Language of document : ECLI:EU:T:2019:309

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

8. Mai 2019(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Art. 42c des Statuts – Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse – Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen – Rechtsschutzinteresse – Zulässigkeit – Anwendungsbereich des Gesetzes – Grammatische, systematische und teleologische Auslegung“

In der Rechtssache T‑170/17,

RW, ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Orlandi und T. Martin,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch G. Berscheid und A.‑C. Simon, dann durch G. Berscheid und B. Mongin als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 2. März 2017, den Kläger gemäß Art. 42c des Statuts der Beamten der Europäischen Union in Urlaub im dienstlichen Interesse und gleichzeitig gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek sowie der Richter E. Buttigieg (Berichterstatter) und B. Berke,

Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,

auf das schriftliche Verfahren und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2018

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Das Statut der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) ist durch die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind (ABl. 1968, L 56, S. 1), in der durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 (ABl. 2013, L 287, S. 15) geänderten Fassung festgelegt.

2        Nach Art. 35 des Statuts, der zu Kapitel 2 („Dienstrechtliche Stellung“) von Titel III gehört, kann sich der Beamte in einer der nachstehend aufgeführten dienstrechtlichen Stellungen befinden: aktiver Dienst, Abordnung, Urlaub aus persönlichen Gründen, einstweiliger Ruhestand, Beurlaubung zum Wehrdienst, Elternurlaub und Urlaub aus familiären Gründen sowie Urlaub im dienstlichen Interesse.

3        Art. 42c des Statuts, der ebenfalls zu diesem Kapitel gehört, sieht vor:

„Frühestens fünf Jahre vor Erreichen des Ruhestandsalters kann ein Beamter mit mindestens zehn Dienstjahren durch Entscheidung der Anstellungsbehörde in Urlaub im dienstlichen Interesse versetzt werden, wenn ein organisatorischer Bedarf im Zusammenhang mit dem Erwerb neuer Kompetenzen innerhalb der Organe besteht.

Die Gesamtzahl der Beamten, die pro Jahr in Urlaub im dienstlichen Interesse versetzt werden, darf jedoch 5 % der Anzahl der Beamten aller Organe nicht übersteigen, die im Vorjahr in den Ruhestand getreten sind. Die so berechnete Gesamtzahl wird jedem Organ entsprechend seiner am 31. Dezember des Vorjahres gegebenen Anzahl von Beamten zugewiesen. Das Ergebnis einer solchen Zuweisung wird bei den einzelnen Organen auf volle Zahlen aufgerundet.

Dieser Urlaub ist keine Disziplinarmaßnahme.

Die Dauer des Urlaubs entspricht grundsätzlich dem Zeitraum vor dem Erreichen des Ruhestandsalters. Bei einem Ausnahmezustand kann die Anstellungsbehörde entscheiden, den Urlaub zu beenden und den Beamten wieder einzuweisen.

Wenn der in Urlaub im dienstlichen Interesse versetzte Beamte das Ruhestandsalter erreicht, so wird er von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.

Für den Urlaub im dienstlichen Interesse gelten folgende Vorschriften:

a)      die Planstelle des Beamten kann durch einen anderen Beamten besetzt werden;

b)      ein Beamter, der sich im Urlaub im dienstlichen Interesse befindet, hat keinen Anspruch auf das Aufsteigen in eine höhere Dienstaltersstufe oder die Beförderung in eine höhere Besoldungsgruppe.

Der in Urlaub im dienstlichen Interesse versetzte Beamte erhält eine Vergütung, die nach Anhang IV berechnet wird.

Auf Antrag des Beamten werden auf die Vergütung Beiträge zum Versorgungssystem erhoben, die auf der Grundlage dieser Vergütung berechnet werden. In diesem Fall wird bei der Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre im Sinne des Anhangs VIII Artikel 2 die Dienstzeit als Beamter im Urlaub im dienstlichen Interesse berücksichtigt.

Auf die Vergütung wird kein Berichtigungskoeffizient angewandt.“

4        Art. 47 des Statuts gehört zu Kapitel 4 („Endgültiges Ausscheiden aus dem Dienst“) von Titel III des Statuts. Nach diesem Artikel scheidet der Beamte endgültig aus dem Dienst aus durch Entlassung auf Antrag, Entlassung von Amts wegen, Stellenenthebung aus dienstlichen Gründen, Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen, Entfernung aus dem Dienst, Versetzung in den Ruhestand oder Tod.

5        Art. 52 Abs. 1 Buchst. a und b des Statuts, der ebenfalls zu Kapitel 4 gehört, sieht u. a. vor, dass ein Beamter unbeschadet des Art. 50 (der die Stellenenthebung von höheren Führungskräften aus dienstlichen Gründen betrifft) entweder von Amts wegen am letzten Tag des Monats, in dem er das 66. Lebensjahr vollendet hat, oder auf seinen Antrag am letzten Tag des Monats, für den die Versetzung in den Ruhestand beantragt wurde, wenn er das Ruhestandsalter erreicht hat, in den Ruhestand versetzt wird.

6        Anhang XIII des Statuts enthält Übergangsmaßnahmen für die Beamten.

7        Art. 22 Abs. 1 des Anhangs XIII des Statuts bestimmt:

„(1)      Beamte, die am 1. Mai 2004 mindestens 20 Dienstjahre abgeleistet haben, haben mit Vollendung des 60. Lebensjahres Anspruch auf ein Ruhegehalt.

Beamte, die am 1. Mai 2014 mindestens 35 Jahre alt sind und vor dem 1. Januar 2014 eingestellt wurden, haben mit Erreichen des in nachstehender Tabelle angegebenen Alters Anspruch auf ein Ruhegehalt:

Alter am 1. Mai 2014

Ruhestandsalter (Anspruch auf Ruhegehalt ab):

mindestens 60 Jahre

60 Jahre

59 Jahre

60 Jahre, 2 Monate

58 Jahre

60 Jahre, 4 Monate

35 Jahre

64 Jahre, 8 Monate


Beamte, die am 1. Mai 2014 das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, haben mit Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf ein Ruhegehalt.

Gleichwohl haben Beamte, die am 1. Mai 2014 mindestens 45 Jahre alt sind und zwischen dem 1. Mai 2004 und dem 31. Dezember 2013 eingestellt wurden, weiterhin mit Erreichen des 63. Lebensjahres Anspruch auf ein Ruhegehalt.

Bei Beamten, die ihren Dienst vor dem 1. Januar 2014 angetreten haben, richtet sich das Ruhestandsalter, das bei allen Bezugnahmen auf das Ruhestandsalter in diesem Statut zugrunde zu legen ist, nach den vorgenannten Bestimmungen, soweit dies im Statut nicht anders geregelt ist.“

8        Nach Art. 23 Abs. 1 des Anhangs XIII des Statuts wird ein Beamter, der seinen Dienst vor dem 1. Januar 2014 angetreten hat, mit dem letzten Tag des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr erreicht, automatisch in den Ruhestand versetzt.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

9        Der Kläger, Herr RW, ist ein ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission. Er trat seinen Dienst bei diesem Organ am 1. Oktober 1982 an und war seit dem 12. Dezember 1999 in der Generaldirektion (GD) Bildung und Kultur eingesetzt. Am 1. Januar 2010 wurde er nach Besoldungsgruppe AD 12 befördert.

10      Mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 unterrichtete die Generaldirektion (GD) Humanressourcen und Sicherheit (im Folgenden: GD HR) den Kläger von der Absicht der Anstellungsbehörde, ihn gemäß Art. 42c des Statuts mit Wirkung vom 1. April 2017 in Urlaub im dienstlichen Interesse zu versetzen.

11      Am 14. Dezember 2016 nahm der Kläger zum Schreiben vom 1. Dezember 2016 Stellung und beantragte eine Anhörung.

12      Am 13. Januar 2017 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Leiter des Referats Laufbahnmanagement und Mobilität der GD HR statt, an dem auch ein Personalvertreter, ein Mitarbeiter des genannten Referats und ein Vertreter der GD Bildung und Kultur teilnahmen.

13      Nach diesem Gespräch übermittelte das Referat Laufbahnmanagement und Mobilität der GD HR der Anstellungsbehörde eine Stellungnahme, in der es die Anwendung von Art. 42c des Statuts auf den Kläger befürwortete.

14      Mit Entscheidung vom 2. März 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) beschloss die Anstellungsbehörde zum einen, den Kläger nach Art. 42c des Statuts zum 1. Juni 2017 in Urlaub im dienstlichen Interesse zu versetzen, und zum anderen, ihn in Anbetracht dessen, dass er nach Art. 22 Abs. 1 des Anhangs XIII des Statuts bereits das Ruhestandsalter erreicht hatte, gemäß Art. 42c Abs. 5 des Statuts zum gleichen Zeitpunkt von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen.

15      Am 20. März 2017 legte der Kläger nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts eine Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung ein, die mit Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 26. Juli 2017 ausdrücklich zurückgewiesen wurde.

 Verfahren und Anträge der Parteien

16      Mit Klageschrift, die am 20. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Mit gesondertem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger außerdem einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach den Art. 278 und 279 AEUV gestellt, der auf die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung gerichtet war. In Anwendung von Art. 91 Abs. 4 des Statuts ist das Hauptverfahren ausgesetzt worden.

17      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 20. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger beantragt, ihm nach Art. 66 der Verfahrensordnung des Gerichts Anonymität zu gewähren. Mit Beschluss vom 17. Mai 2017 hat das Gericht diesem Antrag stattgegeben.

18      Mit Beschluss vom 18. Mai 2017, RW/Kommission (T‑170/17 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:351), hat der Präsident des Gerichts den Vollzug der angefochtenen Entscheidung ausgesetzt.

19      Nach Art. 91 Abs. 4 des Statuts ist das Hauptverfahren nach Erlass der Entscheidung vom 26. Juli 2017, mit der die Beschwerde ausdrücklich zurückgewiesen wurde, wiederaufgenommen worden.

20      Mit Beschluss vom 10. Januar 2018, Kommission/RW (C‑442/17 P[R], nicht veröffentlicht, EU:C:2018:6), hat der Vizepräsident des Gerichtshofs das Rechtsmittel der Kommission gegen den Beschluss vom 18. Mai 2017, RW/Kommission (T‑170/17 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:351), zurückgewiesen.

21      Im Hauptverfahren ist das schriftliche Verfahren am 9. Januar 2018 mit der Einreichung der Gegenerwiderung abgeschlossen worden.

22      Mit Schriftsatz, der am 2. Februar 2018 beim Gericht eingegangen ist, hat der Kläger einen mit Gründen versehenen Antrag nach Art. 106 der Verfahrensordnung gestellt, im mündlichen Verfahren gehört zu werden.

23      Die Parteien haben in der Sitzung vom 11. Dezember 2018 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

24      Am Ende der Sitzung hat das Gericht die Parteien aufgefordert, sich ins Benehmen zu setzen, um nach Möglichkeit zu einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits einschließlich hinsichtlich der Verfahrenskosten zu gelangen. Der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts hat den Parteien eine Frist bis zum 31. Januar 2019 gesetzt, um das Gericht über das Ergebnis dieser Gespräche in Kenntnis zu setzen, und hat entschieden, das mündliche Verfahren nicht zu schließen.

25      Das mündliche Verfahren ist mit Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom 4. Februar 2019 geschlossen worden, nachdem die Parteien dem Gericht mit Schreiben vom 29. Januar 2019 mitgeteilt hatten, dass die Gespräche über eine gütliche Streitbeilegung nicht erfolgreich gewesen seien.

26      Der Kläger beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung, „mit der er mit Wirkung vom 1. Juni 2017 von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wird“, aufzuheben;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

27      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der Klage

28      Die Kommission trägt vor, der Aufhebungsantrag, wie er in der Klageschrift gestellt sei, ziele nicht auf beide Gegenstände der angefochtenen Entscheidung – nämlich die Versetzung des Klägers in Urlaub im dienstlichen Interesse und seine Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen – ab, sondern nur auf den zweiten. Diese beiden Gegenstände ließen sich aber nicht voneinander trennen, so dass die teilweise Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu einer Änderung ihres Wesensgehalts führen würde. Unter diesen Umständen und in Anbetracht der Rechtsprechung, wonach die teilweise Aufhebung eines Unionsrechtsakts nur möglich sei, soweit sich die Teile, deren Aufhebung beantragt werde, vom Rest des Rechtsakts trennen ließen, beantragt die Kommission, die im vorliegenden Fall vom Kläger eingereichte Aufhebungsklage oder zumindest die ersten beiden Klagegründe für unzulässig zu erklären.

29      Der Kläger tritt der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit entgegen.

30      Vorab ist zu prüfen, ob die Auffassung der Kommission zutrifft, wonach sich die beiden Gegenstände der angefochtenen Entscheidung, nämlich die Versetzung des Klägers in Urlaub im dienstlichen Interesse und seine gleichzeitige Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen, nicht voneinander trennen lassen. Aus Art. 42c Abs. 5 des Statuts geht unzweifelhaft hervor, dass sich die Versetzung der betreffenden Beamten in Urlaub im dienstlichen Interesse nicht über das „Ruhestandsalter“ – das für Beamte, die vor dem 1. Januar 2014 eingestellt wurden, gemäß Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 5 des Anhangs XIII des Statuts bestimmt wird – hinaus erstrecken darf. Betrifft die Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse einen Beamten, der bereits das genannte „Ruhestandsalter“ erreicht hat, ist dieser Beamte daher gleichzeitig von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen. Dem entspricht die angefochtene Entscheidung, mit der der Kläger in Urlaub im dienstlichen Interesse und gleichzeitig von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wurde (siehe oben, Rn. 14). Der Kläger war 63 Jahre alt, als die angefochtene Entscheidung wirksam wurde, und hatte somit „das Ruhestandsalter“ überschritten, das in seinem Fall nach Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 5 des Anhangs XIII des Statuts in Verbindung mit Unterabs. 1 dieser Vorschrift auf 60 Jahre festgesetzt war. Da der Kläger zum Zeitpunkt seiner Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse das „Ruhestandsalter“ überschritten hatte, wurde er gleichzeitig gemäß Art. 42c Abs. 5 des Statuts von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.

31      Nach Bestätigung der Auffassung der Kommission, wonach sich die beiden Gegenstände der angefochtenen Entscheidung nicht voneinander trennen lassen, ist darauf hinzuweisen, dass die von ihr erhobene Unzulässigkeitseinrede auf der Prämisse beruht, dass der in der Klageschrift gestellte Aufhebungsantrag ein Antrag auf teilweise Aufhebung ist, da er nur auf den zweiten Gegenstand der angefochtenen Entscheidung abziele, nämlich jenen, den Kläger von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen.

32      Diese Prämisse, auf der die Argumentation der Kommission beruht, ist jedoch falsch.

33      Zwar enthält der Antrag des Klägers den Einschub „mit der er mit Wirkung vom 1. Juni 2017 von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wird“. Dieser Einschub kann jedoch nicht so verstanden werden, dass dadurch der Gegenstand der Aufhebungsklage allein auf die Versetzung des Klägers in den Ruhestand beschränkt wird.

34      Inhaltlich ergibt sich aus der Klageschrift nämlich, dass der Aufhebungsantrag auf beide Gegenstände der angefochtenen Entscheidung abzielt, da der Kläger den Zusammenhang klar bestimmt hat, der nach den in der angefochtenen Entscheidung angestellten Überlegungen zwischen seiner Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse und seiner Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen bestand. Insoweit ist vor allem auf Rn. 34 der Klageschrift zu verweisen, wo es im Rahmen des ersten Aufhebungsgrundes heißt: „Im vorliegenden Fall hat die Anstellungsbehörde eine Entscheidung über die Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse erlassen, die einer Versetzung des Klägers von Amts wegen in den Ruhestand gleichkommt.“

35      Es ist auch auf den zweiten Aufhebungsgrund hinzuweisen, mit dem die Nichtbeachtung des Anwendungsbereichs des Gesetzes gerügt wird. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, Art. 42c des Statuts sei auf ihn nicht anwendbar, da er „das Ruhestandsalter“ im Sinne des ersten Absatzes dieser Vorschrift überschritten habe. Es ist klar, dass die angefochtene Entscheidung, sollte das Gericht diesem Klagegrund folgen, wegen fehlender Rechtsgrundlage in vollem Umfang aufgehoben würde und nicht nur teilweise, soweit der Kläger von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wird.

36      Daraus ergibt sich, dass der vom Kläger in der Klageschrift gestellte Aufhebungsantrag trotz des Einschubs „mit der er mit Wirkung vom 1. Juni 2017 von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wird“ klar auf beide untrennbar miteinander verbundene Gegenstände der angefochtenen Entscheidung abzielt, die seine Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse und seine gleichzeitige Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen betreffen. Es handelt sich daher nicht, wie von der Kommission vorgetragen, um einen Antrag auf teilweise Aufhebung. Demzufolge ist die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.

 Zum Fortbestand des Rechtsschutzinteresses des Klägers

37      In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission geltend gemacht, dass das vom Gericht im vorliegenden Fall zu erlassende Urteil keine Auswirkungen auf die Lage des Klägers haben werde. Denn der Kläger sei aufgrund der Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung, die durch den für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter angeordnet worden sei, während des „gemäß dem Statut maximal zulässigen Zeitraums“, nämlich bis zum 1. November 2018, als er das 65. Lebensjahr erreicht habe und nach Art. 23 Abs. 1 des Anhangs XIII des Statuts automatisch in den Ruhestand versetzt worden sei, als Beamter im Dienst der Kommission verblieben. Dadurch habe er die von ihm beanstandete Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse vermeiden und weiterhin seine normale Vergütung erhalten können, und er sei schließlich zu denselben Bedingungen automatisch in den Ruhestand versetzt worden, die angewendet worden wären, wenn in Bezug auf ihn keine Entscheidung nach Art. 42c des Statuts ergangen worden wäre. Daraus schließt die Kommission, dass der Kläger kein Rechtsschutzinteresse mehr habe.

38      Der Kläger ist der Schlussfolgerung der Kommission, dass sein Rechtsschutzinteresse im Lauf des Verfahrens weggefallen sei, entgegengetreten.

39      Nach ständiger Rechtsprechung ist die nach den Art. 90 und 91 des Statuts erhobene Klage einer diesem Statut unterliegenden Person auf Aufhebung einer sie beschwerenden Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Statuts nur zulässig, wenn diese Person zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein bestehendes und gegenwärtiges, hinreichend qualifiziertes Interesse an der Aufhebung dieser Maßnahme hat, wobei ein solches Interesse voraussetzt, dass ihr die Klage im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann. Da es sich beim Rechtsschutzinteresse des Klägers um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt, ist für seine Beurteilung auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen. Eine Person, auf die das Statut Anwendung findet, kann eine Klage auf Aufhebung einer Entscheidung der Anstellungsbehörde jedoch nur dann weiterverfolgen, wenn sie ein persönliches Interesse an der Aufhebung dieser Entscheidung behält. Besteht kein gegenwärtiges Rechtsschutzinteresse, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (vgl. Urteil vom 8. November 2018, Cocchi und Falcione/Kommission, T‑724/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:759, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorliegenden Fall kann das oben in Rn. 37 wiedergegebene Vorbringen der Kommission, dem der Kläger nicht entgegentritt, in der Tat die Frage aufwerfen, ob das Rechtsschutzinteresse des Klägers nicht im Lauf des Verfahrens weggefallen ist.

41      Wie die Kommission jedoch in der mündlichen Verhandlung selbst vorgetragen hat, könnte die angefochtene Entscheidung, wenn sie gültig bliebe und vom Unionsrichter nicht aufgehoben würde, möglicherweise als Grundlage dafür dienen, dass die Kommission vom Kläger die Differenz zurückfordert zwischen den Beträgen, die ihm in der Zeit zwischen dem 1. Juni 2017, als die angefochtene Entscheidung wirksam wurde, und dem 1. November 2018, als er automatisch in den Ruhestand versetzt wurde, als Gehalt ausbezahlt wurden, und den Beträgen, auf die er in Form seines Ruhegehalts Anspruch gehabt hätte, wenn die angefochtene Entscheidung sofort vollzogen und der Vollzug nicht ausgesetzt worden wäre.

42      Daraus folgt, dass der Kläger, wie er im Übrigen in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, weiterhin ein Interesse daran hat, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und ihre Tilgung aus der Unionsrechtsordnung zu begehren, um die Gewissheit zu erlangen, dass die Kommission nicht in der Zukunft den oben in Rn. 41 beschriebenen Differenzbetrag zurückfordert.

43      Diese Schlussfolgerung wird weder durch das Vorbringen der Kommission in der mündlichen Verhandlung in Frage gestellt, wonach sich die Rückforderung dieses Differenzbetrags schwierig gestalten könnte, da der Kläger bis zu seiner automatischen Versetzung in den Ruhestand am 1. November 2018 weiter als Beamter im aktiven Dienst gearbeitet habe, noch durch ihre in der mündlichen Verhandlung abgegebene Zusicherung, dass sie diesen Betrag vom Kläger jedenfalls nicht einfordern werde. Dabei handelt es sich nämlich um bloße Feststellungen und Zusicherungen der Kommission, die im Übrigen nicht in Frage stellen, dass die Aufrechterhaltung der angefochtenen Entscheidung in der Rechtsordnung der Union eine Quelle der rechtlichen Unsicherheit für den Kläger darstellt. Darauf beruht sein nach wie vor gegenwärtiges Interesse daran, dass diese Entscheidung aufgehoben wird.

44      Somit ist festzustellen, dass der Kläger weiterhin ein Rechtsschutzinteresse hat.

 Zur Begründetheit

45      Seine Klage stützt der Kläger auf drei Klagegründe, mit denen er erstens einen Verstoß gegen die Art. 47 und 52 des Statuts, zweitens die Nichtbeachtung des Anwendungsbereichs des Gesetzes, hier von Art. 42c des Statuts, und drittens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und eine Verletzung der Verteidigungsrechte rügt. In der Erwiderung hat der Kläger den dritten Klagegrund zurückgenommen.

46      Da das Gericht im Rahmen des zweiten Klagegrundes den Anwendungsbereich von Art. 42c des Statuts, der Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung, bestimmen muss, ist zunächst dieser Klagegrund zu prüfen.

 Vorbemerkungen

47      Der Kläger legt Art. 42c des Statuts vor allem grammatisch und systematisch aus und macht geltend, diese Vorschrift sei nicht auf Beamte anwendbar, die – wie er – im Sinne dieser Vorschrift in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 5 des Anhangs XIII des Statuts das „Ruhestandsalter“ erreicht hätten. Der Urlaub im dienstlichen Interesse, in den die betreffenden Beamten nach Art. 42c des Statuts versetzt würden, müsse eine bestimmte Dauer haben. Eine Anwendung dieser Vorschrift auf Beamte, die zum betreffenden Zeitpunkt das „Ruhestandsalter“ erreicht hätten, führe dazu, dass diese Beamten gemäß Art. 42c Abs. 5 des Statuts in Urlaub im dienstlichen Interesse und gleichzeitig von Amts wegen in den Ruhestand versetzt würden. Damit werde der Zweck dieser Vorschrift konterkariert, und die im Statut für das endgültige Ausscheiden eines Beamten aus dem Dienst vorgesehenen Bedingungen würden unterlaufen. Die Anstellungsbehörde habe im vorliegenden Fall den Anwendungsbereich von Art. 42c des Statuts verkannt, so dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei.

48      Die Kommission tritt der Auffassung des Klägers entgegen und beruft sich dafür vor allem auf den Wortlaut von Art. 42c des Statuts und seine ratio legis. Diese Vorschrift könne auf einen Beamten angewendet werden, der – wie der Kläger – das „Ruhestandsalter“ erreicht habe.

49      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Kläger zu Recht geltend macht, die Anwendung von Art. 42c des Statuts auf einen Beamten, der im Sinne dieser Vorschrift das „Ruhestandsalter“ erreicht hat, dazu führt, dass dieser in Urlaub im dienstlichen Interesse und gleichzeitig nach Abs. 5 dieser Vorschrift von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wird. Dem entspricht, wie oben in Rn. 30 festgestellt, die angefochtene Entscheidung, wie sie in Bezug auf den Kläger ergangen ist.

50      Somit stellt sich die Frage, ob Art. 42c des Statuts auf Beamte, die – wie der Kläger – im Sinne dieser Vorschrift das „Ruhestandsalter“ erreicht haben, angewendet werden kann, wenn man berücksichtigt, dass diese Anwendung dazu führt, dass diese Beamten in Urlaub im dienstlichen Interesse und gleichzeitig von Amts wegen in den Ruhestand versetzt werden. In diesem Sinne ist daher der persönliche Anwendungsbereich von Art. 42c des Statuts zu bestimmten, was dessen Auslegung erfordert.

 Zur grammatischen Auslegung

51      Nach Art. 42c Abs. 1 des Statuts ist die Versetzung des betreffenden Beamten in Urlaub im dienstlichen Interesse „[f]rühestens fünf Jahre vor Erreichen des Ruhestandsalters“ möglich. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hat, entspricht der im ersten Absatz von Art. 42c des Statuts verwendete Ausdruck „Ruhestandsalter“ dem im vierten und fünften Absatz dieser Vorschrift verwendeten Ausdruck „Ruhestandsalter“. Folglich ist für die Bestimmung des „Ruhestandsalters“ im Sinne von Art. 42c Abs. 1 des Statuts bei Beamten, die vor dem 1. Januar 2014 eingestellt wurden, ebenso wie für die Bestimmung des „Ruhestandsalters“ im Sinne von Art. 42c Abs. 4 und 5 des Statuts auf Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 5 des Anhangs XIII des Statuts abzustellen, der lautet:

„Bei Beamten, die ihren Dienst vor dem 1. Januar 2014 angetreten haben, richtet sich das Ruhestandsalter, das bei allen Bezugnahmen auf das Ruhestandsalter in diesem Statut zugrunde zu legen ist, nach den vorgenannten Bestimmungen, soweit dies im Statut nicht anders geregelt ist.“

52      Die in Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 5 des Anhangs XIII des Statuts enthaltene Wendung „nach den vorgenannten Bestimmungen“ bezieht sich auf die ersten vier Unterabsätze dieser Vorschrift, die regeln, ab welchem Alter Beamte, die vor dem 1. Januar 2014 eingestellt wurden, die Versetzung in den Ruhestand beantragen können und dabei Anspruch auf ein Ruhegehalt haben.

53      Bei Beamten, die nach dem 1. Januar 2014 eingestellt wurden, bezieht sich der in Art. 42c Abs. 1 des Statuts verwendete Ausdruck „Ruhestandsalter“, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, auf das in Art. 52 Abs. 1 Buchst. a des Statuts vorgesehene Alter für eine Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen, das 66 Jahre beträgt.

54      Dem Wortlaut von Art. 42c Abs. 1 des Statuts lässt sich daher entnehmen, ab welchem Zeitpunkt diese Bestimmung auf einen Beamten angewendet werden kann, nämlich „[f]rühestens fünf Jahre vor Erreichen des Ruhestandsalters“. Was Beamte betrifft, die vor dem 1. Januar 2014 eingestellt wurden, schließt dieser Wortlaut ferner, wie die Kommission zu Recht geltend macht, nicht aus, dass diese Vorschrift auf einen Beamten angewendet werden kann, der das „Ruhestandsalter“ erreicht oder sogar überschritten hat.

55      Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Art. 42c Abs. 4 des Statuts vorsieht, dass die Dauer des Urlaubs im dienstlichen Interesse „grundsätzlich“ dem Zeitraum vor dem Erreichen des Ruhestandsalters entspricht, dass die Anstellungsbehörde jedoch bei einem Ausnahmezustand entscheiden kann, den Urlaub zu beenden und den Beamten wieder einzuweisen.

56      Die Wendungen „Dauer des Urlaubs“ und „Zeitraum vor dem Erreichen des Ruhestandsalters“ in Art. 42c Abs. 4 Satz 1 des Statuts bestätigen die Auffassung des Klägers, wonach der Urlaub im dienstlichen Interesse eine bestimmte Dauer haben muss. Diese Auffassung wird entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht durch das in diesem Satz verwendete Wort „grundsätzlich“ in Frage gestellt, das im Licht von Art. 42c Abs. 4 Satz 2 des Statuts zu verstehen ist, der lautet:

„Bei einem Ausnahmezustand kann die Anstellungsbehörde entscheiden, den Urlaub zu beenden und den Beamten wieder einzuweisen.“

57      Das Wort „grundsätzlich“ zeigt daher nicht, dass von dem Grundsatz, dass der Urlaub im dienstlichen Interesse eine bestimmte Dauer haben muss, abgewichen werden kann, sondern dass eine Abweichung von dem Grundsatz, dass der Urlaub im dienstlichen Interesse zu dem Zeitpunkt beendet wird, zu dem der betreffende Beamte das „Ruhestandsalter“ erreicht, möglich ist, und zwar dann, wenn die Anstellungsbehörde „bei einem Ausnahmezustand“ beschließt, diesen Beamten wieder einzuweisen, und damit den Urlaub im dienstlichen Interesse beendet.

58      Die Auffassung des Klägers, wonach der Urlaub im dienstlichen Interesse eine bestimmte Dauer haben muss, wird durch den Wortlaut von Art. 42c Abs. 5 des Statuts bestätigt, der bestimmt: „Wenn der in Urlaub im dienstlichen Interesse versetzte Beamte das Ruhestandsalter erreicht, so wird er von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.“ Aus diesem Wortlaut und speziell aus der Verwendung des Verbs „erreichen“ ergibt sich, dass die Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen voraussetzt, dass sich der betreffende Beamte zu dem Zeitpunkt, zu dem er das „Ruhestandsalter“ erreicht, im Urlaub im dienstlichen Interesse befindet und dass dieser Urlaub eine bestimmte Dauer hat.

59      Nach alledem ist festzustellen, dass der Wortlaut von Art. 42c des Statuts die Auffassung des Klägers bestätigt, wonach der Urlaub im dienstlichen Interesse eine bestimmte Dauer haben muss, was ausschließt, dass die Versetzung in diesen Urlaub gleichzeitig mit der Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen erfolgen kann. Der Ausschluss der Möglichkeit, dass die Versetzung des betreffenden Beamten in Urlaub im dienstlichen Interesse gleichzeitig mit seiner Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen erfolgt, bedeutet in Anbetracht der oben in den Rn. 30 und 50 angeführten Erwägungen, dass Art. 42c des Statuts nicht auf Beamte angewendet werden kann, die – wie der Kläger – das „Ruhestandsalter“ erreicht haben.

60      Es ist zu prüfen, ob diese Schlussfolgerung nicht durch die systematische und teleologische Auslegung von Art. 42c des Statuts entkräftet wird.

 Zur systematischen Auslegung

61      Art. 42c des Statuts gehört zu Kapitel 2 („Dienstrechtliche Stellung“) von Titel III des Statuts. Nach Art. 35 des Statuts, der zu demselben Kapitel gehört, kann sich der Beamte in einer der folgenden dienstrechtlichen Stellungen befinden: aktiver Dienst, Abordnung, Urlaub aus persönlichen Gründen, einstweiliger Ruhestand, Beurlaubung zum Wehrdienst, Elternurlaub und Urlaub aus familiären Gründen, Urlaub im dienstlichen Interesse.

62      Das „[endgültige] Ausscheiden aus dem Dienst“ ist hingegen in Kapitel 4 von Titel III des Statuts geregelt. Art. 47 des Statuts, der zu diesem Kapitel gehört, legt die Fälle fest, in denen der Beamte endgültig aus dem Dienst ausscheidet: Entlassung auf Antrag, Entlassung von Amts wegen, Stellenenthebung aus dienstlichen Gründen, Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen, Entfernung aus dem Dienst, Versetzung in den Ruhestand oder Tod.

63      Während daher der Urlaub im dienstlichen Interesse vom Unionsgesetzgeber als eine „dienstrechtliche Stellung“ konzipiert wurde, in die ein Beamter während seiner Laufbahn bei den Unionsorganen versetzt werden kann, führt die Auffassung, die die Kommission bezüglich der Möglichkeit, Art. 42c des Statuts auf einen Beamten anzuwenden, der das „Ruhestandsalter“ erreicht hat, und damit bezüglich der Möglichkeit vertritt, diesen in Urlaub im dienstlichen Interesse und gleichzeitig von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen, dazu, dass die fragliche Maßnahme von einer „dienstrechtlichen Stellung“ in einen Fall des „endgültigen Ausscheidens aus dem Dienst“ umgewandelt wird. Wie der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter ausgeführt hat, kommt die Anwendung von Art. 42c des Statuts durch die Kommission in der angefochtenen Entscheidung einer „Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen im dienstlichen Interesse“ gegen den Willen des Betroffenen gleich (Beschluss vom 18. Mai 2017, RW/Kommission, T‑170/17 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:351, Rn. 61).

64      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass sich der systematische Standort von Art. 42c des Statuts in Kapitel 2 von Titel III des Statuts kaum mit der oben dargelegten Auffassung der Kommission vereinbaren lässt und jedenfalls die oben in Rn. 59 gezogene Schlussfolgerung nicht entkräftet.

 Zur teleologischen Auslegung

65      Die Kommission macht geltend, die ratio legis von Art. 42c des Statuts bestehe darin, eine optimale Personalverwaltungspolitik sicherzustellen. Diese Vorschrift ermögliche eine bestimmte Flexibilität bei der Verwaltung des Personals, dessen Ruhestand bald oder unmittelbar bevorstehe, und biete den betreffenden Personen eine angemessene Vergütung. Der Unionsgesetzgeber habe nicht beabsichtigt, den Anwendungsbereich des Gesetzes auf Beamte zu beschränken, deren Ruhestand nicht unmittelbar bevorstehe. Die angestrebte Optimierung setze umso mehr ein überaus weites Ermessen voraus, als sie unter Wahrung der Interessen des Beamten erfolge und die Maßnahme vor allem auf Beamte abziele, die bald in den Ruhestand treten würden. Es wäre paradox, wenn die Maßnahme nicht auf Beamte anwendbar wäre, die bereits das Ruhestandsalter erreicht hätten. Die vom Kläger befürwortete enge Auslegung nehme der in Art. 42c des Statuts vorgesehenen Maßnahme einen Teil ihrer Wirksamkeit und ihrer Daseinsberechtigung.

66      Zwar besteht, wie die Kommission unter Berufung auf den siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 zu Recht geltend macht, der Zweck von Art. 42c des Statuts letztlich darin, eine optimale Verwaltung des Personals der Organe sicherzustellen. Wie die Kommission jedoch im Übrigen selbst ausführt, hat der Unionsgesetzgeber dafür Sorge getragen, dass bei der Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse – in den Worten der Kommission – „die Rechte der betroffenen Beamten hinreichend geschützt werden“.

67      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 42c Abs. 7 des Statuts vorsieht, dass der in Urlaub im dienstlichen Interesse versetzte Beamte eine Vergütung erhält, die nach Anhang IV des Statuts berechnet wird. Nach Abs. 1 des einzigen Artikels dieses Anhangs in Verbindung mit Art. 42c des Statuts entspricht diese monatliche Vergütung für die ersten drei Monate der Anwendung der Maßnahme dem Grundgehalt des Beamten. Für den vierten bis sechsten Monat beläuft sie sich auf 85 % des Grundgehalts und anschließend bis zur Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen auf 70 % des Grundgehalts.

68      Da dies eine vom Unionsgesetzgeber vorgesehene Vorschrift ist, die für die betreffenden Beamten die Nachteile einer Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse mildert, ist auch auf Art. 42c Abs. 8 des Statuts zu verweisen, der es dem Beamten im Wesentlichen erlaubt, während des Zeitraums seiner Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse weiterhin Beiträge zum Versorgungssystem zu leisten, um das Ruhegehalt zu erhöhen, das er im Ruhestand erhalten wird.

69      Wäre es zulässig, Art. 42c des Statuts auf einen Beamten anzuwenden, der das „Ruhestandsalter“ erreicht hat und ihn damit gleichzeitig von Amts wegen in den Ruhestand und in Urlaub im dienstlichen Interesse zu versetzen, zöge dieser Beamte keinen Nutzen aus den Bestimmungen in Art. 42c Abs. 7 und 8 des Statuts, da die Dauer des Urlaubs im dienstlichen Interesse Null wäre. Unter diesen Umständen wäre das vom Unionsgesetzgeber im Rahmen des Erlasses von Art. 42c des Statuts angestrebte Gleichgewicht zwischen den Erwägungen zur optimalen Verwaltung des Personals der Organe und denen zum hinreichenden Schutz der Interessen der betreffenden Beamten zum Nachteil letzterer Erwägungen gestört.

70      Im Übrigen ist auch festzustellen, dass die Anstellungsbehörde im Fall einer gleichzeitig mit der Versetzung in Urlaub im dienstlichen Interesse erfolgenden Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen nicht über die in Art. 42c Abs. 4 des Statuts vorgesehene Möglichkeit verfügen würde, den Urlaub im dienstlichen Interesse zu beenden und den Beamten wieder einzuweisen, und sei es auch nur „bei einem Ausnahmezustand“. Der Fall der Gleichzeitigkeit lässt sich daher schlecht mit dieser Vorschrift vereinbaren, da dabei zum einen die Organe dadurch, dass ihnen jegliches Ermessen genommen wird, automatisch ein Instrument der Personalverwaltung verlieren, das in der Wiedereinweisung des betreffenden Beamten in den Dienst besteht, und zum anderen dieser Beamte der Möglichkeit einer solchen Wiedereinweisung beraubt wird.

71      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die teleologische Auslegung von Art. 42c des Statuts nicht die Auffassung der Kommission, sondern vielmehr die oben in Rn. 59 gezogene Schlussfolgerung bestätigt.

72      Nach Auslegung von Art. 42c des Statuts ist demnach festzustellen, dass diese Vorschrift nicht auf Beamte angewendet werden kann, die – wie der Kläger – das „Ruhestandsalter“ im Sinne dieser Vorschrift erreicht haben. Daraus folgt, dass die Kommission durch den Erlass der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage dieser Vorschrift deren Anwendungsbereich verkannt hat. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass der Klagegrund geprüft zu werden braucht, mit dem ein Verstoß gegen die Art. 47 und 52 des Statuts geltend gemacht wird.

 Kosten

73      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

74      Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag des Klägers die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 2. März 2017, mit der RW in Urlaub im dienstlichen Interesse und gleichzeitig von Amts wegen in den Ruhestand versetzt wurde, wird aufgehoben.

2.      Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten von RW einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.

Prek

Buttigieg

Berke

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. Mai 2019.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.