Language of document : ECLI:EU:T:2021:431

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

14. Juli 2021(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke NOVA – Ältere nicht eingetragene nationale Marke NOVA – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 4 und Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 4 und Art. 60 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EU] 2017/1001) – Verweisung auf das für die ältere Marke maßgebliche nationale Recht – Absolutes Eintragungshindernis – Keine Bösgläubigkeit – Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑75/20,

Abitron Germany GmbH mit Sitz in Langquaid (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt T. Dolde und Rechtsanwältin K. Lüder,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Hetronic International, Inc. mit Sitz in Oklahoma City, Oklahoma (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Wehlau,


betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 10. Dezember 2019 (Sache R 521/2019-4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Abitron Germany und Hetronic International

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. M. Collins (Berichterstatter), des Richters Z. Csehi und der Richterin G. Steinfatt,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 10. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 11. Mai 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 24. April 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Schreibens, mit dem die Klägerin ihren Antrag auf Anhörung in einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, und, da es sich aufgrund der Aktenlage für hinreichend informiert hält, des gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die in Deutschland ansässige Heckl Electronics wurde 1982 gegründet. Gegenstand des Unternehmens waren die Gestaltung, die Herstellung und der Vertrieb von Funkfernsteuerungssystemen und Vorrichtungen für deren Verwendung für Bau- und Industriemaschinen, Kräne und Hebezeuge. Aus dem Unternehmen wurde 1990 die Hetronic Steuersysteme GmbH.

2        Nach und nach wurde unter dem Dach der Hetronic Holding LLC, einer Gesellschaft nach dem Recht des Staates Oklahoma (Vereinigte Staaten), eine Unternehmensgruppe (im Folgenden: Hetronic-Gruppe) geschaffen. Hetronic Steuersysteme gehörte zu dieser Unternehmensgruppe.


3        Die Waren der Hetronic-Gruppe wurden unter der Wortmarke HETRONIC vertrieben, die u. a. in China, in den Vereinigten Staaten, in Japan, auf Malta, in Deutschland und in der Europäischen Union eingetragen ist. Hetronic Steuersysteme führte in den 1990er Jahren eine besondere Linie von Funkfernsteuerungen für Kräne ein. Die Waren dieser Linie gehörten zu den weltweit am besten verkauften Waren der Hetronic-Gruppe. Sie wurden unter Benutzung des Zeichens NOVA und der Marke HETRONIC vertrieben.

4        Im Jahr 2000 beschloss der Gründer des Unternehmens, den weltweiten Stammsitz der Hetronic-Gruppe von Deutschland in die Vereinigten Staaten zu verlegen. In diesem Zusammenhang wurde die Hetronic International, Inc (im Folgenden: ehemalige Hetronic International) gegründet.

5        Hetronic Steuersysteme wurde am 13. August 2007 in Hetronic Deutschland GmbH umbenannt. Diese schloss mit der ehemaligen Hetronic International eine Vertriebs- und Montagepartnervereinbarung über die Waren der Hetronic-Gruppe und wurde damit Vertriebsunternehmen für diese Waren in Deutschland.

6        Zwischen 2006 und 2008 schlossen Hetronic Deutschland (oder ihre Rechtsvorgängerin Hetronic Steuersysteme) und die ehemalige Hetronic International mehrere Verträge, mit denen die Wortmarken HETRONIC auf die ehemalige Hetronic International übertragen wurden.

7        Am 30. September 2008 wurden durch einen Vertrag über den Erwerb von Vermögensgegenständen und Anteilen zwischen der dem Recht des Staates Delaware (Vereinigte Staaten) unterliegenden Methode Electronics, Inc., einer Tochtergesellschaft der Methode H‑International, Inc., als Käuferin und der Hetronic Holding, der ehemaligen Hetronic International, der Hetronic USA, Inc., der Hetronic West GmbH, der Hetronic Europe GmbH und der Hetronic Malta Ltd sowie der Mehrheitsaktionärin der Hetronic Holding als Verkäuferinnen die Vermögensgegenstände und Anteile dieser Unternehmen sowie der Hetronic Asia Manufacturing & Trading Corp an Methode Electronics verkauft. Die Vermögensgegenstände der Hetronic Deutschland GmbH (vormals Hetronic Steuersysteme) wurden jedoch ausdrücklich von dieser Übertragung ausgeschlossen. Hetronic Deutschland und Methode Electronics schlossen eine Vertriebs- und Montagepartnervereinbarung und eine Lizenzvereinbarung für die Benutzung der Marke HETRONIC. Durch diese Vereinbarungen wurde Hetronic Deutschland zum Vertriebsunternehmen für Waren der Hetronic-Gruppe in Deutschland.

8        Methode H‑International änderte ihren Firmennamen mit Wirkung vom 1. Oktober 2008 in Hetronic International, Inc.


9        Im Jahr 2010 wurden die Vermögensgegenstände von Hetronic Deutschland auf die im März 2010 gegründete Hetronic Germany übertragen. Letztere schloss am 2. April 2010 mit der Streithelferin, Hetronic International, eine Lizenzvereinbarung sowie eine Vertriebs- und Montagepartnervereinbarung zum Zweck des Verkaufs von Produkten der Hetronic-Gruppe in Deutschland.

10      Wegen Verstößen gegen diese Vereinbarungen in Form der Benutzung gefälschter Teile für die Montage der Funkfernsteuerungen wurden diese Vereinbarungen im Juni 2014 von der Streithelferin außerordentlich gekündigt.

11      Im August 2014 verkaufte Hetronic Germany alle ihre Vermögensgegenstände an die Klägerin, die im Juni 2014 gegründete Abitron Germany GmbH.

12      Die Streithelferin und die Klägerin sowie Hetronic Germany streiten seit der Kündigung dieser Vereinbarungen über deren Auslegung. Die Streithelferin beantragte im Juni 2014 beim Landgericht München (Deutschland) den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, Hetronic Germany die Benutzung der Marke HETRONIC im geschäftlichen Verkehr zu untersagen, und erhob beim United States District Court for the Western District of Oklahoma (Bundesbezirksgericht für den Western District von Oklahoma) eine Klage wegen Vertragsverletzung und Verletzung von Marken und Handelsaufmachungen gegen diese Gesellschaft. Die von der Streithelferin in diesem Zusammenhang beanspruchten Rechte umfassten die Rechte an dem Zeichen NOVA.

13      Die Streithelferin meldete am 5. Februar 2015 nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

14      Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen NOVA.

15      Die Marke wurde für folgende Waren der Klasse 9 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Drahtlose Fernsteuerungen für die Regelung des Betriebs von motorisierten Maschinen, Kränen und Hebezeugen“.

16      Die Wortmarke NOVA wurde am 1. Juni 2015 unter der Nr. 13711718 für die vorstehend in Rn. 15 genannten Waren eingetragen.

17      Am 20. Juli 2015 stellte die Klägerin gemäß Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) und Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 60 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001) in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001) und § 4 Nr. 2 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) vom 25. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I, S. 3082) (im Folgenden: Markengesetz) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Wortmarke NOVA. Beide Nichtigkeitsgründe wurden darauf gestützt, dass für dieselben Waren wie die von der angegriffenen Marke erfassten die ältere nicht eingetragene deutsche Marke NOVA bestehe.

18      Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde mit Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 28. Februar 2019 zurückgewiesen.

19      Am 5. März 2019 legte die Klägerin gemäß den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 beim EUIPO Beschwerde ein. Zur Begründung führte sie dieselben Nichtigkeitsgründe an, die sie bereits im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung geltend gemacht hatte.

20      Die Beschwerde wurde von der Vierten Beschwerdekammer mit Entscheidung vom 10. Dezember 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) zurückgewiesen.

21      Die Beschwerdekammer wies zunächst darauf hin, dass die Klägerin sich hinsichtlich beider Nichtigkeitsgründe auf Rechte an dem älteren Zeichen NOVA berufe. Sodann stellte sie fest, dass für die Übertragung von Rechten an dem älteren Zeichen NOVA nach deutschem Recht § 27 Abs. 2 des Markengesetzes einschlägig sei. Nach dieser Vorschrift werde das durch die Eintragung, die Benutzung oder die notorische Bekanntheit der Marke begründete Recht im Zweifel von der Übertragung oder dem Übergang des Geschäftsbetriebs oder des Teils des Geschäftsbetriebs, zu dem die Marke gehöre, erfasst. Entscheidend sei damit die Frage, ob der „Hetronic-Geschäftsbetrieb“ bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin verblieben sei. Dies sei zu verneinen (Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung). Darüber hinaus stellte die Beschwerdekammer fest, dass sich aus der Gesamtheit der dem EUIPO vorgelegten Verträge eindeutig ergebe, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin bereits 2008 weder Rechte an dem Firmennamen des ursprünglichen Unternehmens noch an deren deutschen Marken gehabt habe (Rn. 26 bis 28 der angefochtenen Entscheidung). Da eine Benutzungsmarke akzessorisch zum Geschäftsbetrieb und nicht selbständig übertragbar sei, hätten folglich weder die Klägerin noch ihre Rechtsvorgängerinnen Rechte an dem Zeichen NOVA erwerben können (Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung).

22      Was den Nichtigkeitsgrund nach Art. 53 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 betrifft, stellte die Beschwerdekammer fest, dass die Klägerin keine Unterlagen vorgelegt habe, aus denen sich die Voraussetzungen für den Erwerb einer Marke nach § 4 Nr. 2 des Markengesetzes ergäben. Da die Klägerin an dem Zeichen NOVA keine eigenen Rechte begründet habe, wies die Beschwerdekammer den auf diesen Nichtigkeitsgrund gestützten Antrag zurück (Rn. 24 und 30 der angefochtenen Entscheidung).

23      Was den Nichtigkeitsgrund nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 betrifft, stellte die Beschwerdekammer im Wesentlichen fest, dass kein bösgläubiges Verhalten vorgelegen habe, da der Klägerin keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden und die Inhaberin der angegriffenen Marke lediglich einen Unternehmenskaufvertrag zu ihren Gunsten ausgelegt habe (Rn. 31 bis 34 der angefochtenen Entscheidung).

 Anträge der Parteien

24      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die angegriffene Marke für nichtig zu erklären;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

25      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

26      Die Streithelferin macht geltend, dass die Anlage K.15 zur Klageschrift für unzulässig zu erklären sei, da sie erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden sei.

27      Da die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 72 der Verordnung 2017/1001 gerichtet ist, ist es nicht Aufgabe des Gerichts, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FÉLICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      In der Anlage K.15 wird jedoch nur die von der Klägerin vorgenommene Auslegung der Eigentumsverhältnisse in Bezug auf das Zeichen NOVA grafisch dargestellt. Diese Information ist nicht neu. Diese Anlage kann daher bei der Beurteilung der Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung durch das Gericht berücksichtigt werden.


29      Das EUIPO macht geltend, der erste Klagegrund, der auf Art. 53 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt sei, sei insgesamt unzulässig, da die Klägerin ihre Eigenschaft als Inhaberin oder ihre Rechte an dem Zeichen NOVA nicht nachgewiesen und daher kein Rechtsschutzinteresse habe. Sollte sich die Unbegründetheit dieses Klagegrundes daraus ergeben, dass kein Recht an dem Zeichen NOVA besteht, würde dies jedoch nicht zu seiner Unzulässigkeit führen, so dass die insoweit zur Verteidigung erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen ist.

 Zur Begründetheit

30      Unter Berücksichtigung des Zeitpunkts der in Rede stehenden Anmeldung, nämlich des 5. Februar 2015, der für die Feststellung des anwendbaren materiellen Rechts maßgebend ist, sind auf den vorliegenden Sachverhalt die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 anwendbar (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 5. Oktober 2004, Alcon/HABM, C‑192/03 P, EU:C:2004:587, Rn. 39 und 40, und Urteil vom 23. April 2020, Gugler France/Gugler und EUIPO, C‑736/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:308, Rn. 3 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem wurden Art. 53 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 und Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 in der Verordnung 2017/1001 nicht verändert. Folglich sind im vorliegenden Fall die Bezugnahmen der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung und in ihren Schriftsätzen auf die Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 dahin zu verstehen, dass sie sich auf die inhaltsgleichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 beziehen.

31      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 und § 4 Nr. 2 des Markengesetzes. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass ihr seit 2008 keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden. Mit dem zweiten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung. Die Beschwerdekammer habe zu Unrecht Bösgläubigkeit der Streithelferin bei Einreichung ihres Antrags auf Eintragung der angegriffenen Marke beim EUIPO verneint.

32      Zur Stützung dieser beiden Klagegründe trägt die Klägerin mehrere Rügen vor, die die Prüfung der im vorliegenden Fall vorgelegten Vereinbarungen durch die Beschwerdekammer und den Beweiswert einer Reihe von Beweisen betreffen, die die Streithelferin zur Stützung dieses Vorbringens vorgelegt hat.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 und § 4 Nr. 2 des Markengesetzes

33      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Streithelferin habe ihre Eigenschaft als Inhaberin der nicht eingetragenen Marke nicht bewiesen und die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass ihr, der Klägerin, selbst seit 2008 keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden.

34      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

35      Gemäß Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 wird eine Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO für nichtig erklärt, wenn ein in Art. 8 Abs. 4 dieser Verordnung genanntes älteres Kennzeichenrecht besteht und die Voraussetzungen dieses Absatzes erfüllt sind. Nach diesen Vorschriften kann der Inhaber eines Kennzeichenrechts, das keine Marke ist, die Nichtigerklärung einer Unionsmarke verlangen, wenn das Kennzeichen kumulativ die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt: Es muss in hinreichend bedeutsamer Weise im geschäftlichen Verkehr benutzt werden und von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung sein, das Recht an diesem Kennzeichen muss nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem es benutzt wurde, vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke erworben worden sein, und schließlich muss dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleihen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Erfüllt ein Kennzeichen eine dieser Voraussetzungen nicht, bleibt dem Nichtigkeitsantrag, der auf das Bestehen eines anderen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichens als einer Marke gestützt wird, somit gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 der Erfolg versagt (Urteile vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar, C‑96/09 P, EU:C:2011:189, Rn. 159, und vom 24. März 2009, Moreira da Fonseca/HABM – General Óptica [GENERAL OPTICA], T‑318/06 bis T‑321/06, EU:T:2009:77, Rn. 32 und 47).

36      In Bezug auf die Verteilung der Rollen zwischen dem Antragsteller des Nichtigkeitsverfahrens, den zuständigen Stellen des EUIPO und dem Gericht ist es Sache des Antragstellers, Angaben vorzubringen, die beweisen, dass er nach den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften, d. h. im vorliegenden Fall dem Markengesetz, zur Geltendmachung eines im nationalen Rechtsrahmen geschützten älteren Rechts befugt ist. Nach dieser Regel obliegt es dem Antragsteller nicht nur, vor dem EUIPO die Angaben vorzubringen, die beweisen, dass er die nach den nationalen Rechtsvorschriften, deren Anwendung er begehrt, erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, um die Benutzung einer Unionsmarke aufgrund eines älteren Rechts untersagen lassen zu können, sondern auch, die Angaben vorzubringen, aus denen sich der Inhalt dieser Rechtsvorschriften ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 49 und 50, vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 34, und vom 5. April 2017, EUIPO/Szajner, C‑598/14 P, EU:C:2017:265, Rn. 35).

37      Die Klägerin hat den vorliegenden Klagegrund auf eine Argumentation gestützt, wonach zum einen die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen habe, dass ihr, der Klägerin, seit 2008 selbst keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden, und zum anderen die Streithelferin ihre eigene Eigenschaft als Inhaberin der älteren nicht eingetragenen Marke nicht bewiesen habe. Sie rügt jedoch nicht die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass sie die Voraussetzungen von Art. 53 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht erfüllt habe, insbesondere weil sie kein Dokument vorgelegt habe, aus dem sich die Voraussetzungen für den Erwerb einer Marke nach § 4 Nr. 2 des Markengesetzes ergäben.

38      Selbst wenn das Vorbringen der Klägerin zur Eigenschaft als Inhaberin der nicht eingetragenen Marke Erfolg haben sollte, würde dies nicht ausreichen, um zu beweisen, dass die in den nationalen Bestimmungen aufgestellten Voraussetzungen erfüllt waren, insbesondere nicht, dass die Klägerin die Benutzung der angegriffenen Marke aufgrund der Rechte, die sie an dem Zeichen NOVA innegehabt oder erworben hatte, gemäß den Anforderungen von Art. 53 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 untersagen konnte.

39      Folglich ist das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes, wonach die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen habe, dass ihr selbst keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden und die Streithelferin ihre Eigenschaft als Inhaberin der nicht eingetragenen Marke nicht bewiesen habe, als ins Leere gehend zurückzuweisen.

40      Der erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

41      Dieser zweite Klagegrund, mit dem die Klägerin geltend macht, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht festgestellt, dass die Streithelferin bei der Anmeldung nicht bösgläubig gewesen sei, gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil wiederholt die Klägerin die auch im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgebrachten Argumente, die Streithelferin habe ihre Eigenschaft als Inhaberin der nicht eingetragenen älteren Marke nicht bewiesen und die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass ihr, der Klägerin, seit 2008 selbst keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden. Im zweiten Teil macht sie geltend, dass die Bösgläubigkeit der Streithelferin im vorliegenden Fall feststehe, auch wenn ihr selbst keine älteren Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden.

 Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes

42      Als Erstes begründet die Klägerin ihre Rüge, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht festgestellt, dass ihr keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden, wie folgt. Zunächst habe die Streithelferin keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass Rechte an der älteren nicht eingetragenen Marke auf sie übertragen worden wären. Sie habe insbesondere nicht dargetan, dass die Rechte an dem Zeichen NOVA von der Hetronic Steuersysteme im Zuge der Verlagerung des Unternehmens in die Vereinigten Staaten auf die ehemalige Hetronic International übertragen worden wären. Ein Forschungs- und Entwicklungsvertrag vom 18. Juli 2000 zwischen Hetronic Steuersysteme, Hetronic Malta und Hetronic USA als Entwickler einerseits und der ehemaligen Hetronic International als Auftragnehmer andererseits beweise aber das Gegenteil. Zudem habe die eidesstattliche Versicherung, die die Streithelferin zum Beweis der Übertragung von Rechten an der älteren nicht eingetragenen Marke auf die ehemalige Hetronic International vorgelegt habe, keinen Beweiswert, da sie von ihrem Präsidenten abgegeben worden sei und ihr keine ergänzenden Beweisunterlagen beigefügt gewesen seien. Da die ältere nicht eingetragene Marke nicht auf die ehemalige Hetronic International übertragen worden sei, habe die Streithelferin nicht nachweisen können, dass diese Marke 2008 von dieser auf Methode Electronics übertragen worden sei.

43      Die Klägerin behauptet ferner, dass Hetronic Deutschland die Rechte an der älteren nicht eingetragenen Marke behalten habe, da ihre Vermögensgegenstände von dem 2008 mit der Methode Electronics geschlossenen Kaufvertrag ausdrücklich ausgenommen worden seien. Die Vermögensgegenstände von Hetronic Deutschland einschließlich der älteren nicht eingetragenen Marke seien danach auf Hetronic Germany übertragen worden. In diesem Zusammenhang stellt die Klägerin den Beweiswert des von der Streithelferin als Beweismittel vorgelegten Unterrichtungsschreibens vom 26. April 2010 an die Mitarbeiter von Hetronic Germany betreffend den Übergang der Arbeitsverträge aufgrund des Betriebsübergangs in Frage, aus dem sich ergebe, dass ihre Rechtsvorgängerin alle Rechte an den Produkten und Ersatzteilen des Hetronic-Konzerns innegehabt und Hetronic Germany Lizenzen erteilt habe. Der Verfasser des Schreibens sei nicht persönlich an den Verhandlungen, Gesprächen oder dem Abschluss der Vereinbarungen mit der Methode Electronics beteiligt gewesen, und in dem Schreiben werde das Zeichen NOVA nicht erwähnt.

44      Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, dass sie und ihre Rechtsvorgängerinnen Alleinvertriebshändler der unter der Marke HETRONIC vermarkteten Waren in Deutschland gewesen seien. Logischerweise sei die ältere nicht eingetragene Marke daher bei ihnen verblieben. Dies erkläre, warum die Vertriebs- und Montagepartnervereinbarungen sich ausdrücklich nur auf die Marke HETRONIC bezögen und die ältere nicht eingetragene Marke nicht erwähnten.

45      Als Zweites macht die Klägerin geltend, für den Beweis der Bösgläubigkeit komme es nicht darauf an, ob die Streithelferin gewusst habe, dass die Klägerin nach § 4 Nr. 2 des Markengesetzes Rechte an dem Zeichen NOVA erworben habe. Entscheidend sei, dass die Streithelferin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke gewusst habe, dass sie, die Klägerin, das Zeichen NOVA in Deutschland jahrzehntelang exklusiv benutzt habe. Vor diesem Hintergrund und angesichts der ersichtlich unzutreffenden Behauptung der Streithelferin, dass sie erst „kürzlich“ auf die Benutzung des Zeichens NOVA durch die Klägerin aufmerksam geworden sei, zeige sich, dass die Streithelferin die angegriffene Marke nicht im Geschäftswege habe benutzen, sondern die Klägerin in ihren Tätigkeiten habe beeinträchtigen wollen. Die Bösgläubigkeit der Streithelferin sei daher erwiesen.

46      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

47      Nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war. Aus diesem Artikel folgt, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob der Anmelder bösgläubig war, der Zeitpunkt der Anmeldung durch den Betreffenden ist (Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 35).

48      Zudem hat der Gerichtshof entschieden, dass für die Beurteilung der Bösgläubigkeit die Absicht des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung, ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das anhand der objektiven Umstände des Einzelfalls bestimmt werden muss, zu berücksichtigen ist (Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 41 und 42).

49      Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, setzt der Begriff „bösgläubig“ nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch eine unredliche Geisteshaltung oder Absicht voraus und ist im markenrechtlichen Kontext, mithin dem des Geschäftslebens, zu verstehen. Insoweit verfolgen die nacheinander erlassenen Verordnungen Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1), Nr. 207/2009 und 2017/1001 ein und dasselbe Ziel, nämlich die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts. Die Regelungen über die Unionsmarke sollen insbesondere zu einem System unverfälschten Wettbewerbs in der Union beitragen, in dem jedes Unternehmen, um die Kunden durch die Qualität seiner Waren oder seiner Dienstleistungen an sich zu binden, die Möglichkeit haben muss, Zeichen als Marken eintragen zu lassen, die es dem Verbraucher ermöglichen, diese Waren oder diese Dienstleistungen ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. Urteile vom 12. September 2019, Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO, C‑104/18 P, EU:C:2019:724, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 29. Januar 2020, Sky u. a., C‑371/18, EU:C:2020:45, Rn. 74).

50      Folglich findet der absolute Nichtigkeitsgrund im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 Anwendung, wenn sich aus schlüssigen und übereinstimmenden Indizien ergibt, dass der Inhaber einer Unionsmarke die Anmeldung dieser Marke nicht mit dem Ziel eingereicht hat, sich in lauterer Weise am Wettbewerb zu beteiligen, sondern mit der Absicht, in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden, oder mit der Absicht, sich ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke gehörenden Zwecken – u. a. der in der vorstehenden Rn. 49 angeführten wesentlichen Funktion der Herkunftsangabe – zu verschaffen (Urteile vom 12. September 2019, Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO, C‑104/18 P, EU:C:2019:724, Rn. 46, und vom 29. Januar 2020, Sky u. a., C‑371/18, EU:C:2020:45, Rn. 75; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 28. Oktober 2020, Target Ventures Group/EUIPO – Target Partners [TARGET VENTURES], T‑273/19, EU:T:2020:510, Rn. 27).

51      Es obliegt dem Nichtigkeitsantragsteller, die Umstände darzutun, die den Schluss zulassen, dass ein Antrag auf Eintragung einer Unionsmarke bösgläubig gestellt wurde, wobei der gute Glaube des Anmelders bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird (vgl. Urteil vom 23. Mai 2019, Holzer y Cia/EUIPO – Annco [ANN TAYLOR und AT ANN TAYLOR], T‑3/18 und T‑4/18, EU:T:2019:357, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Die von der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes erhobenen Rügen sind insbesondere anhand der vorstehenden Erwägungen zu prüfen.

–       Zur Bestimmung des für die Beurteilung der Bösgläubigkeit maßgeblichen Zeitpunkts, zum Vergleich der in Rede stehenden Zeichen und Waren und zur Kenntnis der Streithelferin von der Existenz des Zeichens NOVA und dessen Benutzung durch die Klägerin

53      Es ist unstreitig, dass das Vorliegen der behaupteten Bösgläubigkeit der Streithelferin bei der Anmeldung des Zeichens NOVA als Unionsmarke, also am 5. Februar 2015, dargetan sein musste. Unstreitig ist auch, dass das Zeichen NOVA und die von ihm erfassten Waren mit dem Bestandteil der angegriffenen Marke und den von ihr erfassten Waren identisch sind. Die Streithelferin bestreitet schließlich zwar nicht, dass sie vor der Anmeldung der angefochtenen Marke Kenntnis von der Benutzung des Zeichens NOVA durch die Klägerin hatte, jedoch, dass diese Benutzung exklusiv war. Dieser Umstand allein genügt jedoch noch nicht für die Bejahung der Bösgläubigkeit des Anmelders (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 40).

54      Darüber hinaus beruht die Rüge, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, im Kern ginge es darum, ob die Streithelferin gewusst habe, dass die Klägerin nach § 4 Nr. 2 des Markengesetzes Rechte an dem Zeichen NOVA erworben habe, auf einem falschen Verständnis der angefochtenen Entscheidung. Die Beschwerdekammer stützte sich nämlich nicht auf eine solche Erwägung, sondern führte in den Rn. 29 und 33 dieser Entscheidung aus, dass zum einen der Klägerin keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden und zum anderen die Frage, ob ein Zeichen Verkehrsgeltung im Sinne dieser Bestimmung erworben habe, im vorliegenden Fall nicht relevant sei.

–       Zur Absicht der Streithelferin

55      Nach der oben in Rn. 53 angeführten Rechtsprechung ist die Absicht des Anmelders der angegriffenen Marke objektiv zu berücksichtigen. Die Prüfung der Frage der Inhaberschaft der Rechte an dem Zeichen NOVA durch die Beschwerdekammer fügt sich in diesen Rahmen ein.

56      Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin, dass die Rechte an dem Zeichen NOVA in der Zeit vor dem Kaufvertrag vom 30. September 2008 bei ihrer Rechtsvorgängerin, Hetronic Steuersysteme, verblieben seien, während die Streithelferin behauptet, dass sie im Zuge der Verlegung der Hetronic-Gruppe in die Vereinigten Staaten auf die ehemalige Hetronic International übertragen worden seien. Unstreitig wird das Zeichen NOVA in keiner der zum Beweis vorgelegten Vereinbarungen ausdrücklich erwähnt.

57      Die Streithelferin hat zur Stützung ihrer Behauptung mehrere eidesstattliche Zeugenaussagen vorgelegt. Die Klägerin stellt den Beweiswert einer dieser Zeugenaussagen insoweit in Frage, als sie vom Präsidenten der Streithelferin erstellt wurde. Da die angefochtene Entscheidung nicht auf die eidesstattliche Versicherung des Präsidenten der Streithelferin gestützt ist, kann diese Rüge nur als ins Leere gehend zurückgewiesen werden.

58      Als Erstes ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Antwort auf die Frage, welche Rechte des geistigen Eigentums bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin verbleiben sollten, nicht aus der Forschungs- und Entwicklungsvereinbarung vom 18. Juli 2000 und lässt sich daraus nicht ableiten, dass der Klägerin zu dieser Zeit oder später Rechte an dem Zeichen NOVA zustanden. Zudem umfassten, wie in dem Kaufvertrag vom 30. September 2008 vorgesehen, die durch diese Vereinbarung veräußerten Vermögensgegenstände alle Rechte des geistigen Eigentums einschließlich aller Eigentumsrechte an den von den Verkäufern entwickelten, produzierten und verkauften Funkfernsteuerungen. Obwohl Hetronic Deutschland und deren Vermögen und Eigentum, wie in Absatz 4 auf Seite 2 dieses Kaufvertrags festgelegt, vom Kauf ausgeschlossen waren, erwarb der Käufer alle Vermögensgegenstände, die für den ordnungsgemäßen Betrieb des Unternehmens in seiner Form vom 1. Januar 2007 notwendig waren. Darüber hinaus ergibt sich aus den aufeinanderfolgenden Partnervereinbarungen, dass – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – die Klägerin und ihre Rechtsvorgängerinnen in Deutschland keine Alleinvertriebshändler für die Waren der Hetronic-Gruppe waren, da sich die Streithelferin das Recht vorbehalten hatte, einige Kunden aus dem Vertragsgebiet auszunehmen.

59      Als Zweites trägt die Streithelferin übereinstimmend mit der – von der Klägerin vor der Beschwerdekammer nicht beanstandeten – Feststellung der Nichtigkeitsabteilung vor, dass das Zeichen NOVA immer in der Nähe der Marke HETRONIC und in Verbindung mit dieser benutzt worden sei. Die Klägerin bestreitet auch nicht, dass die Waren mit der Marke HETRONIC und dem Zeichen NOVA weltweit von Gesellschaften der Hetronic-Gruppe verkauft worden seien.

60      Als Drittes stützte sich die Beschwerdekammer in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung auf das Unterrichtungsschreiben vom 26. April 2010 an die Mitarbeiter von Hetronic Germany über den Übergang der Arbeitsverträge aufgrund des Betriebsübergangs. Nach diesem Schreiben „[hat d]ie Methode H‑International … alle Rechte an Hetronic-Produkten und -Ersatzteilen inne und ist Lizenzgeber für … Hetronic Germany“. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist der Beweiswert dieses Schreibens jedoch hoch, da es sich um ein aus dem betreffenden Zeitraum stammendes Dokument der Rechtsvorgängerin der Klägerin handelt, das weder für die Zwecke der vorliegenden Klage noch im Rahmen des Rechtsstreits zwischen der Klägerin und der Streithelferin verfasst wurde.

61      Es stellt folglich, wie die Beschwerdekammer in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, kein bösgläubiges Verhalten dar, wenn die Streithelferin die Verträge zu ihren Gunsten auslegt. Unter diesen Umständen und im Licht der von der Klägerin nicht bestrittenen Feststellung der Nichtigkeitsabteilung, dass die Streithelferin bei der Anmeldung das Zeichen NOVA für die Vermarktung der fraglichen Waren benutzt habe, gehört es zu einer normalen Geschäftsstrategie dieses Unternehmens, den Schutz eines Zeichens zu erweitern, indem es dieses als Unionsmarke eintragen lässt.

62      Die Klägerin wirft der Streithelferin schließlich Unredlichkeit vor, indem sie in einem an sie gerichteten Schreiben darauf hingewiesen habe, dass sie erst kürzlich auf die Nutzung der nicht eingetragenen Marke aufmerksam geworden sei. Eine solche Bemerkung kann, selbst wenn sie irreführend wäre, da die Streithelferin von der Nutzung des Zeichens NOVA seit langem Kenntnis hatte, für sich genommen nicht beweisen, dass die Streithelferin versucht hätte, unter Verstoß gegen den absoluten Nichtigkeitsgrund von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 die Geschäftstätigkeit der Klägerin in unlauterer Weise zu behindern, und damit bösgläubig gewesen wäre.

63      Nach alledem hat die Klägerin, da ihr die Beweislast für die Bösgläubigkeit obliegt und die Bösgläubigkeit anhand objektiver Umstände nachzuweisen ist, keine Beweise beigebracht, die belegten, dass das Verhalten der Streithelferin zum Zeitpunkt der Anmeldung bösgläubig war, oder aus denen eine solche Feststellung objektiv abgeleitet werden könnte.

64      Demnach ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes

65      Im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, Bösgläubigkeit könne auch dann vorliegen, wenn keine älteren Rechte existierten. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn eine gewerbliche Einheit aufgrund der Benutzung eines Zeichens einen gewissen Grad an rechtlichem Schutz erlangt habe und ein Wettbewerber anschließend in der Absicht, mit dem ursprünglichen Benutzer des Zeichens in unfairen Wettbewerb zu treten, das Zeichen eintragen lasse. Zudem könne Bösgläubigkeit dann vorliegen, wenn die beteiligten Parteien in einer vorvertraglichen, vertraglichen oder nachvertraglichen Beziehung stünden oder gestanden hätten, aus der gegenseitige Pflichten und eine Verpflichtung zu fairem Verhalten bezüglich der berechtigten Interessen und Erwartungen erwachsen seien.

66      Die Klägerin ist der Auffassung, dass sich im vorliegenden Fall die Bösgläubigkeit der Streithelferin aus den folgenden Umständen ergebe. Erstens habe die Streithelferin gewusst, dass das Zeichen NOVA von der Klägerin jahrzehntelang in Deutschland benutzt worden und für sie von grundlegender wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sei. Zweitens habe die Streithelferin die ersichtlich unzutreffende Behauptung aufgestellt, dass sie erst „kürzlich“ auf die Benutzung des Zeichens NOVA durch die Klägerin aufmerksam geworden sei, was zeige, dass die Streithelferin versucht habe, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten zu behindern. Drittens sei es seitens der Streithelferin, da sie die bestehenden Verträge nicht zu ihren Gunsten habe auslegen können, und in Anbetracht der jahrzehntelangen geschäftlichen Beziehungen nicht fair gewesen, ein Zeichen, das von ihr, der Klägerin, oder ihren Rechtsvorgängerinnen entwickelt worden sei, als Unionsmarke anzumelden, ohne sie vorab zu unterrichten und ihr ausreichend Zeit einzuräumen, um Maßnahmen zu treffen. Die Eintragung der angegriffenen Marke sei mithin ersichtlich ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, die Klägerin zu behindern und vom Markt zu verdrängen.

67      Das EUIPO hält den vorliegenden Teil des zweiten Klagegrundes für unzulässig. Es stellt fest, dass die Klägerin erstmalig vor dem Gericht vorbringe, dass für das Vorliegen einer bösgläubigen Anmeldung das Bestehen eines älteren Rechts nicht erforderlich sei. Die anderen Gründe, aus denen vorliegend die Bösgläubigkeit der Streithelferin gegeben sein solle, habe die Klägerin im Verwaltungsverfahren entweder überhaupt nicht oder nur rein akzessorisch und unspezifisch vorgebracht.

68      Die Streithelferin tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

69      Zunächst wurden entgegen dem Vorbringen des EUIPO die in diesem Teil des zweiten Klagegrundes enthaltenen Argumente – und sei es auch nur kurz – vor der Beschwerdekammer vorgetragen. Sie sind daher zulässig.

70      Sodann macht die Klägerin zu Recht geltend, dass sie die Bösgläubigkeit der Streithelferin auch dann feststellen könne, wenn ihr keine Rechte an dem Zeichen NOVA zustünden, da es sich bei der auf Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Klage um eine Klage auf Feststellung der absoluten Nichtigkeit handelt, die auf den Schutz des Allgemeininteresses abzielt und von jeder natürlichen oder juristischen Person und nicht nur von den Inhabern älterer Rechte geltend gemacht werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Mai 2019, ANN TAYLOR und AT ANN TAYLOR, T‑3/18 und T‑4/18, EU:T:2019:357, Rn. 55 und 56).

71      Soweit die Klägerin die bereits im Rahmen des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes vorgebrachten Argumente teilweise wiederholt, sind sie aus den oben in den Rn. 62 und 63 dargelegten Gründen zurückzuweisen.

72      Darüber hinaus hat die Klägerin nicht erläutert, welcher Aspekt ihres vorvertraglichen, vertraglichen oder nachvertraglichen Verhältnisses mit der Streithelferin zu gegenseitigen Pflichten und einer Verpflichtung der Streithelferin zu einem lauteren Verhalten geführt haben soll, so dass diese zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung der angefochtenen Marke bösgläubig gewesen wäre. Diese Rüge ist daher, da sie nicht untermauert wurde, als unbegründet zurückzuweisen. Gleiches gilt für das Vorbringen der Klägerin, dass das angebliche Bestehen einer langfristigen Vertragsbeziehung zu solchen Pflichten und Verpflichtungen geführt habe.

73      Schließlich wirft die Klägerin der Streithelferin vor, sie nicht vorab über die Anmeldung der streitigen Marke unterrichtet zu haben. Die Streithelferin habe ihr somit ein Recht entzogen, ohne ihr Bescheid zu geben, und sei daher bösgläubig gewesen. Hierzu ist festzustellen, dass dieses Fehlen einer Mitteilung, auch wenn es von der Streithelferin nicht bestritten wird, nicht die Bejahung ihrer Bösgläubigkeit erlaubt. Da im vorliegenden Fall die Lizenz- und die Vertriebs- und Montagepartnervereinbarungen gekündigt wurden und die Auslegung dieser Vereinbarungen seit 2014 Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Landgericht München und dem United States District Court for the Western District of Oklahoma (Bundesbezirksgericht für den Western District von Oklahoma) war, war die Klägerin bereits lange vor der Anmeldung hinreichend darüber unterrichtet worden, dass die Streithelferin der Benutzung des Zeichens entgegentrat und dass sie ihre Interessen mit den verfügbaren rechtlichen Mitteln zu schützen versuchte. Die Anmeldung kann daher nicht als eine verdeckte Handlung angesehen werden, die die Klägerin an der Benutzung des Zeichens hindern soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2015, Pangyrus/HABM – RSVP Design [COLOURBLIND], T‑257/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:115, Rn. 140).

74      Der zweite Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

75      Folglich ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

76      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Abitron Germany GmbH trägt die Kosten.

Collins

Csehi

Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.