Language of document : ECLI:EU:T:2012:202

Rechtssache T-326/11

Brainlab AG

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Gemeinschaftswortmarke BrainLAB – Fehlender Antrag auf Verlängerung der Eintragung der Marke – Löschung der Marke bei Ablauf der Eintragung – Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Art. 81 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsmarke – Verfahrensvorschriften – Zustellung

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 47 Abs. 2; Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1 Regeln 29 und 67)

2.      Gemeinschaftsmarke – Verfahrensvorschriften – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Voraussetzungen – Nach den gegebenen Umständen gebotene Sorgfalt

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 81 Abs. 1)

1.      Hat ein Markeninhaber die Verwaltung seiner Gemeinschaftsmarke einem berufsmäßigen Vertreter anvertraut und dies dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) ordnungsgemäß mitgeteilt, so hat das Amt diese Entscheidung dadurch zu beachten, dass es seine amtlichen Servicemitteilungen an den bestellten Vertreter richtet, um ihm die Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten mit dem höheren Sorgfaltsgrad zu ermöglichen, der ihm als Fachmann obliegt. Insoweit kann sich das Amt nicht auf Art. 47 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke und Regel 29 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke mit dem Argument stützen, dass ihm diese Vorschriften die Unterrichtung des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke, nicht aber die seines bestellten berufsmäßigen Vertreters, über den bevorstehenden Ablauf der Eintragung dieser Marke aufgäben. Mit diesem Argument wird nämlich Regel 67 der Verordnung Nr. 2868/95 verkannt, nach der, wenn ein Vertreter bestellt wurde, alle Zustellungen an ihn zu erfolgen haben.

(vgl. Randnrn. 47-49)

2.      Aus Art. 81 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke ergibt sich, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwei Voraussetzungen unterliegt: Erstens muss der Betroffene mit der unter den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt gehandelt haben, und zweitens muss seine Verhinderung den Verlust eines Rechts oder eines Rechtsbehelfs zur unmittelbaren Folge gehabt haben.

Aus dieser Vorschrift ergibt sich außerdem, dass die Sorgfaltspflicht in erster Linie dem Inhaber der Gemeinschaftsmarke obliegt. Wenn der Inhaber also in Bezug auf die Verlängerung der Marke administrative Aufgaben delegiert, so muss er darauf achten, dass die ausgewählte Person die gebotenen Garantien bietet, um annehmen zu können, dass die genannten Aufgaben ordnungsgemäß durchgeführt werden. Überdies obliegt die Sorgfaltspflicht aufgrund der Beauftragung mit diesen Aufgaben der ausgewählten Person genauso wie dem Inhaber. Da sie nämlich im Namen und für Rechnung des Inhabers auftritt, sind ihre Handlungen wie Handlungen des Markeninhabers anzusehen.

Die in Art. 81 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 stehende Wendung „aller nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt“ erfordert im Fall der Beauftragung eines spezialisierten Vertreters die Einrichtung eines Systems zur internen Kontrolle und Überwachung der Fristen, das – wie in den Richtlinien zu den Verfahren vor dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vorgesehen – die unbeabsichtigte Versäumnis von Fristen generell ausschließt. Daraus folgt, dass allein außergewöhnliche und damit nicht kraft Erfahrung vorhersehbare Umstände eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Folge haben können.

(vgl. Randnrn. 36-38, 41)