Language of document : ECLI:EU:T:2021:628

Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 22. Februar 2024 (Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Superior de Justicia de Madrid – Spanien) – MP (C-59/22), IP (C-110/22), IK (C-159/22)/Consejería de Presidencia, Justicia e Interior de la Comunidad de Madrid(C-59/22), Universidad Nacional de Educación a Distancia (UNED) (C-110/22), Agencia Madrileña de Atención Social de la Comunidad de Madrid (C-159/22)

(Verbundene Rechtssachen C-59/22, C–110/22 und C-159/221 , Consejería de Presidencia, Justicia e Interior de la Comunidad de Madrid u. a.)

(Vorlage zur Vorabentscheidung – Sozialpolitik – Richtlinie 1999/70/EG – EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge – Befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor – Unbefristet, nicht dauerhaft beschäftigte Vertragsbedienstete – Paragrafen 2 und 3 – Anwendungsbereich – Ausdruck „befristet beschäftigter Arbeitnehmer“ – Paragraf 5 – Maßnahmen zur Vermeidung und Ahndung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse – Gleichwertige gesetzliche Maßnahmen)

Verfahrenssprache: Spanisch

Vorlegendes Gericht

Tribunal Superior de Justicia de Madrid

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: MP (C-59/22), IP (C-110/22), IK (C-159/22)

Beklagte: Consejería de Presidencia, Justicia e Interior de la Comunidad de Madrid (C-59/22), Universidad Nacional de Educación a Distancia (UNED) (C-110/22), Agencia Madrileña de Atención Social de la Comunidad de Madrid (C-159/22)

Tenor

Die Paragrafen 2 und 3 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist,

sind dahin auszulegen, dass

ein unbefristet, nicht dauerhaft beschäftigter Arbeitnehmer als befristet beschäftigter Arbeitnehmer im Sinne dieser Rahmenvereinbarung und damit als in deren Anwendungsbereich fallend anzusehen ist.

Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70 enthalten ist,

ist dahin auszulegen, dass

der Ausdruck „aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse“ in dieser Bestimmung einen Fall erfasst, in dem wegen des Versäumnisses der betreffenden Verwaltung, fristgerecht ein Auswahlverfahren zur endgültigen Besetzung einer Stelle durchzuführen, auf der ein Arbeitnehmer unbefristet, nicht dauerhaft beschäftigt wird, der befristete Vertrag zwischen diesem Arbeitnehmer und dieser Verwaltung automatisch verlängert wurde

Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70 enthalten ist,

ist dahin auszulegen, dass

er einer nationalen Regelung entgegensteht, die weder eine der in dieser Bestimmung genannten Maßnahmen noch eine „gleichwertige gesetzliche Maßnahme“ in deren Sinne vorsieht, um Missbrauch durch unbefristete, nicht dauerhafte Verträge zu verhindern.

Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70 enthalten ist,

ist dahin auszulegen, dass

er einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, dass jedem Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber Missbrauch durch wiederholt verlängerte unbefristete, nicht dauerhafte Verträge begangen hat, eine

pauschale Entschädigung in Höhe von 20 Tagesentgelten pro Beschäftigungsjahr, höchstens jedoch einem Jahresgehalt, zu zahlen ist, wenn die Zahlung dieser Entschädigung zum Vertragsende losgelöst von jeglichen Erwägungen zur Legitimität oder Missbräuchlichkeit dieser Verträge ist.

Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70 enthalten ist,

ist dahin auszulegen, dass

er nationalen Bestimmungen entgegensteht, wonach „Regelverstöße“ „nach den in der jeweiligen öffentlichen Verwaltung geltenden Vorschriften“ die Haftung der öffentlichen Verwaltungen auslösen, wenn diese nationalen Bestimmungen nicht wirksam und abschreckend sind, um die volle Wirksamkeit der zur Durchführung dieses Paragrafen erlassenen Normen sicherzustellen.

Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70 enthalten ist,

ist dahin auszulegen, dass

er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Durchführung von Verfahren zur Konsolidierung von Zeitstellen im Wege von Ausschreibungen zur Besetzung von Stellen vorsieht, auf denen Arbeitnehmer befristet beschäftigt werden, wozu auch Arbeitnehmer gehören, die unbefristet, aber nicht dauerhaft beschäftigt werden, wenn die Durchführung dieser Verfahren von allen Erwägungen zur Missbräuchlichkeit dieser befristeten Verträge losgelöst ist.

Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70 enthalten ist,

ist dahin auszulegen, dass

mangels geeigneter Maßnahmen im nationalen Recht, um in Anwendung dieses Paragrafen 5 Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Verträge, einschließlich wiederholt verlängerter unbefristeter, nicht dauerhafter Verträge, zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden, die Umwandlung dieser befristeten Verträge in unbefristete Verträge eine solche Maßnahme darstellen kann. Gegebenenfalls hat das nationale Gericht die gefestigte nationale Rechtsprechung zu ändern, wenn sie auf einer Auslegung der nationalen Bestimmungen, einschließlich von Verfassungsbestimmungen, beruht, die mit den Zielen der Richtlinie 1999/70 und insbesondere mit diesem Paragraf 5 unvereinbar ist.

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1     ABl. C 359 vom 19.9.2022.