Language of document : ECLI:EU:T:2021:462

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

14. Juli 2021(*)

„Unionsmarke – Verfallsverfahren – Unionswortmarke KNEISSL – Erklärung des teilweisen Verfalls – Keine ernsthafte Benutzung der Marke – Umfang der Benutzung – Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung [EU] 2017/1001) – Regel 22 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 (jetzt Art. 10 Abs. 3 der delegierten Verordnung [EU] 2018/625) – Rechtsmissbrauch“

In der Rechtssache T‑65/20,

Kneissl Holding GmbH mit Sitz in Ebbs (Österreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte O. Nilgen und A. Kockläuner,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer, D. Hanf und D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

LS 9 GmbH mit Sitz in München (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 8. November 2019 (Sache R 2265/2018‑2) zu einem Verfallsverfahren zwischen LS 9 und Kneissl Holding

erlässt


DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira, des Richters D. Gratsias und der Richterin T. Perišin (Berichterstatterin),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 4. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 14. April 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2021

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 25. Juni 1996 meldete die Kneissl Dachstein Sportartikel AG, die die Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Kneissl Holding GmbH, war, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, diese wiederum ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen KNEISSL.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 18, 25 und 28 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 18: „Reise- und Handkoffer, Taschen (soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind), Tragtaschen, Handtaschen, Reisetaschen, Jagdtaschen, Sportbeutel, Sporttaschen, Schuhbeutel, Skisäcke, Rucksäcke; Trag- und Befestigungsriemen für vorgenannte Waren; Schirme und deren Teile“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, insbesondere Sportbekleidungsstücke, Freizeitbekleidungsstücke, Wetterbekleidungsstücke, Strandbekleidungsstücke, Badebekleidungsstücke, Skianzüge, Skihosen; Skianoraks; Leibwäsche, Krawatten, Handschuhe; Schuhwaren und Schuhe, insbesondere Sportschuhe und Sportschuhe für den Ski‑, Snowboard‑, Tennis‑, Segel- und Bergsport[‑]Schuhwaren, Kopfbedeckungen“;

–        Klasse 28: „Sportartikel sowie Sport- und Turngeräte (soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind), insbesondere Ski, Snowboards, Tennisschläger, Squashschläger, Golfschläger, Sportbälle, Skistöcke, Ski- und Snowboardbindungen“.

4        Die Markenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken am 5. Oktober 1998 veröffentlicht, und die angegriffene Marke wurde am 26. März 1999 unter der Nr. 291 377 für alle oben in Rn. 3 genannten Waren eingetragen.

5        Am 26. Oktober 2015 stellte die LS 9 GmbH auf der Grundlage von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke für alle von dieser erfassten Waren.

6        Am 29. April 2016 legte die Klägerin eine Reihe von Beweismitteln vor, um die ernsthafte Benutzung ihrer Marke zu belegen. Diese Beweise wurden in Form von elf Dokumenten vorgelegt und sind der Verfahrensakte des EUIPO als Anlage beigefügt.

7        Mit Entscheidung vom 18. Oktober 2018 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag auf Erklärung des Verfalls teilweise statt und erklärte die eingetragene Marke in Bezug auf die folgenden Waren für verfallen:

–        Klasse 18: „Reise- und Handkoffer, Taschen (soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind), Tragtaschen, Handtaschen, Reisetaschen, Jagdtaschen, Sportbeutel, Sporttaschen, Schuhbeutel, Skisäcke, Rucksäcke; Trag- und Befestigungsriemen für vorgenannte Waren; Schirme und deren Teile“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, insbesondere Sportbekleidungsstücke, Freizeitbekleidungsstücke, Wetterbekleidungsstücke, Strandbekleidungsstücke, Badebekleidungsstücke, Skianzüge, Skihosen; Skianoraks; Leibwäsche, Krawatten, Handschuhe; Schuhwaren und Schuhe, insbesondere Sportschuhe und Sportschuhe für den Ski‑, Snowboard‑, Tennis‑, Segel- und Bergsport[‑]Schuhwaren, Kopfbedeckungen“;

–        Klasse 28: „Turngeräte (soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind), insbesondere Sportbälle“.

8        Am 20. November 2018 legte die Klägerin gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein, soweit die Marke für folgende Waren für verfallen erklärt worden war:

–        Klasse 18: „Sporttaschen“;

–        Klasse 25: „Sportbekleidungsstücke, Freizeitbekleidungsstücke, Wetterbekleidungsstücke, Skianzüge, Skihosen; Skianoraks; Leibwäsche, Kopfbedeckungen“.

9        Die Klägerin reichte mit der Beschwerdebegründung vom 18. Februar 2019 weitere Unterlagen betreffend die Benutzung der angegriffenen Marke ein.

10      Mit Entscheidung vom 8. November 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück.

11      Erstens stellte die Beschwerdekammer fest, dass der Großteil der eingereichten Unterlagen zwar aus dem relevanten Zeitraum – d. h. dem Zeitraum vom 26. Oktober 2010 bis 25. Oktober 2015 – stamme, aber manche Kataloge undatiert seien. Folglich könnten sie nur insoweit berücksichtigt werden, als sie durch einschlägige Rechnungen untermauert seien.

12      Zweitens habe die Marke KNEISSL keine Bedeutung für die relevanten Waren und sei daher völlig unterscheidungskräftig. Die Benutzung der Marke in stilisierter Form und zusammen mit dem nachfolgend wiedergegebenen Bildelement sei als Benutzung der Marke wie eingetragen anzusehen:

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13      Drittens belegten die eingereichten Unterlagen keine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke, und zwar weder für Ski‑, Skischuh- und Tennistaschen in Klasse 18 noch für Sportbekleidungsstücke und die anderen Waren in Klasse 25.

14      Insbesondere sei in Bezug auf die Sporttaschen in Klasse 18 festzustellen, dass die von der Klägerin eingereichten Fotos undatiert seien, keine der eingereichten Rechnungen den Verkauf von Skitaschen oder von Taschen für Skischuhe belege und die vorgelegten Umsatzzahlen nicht nach relevanten Produktkategorien aufgeschlüsselt seien. Außerdem könne der Verkauf von 34 Stück an zwei Kunden in zwei Mitgliedstaaten mit einem Gesamtumsatz von 675 Euro als ein Indiz für eine nur symbolische Verwendung gewertet werden.

15      Was die Sportbekleidungsstücke in Klasse 25 angehe, reiche der Verkauf von lediglich einer Lederjacke für den Gesamtbetrag von 200 Euro nicht aus, um eine mehr als symbolische Benutzung der angegriffenen Marke nachzuweisen. Die behaupteten Umsatzzahlen seien nicht nach relevanten Produktkategorien aufgeschlüsselt. Die eingereichten Fotos seien undatiert, und auf den Internetausdrucken sei keine Kaufmöglichkeit für die Produkte zu erkennen.

 Anträge der Parteien

16      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

17      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Bestimmung der zeitlich anwendbaren Verordnung

18      Angesichts des Zeitpunkts, zu dem der Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt wurde und der für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts maßgeblich ist – im vorliegenden Fall am 26. Oktober 2015 –, gelten für den vorliegenden Rechtsstreit die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2019, Deichmann/EUIPO, C‑223/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:471, Rn. 2, und vom 3. Juli 2019, Viridis Pharmaceutical/EUIPO, C‑668/17 P, EU:C:2019:557, Rn. 3). Darüber hinaus unterliegt, da nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), der Rechtsstreit den verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Verordnung 2017/1001.

19      Folglich sind im vorliegenden Fall, was die materiell-rechtlichen Vorschriften betrifft, die Verweise der Parteien in ihren Ausführungen vor dem Gericht auf Art. 18 und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 als Bezugnahmen auf die mit diesen inhaltlich identischen Bestimmungen von Art. 15 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 zu verstehen.

 Zur Begründetheit

20      Die Klägerin stützt sich im Wesentlichen auf zwei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 51 der Verordnung Nr. 207/2009, da die angegriffene Marke ernsthaft benutzt werde. Mit dem zweiten Klagegrund macht sie einen Rechtsmissbrauch geltend, da die andere Beteiligte kein Interesse daran habe, einen Antrag auf Erklärung des Verfalls zu stellen.

 Zum ersten Klagegrund, der die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke betrifft

21      Zur Begründung ihres ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe den tatsächlichen Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke unzutreffend beurteilt und damit gegen Art. 51 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

22      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich – wie die Beschwerdekammer in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat – der Zeitraum von fünf Jahren im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 vom 26. Oktober 2010 bis zum 25. Oktober 2015 erstreckt, da der Antrag auf Erklärung des Verfalls am 26. Oktober 2015 gestellt wurde.

23      Zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke hat die Klägerin im Verfahren vor dem EUIPO u. a. folgende Unterlagen vorgelegt:

–        eine eidesstattliche Versicherung von A., der Geschäftsführerin der Klägerin, vom 26. April 2016 betreffend die Umsatzzahlen und Stückzahlen im Zeitraum 2010 bis 2015 für die Produkte „Ski, Bekleidung, Tennisschläger, Accessoires, Räder“ in Österreich, Deutschland, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich, Italien, Polen und der Tschechischen Republik;

–        die Kataloge „Tennis Collection“, „Ski Collection“, „Bekleidungskollektion“, „Bike Collection“ und „Ski Collection“ 2011/2012;

–        Rechnungskopien bezüglich Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Italien, Österreich, Polen und die Tschechische Republik;

–        Informationen zur Niederlassung der Klägerin im Vereinigten Königreich;

–        einen Registerauszug;

–        die Kopie eines Verhandlungsprotokolls des LG München I;

–        Internetausdrucke bezüglich des Angebots in Großbritannien.

24      Nach Art. 51 der Verordnung Nr. 207/2009 wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

25      Was die für die Beurteilung der ernsthaften Benutzung maßgebenden Kriterien nach der Regel 22 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) anbelangt, die nach der Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 in Verfallsverfahren entsprechend gilt, muss sich der Benutzungsnachweis auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Marke erstrecken; er beschränkt sich auf die Vorlage von Urkunden und Beweisstücken wie Verpackungen, Etikette, Preislisten, Kataloge, Rechnungen, Fotografien, Zeitungsanzeigen und auf die in Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 genannten schriftlichen Erklärungen.

26      Nach der Rechtsprechung wird eine Marke ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer wesentlichen Funktion – nämlich die Ursprungsidentität der Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (vgl. Urteil vom 31. Januar 2019, Pandalis/EUIPO, C‑194/17 P, EU:C:2019:80, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ferner wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke verlangt, dass die Marke so, wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und im Außenverhältnis benutzt wird (vgl. Urteil vom 4. Juli 2014, Construcción, Promociones e Instalaciones/HABM – Copisa Proyectos y Mantenimientos Industriales [CPI COPISA INDUSTRIAL], T‑345/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:614, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Die Ernsthaftigkeit einer Markenbenutzung ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren und Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie Umfang und Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. Urteil vom 10. September 2008, Boston Scientific/HABM – Terumo [CAPIO], T‑325/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:338, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren oder Dienstleistungen durch eine hohe Intensität oder eine gewisse zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen für diese Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. Urteil vom 15. September 2011, centrotherm Clean Solutions/HABM – Centrotherm Systemtechnik [CENTROTHERM], T‑427/09, EU:T:2011:480, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Außerdem lässt sich nach der Rechtsprechung die ernsthafte Benutzung einer Marke nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (vgl. Urteil vom 23. September 2009, Cohausz/HABM – Izquierdo Faces [acopat], T‑409/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:354, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren des Einzelfalls vorzunehmen, die eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den berücksichtigten Faktoren impliziert (Urteil vom 8. Juli 2004, MFE Marienfelde/HABM – Vétoquinol [HIPOVITON], T‑334/01, EU:T:2004:223, Rn. 36).

29      Im Übrigen verlangt Art. 51 der Verordnung Nr. 207/2009 keine kontinuierliche und ununterbrochene Benutzung der angegriffenen Marke im maßgeblichen Zeitraum, sondern nur eine ernsthafte Benutzung im Laufe dieses Zeitraums (vgl. Urteil vom 3. Oktober 2019, 6Minutes Media/EUIPO – ad pepper media International [ADPepper], T‑668/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:719, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Was den Umfang der Benutzung der betreffenden Marke angeht, sind insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, sowie die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 8. November 2007, Charlott/HABM – Charlo [Charlott France Entre Luxe et Tradition], T‑169/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:337, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig hinreichend ist, um dadurch Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, hängt von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab. Die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen, die Häufigkeit und die Regelmäßigkeit der Benutzung der Marke, die Frage, ob die Marke benutzt wird, um alle identischen Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers oder nur manche von diesen zu vermarkten, oder auch die Beweise über die Benutzung der Marke, die der Inhaber vorlegen kann, gehören zu den Kriterien, die dabei in Betracht zu ziehen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, EU:C:2006:310, Rn. 71).

32      Außerdem können der erzielte Umsatz und die Menge der unter der angegriffenen Marke verkauften Waren nicht absolut beurteilt werden, sondern müssen im Zusammenhang mit anderen relevanten Umständen wie dem Umfang der Geschäftstätigkeit, den Produktions- oder Vertriebskapazitäten oder dem Grad der Diversifizierung des Unternehmens, das die Marke verwertet, und den Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen auf dem betreffenden Markt betrachtet werden. Die Benutzung der angegriffenen Marke braucht daher nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden. Selbst eine geringfügige Benutzung kann mithin als ernsthaft eingestuft werden, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen. Folglich ist es nicht möglich, von vornherein abstrakt zu bestimmen, ab welcher mengenmäßigen Grenze eine Benutzung als ernsthaft anzusehen ist, so dass ein Mindestmaß der Benutzung, das das EUIPO oder auf eine entsprechende Klage hin das Gericht daran hindern würde, sämtliche Umstände des ihnen unterbreiteten Streitfalls zu würdigen, nicht festgesetzt werden kann (vgl. Urteil vom 7. Juli 2016, Fruit of the Loom/EUIPO – Takko [FRUIT], T‑431/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:395, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Bei der Auslegung des Begriffs der ernsthaften Benutzung ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Ratio legis des Erfordernisses der ernsthaften Benutzung der Marke nicht darauf abzielt, den kommerziellen Erfolg oder die wirtschaftliche Strategie eines Unternehmens zu beurteilen oder den Schutz von Marken ausschließlich ihren quantitativ bedeutenden kommerziellen Verwertungen vorzubehalten (vgl. Urteil vom 7. Juli 2016, FRUIT, T‑431/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:395, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Je begrenzter jedoch das Handelsvolumen der Markenverwertung ist, desto mehr besteht die Notwendigkeit, dass der Markeninhaber ergänzende Angaben macht, die etwaige Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Benutzung der betreffenden Marke ausräumen können (vgl. Urteil vom 7. Juli 2016, FRUIT, T‑431/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:395, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Anhand dieser Erwägungen ist zu beurteilen, ob die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass sich durch die von der Klägerin vorgelegten Beweismittel eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke während des maßgeblichen Zeitraums für die in Rede stehenden Waren nicht belegen lasse.

36      Insoweit sind, da Dauer, Ort und Art der Benutzung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht bestritten werden, die den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke betreffenden Beweise und Argumente der Parteien zu prüfen.

37      Überdies ist der erste Klagegrund in zwei Teile aufzugliedern, wobei mit dem ersten Teil eine fehlerhafte Beurteilung des Umfangs der Benutzung betreffend Sporttaschen in Klasse 18 gerügt wird und mit dem zweiten eine fehlerhafte Beurteilung des Umfangs der Benutzung betreffend Sportbekleidungsstücke in Klasse 25.

 Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Fehlerhafte Beurteilung des Umfangs der Benutzung betreffend Sporttaschen in Klasse 18

38      Zu den Sporttaschen in Klasse 18 trägt die Klägerin vor, dass während des maßgeblichen Benutzungszeitraums 34 Tennistaschen an zwei Kunden in Deutschland und in Frankreich verkauft worden seien.

39      Die Klägerin beanstandet hierbei die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach Tennistaschen Alltagswaren des täglichen Gebrauchs und des Massenkonsums seien, so dass ein beträchtliches Handelsvolumen und ein entsprechender Umsatz zu erwarten seien. Güter des alltäglichen Bedarfs seien Güter, die häufig und ohne intensive Planung oder Vorbereitung zu einem vergleichsweise niedrigen Preis gekauft würden, wie etwa Brot, Zeitungen oder Toilettenpapier. Sporttaschen dagegen würden erst nach eingehender vorheriger Überlegung und meist im Zusammenhang mit einem weiteren teuren Gut wie einem Tennisschläger zu Preisen erworben, die diejenigen der alltäglichen Bedarfsgüter deutlich überstiegen.

40      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

41      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die nicht datierten Abbildungen und Fotos als solche nicht ausreichen, um gemäß der oben in Rn. 28 angeführten Rechtsprechung die Ernsthaftigkeit der Benutzung der angegriffenen Marke zu belegen.

42      So können etwa, worauf die Beschwerdekammer zutreffend hinweist, die nicht datierten Abbildungen von Sporttaschen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie durch einschlägige Rechnungen untermauert werden.

43      Die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen weisen einen Umsatz für verschiedene Warengruppen aus und geben nicht an, ob dieser Umsatz spezifisch Sporttaschen betrifft. Folglich kann anhand der Rechnungen keine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für diese Waren belegt werden.

44      Was die Ski- und Skischuhtaschen als Untergruppe der Sporttaschen in Klasse 18 angeht, ist dem EUIPO beizupflichten und festzustellen, dass keine der von der Klägerin vorgelegten Rechnungen den Verkauf dieser Waren beweist. Die vorgelegten Unterlagen geben keine Auskunft über den gerade mit diesen Waren erzielten Umsatz, und die Abbildungen der Taschen sind nicht datiert. Ferner handelt es sich, wie das EUIPO betont, bei den Auszügen der Internetseite „www.snowheads.com“, auf denen jeweils eine Skitasche und eine Skischuhtasche mit Bezugnahme auf die angegriffene Marke abgebildet sind, um eine bloße Test- und Meinungsseite, die zwar die Preise der besprochenen Produkte ausweist, aber keine Bestell- oder Kaufmöglichkeit vorsieht.

45      In Bezug auf die Tennistaschen als Untergruppe der Sporttaschen in Klasse 18 geht aus den von der Klägerin vorgelegten Beweismitteln hervor, dass sie im maßgeblichen Zeitraum insgesamt 34 Tennistaschen für einen Gesamtbetrag von 675,85 Euro in zwei Mitgliedstaaten (Frankreich und Deutschland) verkauft hat. Gemäß dem von der Klägerin erbrachten Nachweis hat sie eine einzige Tennistasche in Frankreich und 33 Tennistaschen an einen einzigen Kunden in Deutschland verkauft.

46      Insoweit ist in Übereinstimmung mit dem EUIPO darauf hinzuweisen, dass diese Umsatzzahlen im Hinblick darauf, dass Tennis ein in der Europäischen Union weit verbreiteter Sport ist, unabhängig davon sehr niedrig sind, ob Tennistaschen als Gegenstände des täglichen Gebrauchs oder als Massenkonsumgüter qualifiziert werden.

47      Im Übrigen handelt es sich bei den niedrigen Umsatzzahlen, der geringen geografischen Verbreitung der Benutzung (in nur zwei Mitgliedstaaten), der fehlenden Aufschlüsselung des Umsatzes nach relevanten Produktkategorien, dem Fehlen verlässlicher Beweise zur Zahl der tatsächlich verteilten Kataloge und zu den entsprechenden Zeiträumen sowie den fehlenden Angaben zu etwaigen Werbeaktivitäten um Faktoren, durch die – wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat – die an einer ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke bestehenden Zweifel verstärkt werden.

48      Zwar zielt gemäß der oben in Rn. 33 angeführten Rechtsprechung das Erfordernis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke nicht darauf ab, den kommerziellen Erfolg eines Unternehmens zu beurteilen.

49      Je niedriger die Zahl der verkauften Waren ist, desto mehr ist es jedoch nach der oben in Rn. 34 angeführten Rechtsprechung erforderlich, dass die Klägerin zusätzliche Angaben macht, mit denen etwaige Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Benutzung der angegriffenen Marke ausgeräumt werden können.

50      Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keine ergänzenden Angaben gemacht, anhand deren etwaige Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Benutzung der angegriffenen Marke ausgeräumt werden könnten. Beweise, durch die möglicherweise die sehr niedrigen Umsatzzahlen und die geringe geografische Verbreitung ausgeglichen werden könnten, wurden von ihr weder vorgelegt, um zu belegen, wie viele Kataloge verteilt worden sind und über welchen Zeitraum hinweg dies geschah, noch dazu, welche Aufwendungen ihr für das Bewerben und die Herstellung der betreffenden Waren entstanden sind.

51      Wie außerdem das EUIPO zutreffend ausführt, ist das Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM (C‑416/04 P, EU:C:2006:310), auf das die Klägerin Bezug zu nehmen scheint, in einer Rechtssache ergangen, deren Kontext nicht mit dem der vorliegenden Rechtssache vergleichbar ist.

52      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Ernsthaftigkeit der Benutzung einer Marke gemäß den Feststellungen des Gerichtshofs in Rn. 77 des Urteils vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM (C‑416/04 P, EU:C:2006:310), auf das sich die Klägerin im Wesentlichen beruft, anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist und nicht von vornherein und abstrakt festgelegt werden kann, von welcher mengenmäßigen Grenze an die Benutzung als ernsthaft anzusehen ist, so dass Gerichte, die über zwei unterschiedliche Rechtssachen entscheiden, die vor ihnen geltend gemachte Ernsthaftigkeit der Benutzungshandlungen unterschiedlich beurteilen können, auch wenn der in beiden Fällen durch die Benutzung erzielte Umsatz vergleichbar ist.

53      Zudem hat sich der Gerichtshof gemäß den im Rechtsmittelverfahren geltenden Regeln im Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM (C‑416/04 P, EU:C:2006:310), nicht zu der Frage geäußert, ob namentlich angesichts der Art der unter der in Rede stehenden älteren Marke vertriebenen Waren der Umfang der Benutzung dieser Marke für eine Qualifizierung als ernsthafte Benutzung ausreiche, da es dem Gerichtshof nicht zusteht, die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Gerichts durch seine eigene zu ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, EU:C:2006:310, Rn. 78).

54      Schließlich unterscheidet sich auch der zugrunde liegende Sachverhalt in der Rechtssache, in der der Gerichtshof das Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM (C‑416/04 P, EU:C:2006:310), erlassen hat, erheblich von dem in der vorliegenden Rechtssache, weil es dort um ganz andere Waren als die hier in Rede stehenden Tennistaschen, nämlich um Fruchtsaftkonzentrate, ging, die in deutlich größeren Mengen, zu einem wesentlich höheren Betrag und über einen Zeitraum von nur einem Jahr verkauft wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, EU:C:2006:310, Rn. 68).

55      Nach alledem ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen keine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für Tennistaschen als Untergruppe der Sporttaschen in Klasse 18 belegten und dass kein Beweis für die Benutzung der angegriffenen Marke für andere Arten von Sporttaschen in Klasse 18 erbracht wurde.

56      Unter diesen Umständen ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Fehlerhafte Beurteilung des Umfangs der Benutzung betreffend Sportbekleidungsstücke in Klasse 25

57      Zu den Sportbekleidungsstücken in Klasse 25 macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer bei ihrer Feststellung, dass sämtliche von der Klägerin vorgelegten Beweismittel keine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke zu belegen vermögen, von einem unzutreffenden Beurteilungsmaßstab ausgegangen sei.

58      Die Klägerin nimmt auf das Urteil vom 8. Juli 2010, Engelhorn/HABM – The Outdoor Group (peerstorm) (T‑30/09, EU:T:2010:298), Bezug und vertritt dabei die Auffassung, dass die Produktkataloge, die Erklärungen ihrer ehemaligen Geschäftsführerin sowie die Fotos, die Abbildungen der angegriffenen Marke auf den Bekleidungsstücken zeigten, eine rechtserhaltende Benutzung der angegriffenen Marke für Sportbekleidungsstücke in Klasse 25 durch die Klägerin belegten.

59      Des Weiteren macht die Klägerin geltend, dass die Marke, auch wenn die mit den entsprechenden Waren erzielten Umsätze, absolut gesehen, nicht besonders hoch erscheinen mögen, öffentlich und im Außenverhältnis und auch bei Verkäufen benutzt worden sei. Ihre Aufwendungen für das Bewerben und die Herstellung der Waren wären unverhältnismäßig hoch, wenn man annähme, es handele sich hierbei lediglich um eine Scheinbenutzung der Marke.

60      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

61      Im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegten Beweise ist insoweit festzustellen, dass sie für den maßgeblichen Zeitraum nur den Verkauf einer einzigen Lederjacke zum Preis von 200 Euro an einen einzigen Kunden in Deutschland nachgewiesen hat. Wie das EUIPO zutreffend betont, ist der Verkauf eines einzigen relevanten Produkts zu einem Preis von 200 Euro im vorliegenden Fall nicht geeignet, eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke nachzuweisen.

62      Zudem ist festzustellen, dass die von der Klägerin vorgelegten Beweise, selbst wenn zuträfe, was sie zu ihren Aufwendungen für das Bewerben und die Herstellung ihrer Waren vorträgt, nicht belegen, welche Werbemaßnahmen sie konkret für die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Waren unternommen hat oder welche Beträge sie für deren Herstellung aufwenden musste.

63      Im Übrigen ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Umsatzzahlen in der eidesstattlichen Versicherung von A, der Geschäftsführerin der Klägerin, nicht nach den einschlägigen Warengruppen aufgeschlüsselt sind und folglich keine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für Sportbekleidungsstücke in Klasse 25 belegen können. Zweitens hat die Klägerin keinen verlässlichen Beweis dafür vorgelegt, dass der Produktkatalog „Bekleidungskollektion 14/15“ tatsächlich verteilt worden ist. Drittens sind die Fotos von Kleidungsstücken, Einnähern und Etiketten undatiert und reichen daher, wie oben in Rn. 28 ausgeführt, als solche nicht aus, um die Ernsthaftigkeit der Benutzung der angegriffenen Marke zu belegen. Viertens ist auf den Auszügen der Website „www.snowheads.com“ keine Kaufmöglichkeit für die relevanten Waren ersichtlich, so dass es, wie die Beschwerdekammer zutreffend ausführt, zweifelhaft ist, ob diese Website überhaupt dazu dient, im Sinne der oben in Rn. 26 angeführten Rechtsprechung einen Absatzmarkt für die relevanten Produkte zu erschließen oder zu sichern.

64      Insoweit nimmt die Klägerin Bezug auf das Urteil vom 8. Juli 2010, peerstorm (T‑30/09, EU:T:2010:298), in dem eine eidesstattliche Versicherung und zwei Kataloge für ausreichend angesehen worden seien, um den Umfang der ernsthaften Benutzung einer Marke nachzuweisen.

65      Zwar hat das Gericht im Urteil vom 8. Juli 2010, peerstorm (T‑30/09, EU:T:2010:298), entschieden, dass sich zwar aus den dort in Rede stehenden Katalogen keine unmittelbaren Informationen darüber ergaben, wie viele Waren tatsächlich unter der älteren Marke verkauft worden waren, diese Kataloge aber dennoch hinreichende Informationen über Ort, Zeit, Art und Umfang der Benutzung der Marke enthielten, was es ermöglichte, eine rein symbolische Benutzung auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, peerstorm, T‑30/09, EU:T:2010:298, Rn. 43).

66      Allerdings hat das Gericht im Urteil vom 8. Juli 2010, peerstorm (T‑30/09, EU:T:2010:298), die Tatsache berücksichtigt, dass aus diesen Katalogen hervorging, dass zahlreiche der von der in Rede stehenden Marke erfassten Waren während eines erheblichen Teils des maßgeblichen Zeitraums in mehr als 240 Geschäften im Vereinigten Königreich erhältlich waren. Diese Kataloge, die für die Endverbraucher bestimmt waren, enthielten auch genaue Angaben zu den unter dieser Marke zum Verkauf angebotenen Waren, über ihre Preise und die Art und Weise ihrer Vermarktung im Vereinigten Königreich. Anhand der für den Versandkauf angegebenen Telefon- und Faxnummern, Postanschriften und Internetadressen sowie genauer Angaben zu einer sehr großen Zahl von Geschäften, in denen die betreffenden Waren im Vereinigten Königreich erhältlich waren, hatte das Unionsgericht prüfen können, dass Bekleidungsgegenstände unter der fraglichen Marke den Endverbrauchern zum Verkauf angeboten worden waren. Das Gericht hat daraus gefolgert, dass schon allein die Kataloge genügend Angaben zu Ort, Dauer, Art und Umfang der Benutzung der fraglichen älteren Marke enthielten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, peerstorm, T‑30/09, EU:T:2010:298, Rn. 42 bis 44).

67      In der Rechtssache, in der das Urteil vom 8. Juli 2010, peerstorm (T‑30/09, EU:T:2010:298), ergangen ist, war es, wie das EUIPO ausführt, unbestreitbar, dass die in den Katalogen angebotenen maßgeblichen Waren im Vereinigten Königreich über einen erheblichen Zeitraum hinweg in mehr als 240 Geschäften verfügbar waren. Dagegen hat die Klägerin im vorliegenden Fall kein Beweismittel vorgelegt, anhand dessen die Möglichkeit belegt wird, die betreffenden Waren in Geschäften oder auf Websites zu kaufen oder zu bestellen.

68      Folglich hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass sich anhand der von der Klägerin vorgelegten Beweise keine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für Sportbekleidungsstücke in Klasse 25 nachweisen lässt.

69      Angesichts der geringen Erheblichkeit und des geringen Beweiswerts der Beweismittel, die die beweispflichtige Klägerin vorgelegt hat, konnte die Beschwerdekammer nämlich namentlich in Anbetracht der sehr geringen Stückzahl der im maßgeblichen Zeitraum verkauften Tennistaschen und Bekleidungsgegenstände und des geringen Beweiswerts der Mehrzahl der vorgelegten Beweismittel nur zu dem Ergebnis gelangen, dass diese nicht für den Nachweis einer ernsthaften Benutzung der Marke ausreichten. Der Klägerin ist daher nicht der Nachweis gelungen, dass die von ihr geltend gemachte Benutzung, wenn man von symbolischen Verwendungen absieht, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen, darauf abzielte, für ihre Waren gemäß der oben in Rn. 26 angeführten Rechtsprechung einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern.

70      Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Rechtsmissbrauch geltend gemacht wird

71      Die Klägerin rügt mit ihrem zweiten Klagegrund im Wesentlichen einen Rechtsmissbrauch und trägt vor, dass es der anderen Beteiligten für die Löschung der angegriffenen Marke an einem Rechtsschutzinteresse fehle.

72      Insbesondere weist die Klägerin darauf hin, dass die andere Beteiligte vor der Beschwerdekammer ein Unternehmen sei, das ein optimiertes Forderungsmanagement anbiete. Der vorliegende Löschungsantrag reihe sich in eine Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und einer bislang unbekannten dritten Person ein, die die andere Beteiligte vor der Beschwerdekammer als „Strohmanngesellschaft“ gebrauche.

73      Die andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer habe außerdem auch den deutschen Teil der Internationalen Registrierung Nr. 589 415 der Bildmarke „KNEISSL“ und die deutsche Marke Nr. 1020052 KNEISSL wegen Verfalls angegriffen. Zudem habe die andere Beteiligte ihrerseits eine nahezu identische Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht, nämlich die deutsche Marke Nr. 30 2015 057 102.

74      Die Klägerin befürchtet daher, dass die andere Beteiligte vor der Beschwerdekammer für einen Dritten handelt, der versuche, sich die Rechte an der angegriffenen Marke in rechtswidriger Weise anzueignen und die im vorliegenden Verfahren eventuell preisgegebenen Informationen rechtswidrig zu verwenden.

75      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

76      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 ein Antrag auf Erklärung des Verfalls von „jeder natürlichen oder juristischen Person“ wegen fehlender oder unzureichender Benutzung einer Marke gestellt werden kann, wobei es bei der Prüfung der Zulässigkeit eines gemäß dieser Bestimmung gestellten Verfallsantrags irrelevant ist, ob möglicherweise ein Rechtsmissbrauch vorliegt (vgl. entsprechend Urteil vom 10. Juni 2020, Leinfelder Uhren München/EUIPO – Schafft [Leinfelder], T‑577/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:259, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich kann die Klägerin weder ein fehlendes Rechtsschutzinteresse der anderen Beteiligten im Verfahren zur Erklärung des Verfalls vor dem EUIPO noch einen vermeintlichen Rechtsmissbrauch erfolgreich rügen.

77      Jedenfalls kann das einen vermeintlichen Rechtsmissbrauch betreffende Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Fall nicht durchgreifen, da es sich dabei um eine vage Behauptung handelt, die weder in der Klageschrift noch in der mündlichen Verhandlung durch einen Beweis belegt wurde.

78      Nach alledem ist der zweite Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

79      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Kneissl Holding GmbH trägt die Kosten.

Costeira

Gratsias

Perišin

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.