Language of document : ECLI:EU:T:2017:410

Rechtssache T20/16

M/S. Indeutsch International

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionsbildmarke mit Darstellung eines Winkelmusters zwischen zwei parallelen Linien – Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Prüfung der Marke in der angemeldeten Form“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 21. Juni 2017

1.      Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken ohne Unterscheidungskraft – Bildmarke mit zwei- oder dreidimensionaler Darstellung einer Ware – Unterscheidungskraft – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 207/2009, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b)

2.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Absolute Nichtigkeitsgründe – Eintragung entgegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 – Bildmarke mit Darstellung eines Winkelmusters zwischen zwei parallelen Linien

(Verordnung Nr. 207/2009, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b)

1.      Besteht die angemeldete oder eingetragene Marke in einer zwei- oder dreidimensionalen Darstellung der von ihr gekennzeichneten Ware, so hängt ihre Unterscheidungskraft von der Frage ab, ob sie erheblich von der Norm oder der Üblichkeit in der Branche abweicht und deshalb ihre wesentliche warenherkunftskennzeichnende Funktion erfüllen kann.

Dies gilt auch dann, wenn die Marke aus einem Teil der Form der mit ihr gekennzeichneten Ware besteht, da die maßgeblichen Verkehrskreise sie unmittelbar und ohne besonderes Nachdenken als Darstellung eines besonderen Details oder Gesichtspunkts der fraglichen Ware wahrnehmen werden. In einem solchen Fall ist der entscheidende Gesichtspunkt nicht die Einstufung des in Frage stehenden Zeichens als ein Bildzeichen, ein dreidimensionales Zeichen oder ein anderes Zeichen, sondern die Tatsache, dass es mit dem Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware selbst verschmilzt.

Würde in einem solchen Fall nämlich die Beurteilung der Unterscheidungskraft der Marke nicht in Bezug auf ihre Abweichung von der Norm oder der Üblichkeit in der Branche der gekennzeichneten Waren erfolgen, so würde die Anmeldung eines Zeichens genügen, das unmittelbar als Teil der gekennzeichneten Ware wahrgenommen werden kann, um die Wahrscheinlichkeit einer Eintragung zu erhöhen und so gleichsam automatisch das Erscheinungsbild oder die Form der Ware selbst zu schützen. Da aber die Durchschnittsverbraucher aus dem Erscheinungsbild oder der Form der Waren gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren schließen, würde diese Möglichkeit ein beträchtliches Umgehungsrisiko von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 über die Unionsmarke mit sich bringen und somit dem von dieser Bestimmung geschützten öffentlichen Interesse zuwiderlaufen.

Hinsichtlich der aus der Form der von ihnen gekennzeichneten Ware bestehenden Marken steht es der zuständigen Behörde frei, ihre wesentlichen Merkmale durch Untersuchung der Ware selbst zu bestimmen. Eine solche Untersuchung wird nämlich dann notwendig, wenn die Bestimmung eines wesentlichen Merkmals der Marke erforderlich ist, um die genaue Art der Bestandteile der graphischen Darstellung sowie allfälliger im Zuge der Anmeldung vorgelegten Beschreibungen festzustellen und so das der Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 zugrunde liegende öffentliche Interesse zu schützen. Dieses Interesse besteht darin, es einem Wirtschaftsteilnehmer zu untersagen, sich ungerechtfertigterweise ein aus der Form der Ware bestehendes Zeichen anzueignen, das eine technische Lösung darstellt. Diese Problematik tritt definitionsgemäß bei Marken auf, die aus der Form einer konkreten Ware und nicht aus einer abstrakten Form bestehen.

(vgl. Rn. 37-40)

2.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 41-47)