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Rechtsmittel, eingelegt am 17. Dezember 2021 vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum gegen das Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 6. Oktober 2021 in der Rechtssache T-342/20, Indo European Foods/EUIPO

(Rechtssache C-801/21 P)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Rechtsmittelführer: Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (vertreten durch D. Hanf, V. Ruzek, D. Gaja und E. Markakis als Bevollmächtigte)

Andere Parteien des Verfahrens: Indo European Foods Ltd, Hamid Ahmad Chakari

Anträge

Der Rechtsmittelführer beantragt,

das angefochtene Urteil in der Rechtssache T-342/20 insgesamt aufzuheben,

festzustellen, dass sich die beim Gericht erhobene Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 2. April 2020 (Sache R 1079-4) erledigt hat, und

der Klägerin im ersten Rechtszug die dem EUIPO im vorliegenden Rechtsmittelverfahren und im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf einen einzigen Rechtsmittelgrund, mit dem er einen Verstoß gegen das in ständiger Rechtsprechung anerkannte Erfordernis des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses geltend macht und der eine für die Einheit, die Kohärenz und die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwerfe.

Erster Rechtsfehler: Das Gericht habe die in ständiger Rechtsprechung anerkannte grundlegende und eigenständige Prozessvoraussetzung eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses verstoßen, indem es Umstände, die nach der streitigen Entscheidung eingetreten seien, nur deshalb nicht geprüft habe, weil solche Umstände die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung nicht in Frage stellen könnten. Eine solche Auslegung vermenge nicht nur dieses vorprozessuale Erfordernis mit der späteren Prüfung der Rechtmäßigkeit in der Sache. Es nehme auch der Voraussetzung des fortbestehenden Rechtsschutzinteresses ihre eigenständige Funktion.

Zweiter Rechtsfehler: Das Gericht habe folglich das fortbestehende Rechtsschutzinteresse der Klägerin im ersten Rechtszug nicht geprüft. Indem es sich auf die Rechtmäßigkeitskontrolle konzentriert habe, habe das Gericht die Frage dieses zwingenden Erfordernisses unbeantwortet gelassen: Welche Vorteile hätte die Klägerin im ersten Rechtszug aus der Aufhebung der streitigen Entscheidung?

Dritter Rechtsfehler: Das Gericht habe nicht festgestellt, dass die Klägerin im ersten Rechtszug ihrer Verpflichtung, ihr fortbestehendes Rechtsschutzinteresses mit Ablauf des Übergangszeitraums nachzuweisen, nicht nachgekommen sei. Da die angemeldete Marke erst nach Ablauf des Übergangszeitraums eingetragen würde, d. h. zu einem Zeitpunkt, zu dem die einander gegenüberstehenden Marken ihre wesentliche Funktion nicht gleichzeitig1 erfüllen würden (und niemals erfüllt hätten), sei es nicht denkbar, dass es einen zeitlichen und räumlichen Konflikt gebe. Daraus folge, dass die Klägerin im ersten Rechtszug aus dem Verfahren keinen Vorteil habe ziehen können und somit kein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse besitze.

Vierter Rechtsfehler: Das Gericht habe als Folge dieser Fehler gegen Art. 50 Abs. 3 EUV, die Art. 126 und 127 des Austrittsabkommens1 und gegen Art. 72 Abs. 6 der Verordnung 2017/1001 verstoßen, die Ausdruck des fundamentalen Territorialitätsgrundsatzes seien, das dem EUIPO die Verpflichtung auferlege, die Rechtsfolgen des Endes des Übergangszeitraums für die vorliegende Rechtssache nicht zu berücksichtigen.

Das vorliegende Rechtsmittel werfe eine für die Einheit, die Kohärenz und die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage auf. Das angefochtene Urteil schließe sich einer engen Auslegung der Tragweite des horizontalen Erfordernisses des fortbestehenden Rechtsschutzinteresses an. Dieses Erfordernis orientiere sich an der allgemeinen verfahrensrechtlichen Theorie, die den Mitgliedstaaten gemeinsam sei, und die Auslegung durch den Unionsrichter könne die Art und Weise, in der sie von den nationalen Gerichten angewandt werde, erheblich beeinflussen. Das vorliegende Rechtsmittel werfe auch eine wichtige verfahrensrechtliche Frage auf, die keineswegs auf das Recht des geistigen Eigentums beschränkt sei, nämlich die nach den Konsequenzen, die aus der Regel zu ziehen seien, dass sich der Urheber des aufgehobenen Rechtsakts für den Erlass des diesen ersetzenden Rechtsakts auf den Zeitpunkt beziehen müsse, zu dem er ihn erlassen habe. Die Frage des Wegfalls des älteren Rechts während des laufenden Verfahrens habe zu widersprüchlichen Urteilen des Gerichts geführt, doch habe der Gerichtshof auf diese Frage nur kurz in einem mit Gründen versehenen Beschluss eingehen können. Das vorliegende Rechtsmittel werfe auch die allgemeine Frage auf, welche Folgen für die Rechtsordnung der Union der tatsächliche Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union habe.

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1 Art. 11, 51 Abs. 1, Art. 66 Abs. 1 und Art. 71 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1).

1 Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. 2019, C 384 I, S. 1).