Language of document : ECLI:EU:C:2017:242

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

30. März 2017(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Abfälle – Richtlinie 2008/98/EG – Deckung der Kosten der Abfallbewirtschaftung – Verursacherprinzip – Begriff ‚Abfallbesitzer‘ – Für die Abfallbewirtschaftung geforderte Gebühr – Sondergebühr, die Kapitalinvestitionen finanzieren soll“

In der Rechtssache C‑335/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Općinski sud u Velikoj Gorici (Stadtgericht Velika Gorica, Kroatien) mit Entscheidung vom 3. Juni 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Juni 2016, in dem Verfahren

VG Čistoća d.o.o.

gegen

Đuro Vladika,

Ljubica Vladika

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter J.‑C. Bonichot (Berichterstatter) und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der VG Čistoća d.o.o., vertreten durch Ž. Galeković, direktor,

–        der kroatischen Regierung, vertreten durch T. Galli als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Sanfrutos Cano und M. Mataija als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Verursacherprinzips und von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der VG Čistoća d.o.o., dem städtischen Abfallbewirtschaftungsunternehmen, sowie Herrn Đuro Vladika und Frau Ljubica Vladika, den Nutzern eines Abfallbewirtschaftungsdiensts, wegen der Zahlung von Rechnungen für die Sammlung und Bewirtschaftung von Siedlungsabfällen für den Zeitraum von Oktober 2013 bis September 2014.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Der erste Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/98 lautet:

„Die Richtlinie 2006/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Abfälle [(ABl. 2006, L 114, S. 9)] legt den Rechtsrahmen für den Umgang mit Abfällen in der Gemeinschaft fest. Sie enthält Bestimmungen wichtiger Begriffe wie Abfall, Verwertung und Beseitigung und schafft grundlegende Anforderungen an die Bewirtschaftung von Abfällen, insbesondere eine Genehmigungs- bzw. Registrierungspflicht von Anlagen oder Unternehmen, die Abfallbewirtschaftungsmaßnahmen durchführen, und eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Aufstellung von Abfallbewirtschaftungsplänen. Ferner enthält sie wichtige Grundsätze wie z. B. eine Verpflichtung, mit Abfällen so umzugehen, dass die Umwelt und die menschliche Gesundheit nicht beeinträchtigt werden, sowie einen Aufruf zur Einhaltung der Abfallhierarchie und im Einklang mit dem Verursacherprinzip eine Anforderung, wonach die Kosten der Abfallbeseitigung vom Abfallbesitzer, den früheren Abfallbesitzern oder den Herstellern des Erzeugnisses, von dem der Abfall stammt, zu tragen sind.“

4        Der achte Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/98 sieht vor:

„Es ist somit notwendig, die Richtlinie [2006/12] zu überarbeiten, um die Definition von Schlüsselbegriffen wie Abfall, Verwertung und Beseitigung zu klären, die Maßnahmen zur Abfallvermeidung zu stärken, ein Konzept einzuführen, das den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Stoffen und nicht nur die Abfallphase berücksichtigt, sowie den Schwerpunkt auf die Reduzierung der Umweltauswirkungen von Abfallerzeugung und ‑bewirtschaftung zu setzen, wodurch der wirtschaftliche Wert von Abfall erhöht wird. Darüber hinaus sollten die Verwertung von Abfällen sowie die Verwendung verwerteter Materialien zur Erhaltung der natürlichen Rohstoffquellen gefördert werden. Im Interesse der Klarheit und Lesbarkeit sollte die Richtlinie [2006/12] aufgehoben und durch eine neue Richtlinie ersetzt werden.“

5        Die Erwägungsgründe 25 und 26 der Richtlinie 2008/98 lauten:

„(25) Die Kosten sollten so aufgeschlüsselt werden, dass sie die tatsächlichen Kosten der Abfallerzeugung und ‑bewirtschaftung für die Umwelt widerspiegeln.

(26)      Das Verursacherprinzip gilt als Leitsatz auf europäischer und internationaler Ebene. Abfallerzeuger und Abfallbesitzer sollten die Abfälle so bewirtschaften, dass ein hohes Maß an Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit garantiert ist.“

6        In Art. 3 dieser Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

5.      ‚Abfallerzeuger‘ jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger/Ersterzeuger)[,] oder jede Person, die eine Vorbehandlung, Mischung oder sonstige Behandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirkt;

6.      ‚Abfallbesitzer‘ den Erzeuger der Abfälle oder die natürliche oder juristische Person, in deren Besitz sich die Abfälle befinden;

9.      ‚Abfallbewirtschaftung‘ die Sammlung, den Transport, die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen, einschließlich der Überwachung dieser Verfahren sowie der Nachsorge von Beseitigungsanlagen und einschließlich der Handlungen, die von Händlern oder Maklern vorgenommen werden;

10.      ‚Sammlung‘ das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zwecke des Transports zu einer Abfallbehandlungsanlage;

11.      ‚getrennte Sammlung‘ die Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern;

14.      ‚Behandlung‘ Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung;

17.      ‚Recycling‘ jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfallmaterialien zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden. Es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, aber nicht die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind;

…“

7        In Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 heißt es:

„Die Mitgliedstaaten ergreifen, soweit angemessen, Maßnahmen zur Förderung der Wiederverwendung von Produkten und der Vorbereitung zur Wiederverwendung, insbesondere durch Förderung der Errichtung und Unterstützung von Wiederverwendungs- und Reparaturnetzen sowie durch Einsatz von wirtschaftlichen Instrumenten, Beschaffungskriterien oder quantitativen Zielen oder durch andere Schritte.

Die Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen zur Förderung eines qualitativ hochwertigen Recyclings; hierzu führen sie die getrennten Sammlungen von Abfällen ein, soweit sie technisch, ökologisch und ökonomisch durchführbar und dazu geeignet [sind], die für die jeweiligen Recycling-Sektoren erforderlichen Qualitätsniveaus zu erreichen.

…“

8        Art. 14 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Gemäß dem Verursacherprinzip sind die Kosten der Abfallbewirtschaftung von dem Abfallersterzeuger oder von dem derzeitigen Abfallbesitzer oder den früheren Abfallbesitzern zu tragen.

(2)      Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass die Kosten der Abfallbewirtschaftung teilweise oder vollständig von dem Hersteller des Erzeugnisses, dem der Abfall entstammt, zu tragen sind, und dass die Vertreiber eines derartigen Erzeugnisses sich an diesen Kosten beteiligen.“

9        Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jeder Abfallersterzeuger oder sonstiger Abfallbesitzer die Abfallbehandlung selbst durchführt oder sie durch einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig ist, oder durch einen privaten oder öffentlichen Abfallsammler im Einklang mit den Artikeln 4 und 13 durchführen lässt.“

 Kroatisches Recht

10      In Art. 20 Abs. 1 des Zakon o komunalnom gospodarstvu (Gesetz über die Kommunalwirtschaft) in seiner für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung heißt es:

„Die Gebühr für die Kommunalwirtschaft erlaubt die Finanzierung der Durchführung der folgenden kommunalen Tätigkeiten:

4.      Aufrechterhaltung der Sauberkeit, soweit sie die Sammlung und die Abfuhr von Siedlungsabfällen betrifft,

5.      Deponierung von Siedlungsabfällen

…“

11      Art. 4 des Zakon o održivom gospodarenju otpadom (Gesetz über die nachhaltige Abfallbewirtschaftung) sieht vor:

„(1)      Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet der Ausdruck

10.      ‚Abfallsammlung‘ die Verfahren zur normalen Sammlung und zur Eilsammlung von Abfällen sowie das Verfahren zur Sammlung von Abfällen in einer Recyclinganlage;

39.      ‚Abfallbesitzer‘ den Erzeuger der Abfälle oder die natürliche oder juristische Person, in deren Besitz sich die Abfälle befinden;

48.      ‚Abfallerzeuger‘ jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen und/oder die eine Vorbehandlung, Mischung oder sonstige Behandlung vornimmt, die eine Veränderung der Zusammensetzung oder der Natur dieser Abfälle bewirkt;

…“

12      Nach Art. 6 Abs. 1 dieses Gesetzes beruht die Abfallbewirtschaftung auf der Einhaltung der Grundsätze des nationalen Rechts, des Besitzstands der Union und des Völkerrechts im Bereich des Umweltschutzes und insbesondere auf dem Verursacherprinzip, wonach „der Abfallerzeuger, der frühere Abfallbesitzer oder der Abfallbesitzer die Kosten für die Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung trägt und für die Umsetzung der Maßnahmen, die die Schäden ersetzen sollen, die von diesen verursacht wurden oder worden sein könnten, finanziell verantwortlich ist“.

13      Art. 6 Abs. 2 dieses Gesetzes bestimmt:

„Die Kosten der Abfallbewirtschaftung werden vom Hersteller des Produkts, aus dem der Abfall erzeugt wird, oder vom Abfallerzeuger getragen.“

14      In Art. 28 dieses Gesetzes heißt es:

„(1)      Die Gemeinde ist verpflichtet, in ihrem Gebiet sicherzustellen:

2.      die getrennte Sammlung von Abfällen aus Papier, Metall, Glas, Kunststoff und Textilien sowie von Siedlungssperrmüll;

…“

15      Art. 30 („Öffentliche Dienstleistung der Sammlung von Siedlungsabfällen als Mischung und von biologisch abbaubaren Siedlungsabfällen“) des Gesetzes über die nachhaltige Abfallbewirtschaftung lautet:

„(1)      Die öffentliche Dienstleistung der Sammlung von Siedlungsabfällen als Mischung und von biologisch abbaubaren Abfällen umfasst die Sammlung dieser Abfälle von verschiedenen Nutzern mit Containern in dem betreffenden Dienstleistungsgebiet sowie deren Transport zu der Person, die befugt ist, die Behandlung durchzuführen.

(6)      Der Nutzer der in Abs. 4 dieses Artikels genannten Dienstleistung ist verpflichtet,

3.      die Kosten der Bewirtschaftung der Siedlungsabfälle anteilig entsprechend der Menge der an den Erbringer der Dienstleistung weitergegebenen Abfälle zu tragen.“

16      Art. 33 dieses Gesetzes sieht vor:

„(1)      Der Dienstleistungserbringer ist verpflichtet, die Gebühr der in Art. 30 Abs. 1 dieses Gesetzes genannten öffentlichen Dienstleistung in einer Art und Weise zu berechnen, die die Anwendung des Verursacherprinzips, einen wirtschaftlich lebensfähigen Betrieb und die Sicherheit, Ordnungsmäßigkeit und Qualität der erbrachten Dienstleistung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes gewährleistet …

(2)      Der Dienstleistungserbringer ist verpflichtet, dem Nutzer die in Art. 30 Abs. 1 dieses Gesetzes genannte öffentliche Dienstleistung anteilig entsprechend der Menge der während des Rechnungszeitraums weitergegebenen Abfälle in Rechnung zu stellen, wobei dieses Mengenkriterium auf der Masse der weitergegebenen Abfälle oder dem Volumen der Abfallcontainer und der Zahl der Entleerungen dieser Container gemäß der Entscheidung im Sinne von Art. 30 Abs. 7 dieses Gesetzes beruht.

(4)      Der Dienstleistungserbringer ist verpflichtet, die folgenden Kosten in die Gebühr der in Art. 30 Abs. 1 dieses Gesetzes genannten öffentlichen Dienstleistung einzubeziehen: die Kosten des Erwerbs und der Wartung der Ausrüstung zur Sammlung von Abfällen, die Kosten des Abfalltransports, die Kosten der Abfallbehandlung und die anderen durch die in Art. 29 Abs. 10 dieses Gesetzes genannte Verordnung vorgeschriebenen Kosten.

…“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17      Der Ausgangsrechtsstreit betrifft die Forderung von VG Čistoća gegenüber Herrn und Frau Vladika auf Begleichung der Rechnungen für die Bewirtschaftung des Hausmülls für die Monate Oktober 2013 bis September 2014 in Höhe von monatlich 78,61 kroatischen Kuna (HRK) (etwa 10,54 Euro).

18      Die Beklagten des Ausgangsverfahrens lehnen die Begleichung des Teils der Rechnungen, der der getrennten Müllsammlung, dem Recycling und der Deponierung des widerrechtlich in der Umwelt abgelagerten Mülls entspricht, sowie die Zahlung einer Sondergebühr ab, die von dem Abfallbewirtschaftungsunternehmen im Hinblick auf Recyclingverfahren getätigte Kapitalinvestitionen finanzieren soll. Hingegen verweigern sie nicht die Begleichung des Teils der Rechnungen, der aufgrund der Abfuhr und der Deponierung des tatsächlich erzeugten und abgeführten Mülls geschuldet wird.

19      VG Čistoća erhob Klage beim Općinski sud u Velikoj Gorici (Stadtgericht Velika Gorica, Kroatien), um die Zahlung der von Herrn und Frau Vladika geschuldeten Beträge zu erwirken.

20      Das vorlegende Gericht führt aus, dass die beiden nur über einen 120-Liter-Container verfügten und dass VG Čistoća zur Abrechnung ihrer Abfallbewirtschaftungsdienstleistungen eine monatliche Gebühr für die Müllabfuhr nach Größe der verwendeten Container berechne. Diese Gesellschaft nehme daher eine Abrechnung auf der Grundlage des Volumens der entleerten Container und nicht des Gewichts der tatsächlich von den Beklagten des Ausgangsverfahrens erzeugten Abfälle vor.

21      Zur Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung müsste die Klägerin des Ausgangsverfahrens aber ein Gerät zur Sammlung vorsehen, das die Abrechnung nur der von den Nutzern tatsächlich erzeugten Abfälle erlaube. Zudem müssten den Nutzern besondere Container für das Einsammeln der Abfälle zur Verfügung gestellt werden, die getrennt gesammelt würden (Papier, Kunststoffe, Restmüll). Schließlich dürften die Nutzer nicht verpflichtet werden, für die Recycling-Entsorgung zu zahlen. Dem vorlegenden Gericht stellt sich daher die Frage, ob die Nutzer die Gebühr für alle auf den für die Gemeindeabfallbewirtschaftung ausgestellten Rechnungen angeführten Posten zu entrichten hätten.

22      Vor diesem Hintergrund hat das Općinski sud u Velikoj Gorici (Stadtgericht Velika Gorica) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Wie erfolgt die Abrechnung der Gebühr für die Hausmüllsammlung und ‑abfuhr nach dem Unionsrecht, und wie sehen die Rechnungen für die Sammlung und Abfuhr von Siedlungsabfällen bei Bürgern der Europäischen Union aus, d. h., bezahlen sie die Sammlung und Abfuhr von Siedlungsabfällen nach dem Volumen des entleerten Mülleimers bzw. Behälters oder nach der Menge des abgeführten Mülls, und entrichten sie daneben noch weitere Gebühren?

 Zur Vorlagefrage

23      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 14 und 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die zum einen vorsieht, dass die Nutzer der Abfallbehandlungsdienstleistung eine Gebühr entrichten, die nach dem Volumen des ihnen zur Verfügung gestellten Containers und nicht nach dem Gewicht der tatsächlich abgeführten Abfälle berechnet wird, und zum anderen dass diese Nutzer eine Zusatzgebühr entrichten, deren Aufkommen zur Finanzierung der für die Behandlung der gesammelten Abfälle notwendigen Investitionen bestimmt ist.

24      Nach Art. 14 der Richtlinie 2008/98 und gemäß dem Verursacherprinzip sind die Kosten der Abfallbewirtschaftung von dem Abfallersterzeuger oder von dem derzeitigen Abfallbesitzer oder den früheren Abfallbesitzern zu tragen. Diese finanzielle Verpflichtung obliegt den Abfallbesitzern, weil sie zur Erzeugung der Abfälle beigetragen haben (vgl. entsprechend Urteile vom 24. Juni 2008, Commune de Mesquer, C‑188/07, EU:C:2008:359, Rn. 77, und vom 16. Juli 2009, Futura Immobiliare u. a., C‑254/08, EU:C:2009:479, Rn. 45).

25      Was die Finanzierung der Kosten für die Bewirtschaftung und Beseitigung von Siedlungsabfällen angeht, müssen die Mitgliedstaaten, da es sich um eine Dienstleistung handelt, die kollektiv einer Gesamtheit von „Besitzern“ erbracht wird, nach Art. 15 der Richtlinie 2008/98 grundsätzlich dafür sorgen, dass alle Nutzer dieser Dienstleistung in ihrer Eigenschaft als „Besitzer“ im Sinne von Art. 3 der Richtlinie kollektiv die Gesamtkosten für die Beseitigung dieser Abfälle tragen (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juli 2009, Futura Immobiliare u. a., C‑254/08, EU:C:2009:479, Rn. 46).

26      Beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts gibt es keine auf der Grundlage von Art. 192 AEUV erlassene Regelung, nach der den Mitgliedstaaten eine konkrete Methode zur Finanzierung der Kosten für die Beseitigung von Siedlungsabfällen vorgeschrieben wäre, so dass diese Finanzierung nach Wahl des betreffenden Mitgliedstaats sowohl durch eine Abgabe als auch durch eine Gebühr oder in anderer Weise sichergestellt werden kann. Unter diesen Umständen kann der Rückgriff auf Abrechnungskriterien, die auf das Volumen des den Nutzern zur Verfügung gestellten Containers insbesondere nach Maßgabe der Fläche der von ihnen genutzten Immobilien sowie deren Zweckbestimmung gestützt sind, es ermöglichen, die Kosten für die Beseitigung dieser Abfälle zu ermitteln und sie auf die verschiedenen Besitzer zu verteilen, da dieser Parameter unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der genannten Kosten haben kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, Futura Immobiliare u. a., C‑254/08, EU:C:2009:479, Rn. 48 und 50).

27      Daher kann eine innerstaatliche Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die zur Finanzierung der Bewirtschaftung und Beseitigung von Siedlungsabfällen eine Gebühr vorsieht, die auf der Grundlage der geschätzten Menge anfallender Abfälle und nicht auf der Grundlage des Gewichts der tatsächlich erzeugten und zur Sammlung gegebenen Abfälle berechnet wird, beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts nicht als Verstoß gegen die Art. 14 und 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 angesehen werden (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juli 2009, Futura Immobiliare u. a., C‑254/08, EU:C:2009:479, Rn. 51).

28      Gleiches gilt für die Einführung einer Zusatzgebühr, die die für die Behandlung von Abfällen, einschließlich ihres Recyclings, notwendigen Investitionen finanzieren soll.

29      Gemäß Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 haben die Mitgliedstaaten nämlich die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass sich die Abfallerzeuger kollektiv an den notwendigen Investitionen beteiligen, um die in Art. 11 Abs. 1, Art. 14 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 genannten Ziele zu erfüllen, weil sie zur Erzeugung der Abfälle beigetragen haben (vgl. entsprechend Urteile vom 24. Juni 2008, Commune de Mesquer, C‑188/07, EU:C:2008:359, Rn. 77, und vom 16. Juli 2009, Futura Immobiliare u. a., C‑254/08, EU:C:2009:479, Rn. 46).

30      Zwar verfügen die zuständigen nationalen Behörden auf diesem Gebiet beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts in Bezug auf die Festlegung der Modalitäten für die Gebührenberechnung wie der Kosten der Abfallbewirtschaftung und der im Ausgangsverfahren fraglichen Zusatzgebühr über ein weites Ermessen, jedoch ist es Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der ihm unterbreiteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen, ob die geforderte Gebühr und diese Zusatzgebühr dazu führen, dass bestimmten „Besitzern“ gemessen an der Menge oder der Art der von ihnen voraussichtlich erzeugten Abfälle offensichtlich unverhältnismäßig hohe Kosten auferlegt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juli 2009, Futura Immobiliare u. a., C‑254/08, EU:C:2009:479, Rn. 55 und 56).

31      Zu diesem Zweck sind insbesondere Kriterien zu berücksichtigen, die mit der Art der von den Nutzern genutzten Immobilien, der Fläche und der Zweckbestimmung dieser Immobilien, der Erzeugungskapazität der „Besitzer“ der Abfälle, dem Volumen der den Nutzern zur Verfügung gestellten Container und der Häufigkeit des Einsammelns verbunden sind, da diese Parameter unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Kosten der Abfallbewirtschaftung und ‑beseitigung haben können.

32      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 14 und 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 dahin auszulegen sind, dass sie beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die zur Finanzierung einer Dienstleistung der Bewirtschaftung und Beseitigung von Siedlungsabfällen eine Gebühr vorsieht, die auf der Grundlage der geschätzten Menge der von den Nutzern dieser Dienstleistung herrührenden Abfälle und nicht auf der Grundlage der Menge der von diesen tatsächlich erzeugten und zur Sammlung gegebenen Abfälle berechnet wird, sowie die Zahlung einer Zusatzgebühr durch die Nutzer in ihrer Eigenschaft als Abfallbesitzer, deren Aufkommen zur Finanzierung der für die Behandlung von Abfällen, einschließlich ihres Recyclings, notwendigen Kapitalinvestitionen bestimmt ist. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der ihm unterbreiteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen, ob dies dazu führt, dass bestimmten „Besitzern“ gemessen an der Menge oder der Art der von ihnen voraussichtlich erzeugten Abfälle offensichtlich unverhältnismäßig hohe Kosten auferlegt werden. Dabei kann das nationale Gericht insbesondere Kriterien berücksichtigen, die mit der Art der von den Nutzern genutzten Immobilien, der Fläche und der Zweckbestimmung dieser Immobilien, der Erzeugungskapazität der „Besitzer“, dem Volumen der den Nutzern zur Verfügung gestellten Container und der Häufigkeit des Einsammelns verbunden sind, da diese Parameter unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Kosten der Abfallbewirtschaftung haben können.

 Kosten

33      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 14 und 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien sind dahin auszulegen, dass sie beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die zur Finanzierung einer Dienstleistung der Bewirtschaftung und Beseitigung von Siedlungsabfällen eine Gebühr vorsieht, die auf der Grundlage der geschätzten Menge der von den Nutzern dieser Dienstleistung herrührenden Abfälle und nicht auf der Grundlage der Menge der von diesen tatsächlich erzeugten und zur Sammlung gegebenen Abfälle berechnet wird, sowie die Zahlung einer Zusatzgebühr durch die Nutzer in ihrer Eigenschaft als Abfallbesitzer, deren Aufkommen zur Finanzierung der für die Behandlung von Abfällen, einschließlich ihres Recyclings, notwendigen Kapitalinvestitionen bestimmt ist. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der ihm unterbreiteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen, ob dies dazu führt, dass bestimmten „Besitzern“ gemessen an der Menge oder der Art der von ihnen voraussichtlich erzeugten Abfälle offensichtlich unverhältnismäßig hohe Kosten auferlegt werden. Dabei kann das nationale Gericht insbesondere Kriterien berücksichtigen, die mit der Art der von den Nutzern genutzten Immobilien, der Fläche und der Zweckbestimmung dieser Immobilien, der Erzeugungskapazität der „Besitzer“, dem Volumen der den Nutzern zur Verfügung gestellten Container und der Häufigkeit des Einsammelns verbunden sind, da diese Parameter unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Kosten der Abfallbewirtschaftung haben können.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Kroatisch.