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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

20. Juni 2024(*)

Inhaltsverzeichnis


I. Rechtlicher Rahmen

A. Unionsrecht

B. Bulgarisches Recht

II. Vorverfahren

III. Verfahren vor dem Gerichtshof

IV. Zur Klage

A. Zur ersten Rüge: fehlende Ausweisung von besonderen Schutzgebieten

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

B. Zur zweiten Rüge: fehlende Festlegung konkreter und bestimmter Erhaltungsziele für die besonderen Schutzgebiete

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

C. Zur dritten Rüge: fehlende Festlegung der nötigen Erhaltungsmaßnahmen

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

D. Zur vierten Rüge: nicht ordnungsgemäße Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie in nationales Recht

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

Kosten



„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Umwelt – Richtlinie 92/43/EWG – Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – Art. 4 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 – Fehlende Ausweisung besonderer Schutzgebiete sowie fehlende Festlegung von Erhaltungszielen und Erhaltungsmaßnahmen“

In der Rechtssache C‑85/22

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 8. Februar 2022,

Europäische Kommission, vertreten durch C. Hermes und G. Koleva als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Republik Bulgarien, vertreten zunächst durch T. Mitova, E. Petranova und L. Zaharieva, dann durch T. Mitova und L. Zaharieva als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie des Richters J. Passer und der Richterin M. L. Arastey Sahún (Berichterstatterin),

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Republik Bulgarien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) in der durch die Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. 2013, L 158, S. 193) geänderten Fassung (im Folgenden: Habitatrichtlinie) verstoßen hat,

–        dass sie 194 der 229 Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die in die Listen aufgenommen wurden, die mit der Entscheidung 2009/91/EG der Kommission vom 12. Dezember 2008 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung einer zweiten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der alpinen biogeografischen Region (ABl. 2009, L 43, S. 21), der Entscheidung 2009/92/EG der Kommission vom 12. Dezember 2008 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der biogeografischen Schwarzmeerregion (ABl. 2009, L 43, S. 59), der Entscheidung der Kommission 2009/93/EG vom 12. Dezember 2008 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung einer zweiten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region (ABl. 2009, L 43, S. 63) sowie dem Durchführungsbeschluss 2013/23/EU der Kommission vom 16. November 2012 zur Annahme einer sechsten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region (ABl. 2013, L 24, S. 58) (im Folgenden: in Rede stehende Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung) erstellt wurden, nicht so schnell wie möglich – spätestens aber binnen sechs Jahren – als besondere Schutzgebiete ausgewiesen hat,

–        dass sie es systematisch und anhaltend unterlassen hat, konkrete und bestimmte Erhaltungsziele für die in Rede stehenden besonderen Schutzgebiete festzulegen,

–        dass sie es systematisch und anhaltend unterlassen hat, die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I der Habitatrichtlinie und der Arten nach Anhang II dieser Richtlinie entsprechen,

–        und dass sie Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

2        In der Habitatrichtlinie heißt es in den Erwägungsgründen 3 und 8:

„Hauptziel dieser Richtlinie ist es, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern, wobei jedoch die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Anforderungen berücksichtigt werden sollen. Diese Richtlinie leistet somit einen Beitrag zu dem allgemeinen Ziel einer nachhaltigen Entwicklung. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt kann in bestimmten Fällen die Fortführung oder auch die Förderung bestimmter Tätigkeiten des Menschen erfordern.

In jedem ausgewiesenen Gebiet sind entsprechend den einschlägigen Erhaltungszielen die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.“

3        Art. 3 Abs. 1 und 2 der Habitatrichtlinie sieht vor:

„(1)      Es wird ein kohärentes europäisches ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung ‚Natura 2000‘ errichtet. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhang[s] II umfassen, und muss den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleisten.

Das Netz ‚Natura 2000‘ umfasst auch die von den Mitgliedstaaten aufgrund der Richtlinie 79/409/EWG [des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. 1979, L 103, S. 1)] ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete.

(2)      Jeder Staat trägt im Verhältnis der in seinem Hoheitsgebiet vorhandenen in Absatz 1 genannten natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten zur Errichtung von Natura 2000 bei. Zu diese[m] Zweck weist er nach den Bestimmungen des Artikels 4 Gebiete als besondere Schutzgebiete aus, wobei er den in Absatz 1 genannten Zielen Rechnung trägt.“

4        Art. 4 der Habitatrichtlinie bestimmt:

„(1)      Anhand der in Anhang III (Phase 1) festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Informationen legt jeder Mitgliedstaat eine Liste von Gebieten vor, in der die in diesen Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und einheimischen Arten des Anhangs II aufgeführt sind. Bei Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, entsprechen diese Gebiete den Orten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten, welche die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweisen. Für im Wasser lebende Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, werden solche Gebiete nur vorgeschlagen, wenn sich ein Raum klar abgrenzen lässt, der die für das Leben und die Fortpflanzung dieser Arten ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweist. Die Mitgliedstaaten schlagen gegebenenfalls die Anpassung dieser Liste im Lichte der Ergebnisse der in Artikel 11 genannten Überwachung vor.

Binnen drei Jahren nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie wird der Kommission diese Liste gleichzeitig mit den Informationen über die einzelnen Gebiete zugeleitet. Diese Informationen umfassen eine kartografische Darstellung des Gebietes, seine Bezeichnung, seine geografische Lage, seine Größe sowie die Daten, die sich aus der Anwendung der in Anhang III (Phase 1) genannten Kriterien ergeben, und werden anhand eines von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 ausgearbeiteten Formulars übermittelt.

(2)      Auf der Grundlage der in Anhang III (Phase 2) festgelegten Kriterien und im Rahmen der neun in Artikel 1 Buchstabe c) Ziffer iii) erwähnten biogeografischen Regionen sowie des in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gesamtgebietes erstellt die Kommission jeweils im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten aus den Listen der Mitgliedstaaten den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind.

Die Mitgliedstaaten, bei denen Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) und einer oder mehreren prioritären Art(en) flächenmäßig mehr als 5 v. H. des Hoheitsgebiets ausmachen, können im Einvernehmen mit der Kommission beantragen, dass die in Anhang III (Phase 2) angeführten Kriterien bei der Auswahl aller in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung flexibler angewandt werden.

Die Liste der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewählt wurden und in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind, wird von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 festgelegt.

(3)      Die in Absatz 2 erwähnte Liste wird binnen sechs Jahren nach Bekanntgabe dieser Richtlinie erstellt.

(4)      Ist ein Gebiet aufgrund des in Absatz 2 genannten Verfahrens als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bezeichnet worden, so weist der betreffende Mitgliedstaat dieses Gebiet so schnell wie möglich – spätestens aber binnen sechs Jahren – als besonderes Schutzgebiet aus und legt dabei die Prioritäten nach Maßgabe der Wichtigkeit dieser Gebiete für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eines natürlichen Lebensraumtyps des Anhangs I oder einer Art des Anhangs II und für die Kohärenz des Netzes Natura 2000 sowie danach fest, inwieweit diese Gebiete von Schädigung oder Zerstörung bedroht sind.

(5)      Sobald ein Gebiet in die Liste des Absatzes 2 Unterabsatz 3 aufgenommen ist, unterliegt es den Bestimmungen des Artikels 6 Absätze 2, 3 und 4.“

5        Art. 6 Abs. 1 bis 3 der Habitatrichtlinie bestimmt:

„(1)      Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.

(3)      Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.“

B.      Bulgarisches Recht

6        Art. 8 des Zakon za biologichnoto raznoobrazie (Gesetz über die biologische Vielfalt) (DV Nr. 77 vom 9. August 2002) in seiner auf den Sachverhalt des vorliegenden Falls anwendbaren Fassung (im Folgenden: ZBR) sieht vor:

„(1)      Das Ministerium für Umwelt und Gewässer gewährleistet im Hinblick auf die in Art. 7 genannten Gebiete die Untersuchung, Bewertung und Ausarbeitung von Unterlagen, die Folgendes enthalten:

1.      die Bezeichnung,

2.      den Gegenstand und die Erhaltungsziele des geschützten Gebiets,

4.      ausgefüllte Standardformulare mit Daten und Bewertungen,

5.      kartografisches Material und eine Aufstellung der Koordinaten der Grenzen des geschützten Gebiets.

(2)      Vorschläge für Untersuchungsgebiete nach Abs. 1 können von nationalen Stellen sowie öffentlichen und wissenschaftlichen Organisationen unterbreitet werden.

(3)      Das Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, die Exekutivagentur für Wälder, die Agentur für Geodäsie, Kartografie und Kataster sowie die Gemeinden stellen dem Ministerium für Umwelt und Gewässer die in Abs. 1 Nr. 5 genannten Daten gegen Erstattung allein der Ausgaben für Kopien der entsprechenden Unterlagen zur Verfügung.

(4)      Das Ministerium für Umwelt und Gewässer informiert die Öffentlichkeit und die mit der Durchführung der Untersuchung nach Abs. 2 beauftragten Organisationen über den Beginn der Untersuchung durch eine auf seiner Internetseite und in mindestens einer Tageszeitung veröffentlichte Bekanntmachung.“

7        Art. 12 ZBR bestimmt:

„(1)      Das Ministerium für Umwelt und Gewässer erstellt einen Verordnungsentwurf zur Ausweisung jedes in der Liste nach Art. 10 Abs. 4 aufgeführten geschützten Gebiets.

(2)      Der Verordnungsentwurf nach Abs. 1 enthält folgende Angaben:

1.      die Grundlage für seinen Erlass,

2.      die Bezeichnung und den Standort des geschützten Gebiets,

3.      den Gegenstand und die Ziele des geschützten Gebiets,

4.      die Gesamtfläche sowie eine Beschreibung der in dem geschützten Gebiet enthaltenen Güter und/oder eine Aufstellung der Koordinaten der Grenzen des geschützten Gebiets,

5.      die Verbote oder Beschränkungen von Tätigkeiten, die im Widerspruch zu den Erhaltungszielen für das geschützte Gebiet stehen.

(3)      Das Ministerium für Umwelt und Gewässer informiert die Öffentlichkeit über den ausgearbeiteten Verordnungsentwurf durch eine mindestens in einer Tageszeitung und auf seiner Internetseite veröffentlichte Bekanntmachung. Aus der Bekanntmachung geht hervor, wo und unter welchen Voraussetzungen der Text des Verordnungsentwurfs vollständig eingesehen werden kann.

(4)      Der vollständige Text des Verordnungsentwurfs wird auf der Internetseite des Ministeriums für Umwelt und Gewässer veröffentlicht und ist in den Verwaltungsgebäuden der regionalen Umwelt- und Gewässerinspektionen, die für das geschützte Gebiet örtlich zuständig sind, zugänglich.

(5)      Innerhalb eines Monats nach der in Abs. 3 genannten Bekanntmachung können interessierte Personen ausschließlich in Bezug auf die Verbote oder Beschränkungen nach Abs. 2 Nr. 5 beim Minister für Umwelt und Gewässer schriftlich Stellungnahmen, Vorbehalte und Vorschläge zu dem Verordnungsentwurf einreichen.

(6)      Innerhalb eines Monats nach Ablauf der in Abs. 5 vorgesehenen Frist trifft der Minister für Umwelt und Gewässer eine endgültige Entscheidung über die abgegebenen Stellungnahmen, Vorbehalte und Vorschläge und erlässt eine Verordnung zur Ausweisung des betreffenden geschützten Gebiets.

(7)      Die Verordnung nach Abs. 6 ist endgültig und nicht anfechtbar.“

8        In Art. 19 ZBR heißt es:

„(1)      Besteht die Gefahr einer Verschlechterung der in die Liste nach Art. 10 Abs. 2 aufgenommenen Gebiete vor ihrer Ausweisung als Schutzgebiete, untersagt oder beschränkt der Minister für Umwelt und Gewässer durch im Amtsblatt veröffentlichte Verordnung spezifische Tätigkeiten in diesen Gebieten für einen Zeitraum von höchstens zwei Jahren, außer in den der nationalen Verteidigung und den Streitkräften zur Verfügung gestellten Gebieten.

(2)      Ein Rechtsbehelf gegen die Verordnung nach Abs. 1 setzt deren Vollziehung nicht aus.“

9        In Art. 27 ZBR heißt es:

„Für die Schutzgebiete nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 können Bewirtschaftungspläne ausgearbeitet werden.“

10      Art. 29 ZBR sieht vor:

„(1)      Die Bewirtschaftungspläne nach Art. 27 enthalten Maßnahmen, um die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie die Gefährdung und Störung der Arten, zu deren Erhaltung die betreffenden Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden.

(2)      Die in Abs. 1 genannten Maßnahmen umfassen Folgendes:

1.      ein Verbot oder eine Beschränkung von Tätigkeiten, die im Widerspruch zu den Erhaltungserfordernissen der betreffenden geschützten Gebiete stehen,

2.      Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung vorhersehbarer nachteiliger Ereignisse,

3.      Unterstützungs‑, Orientierungs- und Regulierungsmaßnahmen,

4.      die Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten oder Populationen von Tier- und Pflanzenarten,

5.      die Durchführung von wissenschaftlichen Forschungen, Bildungs- und Folgemaßnahmen.

(3)      Bei der Festlegung der in Abs. 2 genannten Maßnahmen wird so weit wie möglich Folgendes berücksichtigt:

1.      die regionalen und lokalen Besonderheiten, mit Ausnahme derjenigen, die die Erhaltung der Artenvielfalt betreffen, sowie die gesellschaftlichen Anforderungen,

2.      die nachhaltige Nutzung erneuerbarer Ressourcen.

(4)      In geschützten Gebieten, für die eine Kofinanzierung gemäß Art. 10 Abs. 6 vorgesehen ist und für die Maßnahmen gemäß Abs. 1 festgelegt wurden, deren Durchführung jedoch aufgrund von Verzögerungen bei der Kofinanzierung aufgeschoben wurde, werden keine neuen Maßnahmen durchgeführt, die zur Verschlechterung des betreffenden geschützten Gebiets führen könnten.“

11      Art. 30 ZBR bestimmt:

„(1)      Entwicklungspläne, regionale Entwicklungspläne für Waldgebiete, Waldpläne und ‑programme, nationale und regionale Programme, die aufgrund anderer Gesetze ausgearbeitet wurden, müssen den in Art. 12 Abs. 6 und Art. 16 Abs. 4 genannten Verordnungen sowie den in Art. 29 genannten Maßnahmen entsprechen.

(2)      Um die Verbindungen zwischen geschützten Gebieten zu gewährleisten, umfassen die in Abs. 1 genannten Pläne und Projekte Maßnahmen und Schutzmaßnahmen für Landschaftselemente, die aufgrund ihrer linearen und kontinuierlichen Struktur oder einer Verbindungsfunktion für die Migration, die geografische Verteilung und den genetischen Austausch von Populationen und Pflanzen- und Tierarten von Bedeutung sind.“

12      In Art. 35 ZBR heißt es:

„Die wildlebenden Pflanzen‑, Tier- und Pilzarten der Republik Bulgarien werden in ihrer natürlichen Umgebung geschützt durch:

1.      die Erhaltung ihrer Lebensräume im nationalen ökologischen Netz,

2.      die Unterstellung der Art unter eine Regelung zum Schutz oder zur regulierten Verwendung,

3.      die Wahrung oder Wiederherstellung der Lebensbedingungen entsprechend den ökologischen Erfordernissen der betreffenden Arten,

4.      die Ausarbeitung und Durchführung von Maßnahmenplänen für Arten mit unterschiedlichem Bedrohungsgrad,

5.      die Wiederansiedlung verschwundener Arten und die Wiederherstellung von Populationen seltener und bedrohter Arten,

6.      die Kontrolle und Regulierung nicht heimischer Arten, die absichtlich oder versehentlich in die Natur eingeführt werden oder werden könnten und die einheimischen Arten bedrohen.“

13      In Art. 115 ZBR heißt es:

„(1)      Der Minister für Umwelt und Gewässer

1.      setzt die Politik des Staates zum Schutz und zur Wahrung der biologischen Vielfalt um;

4.      richtet das nationale ökologische Netz ein und verwaltet es;

6.      koordiniert die Tätigkeiten der anderen Ministerien, Dezernate, Gemeinden, öffentlichen Organisationen, wissenschaftlichen und akademischen Einrichtungen im Bereich der Erhaltung der biologischen Vielfalt;

7.      organisiert die Kontrolle der Tätigkeiten von Eigentümern oder Nutzern von Flächen, Waldgebieten und Wasserkörpern des nationalen ökologischen Netzes;

9.      arbeitet die Mechanismen zur Förderung der Tätigkeiten von Eigentümern oder Nutzern, Nichtregierungsorganisationen, Verbänden und anderen Organisationen zur Erhaltung, Wahrung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt aus und setzt sie um;

…“

14      Art. 118 Abs. 1 ZBR sieht vor:

„Das Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, das Ministerium für regionale Entwicklung und öffentliche Arbeiten und die anderen nationalen Einrichtungen und ihre Unterabteilungen sowie die Gemeinden im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten

1.      führen Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt durch;

2.      beziehen die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die nachhaltige Bewirtschaftung der biologischen Ressourcen in alle Pläne, Projekte, Programme, Politiken und Strategien in dem entsprechenden Sektor ein, wobei vor allem Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt im Einklang mit den in diesem Gesetz festgelegten Prioritäten, der nationalen Strategie und dem nationalen Plan zur Erhaltung der biologischen Vielfalt zu berücksichtigen sind;

…“

15      Art. 119 Abs. 1 ZBR bestimmt:

„Das Ministerium für Umwelt und Gewässer, das Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, die Gemeinden sowie natürliche und juristische Personen – Eigentümer und Nutzer von Waldgebieten, Flächen und Wasserkörpern des nationalen ökologischen Netzes – sorgen für deren Bewirtschaftung und Schutz gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes und anderer spezieller Gesetze.“

II.    Vorverfahren

16      Mit den Entscheidungen 2009/91, 2009/92 und 2009/93 sowie mit dem Durchführungsbeschluss 2013/23 erstellte die Kommission Listen von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der alpinen biogeografischen Region, der biogeografischen Schwarzmeerregion und der kontinentalen biogeografischen Region. Diese Listen wurden durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2375 der Kommission vom 26. November 2015 zur Annahme einer dritten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der biogeografischen Schwarzmeerregion (ABl. 2015, L 338, S. 938) und durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/43 der Kommission vom 12. Dezember 2017 zur Annahme der elften aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region (ABl. 2018, L 15, S. 397) aktualisiert.

17      Die Sechsjahresfrist für die Ausweisung dieser Gebiete als besondere Schutzgebiete gemäß Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie lief für die von den Entscheidungen 2009/91, 2009/92 und 2009/93 erfassten Gebiete am 12. Dezember 2014 und für die vom Durchführungsbeschluss 2013/23 erfassten Gebiete am 16. November 2018 ab.

18      Mit Schreiben vom 5. Oktober 2016 forderte die Kommission die Republik Bulgarien auf, ihr die Maßnahmen mitzuteilen, die zur Ausweisung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung als besondere Schutzgebiete gemäß Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie und zur Festlegung der nötigen Erhaltungsmaßnahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie getroffen worden seien.

19      In Anbetracht der Antwort, die sie am 14. Dezember 2016 von der Republik Bulgarien erhielt, gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass dieser Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen aus den genannten Bestimmungen verstoßen habe, und übersandte daher ihm am 25. Januar 2019 ein Aufforderungsschreiben.

20      In ihrer Antwort vom 21. Mai 2019 auf dieses Aufforderungsschreiben legten die bulgarischen Behörden den neuen Ansatz für die Verwaltung von geschützten Gebieten im Rahmen von Natura 2000 ausführlich dar. Sie wiesen insoweit darauf hin, dass ein Dokument ausgearbeitet werde, um eine Methode zur Festlegung von Erhaltungszielen für diese Gebiete zu definieren.

21      Am 18. Mai 2020 unterrichteten diese Behörden die Kommission unter anderem über die Fortschritte bei der Ausarbeitung dieses Dokuments und der Ausweisung von besonderen Schutzgebieten.

22      Nach Prüfung dieser von der Republik Bulgarien übermittelten Informationen gab die Kommission gemäß Art. 258 Abs. 1 AEUV eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, die dieser Mitgliedstaat am 2. Juli 2020 erhielt und in der sie ihn aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der Habitatrichtlinie nachzukommen. In dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme warf die Kommission diesem Mitgliedstaat vor, dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie verstoßen zu haben, dass er

–        207 der 229 in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nicht innerhalb der vorgesehenen Frist als besondere Schutzgebiete ausgewiesen habe,

–        es systematisch und anhaltend unterlassen habe, konkrete und bestimmte Erhaltungsziele für die in Rede stehenden besonderen Schutzgebiete festzulegen,

–        es systematisch und anhaltend unterlassen habe, die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I der Habitatrichtlinie und der Arten nach Anhang II dieser Richtlinie entsprächen, und

–        Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie nicht ordnungsgemäß in bulgarisches Recht umgesetzt habe.

23      Die Frist, um der mit Gründen versehenen Stellungnahme nachzukommen, wurde auf den 2. Oktober 2020 festgesetzt.

24      Mit Schreiben vom 29. September 2020 antwortete die Republik Bulgarien auf diese mit Gründen versehene Stellungnahme.

25      Da die Kommission nach Prüfung dieser Antwort der bulgarischen Behörden und der anderen verfügbaren Informationen der Ansicht war, dass die Republik Bulgarien nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um ihren Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie nachzukommen, erhob sie am 8. Februar 2022 die vorliegende Klage.

III. Verfahren vor dem Gerichtshof

26      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 21. Februar 2023 ist das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zur Verkündung des Urteils vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑116/22, EU:C:2023:687), ausgesetzt worden.

27      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. September 2023 ist das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache wiederaufgenommen worden.

28      Mit Schreiben vom 1. Dezember 2023 hat der Gerichtshof die Republik Bulgarien und die Kommission aufgefordert, sich zu den Auswirkungen der Urteile vom 29. Juni 2023, Kommission/Irland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑444/21, EU:C:2023:524), und vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑116/22, EU:C:2023:687), auf die vorliegende Rechtssache zu äußern.

29      In Beantwortung dieses Schreibens hat die Kommission mit Schreiben vom 15. Dezember 2023 ausgeführt, dass sie in ihrer Klageschrift auf die Erfordernisse der Konkretheit und der Bestimmtheit der Erhaltungsziele hingewiesen habe, da diese erstens für das betreffende besondere Schutzgebiet spezifisch sein, zweitens alle Arten und Lebensraumtypen von gemeinschaftlicher Bedeutung erfassen, drittens die verschiedenen betroffenen Lebensraumtypen und Arten klar bezeichnen, viertens den von den Lebensraumtypen und Arten des betreffenden Gebiets zu erreichenden Zustand klar angeben und fünftens quantifizierbar und messbar sein müssten.

30      Nach Ansicht der Kommission ist das Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑116/22, EU:C:2023:687), für die vorliegende Rechtssache nicht einschlägig, da es keine näheren Angaben zu diesen Erfordernissen der Konkretheit und der Bestimmtheit der Erhaltungsziele enthalte.

31      In Bezug auf das Erfordernis der Quantifizierung und Messbarkeit der Erhaltungsziele hat die Kommission darauf hingewiesen, dass sie in ihrer Klageschrift die Auffassung vertreten habe, dass die von der Republik Bulgarien in elf im Zeitraum von 2015 bis 2019 erlassenen Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete sowie in 25 im Jahr 2020 erlassenen Verordnungen zur Ausweisung solcher Gebiete festgelegten Erhaltungsziele weder konkret für die betreffenden besonderen Schutzgebiete noch hinreichend bestimmt seien, da sie weder quantifizierbar noch messbar seien; zudem genügten sie nicht den anderen vom Gerichtshof geforderten Anforderungen an die Konkretheit.

32      Zur Stützung der Rüge, dass die Republik Bulgarien systematisch und anhaltend unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 4 bzw. Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie keine Erhaltungsziele sowie Erhaltungsmaßnahmen festgelegt habe, habe die Kommission repräsentative Beispiele angeführt, da sich die Klageschrift auf alle Erhaltungsziele sowie alle Erhaltungsmaßnahmen beziehe, die die Republik Bulgarien bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist festgelegt und erlassen habe.

33      Die Kommission ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ihre im Rahmen der vierten Rüge angeführte Auslegung von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie mit den Urteilen vom 29. Juni 2023, Kommission/Irland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑444/21, EU:C:2023:524), und vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑116/22, EU:C:2023:687), im Einklang stehe.

34      Mit Schreiben vom 18. Dezember 2023 hat die Republik Bulgarien geltend gemacht, dass sie hinsichtlich der Ausweisung der besonderen Schutzgebiete nicht in der Lage sei, den Schutz, der den in Rede stehenden Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung durch die bulgarischen Rechtsvorschriften gewährt werde, mit den nationalen Regelungen zu vergleichen, auf die sich die Urteile vom 29. Juni 2023, Kommission/Irland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑444/21, EU:C:2023:524), und vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑116/22, EU:C:2023:687), bezögen.

35      Sie hat jedoch darauf hingewiesen, dass die in Art. 4 Abs. 4 und Art. 6 der Habitatrichtlinie vorgesehenen Anforderungen gemäß den bulgarischen Rechtsvorschriften für alle in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung de facto umgesetzt worden seien.

36      In Bezug auf die Festlegung der Erhaltungsziele hat die Republik Bulgarien ausgeführt, dass sie im Unterschied zu den Beklagten in den Rechtssachen, in denen diese Urteile ergangen seien, im schriftlichen Verfahren vorgetragen habe, dass in ihrem Fall Erhaltungsziele für alle in Rede stehenden besonderen Schutzgebiete fristgerecht festgelegt worden seien.

37      Sie hat klargestellt, dass im Hinblick auf die Urteile vom 29. Juni 2023, Kommission/Irland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑444/21, EU:C:2023:524), und vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland (Schutz der besonderen Schutzgebiete) (C‑116/22, EU:C:2023:687), der Ansatz der Kommission hinsichtlich der Art und Weise der Festlegung dieser Erhaltungsziele ihrer Ansicht nach zu formal sei, da er die Vielfalt der Arten und Lebensräume sowie die besonderen Umstände des jeweiligen Mitgliedstaats außer Acht lasse.

38      In Bezug auf die Festlegung der Erhaltungsmaßnahmen wies die Republik Bulgarien darauf hin, dass sie spezielle Maßnahmen, einschließlich aktiver Maßnahmen, erlassen habe, die sich auf bestimmte Gruppen von Arten und Lebensräumen bezögen, wobei sie die insoweit relevanten Dokumente vorgelegt habe.

39      Die Kommission habe allerdings zu diesen Dokumenten nicht Stellung genommen, gleichzeitig aber allgemein behauptet, dass die Praxis der Republik Bulgarien nicht der Habitatrichtlinie entspreche, ohne diese Behauptung jedoch mit konkreten Beweisen zu untermauern.

IV.    Zur Klage

A.      Zur ersten Rüge: fehlende Ausweisung von besonderen Schutzgebieten

1.      Vorbringen der Parteien

40      In ihrer Klageschrift wirft die Kommission der Republik Bulgarien vor, dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie verstoßen zu haben, dass sie 194 der 229 in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung – für die von den Entscheidungen 2009/91, 2009/92 und 2009/93 erfassten Gebiete nicht vor dem 12. Dezember 2014 und für die vom Durchführungsbeschluss 2013/23 erfassten Gebiete nicht vor dem 16. November 2018 – als besondere Schutzgebiete ausgewiesen habe.

41      Die Kommission trägt vor, die Sechsjahresfrist, über die die Mitgliedstaaten verfügten, um den Anforderungen von Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie nachzukommen, sei ausreichend lang, um wirksame nationale Maßnahmen zu ergreifen, die die Verwaltung des Netzes Natura 2000 erlaubten, und um die diesbezüglichen Zuständigkeiten der nationalen und regionalen Behörden festzulegen.

42      Vor dem Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, d. h. dem 2. Oktober 2020, habe die Republik Bulgarien lediglich 35 der 229 in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung als besondere Schutzgebiete ausgewiesen. 150 zusätzliche Gebiete seien durch nach diesem Datum veröffentlichte Verordnungen als besondere Schutzgebiete ausgewiesen worden, so dass die Anzahl der noch als besondere Schutzgebiete auszuweisenden Gebiete bei 44 liege.

43      In ihrer Klagebeantwortung erwidert die Republik Bulgarien, der Minister für Umwelt und Gewässer habe vor dem 31. März 2021 die Verordnungen zur Ausweisung aller bis dahin nicht ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete erlassen, für die keine Anpassung der räumlichen Grenzen erforderlich gewesen sei. Die Republik Bulgarien räumt jedoch ein, dass bis zu diesem Tag noch keine Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete für 44 der Gebiete erlassen worden seien, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssache seien, da die räumlichen Grenzen dieser Gebiete geändert werden müssten, nachdem Ungenauigkeiten im Hinblick auf ihre Erhaltungsziele festgestellt worden seien.

44      Die Republik Bulgarien fügt hinzu, dass die nationalen Rechtsvorschriften geeignete Mechanismen des vorbeugenden Schutzes für die Zeit vor der amtlichen Veröffentlichung der Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete vorsähen. So müsse beispielsweise nach Art. 8 Abs. 1 ZBR die Dokumentation jedes für die Ausweisung als besonderes Schutzgebiet vorgeschlagenen Gebiets den Namen, den Gegenstand und die Erhaltungsziele für das betreffende Gebiet, das Standardformular mit Daten und Bewertungen, das kartografische Material und das Verzeichnis der Koordinaten der räumlichen Grenzen des betreffenden Gebiets enthalten. Außerdem legt die Republik Bulgarien Daten vor, die ihrer Ansicht nach den zufriedenstellenden Schutzzustand der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in Bulgarien belegen.

45      In ihrer Erwiderung hebt die Kommission insbesondere hervor, dass der Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vor ihrer Ausweisung als besondere Schutzgebiete den betreffenden Mitgliedstaat nicht von seiner Verpflichtung nach Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie befreie, eine solche Ausweisung vorzunehmen.

46      In ihrer Gegenerwiderung räumt die Republik Bulgarien die Verzögerung bei der amtlichen Veröffentlichung der allgemeinen Rechtsakte der Verwaltung zur Ausweisung der besonderen Schutzgebiete ein, macht aber geltend, nach den nationalen Rechtsvorschriften sei die Umsetzung der in Art. 4 Abs. 4 und Art. 6 der Habitatrichtlinie vorgesehenen Anforderungen für alle in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung sichergestellt worden, da der Gegenstand und die Erhaltungsziele dieser Gebiete durch die in Art. 8 Abs. 1 ZBR vorgesehene Dokumentation festgelegt worden seien.

47      Hervorzuheben sei, dass der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Ausweisung der besonderen Schutzgebiete für die Mitgliedstaaten höher sei, die wie die Republik Bulgarien durch eine erhebliche Größe des Netzes der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im Hinblick auf ihr Staatsgebiet sowie durch eine große Zahl von in diesen Gebieten geschützten Arten und natürlichen Lebensraumtypen gekennzeichnet seien. Außerdem sei die biologische Vielfalt in diesen Staaten besser geschützt, da diese ihren Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 der Habitatrichtlinie stärker nachgekommen seien.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

48      Nach Art. 3 Abs. 2 der Habitatrichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, im Verhältnis der in ihrem Hoheitsgebiet vorhandenen natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie und Habitate der Arten ihres Anhangs II zur Errichtung von Natura 2000 beizutragen und zu diesem Zweck nach den Bestimmungen von Art. 4 der Richtlinie im Anschluss an das in der Richtlinie vorgesehene Verfahren Gebiete als besondere Schutzgebiete auszuweisen (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 26).

49      Das Verfahren der Ausweisung von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung als besondere Schutzgebiete gemäß dem genannten Art. 4 der Habitatrichtlinie läuft in vier Stufen ab. Nach Art. 4 Abs. 1 legt jeder Mitgliedstaat eine Liste von Gebieten vor, in der die dort vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen und einheimischen Arten aufgeführt sind, und leitet sie der Kommission zu (erste Stufe). Nach Art. 4 Abs. 2 erstellt die Kommission im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten aus deren Listen den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (zweite Stufe). Auf der Grundlage dieses Entwurfs legt die Kommission die Liste der ausgewählten Gebiete fest (dritte Stufe). Ist ein Gebiet als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bezeichnet worden, weist der betreffende Mitgliedstaat es nach Art. 4 Abs. 4 so schnell wie möglich, spätestens aber binnen sechs Jahren, als besonderes Schutzgebiet aus und legt dabei die Prioritäten nach Maßgabe der Wichtigkeit dieser Gebiete für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands eines natürlichen Lebensraumtyps oder einer Art und für die Kohärenz des Netzes Natura 2000 fest (vierte Stufe) (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Die Republik Bulgarien bestreitet nicht, dass sie bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, d. h. am 2. Oktober 2020, nicht alle in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung formal als besondere Schutzgebiete ausgewiesen hat. Sie beruft sich jedoch darauf, dass die anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften trotz des Fehlens dieser formalen Ausweisung geeignete Mechanismen des vorbeugenden Schutzes für die Zeit vor der amtlichen Veröffentlichung der Verordnungen zur Ausweisung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung als besondere Schutzgebiete vorsähen.

51      Insoweit ist hervorzuheben, dass mehrere Mitgliedstaaten ein ähnliches Argument im Rahmen von Vertragsverletzungsklagen vorgebracht haben, die zur Verurteilung dieser Staaten geführt haben, nämlich die Portugiesische Republik (Urteil vom 5. September 2019, Kommission/Portugal [Ausweisung und Schutz von besonderen Schutzgebieten], C‑290/18, EU:C:2019:669, Rn. 31, 35 und 37), Irland (Urteil vom 29. Juni 2023, Kommission/Irland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑444/21, EU:C:2023:524, Rn. 46 bis 56) und die Bundesrepublik Deutschland (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 30 bis 37).

52      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die Bestimmungen einer Richtlinie mit unbestreitbarer Verbindlichkeit und mit der Konkretheit, Bestimmtheit und Klarheit umgesetzt werden, die notwendig sind, um den Erfordernissen der Rechtssicherheit zu genügen (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Der Umstand, dass die nationalen Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung Schutz gewähren, ist nicht geeignet, diesen Staat von seiner in Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie vorgesehenen speziellen Verpflichtung zu entbinden, diese Gebiete formal als besondere Schutzgebiete auszuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Juni 2023, Kommission/Irland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑444/21, EU:C:2023:524, Rn. 51, und vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 33).

54      Eine solche Ausweisung stellt nämlich einen unerlässlichen Schritt im Rahmen der in der Richtlinie vorgesehenen Regelung zum Schutz der Lebensräume und Arten dar (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Republik Bulgarien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie verstoßen hat, dass sie 194 der in Rede stehenden 229 Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nicht so schnell wie möglich und innerhalb der in dieser Bestimmung genannten Höchstfrist von sechs Jahren als besondere Schutzgebiete ausgewiesen hat.

B.      Zur zweiten Rüge: fehlende Festlegung konkreter und bestimmter Erhaltungsziele für die besonderen Schutzgebiete

1.      Vorbringen der Parteien

56      In ihrer Klageschrift wirft die Kommission der Republik Bulgarien vor, dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie verstoßen zu haben, dass sie es systematisch und anhaltend unterlassen habe, hinreichend konkrete und bestimmte Erhaltungsziele für jedes besondere Schutzgebiet festzulegen.

57      Dieses Organ ist der Ansicht, dass die Verpflichtung, innerhalb der in dieser Bestimmung genannten Sechsjahresfrist für jedes besondere Schutzgebiet Erhaltungsziele festzulegen, die für jedes dieser Gebiete und für die verschiedenen Arten von Lebensräumen und Arten spezifisch, erschöpfend, quantifiziert und messbar sein müssten, auf dem Urteil vom 17. Dezember 2020, Kommission/Griechenland (C‑849/19, EU:C:2020:1047, Rn. 46 bis 52), beruhe.

58      Die Kommission macht insbesondere geltend, dass die Republik Bulgarien im Zeitraum von 2015 bis 2019 elf Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete erlassen habe, in denen unter Verstoß gegen die Anforderungen, die sich aus dem in der vorstehenden Randnummer genannten Urteil ergäben, für jedes Gebiet identische Erhaltungsziele angegeben seien, die zu allgemein gefasst seien.

59      Die 25 im Jahr 2020 erlassenen Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete seien zu allgemein gefasst und beschränkten sich darauf, die Erhaltung und Wahrung der natürlichen Lebensräume und gegebenenfalls eine Verbesserung des Zustands der in Rede stehenden Lebensräume und/oder Arten vorzusehen.

60      Die Kommission antwortet außerdem auf das Vorbringen der Republik Bulgarien im Vorverfahren, wonach die Erhaltungsziele für die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die nicht als besondere Schutzgebiete ausgewiesen worden seien, in gemäß der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. 2010, L 20, S. 7) in der durch die Richtlinie 2013/17 geänderten Fassung (im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie) erlassenen Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete, wobei die räumlichen Grenzen der besonderen Schutzgebiete denen der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung entsprächen, oder in der auf der Internetseite des Ministeriums für Umwelt und Gewässer veröffentlichten Dokumentation zu jedem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt worden seien.

61      Hierzu stellt die Kommission fest, dass die Erhaltungsziele für die Lebensräume von Vögeln nicht als spezifisch für andere Arten als Vogelarten und nur unter die Habitatrichtlinie fallende Lebensraumtypen angesehen werden könnten und dass jedenfalls die von der Republik Bulgarien für die besonderen Schutzgebiete festgelegten Erhaltungsziele allgemein gefasst seien und daher nicht den Anforderungen an die Konkretheit und Bestimmtheit dieser Ziele genügten.

62      In Bezug auf das Dokument über die Methode zur Festlegung der Erhaltungsziele für geschützte Gebiete im Rahmen von Natura 2000, das, wie in Rn. 20 des vorliegenden Urteils erwähnt, von den bulgarischen Behörden im Stadium des Vorverfahrens ausgearbeitet wurde, ist die Kommission der Ansicht, dass dieses Dokument, da es „informativ“ und „konsultativ“ sei, die konkreten und bestimmten Erhaltungsziele der in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung weder festlege noch prüfe, sondern sich darauf beschränke, Hinweise zur Festlegung künftiger Erhaltungsziele zu geben.

63      In ihrer Klagebeantwortung erwidert die Republik Bulgarien, dass die Habitatrichtlinie keine Anforderungen an die Konkretheit und die Messbarkeit der Erhaltungsziele der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung festlege.

64      Insoweit hindere die Beachtung des allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit die Kommission daran, an die Mitgliedstaaten Anforderungen zu stellen, die über diejenigen hinausgingen, die in der Habitatrichtlinie ausdrücklich, klar und präzise vorgesehen seien.

65      Nach Ansicht der Republik Bulgarien verpflichtet der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17. Dezember 2020, Kommission/Griechenland (C‑849/19, EU:C:2020:1047), auf das die Kommission in ihrer Klageschrift Bezug nehme, die Mitgliedstaaten nicht, die Erhaltungsziele quantifizierbar festzulegen.

66      Die Republik Bulgarien ist der Ansicht, dass sie – entgegen dem Vorbringen der Kommission – im Vorverfahren nicht geltend gemacht habe, dass die für die besonderen Schutzgebiete festgelegten Erhaltungsziele für wildlebende Vogelarten für die von der Habitatrichtlinie erfassten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung einschlägig seien. Dies gelte nämlich nicht für die Erhaltungsziele, sondern für die Erhaltungsmaßnahmen.

67      Außerdem seien in Bulgarien die Erhaltungsziele für die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im ZBR, genauer gesagt in den in Art. 8 Abs. 1 ZBR genannten Dokumenten, in den Rechtsakten der Verwaltung und in den insoweit maßgeblichen Dokumenten vorgesehen. Weiterhin habe dieser Mitgliedstaat der Kommission die ordnungsgemäß ausgefüllten Standardformulare im Sinne dieser Bestimmung übermittelt, die für jedes Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung die spezifischen quantitativen und qualitativen Bewertungen der Lebensräume und Arten enthielten.

68      Des Weiteren werde das in Rn. 20 des vorliegenden Urteils erwähnte Dokument über die Methode zur Festlegung der Erhaltungsziele für geschützte Gebiete im Rahmen von Natura 2000 derzeit auf der Internetseite des bulgarischen Informationssystems über die Gebiete des Natura-2000-Netzes veröffentlicht.

69      Die Republik Bulgarien fügt hinzu, dass sie seit Erhalt des Aufforderungsschreibens der Kommission mehrere Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete erlassen habe, die den von der Kommission festgelegten Anforderungen entsprächen. Diese Verordnungen sähen die spezifischen Erhaltungsziele für die in Rede stehenden besonderen Schutzgebiete vor und machten sie somit verbindlich.

70      Um der von der Kommission geltend gemachten Anforderung zu genügen, diese Erhaltungsziele detailliert zu formulieren, müssten Daten aus systematischen Studien, die einen erheblichen Zeitraum abdeckten und die Entwicklung des Zustands der Arten und die wichtigsten sie beeinträchtigenden Faktoren belegten, vorliegen. Die Lücken bei den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die in der Zeit vor 2007 gesammelt worden seien, könnten aber nicht kurzfristig geschlossen werden.

71      In ihrer Erwiderung macht die Kommission geltend, dass die in der Verwaltungspraxis der bulgarischen Behörden zu allgemein gefassten Erhaltungsziele nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Gerichtshofs genügten.

72      Die Republik Bulgarien habe in ihrer Klagebeantwortung nicht nachgewiesen, dass die von ihr festgelegten Erhaltungsziele hinreichend präzise seien. Dieser Mitgliedstaat habe sich nämlich darauf beschränkt, zahlreiche Schriftstücke zu zitieren, die in den Anlagen zu seiner Klagebeantwortung wiedergegeben seien. Es sei aber weder Sache der Kommission noch des Gerichtshofs, solche Anlagen zu prüfen, sofern ihr Inhalt in der Klagebeantwortung nicht hinreichend dargelegt sei.

73      Zu den von der Republik Bulgarien vorgelegten Standardformularen, wie sie in Rn. 67 des vorliegenden Urteils erwähnt sind, trägt die Kommission vor, dass sie eine Beschreibung des tatsächlichen Zustands der in Rede stehenden besonderen Schutzgebiete enthielten, ohne jedoch den Zustand genauer darzulegen, den die Arten und Lebensraumtypen in diesen Gebieten erreichen müssten. Daher können diese Formulare die Erhaltungsziele für diese Gebiete, die ein Mitgliedstaat festlegen müsse, nicht ausgleichen.

74      Was das von der Republik Bulgarien geltend gemachte Fehlen ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse betrifft, die nicht kurzfristig nachgeholt werden könnten, erinnert die Kommission unter Verweis auf das Urteil vom 12. November 2019, Kommission/Irland (Windfarm Derrybrien) (C‑261/18, EU:C:2019:955, Rn. 89), daran, dass sich die Mitgliedstaaten nicht auf Bestimmungen, Praktiken oder Umstände ihrer internen Rechtsordnung berufen könnten, um die Nichteinhaltung der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen zu rechtfertigen.

75      Die Kommission räumt ein, dass dynamische natürliche Prozesse in den in Rede stehenden besonderen Schutzgebieten manchmal eine Anpassung der Erhaltungsziele sowie der Erhaltungsmaßnahmen für diese Gebiete erfordern könnten. Die Mitgliedstaaten könnten es indessen nicht vermeiden, solche Anpassungen vorzunehmen, indem sie sich darauf beschränkten, sehr allgemeine Erhaltungsziele festzulegen.

76      In ihrer Gegenerwiderung weist die Republik Bulgarien darauf hin, dass die allgemeinen Ziele der Gebiete des Natura-2000-Netzes bereits in Art. 5 ZBR vorgesehen seien, wonach die besonderen Schutzgebiete zum Schutz oder zur Wiederherstellung des günstigen Zustands der sich in diesen Gebieten befindlichen natürlichen Lebensräume sowie der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet bestimmt seien.

77      Zu den in den Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete angegebenen Erhaltungszielen führt dieser Mitgliedstaat beispielhaft die in der Verordnung zur Ausweisung des Gebiets „BG0000119 ‚Trite bratiya‘“ vorgesehenen Ziele an.

78      Die Republik Bulgarien ist der Ansicht, dass die Anforderungen der Kommission an die Konkretheit und Bestimmtheit der Erhaltungsziele unverhältnismäßig seien, da die Wiederherstellung des Status der natürlichen Lebensraumtypen und Arten ein komplexer und dynamischer Prozess sei, der bedeutende Ressourcen und eine nachhaltige Überwachung erfordere.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

79      Zunächst ist daran zu erinnern, dass zwar in Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie nicht ausdrücklich von einer Verpflichtung zur Festlegung von Erhaltungszielen die Rede ist. Die Bestimmung verlangt jedoch, dass die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats bei der Ausweisung des besonderen Schutzgebiets die Prioritäten nach Maßgabe der Wichtigkeit der Gebiete für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands eines Lebensraumtyps festlegen. Die Festlegung dieser Prioritäten setzt allerdings voraus, dass die Erhaltungsziele zuvor festgelegt wurden (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Die festgelegten Ziele dürfen nicht allgemein formuliert werden, sondern müssen spezifisch und konkret sein, um als „Erhaltungsziele“ im Sinne der Habitatrichtlinie angesehen zu werden (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 107 und 114 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

81      Die Erhaltungsziele müssen folglich anhand von Informationen festgelegt werden, die auf einer wissenschaftlichen Prüfung der Situation der Arten und ihrer Lebensräume in einem bestimmten Gebiet beruhen. Da nämlich nach Art. 4 Abs. 1 der Habitatrichtlinie im Verfahren zur Ausweisung von Gebieten als besondere Schutzgebiete die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Gebiete anhand der in Anhang III der Richtlinie festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Informationen bestimmt werden müssen, können solche Informationen auch gewährleisten, dass die Erhaltungsziele konkret und bestimmt sind (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 115).

82      Außerdem müssen die von einem Mitgliedstaat festgelegten Erhaltungsziele zwar die Überprüfung ermöglichen, ob mit den auf ihnen beruhenden Erhaltungsmaßnahmen der gewünschte Erhaltungszustand des betreffenden Gebiets erreicht werden kann, doch ist die Notwendigkeit, diese Ziele quantitativ und messbar zu formulieren, in jedem Einzelfall zu prüfen, und in ihr kann keine allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten gesehen werden (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 116).

83      Der quantitative und messbare Ansatz zur Festlegung von Erhaltungszielen kann sich nämlich für bestimmte komplexe Lebensräume und bestimmte Schutzgebiete mit dynamischem Charakter, deren Elemente sich in Abhängigkeit von externen Umweltfaktoren erheblich verändern oder eine starke Wechselwirkung mit anderen Lebensräumen und Schutzgebieten aufweisen, als ungeeignet erweisen (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 117).

84      Daher hat die Kommission grundsätzlich den Nachweis zu erbringen, dass der betreffende Mitgliedstaat in jedem konkreten Fall die Erhaltungsziele in quantitativer und messbarer Weise formulieren muss, um den gewünschten Erhaltungszustand des fraglichen Gebiets sicherzustellen (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 118).

85      Außerdem kann sich die Kommission in Anbetracht ihrer Pflicht zum Nachweis der behaupteten Vertragsverletzung nicht mittels des Vorwurfs, der betreffende Mitgliedstaat habe generell und anhaltend seine unionsrechtlichen Pflichten verletzt, der Pflicht entledigen, die gerügte Vertragsverletzung anhand konkreter, den Verstoß gegen die von ihr angeführten spezifischen Bestimmungen kennzeichnender Anhaltspunkte nachzuweisen, und sich auf bloße Vermutungen oder schematische Kausalzusammenhänge stützen (Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Im vorliegenden Fall hat die Kommission zwar konkrete Beispiele für Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete angeführt, in denen die Erhaltungsziele für die in Rede stehenden Lebensräume und Arten nicht hinreichend konkret und bestimmt für die in Rede stehenden besonderen Schutzgebiete formuliert zu sein scheinen.

87      Zum einen hat die Kommission diese Beispiele jedoch nur angeführt, um die allgemeine und strukturelle Praxis der Republik Bulgarien zu illustrieren, die ihrer Auffassung nach gegen Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie verstößt.

88      Die Kommission hat aber in ihrer Klageschrift nicht die Feststellung durch den Gerichtshof beantragt, dass die Republik Bulgarien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dieser Bestimmung verstoßen hat, dass für die Lebensräume und Arten, die in den von den der Kommission zur Veranschaulichung in der Klage genannten Verordnungen geregelten Gebieten vorkommen, keine konkreten und bestimmten, quantitativen und messbaren Erhaltungsziele festgelegt wurden.

89      Zum anderen bezieht sich die vorliegende Klage auf eine große Anzahl von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der alpinen, der Schwarzmeer- und der kontinentalen biogeografischen Region, die durch eine erhebliche Vielfalt von Arten und Lebensräumen gekennzeichnet sind.

90      Unter diesen Umständen musste die Kommission nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dartun, dass die Beispiele, die sie zur Stützung der Rüge angeführt hat, mit der die Feststellung einer allgemeinen und strukturellen Verletzung der Verpflichtungen aus der Habitatrichtlinie begehrt wird, für sämtliche in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung repräsentativ sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission weder in der Klageschrift noch in ihrer Erwiderung mit hinreichend präzisen, klaren und detaillierten Argumenten und Daten rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die von ihr zur Veranschaulichung der allgemeinen und strukturellen Praxis der Republik Bulgarien angeführten Beispiele der Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete, in denen die Erhaltungsziele der in Rede stehenden Lebensräume und Arten nicht quantitativ und messbar formuliert seien, für sämtliche in Rede stehenden besonderen Schutzgebiete repräsentativ sind.

92      Daher ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

C.      Zur dritten Rüge: fehlende Festlegung der nötigen Erhaltungsmaßnahmen

1.      Vorbringen der Parteien

93      In ihrer Klageschrift macht die Kommission geltend, die Republik Bulgarien habe systematisch und anhaltend gegen ihre Verpflichtung aus Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie verstoßen, die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II dieser Richtlinie entsprächen, die in diesen Gebieten vorkämen.

94      Konkret ist die Kommission der Ansicht, dass diese Situation darauf zurückzuführen sei, dass die Republik Bulgarien keine konkreten und bestimmten Erhaltungsziele für die in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt habe. Insoweit müssten diese Erhaltungsmaßnahmen, wie sich aus dem Urteil vom 17. Dezember 2020, Kommission/Griechenland (C‑849/19, EU:C:2020:1047, Rn. 85), ergebe, auf Erhaltungszielen beruhen, die speziell für das in Rede stehende besondere Schutzgebiet bestimmt seien.

95      Die Republik Bulgarien habe im Rahmen des Vorverfahrens eingeräumt, dass sich die gesetzgeberischen Arbeiten verzögert hätten, mit denen die diese Erhaltungsmaßnahmen enthaltenden örtlichen Bewirtschaftungspläne verbindlich gemacht werden sollten.

96      Zu den in den elf zwischen 2015 und 2019 erlassenen Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete vorgesehenen Erhaltungsmaßnahmen trägt die Kommission vor, diese Verordnungen beträfen nur elf der 229 Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, zu deren Schutz die Republik Bulgarien verpflichtet sei. Außerdem seien für die meisten dieser Gebiete aktive Maßnahmen erforderlich, die speziell auf jede der verschiedenen Arten und jeden der verschiedenen Lebensraumtypen, die sich in einem ungünstigen Erhaltungszustand befänden, ausgerichtet seien, um die vorgesehenen Ziele zu erreichen. Die aktiven Maßnahmen seien aber anhand der bestimmten Erhaltungsziele festzulegen, die für jedes in Rede stehende Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung spezifisch seien und in diesen Verordnungen fehlten.

97      Was die Schutzmaßnahmen betrifft, die die Republik Bulgarien im Hinblick auf die besonderen Schutzgebiete gemäß der Vogelschutzrichtlinie erlassen habe, sei einzuräumen, dass bestimmte für Vogelarten festgelegte Maßnahmen, insbesondere Erhaltungsmaßnahmen, zwar mittelbar auch für die Arten und Lebensräume von Nutzen sein könnten, die gemäß der Habitatrichtlinie im Rahmen von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung geschützt seien. Dieser Umstand könne die bulgarischen Behörden jedoch nicht von ihrer Verpflichtung entbinden, die nötigen Erhaltungsmaßnahmen für alle in der Habitatrichtlinie vorgesehenen Arten und Lebensraumtypen zu ergreifen, die in den in Rede stehenden Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung geschützt seien.

98      Zu den von der Republik Bulgarien im Vorverfahren angeführten verschiedenen Verwaltungs- und Rechtsakten sowie anderen strategischen Dokumenten, in denen nach Ansicht dieses Mitgliedstaats Maßnahmen aufgeführt seien, die einen Zusammenhang mit der Erhaltung, Wahrung oder Wiederherstellung des Zustands der Lebensräume und Arten in den in Rede stehenden Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung aufwiesen, vertritt die Kommission die Auffassung, dass diese Maßnahmen, die zu allgemein und lückenhaft seien, keine Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie darstellten.

99      Auch die von der Republik Bulgarien im Mai 2020 übermittelten neuen Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete genügten nicht den Anforderungen dieser Bestimmung. Diese Verordnungen, die sich darauf beschränkten, Empfehlungen vorzusehen, beträfen nämlich nur die Bewirtschaftung von Anbauflächen und Grünland und gäben nicht an, von wem, wann und auf welcher Fläche sie umzusetzen seien.

100    In ihrer Klagebeantwortung erwidert die Republik Bulgarien, dass die von ihr erlassenen Erhaltungsmaßnahmen vollständig, klar und präzise seien und dass sie im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs wirksam umgesetzt worden seien. Diese Maßnahmen würden anhand der ökologischen Erfordernisse der in Rede stehenden Arten und natürlichen Lebensraumtypen definiert.

101    In einer Reihe von Fällen, in denen sich die räumlichen Grenzen der in der Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen besonderen Schutzgebiete mit denen der von der Habitatrichtlinie erfassten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung überschnitten, trügen die in Bezug auf die besonderen Schutzgebiete bereits verfügten Verbote und Beschränkungen zur Einhaltung der Erhaltungsziele der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bei.

102    In diesem Zusammenhang führt die Republik Bulgarien einige Beispiele für Erhaltungsmaßnahmen an, die für bestimmte besondere Schutzgebiete spezifisch seien, nämlich insbesondere diejenigen, die im ZBR, in den bulgarischen Rechtsvorschriften über die Jagd und den Wildschutz, die Raumordnung der Schwarzmeerküste, die Fischerei und die Aquakultur sowie in den nationalen Rechtsvorschriften über die Waldbewirtschaftung vorgesehen seien. Außerdem seien durch eine Verordnung des Ministers für Landwirtschaft und Ernährung vom 23. Februar 2015 nationale Vorschriften für einen guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand eingeführt worden. Sie seien sowohl auf Süßwasser- und Küstenlebensräume und die damit verbundenen Arten als auch auf eine Reihe von Grünland- und Halbwiesenformationen und die damit verbundenen Arten anwendbar.

103    Die Republik Bulgarien macht geltend, die Kommission habe einige der im Rahmen des Vorverfahrens genannten Maßnahmen außerhalb des Gesamtkontexts der bulgarischen Rechtsvorschriften und der Gesamtheit der verschiedenen Dokumente, die die Maßnahmen zum Schutz der besonderen Schutzgebiete erläuterten, selektiv ausgelegt. Die verschiedenen Rechts- und Verwaltungsakte sowie die Planungs‑, Arbeits- und Strategieunterlagen seien in dieser Hinsicht insoweit aber ebenfalls relevant. Wenn diese Akte und Dokumente in ihrer Gesamtheit für ein bestimmtes Schutzgebiet betrachtet würden, erstrecke sich ihre Anwendung auf alle Arten der Nutzung des in Rede stehenden Gebiets, was sowohl Verbote und Beschränkungen von Tätigkeiten als auch aktive Maßnahmen zur Bewirtschaftung der in Rede stehenden Gebiete betreffe.

104    Außerdem bezögen sich die Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete auf Rechts- und Verwaltungsakte, Planungs‑, Arbeits- und Strategieunterlagen, die Maßnahmen zur Erreichung der Erhaltungsziele der in Rede stehenden besonderen Schutzgebiete vorsähen. Die in diesen Verordnungen empfohlenen Maßnahmen könnten auch als freiwillige vertragliche Maßnahmen umgesetzt werden, wie dies in anderen Mitgliedstaaten in Bezug auf die Verwaltung des Natura-2000-Netzes der Fall sei.

105    In ihrer Erwiderung macht die Kommission geltend, sie sei mangels klarer Argumente und genauer Verweise in der Klagebeantwortung der Republik Bulgarien nicht in der Lage, zu überprüfen, ob die zahlreichen Anlagen zu dieser Klagebeantwortung das Vorbringen dieses Mitgliedstaats stützen könnten, wonach dessen Praxis den Anforderungen von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie entspreche.

106    Sämtliche in Rechts- und Verwaltungsakten verstreuten Maßnahmen sowie die zahlreichen Strategie‑, Planungs- und Arbeitsunterlagen stünden nicht im Zusammenhang mit den in Rede stehenden besonderen Schutzgebieten und ihren spezifischen Erhaltungszielen.

107    Die Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie müssten im Rahmen besonderer Schutzgebiete festgelegt und umgesetzt werden und auf den jeweils gebietsspezifischen Erhaltungszielen beruhen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. September 2019, Kommission/Portugal [Ausweisung und Schutz von besonderen Schutzgebieten], C‑290/18, EU:C:2019:669, Rn. 52, und vom 17. Dezember 2020, Kommission/Griechenland, C‑849/19, EU:C:2020:1047, Rn. 85).

108    In ihrer Gegenerwiderung weist die Republik Bulgarien darauf hin, dass es sich bei den Fällen, in denen Erhaltungsmaßnahmen nicht mit der Ausweisung eines bestimmten Gebiets in Zusammenhang stünden, im Allgemeinen um Fälle handele, in denen diese Maßnahmen für alle Gebiete oder für alle diejenigen Gebiete, in denen ein bestimmter natürlicher Lebensraumtyp oder eine bestimmte Art geschützt sei, getroffen würden.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

109    Es ist festzustellen, dass, wie die Kommission im Rahmen ihrer zweiten Rüge vorgetragen hat, diese in ihrer Klageschrift in Bezug auf die dritte Rüge nicht behauptet, dass die Republik Bulgarien es unterlassen habe, Erhaltungsmaßnahmen für die in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, d. h. die von ihrer ersten Rüge erfassten spezifischen Gebiete, festzulegen, sondern sich in den Anträgen der Klageschrift darauf beschränkt, diesem Mitgliedstaat einen „systematischen und anhaltenden“ Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie vorzuwerfen.

110    Außerdem beschränkt sich die Kommission, wie im Rahmen der zweiten Rüge, hinsichtlich der dritten Rüge darauf, auf einige Beispiele für von den bulgarischen Behörden erlassene Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete zu verweisen, um einen systematischen und anhaltenden Verstoß der Republik Bulgarien gegen diese Bestimmung zu veranschaulichen.

111    Folglich ist davon auszugehen, dass die Kommission entgegen der in Rn. 90 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die Repräsentativität dieser Beispiele nicht nachgewiesen und keine spezifischen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder konkreten besonderen Schutzgebiete angeführt hat.

112    Die dritte Rüge ist daher zurückzuweisen.

D.      Zur vierten Rüge: nicht ordnungsgemäße Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie in nationales Recht

1.      Vorbringen der Parteien

113    In ihrer Klageschrift wirft die Kommission der Republik Bulgarien vor, dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie verstoßen zu haben, dass nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats die Festlegung von Erhaltungsmaßnahmen fakultativ sei.

114    Aus dem Urteil vom 10. Mai 2007, Kommission/Österreich (C‑508/04, EU:C:2007:274, Rn. 76 und 87), gehe jedoch hervor, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, solche Maßnahmen zu ergreifen.

115    Die Kommission macht insbesondere geltend, dass nach Art. 27 ZBR „Bewirtschaftungspläne ausgearbeitet werden [können]“. Zwar sähen die Art. 12 und 19 ZBR vor, dass bei einer Gefahr einer Verschlechterung von geschützten Gebieten Verbote oder Beschränkungen von Tätigkeiten erlassen werden könnten, die den Erhaltungszielen dieser Gebiete zuwiderliefen. Die Verpflichtung zum Erlass der nötigen Erhaltungsmaßnahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie könne sich jedoch nicht nur auf die zu erlassenden Verbote und Beschränkungen erstrecken und müsse in bestimmten Fällen die Festlegung aktiver Erhaltungsmaßnahmen umfassen.

116    Art. 118 ZBR sehe vor, dass die Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt im Einklang mit den Prioritäten stehen müssten, die in diesem Gesetz, im Rahmen der nationalen Strategie und im nationalen Plan zur Erhaltung der biologischen Vielfalt festgelegt seien. Dieser Artikel enthalte jedoch keine Bezugnahme auf Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art. 29 ZBR.

117    In ihrer Klagebeantwortung bestreitet die Republik Bulgarien nicht, dass nach Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie in jedem Fall Erhaltungsmaßnahmen festzulegen seien, da sich der in dieser Bestimmung enthaltene Ausdruck „gegebenenfalls“ nur auf Bewirtschaftungspläne beziehe und nicht als allgemeine Beschränkung der Verpflichtung zur Festlegung geeigneter rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Maßnahmen verstanden werden könne.

118    Unter Verweis auf die Urteile vom 14. Februar 2012, Flachglas Torgau (C‑204/09, EU:C:2012:71, Rn. 60 und 61), sowie vom 24. Oktober 2013, Kommission/Spanien (C‑151/12, EU:C:2013:690, Rn. 27 und 28), macht dieser Mitgliedstaat jedoch geltend, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 288 Abs. 3 AEUV bei der Umsetzung einer Richtlinie über ein weites Ermessen in Bezug auf die Wahl der Mittel und Methoden zu ihrer Umsetzung verfügten. Somit verlange die Umsetzung einer Richtlinie nicht unbedingt eine gesetzgeberische Maßnahme in jedem Mitgliedstaat.

119    Diesbezüglich macht die Republik Bulgarien geltend, Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie sei mit den Art. 12, 19, 27, 29, 30 und 118 ZBR umgesetzt worden.

120    Art. 12 ZBR lege die Anforderungen fest, die Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete zu erfüllen hätten. So würden ab der Ausweisung des fraglichen besonderen Schutzgebiets Erhaltungsmaßnahmen getroffen.

121    Art. 19 ZBR sehe Maßnahmen zum Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vor, bevor sie als besondere Schutzgebiete ausgewiesen würden. Verbote oder Beschränkungen könnten auch vor der Ausweisung eines solchen Gebiets verhängt werden, wenn die Gefahr einer Schädigung des betreffenden Gebiets bestehe. Diese Verbote und Beschränkungen stellten Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie dar.

122    Die Republik Bulgarien fügt hinzu, dass gemäß Art. 27 ZBR Bewirtschaftungspläne für die besonderen Schutzgebiete ausgearbeitet werden könnten und dass Art. 29 ZBR die in die Bewirtschaftungspläne aufzunehmenden Maßnahmen vorsehe.

123    Wie sich aus Art. 30 ZBR ergebe, müssten Raumentwicklungspläne, regionale Entwicklungspläne für Waldgebiete, Waldpläne und ‑programme sowie nationale und regionale Programme, die aufgrund anderer Gesetze ausgearbeitet würden, den Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete und den in den Bewirtschaftungsplänen vorgesehenen Maßnahmen entsprechen.

124    Nach Art. 118 Abs. 1 Nr. 2 ZBR seien die Erhaltungsmaßnahmen im Sinne der Habitatrichtlinie in allen Plänen, Projekten, Programmen, Politiken und Strategien in dem entsprechenden Sektor anzugeben.

125    So sähen die bulgarischen Rechtsvorschriften nicht nur Rechtsinstrumente vor, die die Erhaltung der geschützten Gebiete im Rahmen von Natura 2000 gewährleisteten, sondern auch ausdrückliche Bestimmungen, die die zuständigen Behörden verpflichteten, die genannten Instrumente in den in der Habitatrichtlinie vorgesehenen Fällen und nach den dort festgelegten Kriterien anzuwenden.

126    Hinsichtlich der aktiven Erhaltungsmaßnahmen verweist die Republik Bulgarien auf Art. 115 Abs. 1 Nr. 9 ZBR, wonach der Minister für Umwelt und Gewässer Mechanismen zur Förderung der Tätigkeiten von Eigentümern oder Nutzern, Nichtregierungsorganisationen, Verbänden und anderen Organisationen zur Erhaltung, Wahrung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt ausarbeiten und umsetzen müsse. Außerdem führt dieser Mitgliedstaat Beispiele für solche in Anwendung der bulgarischen Rechtsvorschriften festgelegten Maßnahmen an.

127    In ihrer Erwiderung trägt die Kommission vor, die Art. 12 und 19 ZBR beträfen nur bestimmte Arten von Erhaltungsmaßnahmen, nämlich Verbote und Beschränkungen, nicht aber proaktive Erhaltungsmaßnahmen. Die Art. 27 und 29 ZBR sähen nur die Möglichkeit der Ausarbeitung von Bewirtschaftungsplänen vor, nicht aber die verpflichtende Einführung von Erhaltungsmaßnahmen für alle Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung. Art. 30 und Art. 118 Abs. 1 ZBR führten bestimmte Anforderungen für bestimmte Arten von Plänen und Programmen ein, mit denen die durch Natura 2000 auferlegten Verpflichtungen nicht umgesetzt würden, wobei diese Anforderungen keine vollständigen Erhaltungsmaßnahmen für alle im Rahmen von Natura 2000 geschützten Gebiete umfassten.

128    Die Art. 115 und 118 sowie Art. 119 Abs. 1 ZBR, auf die die Republik Bulgarien in ihrer Klagebeantwortung Bezug nehme, bestimmten die Befugnisse der verschiedenen Stellen in Bezug auf die Biodiversitätspolitik, sähen aber weder die Festlegung noch die Anwendung der nötigen Erhaltungsmaßnahmen in allen besonderen Schutzgebieten vor.

129    In ihrer Gegenerwiderung antwortet die Republik Bulgarien, dass in der bulgarischen Rechtsordnung die Verwaltungsbehörden die Freiheit besäßen, die zur Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtungen am besten geeigneten Mittel zu wählen.

130    Dieser Mitgliedstaat beruft sich auch auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere auf das Urteil vom 3. April 2014, Cascina Tre Pini (C‑301/12, EU:C:2014:214, Rn. 40 bis 41), wonach die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet werde, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sei, den innerstaatlichen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlasse.

131    Nach den Bestimmungen des ZBR sei der Erlass von Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete im Sinne von Art. 12 ZBR keine Befugnis, sondern eine Verpflichtung der zuständigen Verwaltungsbehörden, und zwar für alle diese Gebiete. Diese Behörden seien auch verpflichtet, in ihren Verordnungen den Gegenstand und die Erhaltungsziele des fraglichen besonderen Schutzgebiets sowie die Verbote oder Beschränkungen von Handlungen, die diesen Zielen zuwiderliefen, anzugeben.

132    Neben Raumentwicklungsplänen, regionalen Entwicklungsplänen für Waldgebiete sowie Plänen und Programmen des Forstsektors sehe Art. 30 Abs. 1 ZBR vor, dass alle nationalen und regionalen Programme, die auf der Grundlage anderer Gesetze als des ZBR ausgearbeitet würden, den Verordnungen zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete sowie deren etwaigen Änderungen entsprechen müssten.

133    Die Republik Bulgarien fügt hinzu, Art. 35 ZBR sehe den Erlass bestimmter Maßnahmen zur Erhaltung der Arten vor und bestimme speziell, dass wildlebende Pflanzen‑, Tier- und Pilzarten in ihrer natürlichen Umgebung u. a. durch die Erhaltung ihrer Lebensräume im nationalen ökologischen Netz, durch die Unterstellung von Arten unter eine Regelung zum Schutz oder zur regulierten Verwendung und durch die Wahrung oder Wiederherstellung der Lebensbedingungen entsprechend den ökologischen Erfordernissen der betreffenden Arten geschützt würden.

134    Schließlich sähen die nationalen Rechtsvorschriften über Gewässer die zwingende Einführung von Maßnahmen zur Erreichung der Erhaltungsziele der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vor. Wie sich aus dieser Regelung ergebe, müssten die Bewirtschaftungspläne für Gewässereinzugsgebiete Maßnahmen vorsehen, die es ermöglichten, die Erhaltungsziele solcher Gebiete auf der Grundlage der nach dieser Regelung erforderlichen Analysen zu erreichen. Diese Maßnahmen seien nicht auf Verbote oder Beschränkungen von Tätigkeiten begrenzt.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

135    Nach Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, für jedes besondere Schutzgebiet die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen, die den ökologischen Erfordernissen der in Anhang I der Richtlinie aufgeführten natürlichen Lebensraumtypen und der in ihrem Anhang II aufgeführten Arten entsprechen, die in dem betreffenden Gebiet vorkommen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 143 und die dort angeführte Rechtsprechung).

136    Die Erhaltungsmaßnahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie dürfen sich grundsätzlich nicht auf Abwehrmaßnahmen gegenüber externen, vom Menschen verursachten Beeinträchtigungen und Störungen beschränken. Sie müssen, soweit erforderlich, auch positive proaktive Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines Erhaltungszustands des Gebiets umfassen (Urteil vom 29. Juni 2023, Kommission/Irland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑444/21, EU:C:2023:524, Rn. 150).

137    Zu dem für die Erfüllung dieser Verpflichtungen nötigen nationalen rechtlichen Rahmen ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Habitatrichtlinie mit unbestreitbarer Verbindlichkeit und mit der Konkretheit, Bestimmtheit und Klarheit umgesetzt werden müssen, die notwendig sind, um den Erfordernissen der Rechtssicherheit zu genügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2023, Kommission/Deutschland [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑116/22, EU:C:2023:687, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

138    Im vorliegenden Fall hat die Republik Bulgarien in ihrer Klagebeantwortung eine Reihe konkreter verbindlicher Bestimmungen angeführt, die vorsehen, dass die bulgarischen Behörden Erhaltungsmaßnahmen, insbesondere aktive Erhaltungsmaßnahmen, festlegen.

139    In ihrer Erwiderung hat die Kommission geltend gemacht, dass diese bulgarischen Bestimmungen keine Verpflichtung zum Erlass der nötigen Erhaltungsmaßnahmen in allen besonderen Schutzgebieten vorsähen.

140    Hierzu ist festzustellen, dass das Vorbringen der Kommission auf einer Verwechslung zwischen dem Fehlen eines ausreichenden normativen Rahmens, der im Einklang mit der in Rn. 137 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung den Erlass geeigneter Erhaltungsmaßnahmen ermöglicht, in einem Mitgliedstaat einerseits und der fehlenden Festlegung dieser Maßnahmen für alle besonderen Schutzgebiete andererseits beruht.

141    Zum ersten dieser Aspekte ist festzustellen, dass die Kommission in Anbetracht der von der Republik Bulgarien vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Beispiele für nationale Bestimmungen, die die Verpflichtung der bulgarischen Behörden vorsehen, Erhaltungsmaßnahmen einschließlich proaktiver Maßnahmen festzulegen, nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die bulgarischen Rechtsvorschriften es nicht ermöglichen, die wirksame Erfüllung der Verpflichtungen dieses Mitgliedstaats gemäß Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie zu gewährleisten.

142    Zum zweiten dieser Aspekte ist festzustellen, dass er bereits Gegenstand der dritten Rüge war, in deren Rahmen die Kommission nicht behauptet, dass die Republik Bulgarien es unterlassen habe, die Erhaltungsmaßnahmen für die in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, d. h. für die von ihrer ersten Rüge erfassten spezifischen Gebiete, zu erlassen.

143    Die vierte Rüge ist daher zurückzuweisen.

144    Nach alledem ist festzustellen, dass die Republik Bulgarien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 der Habitatrichtlinie verstoßen hat, dass sie 194 der in Rede stehenden 229 Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nicht so schnell wie möglich – spätestens aber binnen sechs Jahren – als besondere Schutzgebiete ausgewiesen hat.

145    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 Kosten

146    Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

147    Da im vorliegenden Fall die Kommission und die Republik Bulgarien mit einzelnen Rügen jeweils unterlegen sind, sind ihnen jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Republik Bulgarien hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen in der durch die Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013 geänderten Fassung verstoßen, dass sie 194 der 229 Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die in die Listen aufgenommen wurden, die mit der Entscheidung 2009/91/EG der Kommission vom 12. Dezember 2008 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung einer zweiten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der alpinen biogeografischen Region, der Entscheidung 2009/92/EG der Kommission vom 12. Dezember 2008 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der biogeografischen Schwarzmeerregion, der Entscheidung der Kommission 2009/93/EG vom 12. Dezember 2008 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung einer zweiten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region sowie dem Durchführungsbeschluss 2013/23/EU der Kommission vom 16. November 2012 zur Annahme einer sechsten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region erstellt wurden, nicht so schnell wie möglich – spätestens aber binnen sechs Jahren – als besondere Schutzgebiete ausgewiesen hat.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Europäische Kommission und die Republik Bulgarien tragen ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Bulgarisch.