Language of document : ECLI:EU:C:2023:67

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

1. Februar 2023(*)

„Rechtsmittel – Unionsmarke – Zulassung von Rechtsmitteln – Art. 170b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Antrag, in dem die Bedeutsamkeit einer Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts nicht dargetan wird – Nichtzulassung des Rechtsmittels“

In der Rechtssache C‑702/22 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 15. November 2022,

Okan Balaban, wohnhaft in Bornheim (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Schaaf,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs L. Bay Larsen sowie der Richter M. Safjan und N. Jääskinen (Berichterstatter),

Kanzler: A. Calot Escobar,


auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona

folgenden

Beschluss

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Okan Balaban die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 14. September 2022, Balaban/EUIPO (Stahlwerk) (T‑705/21, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2022:546), mit dem das Gericht seine Klage auf Aufhebung und Abänderung der Entscheidung der Prüferin vom 18. November 2020 und der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 2. September 2021 (Sache R 77/2021‑1) betreffend eine Anmeldung des Wortzeichens STAHLWERK als Unionsmarke abgewiesen hat.

 Zum Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels

2        Nach Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidet der Gerichtshof vorab über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des EUIPO betrifft.

3        Gemäß Art. 58a Abs. 3 der Satzung wird ein Rechtsmittel nach den in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Einzelnen festgelegten Modalitäten ganz oder in Teilen nur dann zugelassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

4        Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung sieht vor, dass der Rechtsmittelführer in den Fällen des Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs seiner Rechtsmittelschrift einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen hat, in dem er die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darlegt, die mit dem Rechtsmittel aufgeworfen wird, und der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diesen Antrag zu entscheiden.

5        Gemäß Art. 170b Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels so rasch wie möglich durch mit Gründen versehenen Beschluss.


6        Der Rechtsmittelführer stützt seinen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels darauf, dass mit seinem Rechtsmittel eine für die Einheit und die Kohärenz des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen werde. Insoweit macht er einen einzigen Rechtsmittelgrund geltend, mit dem er einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) rügt.

7        Insbesondere habe das Gericht bei der Beurteilung des beschreibenden Charakters des in Rede stehenden Zeichens den Begriff „Merkmal“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/1001 fehlerhaft ausgelegt. Indem das Gericht in Rn. 27 des angefochtenen Urteils angenommen habe, dass die von der Markenanmeldung erfassten Waren geeignet seien, bei der Stahlherstellung oder ‑verarbeitung als der typischen Tätigkeit von Stahlwerken verwendet zu werden, habe es nämlich seine eigene, aus dem Urteil vom 23. September 2020, Aldi/EUIPO (BBQ BARBECUE SEASON) (T‑522/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:443, Rn. 17), hervorgegangene Rechtsprechung sowie die aus dem Urteil vom 6. September 2018, Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise/EUIPO (C‑488/16 P, EU:C:2018:673, Rn. 44), hervorgegangene Rechtsprechung des Gerichtshofs verkannt, wonach ein Merkmal objektiv sein und dem Wesen der in Rede stehenden Ware oder Dienstleistung innewohnen müsse.

8        Es sei zwar richtig, dass alle von der Markenanmeldung erfassten Waren in einem Stahlwerk Verwendung finden könnten, doch wohne dieser Umstand den Waren nicht objektiv wesensmäßig inne. Bei Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze, von denen das Gericht abgewichen sei, hätte es den beschreibenden Charakter des in Rede stehenden Zeichens verneinen müssen, was sich auf das Ergebnis des angefochtenen Urteils ausgewirkt hätte.

9        Die Zulassung des vorliegenden Rechtsmittels sei zur Sicherstellung der Kohärenz und Einheitlichkeit der Rechtsprechung zum Unionsrecht erforderlich, weil die Einheitlichkeit dieser Rechtsprechung zu den Definitionsmerkmalen des beschreibenden Charakters eines Zeichens gefährdet sei. Zudem werfe das Rechtsmittel eine grundsätzliche Frage auf, die die Abgrenzung von Anmeldungen mit beschreibendem Charakter von solchen, die keinen beschreibenden Charakter aufweisen, betreffe und mithin über den Einzelfall hinausgehe.

10      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des Rechtsmittelführers ist, darzutun, dass die mit seinem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind (Beschlüsse vom 10. Dezember 2021, EUIPO/The KaiKai Company Jaeger Wichmann, C‑382/21 P, EU:C:2021:1050, Rn. 20, und vom 29. November 2022, Munich/EUIPO, C‑577/22 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:940, Rn. 10).


11      Außerdem muss, wie sich aus Art. 58a Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 170a Abs. 1 und Art. 170b Abs. 4 der Verfahrensordnung ergibt, der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels sämtliche Angaben enthalten, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über die Zulassung des Rechtsmittels zu entscheiden und im Fall der teilweisen Zulassung des Rechtsmittels dessen Gründe oder Teile zu bestimmen, auf die sich die Rechtsmittelbeantwortung beziehen muss. Da der Mechanismus der vorherigen Zulassung von Rechtsmitteln nach Art. 58a der genannten Satzung die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Fragen beschränken soll, die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind, sind vom Gerichtshof nämlich nur die Gründe im Rahmen des Rechtsmittels zu prüfen, die solche Fragen aufwerfen; diese Gründe müssen vom Rechtsmittelführer dargetan worden sein (Beschluss vom 29. November 2022, Munich/EUIPO, C‑577/22 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:940, Rn. 11 und die dort angeführte Rechtsprechung).

12      Daher muss ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels in jedem Fall klar und genau die Gründe angeben, auf die das Rechtsmittel gestützt wird, ebenso genau und klar die von jedem Rechtsmittelgrund aufgeworfene Rechtsfrage benennen, erläutern, ob diese Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam ist, und speziell darlegen, warum diese Frage im Hinblick auf das geltend gemachte Kriterium bedeutsam ist. Was insbesondere die Rechtsmittelgründe betrifft, muss der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels nähere Angaben zu der Bestimmung des Unionsrechts oder der Rechtsprechung enthalten, gegen die durch das mit einem Rechtsmittel angefochtene Urteil oder durch den mit einem Rechtsmittel angefochtenen Beschluss verstoßen worden sein soll, in gedrängter Form darlegen, worin der vom Gericht angeblich begangene Rechtsfehler besteht, und Ausführungen dazu machen, inwieweit sich dieser Fehler auf das Ergebnis des mit einem Rechtsmittel angefochtenen Urteils oder Beschlusses ausgewirkt hat. Ist der gerügte Rechtsfehler das Ergebnis einer Verkennung der Rechtsprechung, muss der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels in gedrängter Form, aber klar und genau darlegen, erstens, wo der behauptete Widerspruch zu finden ist, indem sowohl die Randnummern des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Urteils oder Beschlusses, die der Rechtsmittelführer in Frage stellt, als auch die Randnummern der Entscheidung des Gerichtshofs oder des Gerichts angegeben werden, die missachtet worden sein sollen, und zweitens die konkreten Gründe, aus denen ein solcher Widerspruch eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft (Beschlüsse vom 10. Dezember 2021, EUIPO/The KaiKai Company Jaeger Wichmann, C‑382/21 P, EU:C:2021:1050, Rn. 22, und vom 29. November 2022, Munich/EUIPO, C‑577/22 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:940, Rn. 12).


13      Ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels, der die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Beschlusses angeführten Angaben nicht enthält, ist nämlich von vornherein nicht geeignet, darzutun, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft, die seine Zulassung rechtfertigt (Beschluss vom 29. November 2022, Munich/EUIPO, C‑577/22 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:940, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Im vorliegenden Fall beruht das Vorbringen des Rechtsmittelführers darauf, dass das Gericht seine eigene Rechtsprechung und die des Gerichtshofs verkannt habe.

15      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein solches Vorbringen entsprechend der Beweislast, die dem Urheber eines Antrags auf Zulassung des Rechtsmittels obliegt, für sich genommen nicht als Nachweis dafür ausreicht, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft. Der Antragsteller muss nämlich hierfür sämtliche in Rn. 12 des vorliegenden Beschlusses angeführten Anforderungen erfüllen (Beschluss vom 8. November 2022, Mandelay/EUIPO, C‑405/22 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:860, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      In seinem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels beschränkt sich der Rechtsmittelführer jedoch auf die allgemeine Behauptung, dass die Frage für die Kohärenz und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zum beschreibenden Charakter der Zeichen bedeutsam sei. Er erläutert nicht hinreichend und tut jedenfalls nicht dar, inwiefern die behauptete Verkennung eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft, die die Zulassung des Rechtsmittels rechtfertigen würde.

17      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Rechtsmittelführer in seinem Antrag nicht dargetan hat, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft.

18      Nach alledem ist das Rechtsmittel nicht zuzulassen.

 Kosten

19      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden.

20      Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift der anderen Partei des Verfahrens zugestellt worden ist und ihr Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass der Rechtsmittelführer seine eigenen Kosten trägt.


Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird nicht zugelassen.

2.      Herr Okan Balaban trägt seine eigenen Kosten.

Luxemburg, den 1. Februar 2023

Der Kanzler

 

Der Präsident der Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln

A. Calot Escobar

 

L. Bay Larsen


*      Verfahrenssprache: Deutsch.