2008:422, Rn. 66, vom 27. Februar 2014, Stichting Woonpunt u. a./Kommission, C‑132/12 P, EU:C:2014:100, Rn. 66, sowie vom 21. Februar 2018, LL/Parlament, C‑326/16 P, EU:C:2018:83, Rn. 31 und 32).

66      Hierzu ist erstens festzustellen, dass der streitige Beschluss einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV darstellt. Wie der Gerichtshof in den Rn. 28, 31 und 32 des Urteils Montessori ausgeführt hat, fallen nämlich Rechtsakte der Kommission ohne Gesetzescharakter, die im Bereich der staatlichen Beihilfen die Genehmigung oder das Verbot einer nationalen Regelung zum Gegenstand haben, unter diesen Begriff.

67      Zweitens ist festzustellen, dass aus den in den Rn. 59 und 60 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen nicht davon ausgegangen werden kann, dass der streitige Beschluss Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht.

68      Was drittens die Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit angeht, so verlangt diese, wie in Rn. 45 des vorliegenden Urteils ausgeführt, dass zwei kumulative Kriterien erfüllt sind, nämlich dass sich die beanstandete Maßnahme zum einen auf die Rechtsstellung des Klägers unmittelbar auswirkt und zum anderen ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt.

69      Der streitige Beschluss, wonach das vom Königreich Dänemark im Rahmen seiner Gebührenregelung für die Abwasserbehandlung eingeführte Stufenmodell kein Element einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV enthält, entfaltet seine Rechtswirkungen rein automatisch allein aufgrund der Unionsregelung und ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften. Die Klage erfüllt daher das zweite der beiden in der vorstehenden Randnummer genannten Kriterien.

70      Zum ersten in Rn. 68 des vorliegenden Urteils genannten Kriterium ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht unter Vorlage von Nachweisen vorgetragen hat, dass mehrere von ihr vertretene Mitglieder die gleiche Tätigkeit ausübten wie ein beherrschendes Unternehmen auf dem Markt für die Schlachtung von Rindern und Schweinen in Dänemark und dass Letzteres wegen seines hohen Abwasservolumens einem geringeren Beitrag als dem unterliege, den die der Rechtsmittelführerin angeschlossenen Unternehmen nach der Entgeltstufenregelung gemäß dem Gesetz Nr. 902/2013 beanspruchen könnten. Außerdem hat sie mit Belegen dargelegt, dass diese Unternehmen pro geschlachtetes Tier deutlich höher belastet würden als das beherrschende Unternehmen, da sie nicht in den Genuss desselben Abschnitts des Stufenmodells kommen könnten.

71      Damit hat die Rechtsmittelführerin stichhaltig dargelegt, weshalb der streitige Beschluss geeignet ist, zumindest einen erheblichen Teil ihrer Mitglieder, nämlich die kleinen Schlachtbetriebe, in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen.

72      Folglich wirkt sich der streitige Beschluss unmittelbar auf die Rechtsstellung der Rechtsmittelführerin aus, so dass die Klage auch das erste der beiden in Rn. 68 des vorliegenden Urteils genannten Kriterien erfüllt.

73      Daraus folgt, dass die Klage im ersten Rechtszug zulässig ist. Die Sache ist daher zur Entscheidung über die Begründetheit an das Gericht zurückzuverweisen.

 Kosten

74      Da die Sache an das Gericht zurückverwiesen wird, ist die Kostenentscheidung vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss des Gerichts der Europäischen Union vom 1. Dezember 2020, Danske Slagtermestre/Kommission (T486/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:576), wird aufgehoben.

2.      Die Klage im ersten Rechtszug ist zulässig.

3.      Die Sache wird zur Entscheidung über die Begründetheit an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

4.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Dänisch.