Language of document : ECLI:EU:C:2022:476

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 16. Juni 2022(1)

Rechtssache C265/21

AB,

ABCD

gegen

Z EF

(Vorabentscheidungsersuchen der Cour d’appel de Bruxelles [Appellationshof Brüssel, Belgien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Art. 5 Nr. 1 – Zuständigkeit für Klagen aus Vertrag – Begriff ‚Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag‘ – Klage auf Feststellung eines Eigentumsrechts aufgrund zweier aufeinanderfolgender Verträge – Vertrag, der bei der Bestimmung des Ortes der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Verpflichtung zu berücksichtigen ist – Auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht – Verordnung (EG) Nr. 593/2008“






I.      Einleitung

1.        Die Vorlagefragen der Cour d’appel de Bruxelles (Appellationshof Brüssel, Belgien) betreffen im Wesentlichen die Auslegung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001(2) und von Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008(3).

2.        Die erste dieser Bestimmungen, deren Auslegung im Mittelpunkt des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens steht, legt die besonderen Zuständigkeitsregeln fest, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, die es abweichend von der allgemeinen Regel von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 dem Kläger in bestimmten Situationen erlauben, den Beklagten vor den Gerichten anderer Mitgliedstaaten zu verklagen als demjenigen, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat.

3.        In der vorliegenden Rechtssache geht es darum, festzustellen, ob diese Bestimmung in einem Rechtsstreit anwendbar ist, der eine auf zwei Verträge gestützte Klage auf Anerkennung eines Eigentumsrechts an 20 Kunstwerken betrifft, obwohl zwischen den Parteien des Rechtsstreits, bei denen es sich um die Nachkommen der Parteien des ersten Vertrags handelt, keine unmittelbare Vertragsbeziehung besteht.

4.        In diesem Kontext fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen nach der Tragweite der Entwicklung seiner Rechtsprechung in diesem Bereich. Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen wird den Gerichtshof daher veranlassen, sich erneut mit dem Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zu befassen. Im vorliegenden Fall sind dem vorlegenden Gericht die Hinweise zu geben, die es ihm gestatten, zu beurteilen, ob mit den jüngsten Urteilen des Gerichtshofs(4) eine Änderung gegenüber der früheren Rechtsprechung zur Auslegung dieser Bestimmung erfolgt ist.

5.        Wie ich im Einzelnen darlegen werde, bin ich der Ansicht, dass Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden anwendbar ist.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Verordnung Nr. 44/2001

6.        Art. 2 Abs. 1 in Kapitel II Abschnitt 1 („Allgemeine Vorschriften“) dieser Verordnung lautet:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

7.        In Abschnitt 2 („Besondere Zuständigkeiten“) des Kapitels II dieser Verordnung bestimmt Art. 5 Nr. 1:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

1.      a)      wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;

b)      im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung

–        für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;

–        für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen;

c)      ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a);“

B.      Verordnung Nr. 593/2008

8.        Art. 4 der Verordnung Nr. 593/2008, der das mangels Rechtswahl anzuwendende Recht betrifft, lautet:

„(1)      Soweit die Parteien keine Rechtswahl gemäß Artikel 3 getroffen haben, bestimmt sich das auf den Vertrag anzuwendende Recht unbeschadet der Artikel 5 bis 8 wie folgt:

a)      Kaufverträge über bewegliche Sachen unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

b)      Dienstleistungsverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2)      Fällt der Vertrag nicht unter Absatz 1 oder sind die Bestandteile des Vertrags durch mehr als einen der Buchstaben a bis h des Absatzes 1 abgedeckt, so unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(3)      Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Vertrag eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem nach Absatz 1 oder 2 bestimmten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.

(4)      Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 oder 2 bestimmt werden, so unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, zu dem er die engste Verbindung aufweist.“

III. Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

9.        Die Eheleute X EF und Y EF, die Eltern von Z EF, des Beklagten des Ausgangsverfahrens, waren deutsche Künstler, die u. a. 20 Fotostrecken (im Folgenden: Kunstwerke) geschaffen hatten, die Teil einer internationalen Ausstellung waren, die im Lauf des Jahres 1977 stattgefunden hatte.

10.      CD, die Schwiegermutter von AB und Mutter von AB-CD, den Klägern des Ausgangsverfahrens, führte eine Kunstgalerie in Lüttich (Belgien). Ende 1980 oder Anfang 1981 wurden die Kunstwerke an CD übergeben, ebenso wie später die Echtheitszertifikate für diese Werke.

11.      Mit Vertrag vom 26. Januar 2007 kauften die Kläger des Ausgangsverfahrens die Kunstwerke von CD. CD verstarb am 24. November 2007, und im selben Jahr verstarb Y EF ebenfalls.

12.      Im August 2013 vertraute AB die Kunstwerke der Gesellschaft Christie’s an, um sie versteigern zu lassen. Im Jahr 2014 kontaktierte Christie's X EF, die angab, Eigentümerin dieser Werke zu sein. Die Versteigerung der Kunstwerke wurde ausgesetzt.

13.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens behaupten, dass diese Werke von CD gekauft worden seien, während der Beklagte des Ausgangsverfahrens vorbringt, dass sie bei der Galerie von CD in Verwahrung gegeben worden seien, um sie im Hinblick auf ihren Verkauf der Öffentlichkeit zu präsentieren.

14.      Am 20. Juni 2014 leiteten die Kläger des Ausgangsverfahrens das vorliegende Verfahren ein, um im Wesentlichen feststellen zu lassen, dass sie die alleinigen Eigentümer der Kunstwerke seien, und um X EF untersagen zu lassen, ihnen gegenüber ein Eigentumsrecht geltend zu machen.

15.      X EF wurde vor dem Tribunal de première instance francophone de Bruxelles (Französischsprachiges Gericht erster Instanz von Brüssel, Belgien) verklagt und erhob unter Berufung auf die Verordnung Nr. 44/2001 eine Einrede der Unzuständigkeit, da sich ihr Wohnsitz in Deutschland befinde. Hilfsweise beantragte sie, die gegen sie gerichtete Klage als unzulässig oder unbegründet abzuweisen und verlangte gleichzeitig die Rückgabe der Kunstwerke. Am 10. Oktober 2015 verstarb X EF und der Beklagte des Ausgangsverfahrens führte das Verfahren fort.

16.      Mit Urteil vom 22. November 2016 erklärte sich das Tribunal de première instance francophone de Bruxelles für örtlich unzuständig. Insoweit entschied es, dass seine Zuständigkeit nicht auf der Grundlage von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 begründet werden könne, da zwischen den Parteien keine Vertragsbeziehung bestehe.

17.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens legten gegen dieses Urteil bei der Cour d’appel de Bruxelles Berufung ein. Sie tragen vor, CD habe die Kunstwerke durch einen Kaufvertrag erworben, die Klage sei als „vertraglich“ einzustufen und die belgischen Gerichte seien zuständig, da sich der Erfüllungsort in Belgien befinde. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens bringt dagegen vor, dass die Kunstwerke Gegenstand eines Verwahrungsvertrags gewesen seien und dass die Bestimmung des zuständigen Gerichts, da es sich um Klage auf „Herausgabe“ des Eigentums handele, unter Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 falle, der den deutschen Gerichten die Zuständigkeit zuweise.

18.      Zur Frage, ob ein „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 den Gegenstand der Klage der Kläger des Ausgangsverfahrens bilden, stellt das vorlegende Gericht fest, dass zwischen den beiden Parteien des Rechtsstreits keine unmittelbare Vertragsbeziehung bestehe. Angesichts der jüngsten einschlägigen Urteile des Gerichtshofs(5) sei es jedoch möglich, dass das Erfordernis, eine freiwillig eingegangene Verpflichtung zu bestimmen, nicht mehr, wie es seit dem Urteil Handte(6) der Fall gewesen sei, voraussetze, dass eine solche Verpflichtung zwischen den Parteien des Rechtsstreits eingegangen worden sei, sondern nur impliziere, dass der Kläger die Klage, die er gegen den Beklagten erhebe, auf eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung stütze(7). Der Gerichtshof habe nämlich nicht nur klargestellt, dass „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ alle Verpflichtungen umfasse, die sich aus dem Vertrag ergäben, auf dessen Nichterfüllung die Klage des Klägers gestützt werde(8), sondern er habe auch festgestellt, dass eine Gläubigeranfechtungsklage und eine Klage auf Ausgleichszahlung(9) unter den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ fielen, da die Klage auf einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung beruhe(10).

19.      Auch wenn es sich um auf den Einzelfall bezogene Situationen handele, so dass diese Auslegung nicht über diese Situationen hinausgehend anwendbar sei, habe der Gerichtshof jedoch festgestellt, dass die in Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehene besondere Zuständigkeitsregel für Ansprüche aus einem Vertrag auf der Grundlage der Klage und nicht auf der Identität der Parteien beruhe(11).

20.      Unter diesen Umständen hat die Cour d’appel de Bruxelles mit Entscheidung vom 1. April 2021, die am 26. April 2021 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001

a)      dahin auszulegen, dass eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung zu bestimmen ist, auf die sich die betreffende Klage stützt, auch wenn die Verpflichtung vom Beklagten und/oder gegenüber dem Kläger nicht freiwillig eingegangen wurde?

b)      Falls die Frage bejaht wird: Welcher Grad der Verbindung muss zwischen der freiwillig eingegangenen Verpflichtung und dem Kläger und/oder dem Beklagten bestehen?

2.      Bedeutet der Begriff „Klage“, auf den sich der Kläger „stützt“, in gleicher Weise wie das Kriterium zur Unterscheidung, ob eine Klage einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 oder „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung (Urteil vom 24. November 2020, Wikingerhof, C‑59/19, im Folgenden: Urteil Wikingerhof, EU:C:2020:950, Rn. 32) zum Gegenstand hat, dass zu prüfen ist, ob die Auslegung der freiwillig eingegangenen Verpflichtung für die Beurteilung der Grundlage der Klage unerlässlich erscheint?

3.      Hat eine Klage, mit der ein Kläger die Feststellung begehrt, dass er aufgrund zweier Kaufverträge Eigentümer einer in seinem Besitz befindlichen Sache ist, wobei der erste Kaufvertrag vom ursprünglichen Miteigentümer dieser Sache (dem Ehegatten der Beklagten, der ebenfalls ursprünglich Miteigentümer war) und der Person, von der der Kläger die Sache erworben hat, und der zweite zwischen den beiden letztgenannten Personen geschlossen wurde, einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand?

a)      Ändert sich die Antwort, wenn sich der Beklagte darauf beruft, dass es sich bei dem ersten Vertrag nicht um einen Kaufvertrag, sondern um einen Verwahrungsvertrag handelte?

b)      Wenn einer dieser Fälle einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag zum Gegenstand hat, welcher Vertrag ist dann bei der Bestimmung des Ortes der der Klage zugrunde liegenden Verpflichtung zu berücksichtigen?

4.      Ist Art. 4 der Verordnung Nr. 593/2008 dahin auszulegen, dass er auf den in der dritten Vorlagefrage genannten Sachverhalt anwendbar ist, und falls ja, welcher Vertrag ist dabei zu berücksichtigen?

21.      Die Parteien des Ausgangsverfahrens, die belgische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.

IV.    Würdigung

A.      Zur Zulässigkeit der vierten Vorlagefrage

22.      Ohne förmlich die Unzulässigkeit der vierten Vorlagefrage einzuwenden, macht die Kommission geltend, dass das vorlegende Gericht nicht die Gründe angebe, aus denen es Zweifel an der Anwendbarkeit von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 593/2008 auf die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden Verträge habe.

23.      Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung, die nunmehr Ausdruck in Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs gefunden hat, eine Auslegung des Unionsrechts, die für das nationale Gericht von Nutzen ist, nur dann möglich ist, wenn das vorlegende Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Kontext, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen, auf denen diese beruhen, erläutert. Außerdem muss die Vorlageentscheidung die genauen Gründe angeben, aus denen dem nationalen Gericht die Auslegung des Unionsrechts fraglich und die Vorlage einer Vorabentscheidungsfrage an den Gerichtshof erforderlich erscheint(12).

24.      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht nicht die Gründe angegeben hat, aus denen es seine vierte Frage gestellt hat, und dass es folglich nicht den Anforderungen von Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genügt hat.

25.      Ich schlage vor, die vierte Frage für unzulässig zu erklären.

B.      Zur Beantwortung der Fragen

26.      Die ersten drei Vorlagefragen betreffen im Wesentlichen die Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, wie er sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt.

27.      Die Zweifel des vorlegenden Gerichts, die im Wesentlichen die Tragweite der Entwicklung der umfangreichen Rechtsprechung des Gerichtshofs in den letzten 30 Jahren betreffen, beziehen sich zum einen darauf, dass die vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht einheitlich sei, und zum anderen darauf, dass sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs durch Aufgabe der engen Auslegung dieses Begriffs geändert habe.

28.      In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich zunächst einige Vorbemerkungen insbesondere zum System, zu den Zielen und zur Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 44/2001 machen (Abschnitt 1). Sodann werde ich die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs zum autonomen Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung prüfen, um die Tragweite ihrer Entwicklung zu klären und eine Antwort auf die erste Vorlagefrage vorzuschlagen (Abschnitt 2), und schließlich werde ich die zweite und die dritte Vorlagefrage prüfen (Abschnitt 3 und 4).

1.      Vorbemerkungen

29.      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass sich die Verordnung Nr. 44/2001, die das Übereinkommen vom 27. September 1968(13) ersetzt hat, an dieses Übereinkommen anlehnt und sich in dessen Kontinuität einfügt(14). Nach ständiger Rechtsprechung gilt daher die Auslegung der Bestimmungen dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof auch für die Bestimmungen dieser Verordnung, soweit die Bestimmungen dieser Rechtsakte als „gleichbedeutend“ angesehen werden können(15). Das ist bei Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens und Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, die nahezu denselben Wortlaut haben, der Fall. Dasselbe gilt für den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung, da die an dieser Bestimmung vorgenommenen Änderungen nur das Anknüpfungskriterium für die Bestimmung des zuständigen Gerichts in Bezug auf Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen und die Erbringung von Dienstleistungen betreffen und im Übrigen das Wesen der entsprechenden Bestimmung des Brüsseler Übereinkommens unverändert lassen(16). Da das vorlegende Gericht den Gerichtshof nach der Entwicklung seiner jüngeren Rechtsprechung zu diesem Begriff fragt, werde ich mich in den vorliegenden Schlussanträgen auch auf die einschlägige Rechtsprechung zu Art. 7 Nr. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 beziehen, die die Verordnung Nr. 44/2001 ersetzt hat.

30.      Zweitens ist hervorzuheben, dass Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 nach ständiger Rechtsprechung im Licht der Entstehungsgeschichte, der Ziele und der Systematik dieser Verordnung auszulegen ist(17). Was insbesondere den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne dieser Bestimmung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof seit dem Urteil Peters Bauunternehmung(18), betreffend die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens, wiederholt entschieden hat, dass dieser Begriff nicht als Verweisung auf die Qualifizierung des dem nationalen Gericht unterbreiteten Rechtsverhältnisses nach dem anwendbaren nationalen Recht verstanden werden kann. Dieser Begriff ist vielmehr autonom unter Berücksichtigung der Systematik und der Zielsetzungen der Verordnung Nr. 44/2001 auszulegen, um deren einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten(19). Auch wenn der Gerichtshof keine allgemeine und abstrakte Definition des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ gegeben hat, hat er die Umrisse dieses Begriffs im Einzelfall unter Berücksichtigung von Gesetzesänderungen und unter Hinweis darauf, ob eine vertragliche Verpflichtung besteht oder nicht, vorgegeben.

31.      Insoweit bemüht sich der Gerichtshof heute noch darum, die Systematik und die Ziele der Verordnung Nr. 44/2001 seit der „Geburt“ dieser Verordnung in Form des Brüsseler Übereinkommens zu bestimmen. Es erscheint mir wichtig, kurz auf die Tragweite der Anwendungsvoraussetzungen von Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung und auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, die diese Bestimmung im Kontext einer besonders umfangreichen Rechtsprechung aufwirft(20).

32.      Was zunächst das System der Verordnung Nr. 44/2001 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass sich der Gerichtshof erstmals im Urteil Peters Bauunternehmung(21) zum Verhältnis zwischen der in Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen allgemeinen Regel der Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, und der in Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Zuständigkeitsregel, „wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“, geäußert hat. In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass „Artikel 5 des [Brüsseler] Übereinkommens … in Abweichung von der allgemeinen Zuständigkeitsnorm des Artikels 2 Absatz 1 d[ies]es Übereinkommens besondere Zuständigkeiten vor[sieht], unter denen der Kläger die Wahl hat“(22). Auf diese Beurteilung hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung wiederholt hingewiesen(23).

33.      Was sodann die Ziele der Verordnung Nr. 44/2001 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach dem elften Erwägungsgrund dieser Verordnung die Zuständigkeitsvorschriften in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten müssen, und diese Zuständigkeit stets gegeben sein muss außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Außerdem heißt es im zwölften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001, dass der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden muss, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind.

34.      Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Entstehungsgeschichte von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 deutlich macht, dass die besonderen Zuständigkeitsregeln auf der Erwägung beruhen, dass „eine enge Verbindung zwischen einem Rechtsstreit und dem für seine Entscheidung zuständigen Gericht besteht“(24). Folglich genügen die Optionen, die dem Kläger nach dieser Bestimmung zustehen, den Erfordernissen des Grundsatzes der Nähe(25).

35.      Im Licht dieser Vorbemerkungen werde ich nun die Fragen des vorlegenden Gerichts analysieren.

2.      Zur ersten Vorlagefrage

36.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass seine Anwendung voraussetzt, dass eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung bestimmt wird, auf die sich die betreffende Klage stützt, auch wenn diese Verpflichtung die Parteien des Rechtsstreits nicht unmittelbar bindet. Für den Fall, dass dies bejaht wird, möchte das vorlegende Gericht wissen, welcher Grad der Verbindung zwischen der vertraglichen Verpflichtung und diesen Parteien bestehen muss. Mit dieser Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um eine Bestätigung der Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“, wie er sich aus der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt.

37.      Was erstens die Besonderheiten der vorliegenden Rechtssache betrifft, stützen die Kläger des Ausgangsverfahrens ihre Klage auf Anerkennung des Eigentumsrechts auf einen Kaufvertrag zwischen der Mutter von einem der beiden, einer Galeristin, die die Kunstwerke eines Künstlerpaars, der Eltern des Beklagten des Ausgangsverfahrens, erworben haben soll. Letzterer macht geltend, bei dem fraglichen Vertrag handele es sich nicht um einen Kaufvertrag, sondern um einen Verwahrungsvertrag.

38.      Wie das vorlegende Gericht feststellt, wurde der fragliche Vertrag nicht von den Parteien des Ausgangsverfahrens geschlossen, die somit nicht unmittelbar vertraglich miteinander verbunden sind.

39.      Was zweitens die schriftlichen Erklärungen der Parteien betrifft, sind die Kläger des Ausgangsverfahrens und die belgische Regierung der Ansicht, dass der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ weit auszulegen sei, so dass sich auch Dritte auf Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 berufen könnten. Die belgische Regierung macht jedoch geltend, dass das im Urteil flightright aufgestellte Kriterium nicht auf Situationen anzuwenden sei, in denen sich die Frage stelle, wer der Eigentümer einer Sache sei, wie dies hier der Fall sei, sondern nur auf die Situationen, in denen die Klage auf die vertragliche Verpflichtung selbst gestützt werde. Nach Ansicht dieser Regierung führt die jüngste Rechtsprechung des Gerichtshofs tendenziell zu einem „forum shopping“ zum Nachteil der Rechtssicherheit.

40.      Der Beklagte des Ausgangsverfahrens und die Kommission machen u. a. geltend, dass zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens eine Vertragsbeziehung bestehen müsse, um die Klage als „vertraglich“ einzustufen. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens weist insoweit darauf hin, dass die besonderen Zuständigkeiten eng auszulegen seien, um das Ziel der Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit der Verordnung Nr. 44/2001 zu wahren. Die Kommission trägt vor, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs im Urteil Handte(26) in einem Fall, in dem der Kläger seine Klage auf mehrere aufeinanderfolgende Verträge stütze, die besondere Zuständigkeitsregel für Verträge und Ansprüche aus einem Vertrag keine Anwendung finde, da der Kläger und der Beklagte nicht Parteien desselben Vertrags seien. Daher sei die allgemeine Regel der Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats anzuwenden, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz habe.

41.      Angesichts der Formulierung der ersten Vorlagefrage und der Erklärungen der Parteien halte ich es für erforderlich, die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs zu analysieren.

a)      Einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001

42.      Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt, dass, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht „des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre“, verklagt werden kann. Um die gerichtliche Zuständigkeit nach dieser Vorschrift zu bestimmen und die Frage zu beantworten, ob ein Rechtsstreit als Rechtsstreit eingestuft werden kann, bei dem „ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“, hat der Gerichtshof den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ autonom ausgelegt, indem er sich zunächst an einer engen Auslegung dieses Begriffs und sodann an einer weiteren Auslegung dieses Begriffs orientiert hat. Diese beiden Ansätze legen die Verpflichtung, die der Klage zugrunde liegt, und damit den Erfüllungsort dieser Verpflichtung unterschiedlich fest. Zwar hat der Gerichtshof entschieden, dass „die Verpflichtung, deren Erfüllungsort für die gerichtliche Zuständigkeit nach Artikel 5 Nummer 1 [der Verordnung Nr. 44/2001] maßgebend ist, diejenige vertragliche Verpflichtung ist, deren Nichterfüllung zur Begründung der fraglichen Klage behauptet wird“(27). Trotz der Klarheit dieser Formulierung ist die Bestimmung dieser Verpflichtung jedoch nicht immer offensichtlich, wie die Probleme zeigen, die sich bei der Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ zeigen(28).

43.      In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob der Gerichtshof die enge Auslegung zugunsten einer weiteren Auslegung aufgegeben und damit eine Änderung gegenüber seiner früheren Rechtsprechung vorgenommen hat. Diese Frage steht im Mittelpunkt der Zweifel, die den vorliegenden Vorlagefragen zugrunde liegen. Um die Tragweite dieser Rechtsprechung besser zu erfassen und eine sachdienliche Antwort vorschlagen zu können, erscheint es mir erforderlich, diese beiden Auslegungslinien in der Rechtsprechung und ihre Entwicklung sowie die Ziele der Vorhersehbarkeit und/oder der Nähe der Verordnung Nr. 44/2001 zu bestimmen, auf die sich der Gerichtshof bei der einen oder der anderen Auslegung gestützt hat.

1)      Zur engen Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“: Das Erfordernis, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein Vertrag besteht

44.      Der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der der Abgrenzung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift dient(29).

45.      Um die Umrisse dieses autonomen Begriffs zu bestimmen, hat der Gerichtshof Anfang der Achtzigerjahre die besondere Zuständigkeitsregel, die dem Kläger für vertragliche Streitigkeiten offensteht, eng ausgelegt (im Folgenden: enge Auslegung). Die Urteile Peters Bauunternehmung und Handte liegen dieser Rechtsprechungslinie zugrunde.

46.      Im Urteil Peters Bauunternehmung(30)hat sich der Gerichtshof zum Verhältnis zwischen den speziellen Zuständigkeitsregeln und der allgemeinen Zuständigkeitsregel geäußert(31). Nach der Lehre hat sich der Gerichtshof in diesem Urteil „für eine enge Auslegung all dessen ausgesprochen, was als eine Ausnahme von Art. 2 des Brüsseler Übereinkommens zu sehen ist“(32).

47.      Sodann hat der Gerichtshof im Urteil Kalfelis(33)festgestellt, dass die besonderen Zuständigkeitsregeln als Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz einschränkend auszulegen seien(34), und später klargestellt, dass sie „nicht zu einer Auslegung führen [können], die über die in dem [Brüsseler] Übereinkommen vorgesehenen Fälle hinausgeht“(35). Obwohl dieser Ansatz meines Erachtens nicht darauf abzielte, den Anwendungsbereich der „Ansprüche aus einem Vertrag“(36) durch eine enge Auslegung des Begriffs „vertragliches Schuldverhältnis“ zu begrenzen, hat der Gerichtshof in späteren Urteilen den letztgenannten Begriff gleichwohl eng ausgelegt, indem er sich darauf stützte, dass es sich um eine der Ausnahmen von der allgemeinen Zuständigkeitsregel handelte.

48.      Im Urteil Handte(37) hat sich der Gerichtshof erstmals zum Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens geäußert, indem er ausführte, dass dieser Begriff „nicht so verstanden werden [kann], dass er für eine Situation gilt, in der keine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung vorliegt“. So hat der Gerichtshof unter Berufung auf den Grundsatz der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands, an dem der Kläger seine Klage einreichen muss(38), entschieden, „dass Artikel 5 Nr. 1 des Übereinkommens dahin auszulegen ist, dass er nicht für einen Rechtsstreit gilt, den der spätere Erwerber einer Sache gegen den Hersteller, der nicht der Verkäufer ist, wegen Mängeln der Sache oder ihrer Untauglichkeit zum bestimmungsgemäßen Gebrauch anstrengt“(39).

49.      Seit diesem Urteil ist klar geworden, dass die vom Gerichtshof gewählte enge Auslegung den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ dahin einschränkte, dass diese Bestimmung nur auf die Beziehungen zwischen den Vertragspartnern des in Rede stehenden Vertrags anwendbar war, d. h. nur auf Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragsparteien. Bei der Einstufung der Klage war nämlich der vom Gerichtshof berücksichtigte entscheidende Gesichtspunkt das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits.

50.      Insoweit erscheint mir der Hinweis wichtig, dass der Gerichtshof in dieser Rechtsprechungslinie(40) bei der Auslegung von Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens oder der Verordnung Nr. 44/2001 im Licht der Ziele und der Systematik dieses Übereinkommens oder dieser Verordnung den autonomen Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ hauptsächlich auf das Ziel der Vorhersehbarkeit gestützt hat(41).

51.      Diese enge Auslegung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 und damit des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“, die lange von der Rechtsprechung vertreten wurde(42), wurde zwar von einem Teil der Lehre begrüßt(43), doch kritisierten einige Autoren sie nicht nur hinsichtlich des engen Ansatzes betreffend das Verhältnis zwischen der allgemeinen Regel und den speziellen Regeln, sondern auch hinsichtlich der engen Definition des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ und damit des Begriffs „vertragliches Schuldverhältnis“ durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs.

52.      Was erstens die Systematik der Verordnung Nr. 44/2001 betrifft, vertreten die Autoren, die diesem Ansatz entgegengetreten sind, die Auffassung, dass das bloße Bestehen der allgemeinen Regel nach Art. 2 nicht dazu führen dürfe, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 eng oder gar restriktiv ausgelegt werde, und dass eine solche Auslegung nicht zu Ungunsten der Gesamtkohärenz dieser Verordnung vorgenommen werden könne(44), nämlich so weit wie möglich gleiche und einheitliche Rechte und Pflichten, die sich daraus ergeben, zu gewährleisten(45). Einige Autoren betonen insbesondere, dass es, wie der Gerichtshof entschieden habe, nur darum gehe, „eine… Auslegung [zu vermeiden], die über die [im System der Verordnung Nr. 44/2001] vorgesehenen Fälle hinausgeht“(46), und dass es daher falsch wäre, aus der Formulierung von Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung abzuleiten, dass diese Bestimmung eine Ausnahme sei, die weniger häufig anzuwenden sei als Art. 2 dieser Verordnung(47). Das bloße Bestehen besonderer Zuständigkeitsregeln als solcher stärkt nämlich die Möglichkeit, dass der Beklagte vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem er seinen Wohnsitz hat, verklagt wird. Diese Möglichkeit gestattet es, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Klägers und denen des Beklagten zu gewährleisten(48).

53.      Ich teile diese Ansicht. Ein solcher Ansatz ergibt sich klar aus dem Urteil Peters Bauunternehmung, in dem der Gerichtshof bereits festgestellt hatte, dass „Artikel 5 [des Brüsseler Übereinkommens] gerade mit Rücksicht auf die in ganz bestimmten Fällen bestehende besonders enge Verknüpfung zwischen einem Rechtsstreit und dem für seine Entscheidung zuständigen Gericht im Interesse einer sachgerechten Prozessführung besondere Zuständigkeiten vorsieht, unter denen der Kläger die Wahl hat“(49). Daraus geht klar hervor, dass der Gerichtshof diese Bestimmung insbesondere unter Bezugnahme auf das Ziel der Nähe auslegt.

54.      Dies führt mich zweitens zu dem Hinweis, dass die Definition des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, wie sie der Gerichtshof im Urteil Handte(50) vorgenommen hat, ebenfalls Gegenstand von Kritik war. Mehrere Autoren waren nämlich der Ansicht, dass dieser restriktive Ansatz dem Vertragsgerichtsstand eine zu geringe Rolle, insbesondere zulasten des Grundsatzes der Nähe, einräume(51) und dass „eine weitere Auslegung, die den zugrunde liegenden wirtschaftlichen Herausforderungen angepasst ist“, geboten sei(52).

55.      Aus den in den vorstehenden Nummern dargelegten Gründen(53) bin ich daher der Ansicht, dass die enge Auslegung des Verhältnisses zwischen der allgemeinen Regel und den besonderen Regeln nicht zu einer engen Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ und folglich des Begriffs „vertragliches Schuldverhältnis“ führen darf(54). Eine weitere Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ gestattet es, das Ziel der Nähe und der geordneten Rechtspflege zu berücksichtigen(55). Wie in der Lehre kürzlich ausgeführt, besteht bei einer zu dogmatischen Auslegung, die der Rechtssicherheit und damit dem Ziel der Vorhersehbarkeit im Verhältnis zur geordneten Rechtspflege und dem Ziel der Nähe übermäßig den Vorzug gibt, die Gefahr einer Funktionsstörung des Systems(56). Meines Erachtens erfordert die Gesamtkohärenz der Verordnung Nr. 44/2001 nämlich, dass bei der Auslegung von Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung das Gleichgewicht zwischen dem Ziel der Nähe und der geordneten Rechtspflege und dem Ziel der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit zu berücksichtigen ist(57). Dieses Gleichgewicht zwischen den Zielen dieser Verordnung gestattet es auch, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Klägers und denen des Beklagten zu gewährleisten. Insoweit genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der autonome Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ die Systematik und die Ziele dieser Verordnung berücksichtigen muss, um eine einheitliche Anwendung dieser Verordnung in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten(58). Jedenfalls darf die Auslegung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 diese Bestimmung nicht ihres Inhalts entleeren und muss es der darin enthaltenen besonderen Zuständigkeitsregel gestatten, ihre praktische Wirksamkeit zu entfalten(59). In diesem Stadium stellt sich die Frage, ob die weitere Auslegungslinie der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dieser Bestimmung dies zulässt. Ich glaube ja.

2)      Zur Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs hin zu einer weiteren Auslegung: Erfordernis der Feststellung einer von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung, auf die sich die Klage stützt

56.      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in seinen ersten Urteilen zur Auslegung von Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens entschieden hat, dass diese Bestimmung auch dann anwendbar ist, „wenn das Zustandekommen des Vertrages, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, zwischen den Parteien streitig ist“(60). Aus dieser Erwägung ergibt sich bereits, wie Generalanwalt Jacobs später ausführen wird(61), dass der Gerichtshof nicht davon ausgegangen ist, dass der Anwendungsbereich dieser Bestimmung eng zu bestimmen sei. In seinen Schlussanträgen hat er darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof bereits entschieden habe, dass sich der Anwendungsbereich dieser Bestimmung auf „enge Bindungen gleicher Art …, wie sie zwischen Vertragsparteien bestehen“, erstreckt, wozu die Beziehungen zwischen einer Vereinigung und ihren Mitgliedern gehören(62). Seiner Ansicht nach spiegelt dieser Ansatz die Zielsetzung wider, die der Wortlaut der Bestimmung in ihren verschiedenen Sprachfassungen impliziert(63).

57.      Einige Jahre später hat der Gerichtshof im Urteil Tacconi(64) klar zum Ausdruck gebracht, dass „Artikel 5 Nummer 1 [der Verordnung Nr. 44/2001] nicht den Abschluss eines Vertrages [verlangt]“(65), wobei er darauf hingewiesen hat, dass „für die Anwendung dieser Bestimmung gleichwohl die Feststellung einer Verpflichtung unerlässlich [ist], da sich die Zuständigkeit des nationalen Gerichts dann, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, nach dem Ort bestimmt, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre“(66). Dieses Urteil scheint jedoch die Anwendbarkeit von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 noch auf die Situationen zu beschränken, in denen eine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung vorliegt, d. h. eine Verpflichtung zwischen den Parteien des Rechtsstreits.

58.      Eine solche Beschränkung wurde im Urteil Engler(67) aufgegeben, in dem der Gerichtshof bestätigt hat, dass Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht den Abschluss eines Vertrags verlangt(68). Der Gerichtshof hat klar darauf hingewiesen, dass in Anbetracht seiner früheren Rechtsprechung(69) die Anwendung der besonderen Zuständigkeitsregel, die für einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag in dieser Bestimmung vorgesehen ist, „vom Gerichtshof nicht eng ausgelegt wird“(70). Er hat entschieden, dass die Anwendung dieser Bestimmung „voraus[setzt], dass eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung bestimmt werden kann, auf die sich die betreffende Klage stützt“(71). Diese weitere Definition des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ ist nunmehr ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs(72). Nach dieser Definition müssen zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Klage unter diesen Begriff fällt: Sie muss zum einen eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung betreffen und zum anderen auf diese Verpflichtung gestützt sein.

i)      Zur ersten Voraussetzung: Die Klage muss eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung betreffen

59.      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass diese erste Voraussetzung mehrere Arten von Verpflichtungen betrifft(73). Zunächst hat der Gerichtshof im Urteil Kareda(74) diese erste Voraussetzung im Licht seiner früheren Rechtsprechung präzisiert(75). Im Rahmen einer weiteren Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ hat er entschieden, dass die vertraglichen Schuldverhältnisse alle Verpflichtungen umfassen, die sich aus dem Vertrag ergeben(76).

60.      Sodann hat er auch die Verpflichtungen einbezogen, die ihre Grundlage in „enge[n] Bindungen gleicher Art …, wie sie zwischen den Parteien eines Vertrages bestehen“(77), haben.

61.      Da schließlich, damit eine Klage einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag betrifft, die Verpflichtung, die der Klage zugrunde liegt, festzustellen ist, ohne dass das Bestehen eines Vertrags verlangt wird(78), hat der Gerichtshof u. a. festgestellt, dass die Verpflichtungen, die nicht aufgrund einer Willenseinigung, sondern aufgrund einer freiwilligen einseitigen Verpflichtungserklärung einer Person gegenüber einer anderen entstehen(79), sowie die stillschweigenden vertraglichen Beziehungen(80) einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ betreffen.

62.      Da die beiden in Rede stehenden Voraussetzungen jedoch kumulativ sind, hängt die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht allein von der Feststellung einer Verpflichtung ab. Hinzu kommt, dass die Klage auf diese Verpflichtung gestützt sein muss.

ii)    Zur zweiten Voraussetzung: Die Klage muss auf diese Verpflichtung gestützt sein

63.      Im Urteil flightright(81) hat der Gerichtshof festgestellt, dass die in Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 und Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 vorgesehene besondere Zuständigkeitsregel für Ansprüche aus einem Vertrag auf der Grundlage der Klage und nicht auf der Identität der Parteien beruht(82).

64.      Wie Generalanwalt Saugmandsgaard Øe ausgeführt hat, „[behält m]it dieser Voraussetzung … der Gerichtshof [die Anwendung dieser Zuständigkeitsregel] … denjenigen Klagen vor, die vertraglicher Natur sind, d. h. denen, die in der Sache hauptsächlich Fragen des Vertragsrechts aufwerfen – oder, anders ausgedrückt, Fragen aufwerfen, die in den Anwendungsbereich des auf den Vertrag anzuwendenden Rechts (lex contractus) im Sinne der … Verordnung [Nr. 593/2008] fallen. Damit stellt der Gerichtshof sicher, dass, im Einklang mit dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Ziel der Sachnähe, über derartige Fragen in erster Linie das für den Vertrag zuständige Gericht entscheidet“(83). Der Generalanwalt hat darauf hingewiesen, dass, da diese Bestimmungen über die besondere Zuständigkeitsregel für Ansprüche aus einem Vertrag nicht nur für Verträge gälten, er sich damit „auf alle Rechtsnormen, die aufgrund einer freiwilligen Verpflichtungserklärung einer Person gegenüber einer anderen Person Verpflichtungen auferlegen“, beziehe(84).

b)      Zwischenergebnis

65.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist erstens festzustellen, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht als einheitlich angesehen werden kann, was die Schwierigkeiten der nationalen Gerichte erklärt, festzustellen, auch heute noch, ob die Rechtsstreitigkeiten unter diesen Begriff fallen oder nicht(85).

66.      Der Gerichtshof hat sich nämlich ursprünglich an einer engen Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ orientiert, wobei er davon ausgegangen ist, dass nur die Rechtsstreitigkeiten, die auf einem Vertrag zwischen den Parteien des Rechtsstreits beruhen, unter diesen Begriff fallen(86). Im Rahmen dieser Auslegung hat der Gerichtshof im Wesentlichen auf das Ziel der Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit des Brüsseler Übereinkommens oder der Verordnung Nr. 44/2001 Bezug genommen(87).

67.      Der Gerichtshof hat sich sodann an einer weiteren Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ orientiert und festgestellt, dass ein Rechtsstreit unter diesen Begriff fällt, wenn der Kläger die Klage, die er gegen den Beklagten erhebt, auf eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung stützt. Im Urteil Engler(88) hat der Gerichtshof erstmals klar darauf hingewiesen, dass „[Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001] vom Gerichtshof nicht eng ausgelegt wird“. Sodann hat er in den Urteilen Kareda(89) und flightright(90), die in der späteren Rechtsprechung bestätigt worden sind(91), die enge Auslegung dieser Bestimmung endgültig aufgegeben, die sich auf den „personalistischen“ Ansatz des Begriffs Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag gründet(92), der aus dem Urteil Handte(93) hervorgegangen ist, um eine weitere Auslegung vorzunehmen.

68.      Zweitens ergibt sich aus dieser weiteren Auslegung, dass die Klage eines Klägers, selbst wenn sie gegen einen Dritten erhoben wird, als „vertraglich“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 einzustufen ist, wenn sie auf einer von einer Person gegenüber einer anderen eingegangenen Verpflichtung beruht(94). Folglich kann der Umstand, dass im vorliegenden Fall die beiden Parteien des Rechtsstreits nicht unmittelbar vertraglich miteinander verbunden sind, die Einstufung dieser Klage als „Ansprüche aus einem Vertrag“ betreffend nicht in Frage stellen. Es kommt nämlich allein darauf an, ob die Verpflichtung, auf die sich die Kläger des Ausgangsverfahrens berufen, aus einem Vertrag, verstanden als Vereinbarung zwischen zwei Personen, oder aus einer Rechtsbeziehung entstanden ist, die einem Vertrag gleichgestellt werden kann, da sie „enge Bindungen gleicher Art schafft, wie sie zwischen Vertragsparteien bestehen“(95).

69.      Im Rahmen dieser weiteren Auslegung ergibt sich aus den Urteilen Kareda und flightright, dass der Gerichtshof nicht nur auf das Ziel der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit, sondern auch auf das Ziel der Nähe und der geordneten Rechtspflege Bezug genommen hat(96).

70.      Daher ist, wenn die vertragliche Verpflichtung, auf die der Kläger seine Klage stützt, festgestellt worden ist, zu prüfen, ob eine besonders enge Verbindung zwischen der Klage und dem Gericht, das möglicherweise über diese zu entscheiden hat, besteht, oder die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 im Interesse einer geordneten Rechtspflege liegt(97). Meines Erachtens ist daher darauf zu achten, dass das Gleichgewicht zwischen dem Ziel der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit und demjenigen der Nähe und einer geordneten Rechtspflege gewahrt wird(98).

71.      Insoweit erinnere ich daran, dass der Gerichtshof zum einen entschieden hat, dass es unerlässlich ist, eine Häufung der Gerichtsstände zu vermeiden, um der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen zu begegnen und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen außerhalb des Urteilsstaats zu erleichtern(99). So waren für die Wahl des Zuständigkeitskriteriums in Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens Gründe der geordneten Rechtspflege und der sachgerechten Verfahrensgestaltung maßgebend, da das Gericht des Ortes, an dem die den Gegenstand des Verfahrens bildende Vertragspflicht zu erfüllen wäre, besonders wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme in der Regel am besten geeignet ist, über den Rechtstreit zu entscheiden(100).

72.      Der Gerichtshof hat zum anderen auch entschieden, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt, dass die von der allgemeinen Regel nach Art. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 abweichenden Zuständigkeitsregeln, wie Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung, so ausgelegt werden, dass ein informierter, verständiger Beklagter vorhersehen kann, vor welchem anderen Gericht als dem des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, er verklagt werden könnte(101).

73.      Im vorliegenden Fall kann dem Vorbringen des Beklagten des Ausgangsverfahrens, wonach er nicht habe vorhersehen können, das er vor dem vorlegenden Gericht verklagt werde, das das Gericht des Erfüllungsorts der Verpflichtungen ist, an dem sich die Kunstwerke länger als 30 Jahre befanden, nicht gefolgt werden.

74.      Diese Beurteilung steht im Einklang mit dem Grundsatz der Nähe und der Rechtssicherheit und stellt ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Klägers und denen des Beklagten sicher. Außerdem gestattet eine solche Lösung, dass die Zuständigkeitsregel in Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ihre praktische Wirksamkeit entfaltet.

75.      Nach alledem schlage ich vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass seine Anwendung voraussetzt, dass eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung bestimmt wird, auf die sich die betreffende Klage stützt, auch wenn diese Verpflichtung die Parteien des Rechtsstreits nicht unmittelbar bindet. Bei der Auslegung dieser Bestimmung hat das nationale Gericht darauf zu achten, dass das Gleichgewicht zwischen dem Ziel der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit und demjenigen der Nähe und einer geordneten Rechtspflege gewahrt wird.

3.      Zur zweiten Vorlagefrage

76.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Klage einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand hat, wenn die Prüfung der vertraglichen Verpflichtung oder gegebenenfalls des Inhalts des fraglichen Vertrags oder der fraglichen Verträge für die Beurteilung der Grundlage der Klage unerlässlich erscheint, um die Rechtsnatur dieser Verpflichtung zu klären. Mit dieser Frage ersucht es den Gerichtshof um Bestätigung, ob das vom Gerichtshof in Rn. 32 des Urteils Wikingerhof aufgestellte Kriterium für die Beurteilung der Grundlage einer Klage auf Anerkennung eines Eigentumsrechts wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entsprechend anwendbar ist. Da jedoch in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, der Kläger in seiner Klageschrift einen Verstoß gegen eine gesetzliche Verpflichtung, genauer gesagt, des Wettbewerbsrechts(102), geltend gemacht hat, bin ich der Ansicht, dass dieses Kriterium im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Aus diesen Gründen bin ich der Meinung, dass diese Frage umformuliert werden muss, damit der Gerichtshof sie sachdienlich beantworten kann.

77.      Folglich bin ich der Ansicht, dass die zweite Frage des vorlegenden Gerichts dahin umformuliert werden muss, dass dieses Gericht mit dieser Frage wissen möchte, ob das angerufene Gericht im Stadium der Zuständigkeitsprüfung für die Beurteilung der Grundlage einer Klage für die Feststellung, ob diese Klage einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand hat, verpflichtet ist, die vertragliche Verpflichtung oder gegebenenfalls den Inhalt des fraglichen Vertrags oder der fraglichen Verträge zu prüfen.

78.      Meines Erachtens liefert die Rechtsprechung die Antwort auf diese Frage. Der Gerichtshof hat nämlich befunden, dass das Ziel der Rechtssicherheit erfordert, dass das angerufene nationale Gericht in der Lage ist, ohne Schwierigkeiten über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden, ohne in eine Sachprüfung eintreten zu müssen(103). Zur Anwendung dieses Erfordernisses im Rahmen der besonderen Zuständigkeit wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden hat der Gerichtshof zum einen ausgeführt, dass der zur Entscheidung eines Rechtsstreits aus einem Vertrag berufene Richter die wesentlichen Voraussetzungen seiner Zuständigkeit – auch von Amts wegen – anhand schlüssiger und erheblicher Umstände, die die betreffende Partei vorträgt und aus denen sich das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags ergibt, prüfen kann(104). Zum anderen hat der Gerichtshof klargestellt, dass das angerufene Gericht im Stadium der Prüfung der Zuständigkeit weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der Klage nach den Vorschriften des nationalen Rechts prüft, sondern nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands ermittelt, die seine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 rechtfertigen. Daher darf dieses Gericht, soweit es nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit nach der genannten Bestimmung geht, die einschlägigen Behauptungen des Klägers zur Rechtsnatur der Verpflichtungen, auf die seine Klage gestützt wird, als erwiesen ansehen(105). Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass das mit einem Rechtsstreit befasste Gericht bei der Zuständigkeitsprüfung nach der Verordnung Nr. 44/2001 alle ihm vorliegenden Informationen zu würdigen hat, wozu gegebenenfalls auch die Einwände des Beklagten gehören(106).

79.      Der Umstand, dass es sich bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Klage um eine Klage auf Anerkennung eines Eigentumsrechts handelt, hat keinen Einfluss auf die Tatsache, dass diese Klage einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ zum Gegenstand hat, und damit auf die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001. Wie ich in Nr. 68 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, kommt es nämlich allein darauf an, dass die Verpflichtung, auf die sich die Klage der Kläger des Ausgangsverfahrens stützt, aus einem ursprünglichen Vertrag entstanden ist. Ich weise auch darauf hin, dass die von den Klägern des Ausgangsverfahrens erhobene Klage auf die Behauptung gestützt ist, CD habe durch diesen ersten Vertrag das Eigentumsrecht an den Kunstwerken erworben.

80.      Folglich schlage ich vor, auf diese Frage zu antworten, dass das angerufene Gericht für die Beurteilung der Grundlage einer Klage für die Feststellung, ob diese Klage einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand hat, nicht verpflichtet ist, im Stadium der Zuständigkeitsprüfung die vertragliche Verpflichtung oder gegebenenfalls den Inhalt des fraglichen Vertrags oder der fraglichen Verträge zu prüfen. Bei der Prüfung, ob die wesentlichen Voraussetzungen seiner Zuständigkeit erfüllt sind, ermittelt dieses Gericht nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands, die seine Zuständigkeit nach dieser Bestimmung rechtfertigen, und würdigt alle ihm vorliegenden Informationen, insbesondere die einschlägigen Behauptungen des Klägers zur Rechtsnatur der Verpflichtungen, auf die seine Klage gestützt wird, und gegebenenfalls die Einwände des Beklagten. Der Umstand, dass es sich bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Klage um eine Klage auf Anerkennung eines Eigentumsrechts handelt, hat keinen Einfluss auf die Tatsache, dass diese Klage einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ zum Gegenstand hat, und damit auf die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001.

4.      Zur dritten Vorlagefrage

81.      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass eine Klage auf Anerkennung eines Eigentumsrechts an einer beweglichen Sache, wenn sie auf zwei Verträge gestützt wird, die die Parteien des Rechtsstreits nicht binden, einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne dieser Bestimmung zum Gegenstand hat, und, gegebenenfalls, welcher dieser Verträge bei der Bestimmung des Ortes der der Klage zugrunde liegenden Verpflichtung zu berücksichtigen ist.

82.      Im vorliegenden Fall begehren die Kläger des Ausgangsverfahrens mit ihrer Klage die Anerkennung ihres Eigentumsrechts an den Kunstwerken. Wie ich bereits ausgeführt habe, beruhen die Besonderheiten dieser Rechtssache darauf, dass ihre Klage auf Anerkennung ihres Eigentumsrechts auf zwei Verträge gestützt ist, obwohl zwischen ihnen und dem Beklagten des Ausgangsverfahrens keine unmittelbare Vertragsbeziehung besteht.

83.      Was erstens die Frage betrifft, ob eine Situation wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in der die Verträge, auf die sich die Klage stützt, die Parteien des Rechtsstreits nicht binden, einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ zum Gegenstand hat, bin ich, wie aus meinem Vorschlag zur Beantwortung der ersten Frage hervorgeht, der Auffassung, dass dies der Fall ist. Außerdem ergibt sich aus der Argumentation des vorlegenden Gerichts, dass sich eine zwischen zwei Personen, nämlich CD und dem Künstlerpaar, freiwillig eingegangene Verpflichtung bestimmen lässt, auf die sich die Klage der Kläger des Ausgangsverfahrens stützt. Diese Verpflichtung besteht unabhängig von der Art des Vertrags (Kaufvertrag oder Verwahrungsvertrag) zwischen CD(107) und dem Künstlerpaar. Daher ist die Rechtsnatur des zwischen diesen beiden Parteien geschlossenen ursprünglichen Vertrags unerheblich, wenn festzustellen ist, ob das vorlegende Gericht eine vertragliche Verpflichtung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestimmen kann.

84.      Was zweitens die Frage betrifft, welcher Vertrag bei der Bestimmung des Ortes der der Klage zugrunde liegenden Verpflichtung zu berücksichtigen ist, so ist daran zu erinnern, dass der Ausgangsrechtsstreit seinen Ursprung im ersten Vertrag hat, dessen Einordnung im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht. Mit anderen Worten ist dieser erste Vertrag die ursprüngliche Quelle der streitigen Rechte und Pflichten. Zwar ist die Einstufung dieses Vertrags als „Kaufvertrag“ oder als „Verwahrungsvertrag“ wesentlich für die Feststellung, ob das Eigentum an den Kunstwerken auf CD übertragen wurde, doch ist es nicht Sache des Gerichtshofs, sondern des vorlegenden Gerichts, diese vorzunehmen. Die Prüfung dieses Vertrags zum Zweck der Bestimmung seiner Rechtsnatur gehört nämlich zur Begründetheit der Klage.

85.      Zwar ist es nicht erforderlich, festzustellen, ob der erste Vertrag ein Kaufvertrag oder ein Verwahrungsvertrag ist, um die Frage zu beantworten, ob der Ausgangsrechtsstreit in den Anwendungsbereich von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 fällt. Die Einstufung dieses Vertrags ist jedoch unerlässlich, um zu bestimmen, welche Vorschrift, Art. 5 Nr. 1 Buchst. a oder Art. 5 Nr. 1 Buchst. b dieser Verordnung, im vorliegenden Fall anwendbar ist, da die letztere Bestimmung nur den Verkauf beweglicher Sachen und die Erbringung von Dienstleistungen betrifft. Außerdem wirkt sich die Unterscheidung zwischen diesen beiden Vorschriften auf die Bestimmung der in Vertragssachen zuständigen Gerichte aus(108).

86.      Das vorlegende Gericht hat weder speziell die Frage der Anwendbarkeit dieser Bestimmungen im vorliegenden Fall behandelt, noch hat es den Gerichtshof um eine Klärung dieses Punktes ersucht. Die Parteien haben sich auch nicht mit dieser Frage befasst, die zwischen ihnen nicht erörtert worden ist. Daher beschränke ich mich auf die folgenden Bemerkungen.

87.      Zunächst weise ich darauf hin, dass das vorlegende Gericht zur Klärung der Frage, ob Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar ist, zu beurteilen hat, ob dieser erste Vertrag im vorliegenden Fall als „Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen“ oder als „Dienstleistungsvertrag“ eingestuft werden kann. Bejahendenfalls muss es bestimmen, an welchem Ort die beweglichen Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen(109) oder gegebenenfalls, wo die Dienstleistungen erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen(110). Insoweit weise ich darauf hin, dass diese Bestimmung die Anknüpfungskriterien für Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen und die Erbringung von Dienstleistungen autonom festlegt(111).

88.      Wenn das vorlegende Gericht der Auffassung ist, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 auf den Ausgangsrechtsstreit nicht anwendbar ist(112), wird es Art. 5 Nr. 1 Buchst. a dieser Verordnung anwenden müssen, der alle Vertragstypen mit Ausnahme der in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b dieser Verordnung genannten Art betrifft. In diesem Fall muss dieses Gericht bei der Bestimmung des Erfüllungsorts der in Rede stehenden Verpflichtung im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a dieser Verordnung den sich aus dem Urteil Industrie Tessili Italiana Como(113) ergebenden Grundsatz anwenden, wonach zum einen eine Klage beim Gericht des Erfüllungsorts der Verpflichtung, auf die diese Klage gestützt wird, erhoben werden kann, und zum anderen dieser Ort nach dem Recht zu bestimmen ist, dem diese streitige vertragliche Verpflichtung nach den Kollisionsnormen des angerufenen Gerichts unterliegt(114).

89.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass eine Klage auf Anerkennung eines Eigentumsrechts an einer beweglichen Sache, wenn sie auf zwei Verträge gestützt wird, die die Parteien des Rechtsstreits nicht unmittelbar binden, einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand hat. Der Vertrag, der bei der Bestimmung des Ortes der der Klage zugrunde liegenden Verpflichtung zu berücksichtigen ist, ist der ursprüngliche Vertrag, der Gegenstand des Rechtsstreits ist.

V.      Ergebnis

90.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen der Cour d’appel de Bruxelles (Appellationshof Brüssel, Belgien) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 5 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass seine Anwendung voraussetzt, dass eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung bestimmt wird, auf die sich die betreffende Klage stützt, auch wenn diese Verpflichtung die Parteien des Rechtsstreits nicht unmittelbar bindet. Im Rahmen der Auslegung dieser Bestimmung hat das nationale Gericht darauf zu achten, dass das Gleichgewicht zwischen dem Ziel der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit und demjenigen der Nähe und einer geordneten Rechtspflege gewahrt wird.

2.      Für die Beurteilung der Grundlage einer Klage für die Feststellung, ob diese Klage einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand hat, ist das angerufene Gericht nicht verpflichtet, im Stadium der Zuständigkeitsprüfung die vertragliche Verpflichtung oder gegebenenfalls den Inhalt des fraglichen Vertrags oder der fraglichen Verträge zu prüfen. Bei der Prüfung, ob die wesentlichen Voraussetzungen seiner Zuständigkeit erfüllt sind, ermittelt dieses Gericht nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands, die seine Zuständigkeit nach dieser Bestimmung rechtfertigen, und würdigt alle ihm vorliegenden Informationen, insbesondere die einschlägigen Behauptungen des Klägers zur Rechtsnatur der Verpflichtungen, auf die seine Klage gestützt wird, und gegebenenfalls die Einwände des Beklagten. Der Umstand, dass es sich bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Klage um eine Klage auf Anerkennung eines Eigentumsrechts handelt, hat keinen Einfluss auf die Tatsache, dass diese Klage einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ zum Gegenstand hat, und damit auf die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001.

3.      Wenn die Klage auf Anerkennung eines Eigentumsrechts an einer beweglichen Sache auf zwei Verträge gestützt wird, die die Parteien des Rechtsstreits nicht unmittelbar binden, hat sie einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand. Der Vertrag, der bei der Bestimmung des Ortes der der Klage zugrunde liegenden Verpflichtung zu berücksichtigen ist, ist der ursprüngliche Vertrag, der Gegenstand des Rechtsstreits ist.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Verordnung des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1). Die Verordnung Nr. 44/2001 wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1) aufgehoben. Vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen gilt die Verordnung Nr. 1215/2012 gemäß ihrem Art. 81 erst ab dem 10. Januar 2015. In Anbetracht des Zeitpunkts der Einleitung des Ausgangsrechtsstreits ist auf diesen weiterhin die Verordnung Nr. 44/2001 anwendbar.


3      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. 2008, L 177, S. 6).


4      Urteile vom 15. Juni 2017, Kareda (C‑249/16, im Folgenden: Urteil Kareda, EU:C:2017:472), vom 7. März 2018, flightright u. a. (C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, im Folgenden: Urteil flightright, EU:C:2018:160), vom 4. Oktober 2018, Feniks (C‑337/17, im Folgenden: Urteil Feniks, EU:C:2018:805), und vom 26. März 2020, Primera Air Scandinavia (C‑215/18, im Folgenden: Urteil Primera Air Scandinavia, EU:C:2020:235).


5      Urteil vom 8. Mai 2019, Kerr (C‑25/18, EU:C:2019:376, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


6      Urteil vom 17. Juni 1992 (C‑26/91, im Folgenden: Urteil Handte, EU:C:1992:268, Rn. 15).


7      Urteil vom 8. Mai 2019, Kerr (C‑25/18, EU:C:2019:376, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8      Urteil Kareda (Rn. 30 und 31).


9      Urteil flightright (Rn. 57 bis 63).


10      Urteil Feniks (Rn. 42 und 43).


11      Urteile flightright (Rn. 61) und Primera Air Scandinavia (Rn. 44).


12      Vgl. u. a. Urteile vom 25. März 2021, Obala i lučice (C‑307/19, EU:C:2021:236, Rn. 49), und vom 24. Februar 2022, Suzlon Wind Energy Portugal (C‑605/20, EU:C:2022:116, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


13      Zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen von Art. 220 vierter Gedankenstrich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (später Art. 293 vierter Gedankenstrich EG) geschlossenes Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32), das später durch die aufeinanderfolgenden Übereinkommen über den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen geändert wurde (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen).


14      Vgl. 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001.


15      Urteil vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 27).


16      Urteil vom 7. Februar 2013, Refcomp (C‑543/10, EU:C:2013:62, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).


17      Vgl. u. a. Urteil vom 3. Mai 2007, Color Drack (C‑386/05, EU:C:2007:262, Rn. 18).


18      Urteil vom 22. März 1983 (34/82, im Folgenden: Urteil Peters Bauunternehmung, EU:C:1983:87, Rn. 9 und 10).


19      Vgl. u. a. Urteile Handte (Rn. 10), vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 27), und Feniks (Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20      Die umfangreiche Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens und zur Verordnung Nr. 44/2001 zeigt die Komplexität dieser Bestimmung und die mit ihrer Durchführung verbundenen Schwierigkeiten. Vgl. u. a. Erläuternder Bericht von Professor Fausto Pocar zu dem am 30. Oktober 2007 in Lugano unterzeichneten Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2009, C 319, S. 1, im Folgenden: Pocar-Bericht), Nrn. 44 ff. und insbesondere Nr. 46 dieses Berichts, wonach „[u]ngeachtet der Auslegung in der Rechtsprechung, mit der einige Probleme ausgeräumt wurden, … viele die oben beschriebenen Vorschriften weiterhin als unbefriedigend [empfanden]“.


21      Rn. 10 dieses Urteils. Die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, betraf eine Klage auf Zahlung von Geldbeträgen, die von einer deutschen Gesellschaft, die Mitglied eines niederländischen Vereins ist, aufgrund einer internen, durch die Organe des Vereins erlassenen und für dessen Mitglieder bindenden Regelung in Rechnung gestellt worden waren.


22      Urteil Peters Bauunternehmung (Rn. 7).


23      Vgl. jüngst Urteil Wikingerhof (Rn. 26).


24      Vgl. Bericht von P. Jenard zu dem Brüsseler Übereinkommen von 1968 (ABl. 1979, C 59, S. 1), insbesondere S. 22.


25      Vgl. insoweit Gaudemet-Tallon, H., Compétence et exécution des jugements en Europe. Règlement 44/2001. Convention de Bruxelles (1968) et de Lugano (1988 et 2007), 4. Aufl., LGDJ, Paris 2010, S. 159 und 160: „Es ist also der Begriff der Nähe (räumliche oder prozedurale Nähe, je nach Einzelfall), der die durch den Text eröffneten Optionen erklärt.“


26      Rn. 15 dieses Urteils.


27      Vgl. u. a. Urteile vom 14. Dezember 1977, de Bloos (59/77, EU:C:1977:207, Rn. 14 und 15), und vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, EU:C:2002:99, Rn. 44).


28      Vgl. u. a. Pocar-Bericht, Nr. 42.


29      Vgl. u. a. Urteile Peters Bauunternehmung (Rn. 10), vom 8. März 1988, Arcado (9/87, EU:C:1988:127, Rn. 10), und jüngst Wikingerhof (Rn. 25).


30      Rn. 11 dieses Urteils: „Artikel 5 [des Brüsseler Übereinkommens sieht] gerade mit Rücksicht auf die in ganz bestimmten Fällen bestehende besonders enge Verknüpfung zwischen einem Rechtsstreit und dem für seine Entscheidung zuständigen Gericht im Interesse einer sachgerechten Prozessführung besondere Zuständigkeiten vor…, unter denen der Kläger die Wahl hat.“


31      Siehe Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge.


32      Vgl. u. a. Gaudemet-Tallon, H., a. a. O., S. 161.


33      Urteil vom 27. September 1988 (189/87, EU:C:1988:459, Rn. 19).


34      Das Urteil Kalfelisbetraf den Begriff „unerlaubte Handlung“, doch hat der Gerichtshof diese Feststellung anschließend in Urteilen, die den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ betrafen, entsprechend angewandt. Vgl. u. a. Urteil vom 14. Juli 2016, Granarolo (C‑196/15, EU:C:2016:559, Rn. 18), und Urteil Feniks (Rn. 37).


35      Urteile Handte (Rn. 14), vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne u. a. (C‑51/97, EU:C:1998:509, Rn. 16), sowie vom 5. Februar 2004, Frahuil (C‑265/02, EU:C:2004:77, Rn. 23).


36      Vgl. insoweit Urteil Peters Bauunternehmung (Rn. 13): „Es erweist sich …, dass der Beitritt zu einem Verein zwischen den Vereinsmitgliedern enge Bindungen gleicher Art schafft, wie sie zwischen Vertragsparteien bestehen; es ist daher gerechtfertigt, für die Anwendung von Artikel 5 Nr. 1 des Übereinkommens die von dem vorlegenden Gericht bezeichneten Ansprüche als vertragliche Ansprüche anzusehen“. Hervorhebung nur hier. Siehe insoweit Nrn. 52 bis 55 der vorliegenden Schlussanträge.


37      Rn. 15 dieses Urteils. Die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, betraf eine Klage des späteren Erwerbers einer bei einem Zwischenhändler gekauften Ware gegen den Hersteller auf Ersatz des Schadens, der angeblich aus der Nichtübereinstimmung der Sache mit den Anforderungen resultierte. Es handelte sich somit um eine Kette international verknüpfter Verträge über Waren, in der sich die vertraglichen Verpflichtungen der Parteien von Vertrag zu Vertrag unterschieden (Rn. 17 dieses Urteils).


38      Vgl. elfter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001.


39      Urteil Handte (Rn. 21).


40      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass „das Ziel des Rechtsschutzes der in der Gemeinschaft ansässigen Personen, das mit dem [Brüsseler] Übereinkommen u. a. verwirklicht werden soll, [verlangt,] dass die Zuständigkeitsregeln, die von dem allgemeinen Grundsatz dieses Übereinkommens abweichen, so ausgelegt werden, dass ein normal informierter Beklagter vernünftigerweise vorhersehen kann, vor welchem anderen Gericht als dem des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, er verklagt werden könnte. [D]ie Anwendung der … Vorschrift über eine besondere Zuständigkeit auf einen Rechtsstreit zwischen dem späteren Erwerber einer Sache und dem Hersteller [ist] für letzteren nicht vorhersehbar und deshalb mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar“ (Urteil Handte, Rn. 18 und 19). Hervorhebung nur hier.


41      Vgl. insoweit u. a. Urteile vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne u. a. (C‑51/97, EU:C:1998:509, Rn. 34 und 36), sowie vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499), dessen Rn. 20 auf die Rn. 25 und 26 des Urteils vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, EU:C:2002:99), verweist, die das Ziel der Vorhersehbarkeit betreffen, führt aber Rn. 27 betreffend das Ziel der Nähe und der geordneten Rechtspflege nicht an.


42      Vgl. u. a. Urteile vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne u. a. (C‑51/97, EU:C:1998:509, Rn. 17), vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499, Rn. 23), und vom 5. Februar 2004, Frahuil (C‑265/02, EU:C:2004:77, Rn. 24). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Cosmas in der Rechtssache Réunion européenne u. a. (C‑51/97, EU:C:1998:45, Nr. 24).


43      Vgl. u. a. Gaudemet-Tallon, H., a. a. O., S. 161 und 170.


44      Vgl. insoweit Mankowski, P., in Brussels Ibis Regulation – Commentary, Magnus, U., und Mankowski, P. (Hrsg.), Otto Schmidt, Köln 2016, S. 155, Abs. 26.


45      Siehe u. a. die in Fn. 19 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung.


46      Vgl. u. a. Urteil vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne u. a. (C‑51/97, EU:C:1998:509, Rn. 16).


47      Lehmann, M., „Special jurisdiction“, in The Brussels I Regulation Recast, Dickinson, A., und Lein, E. (Hrsg.), Oxford University Press, 2015, S. 140, Abs. 4.25.


48      Vgl. Mankowski, P., in Brussels Ibis Regulation – Commentary, a. a. O., S. 155 und insbesondere Abs. 26.


49      Rn. 11. Hervorhebung nur hier.


50      Rn. 15 dieses Urteils.


51      Vgl. jüngst Pretelli, I., „La bonne foi dans la pondération de la proximité et la fonction résiduelle du for spécial en ‚matière contractuelle‘ dans le règlement Bruxelles I“, Revue critique de droit international privé, Nr. 1, Dalloz, 2020, S. 80 bis 82: „Die Bedeutung, die der Nähe im Verhältnis zur absoluten Rechtssicherheit zukommt, … wird dadurch deutlich, dass im Brüssel‑I-System der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten und die besonderen Gerichtsstände gleichrangig sind und gemeinsam die geordnete Rechtspflege im europäischen Hoheitsgebiet gewährleisten sollen. … Das nächstliegende Gericht ist dasjenige, von dem angenommen werden kann, dass von ihm die beste Rechtsprechung ausgehen wird. Diese gesteigerte Verständlichkeit der Rechtsstreitigkeiten bildet die wertungsmäßige Grundlage der Zuständigkeiten der Nähe.“


52      Vgl. u. a. Mankowski, P., in Brussels Ibis Regulation – Commentary, a. a. O., S. 164, Abs. 43. Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Kolassa (C‑375/13, EU:C:2014:2135, Nr. 49).


53      Siehe Nrn. 52 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


54      Vgl. u. a. entsprechend Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Gabriel (C‑96/00, EU:C:2001:690, Nrn. 44 bis 47): „Einer Ausnahmebestimmung sollte, wie jeder anderen Rechtsvorschrift, ihre richtige Bedeutung gegeben werden, die im Licht ihres Zweckes und ihres Wortlauts sowie der Systematik und der Zielsetzung der Rechtsvorschriften, deren Teil sie ist, zu bestimmen ist.“


55      Für eine flexible Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“, vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe in der Rechtssache Wikingerhof (C‑59/19, EU:C:2020:688, Nr. 38): „Es ist daher möglich und in meinen Augen gerechtfertigt, die Kategorie ‚Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag‘ im Interesse einer geordneten Rechtspflege auf dem Gebiet internationaler Rechtsstreitigkeiten so auszulegen, dass sie vertragsähnliche Rechtsinstitute einschließt.“ Vgl. auch Minois, M., Recherche sur la qualification en droit international privé des obligations, LGDJ, Paris 2020, S. 174 bis 180.


56      Vgl. in diesem Sinne Pretelli, I., a. a. O., S. 80 bis 82.


57      Ich werde später bei meiner Analyse auf diesen Gesichtspunkt zurückkommen, um den für die Erreichung dieses Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Zielen der Verordnung Nr. 44/2001 maßgeblichen Auslegungsansatz zu bestimmen. Siehe Nrn. 73 und 74 der vorliegenden Schlussanträge. Insoweit ist in der Lehre unlängst davon ausgegangen worden, dass das Fehlen einer Rangordnung zwischen den verschiedenen Zielen der Verordnung Nr. 1215/2012 es nicht erlaubt, der einen oder der anderen Auslegung den Vorrang einzuräumen. Daraus folgt, dass jede – enge oder weite – Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ den Standpunkt der anderen Auslegung dialektisch widerlegen kann. Vgl. insoweit Poesen, M., „From Mirages to Aspirations – The Periphery of ‚Matters Relating to a Contract‘ in Regulation (EU) No 1215/2012“, Yearbook of Private International Law, Bd. 22, Otto Schmidt, 2021, S. 511 bis 545, insbesondere S. 518 und die in den Fn. 34 und 35 angeführte Lehre.


58      Vgl. u. a. Urteile Handte (Rn. 10), vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 27), und Feniks (Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


59      Vgl. entsprechend u. a. Urteil vom 16. Juli 2009, Zuid-Chemie (C‑189/08, EU:C:2009:475, Rn. 31). Vgl. hierzu Lehmann, M., „Special Jurisdiction“, in The Brussels I Regulation Recast, a. a. O., S. 140, Abs. 4.25, sowie Mankowski, P., in Brussels Ibis Regulation – Commentary, a. a. O., S. 156, Abs. 27.


60      Urteil vom 4. März 1982, Effer (38/81, EU:C:1982:79, Rn. 7 und 8).


61      Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache Engler (C‑27/02, EU:C:2004:414, Nr. 38).


62      Urteil Peters Bauunternehmung (Rn. 13). Siehe auch Nr. 58 der vorliegenden Schlussanträge. Zu den Beziehungen zwischen den Aktionären einer Gesellschaft und zwischen den Aktionären und der von ihnen gegründeten Gesellschaft vgl. u. a. Urteil vom 10. März 1992, Powell Duffryn (C‑214/89, EU:C:1992:115, Rn. 16). Zu der im Gesellschaftsrecht vorgesehenen Beziehung zwischen einem Geschäftsführer und der von ihm geleiteten Gesellschaft vgl. Urteil vom 10. September 2015, Holterman Ferho Exploitatie u. a. (C‑47/14, EU:C:2015:574, Rn. 53 und 54). Zu den Verpflichtungen, die die Miteigentümer eines Wohngebäudes gesetzlich gegenüber der Eigentümergemeinschaft übernehmen, vgl. Urteil vom 8. Mai 2019, Kerr (C‑25/18, EU:C:2019:376, Rn. 27 bis 29).


63      Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache Engler (C‑27/02, EU:C:2004:414, Nr. 38).


64      Urteil vom 17. September 2002 (C‑334/00, EU:C:2002:499, Rn. 22). Es sei daran erinnert, dass die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, eine Klage betraf, mit der die vorvertragliche Haftung des Beklagten geltend gemacht wurde. Der Gerichtshof hat daher entschieden, dass bei einer solchen Klage ein „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ nicht den Gegenstand des Verfahrens bilden.


65      Hervorhebung nur hier.


66      Urteil vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499, Rn. 22). In dieser Linie hat der Gerichtshof im Urteil vom 5. Februar 2004, Frahuil (C‑265/02, EU:C:2004:77, Rn. 26), das Fehlen des Erfordernisses eines Vertrags zwischen den Parteien differenzierter bestätigt. So hat er entschieden, dass „der Begriff ‚Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag‘ eine Verpflichtung, auf deren Erfüllung ein Bürge, der aufgrund eines mit einem Spediteur geschlossenen Bürgschaftsvertrags Zollabgaben entrichtet hat, aus übergegangenem Recht der Zollverwaltung im Wege des Regresses gegen den Eigentümer der eingeführten Waren klagt, nicht erfasst, wenn der Letztgenannte, der nicht Partei des Bürgschaftsvertrags ist, keine Ermächtigung zum Abschluss des genannten Vertrages erteilt hat“ (Hervorhebung nur hier). Hätte nämlich, wie in der Lehre angemerkt, der Eigentümer dem Abschluss des Bürgschaftsvertrags zugestimmt, obwohl er nicht Partei dieses Vertrags war, wäre die vom Bürgen gegen ihn erhobene Regressklage, unter den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ zu subsumieren. Vgl. Gaudemet-Tallon, H., a. a. O., S. 170.


67      Urteil vom 20. Januar 2005 (C‑27/02, im Folgenden: Urteil Engler, EU:C:2005:33, Rn. 45 und 50). Die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, betraf die Gewinnzusage eines Gewerbetreibenden gegenüber einem Verbraucher.


68      Vgl. hierzu auch Urteil vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 46).


69      Urteile Handte (Rn. 15), vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne u. a. (C‑51/97, EU:C:1998:509, Rn. 17), vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499, Rn. 23), sowie vom 5. Februar 2004, Frahuil (C‑265/02, EU:C:2004:77, Rn. 24).


70      Urteil Engler (Rn. 48). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in dieser Rechtssache (C‑27/02, EU:C:2004:414, Nr. 38). Siehe auch Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge.


71      Urteil Engler (Rn. 51). Hervorhebung nur hier. Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in dieser Rechtssache (C‑27/02, EU:C:2004:414, Nr. 38). Vgl. jüngst Urteile Feniks (Rn. 48) und Primera Air Scandinavia (Rn. 44).


72      Vgl. u. a. Urteile vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 39), flightright (Rn. 60), Feniks (Rn. 39) sowie Wikingerhof (Rn. 23).


73      Die von dieser ersten Voraussetzung erfassten Verpflichtungen, wie sie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben, sind von Generalanwalt Saugmandsgaard Øe in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Wikingerhof (C‑59/19, EU:C:2020:688, Nr. 37) kurz dargelegt worden.


74      Rn. 30 dieses Urteils. Die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, betraf eine von einem Gesamtschuldner eines Kreditvertrags gegen einen anderen Gesamtschuldner erhobene Regressklage.


75      Zu einer Schadensersatzklage wegen Bruchs eines Alleinvertriebsvertrags vgl. Urteil vom 6. Oktober 1976, De Bloos (14/76, EU:C:1976:134, Rn. 16 und 17). Zu einem Rechtsstreit über die missbräuchliche Auflösung eines Handelsvertretervertrags und die Zahlung von Provisionen, die aufgrund dieses Vertrags geschuldet werden, vgl. Urteil vom 8. März 1988, Arcado (9/87, EU:C:1988:127, Rn. 13).


76      Vgl. auch Urteil flightright (Rn. 59). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 als eine Willenseinigung zweier Personen definiert. Vgl. insbesondere die in Nr. 58 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung. Vgl. auch Urteil vom 11. Juli 2002, Gabriel (C‑96/00, EU:C:2002:436, Rn. 49).


77      Urteil Engler (Rn. 47). Vgl. die in Fn. 62 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung.


78      Siehe Nrn. 56 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


79      Zu den Verpflichtungen des Wechselbürgens gegenüber dem Begünstigten dieses Wechsels vgl. Urteil vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 48 und 49).


80      Vgl. Urteil vom 14. Juli 2016, Granarolo (C‑196/15, EU:C:2016:559, Rn. 24 bis 27).


81      Rn. 59 dieses Urteils. Es sei daran erinnert, dass die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, eine Klage der Fluggäste auf Ausgleichsleistung wegen der großen Verspätung einer aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise gegen ein ausführendes Luftfahrtunternehmen betraf, das nicht Vertragspartner der betreffenden Fluggäste war. Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in den verbundenen Rechtssachen flightright u. a. (C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, EU:C:2017:787, Nr. 54).


82      Vgl. u. a. Urteil Feniks (Rn. 44). Vgl. auch Urteil vom 14. Dezember 1977, de Bloos (59/77, EU:C:1977:207, Rn. 11, 13, 15 und Tenor).


83      Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe in der Rechtssache Wikingerhof (C‑59/19, EU:C:2020:688, Nr. 40). Hervorhebung nur hier. Vgl. Art. 12 der Verordnung Nr. 593/2008.


84      Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe in der Rechtssache Wikingerhof (C‑59/19, EU:C:2020:688, Fn. 52).


85      Siehe Fn. 20 der vorliegenden Schlussanträge.


86      Vgl. die in den Nrn. 48 ff. der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung.


87      Vgl. die in den Nrn. 48 und 50 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung. Dies vorausgeschickt scheint in einigen Urteilen der Wille, das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Zielen der Verordnung Nr. 44/2001 sicherzustellen, die Auslegung dieses Begriffs zu leiten. Vgl. hierzu Urteil vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, EU:C:2002:99, Rn. 26, 27, 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


88      Rn. 48 und 51 dieses Urteils.


89      Rn. 31 und 33 dieses Urteils.


90      Rn. 59 und 61 dieses Urteils.


91      Vgl. Urteile Feniks (Rn. 39 und 48) sowie Primera Air Scandinavia (Rn. 44).


92      Vgl. hierzu Haftel, B., „Revirement et extension du champ de la ‚matière contractuelle‘ dans les relations à trois personnes“, Revue des contrats, Bd. 5, Nr. 115, 2019, S. 85: „Nach zwei Entscheidungen scheint jedes personalistische Kriterium vollständig verschwunden zu sein.“


93      Rn. 15 dieses Urteils.


94      Urteil Engler (Rn. 45 und 50). Siehe auch Nr. 58 der vorliegenden Schlussanträge.


95      Vgl. Urteil Peters Bauunternehmung (Rn. 13).


96      Im Rahmen der Auslegung von Art. 7 Nr. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012, vgl. Urteile Kareda (Rn. 44), flightright (Rn. 74 und 75) sowie Feniks (Rn. 34, 36, 44 und 47). Der Gerichtshof hat sich jedoch manchmal nur entweder auf dieses erste Ziel (Urteil Primera Air Scandinavia, Rn. 62 und 63) oder auf das zweite (Urteil Wikingerhof, Rn. 28 und 37) bezogen.


97      Vgl. in diesem Sinne Urteile Feniks (Rn. 36) und Wikingerhof (Rn. 28). Insoweit weise ich darauf hin, dass die Anwendbarkeit von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum einen davon abhängt, ob der Kläger sich dafür entscheidet, sich auf diese besondere Zuständigkeitsregel zu berufen, und zum anderen davon, dass das angerufene Gericht die besonderen Voraussetzungen dieser Bestimmung prüft, vgl. Urteil Wikingerhof (Rn. 29).


98      Meiner Meinung nach ergibt sich nämlich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass ein solches Gleichgewicht offenbar zumindest in einer Reihe von Urteilen eine entscheidende Rolle im Rahmen der flexiblen Auslegung gespielt hat, an der sich der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung orientiert hat. Einige Autoren sind jedoch der Ansicht, dass der Gerichtshof die Gründe nicht klar angebe, die ihn dazu veranlasst hätten, eine Auslegung anstelle der anderen Auslegung zu wählen. Vgl. u. a. Poesen, M., a. a. O., S. 523 und die in Fn. 64 angeführte Lehre: „Es hat sich als unmöglich erwiesen, zu erklären, warum [der Gerichtshof] eine Auslegung der anderen vorzieht.“


99      Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, EU:C:2002:99, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).


100      Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, EU:C:2002:99, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteile vom 14. Juli 2016, Granarolo (C‑196/15, EU:C:2016:559, Rn. 16), und Feniks (Rn. 34). Vgl. insoweit Pretelli, I., a. a. O., S. 61 bis 82.


101      Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, EU:C:2002:99, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).


102      Vgl. hierzu Poesen, M., „Regressing into the right direction: Non-contractual Claims in Proceedings between Contracting Parties under Article 7 of the Brussels Ia Regulation“, Maastricht Journal of European and Comparative Law, Bd. 28, Nr. 3, 2021, S. 390 bis 398 und insbesondere S. 394 bis 395.


103      Vgl. Urteile vom 3. Juli 1997, Benincasa (C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 27), und vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 61).


104      Vgl. Urteile vom 4. März 1982, Effer (38/81, EU:C:1982:79, Rn. 7 und 8), und vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 61), sowie meine Schlussanträge in dieser Rechtssache (C‑375/13, EU:C:2014:2135, Nr. 74). Siehe auch Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge.


105      Vgl. entsprechend Urteil vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 62).


106      Urteile vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 64 und 65), sowie vom 16. Juni 2016, Universal Music International Holding (C‑12/15, EU:C:2016:449, Rn. 45 und 46).


107      Sei es als Einzelperson oder als Galeristin.


108      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Ellmes Property Services (C‑433/19, EU:C:2020:482, Rn. 74).


109      Vgl. insoweit Urteil vom 25. Februar 2010, Car Trim (C‑381/08, EU:C:2010:90, Rn. 54 bis 60).


110      Vgl. insoweit Urteil vom 8. Mai 2019, Kerr (C‑25/18, EU:C:2019:376, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).


111      Vgl. Urteil vom 23. April 2009, Falco Privatstiftung und Rabitsch (C‑533/07, EU:C:2009:257, Rn. 54), wonach „sowohl aus den vorbereitenden Arbeiten zur Verordnung Nr. 44/2001 als auch aus der Struktur von deren Art. 5 Nr. 1 hervorgeht, dass der [Unions]gesetzgeber nur bei Verträgen über die Lieferung beweglicher Sachen und Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen zum einen nicht mehr an die streitige Verpflichtung anknüpfen, sondern die für diese Verträge charakteristische Verpflichtung zugrunde legen und zum anderen den Erfüllungsort als Anknüpfungskriterium für das zuständige Gericht im vertraglichen Bereich autonom festlegen wollte“. Hervorhebung nur hier.


112      Insbesondere wenn es für das vorlegende Gericht schwierig oder unmöglich ist, den Lieferort der Kunstwerke oder den Ort der Erbringung der Dienstleistungen durch die Galerie im Rahmen des ersten Vertrags zu bestimmen. Zum einen weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass „der Ort, an dem die beweglichen Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, auf der Grundlage der Bestimmungen dieses Vertrags zu bestimmen ist. Lässt sich der Lieferort auf dieser Grundlage ohne Bezugnahme auf das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht nicht bestimmen, ist dieser Ort derjenige der körperlichen Übergabe der Waren, durch die der Käufer am endgültigen Bestimmungsort des Verkaufsvorgangs die tatsächliche Verfügungsgewalt über diese Waren erlangt hat oder hätte erlangen müssen“ (Urteil vom 25. Februar 2010, Car Trim, C‑381/08, EU:C:2010:90, Rn. 62 und Tenor; Hervorhebung nur hier). Zum anderen bedeutet der Begriff „Dienstleistungen“ nach ständiger Rechtsprechung, dass die Partei, die sie erbringt, eine bestimmte Tätigkeit gegen Entgelt durchführt: Das Element, das sich auf das Entgelt bezieht, darf für die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 nicht fehlen. Dies vorausgeschickt, muss ich zugeben, dass ich Zweifel daran habe, ob der Ausgangsrechtsstreit den Verkauf beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen betrifft.


113      Urteil vom 6. Oktober 1976 (12/76, EU:C:1976:133).


114      Urteil vom 23. April 2009, Falco Privatstiftung und Rabitsch (C‑533/07, EU:C:2009:257, Rn. 46 bis 57).