Language of document : ECLI:EU:T:2009:238

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

1. Juli 2009(*)

„Gemeinschaftsmarke – Verfahren der Erklärung des Verfalls – Gemeinschaftswortmarke OKATECH – Teilweiser Widerruf – Beschwerdefrist – Art. 57 und 77a der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 und 80 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009) – Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit – Anspruch auf rechtliches Gehör“

In der Rechtssache T‑419/07

Okalux GmbH mit Sitz in Marktheidenfeld (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Beckensträter,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch S. Schäffner als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Messe Düsseldorf GmbH mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwältin I. Friedhoff, dann Rechtsanwalt S. von Petersdorff-Campen,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 3. September 2007 (Sache R 766/2007‑2) zu einem Verfallsverfahren zwischen der Messe Düsseldorf GmbH und der Okalux GmbH

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili, des Richters F. Dehousse (Berichterstatter) und der Richterin I. Wiszniewska‑Białecka,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 19. November 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 26. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 30. Januar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der Schreiben der Streithelferin vom 17. März 2008 und der Klägerin vom 25. März 2008, in denen sie mitgeteilt haben, dass sie nicht beabsichtigten, an der Sitzung teilzunehmen,

aufgrund der Entscheidung vom 11. April 2008, mit der es abgelehnt worden ist, die Einreichung einer Erwiderung zu gestatten,

aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 16. Dezember 2008, in dem sie mitgeteilt hat, dass sie beabsichtige, an der Sitzung teilzunehmen,

auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2009

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 25. August 1998 meldete die Klägerin, die Okalux GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an. Bei der angemeldeten Marke handelte es sich um das Wortzeichen OKATECH. Die Marke wurde für Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 19 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet. Sie wurde am 15. Dezember 2000 eingetragen.

2        Am 16. Dezember 2005 stellte die Streithelferin, die Messe Düsseldorf GmbH, gemäß Art. 50 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009) einen Antrag auf Erklärung des teilweisen Verfalls der Wortmarke OKATECH. Sie machte geltend, die Marke sei nicht innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ernsthaft benutzt worden. Der Antrag war beschränkt auf die beanspruchten Dienstleistungen, d. h. auf „Dienstleistungen eines Architekten, Dienstleistungen eines Designers“, in Klasse 42 des Nizzaer Abkommens.

3        Mit Entscheidung vom 21. Dezember 2006, zugestellt am selben Tag, gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag der Streithelferin auf Erklärung des teilweisen Verfalls statt und ordnete an, dass jede Beteiligte die ihr in dem Verfahren jeweils entstandenen Kosten zu tragen habe.

4        Auf Antrag der Streithelferin teilte die Nichtigkeitsabteilung den Beteiligten mit Schreiben vom 6. Februar 2007 mit, dass sie beabsichtige, ihre Entscheidung gemäß Art. 77a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 80 der Verordnung Nr. 207/2009) zu widerrufen. Dieses Schreiben hatte folgenden Wortlaut:

„Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass die Nichtigkeitsabteilung beabsichtigt, ihre Entscheidung vom [21.] Dezember 2006 in dem oben genannten Verfahren zu widerrufen …

Der Grund für den Widerruf ist, dass die Entscheidung einen offensichtlichen Verfahrensfehler aufweist, der dem [HABM] zuzurechnen ist. In der Entscheidung wurde irrtümlich angeordnet, dass jede Beteiligte ihre eigenen Kosten zu tragen hat, obwohl die [Streithelferin] mit ihrem Antrag auf Erklärung des teilweisen Verfalls der angefochtenen Marke für die oben genannten Dienstleistungen in vollem Umfang erfolgreich war.

Daher wird die Nichtigkeitsabteilung ihre Entscheidung gemäß Art. 77a der [Verordnung Nr. 40/94] widerrufen und ihre Entscheidung schließlich dahin korrigieren, dass die Inhaberin der Gemeinschaftsmarke die der [Streithelferin] in dem Verfahren entstandenen Kosten und Aufwendungen zu tragen hat.

Ihnen wird gestattet, innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von einem Monat ab Zugang dieser Mitteilung Stellung zu nehmen.

Sobald das [HABM] Ihre etwaige Stellungnahme erhalten hat, wird es die Entscheidung hinsichtlich der Kostentragung widerrufen und eine neue Entscheidung erlassen.“

5        Am 7. Februar 2007 wandte sich die Klägerin telefonisch an das HABM, um sich nach dem weiteren Verfahrensablauf und den Beschwerdefristen zu erkundigen.

6        Am 5. März 2007 reichte die Klägerin auf das Schreiben der Nichtigkeitsabteilung vom 6. Februar 2007 hin eine Stellungnahme ein.

7        Mit Entscheidung vom 21. März 2007 widerrief die Nichtigkeitsabteilung ihre Entscheidung vom 21. Dezember 2006 gemäß Art. 77a der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 53a der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) nur, soweit sie die Kostenentscheidung betraf. Sie erlegte der Klägerin die Kosten auf, die der Streithelferin im Rahmen des Verfahrens entstanden waren, das zu der Entscheidung vom 21. Dezember 2006 geführt hatte. Zur Begründung stellte sie fest, dass ihre Entscheidung vom 21. Dezember 2006 mit einem offensichtlichen, ihr zuzurechnenden Verfahrensfehler behaftet gewesen sei, da sie irrtümlich entschieden habe, dass jede Beteiligte ihre eigenen Kosten zu tragen habe, obwohl die Streithelferin obsiegt habe. Die Nichtigkeitsabteilung erinnerte in ihrer Entscheidung vom 21. März 2007 auch daran, dass die Beteiligten mit Schreiben vom 6. Februar 2007 über diesen Widerruf unterrichtet und zur Stellungnahme aufgefordert worden seien, dass die Stellungnahme der Klägerin vom 5. März 2007 sich nicht auf die Frage der Verfahrenskosten bezogen habe und dass die Streithelferin sich nicht geäußert habe.

8        Am 16. Mai 2007 legte die Klägerin gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) gegen die Entscheidung vom 21. März 2007 beim HABM Beschwerde ein. In der Beschwerde machte sie geltend, sie habe die ernsthafte Benutzung ihrer Marke OKATECH hinsichtlich der angegriffenen Dienstleistungen nachgewiesen, und beantragte die Aufhebung der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 21. Dezember 2006.

9        Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 bestätigte das HABM den Eingang der Beschwerde der Klägerin, und es unterrichtete die Streithelferin mit Schreiben vom selben Tag über die Beschwerde. Die Streithelferin reichte ihre Stellungnahme am 26. Juni 2007 ein.

10      Mit einem zweiten Schreiben vom 30. Mai 2007, das am 31. Mai 2007 per Fax übermittelt wurde, unterrichtete das HABM die Klägerin über die Eintragung der Teillöschung ihrer Marke OKATECH wegen Verfalls. Am 11. Juni 2007 sandte die Vertreterin der Klägerin ein Schreiben an das HABM, in dem sie das Telefongespräch vom 7. Februar 2007 betreffend die Beschwerdefristen (vgl. oben, Randnr. 5) zusammenfasste. Ferner wies sie auf die Einlegung ihrer Beschwerde vom 16. Mai 2007 hin und beantragte, die Eintragung über den teilweisen Verfall bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über den Antrag auf Erklärung des teilweisen Verfalls vom 16. Dezember 2005 rückgängig zu machen.

11      Mit Schreiben vom 19. Juni 2007 teilte das HABM der Klägerin u. a. mit, dass ihre Beschwerde vom 16. Mai 2007 der Zweiten Beschwerdekammer zugewiesen worden sei, die über deren Zulässigkeit befinden werde. Mit Schreiben vom 3. und 10. Juli 2007 gab die Klägerin ihre Stellungnahme gegenüber dem HABM ab. In ihrem Schreiben vom 3. Juli 2007 machte sie u. a. geltend, es liege ein Verstoß gegen Art. 60a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 62 der Verordnung Nr. 207/2009) vor, ferner sei das Schreiben vom 30. Mai 2007 nicht an ihre Vertreterin, sondern unmittelbar an sie selbst gesandt worden, überdies verstoße ein Teilwiderruf gegen Art. 77a der Verordnung Nr. 40/94 und schließlich sei in dem den Widerruf ankündigenden Schreiben vom 6. Februar 2007 mitgeteilt worden, dass eine neue Entscheidung erlassen würde. In ihrem Schreiben vom 10. Juli 2007 wies die Klägerin nachdrücklich auf die im Schreiben vom 6. Februar 2007 verwendete Formulierung „und [wird] eine neue Entscheidung erlassen“ („and take a new decision“) hin und trug vor, dass die Kostenentscheidung nicht Gegenstand einer gesonderten Beschwerde sein könne.

12      Mit Entscheidung vom 3. September 2007, der Klägerin zugestellt am 18. September 2007 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), wies die Beschwerdekammer die Beschwerde als unzulässig zurück. Die Beschwerdekammer wies zunächst darauf hin, dass diese Beschwerde, mit der die Aufhebung der die Erklärung des Teilverfalls enthaltenden Entscheidung vom 21. Dezember 2006 begehrt worden sei, nach Ablauf der Frist von zwei Monaten gemäß Art. 59 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 60 der Verordnung Nr. 207/2009) eingelegt und nach Ablauf der Frist von vier Monaten gemäß Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 begründet worden sei. Anschließend stellte die Beschwerdekammer fest, dass mit der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 21. März 2007 nur der Teil der Entscheidung vom 21. Dezember 2006 aufgehoben worden sei, der sich auf die Verfahrenskosten bezogen habe, und dass der materiell-rechtliche Teil am 21. Februar 2007 unanfechtbar geworden sei.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

13      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        den Antrag auf Erklärung des teilweisen Verfalls der Gemeinschaftsmarke OKATECH zurückzuweisen;

–        hilfsweise, die Sache zur Entscheidung über die Beschwerde vom 16. Mai 2007 an die Nichtigkeitsabteilung zurückzuverweisen;

–        dem HABM oder der Streithelferin die Kosten einschließlich der Kosten des Ausgangsverfahrens aufzuerlegen.

14      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Entscheidungsgründe

 Zur Zulässigkeit bestimmter Anträge

 Vorbringen der Parteien

15      Das HABM trägt vor, der zweite Antrag der Klägerin, mit dem sie die Zurückweisung des Antrags auf Erklärung des teilweisen Verfalls der Gemeinschaftsmarke begehre, sei unzulässig.

16      Im Übrigen verstoße der hilfsweise gestellte Antrag der Klägerin gegen Art. 130 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 135 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009), nach dem die Beschwerdekammern für die Entscheidung über Beschwerden zuständig seien.

17      Schließlich sei der Antrag der Klägerin, der die im erstinstanzlichen Verfahren vor dem HABM entstandenen Kosten betreffe, unzulässig.

18      Die Klägerin hat sich hierzu nicht geäußert.

 Würdigung durch das Gericht

19      Der zweite Antrag der Klägerin, mit dem sie anstrebt, dass das Gericht den Antrag auf Erklärung des teilweisen Verfalls ihrer Gemeinschaftsmarke zurückweist, und ihr hilfsweise gestellter Antrag, die Sache an die Nichtigkeitsabteilung zur Entscheidung über ihre Beschwerde zurückzuverweisen, können dahin ausgelegt werden, dass sie auf die Erteilung einer Anordnung an das HABM, den Antrag auf Erklärung des Verfalls zurückzuweisen, gerichtet sind. Jedoch hat gemäß Art. 63 Abs. 6 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009) das HABM die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gemeinschaftsrichters ergeben. Das Gericht kann dem HABM somit keine Anordnungen erteilen (Urteile des Gerichts vom 31. Januar 2001, Mitsubishi HiTec Paper Bielefeld/HABM [Giroform], T‑331/99, Slg. 2001, II‑433, Randnr. 33, vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, Slg. 2002, II‑683, Randnr. 12, und vom 23. Oktober 2002, Institut für Lernsysteme/HABM – Educational Services [ELS], T‑388/00, Slg. 2002, II‑4301, Randnr. 19).

20      Sollten diese Anträge dahin zu verstehen sein, dass mit ihnen erreicht werden soll, dass das Gericht die angefochtene Entscheidung abändert, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass, auch wenn das Gericht nach Art. 63 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009) befugt ist, die Entscheidungen der Beschwerdekammern abzuändern, diese Möglichkeit grundsätzlich auf Situationen beschränkt ist, in denen die Rechtssache entscheidungsreif ist. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer jedoch weder die den teilweisen Verfall der Marke OKATECH betreffenden Tatsachen und Beweise noch die von der Klägerin hierzu angeführten Argumente geprüft. Die Abänderung der angefochtenen Entscheidung würde bedeuten, dass das Gericht erstmals die Begründetheit des Vorbringens beurteilt, über das die Beschwerdekammer nicht entschieden hat. Eine solche Beurteilung fällt jedoch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Gerichts nach Art. 63 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 65 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009) (Urteil des Gerichts vom 10. Juni 2008, Gabel Industria Tessile/HABM – Creaciones Garel [GABEL], T‑85/07, Slg. 2008, II‑0000, Randnr. 28).

21      Hieraus folgt, dass der zweite Antrag und der hilfsweise gestellte Antrag der Klägerin unzulässig sind.

22      Schließlich beantragt die Klägerin, dem HABM die Kosten einschließlich der Kosten des Ausgangsverfahrens aufzuerlegen. Das HABM beruft sich auf die Unzulässigkeit dieses Antrags hinsichtlich der im erstinstanzlichen Verfahren vor dem HABM entstandenen Kosten.

23      Gemäß Art. 136 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts gelten „[d]ie Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren, … als erstattungsfähige Kosten“. Folglich sind die Kosten des Verfahrens vor der Nichtigkeitsabteilung nicht als erstattungsfähige Kosten anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 21. April 2005, Ampafrance/HABM – Johnson & Johnson [monBeBé], T‑164/03, Slg. 2005, II‑1401, Randnr. 27).

24      Daher ist dieser Antrag als unzulässig abzuweisen, soweit er die im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung entstandenen Kosten betrifft.

 Zur Begründetheit

25      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf fünf Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen die Art. 57 und 77a der Verordnung Nr. 40/94, zweitens einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit, drittens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, viertens Verfahrensverstöße und fünftens die Unbegründetheit der Erklärung des Teilverfalls geltend macht.

 Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Art. 57 und 77a der Verordnung Nr. 40/94 gerügt wird

–       Vorbringen der Parteien

26      Die Klägerin trägt vor, das Verfallsverfahren sei erst durch die Entscheidung vom 21. März 2007 abgeschlossen worden, da die Entscheidung vom 21. Dezember 2006 gemäß Art. 57 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009) nicht isoliert habe angefochten werden können. Darüber hinaus sehe Art. 77a der Verordnung Nr. 40/94 die Möglichkeit eines teilweisen Widerrufs einer einheitlichen Entscheidung nicht vor.

27      Das HABM und die Streithelferin widersprechen dem Vorbringen der Klägerin.

–       Würdigung durch das Gericht

28      Nach Art. 57 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009) sind die Entscheidungen der Nichtigkeitsabteilungen mit der Beschwerde anfechtbar. Diese hat aufschiebende Wirkung.

29      Art. 59 der Verordnung Nr. 40/94 sieht vor, dass die Beschwerde gegen eine Entscheidung des HABM innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung einzulegen ist.

30      Im vorliegenden Fall gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag der Streithelferin auf Erklärung des teilweisen Verfalls der Marke der Klägerin mit Entscheidung vom 21. Dezember 2006 statt und ordnete an, dass jede Beteiligte ihre eigenen Kosten zu tragen habe. Mit dieser Entscheidung wurde das Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung daher abgeschlossen. Wie in der Entscheidung ausdrücklich erwähnt, handelt es sich somit um eine Entscheidung, die unter Beachtung der in den oben genannten Vorschriften aufgestellten Voraussetzungen mit der Beschwerde anfechtbar ist.

31      Das Schreiben vom 6. Februar 2007, mit dem die Nichtigkeitsabteilung den Beteiligten ihre Absicht mitteilte, die Entscheidung im Hinblick auf die Kostenverteilung zu widerrufen, ändert nichts am Zeitpunkt des Beginns der Beschwerdefrist, auf den in der Entscheidung vom 21. Dezember 2006 ausdrücklich hingewiesen wurde.

32      In diesem Schreiben heißt es nämlich (vgl. oben, Randnr. 4):

„In der Entscheidung wurde irrtümlich angeordnet, dass jede Beteiligte ihre eigenen Kosten zu tragen hat, obwohl die [Streithelferin] mit ihrem Antrag auf Erklärung des teilweisen Verfalls der angefochtenen Marke für die oben genannten Dienstleistungen in vollem Umfang erfolgreich war. Daher wird die Nichtigkeitsabteilung ihre Entscheidung gemäß Art. 77a der [Verordnung Nr. 40/94] widerrufen und ihre Entscheidung schließlich dahin korrigieren, dass die Inhaberin der Gemeinschaftsmarke die der [Streithelferin] in dem Verfahren entstandenen Kosten und Aufwendungen zu tragen hat. … Sobald das [HABM] Ihre etwaige Stellungnahme erhalten hat, wird es die Entscheidung hinsichtlich der Kostentragung widerrufen und eine neue Entscheidung erlassen.“

33      Aus dem Wortlaut dieses Schreibens ergibt sich, dass der Widerruf nur die Kostenverteilung betrifft und dass die Entscheidung über den teilweisen Verfall der Marke durch den angekündigten Widerruf ungeachtet der am Ende des Schreibens verwendeten Formulierung „neue Entscheidung“ nicht in Frage gestellt wird. Darüber hinaus kann eine erneute Prüfung der Begründetheit des teilweisen Verfalls der Marke oder gar eine Abänderung der hierzu ergangenen Entscheidung nur von der Beschwerdekammer und nicht im Rahmen des Art. 77a der Verordnung Nr. 40/94 vorgenommen werden.

34      Die Entscheidung vom 21. Dezember 2006 stellt daher eine die Klägerin beschwerende Maßnahme dar. Da sie gegen diese Entscheidung über den teilweisen Verfall ihrer Marke vorgehen wollte, hätte sie innerhalb der Frist von zwei Monaten, die in Art. 59 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehen ist und auf die in der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen wurde, eine Beschwerde einlegen müssen. Eine andere Auslegung käme einer Umgehung der von der Verordnung Nr. 40/94 zwingend vorgeschriebenen Fristen gleich.

35      Somit ist die am 16. Mai 2007 bei der Beschwerdekammer eingelegte Beschwerde, die sich gegen die Entscheidung über den teilweisen Verfall vom 21. Dezember 2006 richtet, als verspätet anzusehen.

36      Das Argument der Klägerin, ein teilweiser Widerruf der Entscheidung vom 21. Dezember 2006 sei nicht möglich, vermag dieses Ergebnis nicht in Frage zu stellen.

37      Denn zunächst ist hervorzuheben, dass ein teilweiser Widerruf in Art. 77a der Verordnung Nr. 40/94 zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, durch dessen Wortlaut aber auch nicht ausgeschlossen ist. Außerdem bestimmt Regel 53a der Verordnung Nr. 2868/95, dass das HABM vor dem Widerruf „die betroffene Partei von dem beabsichtigten Widerruf bzw. der beabsichtigten Löschung [unterrichtet]“. Die betroffene Partei kann „zu dem beabsichtigten Widerruf bzw. der beabsichtigten Löschung“ Stellung nehmen. Stimmt die betroffene Partei dem beabsichtigten Widerruf bzw. der beabsichtigten Löschung nicht zu, so „entscheidet das [HABM]“. Das anwendbare Verfahren erlaubt es demnach, den Widerruf gegebenenfalls auf einen Teil der Entscheidung zu beschränken, sofern der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens gewahrt bleibt. Dies war hier allerdings der Fall, da die Klägerin, die aufgrund des Schreibens vom 6. Februar 2007 über den beabsichtigten Widerruf, seine Gründe und seinen Gegenstand unterrichtet war, Gelegenheit hatte, sich zu äußern, was sie am 5. März 2007 auch getan hat (vgl. oben, Randnr. 6). In diesem Zusammenhang ist es irrelevant, dass ihre Stellungnahme nicht die Frage der Verfahrenskosten betraf (vgl. oben, Randnr. 7).

38      Im vorliegenden Fall ist die Kostenverteilung, die ihrer Art nach eine abtrennbare Frage darstellt, in der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 21. Dezember 2006 offensichtlich fehlerhaft, was von der Klägerin nicht bestritten wird. Da nämlich die Streithelferin mit ihrem Antrag auf Erklärung des teilweisen Verfalls der Marke in vollem Umfang erfolgreich war, hätten die Verfahrenskosten gemäß Art. 81 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 85 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009) der Klägerin auferlegt werden müssen, ohne dass die Nichtigkeitsabteilung hierbei über einen Entscheidungsspielraum verfügt hätte.

39      Schließlich entspricht die Auslegung, nach der ein teilweiser Widerruf möglich ist, dem Geist der Verordnungen Nrn. 40/94 und 2868/95, die u. a. in Art. 60a der Verordnung Nr. 40/94 bezüglich der Abhilfe, in Regel 53 der Verordnung Nr. 2868/95 in Bezug auf die Berichtigung von Fehlern und in Regel 53a der Verordnung Nr. 2868/95 bezüglich des Widerrufs die Möglichkeit vorsehen, Entscheidungen des HABM zu korrigieren, bevor die Beschwerdeinstanz über die Streitigkeit entschieden hat.

40      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist die Möglichkeit eines teilweisen Widerrufs der Entscheidung vom 21. Dezember 2006, sofern die Verfahrensregeln und die allgemeinen Rechtsgrundsätze gewahrt wurden, als zulässig anzusehen. Daher konnte der Widerruf der Entscheidung im Hinblick auf die Kostenverteilung die Frist für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Entscheidung vom 21. Dezember 2006, die am 21. Februar 2007 abgelaufen war, nicht erneut in Gang setzen.

41      Die Beschwerdekammer hat daher nicht gegen die Art. 57 und 77a der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen, als sie die Beschwerde als verspätet zurückwies.

42      Selbst wenn man im Übrigen annähme, dass ein teilweiser Widerruf – wie die Klägerin meint – nicht möglich wäre und dass die zweite Entscheidung vom 21. März 2007 rechtswidrig wäre, wurde gleichwohl die Rechtmäßigkeit der ersten Entscheidung vom 21. Dezember 2006 nicht innerhalb der Beschwerdefrist angegriffen.

43      Daher ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit gerügt wird

–       Vorbringen der Parteien

44      Die Klägerin trägt vor, ihre Auffassung hinsichtlich der Beschwerdefrist sei von einem Mitarbeiter des HABM bestätigt worden, der am 7. Februar 2007 erklärt habe, dass die Beschwerdefrist ab dem Erlass einer neuen Entscheidung erneut zu laufen beginne. Sie beruft sich daher auf einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit, auf die in Art. 79 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 83 der Verordnung Nr. 207/2009) verwiesen werde.

45      Das HABM tritt der Argumentation der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

46      Auf Vertrauensschutz, der einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt, kann sich nach der Rechtsprechung jeder berufen, bei dem die Gemeinschaftsverwaltung durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat (Urteil des Gerichtshofs vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, Slg. 2006, I‑5479, Randnr. 147; Urteile des Gerichts vom 5. April 2006, Kachakil Amar/HABM [länglicher Umriss mit dreieckigem Ende], T‑388/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26, und vom 8. Mai 2007, Citymo/Kommission, T‑271/04, Slg. 2007, II‑1375, Randnrn. 108 und 138).

47      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, ein Bediensteter des HABM habe ihr telefonisch zugesichert, dass eine neue Entscheidung im Hinblick auf die Kosten erlassen und die Beschwerdefrist von Neuem zu laufen beginnen werde. Zum einen hat sie hierzu einen von ihr verfassten handschriftlichen Vermerk vom 7. Februar 2007 vorgelegt, in dem ihr Telefongespräch vom selben Tag zusammengefasst wird, und zum anderen ihr Schreiben vom 11. Juni 2007 an das HABM (vgl. oben, Randnr. 10), in dem sie auf das Telefongespräch vom 7. Februar 2007 Bezug nimmt. Das HABM bestreitet nicht, dass dieses Telefongespräch am 7. Februar 2007 stattgefunden hat. In der Sitzung hat es vorgetragen, es habe sich um eine Reaktion auf das Schreiben vom 6. Februar 2007 gehandelt, in dem es nur um die beabsichtigte neue Entscheidung hinsichtlich der Kosten gegangen sei.

48      Die Rüge des Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist im vorliegenden Fall dennoch zurückzuweisen.

49      Erstens bildet nämlich die Entscheidung vom 21. Dezember 2006 eine beschwerende Maßnahme, deren Anfechtbarkeit außer Frage steht. In der Entscheidung wurden zudem die Möglichkeit der Beschwerde sowie die Beschwerdefrist, die durch zwingendes Recht vorgeschrieben ist, ausdrücklich erwähnt.

50      Zweitens stellt das Schreiben vom 6. Februar 2007, mit dem der Widerruf der Entscheidung vom 21. Dezember 2006 angekündigt wurde, eine präzise Auskunft von zuständiger und zuverlässiger Stelle dar, aus der hervorgeht, dass sich der Widerruf auf die Kostenverteilung beschränken werde (vgl. oben, Randnr. 4). Der eingeschränkte Umfang des angekündigten Widerrufs ergab sich somit klar aus dem Wortlaut des Schreibens selbst. Angesichts des gesamten Inhalts des Schreibens wird diese Schlussfolgerung durch seinen letzten Satz, wonach die Nichtigkeitsabteilung „die Entscheidung hinsichtlich der Kostentragung widerrufen und eine neue Entscheidung erlassen“ werde, nicht in Frage gestellt.

51      Hieraus ergibt sich, dass das Telefongespräch vom 7. Februar 2007, so wie es von der Klägerin schriftlich festgehalten wurde, nicht als eine präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskunft im Sinne der oben in Randnr. 46 angeführten Rechtsprechung erscheint, die geeignet gewesen wären, ein berechtigtes Vertrauen darauf hervorzurufen, dass mit der beabsichtigten teilweisen Widerrufsentscheidung eine neue Frist für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den teilweisen Verfall zu laufen beginnen würde.

52      Was drittens die Möglichkeit betrifft, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen, um der Präklusion wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu entgehen, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Beschwerdeführer auf Erwartungen verweisen können muss, die sich auf genaue Zusicherungen oder ein Verhalten der Gemeinschaftsverwaltung gründen, durch das bei einem gutgläubigen Bürger, der die erforderliche Sorgfalt eines durchschnittlich informierten Wirtschaftsteilnehmers an den Tag legt, eine verständliche Verwirrung hervorgerufen werden konnte (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 13. Dezember 2000, Sodima/Kommission, C‑44/00 P, Slg. 2000, I‑11231, Randnr. 50).

53      Unter Berücksichtigung des zwingenden Charakters der Beschwerdefrist und angesichts der im Schreiben vom 6. Februar 2007 dargelegten Gründe erlaubt das Telefonat mit dem HABM der Klägerin selbst unter der Annahme, dass es bei ihr eine gewisse Verwirrung hervorrufen konnte, im vorliegenden Fall jedoch nicht, der Präklusion wegen Versäumung der Frist für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Entscheidung vom 21. Dezember 2006 zu entgehen. Die Klägerin, die das HABM nicht um eine schriftliche Bestätigung des Inhalts dieses Telefongesprächs bat, hätte nämlich die erforderliche Sorgfalt eines durchschnittlich informierten Wirtschaftsteilnehmers dadurch aufgebracht, dass sie – zumindest vorsorglich – eine Beschwerde innerhalb der in der Entscheidung vom 21. Dezember 2006 genannten Frist eingelegt hätte, die zwingenden Rechts ist, so dass es nicht Sache der Beteiligten ist, sie nach Belieben festzusetzen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Sodima/Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 51).

54      Die Rüge des Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist daher zurückzuweisen.

55      Da zur Stützung der Rüge des Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit kein eigenständiges Vorbringen geltend gemacht wird, ist der zweite Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird

–       Vorbringen der Parteien

56      Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, ihre Schriftsätze vom 11. Juni, 3. Juli und 10. Juli 2007, die sich auf die Unmöglichkeit bezögen, die Beschwerdefrist im vorliegenden Fall einzuhalten, nicht erwähnt und sich nicht zu dem von ihr vertretenen rechtlichen Standpunkt geäußert zu haben.

57      Das HABM und die Streithelferin widersprechen der Argumentation der Klägerin.

–       Würdigung durch das Gericht

58      Gemäß Art. 73 Satz 2 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009) dürfen die Entscheidungen des HABM nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

59      Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass sich der Anspruch auf rechtliches Gehör zwar auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte erstreckt, die die Grundlage für die Entscheidung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2005, Lidl Stiftung/HABM – REWE-Zentral [Salvita], T‑303/03, Slg. 2005, II‑1917, Randnr. 62).

60      Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der von der Klägerin im Wesentlichen in ihren Schreiben an das HABM vom 11. Juni 2007 (vgl. oben, Randnr. 10) und vom 3. und 10. Juli 2007 (vgl. oben, Randnr. 11) geltend gemachten Argumente, die die Unmöglichkeit, die Beschwerdefrist einzuhalten, und die Unzulässigkeit eines teilweisen Widerrufs betreffen, darauf hinzuweisen, dass in der Zusammenfassung des Sachverhalts, die in der angefochtenen Entscheidung enthalten ist, nicht nur der Schriftsatz der Klägerin vom 16. Mai 2007 zur Frage des teilweisen Verfalls ihrer Marke erwähnt wird, sondern auch ihre späteren Stellungnahmen (Randnr. 6 der angefochtenen Entscheidung).

61      Die Beschwerdekammer hat damit auf die Stellungnahmen vom 11. Juni 2007 und vom 3. und 10. Juli 2007 Bezug genommen, die die einzigen Stellungnahmen sind, die die Klägerin nach dem Schriftsatz vom 16. Mai 2007 an das HABM gesandt hat und die daher von der Beschwerdekammer durchaus berücksichtigt wurden.

62      Darüber hinaus wird in der angefochtenen Entscheidung klargestellt, dass die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 21. März 2007 ausschließlich den Teil der Entscheidung betreffe, „der sich auf die Kosten bezieht“. Somit wird in der angefochtenen Entscheidung implizit, aber notwendigerweise bestätigt, dass die Nichtigkeitsabteilung die Entscheidung vom 21. Dezember 2006 teilweise widerrufen durfte, und damit auf das Vorbringen der Klägerin zu dieser Frage eingegangen.

63      Daraus folgt, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör, insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Beschwerdefristen und der Möglichkeit eines teilweisen Widerrufs, verletzt wurde.

64      Daher ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund, der sich auf das Vorliegen von Verfahrensverstößen stützt

–       Vorbringen der Parteien

65      Die Klägerin macht einen Verstoß gegen Art. 60a Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009) geltend und rügt im Wesentlichen den Mangel an Transparenz der internen Arbeitsabläufe des HABM. Das HABM habe zudem unter Verstoß gegen Art. 77a der Verordnung Nr. 40/94 die Teillöschung der Marke OKATECH eingetragen, ohne ihre anhängige Beschwerde zu berücksichtigen. Ferner habe das HABM diese Teillöschung unmittelbar der Klägerin selbst und nicht ihrer Vertreterin mitgeteilt. Wenn die Beschwerdekammer außerdem schon die Unzulässigkeit der Beschwerde der Klägerin vom 16. Mai 2007 wegen Verfristung feststellen zu können glaube, hätte sie gemäß den Regeln 49 und 51 der Verordnung Nr. 2868/95 die Erstattung der dann ebenfalls nur verfristet gezahlten Beschwerdegebühr anordnen müssen.

66      Das HABM widerspricht der Argumentation der Klägerin.

–       Würdigung durch das Gericht

67      Erstens ist hinsichtlich der Rügen, mit denen die Klägerin verschiedene Verfahrensverstöße geltend macht, die im Verfahren vor dem HABM begangen worden sein sollen, daran zu erinnern, dass nach Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 65 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009) nur die Entscheidungen der Beschwerdekammern mit der Klage vor dem Gemeinschaftsrichter anfechtbar sind. Folglich sind im Rahmen einer solchen Klage nur Klagegründe zulässig, die sich gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer richten (Urteil Salvita, oben in Randnr. 59 angeführt, Randnr. 59).

68      Selbst unter der Annahme, dass die geltend gemachten Verfahrensverstöße – nämlich die fehlende Transparenz des Prozesses der Entscheidungsfindung und die Eintragung der Teillöschung der Marke – nachgewiesen wären, richten sich die Rügen der Klägerin nicht gegen die angefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer.

69      Sie sind daher als unzulässig zurückzuweisen.

70      Zweitens ist bezüglich der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 60a Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94, der die Abhilfe in mehrseitigen Verfahren betrifft, daran zu erinnern, dass eine nach Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 beim Gericht erhobene Klage auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern gerichtet ist. Diese Kontrolle ist anhand des tatsächlichen und rechtlichen Rahmens des Rechtsstreits vorzunehmen, mit dem die Beschwerdekammer befasst war (vgl. Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2007, Portela & Companhia/HABM – Torrens Cuadrado und Sanz [Bial], T‑10/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen können die Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand gemäß Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung nicht ändern (Urteil Bial, Randnr. 62).

71      Abgesehen davon, dass es im vorliegenden Fall nicht um das in Art. 60a der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehene Abhilfeverfahren geht, wurde ein solches Argument vor der Beschwerdekammer nicht geltend gemacht.

72      Daher ist auch die Rüge des Verstoßes gegen Art. 60a Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 unzulässig.

73      Was drittens die Rüge betrifft, die sich auf einen Verstoß gegen die Regeln 49 und 51 der Verordnung Nr. 2868/95 bezieht und mit der geltend gemacht wird, dass in der angefochtenen Entscheidung die Erstattung der ebenfalls nur verfristet gezahlten Beschwerdegebühr hätte angeordnet werden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass Regel 49 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 Folgendes vorsieht: „Wurde die Beschwerdegebühr nach Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde gemäß Artikel 59 der Verordnung [Nr. 40/94] entrichtet, so gilt die Beschwerde als nicht eingelegt und wird dem Beschwerdeführer die Gebühr erstattet.“

74      Im vorliegenden Fall richtete sich die Beschwerde der Klägerin vom 16. Mai 2007 formal gegen die teilweise Widerrufsentscheidung vom 21. März 2007 (vgl. oben, Randnr. 8) und wurde innerhalb der Frist von zwei Monaten ab dieser Entscheidung eingelegt. Somit entrichtete die Klägerin die Beschwerdegebühr nicht nach Ablauf der in Art. 59 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Frist von zwei Monaten.

75      Ferner sieht Regel 51 Buchst. b der Verordnung Nr. 2868/95 die Erstattung der Beschwerdegebühr vor, wenn die Beschwerdekammer der Beschwerde stattgibt und zu der Auffassung gelangt, dass die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Beschwerdekammer – im Gegenteil – die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen hat.

76      Daher ist die Rüge, die sich auf einen Verstoß gegen die Regeln 49 und 51 der Verordnung Nr. 2868/95 stützt, als unbegründet zurückzuweisen.

77      Damit ist der vierte Klagegrund insgesamt als zum Teil unzulässig und zum Teil unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund, mit dem die Unbegründetheit der Erklärung des Teilverfalls geltend gemacht wird

–       Vorbringen der Parteien

78      Die Klägerin trägt vor, dass sie die Benutzung der Marke OKATECH für die angegriffenen Dienstleistungen nachgewiesen habe und dass die Beschwerdekammer ihrer Beschwerde unter Aufhebung der Entscheidungen der Nichtigkeitsabteilung vom 21. Dezember 2006 und vom 21. März 2007 hätte stattgeben müssen.

79      Das HABM wendet ein, dass dieser Klagegrund unzulässig sei, da nur gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer gerichtete Klagegründe zulässig seien.

–       Würdigung durch das Gericht

80      Es ist daran zu erinnern, dass die Beschwerdekammer die Beschwerde der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung für unzulässig erklärt und sich daher nicht zu der Frage des Teilverfalls ihrer Marke geäußert hat.

81      Das Gericht kann sich jedoch in dieser Hinsicht nicht an die Stelle des HABM setzen und sich daher nicht zu der von der Klägerin zu diesem Punkt vorgebrachten Argumentation äußern (Urteil des Gerichts vom 4. Oktober 2007, Advance Magazine Publishers/HABM – Capela & Irmãos [VOGUE], T‑481/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 22).

82      Daraus folgt, dass der fünfte Klagegrund, da er auf die Stützung eines unzulässigen Antrags (vgl. oben, Randnrn. 19 bis 21) gerichtet ist, als unzulässig zurückzuweisen ist.

83      Aus alledem folgt, dass die Klage abzuweisen ist.

 Kosten

84      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend der Anträge des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Okalux GmbH trägt die Kosten.

Tiili

Dehousse

Wiszniewska-Białecka

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Juli 2009.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.