Language of document : ECLI:EU:T:1997:199

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

17. Dezember 1997 (1)

„Gemeinsame Marktorganisation für Rohtabak — Verwaltung durch die Kommission — Schadensersatzklage — Verjährung — Grundsatz der Verhältnismäßigkeit — Grundsatz der Gleichbehandlung“

In der Rechtssache T-152/95

Odette Nicos Petrides Co. Inc., Gesellschaft griechischen Rechts mit Sitz in Kavala (Griechenland), Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Édouard Didier und Joël Grangé, Paris, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Carlos Zeyen, 67, rue Ermesinde, Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Gérard Berscheid, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

wegen Verurteilung der Kommission zur Zahlung von Schadensersatz gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag wegen Wiedergutmachung des Schadens, der durch bestimmte Handlungen der Kommission bei der Verwaltung

der gemeinsamen Marktorganisation für Rohtabak im Zeitraum 1990 bis 1991 entstanden ist,

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts sowie der Richterin P. Lindh und des Richters J. D. Cooke,

Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 1997,

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

1.
    Am 21. April 1970 erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 727/70 über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Rohtabak (ABl. L 94, S. 1; im folgenden: Verordnung Nr. 727/70). Zu den wesentlichen Mechanismen dieser gemeinsamen Marktorganisation gehört die Verpflichtung der Interventionsstellen der Mitgliedstaaten, die in der Gemeinschaft geernteten und über den normalen Handelsweg nicht abgesetzten Tabakblätter zum Interventionspreis anzukaufen. Beim Absatz des so angekauften Tabaks darf keine Störung des Marktes auftreten und ist den Käufern gleicher Zugang zu den Waren und gleiche Behandlung zu gewährleisten (Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 727/70).

2.
    Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 327/71 des Rates vom 15. Februar 1971 zur Festsetzung bestimmter Grundregeln für die Verträge über die erste Bearbeitung und Aufbereitung, für Lagerverträge sowie für den Absatz des im Besitz der Interventionsstellen befindlichen Tabaks (ABl. L 39, S. 3; im folgenden: Verordnung Nr. 327/71) sieht vor, daß der Absatz auf der Grundlage von jeweils festgesetzten Preisbedingungen erfolgt, wobei insbesondere die Marktentwicklung und der Marktbedarf berücksichtigt werden.

3.
    Artikel 1 der mehrfach geänderten Verordnung (EWG) Nr. 3389/73 der Kommission vom 13. Dezember 1973 zur Festlegung der Verfahren und

Bedingungen für den Verkauf von Tabak aus den Beständen der Interventionsstellen (ABl. L 345, S. 47; im folgenden: Verordnung Nr. 3389/73) bestimmt:

„(1)    Die im Besitz der Interventionsstellen befindlichen Tabakballen werden durch Ausschreibung oder öffentliche Versteigerung auf den Markt gebracht.

(2)    Ausschreibung ist eine Aufforderung zur Abgabe von Angeboten, wobei der Zuschlag demjenigen erteilt wird, dessen Angebot das günstigste ist und den Bedingungen dieser Verordnung entspricht.

...“

4.
    Artikel 6 Absatz 1 dieser Verordnung bestimmt zum Ablauf der Ausschreibungen:

„Innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf der Angebotsfrist wird auf Grund der Angebote und nach dem Verfahren des Artikels 17 der Verordnung (EWG) Nr. 727/70 für jede Partie ein Mindestverkaufspreis festgesetzt, oder es wird beschlossen, die Ausschreibung aufzuheben.“

5.
    Ursprünglich sah Artikel 5 Absatz 1 folgendes vor:

„Jeder Bieter stellt eine Kaution in Höhe von 0,28 Rechnungseinheiten je Kilogramm Rohtabak bei der betreffenden Interventionsstelle.“

6.
    Die Kaution wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 3263/85 der Kommission vom 21. November 1985 zur Änderung der Verordnung Nr. 3389/73 (ABl. L 311, S. 22) auf 0,339 ECU/kg angehoben. Abweichend von Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3389/73 wurde sie durch die Verordnung (EWG) Nr. 3040/91 der Kommission vom 15. Oktober 1991 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2436/91 über die Ausschreibung des Verkaufs zur Ausfuhr von Tabakballen aus Beständen der deutschen, griechischen und italienischen Interventionsstelle (ABl. L 288, S. 18; im folgenden: Verordnung Nr. 3040/91) auf 0,7 ECU/kg angehoben.

Sachverhalt

7.
    Die Klägerin ist eine griechische Gesellschaft, deren Tätigkeit hauptsächlich in der Bearbeitung und im Vertrieb von Tabak in Griechenland und im Ausland besteht. Im streitigen Zeitraum verfügte sie über einen Betrieb zur Tabakbearbeitung und -lagerung sowie über ein weiteres Zentrallager. Je nach Bedarf mietete sie außerdem verschiedene kleine Betriebe und Büroräume. Sie arbeitete mit Zwischenhändlern und anderen Beauftragten in Griechenland und im Ausland zusammen.

8.
    Der streitige Zeitraum begann im April 1990 und erstreckte sich bis Ende 1991. Während dieser Zeit veranstaltete die Kommission drei Ausschreibungen für Tabak aus Beständen der griechischen Interventionsstelle und eine Ausschreibung für Tabak aus Beständen von drei Interventionsstellen der Mitgliedstaaten einschließlich der griechischen. Am 15. Oktober 1991 erließ sie außerdem die Verordnung Nr. 3040/91, durch die die Sicherheit erhöht wurde, die jeder Bieter bei der betreffenden Interventionsstelle stellen mußte.

9.
    Die erste streitige Ausschreibung (im folgenden: erste Ausschreibung) wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 899/90 der Kommission vom 5. April 1990 über eine Ausschreibung zum Verkauf von zur Ausfuhr bestimmten Tabakballen aus Beständen der griechischen Interventionsstelle (ABl. L 93, S. 7) veranstaltet und umfaßte vier Partien Rohtabakballen der Ernten 1986 und 1987 aus Beständen der griechischen Interventionsstelle, aufgeteilt nach Sorten mit einer Gesamtmenge von 5 271 428 kg. Die Frist für die Entscheidung der Kommission über die Ausschreibung lief am 14. Juni 1990 ab. Die erste Partie umfaßte 1 805 903 kg Tabak. Sie setzte sich aus den Sorten Mavra, klassischer Kaba Kulak und Elassona, nicht klassischer Kaba Kulak, Katerini, Burley EL und Basmas zusammen. Die zweite Partie umfaßte 1 519 836 kg Tabak der gleichen Sorten mit Ausnahme der Sorte Basmas. Die dritte Partie umfaßte 1 519 991 kg Tabak der gleichen Sorten wie die zweite Partie. Die vierte Partie umfaßte 425 698 kg Tabak, die sich nur aus den Sorten Mavra und Basmas zusammensetzte. Die Klägerin reichte ein Angebot für die erste und die zweite Partie ein (in Höhe von 76,11 DR und 63,11 DR je Kilogramm). Die Kommission beschloß jedoch am 14. Juni 1990, die Angebote der Bieter nicht anzunehmen, weil die Angebotspreise die Gefahr einer Marktstörung darstellten.

10.
    Die zweite streitige Ausschreibung (im folgenden: zweite Ausschreibung) wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 1560/90 der Kommission vom 8. Juni 1990 über eine Ausschreibung zum Verkauf von zur Ausfuhr bestimmten Tabakballen aus Beständen der griechischen Interventionsstelle (ABl. L 148, S. 7; im folgenden: Verordnung Nr. 1560/90) veranstaltet. Sie umfaßte die gleichen vier Partien Rohtabakballen. Die Frist für die Entscheidung der Kommission über die Ausschreibung lief am 9. August 1990 ab. Die Klägerin gab ein Angebot für die erste und die vierte Partie ab (in Höhe von 91,11 DR und 101,11 DR je Kilogramm). Am 7. August 1990 erteilte die Kommission den Zuschlag für das Angebot eines anderen Bieters für die zweite Partie (in Höhe von 102 DR je Kilogramm) und lehnte alle Angebote über die erste, die dritte und die vierte Partie ab, wobei sie sich auf die Gefahr einer Marktstörung berief.

11.
    Die dritte streitige Ausschreibung (im folgenden: dritte Ausschreibung) wurde für die drei restlichen Partien durch die Verordnung (EWG) Nr. 2610/90 der Kommission vom 10. September 1990 über eine Ausschreibung zum Verkauf von zur Ausfuhr bestimmten Tabakballen aus Beständen der griechischen Interventionsstelle (ABl. L 248, S. 5) veranstaltet. Die Frist für die Entscheidung der Kommission über die Ausschreibung lief am 12. November 1990 ab. Die

Klägerin gab ein Angebot für alle drei Partien ab (in Höhe von 152,26 DR, 132,26 DR, und 121,26 DR je Kilogramm). Ihr Angebot für die erste Partie war das höchste der eingegangenen Angebote. Die Kommission beschloß am 16. November 1990 erneut, die Angebote der Bieter abzulehnen, weil die angebotenen Preise eine anormale Marktentwicklung hervorrufen könnten.

12.
    Die vierte streitige Ausschreibung (im folgenden: vierte Ausschreibung) wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 2436/91 der Kommission vom 7. August 1991 über eine Ausschreibung zum Verkauf von zur Ausfuhr bestimmten Tabakballen aus Beständen der deutschen, der griechischen und der italienischen Interventionsstelle (ABl. L 222, S. 23; im folgenden: Verordnung Nr. 2436/91) veranstaltet. Die Gesamtmenge von 105 486 276 kg war auf elf in vier Gruppen aufgeteilte Partien verteilt. Eine Gruppe von Partien konnte erst dann zum Verkauf gestellt werden, wenn für die vorhergehende Gruppe der Zuschlag erteilt war. Damit wurde bezweckt, für alle Tabaksorten Angebote zu erhalten, wobei mit den am wenigsten nachgefragten Sorten begonnen werden sollte. In jeder Partie war der Tabak einer bestimmten Sorte aus den Beständen der verschiedenen Interventionsstellen der betreffenden Mitgliedstaaten zusammengefaßt. Die Klägerin beteiligte sich an einigen Vorgängen dieser Serie. Ihre Angebote, die für eine geringere Menge galten, als für die fraglichen Partien festgesetzt war, wurden als nicht vorschriftsmäßig abgelehnt.

13.
    Nachdem die Klägerin am 13. September 1991 an das für Landwirtschaftsfragen zuständige Mitglied der Kommission geschrieben hatte, um die Aussetzung der Verordnung Nr. 2436/91 zu erwirken, ohne allerdings eine in ihren Augen zufriedenstellende Antwort zu erhalten, erhob sie beim Gerichtshof Klage auf Nichtigerklärung dieser Verordnung und der gemäß dieser Verordnung veröffentlichten Ausschreibung Nr. 91/C/213/04 der Kommission (Rechtssache C-232/91). Außerdem reichte sie im Verfahren der einstweiligen Anordnung einen Antrag auf Aussetzung der angefochtenen Verordnung ein (Rechtssache C-232/91 R). Da die Klägerin durch die angefochtenen Rechtsakte nicht individuell betroffen war, wurde ihre Klage mit Beschluß vom 14. November 1991 in den Rechtssachen C-232/91 und C-233/91 (Petridi und Kapnemporon Makedonias/Kommission, Slg. 1991, I-5351) als unzulässig abgewiesen. Ihr Antrag auf einstweilige Anordnung wurde mit Beschluß vom 10. Januar 1992 in den Rechtssachen C-232/91 R und C-233/91 R (nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) ebenfalls zurückgewiesen.

14.
    Durch die Verordnung (EWG) Nr. 162/92 der Kommission vom 24. Januar 1992 zur Änderung der Verordnung Nr. 2436/91 (ABl. L 18, S. 16) teilte die Kommission die letzten drei Partien der vierten Ausschreibung in zehn Partien auf, weil eine Unterscheidung nach dem Erntejahr auf einen höheren Verkaufswert hoffen ließ.

Verfahren und Anträge der Parteien

15.
    Mit Klageschrift, die am 24. Juli 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin gegen die Kommission eine auf Artikel 215 Absatz 2 EG-Vertrag gestützte Schadensersatzklage erhoben.

16.
    Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat jedoch beide Parteien aufgefordert, einige Fragen schriftlich zu beantworten, was ordnungsgemäß geschehen ist.

17.
    Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 2. Mai 1997 mündlich verhandelt.

18.
    Die Klägerin beantragt,

—    festzustellen, daß die Beklagte gemäß Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages haftet;

—    die Beklagte dementsprechend zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens zu verurteilen und 20 403 788 ECU an sie zu zahlen;

—    der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

19.
    In ihrer Erwiderung beantragt sie außerdem, der Beklagten aufzugeben, folgendes vorzulegen:

—    die Protokolle der Verwaltungsausschüsse vom 25. Juli 1990 bis 30. Januar 1992;

—    sämtliche Studien, internen Noten und Unterlagen über Marktbedarfsanalysen und die Verwaltung der Interventionsbestände an Tabak während des betreffenden Zeitraums;

—    sämtliche internen Unterlagen über den geplanten Verkauf von Tabak nach Rußland und die gesamte Korrespondenz zwischen der Kommission und Agrointorg sowie sämtliche Belege über die Rolle von Herrn Ballot als Vermittler.

20.
    Sie fügt hinzu, daß sie sich der Benennung eines Sachverständigen zur Beurteilung des ihr entstandenen Schadens nicht widersetze, wenn die Beklagte die Kosten vorstrecke.

21.
    Die Kommission beantragt,

—    die Schadensersatzklage für unzulässig zu erklären, soweit sie sich auf Ereignisse und Handlungen der Beklagten vor dem 23. Juli 1990 bezieht;

—    die Behandlung von Einzelheiten und Informationen in bezug auf die Arbeiten des Verwaltungsausschusses Tabak im Rahmen des vorliegenden Verfahrens für unzulässig zu erklären;

—    die Klage im übrigen als unbegründet abzuweisen;

—    der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

22.
    In ihrer Gegenerwiderung beantragt sie außerdem, die neuen Anträge auf Übermittlung von Unterlagen und auf Vorlage der Kosten für ein Sachverständigengutachten für unzulässig zu erklären und jedenfalls zurückzuweisen.

Zur Verjährung der Klage, soweit sie sich auf Handlungen der Kommission vor dem 24. Juli 1990 bezieht

Vorbringen der Parteien

23.
    Die Kommission bestreitet die Zulässigkeit der Klage, soweit sie sich auf ihre Handlungen vor dem 23. Juli 1990 bezieht, da die Klageschrift am 24. Juli 1995 eingereicht worden sei. Sie weist darauf hin, daß für die auf der Grundlage von Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages geltend gemachten Schadensersatzansprüche eine Verjährungsfrist von fünf Jahren nach Eintritt des ihnen zugrunde liegenden Ereignisses gelte. Die Verjährungsfrist beginne zu laufen, wenn sämtliche Voraussetzungen gegeben seien, von denen die Schadensersatzpflicht abhänge. Was die erste Ausschreibung angehe, so datiere die Entscheidung, die Angebote nicht anzunehmen, vom 14. Juni 1990. Der der Klägerin angeblich entstandene Schaden habe sich daher vor dem 23. Juli 1990 hinreichend konkretisiert. Folglich sei die Klage zumindest hinsichtlich der ersten Ausschreibung verjährt.

24.
    Die Klägerin erwidert, sie beanstande die Voraussetzungen, die nach der Ablehnung ihrer Angebote vorgelegen hätten, wie die Aussetzung des Ausschreibungsverfahrens und die Bedingungen für die Wiederaufnahme von Ausschreibungen. Die verschiedenen Fehler der Kommission seien alle nach dem 23. Juli 1990 begangen worden. Bei Ablehnung ihres Angebots durch die Kommission am 14. Juni 1990 sei der Schaden noch nicht in vollem Umfang eingetreten.

Würdigung durch das Gericht

25.
    Nach Artikel 43 der EG-Satzung des Gerichtshofes, die gemäß Artikel 46 dieser Satzung auf das Gericht Anwendung findet, verjähren die aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaft hergeleiteten Ansprüche in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt.

26.
    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in ihren Schriftsätzen nicht darzulegen versucht, weshalb die im Rahmen der ersten Ausschreibung ergangene Ablehnungsentscheidung vom 14. Juni 1990 ein rechtswidriges Verhalten der Kommission darstellen soll. Sie hat nämlich ihre gesamten Ausführungen den anderen von ihr beanstandeten Handlungen der Kommission gewidmet.

27.
    Außerdem hat sie entgegen ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit ihrer Klage nicht darzulegen versucht, daß irgendein Zusammenhang zwischen der Entscheidung vom 14. Juni 1990 und diesen anderen von ihr beanstandeten Handlungen der Kommission besteht. Sie hat auch keinerlei Kausalzusammenhang zwischen der Entscheidung vom 14. Juni 1990 und dem Schaden, dessen Ersatz sie beantragt, erwähnt.

28.
    Schließlich ist bei der Berechnung, auf die sie sich für die Bestimmung des von ihr geforderten Schadensersatzbetrags stützt (vgl. Bericht des Sachverständigen in der Anlage Nr. 121 zur Klageschrift), die erste Ausschreibung als solche nicht berücksichtigt.

29.
    Somit kann sie sich nicht auf die Rechtsprechung berufen, wonach die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnt, bevor sich der zu ersetzende Schaden konkretisiert hat (Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar 1982 in den Rechtssachen 256/80, 257/80, 265/80, 267/80 und 5/81, Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, Slg. 1982, 85, Randnr. 10), ohne weitere Umstände des Falles darzulegen, die die Anwendung dieser Rechtsprechung rechtfertigen.

30.
    Im Stadium der Beurteilung der Zulässigkeit der Klage besteht daher kein Anlaß, die Entscheidung vom 14. Juni 1990 als ein Element zu betrachten, das von einem allgemeineren rechtswidrigen Verhalten der Kommission nicht zu trennen wäre.

31.
    Folglich ist die Klage für unzulässig zu erklären, soweit sie sich auf die erste Ausschreibung bezieht.

Begründetheit

32.
    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts kann die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft nur ausgelöst werden, wenn eine Reihe von Voraussetzungen in bezug auf die Rechtswidrigkeit des dem Gemeinschaftsorgan zur Last gelegten Verhaltens, das Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden erfüllt ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 1995 in den Rechtssachen T-481/93 und T-484/93, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 80).

33.
    Bevor über das Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens der Kommission entschieden wird, ist zu prüfen, was es mit den Informationen über die Arbeiten

des Verwaltungsausschusses Tabak auf sich hat, auf die sich die Klägerin im vorliegenden Verfahren beruft.

Zum Recht der Klägerin, sich auf bestimmte Informationen zu berufen

Vorbringen der Parteien

34.
    Die Kommission vertritt die Ansicht, die Klägerin sei nicht berechtigt, sich auf Informationen über die Arbeiten des Verwaltungsausschusses Tabak zu berufen, weil nach Artikel 10 der Geschäftsordnung des Ausschusses dessen Beratungen vertraulich seien. Außerdem seien die Mitglieder der Ausschüsse gemäß Artikel 214 des Vertrages verpflichtet, Auskünfte, die unter das Berufsgeheimnis fielen, nicht preiszugeben. Die Klägerin sei daher nicht berechtigt gewesen, sich die fraglichen Informationen zu beschaffen, und erst recht nicht, sie im Rahmen der vorliegenden Klage zu verwenden. Artikel 214 des Vertrages habe unmittelbare und zeitlich unbegrenzte Wirkung, und auf den Umstand, daß die Klägerin die Protokolle gut- oder bösgläubig erhalten habe, komme es nicht an. Es habe der Klägerin nämlich nicht verborgen bleiben können, daß die Protokolle nicht öffentlich gewesen seien und folglich nicht dazu bestimmt gewesen seien, bekanntgemacht zu werden.

35.
    Die Klägerin macht geltend, sie habe die Geschäftsordnung des Ausschusses nicht gekannt, da sie nicht veröffentlicht worden sei. Diese Geschäftsordnung könne ihr daher nicht entgegengehalten werden. Außerdem habe sie sich die von den griechischen Behörden erstellten Protokolle der Verwaltungsausschüsse nicht auf unzulässige Weise beschafft. Der griechische Verband der Tabakindustrie verteile diese Protokolle nämlich regelmäßig an seine Mitglieder, ohne sie auf die Vertraulichkeit dieser Unterlagen hinzuweisen. Die Klägerin könne diese Schriftstücke daher in die Verhandlung einführen. Außerdem sehe man bei vernünftiger Betrachtung nicht, weshalb es nützlich sein könne, diese Vertraulichkeit über vier Jahre nach den Ereignissen zu wahren.

Würdigung durch das Gericht

36.
    Vorliegend sind für die Entscheidung des Rechtsstreits allein die Informationen aus den Beratungen des Verwaltungsausschusses Tabak relevant, die die Angebote für die erste, die zweite und die vierte Partie der zweiten Ausschreibung und für die erste Partie der dritten Ausschreibung betreffen.

37.
    Die von der Klägerin zu diesen Angeboten angeführten Informationen sind jedoch aufgrund anderer Quellen bekannt. Die Kommission hat nämlich in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts selbst bestätigt, daß die Angebote der Klägerin für die erste Partie der zweiten und der dritten Ausschreibung die höchsten der für diese Partien eingegangenen Angebote gewesen seien. Die Höhe des Angebots, das für die zweite Partie der zweiten Ausschreibung angenommen wurde, ist der Klägerin von der Kommission in deren Entscheidung vom 7. August

1990 mitgeteilt worden. Die Tatsache, daß das Angebot der Klägerin für die vierte Partie der zweiten Ausschreibung das höchste der eingegangenen Angebote war, wurde vom Rechnungshof in seinem Sonderbericht Nr. 8/93 über die Marktorganisation für Rohtabak bestätigt (ABl. 1994, C 65, S. 1; im folgenden: Sonderbericht). Schließlich sind die zweite und die vierte Partie der zweiten Ausschreibung Gegenstand einer detaillierten Erörterung in den Nummern 4.53 bis 4.55 dieses Berichts.

38.
    Alle diese Informationen sind daher unabhängig von irgendeiner Handlung griechischer Behörden oder Verbände verfügbar.

39.
    Die Frage, ob die Klägerin berechtigt war, sich auf die Beratungen des Verwaltungsausschusses zu berufen, ist daher irrelevant.

Zur Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission

40.
    Die Klägerin scheint die Ansicht zu vertreten, das der Kommission vorgeworfene rechtswidrige Verhalten setze sich aus einer Reihe von Handlungen im Anschluß an verschiedene Ausschreibungen zusammen. Dennoch prüft sie jeden Aspekt dieses Verhaltens einzeln. Mit Ausnahme der Entscheidung vom 14. Juni 1990 (siehe oben, Randnrn. 25 bis 31) ist die angebliche Rechtswidrigkeit der einzelnen Aspekte dieses Verhaltens daher getrennt zu beurteilen. Darüber hinaus sind die Rügen der Klägerin in bezug auf die zwischen der dritten und der vierten Ausschreibung verstrichene Frist und die von der Kommission vorgenommene Erhöhung der Kaution zu prüfen.

Zur zweiten Ausschreibung

— Vorbringen der Parteien

41.
    Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe dadurch gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen, daß sie am 7. August 1990 ihre Angebote für die zweite Ausschreibung abgelehnt habe.

42.
    Erstens sei die Ablehnung der Angebote entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht durch die Gefahr einer Marktstörung gerechtfertigt gewesen. Die von der Kommission insoweit gewählten Mittel seien zur Erreichung des angestrebten Zweckes nicht geeignet gewesen und über das hierzu Erforderliche hinausgegangen, im Gegensatz zu dem, was die Wahrung des in der Rechtsprechung verankerten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verlange (Urteil des Gerichtshofes vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-256/90, Mignini, Slg. 1992, I-2651, Randnr. 16).

43.
    Da die Ablehnung der Angebote der Klägerin weder nützlich noch erforderlich gewesen sei, stehe sie nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

44.
    Die Klägerin weist darauf hin, daß ihr Angebot für die erste Partie abgelehnt worden sei, obwohl es das höchste gewesen sei. Auch wenn man das von der Kommission in ihrer Antwort auf den Sonderbericht vorgebrachte Argument, die zweite und die vierte Partie seien gleichwertig gewesen, akzeptierte, so sei doch die Ablehnung ihres Angebots für die vierte Partie lächerlich gewesen, da der Unterschied zwischen den Preisangeboten weniger als eine Drachme betragen habe. Ihr Angebot für die vierte Partie sei im Gegenteil (mehr als dreimal) höher gewesen als das für die zweite Partie angenommene. Die Klägerin zitiert hierzu auszugsweise den Sonderbericht (Nr. 4.55): „...stellte das nicht angenommene Gebot für das geringerwertige Los [die vierte Partie] ein relativ günstigeres Angebot als das für das höherwertige Los angenommene Gebot [die zweite Partie] dar“. Sie erinnert daran, daß die vierte Partie nur 425 Tonnen umfaßte, und macht geltend, daß der Verkauf einer solchen Menge keine Marktstörung hätte hervorrufen können.

45.
    Die Klägerin trägt zweitens vor, dadurch, daß die Kommission ihr Angebot für die vierte Partie abgelehnt und das Angebot eines anderen Bieters für die zweite Partie angenommen habe, habe sie offensichtlich gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, der in diesem Fall aufgrund von Artikel 40 Absatz 3 des Vertrages, der Gemeinschaftsrechtsprechung und Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 727/70 gelte.

46.
    Die Kommission beruft sich erstens darauf, daß sie den Wirtschaftsteilnehmern verständlich habe machen wollen, daß sie bereit gewesen sei, die Ausschreibungen der Partien wieder aufzunehmen, sobald die Preise hinreichend gestiegen seien. Im übrigen hätten die in den anderen Ausschreibungen erzielten Preise für die beiden fraglichen Sorten bei der vierten Partie ihr Zögern in vollem Umfang gerechtfertigt. Das Angebot für die zweite Partie sei hingegen akzeptabel gewesen, wenn man die Zusammensetzung der Partie und die Durchschnittspreise der Sorten, aus denen sie sich zusammengesetzt habe, mit dem Preisangebot für die dritte Partie vergleiche, die praktisch die gleiche Zusammensetzung gehabt habe wie die zweite.

47.
    Die Kommission hält der Klägerin zweitens entgegen, sie werfe die Tabaksorten ohne Rücksicht auf ihren Preis generell in einen Topf. Es habe daher keinerlei Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gegeben, der sich aus derAblehnung des Angebots der Klägerin für die vierte Partie und der gleichzeitigen Annahme des Angebots eines Bieters für die zweite Partie ergeben hätte.

— Würdigung durch das Gericht

48.
    Nach ständiger Rechtsprechung gehört der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Nach diesem Grundsatz müssen die durch eine Gemeinschaftshandlung vorgeschriebenen Maßnahmen geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen, und dürfen die Grenzen des hierzu Erforderlichen nicht überschreiten. Außerdem ist von mehreren geeigneten

Maßnahmen die am wenigsten einschränkende zu wählen, und die verursachten Unzuträglichkeiten dürfen nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen (vgl. Urteil Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 119).

49.
    Vorliegend behauptet die Klägerin zwar, die Entscheidung der Kommission über die Ablehnung ihrer Angebote für die erste und die vierte Partie sei unnütz und unangemessen gewesen; sie legt aber nicht dar, in bezug auf welches Ziel die Entscheidung diese Merkmale aufgewiesen hat, und trägt nichts zum Nachweis dieser Merkmale vor.

50.
    In Wirklichkeit macht sie geltend, die Entscheidung der Kommission vom 7. August 1990, die auf das durch Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3389/73 verliehene Recht zur Aufhebung einer Ausschreibung gestützt sei (siehe oben, Randnr. 4), sei nicht durch die Sorge begründet, im Hinblick auf das Niveau der eingereichten Preisangebote nicht den Markt zu stören, sondern dadurch, daß die Kommission die Marktpreise nicht gekannt habe, wie ihre Entscheidung, der Klägerin nicht den Zuschlag für die vierte Partie zu erteilen, sondern das im übrigen weniger interessante Angebot eines anderen Bieters für die zweite Partie anzunehmen, zeige.

51.
    Selbst wenn man annimmt, daß die Kommission beim Erlaß der streitigen Entscheidung die Marktpreise tatsächlich nicht gekannt hat, weil sie sich dafür entschieden hat, Tabakpartien verschiedener Sorten zusammenzustellen, wie die Klägerin vorträgt, so wäre dieser Umstand für die Beurteilung der Frage, ob das Organ bei dieser Gelegenheit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt hat, doch nicht von Nutzen.

52.
    Jedenfalls besteht eines der mit der einschlägigen Regelung verfolgten Ziele darin, eine Störung des betreffenden Marktes zu vermeiden (vgl. insoweit Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 727/70). Es steht aber fest, daß die Entscheidung der Kommission die fraglichen Wirtschaftsteilnehmer veranlaßt hat, ihr im Rahmen der dritten Ausschreibung höhere Preise vorzuschlagen, als für die gleichen Partien im Rahmen der zweiten Ausschreibung angeboten worden waren (siehe oben, Randnrn. 10 und 11). Die Klägerin kann sich daher für ihre Behauptung, die Entscheidung vom 7. August 1990 entspreche nicht dem Ziel, den betreffenden Markt nicht zu stören, nicht darauf berufen, daß die Kommission die Preise nicht gekannt habe.

53.
    Demnach greift der Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht durch.

54.
    Auch der Grundsatz der Gleichbehandlung, dessen Verletzung ebenfalls behauptet wird, gehört nach ständiger Rechtsprechung zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts; er verlangt, daß vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, daß eine Differenzierung objektiv

gerechtfertigt wäre (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-280/93, Deutschland/Rat, Slg. 1994, I-4973, Randnr. 67).

55.
    Im vorliegenden Fall umfaßten die zweite und die vierte Partie, die die Klägerin miteinander vergleicht, nicht die gleichen Tabaksorten. Wie die Verordnung Nr. 1560/90 zeigt, setzte sich die zweite Partie aus den Sorten Mavra, klassischer Kaba Kulak und Elassona, nicht klassischer Kaba Kulak, Katerini und Burley EL zusammen, während die vierte Partie aus den Sorten Mavra und Basmas zusammengesetzt war; mithin war die Sorte Mavra die einzige, die in beiden Partien enthalten war. Außerdem handelte es sich um ganz unterschiedliche Mengen, da die zweite Partie 1 519 836 kg Tabak umfaßte und die vierte Partie nur 425 698 kg.

56.
    Im übrigen hat die Kommission auf der Grundlage der Angaben, über die sie damals verfügte, entschieden, daß das Angebot der Klägerin für die vierte Partie niedrig war, daß das Angebot für die zweite Partie jedoch akzeptabel war, vor allem im Vergleich zu dem Angebotspreis für die dritte Partie, die eine sowohl hinsichtlich der Tabaksorten als auch in bezug auf das Gewicht fast identische Zusammensetzung aufwies.

57.
    Schließlich hat die Kommission ausgeführt, wenn man in der zweiten und in der vierten Partie die Menge Mavra, die in beiden Partien fast die gleiche gewesen sei (306 491 kg für die zweite Partie und 333 872 kg für die vierte), außer Betracht lasse, zeige sich, daß die Klägerin für die Tabaksorte Basmas der vierten Partie einen geringeren Preis je Kilogramm angeboten habe, als je Kilogramm für die anderen Tabaksorten der zweiten Partie von dem Bieter angeboten worden sei, dem diese Partie zugeschlagen worden sei, obwohl die Sorte Basmas gefragter gewesen sei als die übrigen Sorten, aus denen sich die zweite Partie zusammengesetzt habe, was die Klägerin nicht bestreitet. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren aber nicht dargetan, warum diese Beurteilung offensichtlich fehlerhaft ist, sondern sich damit begnügt, einen Auszug aus dem Sonderbericht zu zitieren, in dem es heißt, daß das abgelehnte Angebot für die vierte Partie interessanter gewesen sei als das für die zweite Partie angenommene Angebot (siehe oben, Randnr. 44), ohne überzeugend auf die oben dargelegten Argumente der Kommission einzugehen, die der in dem zitierten Auszug aus dem Sonderbericht enthaltenen Schlußfolgerung widersprechen.

58.
    Die Kommission ist als Verwalterin der gemeinsamen Marktorganisation für Tabak verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln. Sie hat über die Annahme oder Ablehnung der Angebote für ausgeschriebene Partien unter Berücksichtigung sämtlicher ihr zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorliegender Angaben zu entscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung verfügt sie dabei über ein weites Ermessen, da es sich um Entscheidungen handelt, bei denen verschiedene Faktoren wie die für die einzelnen Partien angebotenen Preise sowie die für nicht verkaufte Partien entstehenden Lagerkosten miteinander in Einklang zu bringen sind. Unter diesen

Umständen begründen selbst Entscheidungen, die sich im nachhinein als angreifbar erweisen können, nicht notwendigerweise die Haftung der Gemeinschaft, wenn kein offensichtlicher Beurteilungsfehler des Organs vorliegt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 11. März 1987 in der Rechtssache 27/85, Vandemoortele/Kommission, Slg. 1987, 1129, Randnrn. 31 bis 34).

59.
    Abschließend kann sich die Klägerin nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung berufen, da sie nicht dargetan hat, daß die Kommission zwei vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt hat.

60.
    Aus alledem folgt, daß die Entscheidung der Kommission vom 7. August 1990 über die Ablehnung der Angebote der Klägerin für die erste und die vierte Partie der zweiten Ausschreibung in keiner Hinsicht rechtswidrig ist. Sie kann daher keine außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber der Klägerin begründen.

Zur dritten Ausschreibung

— Vorbringen der Parteien

61.
    Die Klägerin beruft sich auch in bezug auf die dritte Ausschreibung auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und macht geltend, daß die erneut mit den Gefahren einer Marktstörung begründete Ablehnung der Angebote durch die Kommission vom 16. November 1990 zu anormal hohen Preisen beigetragen, zu zusätzlichen Lagerkosten geführt und der Gemeinschaft erhebliche Mittel vorenthalten habe. Entgegen den Erklärungen der Kommission sei die Höhe der Angebote im Verhältnis zum Ausfuhrverkaufspreis weder anormal noch übermäßig gewesen. Sie sei vielmehr eine logische Konsequenz der Ablehnung der Angebote bei der vorherigen Ausschreibung gewesen.

62.
    Die Kommission antwortet, sie habe bei dieser Ausschreibung sämtliche Angebote abgelehnt, um zu versuchen, die gesamten Lagerbestände auf einmal zu verkaufen, und um später Verkäufe sortenweise vorzunehmen, damit der tatsächliche Marktwert dieser Sorten habe festgestellt werden können. Da zudem die Marktlage damals unsicher gewesen sei, habe sie es vorgezogen, sämtliche Angebote abzulehnen, um neue Vorschläge auszuarbeiten.

— Würdigung durch das Gericht

63.
    Wie in bezug auf die zweite Ausschreibung trägt die Klägerin für ihren Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor, daß die Entscheidung der Kommission vom 16. November 1990 unnötig und unangemessen gewesen sei; sie gibt jedoch nicht genau an, im Hinblick auf welches Ziel die Entscheidung diesen Charakter aufweist, sondern verweist ganz allgemein bald auf „die mit Ausschreibungsverfahren für Tabak verbundenen Ziele“, bald auf das Ziel, wonach „die Ausschreibungen den Bedürfnissen des Marktes Rechnung zu tragen haben“.

64.
    Selbst wenn man annimmt, daß die Kommission beim Erlaß ihrer Entscheidung vom 16. November 1990 die Marktpreise tatsächlich nicht gekannt hat, wie die Klägerin erneut vorträgt, so wäre dieser Umstand für die Beurteilung der Frage, ob das Organ bei dieser Gelegenheit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt hat, ohne jeden Nutzen (siehe oben, Randnrn. 50 und 51).

65.
    Im übrigen hat die Klägerin nichts dafür vorgetragen, daß die Kommission, als sie am 16. November 1990 beschloß, sämtliche Angebote abzulehnen, um den Markt nicht zu stören, dem Marktbedarf, dessen Berücksichtigung Artikel 3 Buchstabe c der Verordnung Nr. 327/71 vorschreibt, nicht Rechnung getragen hätte. Der Umstand, daß die Kommission den Markt nicht stören wollte, zeigt bis zum Beweis des Gegenteils, daß sie der Entwicklung und den Bedürfnissen des Marktes zumindest so, wie sie sie damals einschätzte, Rechnung getragen hat.

66.
    Jedenfalls gehört das Bemühen, den Markt nicht zu stören, zu den mit der einschlägigen Regelung verfolgten Zielen (siehe oben, Randnr. 52), und die Kommission war gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3389/73 berechtigt, das Angebot der Klägerin für die erste Partie, auch wenn es das höchste Angebot war, sowie alle übrigen Angebote, die sie erhalten hatte, abzulehnen.

67.
    Der Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit greift somit nicht durch.

68.
    Im übrigen spielt es keine Rolle, daß die Entscheidung vom 16. November 1990 nach Ablauf der in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3389/73 für den Erlaß der Entscheidung über eine Ausschreibung gesetzten Frist von 15 Tagen getroffen wurde. Da nämlich keinerlei Sanktion an die Nichteinhaltung dieser Frist geknüpft ist, ist sie nur als Ordnungsfrist anzusehen, deren Überschreitung nach der Rechtsprechung eine Haftung der Kommission nur dann begründen kann, wenn sie auf eine mangelnde Sorgfalt ihrerseits zurückzuführen ist (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 6. Oktober 1993 in der Rechtssache C-55/91, Italien/Kommission, Slg. 1993, I-4813, Randnr. 69). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch nicht einmal behauptet, daß sich die Kommission einer solchen mangelnden Sorgfalt schuldig gemacht habe, sondern sich damit begnügt, nur in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts auf die Nichteinhaltung dieser Frist hinzuweisen.

69.
    Aus alledem folgt, daß die Entscheidung der Kommission vom 16. November 1990 über die Ablehnung der Angebote der Klägerin für die drei Partien der dritten Ausschreibung in keiner Hinsicht rechtswidrig ist. Sie kann daher keine außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber der Klägerin begründen.

Zur Frist zwischen der dritten und der vierten Ausschreibung

— Vorbringen der Parteien

70.
    Die Klägerin macht geltend, die Frist zwischen der dritten und der vierten Ausschreibung sei unangemessen gewesen, da sie zu einem Anwachsen der Lagerbestände geführt und somit den Markt schwerwiegend gestört habe. Die Kommission habe mit dem Versuch, unter Mißachtung der Vorschriften des Artikels 7 der Verordnung Nr. 727/70 und des in Artikel 3 Buchstabe c der Verordnung Nr. 327/71 genannten Marktbedarfs ein Geschäft mit der Sowjetunion zustande zu bringen, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da dieses Geschäft weder erforderlich noch angemessen gewesen sei. Die Klägerin weist die verschiedenen Argumente der Kommission zur Rechtfertigung der beanstandeten Frist zurück.

71.
    Die Kommission erklärt, der Zeitraum zwischen der dritten und der vierten Ausschreibung sei auf mehrere Gründe zurückzuführen, insbesondere auf die außerordentlichen Schwankungen des Preisniveaus zwischen der dritten Ausschreibung und den vorherigen Ausschreibungen, auf die Gespräche zwischen der Kommission und der ehemaligen Sowjetunion zur Erörterung der Möglichkeiten, die gesamten Lagerbestände an diese zu verkaufen, und auf dieAbsicht der Kommission, den Absatz der gesamten Interventionsmengen zu ermöglichen, um die neue gemeinsame Marktorganisation in einer bereinigten Interventionssituation einführen zu können.

— Würdigung durch das Gericht

72.
    Unterlassungen der Gemeinschaftsorgane können nur dann die Haftung der Gemeinschaft begründen, wenn die Organe bei dieser Gelegenheit gegen eine Rechtspflicht zum Tätigwerden verstoßen haben, die sich aus einer Gemeinschaftsvorschrift ergibt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 15. September 1994 in der Rechtssache C-146/91, KYDEP/Rat und Kommission, Slg. 1994, I-4199, Randnr. 58).

73.
    Im vorliegenden Fall verlangte keine Vorschrift der einschlägigen Regelung von der Kommission, innerhalb einer speziellen Frist eine Ausschreibung vorzunehmen, was die Klägerin im übrigen auch nicht behauptet hat.

74.
    Somit ist, ohne daß die Begründetheit der Erklärungen der Kommission geprüft zu werden braucht, festzustellen, daß die zwischen der dritten und der vierten Ausschreibung verstrichene Frist von elf Monaten in keiner Weise rechtswidrig war. Sie kann daher keine außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber der Klägerin begründen.

Zur vierten Ausschreibung

— Vorbringen der Parteien

75.
    Die Klägerin trägt erstens vor, daß die Art und Weise, in der die Kommission die vierte Ausschreibung veranstaltet habe, offensichtlich und schwerwiegend gegen den

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, da sie die kleinen und mittleren Unternehmen de facto ausschließe. Die im Rahmen dieser vierten Ausschreibung angebotenen Partien hätten Tabaksorten umfaßt, die sich im Besitz von Interventionsstellen in mehreren Mitgliedstaaten befunden hätten, und seien von so erheblichem Umfang gewesen, daß sich nur multinationale Konzerne an der Ausschreibung hätten beteiligen können, die über die entsprechenden Strukturen verfügt hätten, um Ausfuhren aus jedem der Mitgliedstaaten vorzunehmen, in dem sich ein Teil der im Rahmen dieser Ausschreibung zum Verkauf angebotenen Lagerbestände befunden habe. Die Kommission habe diese Sachlage stillschweigend dadurch anerkannt, daß sie die letzten drei, bei der vierten Ausschreibung nicht vergebenen Partien bei der am 24. Januar 1992 beschlossenen fünften Ausschreibung in zehn neue Partien aufgeteilt habe (siehe oben, Randnr. 14).

76.
    Ebenso habe es die Notwendigkeit, gemäß den Anforderungen verschiedener Interventionsstellen Kautionen zu stellen, den kleinen und mittleren Unternehmen unmöglich gemacht, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Der Ankauf derart großer Mengen hätte außerdem Lagerkosten verursacht, die mit dem Umfang solcher Unternehmen, zu denen die Klägerin gehöre, nicht zu vereinbaren gewesen wären. Die bei der vierten Ausschreibung zum Verkauf angebotene Tabakmenge habe einer ganzen Jahresproduktion in Griechenland und einem Drittel der jährlichen Gemeinschaftsproduktion entsprochen.

77.
    Die Klägerin beschwert sich darüber, daß die Verordnung zur Veranstaltung der vierten Ausschreibung eine Frist von 20 Tagen zwischen dem Tag der Bekanntmachung der Ausschreibung und dem Angebotstermin anstelle der normalen Frist von 45 Tagen festgelegt habe, die in Artikel 3 der Verordnung Nr. 3389/73 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1344/75 der Kommission vom 27. Mai 1975 (ABl. L 137, S. 20) geänderten Fassung vorgesehen sei. Diese Verkürzung habe für die kleinen und mittleren Unternehmen ein zusätzliches Hindernis dargestellt.

78.
    Die Klägerin weist das Vorbringen der Kommission zurück, sie hätte sich anderen Bietern zur Abgabe eines gemeinsamen Angebots anschließen können. Sie weist darauf hin, daß der Rechnungshof in seinem Sonderbericht betont habe, daß der Zusammenschluß mehrerer Wirtschaftsteilnehmer die Kommission dem Risiko der Bildung von Kartellen aussetze.

79.
    Sie macht zweitens geltend, daß die Art und Weise, in der die Kommission die vierte Ausschreibung veranstaltet habe, außerdem offensichtlich und schwerwiegend gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, insbesondere gegen Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 727/70 verstoße, da sie die kleinen und mittleren Unternehmen de facto ausschließe.

80.
    Die Kommission führt erstens aus, sie habe keineswegs gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da ihr Vorgehen für eine ordnungsgemäße Verwaltung der gemeinsamen Marktorganisation geeignet und erforderlich gewesen sei. Die Zusammenstellung der Partien habe ganz bestimmten Bedürfnissen der Lage des Marktes entsprochen. Die Kommission bezweifelt, daß es, wie die Klägerin behaupte, notwendig sei, über Strukturen in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu verfügen, um ein einheitliches Angebot zu verwirklichen. Gleichwohl liege es auf der Hand, daß eine Ausfuhr aus dem Land der Lagerung einfacher sei und daß es sich dabei um eine rationelle Entscheidung handele, um die Verwaltungskosten möglichst gering zu halten. Daß Kautionen bei verschiedenen Interventionsstellen gestellt werden müßten, sei hingegen für ein im internationalen Handel erfahrenes Unternehmen kein Hindernis. Im übrigen hätten sich Unternehmen mittlerer Größe an den Ausschreibungen beteiligt, und einige davon hätten den Zuschlag erhalten.

81.
    Die Kommission macht geltend, sie sei berechtigt gewesen, die Frist von 45 auf 20 Tage zu verkürzen, da die Verordnung Nr. 2436/91 wirksam von der Verordnung Nr. 3389/73 habe abweichen können, nachdem beide Verordnungen auf Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung Nr. 727/70 gestützt seien, der die Kommission ermächtige, die Verfahren und Bedingungen für den Absatz durch die Interventionsstellen festzulegen.

82.
    Im übrigen gebe es einen Unterschied zwischen einem zulässigen Zusammenschluß von Wirtschaftsteilnehmern zu einer vorübergehenden Vereinigung, die ein gemeinsames Angebot abgebe, und einem unzulässigen Kartell. Es komme häufig vor, daß sich Unternehmen zur Abgabe eines gemeinsamen Angebots für eine Partie zusammenschlössen, die von dem einzelnen Unternehmen allein nicht bewältigt werden könne.

83.
    Schließlich sei das neue Vorgehen bei der vierten Ausschreibung aus mehreren Gründen gerechtfertigt gewesen.

84.
    Zum einen habe es eine starke Nachfrage nach Tabak gegeben, die die Sowjetunion für Erzeugnisse von geringerer Qualität geäußert habe, was es ermöglicht habe, einheitliche Partien zusammenzustellen, während es vorher aufgrund der Überschüsse auf dem Welttabakmarkt notwendig gewesen sei, auf den Verkauf von Partien aus verschiedenen Sorten zurückzugreifen. Die Abwicklung der Geschäfte habe die Abgabe von Angeboten für alle Partien erfordert, und dieses Ziel habe nur durch den Verkauf umfangreicher Partien in zufriedenstellender Weise erreicht werden können.

85.
    Zum anderen habe die unmittelbar bevorstehende Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Tabak eine wichtige Rolle gespielt, insbesondere durch die vorgesehene Abschaffung des Interventionssystems, ein Vorhaben, das den Absatz der noch im Besitz der Interventionsstellen befindlichen Lagerbestände vorausgesetzt habe. Es sei aufgrund der damals günstigen Marktbedingungen eine

rasche und umfassende Ausschreibung geboten gewesen. Ein homogenes Erzeugnis habe leichter bewertet und abgesetzt werden können, da es Käufertypen und speziellen Absatzmärkten entsprochen habe.

86.
    Die Kommission vertritt zweitens die Meinung, daß sie aus den gleichen Gründen bei der Veranstaltung der vierten Ausschreibung nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen habe.

— Würdigung durch das Gericht

87.
    Die Klägerin trägt für ihre Klagegründe eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung die gleichen Argumente vor.

88.
    Keinem dieser Argumente kann gefolgt werden.

89.
    Zunächst kann die Klägerin nicht behaupten, daß die Menge des mit den verschiedenen Partien der vierten Ausschreibung zum Verkauf angebotenen Tabaks die kleinen und mittleren Unternehmen daran gehindert habe, sich an dieser Ausschreibung zu beteiligen. Aus den Antworten der Kommission auf die schriftlichen Fragen des Gerichts geht nämlich hervor, daß mehrere mittlere Unternehmen Angebote eingereicht hatten und einige von ihnen von der Kommission berücksichtigt wurden. Diese Antworten zeigen außerdem, daß 20 zulässige Angebote für den ersten, 11 für den zweiten, 14 für den dritten und 25 für den vierten Ausschreibungsverkauf eingereicht wurden.

90.
    Die Klägerin kann auch nicht behaupten, daß die geographische Streuung der Tabakmengen, aus denen die Partien zusammengesetzt waren, die kleinen und mittleren Unternehmen daran gehindert habe, sich an der vierten Ausschreibung zu beteiligen. Da aus der Verordnung Nr. 2436/91 hervorgeht, daß sich der Tabak bei sechs von elf Partien im Besitz einer einzigen Interventionsstelle, bei vier von elf Partien im Besitz von zwei Interventionsstellen und bei einer einzigen von elf Partien im Besitz von drei Interventionsstellen befand, erreichten die praktischen Schwierigkeiten, die sich aus der geographischen Streuung des zum Verkauf angebotenen Tabaks ergaben, nicht das von der Klägerin behauptete Ausmaß.

91.
    Die Klägerin kann sich schließlich nicht auf irgendeine Rechtswidrigkeit aufgrund der Verkürzung der Frist zwischen der Bekanntmachung der Ausschreibung und dem Angebotstermin von 45 auf 20 Tage berufen. Die Kommission war insoweit im Rahmen des weiten Ermessens, das ihr auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik zusteht, berechtigt, von Artikel 3 der Verordnung Nr. 3389/73 in der geänderten Fassung abzuweichen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, Randnr. 12). Die Klägerin hat jedoch weder vorgetragen noch nachgewiesen, daß die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler

begangen hat, als sie der Ansicht war, daß die geltende Frist zu verkürzen sei, um vor der Einführung der neuen gemeinsamen Marktorganisation den Verkauf der Partien beschleunigt vorzunehmen. Außerdem galt die Fristverkürzung für alle beteiligten Wirtschaftsteilnehmer unabhängig von ihrer Größe. Im übrigen hat die Klägerin nicht erläutert, inwiefern die Fristverkürzung den Wirtschaftsteilnehmern einer bestimmten Größe gegenüber anderen Wirtschaftsteilnehmern Vorteile hätte verschaffen können.

92.
    Da die Kommission dargetan hat, daß sich mittlere Unternehmen an der Ausschreibung beteiligt haben, braucht über die Zulässigkeit eines etwaigen gemeinsamen Angebots mehrerer Wirtschaftsteilnehmer für eine Partie nicht entschieden zu werden.

93.
    Jedenfalls waren die Maßnahmen, die die Kommission im Rahmen der vierten Ausschreibung für den Absatz der im Besitz der Interventionsstellen befindlichen Tabakmengen gewählt hat, geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen, und überschritten nicht das hierfür Erforderliche (Urteil Vandemoortele/Kommission, a. a. O., Randnr. 34), da die bei den Interventionsstellen gelagerten Mengen zwischen 1991 und 1992 erheblich abgenommen hatten und die bei der vierten Ausschreibung zumindest für einige Sorten erzielten Preise deutlich höher waren als die bei den früheren Ausschreibungen angebotenen. Somit hat die Kommission die Grenzen ihres Ermessens bei der Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation für Rohtabak nicht überschritten.

94.
    Darüber hinaus war die vierte Ausschreibung sämtlichen Unternehmen des Sektors zu den gleichen Bedingungen und nach den gleichen Vorschriften zugänglich, und die Kommission konnte diese Ausschreibung im Verhältnis zu den vorherigen anders organisieren, da sie die Freiheit, ihre Politik der Entwicklung der Marktgegebenheiten und den verfolgten Zielen anzupassen, nicht verloren hatte (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1981 in den Rechtssachen 197/80, 198/80, 199/80, 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80, Ludwigshafener Walzmühle u. a./Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211, Randnr. 40).

95.
    Demnach greifen die Klagegründe eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht durch.

96.
    Nach alledem weist die Verordnung Nr. 2436/91 keine Rechtswidrigkeit auf, die die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber der Klägerin begründen könnte.

Zur Erhöhung des Kautionsbetrags

— Vorbringen der Parteien

97.
    Die Klägerin trägt vor, durch die Erhöhung des Kautionsbetrags habe die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da diese Erhöhung weder durch die Marktentwicklung noch durch die Ausfuhrerstattungen gerechtfertigt gewesen sei. Die Kaution solle gewährleisten, daß der Zuschlagsempfänger die sich aus seiner Beteiligung an der Ausschreibung ergebenden Verpflichtungen einhalte, und vor allem, daß die Ware tatsächlich ausgeführt werde. Durch die Festlegung eines einheitlichen Kautionsbetrags unabhängig von der Tabaksorte und damit von deren Wert habe die Kommissionbewiesen, daß nicht die Marktentwicklungen der Erhöhung zugrunde gelegen hätten.

98.
    Die Klägerin trägt außerdem vor, diese Erhöhung habe praktisch bezweckt, bestimmte potentielle Käufer auszuschließen, was zeige, daß auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vorliege.

99.
    Die Kommission entgegnet, die Kaution sei keineswegs überhöht gewesen; sie sei unverzichtbar gewesen, um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausfuhrverkaufspreis und dem Preis auf dem Gemeinschaftsmarkt sowie zumindest die Auswirkung der Ausfuhrerstattungen auszugleichen.

100.
    Außerdem habe sich die Klägerin an einer fünften Ausschreibung beteiligt, bei der eine Kaution von 0,7 ECU verlangt worden sei, was beweise, daß sie keineswegs von den Interventionsverkäufen ausgeschlossen gewesen sei.

101.
    Die Klägerin erwidert, ihre Beteiligung an einer Ausschreibung, bei der die Kaution auf 0,7 ECU je Kilogramm festgesetzt gewesen sei, sei dadurch zu erklären, daß es bei der Ausschreibung um eine wesentlich geringere Tabakmenge gegangen sei.

— Würdigung durch das Gericht

102.
    In der ersten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 3040/91 hat die Kommission dargelegt, daß die Erhöhung der Kaution durch die Notwendigkeit gerechtfertigt gewesen sei, der auf dem Markt und bei den Ausfuhrerstattungen eingetretenen Änderung Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Verfahren hat die Kommission ausgeführt, daß diese Erhöhung durch die Notwendigkeit gerechtfertigt gewesen sei, zu gewährleisten, daß die Zuschlagsempfänger die sich aus ihrer Beteiligung an einer Ausschreibung ergebenden Verpflichtungen einhielten, und, bei einer Ausschreibung zum Zweck der Ausfuhr, zu gewährleisten, daß die Ware tatsächlich aus der Gemeinschaft ausgeführt werde.

103.
    Ferner geht aus einer Antwort der Kommission auf eine schriftliche Frage des Gerichts hervor, daß der Betrag der Kaution selbst nach der Erhöhung sowie der im Rahmen der von der Kommission vorgenommenen Ausschreibungen erzielte Verkaufspreis unter dem Kaufpreis lagen, zu dem die betreffenden

Interventionsstellen den fraglichen Tabak erworben hatten, was die Klägerin in der Sitzung nicht bestritten hat.

104.
    Somit kann die Erhöhung des Kautionsbetrags durch die Verordnung Nr. 3040/91 nicht als übermäßig betrachtet werden.

105.
    Schließlich muß die Kommission bei der Verwaltung der gemeinsamen Marktorganisation für Tabak insbesondere verhindern, daß der Markt durch den Tabakabsatz gestört wird. Die Tatsache, daß strenge Sicherheiten verlangt werden, stellt grundsätzlich ein Indiz für die Annahme dar, daß die Kommission ihrer Verpflichtung ordnungsgemäß nachkommt. Sicherheitsbedingungen wie die in der Verordnung Nr. 3040/91 aufgestellten implizieren zwangsläufig den Ausschluß von Unternehmen, die nicht in der Lage sind, sie zu erfüllen. Eine solche Ausschlußwirkung, die mit jeder Sicherheitsbedingung verbunden ist, stellt daher keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung dar (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 7. April 1992 in der Rechtssache C-358/90, Compagnia italiana alcool/Kommission, Slg. 1992, I-2457, Randnr. 54). Da bei der vierten Ausschreibung kleine und mittlere Unternehmen unter den Zuschlagsempfängern waren, hatten die Sicherheitsbedingungen jedenfalls nicht praktisch zur Folge, daß solche Unternehmen von einer Beteiligung an dieser Ausschreibung ausgeschlossen wurden.

106.
    Demnach greifen die Klagegründe eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht durch.

107.
    Nach alledem weist die Verordnung Nr. 3040/91, soweit sie den Kautionsbetrag erhöht hat, keine Rechtswidrigkeit auf, die die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber der Klägerin begründen könnte.

108.
    Dem in der Erwiderung gestellten Antrag der Klägerin, einen Sachverständigen zu benennen und der Kommission die Vorlage ergänzender Unterlagen aufzugeben, kann nicht stattgegeben werden. Die fraglichen Unterlagen sind nämlich für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erforderlich, und die Benennung eines Sachverständigen zur Beurteilung des behaupteten Schadens ist im vorliegenden Fall nutzlos, da die Klägerin die Rechtswidrigkeit des von ihr beanstandeten Verhaltens der Kommission nicht nachgewiesen hat.

109.
    Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen, ohne daß geprüft zu werden braucht, ob die übrigen Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft, nämlich das Vorliegen eines Schadens sowie ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Kommission und dem geltend gemachten Schaden, gegeben sind.

Kosten

110.
    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen, ist die Klägerin zur Tragung der Kosten des Verfahrens zu verurteilen.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.    Die Klage wird abgewiesen.

2.    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Lenaerts
Lindh
Cooke

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Dezember 1997.

Der Kanzler

Die Präsidentin

H. Jung

P. Lindh


1: Verfahrenssprache: Französisch.