Language of document : ECLI:EU:T:2010:382

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

10. September 2010(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung der Wortmarke ROI ANALYZER als Gemeinschaftsmarke – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)“

In der Rechtssache T‑233/08

MPDV Mikrolab GmbH, Mikroprozessordatenverarbeitung und Mikroprozessorlabor, mit Sitz in Mosbach (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt W. Göpfert,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 15. April 2008 (Sache R 1525/2006‑4) über die Anmeldung des Wortzeichens ROI ANALYZER als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richterin K. Jürimäe und des Richters S. Soldevila Fragoso (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 16. Juni 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 3. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keiner der Verfahrensbeteiligten binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 30. Januar 2006 meldete die Klägerin, die MPDV Mikrolab GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen ROI ANALYZER.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 9, 35 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Computerhardware und -software, insbesondere zur Erfassung und Verarbeitung von Unternehmensdaten im Fertigungs-, Personal- und Qualitätsbereich“;

–        Klasse 35: „Betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Personalmanagementberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von Geschäftsgutachten; Marketing; Marktforschung; Meinungsforschung; Öffentlichkeitsarbeit; Herausgabe von Statistiken; Personal-/Stellenvermittlung; Personalanwerbung; Verarbeitung von Daten für Dritte“;

–        Klasse 42: „Entwicklung, Erstellung, Verbesserung und Aktualisierung von Programmen für die Text- und Datenverarbeitung und zur Prozesssteuerung; technische und Anwendungsberatung in Bezug auf Computer- und Datenverarbeitungsprogramme, insbesondere bei der Erfassung und Verarbeitung von Unternehmensdaten im Fertigungs-, Personal- und Qualitätsbereich; Dienstleistungen eines Internet-Service-Providers, nämlich Erstellen von Programmen zur Lösung branchenspezifischer Probleme im Internet, Gestaltung und Design von Web-Sites; technische Projektplanung; Erstellen technischer Gutachten“.

4        Mit Entscheidung vom 14. November 2006 wies der Prüfer die Anmeldung teilweise zurück, weil das fragliche Wortzeichen beschreibend sei und für einen Teil der betreffenden Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009) besitze. Die Anmeldung wurde insbesondere hinsichtlich der folgenden Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:

–        Klasse 9: „Computersoftware, insbesondere zur Erfassung und Verarbeitung von Unternehmensdaten im Fertigungs-, Personal- und Qualitätsbereich“;

–        Klasse 35: „Betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von Geschäftsgutachten“;

–        Klasse 42: „Entwicklung, Erstellung, Verbesserung und Aktualisierung von Programmen für die Text- und Datenverarbeitung und zur Prozesssteuerung; technische und Anwendungsberatung in Bezug auf Computer- und Datenverarbeitungsprogramme, insbesondere bei der Erfassung und Verarbeitung von Unternehmensdaten im Fertigungs-, Personal- und Qualitätsbereich“.

5        Am 23. November 2006 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers Beschwerde gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) ein.

6        Mit Entscheidung vom 15. April 2008 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM diese Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Auffassung, dass die Wortverbindung „roi analyzer“ von einem professionellen Publikum mit Kenntnissen oder Interessen im betriebswirtschaftlichen Bereich als Beschreibung einer Software zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsanalysen oder als Hauptinhalt der Beratung verschiedener Art verstanden werde. Im Übrigen war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass der angemeldeten Marke, da sie beschreibend sei, zwangsläufig die Unterscheidungskraft fehle.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

8        Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend. Der erste Klagegrund betrifft einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 und der zweite einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94

 Vorbringen der Parteien

10      Die Klägerin weist zunächst darauf hin, dass die Unterscheidungskraft einer Marke zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden sei, und zum anderen im Hinblick auf die Sichtweise des maßgeblichen Publikums zu beurteilen sei.

11      Sie macht geltend, dass die angemeldete Marke das gesamte Publikum der Europäischen Gemeinschaft anspreche und die maßgeblichen Verkehrskreise sich somit aus durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern zusammensetzten. Daher könne nicht angenommen werden, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen Fachkreisen oder einem englischsprachigen Publikum vorbehalten seien.

12      Der Bestandteil „roi“ weise keine mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Verbindung stehende Bedeutung auf, denn er könne unterschiedliche Bedeutungen nach dem allgemeinen Zusammenhang der Benutzung der Marke und nach den Ländern haben, in denen die Waren und Dienstleistungen angeboten werden sollten, wobei eine dieser Bedeutungen die Abkürzung des englischen Ausdrucks „return on investment“ (Investitionsertrag) sei. Daher lasse sich nicht annehmen, dass das maßgebliche Publikum im vorliegenden Fall den Ausdruck „roi“ zwangsläufig als diese Abkürzung auffasse. Da es sich mithin um eine Abkürzung handele, die keine unmittelbar erfassbare Bedeutung habe, sei sie nach den internen Richtlinien des HABM eintragungsfähig.

13      Sodann behauptet die Klägerin, dass die Wortkombination „roi analyzer“ ein aus den Bestandteilen „roi“ und „analyzer“ zusammengesetzter Neologismus sei. Nach der Rechtsprechung sei für den Nachweis des beschreibenden Charakters einer Wortneuschöpfung darzutun, dass diese über einen möglicherweise beschreibenden Charakter der einzelnen Elemente, aus denen sie zusammengesetzt sei, hinaus auch in ihrer Gesamtheit beschreibend sei. Im vorliegenden Fall entstehe aus der Verbindung der beiden Ausdrücke ein Pleonasmus, nämlich „jemand, der eine Analyse einer Investitionsanalyse durchführt“, der sinnentleert sei. In Wirklichkeit führe deshalb die gedankliche Verbindung der beiden fraglichen Elemente zu einer phantasievollen Kennzeichnung ohne klaren und eindeutigen Bedeutungsgehalt. Daher schaffe die Wortneuschöpfung einen Eindruck, der hinreichend weit von dem entfernt sei, der bei bloßer Zusammenfügung ihrer Bestandteile entstehe und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgehe.

14      Keinesfalls könne die angemeldete Marke als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 angesehen werden, da sie nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehe, die zur Bezeichnung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verwendet würden.

15      Daher ermögliche die Eintragung der angemeldeten Marke der Klägerin keine Monopolisierung eines bekannten technischen Fachbegriffs, denn sie habe aus diesem Begriff und einem weiteren Wort eine Kombination geschaffen, die keinen eindeutigen Bedeutungsinhalt habe. Folglich sei es dem englischsprachigen Publikum nicht möglich, die Wortkombination „roi analyzer“ direkt und auf den ersten Blick in einem klaren und eindeutigen Sinn zu verstehen.

16      Die Klägerin ist daher der Auffassung, dass die angemeldete Marke suggestiv und assoziativ sei, weil sie nur Andeutungen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen schaffe, ohne sie unmittelbar zu beschreiben, und weil sie somit geeignet sei, den Verbrauchern die Herkunft der Waren in Erinnerung zu rufen.

17      Darüber hinaus sei die Eintragung für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35 und 42 und nicht für solche der Klasse 36 beantragt worden, die spezifische Finanz- und Versicherungsdienstleistungen betreffe, so dass die angemeldete Marke nicht als beschreibend für die beanspruchten Klassen von Waren und Dienstleistungen angesehen werden könne.

18      Schließlich beruft sich die Klägerin auf den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und verweist auf nationale und Gemeinschaftsmarken mit den Bestandteilen „roi“ und „analyzer“, räumt jedoch ein, dass die Entscheidungspraxis der zuständigen Markenämter den vorliegenden Fall nur indiziell beeinflussen könne.

19      Das HABM tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

20      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Diese beschreibenden Zeichen werden als zur Erfüllung der Hauptfunktion der Marke, die Herkunft anzugeben, ungeeignet angesehen (Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, Slg. 2003, I‑12447, Randnr. 30, und Urteil des Gerichts vom 2. April 2008, Eurocopter/HABM [STEADYCONTROL], T‑181/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 35). Nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 findet Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Gemeinschaft vorliegen.

21      Demgemäß fallen unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die beanspruchte Ware oder Dienstleistung entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können (Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 2001, Procter & Gamble/HABM, C‑383/99 P, Slg. 2001, I‑6251, Randnr. 39, Urteile des Gerichts vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, Slg. 2005, II‑2383, Randnr. 24, und vom 19. November 2009, Clearwire/HABM [CLEARWIFI], T‑399/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 19).

22      Daraus folgt, dass ein Zeichen unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 aufgestellte Verbot fällt, wenn es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es den angesprochenen Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (Urteile des Gerichts PAPERLAB, Randnr. 25, und vom 11. Februar 2010, Deutsche BKK/HABM [Deutsche BKK], T‑289/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34).

23      Daher ist der beschreibende Charakter einer Marke im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet worden ist, und nach der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise, die aus den Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen bestehen, zu beurteilen (Urteile des Gerichts vom 14. Juni 2007, Europig/HABM [EUROPIG], T‑207/06, Slg. 2007, II‑1961, Randnr. 30, und Deutsche BKK, Randnr. 36).

24      Für die Anwendbarkeit von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 genügt es, dass ein Wortzeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der fraglichen Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (Urteil HABM/Wrigley, Randnr. 32, und Urteil des Gerichts vom 10. Februar 2010, O2 [Germany]/HABM [Homezone], T‑344/07, Slg. 2010, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21).

25      Was Wortneuschöpfungen angeht, ist nach der Rechtsprechung die Kombination beschreibender Ausdrücke grundsätzlich für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen selbst beschreibend, es sei denn, das fragliche Zeichen erweckt aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination einen Eindruck, der hinreichend stark von dem abweicht, der aufgrund der Bedeutung seiner Bestandteile entsteht, so dass das Zeichen in seiner Gesamtheit mehr ist als die Summe seiner Bestandteile (Urteile des Gerichts vom 17. Oktober 2007, InterVideo/HABM [WinDVD Creator], T‑105/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34, und STEADYCONTROL, Randnrn. 36 und 37).

26      Im Licht dieser Grundsätze ist der erste Klagegrund zu prüfen.

–       Zur Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise

27      Die Waren und Dienstleistungen, für die die Gemeinschaftsmarke angemeldet wurde, gehören zu den Klassen 9, 35 und 42 und betreffen Computerhardware und ‑software für Unternehmen, Dienstleistungen betriebswirtschaftlicher Beratung und Organisationsberatung sowie Datenverarbeitungsdienstleistungen für Unternehmen. Das Gericht ist der Ansicht, dass es sich um spezialisierte Waren und Dienstleistungen handelt, die sich daher an ein Publikum richten, das sich aus Fachleuten zusammensetzt, die Kenntnisse oder Interessen im betriebswirtschaftlichen Bereich haben.

–       Zur Wahrnehmung des Wortzeichens ROI ANALYZER durch die maßgeblichen Verkehrskreise

28      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass der Bestandteil „roi“ unterschiedliche Bedeutungen in verschiedenen Sprachen haben kann. Da die angemeldete Marke jedoch aus dem englischen Wort „analyzer“ und dem Bestandteil „roi“ zusammengesetzt ist, werden die maßgeblichen Verkehrskreise das Element „roi“ als die englische Abkürzung ROI auffassen, die „return on investment“ bedeutet.

29      Daher ist das absolute Eintragungshindernis hinsichtlich der angemeldeten Marke als Ganzes in Bezug auf den besonders aufmerksamen und verständigen englischsprachigen Verbraucher zu beurteilen und nicht, wie die Klägerin meint, in Bezug auf das gesamte Publikum der Gemeinschaft (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 24. September 2008, HUP Uslugi Polska/HABM – Manpower [I.T.@MANPOWER)], T‑248/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39).

30      Zweitens werden die maßgeblichen Verkehrskreise die Abkürzung ROI in Bezug auf die angemeldete Marke als Ganzes als eine Maßeinheit oder eine Rentabilitätsrate einer Investition und den Begriff „analyzer“ als Bezeichnung für ein Analyse-Instrument oder eine Person, die Analysen durchführt, verstehen. Die Schreibweise dieses Begriffs, geschrieben mit dem Buchstaben „z“ anstelle des Buchstabens „s“, kann von seiner Bedeutung nicht ablenken, denn wie die Beschwerdekammer ausgeführt hat, sind nach der Online-Ausgabe des Oxford English Dicitionary beide Schreibweisen zugelassen.

31      Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Ausdruck „roi“ verschiedene Bedeutungen haben könne, und zwar insbesondere nach Maßgabe des allgemeinen Zusammenhangs, in dem er verwendet werde, oder des Landes, in dem die Waren und Dienstleistungen vertrieben würden, ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass ein Wort verschiedene Bedeutungen haben kann, für die Beurteilung des beschreibenden Charakters des Zeichens nicht relevant ist. Wie bereits in Randnr. 24 oben festgestellt wurde, reicht es nach der Rechtsprechung für die Zurückweisung eines Zeichens auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 aus, dass ein Wort in zumindest einer seiner möglichen Bedeutungen aus der Sicht des maßgeblichen Publikums die fraglichen Waren oder Dienstleistungen bezeichnet.

32      Drittens kann das Gericht der Schlussfolgerung der Klägerin nicht folgen, wonach die Kombination der Bestandteile „roi“ und „analyzer“ einen Pleonasmus bilde, der keine andere unmittelbar sich erschließende und zur Neutralisierung eines eventuellen beschreibenden Charakters führende Bedeutung habe. Die Wortkombination „roi analyzer“ ergibt sich aus der Aneinanderreihung der Abkürzung ROI und des Begriffs „analyzer“, die den grammatikalischen Regeln der englischen Sprache entspricht und kein ungewöhnliches Merkmal aufweist. Daher schafft sie keinen Eindruck, der hinreichend stark von dem abweicht, der bei bloßer Aneinanderreihung ihrer Bestandteile entsteht.

33      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Wortkombination „roi analyzer“ von den angesprochenen Verkehrskreisen unmittelbar und ohne weitere Überlegung als Bezeichnung eines Instruments für die Analyse der Rentabilitätsrate einer Investition oder einer eine solche Analyse durchführenden Person verstanden wird.

–       Zur Existenz einer hinreichend direkten und konkreten Verbindung zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen

34      Die die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen gehören zu den Klassen 9, 35 und 42 und betreffen Computerhardware und ‑software, Dienstleistungen betriebswirtschaftlicher Beratung und Organisationsberatung sowie Dienstleistungen zur Entwicklung und Betreuung von Programmen.

35      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Wortkombination „roi analyzer“, wie die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, eine unmittelbare Angabe des Zwecks oder des Gegenstands der fraglichen Waren und Dienstleistungen ist. Im Fall der Waren der Klasse 9 wird das betreffende Publikum, das Waren mit dem Zeichen ROI ANALYZER sieht, sofort und ohne weitere Überlegung denken, es habe Computerhardware oder ‑software für die Analyse der Rentabilitätsrate von Investitionen vor sich. Auch bei den Dienstleistungen der Klasse 35 wird das angesprochene Publikum denken, es handele sich um eine Beratungstätigkeit, die die Analyse der Rentabilitätsrate von Investitionen zum Gegenstand habe, und bei den Dienstleistungen der Klasse 42, dass es sich um eine Tätigkeit zur Entwicklung und Betreuung von Programmen zur Analyse der Rentabilitätsrate von Investitionen handele.

36      Das Vorbringen der Klägerin, die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke ROI ANALYZER beziehe sich ausschließlich auf Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35 und 42 und nicht auf die speziell in Klasse 36 genannten Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, geht ins Leere. Um den beschreibenden Charakter der Wortkombination „roi analyzer“ zu beurteilen, genügt es, sich davon zu überzeugen, dass diese für die beanspruchten Klassen beschreibend ist – was vorliegend der Fall ist –, ohne dass die Bedeutung dieser Wortkombination in Bezug auf andere Waren untersucht werden müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. März 2010, hofherr communikation/HABM [NATURE WATCH], T‑77/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26).

37      Somit weist die Wortkombination „roi analyzer“ eine hinreichend direkte und konkrete Verbindung zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf und wird von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Angabe entweder des Zwecks oder des Gegenstands dieser Waren und Dienstleistungen verstanden. Daher geht sie weit über den Bereich der Andeutung hinaus und fällt in den Bereich der Beschreibung. Folglich ist das in Rede stehende Wortzeichen als beschreibend und nicht, wie die Klägerin behauptet, als suggestiv oder assoziativ anzusehen.

38      Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die übrigen Argumente der Klägerin in Frage gestellt.

39      Das Vorbringen der Klägerin, die angemeldete Marke sei nicht ausschließlich beschreibend im Hinblick auf die Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung der Merkmale der fraglichen Waren und Dienstleistungen, ist unerheblich. Nach der Rechtsprechung werden nämlich Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die der Beschreibung dienen können (Urteil Procter & Gamble/HABM, Randnr. 39, und Urteil EUROPIG, Randnr. 41). Im vorliegenden Fall weist das Wortzeichen ROI ANALYZER nichts auf, was es von der üblichen Art, ein Instrument für die Analyse der Rentabilitätsrate oder die eine solche Analyse durchführende Person zu bezeichnen, unterscheidet. Folglich ist es im Hinblick auf die fraglichen Waren und Dienstleistungen ausschließlich beschreibend.

40      Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, das HABM habe seine internen Richtlinien nicht befolgt, denen zufolge eine Abkürzung, die keinen unmittelbar zu erfassenden Bedeutungsgehalt habe, eintragungsfähig sei, so ist – angenommen, dass diese Richtlinien den in der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Voraussetzungen weitere hinzufügen können – festzustellen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, wie in Randnr. 30 oben ausgeführt wurde, die Abkürzung ROI und ihre Bedeutung kennen. Daher kann das in den internen Richtlinien des HABM festgelegte Kriterium, auf das sich die Klägerin beruft, jedenfalls im vorliegenden Fall keine Anwendung finden.

41      Bezüglich des Vorbringens der Klägerin zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung und zu der vom HABM und den nationalen Markenämtern in der Vergangenheit bewilligten Eintragung von Marken, die auf einer ähnlichen Wortkombination beruhten, wie sie die Klägerin zur Bildung des Wortzeichens ROI ANALYZER verwendet habe, ist festzustellen, dass die Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke, die die Beschwerdekammern wie im vorliegenden Fall nach der Verordnung Nr. 40/94 oder zukünftig nach der Verordnung Nr. 207/2009 zu treffen haben, gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Daher ist die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter und nicht auf der Grundlage einer vor Erlass der Entscheidungen bestehenden Entscheidungspraxis zu überprüfen (Urteile des Gerichts vom 27. Februar 2002, Streamserve/HABM [STREAMSERVE], T‑106/00, Slg. 2002, II‑723, Randnr. 66, und vom 8. November 2007, MPDV Mikrolab/HABM [manufacturing score card], T‑459/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 28).

42      Daraus folgt, dass die Geltendmachung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung in jedem Fall ins Leere geht. Wenn die Beschwerdekammer in einer früheren Sache die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 oder zukünftig der Verordnung Nr. 207/2009 ordnungsgemäß angewandt hat und in einer späteren Sache, die mit der ersten vergleichbar ist, eine gegenteilige Entscheidung getroffen hat, so wird der Unionsrichter diese letztere Entscheidung aufgrund eines Verstoßes gegen die einschlägigen Bestimmungen der betreffenden Verordnung aufzuheben haben. Wenn dagegen die Beschwerdekammer in einer früheren Sache einen Rechtsfehler begangen und in einer späteren Sache, die mit der ersten vergleichbar ist, eine gegenteilige Entscheidung getroffen hat, kann die erste Entscheidung nicht mit Erfolg zur Begründung einer Klage auf Aufhebung der zuletzt genannten Entscheidung geltend gemacht werden, da nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns, dem zufolge sich niemand zu seinem Vorteil auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, in Einklang gebracht werden muss (Urteil STREAMSERVE, Randnr. 67).

43      Zu den nationalen Anmeldungen ist festzustellen, dass die Gemeinschaftsregelung für Marken nach der Rechtsprechung ein autonomes System ist, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht, mit dem ihm eigene Ziele verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteile des Gerichts STREAMSERVE, Randnr. 47, und vom 19. Mai 2009, Euro-Information/HABM [CYBERCREDIT, CYBERGESTION, CYBERGUICHET, CYBERBOURSE und CYBERHOME], T‑211/06, T‑213/06, T‑245/06, T‑155/07 und T‑178/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45). Zwar sind nach der Rechtsprechung weder die Verfahrensbeteiligten noch das Gericht selbst daran gehindert, in ihre Auslegung des Gemeinschaftsrechts Elemente einzubeziehen, die sich aus der gemeinschaftlichen, nationalen oder internationalen Rechtsprechung ergeben (Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2006, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Johnson’s Veterinary Products [VITACOAT], T‑277/04, Slg. 2006, II‑2211, Randnr. 71). Jedoch verpflichtet keine Vorschrift der Verordnung Nr. 40/94 das HABM oder im Fall einer Klage das Gericht, zu den gleichen Ergebnissen zu gelangen wie die nationalen Ämter in einem gleichartigen Fall (Urteil des Gerichtshofs vom 12. Januar 2006, Deutsche SiSi-Werke/HABM, C‑173/04 P, Slg. 2006, I‑551, Randnr. 49, und Urteil manufactoring score card, Randnr. 27).

44      Daher hat die Beschwerdekammer ohne Rechtsfehler festgestellt, dass sie durch frühere Anmeldungen, die der beantragten ähnlich seien, nicht gebunden sei und dass weder das HABM noch der Gemeinschaftsrichter durch eine auf der Ebene eines Mitgliedstaats ergangene Entscheidung gebunden seien, wonach identische oder ähnliche Zeichen als nationale Marken eintragungsfähig seien.

45      Nach alledem bezeichnet die Wortkombination „roi analyzer“ Merkmale der betreffenden Waren und Dienstleistungen, insbesondere den Zweck der Computerhardware und -software sowie den Gegenstand der Tätigkeiten der betriebswirtschaftlichen Beratung und Organisationsberatung von Unternehmen und der Entwicklung und Betreuung von Programmen, die bei der von den angesprochenen Verkehrskreisen getroffenen Wahl Berücksichtigung finden können.

46      Da die Klägerin ihre Anmeldung des Wortzeichens ROI ANALYZER als Gemeinschaftsmarke nicht eingeschränkt hat, um Waren und Dienstleistungen von ihr auszunehmen, für die die angemeldete Marke als beschreibend anzusehen ist, ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Marke für die fraglichen Waren und Dienstleistungen beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 ist.

47      Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

 Vorbringen der Parteien

48      Die Klägerin wendet sich gegen die angefochtene Entscheidung, soweit in dieser die angemeldete Gemeinschaftsmarke als nicht unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 angesehen wird. Die Kombination der Wörter „roi“ und „analyzer“ sei eine phantasievolle Kennzeichnung mit unklarem Bedeutungsgehalt, die aus der Sicht des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers das nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft besitze.

49      Das HABM tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

50      Nach der Rechtsprechung ist ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Gemeinschaftsmarke ausgeschlossen, wenn eines der in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 genannten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg. 2002, I‑7561, Randnr. 29, und Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2009, Biotronik/HABM [BioMonitor], T‑257/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36).

51      Da dies vorliegend der Fall ist, ist der zweite Klagegrund somit zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

52      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr dem Antrag des HABM gemäß die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die MPDV Mikrolab GmbH, Mikroprozessordatenverarbeitung und Mikroprozessorlabor, trägt die Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 10. September 2010.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

– Zur Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise

– Zur Wahrnehmung des Wortzeichens ROI ANALYZER durch die maßgeblichen Verkehrskreise

– Zur Existenz einer hinreichend direkten und konkreten Verbindung zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.