Language of document : ECLI:EU:T:1997:136

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

26. September 1997 (1)

„Gemeinsame Politik im Bereich Forschung und technologische Entwicklung - Programm MAST III - Entscheidung zur Festlegung der Aktionsvorschläge, die einen Gemeinschaftszuschuß erhalten können - Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - Antrag auf Aussetzung des Vollzugs“

In der Rechtssache T-183/97 R

Carla Micheli, Andrea Peirano, Carlo Nike Bianchi und Marinella Abbate, wissenschaftliche Mitarbeiter beim Ente per le tecnologie, l'energia e l'ambiente (Enea, Forschungszentrum für Technologien, Energie und Umwelt), öffentliche Anstalt italienischen Rechts mit Sitz in Rom, Prozeßbevollmächtigte: RechtsanwälteWilma Viscardini Donà, Mariano Paolin und Simonetta Donà, Padua, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Ernest Arendt, 39, rue Mathias Hardt,

Antragsteller,

gegen

Kommission der europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Eugenio de March, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt Alberto Dal Ferro, Vicenza, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Antragsgegnerin,

wegen vollständiger oder teilweiser Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung der Kommission vom 26. März 1997 zur Festlegung der Haupt- und Reserveliste der Aktionsvorschläge, die für einen Gemeinschaftszuschuß im Rahmen des Programms MAST III in Frage kommen, und wegen Aussetzung der Vollzugs der Entscheidung, mit der der Vorschlag Posible abgelehnt wurde,

erläßt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluß

Sachverhalt und Verfahren

1.
    Am 23. November 1994 erließ der Rat die Entscheidung 94/804/EG über die Annahme eines spezifischen Programms für Forschung und technologische Entwicklung, einschließlich Demonstration (nachstehend: FTE), im Bereich der Meereswissenschaften und -technologien (1994-1998), auch bekannt unter dem Akronym MAST III (ABl. L 334, S. 59). Dieses spezifische Programm ist Teil des mit dem Beschluß Nr. 1110/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. April 1994 beschlossenen Vierten Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft im Bereich FTE (ABl. L 126, S. 1) in der im Anschluß an den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Union durch den Beschluß Nr. 616/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. März 1996 (ABl. L 86, S. 69) geänderten Fassung.

2.
    Artikel 2 der Entscheidung 94/804 legt den „für notwendig erachteten Betrag“ für die Durchführung des spezifischen Programms 1994-1998 auf 228 Millionen ECU fest. Dieser Betrag wurde durch den genannten Beschluß 616/96 auf 243 MillionenECU erhöht. Anhang II der Entscheidung 94/804 enthält eine „vorläufige Aufschlüsselung“ dieses Betrages auf die vier Forschungsbereiche: Meereswissenschaften (Bereich A), strategische Meeresforschung (Bereich B), Meerestechnologien (Bereich C) und Unterstützungsmaßnahmen (Bereich D). Diese Aufschlüsselung schließt nicht aus, daß bestimmte Vorhaben in mehrere Bereichen fallen können. Für den Bereich A ist ein vorläufiger Betrag von 91 Millionen ECU vorgesehen.

3.
    Nach den Artikeln 4 bis 6 der Entscheidung 94/804 führt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften das Programm MAST III in den Grenzen der von der Haushaltsbehörde für jedes Haushaltsjahr festgelegten Haushaltsmittel durch. Aufgrund von Artikel 5 der Entscheidung 94/804 erstellte die Kommission 1994 gemäß den Zielen in Anhang I und der vorläufigen Aufschlüsselung der Finanzmittel in Anhang II der Entscheidung ein Arbeitsprogramm. Dieses zu den Akten gereichte Programm enthält eine detaillierte Darstellung der wissenschaftlichen und technologischen Ziele, der durchzuführenden Forschungsarbeiten sowie des Zeitablaufs der Durchführung mit dem Zeitplan für die Ausschreibungen. Es sieht vor, daß die Kommission eine erste Ausschreibung für die Jahre 1995 und 1996 sowie eine zweite für die Jahre 1997 und 1998 veröffentlicht. Im Rahmen der zweiten Ausschreibung zum Einreichen von Vorschlägen soll der wahrscheinliche Zeitpunkt des Beginns der Verträge dem Arbeitsprogramm zufolge zwischen Juni 1997 und Juni 1998 liegen. Eine ebenfalls zu den Akten gereichte Vervollständigung dieses Programms, die gleichzeitig mit der Veröffentlichung der zweiten Auschreibung für das spezifische FTE-Programm im Bereich der Meereswissenschaften und -technologien (1994-1998) (Bereiche A, B und C) vom 16. April 1996 (96/C 110/10, ABl. C 110, S. 15) vorgenommen wurde, legt vorläufig als für notwendig erachteten Betrag 25 Millionen ECU für den Bereich A (Meereswissenschaften) fest.

4.
    Auf die zweite Ausschreibung für das Programm MAST III wurden 214 Vorschläge eingereicht. Zu ihnen zählt ein Vorschlag für den Bereich A (Meereswissenschaften) mit der Bezeichnung „Stability and recovery of W. Mediterranean Posidonia oceanica beds: a large scale assessment“, auch „Posible“ genannt, der vom Ente per le tecnologie, l'energia e l'ambiente (Enea, Forschungszentrum für Technologien, Energie und Umwelt) als koordinierender Einrichtung unter Beteiligung dreier weiterer europäischer Einrichtungen eingereicht wurde: des Consejo superior de investigaciones cientificas (CSIC, Madrid), des Netherlands institute of ecology, Centre for estuarine and costal ecology (Nioo-Cemo, Yerseke, Niederlande) und der Universität Nizza - Sophia Antipolis (Frankreich).

5.
    Im Rahmen des Vorschlags Posible wurde Frau Carla Micheli, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Enea, in dem von dieser Einrichtung vorgelegten Vorschlag (Anlage II zum Antrag auf einstweilige Anordnung) als „Kontaktperson bei der koordinierenden Einrichtung“ benannt. Nach den Akten ist Frau Micheli Initiatorinund wissenschaftliche Leiterin des Aktionsvorschlags Posible. Unstreitig wurden Frau Micheli - vor Einreichung des Vorschlags Posible - gemäß Ziffer 6 der zweiten Ausschreibung insbesondere das Arbeitsprogramm, das „Weißbuch“ vom 16. April 1996 mit Angaben zum Bewertungsverfahren für die vorgeschlagenen Aktionen sowie das Informationspaket vom Januar 1994 („Blauer Führer“) übermittelt, mit dem den Teilnehmern ein Abriß insbesondere der Methoden der Behandlung der im Rahmen der Forschungs- und Entwicklungsprogramme der Gemeinschaft vorgelegten Aktionsvorschläge an die Hand gegeben werden sollte.

6.
    Das Verfahren der Bewertung der Vorschläge ist wie folgt geregelt. Nach Artikel 7 der Entscheidung 94/804 erfolgt die Bewertung der vorgeschlagenen Aktionen sowie jede Anpassung der vorläufigen Aufschlüsselung des „für notwendig erachteten Betrages“ - bei Aktionen, bei denen der veranschlagte Betrag für die Beteiligung der Gemeinschaft mindestens 0,35 Millionen ECU beträgt oder eine Beteiligung von juristischen Personen aus Drittländern und internationaler Organisationen an einem Projekt in Frage kommt - nach dem Verfahren des in Artikel 6 dieser Entscheidung vorgesehenen Programmausschusses. Aus dem „Weißbuch“ und dem „Blauen Führer“ ergibt sich, daß das Verfahren der Auswahl der zu finanzierenden Aktionsvorschläge in der Praxis in zwei Stufen abläuft. Auf der ersten Stufe wird jeder Vorschlag zunächst in zwei Phasen von unabhängigen Sachverständigen geprüft. Die Vorschläge werden dann von den Dienststellen der Kommission nach Maßgabe der von diesen externen Prüfern vorgenommenen Benotungen in vier Gruppen aufgeteilt. Auf der zweiten Stufe nehmen die Dienststellen der Kommission zunächst eine Auswahl anhand dieser Einstufung vor und erarbeiten den Entwurf einer Liste der zu finanzierenden Vorschläge. Dieser Entwurf wird dann dem Programmausschuß zur Stellungnahme vorgelegt, dem die Vertreter der Mitgliedstaaten unter dem Vorsitz des Vertreters der Kommission angehören. Schließlich legt die Kommission die Liste der zu finanzierenden Vorschläge fest, wenn diese der Stellungnahme des Ausschusses entspricht.

7.
    Für die erste Stufe ist im Weißbuch und im Blauen Führer festgelegt, daß die Prüfung der Aktionsvorschläge durch unabhängige Prüfer in zwei aufeinanderfolgende Phasen gegliedert und einer Gruppe von mindestens drei Sachverständigen anvertraut ist. In der ersten Phase wird jeder Aktionsvorschlag von einer Sachverständigengruppe geprüft, die seine wissenschaftliche und technische Qualität zu beurteilen hat. In dieser Phase wird eine Vorauswahl getroffen. Im Weißbuch ist die Ablehnung von Anträgen vorgesehen, die weniger als 70 Punkte erhalten haben. In der zweiten Phase bewertet eine erweiterte Prüfergruppe von Fachleuten aus Wissenschaftspolitik, Industrie und Management oder von Personen, die über Erfahrung hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekte des Vorschlags verfügen, dessen strategische, wirtschaftliche und politische Aspekte. Diese beiden Phasen beginnen mit einer Einzelprüfung der Vorschläge durch jeden Sachverständigen, denen Erörterungen im Rahmen der Gruppe folgen, um Einvernehmen über eine gemeinsame Beurteilung herzustellen. Am Ende jeder dieser Phasen erstellen die Prüfer einen Bewertungs- oder „Konsensbericht“ über den geprüften Vorschlag. Dieser Berichtenthält nach dem Weißbuch (Nrn. 28 und 30) den Durchschnitt der von jedem der Prüfer einzeln nach Erörterung erteilten Noten für jedes einzelne Kriterium und den erzielten Gesamtdurchschnitt sowie die schriftlichen Bemerkungen der Prüfer zum Aktionsvorschlag, die es der Kommission bei der Information der Bewerber über die Entscheidung über ihren Vorschlag ermöglichen, dessen starke, schwache und verbesserungsfähige Punkte zu benennen. Der am Ende der ersten Phase erstellte Konsensbericht enthält ferner eine gemeinsame Stellungnahme der Prüfer für oder gegen die Zulassung des Vorschlags zur zweiten Phase der Prüfung durch unabhängige Sachverständige, der der Sachverständigengruppe übermittelt wird, die den Vorschlag in dieser zweiten Phase zu bewerten hat.

8.
    Der Konsensbericht über den Vorschlag Posible (Anlage IV zum Antrag auf einstweilige Anordnung) gibt an, daß der Vorschlag in der ersten Phase 73 Punkte und in der zweiten Phase 26 Punkte, insgesamt also 99 Punkte erhielt. Ein anderer Aktionsvorschlag mit der Bezeichnung „The Arctic Ocean System in the Global Environment“ (AOSGE) erhielt bei der Prüfung in der ersten Phase nur 63 Punkte und wurde daher im Konsensbericht vom 20. November 1996 (Anlage V zu den Erklärungen der Kommission) zur zweiten Phase der Prüfung nicht zugelassen.

9.
    Es steht allerdings fest, daß in der ersten Phase 18 der der Kommission vorgelegten 214 Aktionsvorschläge hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen und technischen Qualität durch unterschiedliche Sachverständigengruppen nach Maßgabe einer Bestimmung des Blauen Führers zweimal bewertet wurden, in der es heißt: „Die Kommission kann, um sicherzustellen, daß die Beurteilung unter Beachtung der Vorschriften und unter korrekten Bedingungen erfolgt, eine erneute Beurteilung von fünf bis zehn Prozent der Vorschläge durch eine andere Sachverständigengruppe verlangen. Führt diese zweite Beurteilung zu einer erheblichen Abweichung im Vergleich zur ersten, so kann eine dritte Beurteilung in Betracht gezogen werden.“ Nach dem von der Kommission vorgelegten Schriftstück vom 18. Februar 1997, das sich auf diese Kontrollprüfungen bezieht, hat das Organ im vorliegenden Fall vor Beginn der Prüfung jeden 15. Vorschlag auf der Liste der alphabetisch geordneten Vorschläge für eine zweite Beurteilung ausgewählt. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission auf eine Frage des Präsidenten des Gerichts erklärt, daß außerdem zwei Vorschläge, unter ihnen der Vorschlag AOSGE, wegen ihres Umfangs und ihrer Komplexität einer zweiten Beurteilung unterzogen wurden. Nach dem angeführten Schriftstück vom 18. Februar 1997 habe die Kommission von Anfang an für jeden Vorschlag festgelegt, welche der Sachverständigengruppen die nach dem Weißbuch vorzunehmenden Beurteilungen vorzunehmen habe, auf die sich die Kommission bei ihrer Bewertung des Vorschlags stützen würde, und welche Gruppe die nach dem Blauen Führer erforderlichen Kontrollbeurteilungen vornehmen müsse. Die Sachverständigengruppen seien zwar über diese zweifache Beurteilung informiert gewesen, hätten aber nicht gewußt, welche der eingereichten Vorschläge einer zweifachen Beurteilung unterlägen, und hätten daher ihre Prüfung in unabhängiger Weise vorgenommen.

10.
    Die mit der Kontrollbeurteilung des Vorschlags AOSGE betraute Sachverständigengruppe benotete ihn in der ersten Phase mit 82 Punkten und bejahte in ihrem Konsensbericht vom 14. November 1996 (Anlage 5 zu den Erklärungen der Kommission) die Zulassung zur zweiten Phase.

11.
    Wegen der erheblichen Abweichung der Benotungen in den erwähnten Konsensberichten vom 14. und vom 20. November 1996 zum Vorschlag AOSGE beschlossen die Dienststellen der Kommission, diesen Vorschlag in der ersten Phase einer dritten Beurteilung zu unterziehen. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission darauf hingewiesen, daß diese dritte Beurteilung der Sachverständigengruppe anvertraut worden sei, die mit der Beurteilung der strategischen, wirtschaftlichen und politischen Aspekte des Vorschlags AOSGE in der zweiten Phase der Prüfung durch unabhängige Sachverständige betraut gewesen sei. Nach den Erläuterungen der Kommission, die durch den Akteninhalt bestätigt werden, hat diese Sachverständigengruppe die dritte Beurteilung aufgrund einer Prüfung der beiden erwähnten Konsensberichte im Vergleich mit dem Vorschlag AOSGE vorgenommen. Sie hat den Durchschnitt der Benotungen in diesen beiden Berichten für die erste Phase berücksichtigt und dem Vorhaben AOSGE für die zweite Phase 23 Punkte erteilt. Nach der zu den Akten gereichten Tabelle über die Bewertung der Vorschläge durch externe Prüfer, die die Kommission den Mitgliedern des Programmausschusses am 21. Januar 1997 übermittelte, erhielt der Vorschlag AOSGE 73 Punkte für die erste Phase und insgesamt 96 Punkte für die erste Stufe der Bewertung.

12.
    Auf der zweiten Stufe der Bewertung nahmen die Dienststellen der Kommission eine Auswahl der zu finanzierenden Vorhaben auf der Grundlage nicht nur ihrer zum Abschluß der ersten Stufe erfolgten Einstufung in die vier Kategorien A1, A2, B und C infolge ihrer Benotung durch die unabhängigen Sachverständigen, sondern auch anderer im Weißbuch genannter Kriterien wie der verfügbaren Mittel, des Gleichgewichts der Ziele und der Bemühung um Vermeidung von Doppelvergaben vor. Sie legten dem Programmausschuß den Entwurf einer Hauptliste und einer Reserveliste vor. Nach dem Akteninhalt umfaßte der Entwurf der Hauptliste im Bereich A (Meereswissenschaften) alle aufgrund ihrer Benotung in die Kategorie A2 eingestuften sowie bestimmte in die Kategorie B eingestufte Vorschläge. Der Entwurf der Reserveliste berücksichtigte im Bereich A zehn Vorschläge, die alle in die Kategorie B eingestuft waren. Auf der entsprechenden Liste stand der Vorschlag AOSGE an zweiter und der Vorschlag Posible an siebter Stelle.

13.
    Aus dem zu den Akten gereichten Entwurf des Protokolls der Sitzung des Programmausschusses vom 24. und 25. Februar 1997 ergibt sich, daß der Ausschuß den von den Dienststellen der Kommission vorgelegten Entwurf der Hauptliste billigte. Der Entwurf der Reserveliste wurde - nach dem Entwurf des Protokolls und dessen Anlage II - nach Änderung durch die Dienststellen der Kommission gebilligt, nachdem diese angesichts des Wunsches des Ausschusses, die Aktionsvorschläge der Reserveliste besser auf die vier Bereiche A, B, C und D des Programms MAST III zu verteilen, in ihrem Listenentwurf die fünf letztenAktionsvorschläge für die Gruppe A gestrichen und einen zum Bereich C gehörenden Vorschlag hinzugefügt hatten.

14.
    Am 26. März 1997 erließ die Kommission im Einklang mit dieser Stellungnahme die „Entscheidung über die Bewertung von 73 FTE-Aktionsvorschlägen, die für einen Gemeinschaftszuschuß nach dem spezifischen FTE-Programm im Bereich der Meereswissenschaften und -technologien (1994-1998) in Frage kommen“. Von diesen Vorschlägen standen 58 auf der Hauptliste der für einen Gemeinschaftszuschuß vorgesehenen Vorschläge, die übrigen 15 auf der Reserveliste.

15.
    Gemäß Artikel 2 dieser Entscheidung können die in die Reserveliste aufgenommenen Aktionsvorschläge einen Gemeinschaftszuschuß erhalten, „soweit Haushaltsmittel nach Ausschöpfung der Verpflichtungsermächtigungen für die Aktionen der Hauptliste verfügbar bleiben sollten, insbesondere bei Aufgabe von Aktionen dieser Listen, bei Abschluß der Vertragsverhandlungen mit niedrigeren als den in der Entscheidung angesetzten Beträgen, bei Nichterfüllung von Pflichten durch die Vertragspartner, bei Zuweisung zusätzlicher Mittel durch die Haushaltsbehörde oder bei Anpassung von Haushaltszuweisungen innerhalb desselben Postens. Auf die [Reserve]liste wird in der von ihr festgelegten Reihenfolge und nach der Zielsetzung des spezifischen Programms sowie nach Maßgabe des Fortschreitens der Vertragsverhandlungen und des Verfügbarwerdens von Mitteln zurückgegriffen.“

16.
    In seinem Schreiben vom 26. März 1997, das an Frau Micheli adressiert war und dieser am 20. Mai 1997 zuging, teilte der Leiter der Direktion D „FTE-Maßnahmen: Meereswissenschaften und -technologien“ der Generaldirektion Wissenschaft, Forschung und Entwicklung (DG XII) der Enea mit, daß dem Vorschlag Posible aufgrund der Bewertung durch unabhängige Sachverständige und nach Stellungnahme des Programmausschusses MAST III ein Finanzierungsbeitrag nach diesem Programm versagt worden sei (Anlage 3 zum Antrag auf einstweilige Anordnung). Die Kommission erläuterte in diesem Schreiben, daß sie wegen der Beschränktheit der verfügbaren Haushaltsmittel gezwungen gewesen sei, nur eine kleine Anzahl Aktionsvorhaben für die Finanzierung auszuwählen.

17.
    In Beantwortung einer Bitte von Frau Micheli um Erläuterung wies das italienische Ministerium für Hochschulen und wissenschaftliche und technologische Forschung in einem Schreiben vom 22. April 1997 (Anlage 5 zum Antrag auf einstweilige Anordnung) darauf hin, daß der Programmausschuß MAST III die Reserveliste im Anschluß an die Streichung von fünf Aktionsvorschlägen im Bereich A anhand „des Kriteriums der Vergleichbarkeit der eingereichten Vorschläge in den drei betroffenen Bereichen“ gebilligt habe. Diese Streichung habe die fünf letzten Vorschläge des Bereiches A auf der dem Ausschuß vorgelegten Liste und darunter insbesondere auch den Vorschlag Posible betroffen. Einer der fünf Vorschläge habe bei der Prüfung durch unabhängige Sachverständige die Punktzahl 100, drei weiterehätten 99 Punkte und der letzte habe 98 Punkte erhalten (Anlage 5 zum Antrag auf einstweilige Anordnung).

18.
    Mit Klageschrift, die am 19. Juni 1997 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben Frau C. Micheli, Herr A. Peirano, Herr C. N. Bianchi und Frau M. Abbate, sämtlich wissenschaftliche Mitarbeiter beim Enea, Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 26. März 1997, mit der die Liste der nach dem Programm MAST III zu finanzierenden Aktionsvorschläge festgelegt wurde, und damit auf Nichtigerklärung der ihnen mit einem Schreiben der Kommission vom 26. März 1997 an Frau Micheli mitgeteilten Entscheidung, den Vorschlag Posible von der Finanzierung auszuschließen, erhoben.

19.
    Mit besonderem Schriftsatz, der am gleichen Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben sie darüber hinaus nach Artikel 185 des Vertrages die Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung der Kommission vom 26. März 1997, mit der die Haupt- und die Reserveliste der nach dem Programm MAST III zu finanzierenden Aktionsvorschläge festgelegt wurde, und damit der Entscheidung, den Vorschlag Posible von der Finanzierung auszuschließen, beantragt. Hilfsweise beantragen sie die Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung der Kommission vom 23. Juli 1997 insoweit als mit dieser die Reserveliste festgelegt wurde.

20.
    Die Kommission hat ihre schriftlichen Erklärungen mit am 23. Juli 1997 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz eingereicht. Die Parteien haben am 4. September 1997 mündliche Ausführungen gemacht.

Entscheidungsgründe

21.
    Nach Artikel 185 EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 4 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1) in der Fassung des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 (ABl. L 144, S. 21) und des Beschlusses 94/149/EGKS, EG des Rates vom 7. März 1994 (ABl. L 66, S. 29) kann das Gericht, wenn es dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen oder andere erforderliche einstweilige Anordnungen treffen.

22.
    Nach Artikel 104 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts sind Anträge auf Aussetzung des Vollzugs gemäß Artikel 185 des Vertrages nur zulässig, wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gericht angefochten hat. Nach Artikel 104 § 2 müssen die Anträge auf einstweilige Anordnungen die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen. Die beantragten Maßnahmen müssen in dem Sinne vorläufig sein, daß sie die Entscheidung zur Hauptsache nicht vorwegnehmen (vgl. Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 15. Juli 1997 in der Rechtssache T-179/97 R, Niederländische Antillen/Rat, Slg. 1997, II-1297).

Zur Zulässigkeit des Antrags auf einstweilige Anordnung

Vorbringen der Parteien

23.
    Die Antragsteller sind der Auffassung, daß ihre Klage nicht offensichtlich unzulässig sei. In der Klageschrift und bei der Anhörung der Parteien haben sie geltend gemacht, zwar sei der Aktionsvorschlag Posible vom Enea eingereicht worden, jedoch seien sie durch die Entscheidung der Kommission, mit der eine Finanzierung nach dem Programm MAST III abgelehnt worden sei, unmittelbar und individuell betroffen. Das Projekt Posible sei von Frau Micheli ausgearbeitet und der Enea-Leitung vorgeschlagen worden. Sie sei nicht nur die Initiatorin, sondern aufgrund eines Beschlusses der anderen an diesem Projekt Beteiligten auch die wissenschaftliche Leiterin und die Koordinatorin für das Projekt. Das Enea habe sich, um einen Antrag auf einen Finanzierungsbeitrag der Gemeinschaft im Rahmen des Programms MAST III stellen zu können, ihren Vorschlag zu eigen gemacht. Die übrigen Antragsteller, Herr Peirano, Herr Bianchi und Frau Abbate, seien alle an der Durchführung des Projekts beteiligt.

24.
    Sämtliche Antragsteller und erst recht Frau Micheli hätten daher ein unmittelbares und individuelles Interesse an der beantragten Finanzierung, ohne die das Projekt nicht durchzuführen sei. Außerdem bedeute der Ausschluß dieses Projekts sowohl von der Haupt- als auch von der Reserveliste für die Antragsteller einen Verlust ihres wissenschaftlichen Ansehens.

25.
    Die Kommission hält die Klage für offensichtlich unzulässig, da die Antragsteller durch die angefochtene Entscheidung nicht unmittelbar betroffen seien. Der Antrag auf Aussetzung des Vollzugs sei daher als unzulässig zurückzuweisen. Das Projekt Posible sei vom Enea als Koordinator und drei weiteren Forschungsinstituten aus verschiedenen Mitgliedstaaten, nämlich dem CSCI (Spanien), dem Nioo-Cemo (Niederlande) und der Universität Nizza (Frankreich), und nicht von den Antragstellern eingereicht worden. Diese könnten daher nicht als unmittelbare Adressaten der angefochtenen Entscheidung betrachtet werden.

Rechtliche Würdigung

26.
    Gemäß Artikel 104 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs nur zulässig, wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gericht angefochten hat. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Zulässigkeit der Klage grundsätzlich nicht im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes zu prüfen. Sie ist der Prüfung der Klage vorzubehalten, sofern diese nicht schon dem ersten Anschein nach offensichtlich unzulässig ist, da sonst der Entscheidung des Gerichts zur Hauptsache vorgegriffen würde (vgl. zuletzt Beschluß des Präsidenten des Gerichts in der Rechtssache Niederländische Antillen/Rat, a. a. O., Randnr. 17).

27.
    Im vorliegenden Fall ist die Klage nicht schon dem ersten Anschein nach offensichtlich unzulässig. Angesichts der behaupteten Unmöglichkeit, das Projekt Posible ohne einen Gemeinschaftszuschuß nach dem Programm MAST III durchzuführen, kann dem ersten Anschein nach nicht ausgeschlossen werden, daß die Antragsteller und insbesondere Frau Micheli in ihrer Eigenschaft als Förderin und wissenschaftliche Leiterin des Projekts Posible entgegen den Behauptungen der Kommission durch die angefochtene Entscheidung, durch die ihr Projekt von dieser Finanzierung ausgeschlossen wurde, unmittelbar betroffen sind. Die Frage, ob die angefochtene Entscheidung sie im Sinne des Artikels 173 Absatz 4 des Vertrages insoweit unmittelbar betrifft, als sie ihr Forschungsprojekt berührt, bedarf einer gründlicheren Prüfung, die im vorliegenden Verfahren nicht möglich ist.

28.
    Der vorliegende Antrag ist daher zulässig.

Zu den Erfolgsaussichten der Klage

Vorbringen der Parteien

29.
    Die Antragsteller führen im wesentlichen vier Klagegründe an. Die Kommission habe erstens das im Weißbuch vorgesehene Verfahren der Bewertung der Aktionsvorschläge verkannt. Dieses Verfahren habe keinen rein internen Charakter. Es sei den Beteiligten vor Einreichung ihrer Vorschläge bei der Kommission zur Kenntnis gebracht worden. Im vorliegenden Fall sei entgegen den Vorschriften des Weißbuchs der Vorschlag AOSGE zur zweiten Phase der Prüfung durch unabhängige Sachverständige zugelassen worden, obwohl er in der ersten Phase der Prüfung nicht die erforderliche Mindestpunktzahl von 70 erhalten habe. Aufgrund der zweifachen Prüfung, der er im Gegensatz zu den anderen Aktionsvorschlägen in dieser ersten Phase unterzogen worden sei (siehe Randnrn. 9 bis 11 dieses Beschlusses), sei dieser Vorschlag auf dieser Stufe nicht von jeglicher Finanzierung nach dem Programm MAST III ausgeschlossen worden. Da die Kommission damit vom geltenden Verfahren abgewichen sei, habe sie gegen die Grundsätze der Transparenz und der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, wonach ein detailliertes und den Beteiligten zur Kenntnis gebrachtes Verfahren vorzusehen und anzuwenden sei. Außerdem habe sie den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verletzt und einen Ermessensmißbrauch begangen.

30.
    Die Antragsteller ziehen weiterhin den Beurteilungsspielraum in Zweifel, den die Kommission dadurch für sich in Anspruch genommen habe, daß sie von der am Ende der ersten Stufe aufgrund der Benotungen durch die unabhängigen Sachverständigen erstellten Rangfolge abgewichen sei. Sie rügen besonders, daß der Vorschlag Posible, der 99 Punkte erhalten habe, von der Reserveliste gestrichen, der Vorschlag AOSGE hingegen berücksichtigt worden sei, obwohl er insgesamt nur 96 Punkte erhalten habe.

31.
    Die Kommission tritt diesem Vorbringen insgesamt entgegen. Die zweifache Beurteilung, der der Vorschlag AOSGE unterzogen worden sei, entspreche demim Blauen Führer beschriebenen Verfahren. Im übrigen sei die Aufnahme dieses Vorschlags als Zweitplaziertem in die Reserveliste trotz geringerer Punktzahl als der Vorschlag Posible auf die Schlußbewertung zurückzuführen, die auf jeden Fall der Kommission zustehe. Auch wenn diese Schlußbewertung auf der Einstufung der Vorschläge anhand der Benotungen der Sachverständigen beruhe, stelle sie doch eine Gesamtprüfung der Projekte dar, bei der im Hinblick auf die Ziele des Arbeitsprogramms die in Nummer 33 des Weißbuchs angeführten Prioritäten strategischer Art berücksichtigt würden. Im vorliegenden Fall habe sich nur das Projekt AOSGE auf eine den eisbedeckten Meeren der nördlichen Hemisphäre (n. H.) gewidmete Forschungstätigkeit bezogen, die als eines der Ziele des Arbeitsprogramms genannt sei. Bei der Auswahl dieses Projekts habe die Kommission folglich weder diskriminiert noch einen Ermessensmißbrauch begangen.

32.
    Die Antragsteller machen zweitens geltend, die angefochtene Entscheidung verstoße, soweit sie von der Einstufung der Vorschläge aufgrund ihrer Benotung abweiche, gegen den Grundsatz der Transparenz und enthalte keinerlei Begründung für die zweifache Bewertung des Vorschlags AOSGE zum einen und für die Auswahl durch die Kommission zum anderen. Im übrigen erwähne der der Kommission vorgelegte Entscheidungsentwurf (Anlage 6 zur Klageschrift) weder die von den einzelnen Aktionsvorschlägen erzielten Punktzahlen noch ihre Gesamtbewertung durch die Prüfer. Außerdem habe die Kommission die Verwendung von Mitteln für den Bereich A zur Finanzierung von Aktionsvorschlägen, die anderen Bereichen zuzuordnen seien, nicht begründet. Die Antragsteller haben insoweit in der Klageschrift angeführt und bei Anhörung der Parteien bekräftigt, daß, wenn alle für den Bereich A verfügbaren Mittel verwendet worden wären und das Projekt AOSGE aus der Reserveliste gestrichen worden wäre, alle Projekte, die gegenwärtig in der Reserveliste aufgeführt seien und eine Punktzahl zwischen 100 und 105 erhalten hätten, in die Hauptliste hätten aufgenommen werden können und das Projekt Posible in der Reserveliste an erster Stelle stünde.

33.
    Die Kommission erwidert, das Bewertungsverfahren sei unter Beachtung des Grundsatzes der Transparenz und der Pflicht zur Begründung abgelaufen. Grund für den Ausschluß des Projekts Posible seien die im Verhältnis zu der großen Zahl der eingereichten Projekte unzureichenden Haushaltsmittel gewesen, wie sich aus dem Schreiben der Kommission an Frau Micheli vom 26. März 1997 ergebe. Sie habe es für angebracht gehalten, eine Hauptliste, deren Finanzierung den vorläufig vorgesehenen Beträgen entsprochen habe, sowie eine verhältnismäßig begrenzte Reserveliste vorzulegen und automatisch alle Projekte ab Platz 6 auf der Liste auszuschließen.

34.
    Die Antragsteller machen drittens eine Verletzung des Artikels 7 der Entscheidung 94/804 geltend, nach dem jede Anpassung der vorläufigen Aufschlüsselung des für notwendig erachteten Betrages in Anhang II der Entscheidung in dem Verfahrendes in Artikel 6 dieser Entscheidung vorgesehenen Programmausschusses durchzuführen sei. Im vorliegenden Fall seien unter Mißachtung dieses Verfahrens Mittel des Bereichs A auf andere Bereiche übertragen worden.

35.
    Die Kommission erklärt, sie habe nicht, wie die Antragsteller behaupteten, Mittel des Bereichs A auf andere Bereiche übertragen. In den Bereichen A, B und C seien die im Programm vorläufig vorgesehenen Grenzbeträge bereits erreicht worden.

36.
    Viertens verletzt die angefochtene Entscheidung nach Ansicht der Antragsteller die Grundsätze der Objektivität und Unabhängigkeit, weil zwei Vertreter der Mitgliedstaaten im Verwaltungsausschuß wissenschaftliche Mitarbeiter von Forschungsinstituten seien, die einen Aktionsvorschlag im Rahmen des Programms MAST III vorgelegt hätten.

37.
    Die Kommission entgegnet, ihr Vertreter habe als Vorsitzender in der Sitzung dieses Ausschusses vom 24. Februar 1997 die Personen, die ein Interesse an zur Erörterung anstehenden Projekten hätten, aufgefordert, dies anzugeben, damit ihre Teilnahme an der Abstimmung über diese Projekte verhindert würde.

Rechtliche Würdigung

38.
    Im Rahmen der ersten beiden Klagegründe, mit denen ein Verstoß gegen das Verfahren der Bewertung der Aktionsvorschläge und die mangelnde Begründung der angefochtenen Entscheidung gerügt werden, sind zunächst die Beanstandungen zu prüfen, die sich insbesondere gegen die Auswahl richten, die die Kommission auf der zweiten Stufe der Bewertung der Vorschläge getroffen hat.

39.
    Insoweit werfen die Antragsteller dem beklagten Organ in erster Linie vor, es sei von der am Ende der ersten Stufe aufgrund der Benotungen durch die unabhängigen Sachverständigen erstellten Rangfolge abgewichen.

40.
    Dem ersten Anschein nach kann jedoch der Kommission im Rahmen des durch die Entscheidung 94/804 zur Annahme des Programms MAST III geschaffenen und insbesondere im Weißbuch dargestellten Verfahrens der Bewertung der Aktionsvorschläge ein Beurteilungsspielraum bei der Auswahl der für einen Gemeinschaftszuschuß in Betracht kommenden Vorschläge, der es ihr gegebenenfalls ermöglichen würde, von der am Ende der ersten Stufe erstellten Rangfolge abzuweichen, grundsätzlich nicht versagt werden.

41.
    Die Kommission ist nämlich nach den Artikeln 4 bis 6 der Entscheidung 94/804 mit der Durchführung des Programms MAST III in den Grenzen zum einen des für notwendig erachteten und im Arbeitsprogramm vorläufig festgelegten Betrages (siehe Randnr. 3 dieses Beschlusses) und zum anderen der für jedes Haushaltsjahr von der Haushaltsbehörde festgelegten Mittel betraut.

42.
    Die Bewertung der vorgeschlagenen Aktionen obliegt nach den Artikeln 6 und 7 der Entscheidung der Kommission im Verfahren des Verwaltungsausschusses nach Artikel 6. In diesem rechtlichen Rahmen hat die Kommission die Modalitäten der Auswahl der Vorschläge festgelegt, die sie in ihre Liste der Aktionen aufnimmt, die für eine Gemeinschaftsfinanzierung in Frage kommen, und dem nach Artikel 6 geschaffenen Programmausschuß vorlegt (siehe Randnr. 6 dieses Beschlusses). Diese Modalitäten sind genau und eingehend im Weißbuch vom 16. April 1996 beschrieben, das Informationen über das Bewertungsverfahren für Aktionsvorschläge enthält und ergänzt wird durch den Blauen Führer über von der Europäischen Gemeinschaft finanzierte Forschung und technologische Entwicklung, der 1994 als „Abriß der Methoden für die Abfassung von Vorschlägen [und] Einführung in die Aushandlung von Verträgen“ herausgegeben wurde. Nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil des Gerichts vom 12. Februar 1992 in der Rechtssache T-52/90, Volger/Parlament, Slg. 1992, II-121, Randnrn. 26 bis 29) ist die Kommission dem ersten Anschein nach an die von ihr selbst in diesen beiden Schriftstücken festgelegten Modalitäten der Prüfung der Vorschläge gebunden, die im übrigen nach Nummer 6 der zweiten Ausschreibung den Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden.

43.
    Aus diesen beiden Schriftstücken ergibt sich, daß die Kommission auf der ersten Stufe, die der individuellen Bewertung jeder vorgeschlagenen Aktion gilt, Gruppen unabhängiger Sachverständigen beizieht, die die Vorschläge nach einem bestimmten im Weißbuch dargestellten Verfahren (siehe Randnr. 7 dieses Beschlusses) zu prüfen und für jeden Vorschlag zwei „Konsensberichte“ zu erstellen haben, die zum einen der wissenschaftlichen und technischen Qualität der bewerteten Aktion und zum anderen deren strategischen, wirtschaftlichen und politischen Aspekten gelten. Diese externen Sachverständigen bewerten und benoten die vorgeschlagenen Aktionen auf der Grundlage der in Anhang II des erwähnten vierten FTE-Rahmenprogramms und in Artikel 4 Absatz 3 des Beschlusses 94/763/EG des Rates vom 21. November 1994 über die Regeln für die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen an den Tätigkeiten der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Forschung, der technologischen Entwicklung und der Demonstration (ABl. L 306, S. 8) festgelegten Kriterien. Das Weißbuch legt in seinen Anhängen I und II diese verschiedenen Kriterien eingehend dar und gibt die für sie geltenden Koeffizienten sowie die zum Ausschluß führenden Benotungen an. Diese erste Stufe der Auswahl der Vorschläge endet mit ihrer Einstufung und ihrer Aufteilung in vier Kategorien durch die Dienststellen der Kommission aufgrund der erteilten Benotungen und der Hinweise der unabhängigen Prüfer.

44.
    Auf der zweiten Stufe der Auswahl bereiten die Dienststellen der Kommission zunächst den Entwurf einer Liste der zu finanzierenden Aktionen vor, die dem Programmausschuß vorzulegen ist. Nach dem Weißbuch und dem Blauen Führer wird diese Liste auf der Grundlage folgender drei Hauptkriterien erarbeitet: Einstufung der Vorschläge nach ihrer Benotung, Gleichgewicht der Ziele undBetrag der verfügbaren Haushaltsmittel. Hierzu gibt der Blaue Führer im wesentlichen an, daß die Aktionen, falls nicht „sehr gute Gründe“ in Zusammenhang mit der verfolgten Politik oder mit Erwägungen praktischer oder verwaltungsmäßiger Art vorliegen, in der Reihenfolge ihrer Einstufung vorgeschlagen werden. In der Praxis werden Aktionen mit einer besseren Einstufung zugunsten weniger gut eingestufter Aktionen nur dann ausgeschlossen - so der Blaue Führer -, wenn ein schweres Ungleichgewicht zwischen den von den besten Aktionen abgedeckten Bereichen und den Zielen des Programms im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration besteht.

45.
    Bei der Erstellung des Entwurfs der Liste der zu finanzierenden Aktionen haben somit die Dienststellen der Kommission nach dem im Weißbuch und im Blauen Führer beschriebenen Verfahren zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die dem ersten Anschein nach von den unabhängigen Sachverständigen, die auf der ersten Stufe die Einzelbewertung der Vorschläge vorzunehmen hatten, nicht berücksichtigt werden konnten, nämlich zum einen die Aufteilung der vorgeschlagenen Aktionen auf die verschiedenen FTE-Bereiche des Programms und zum anderen die verfügbaren Haushaltsmittel.

46.
    Hieraus ergibt sich dem ersten Anschein nach, daß die Dienststellen der Kommission bei der Wahl zwischen verschiedenen Projekten - die von externen Sachverständigen auf ihren wissenschaftlichen und technischen Wert und ihre Übereinstimmung mit den Zielen des Programms geprüft wurden - über einen Beurteilungsspielraum verfügen, weil sie die ausgewogene Verwirklichung aller Ziele des Programms MAST III sicherstellen müssen, die in Anhang I der Entscheidung 94/804 festgelegt und in dem von diesem Organ aufgestellten Arbeitsprogramm eingehend beschrieben sind. Zu diesem Zweck müssen sie eine vergleichende Prüfung der Vorschläge unter Berücksichtigung nicht nur ihres jeweiligen Wertes und ihrer individuellen Anpassung an die Ziele des Programms, sondern auch ihrer Aufteilung auf die verschiedenen Bereiche und der im Hinblick auf die verfolgten Ziele festgelegten strategischen Prioritäten vornehmen.

47.
    Bei diesem Stand der Prüfung ergibt sich, daß die Kommission entgegen der Auffassung der Antragsteller bei der Festlegung der Liste der Aktionen, die für einen Gemeinschaftszuschuß in Frage kamen oder hätten kommen können, nicht notwendig an die Einstufung der Aktionsvorschläge nach ihrer Benotung gebunden.

48.
    Die Antragsteller machen jedoch zweitens geltend, daß der angefochtenen Entscheidung bezüglich der vergleichenden Prüfung der Aktionsvorschläge durch die Kommission die Begründung fehle. Insbesondere fehle in dem der Kommission für das schriftliche Verfahren vorgelegten Entscheidungsentwurf jeder Hinweis auf die Benotung und die Gesamtbewertung der Aktionsvorschläge durch diese unabhängigen Sachverständigen.

49.
    Nach der Rechtsprechung kommt, „soweit ... die Organe der Gemeinschaft über einen solchen Beurteilungsspielraum verfügen, ... eine um so größere Bedeutungder Beachtung der Garantien zu, die die Gemeinschaftsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt. Zu diesen Garantien gehören insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalles zu untersuchen, das Recht des Betroffenen, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen, und das Recht auf eine ausreichende Begründung der Entscheidung. Nur so kann der [Gemeinschaftsrichter] überprüfen, ob die für die Wahrnehmung des Beurteilungsspielraums maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben“ (Urteil des Gerichtshofes vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90, Technische Universität München, Slg. 1991, I-5469, Randnr. 14).

50.
    Nach diesen Grundsätzen gilt die Begründungspflicht für die Kommission ganz besonders dann, wenn sie von der Reihenfolge der Einstufung der Aktionsvorschläge aufgrund ihrer Benotungen durch unabhängige Sachverständige im Rahmen des im Weißbuch und im Blauen Führer beschriebenen Verfahrens der Bewertung in zwei Stufen abweichen will. Insoweit scheint im übrigen der Blaue Führer eine besonders sorgfältige Begründung in Zusammenhang etwa mit der Bemühung um ein Gleichgewicht bei der Verfolgung der verschiedenen Ziele des Programms MAST III zu fordern (siehe Randnr. 44 dieses Beschlusses).

51.
    Im vorliegenden Fall wurde der Vorschlag Posible, der auf der ersten Stufe der Prüfung der Vorschläge, wie sich aus dem Konsensbericht vom 20. Mai 1997 (Anlage 3 zum Antrag auf einstweilige Anordnung) ergibt, eine Gesamtpunktzahl von 99 erhalten hatte, endgültig von der Finanzierung ausgeschlossen, während der Vorschlag AOSGE an zweiter Stelle in der Reserveliste steht, obwohl er eine schlechtere Benotung erhalten hatte. Dieser Vorschlag hatte nach der zu den Akten gereichten, nicht unterzeichneten Fassung des Konsensberichts vom 13. Dezember 1996 am Ende der zweiten Phase seiner Bewertung durch externe Prüfer 95 Punkte und nach der ebenfalls zu den Akten gereichten Tabelle über die Bewertung der Vorschläge durch diese Prüfer, die die Kommission den Mitgliedern des Programmausschusses am 21. Januar 1997 übermittelte, 96 Punkte erhalten.

52.
    In ihren schriftlichen, bei der Anhörung der Parteien bestätigten Erklärungen hat die Kommission erläutert, daß der Vorschlag AOSGE aus strategischen Gründen angenommen worden sei, weil nach dem im Weißbuch beschriebenen Verfahren bei der Verfolgung der Ziele des Programms MAST III ein Gleichgewicht sichergestellt werden müsse. Dies sei der einzige Vorschlag gewesen, der sich auf eine den eisbedeckten Meeren der n. H. gewidmete Forschungstätigkeit bezogen habe, die zu den im Arbeitsprogramm ausgewiesenen Zielen gehöre.

53.
    Diese Erläuterung war allerdings den Antragstellern vor Einreichung ihres Antrags auf einstweilige Anordnung nicht bekannt. Daher ist zu prüfen, ob die den Betroffenen zur Kenntnis gebrachte Begründung der angefochtenen Entscheidung angesichts ihres Kontextes dem ersten Anschein nach so ausführlich war, daß diese beurteilen konnten, ob die Entscheidung sachlich begründet und die Erhebungeiner Klage vor dem Gericht zweckmäßig ist, und daß das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. insbesondere Urteil Volger/Parlament, a. a. O., Randnr. 40).

54.
    Im vorliegenden Fall hat die Kommission Frau Micheli in der Anlage zu ihrem Schreiben vom 26. März 1997 einen „Konsensbericht“ zum Vorschlag Posible vom 20. Mai 1997 übermittelt (siehe Randnr. 15 dieses Beschlusses). Dieser Bericht enthielt die Noten für den betreffenden Vorschlag und die Beurteilung, die für jede Kriteriengruppe in den beiden aufeinanderfolgenden Phasen der Prüfung durch unabhängige Sachverständige vorgenommen worden war, sowie die erzielte Gesamtpunktzahl am Ende dieser ersten Stufe der Auswahl, die der individuellen Bewertung der vorgeschlagenen Aktionen galt.

55.
    Was die vergleichende Prüfung der Vorschläge auf der zweiten Stufe der Auswahl angeht, hat die Kommission die Versagung eines Gemeinschaftszuschusses für den Vorschlag Posible nach dem Programm MAST III in ihrem Schreiben vom 26. März 1997 mit der Notwendigkeit begründet, daß wegen der Beschränktheit der verfügbaren Haushaltsmittel nur wenige Aktionsvorschläge ausgewählt werden könnten (siehe Randnr. 16 dieses Beschlusses). Diese Begründung wurde dem ersten Anschein nach durch das Schreiben des italienischen Ministeriums für Hochschulen und wissenschaftliche und technologische Forschung vom 22. April 1997 ergänzt (siehe Randnr. 16 dieses Beschlusses), dem zu entnehmen ist, daß der Vorschlag Posible zusammen mit vier anderen, ebenfalls dem Bereich A (Meereswissenschaften) zuzuordnenden Vorschlägen nach einer vergleichenden Prüfung der in den drei betroffenen Bereichen vorgelegten Vorschläge von der Reserveliste gestrichen wurde. Im übrigen gibt die Entscheidung der Kommission vom 26. März 1997 zur Festlegung der Haupt- und Reserveliste der Aktionsvorschläge, die einen Gemeinschaftszuschuß erhalten können, in ihren Anhängen IA und II bei der Aufzählung der in diese Listen aufgenommenen Aktionsvorschläge den Bereich an, zu dem jede dieser Aktionen gehört.

56.
    Bei der Prüfung, ob diese sich auf die vergleichende Prüfung durch die Kommission beziehende Begründung dem ersten Anschein nach als ausreichend angesehen werden kann, ist zunächst zu beachten, daß nach ständiger Rechtsprechung „der in Artikel 190 EWG-Vertrag verankerte Grundsatz einer ausreichend genauen Begründung zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts [gehört]“ (Urteil des Gerichts vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnrn. 129 und 131; vgl. auch Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Technische Universität München, a. a. O.). Der Gerichtshof hat jedoch insoweit klargestellt, daß der Umfang der Begründungspflicht von der Natur des betreffenden Rechtsakts und von der Schwere der Folgen für seine Adressaten abhängt. Die Begründung muß klar und eindeutig die Überlegungen des Organs erkennen lassen. Sie braucht, damit die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassen Maßnahme entnehmen können und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufnahme wahrnehmen kann, nicht die einzelnen tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte zu nennen (vgl.insbesondere Urteile des Gerichtshofes vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-181/90, Consorgan/Kommission, Slg. 1992, I-3557, und vom 9. November 1995 in der Rechtssache C-466/93, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a., Slg. 1995, I-3799, sowie Urteil des Gerichts vom 12. Januar 1995 in der Rechtssache T-85/94, Branco/Kommission, Slg. 1995, II-45).

57.
    Im vorliegenden Fall wirft die zweite Rüge - unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung - mithin insbesondere die schwierige Frage auf, ob angesichts des Ermessens, über das die Kommission auf der zweiten Stufe der Bewertung der Vorschläge verfügt, sowie der Natur der angefochtenen Entscheidung und ihrer Auswirkung auf die Lage der Antragsteller die ihnen übermittelten Angaben in den beiden erwähnten Schreiben - im allgemeinen Kontext der des durch die zweite Ausschreibung nach dem Programm MAST III eingeleiteten Verfahrens - genügten, um den Betroffenen eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung und dem Richter deren Kontrolle zu ermöglichen. Diese Frage ist wegen ihrer Komplexität vom Gericht im Verfahren der Hauptsache zu prüfen.

58.
    Unter diesen Umständen ist, ohne daß es einer Untersuchung der übrigen Klagegründe und Argumente der Antragsteller bedarf, im Verfahren der einstweiligen Anordnung zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Dringlichkeit im vorliegenden Fall erfüllt sind.

Zur Dringlichkeit

Vorbringen der Parteien

59.
    Die Antragsteller betonen, daß die beantragte einstweilige Anordnung die volle Wirksamkeit der endgültigen Entscheidung des Gerichts über die Klage sichern solle, damit ihnen ein effektiver gerichtlicher Schutz zuteil werde. Im vorliegenden Fall ermächtige die angefochtene Entscheidung die Dienststellen der Kommission, die Gemeinschaftszuschüsse für die in die Haupt- und in die Reserveliste aufgenommenen Aktionen auszuzahlen. Der Gemeinschaftszuschuß für den Vorschlag AOSGE betrage 2 674 000 ECU und sei damit fünfmal höher als der für den Vorschlag Posible veranschlagte Betrag. Die Verwendung der Mittel zur Finanzierung der in die beiden Listen aufgenommenen Aktionen könne zur Erschöpfung der im Rahmen des Programms MAST III verfügbaren Geldmittel führen und die Finanzierung der Aktion Posible und der anderen in eine der beiden Listen aufgenommenen Aktionen nach einer möglichen Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung unmöglich machen. Die Antragsteller und etwaige andere zu Unrecht von diesen Listen gestrichene Bewerber würden dadurch einen schweren und irreversiblen Schaden erleiden.

60.
    Außerdem wäre die Kommission bei Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung verpflichtet, die Rückzahlung der inzwischen ohne Rechtsgrundlageausgezahlten Beträge zu verlangen, um sie auf der Grundlage der neuen Liste, die sie in Durchführung des Urteils des Gerichts zu erstellen hätte, anderen Aktionen zukommen zu lassen. Die Empfänger eines Gemeinschaftszuschusses, die in der neuen Liste nicht mehr enthalten wären, wären damit schwer und nachhaltig geschädigt.

61.
    Darüber hinaus könne eine Haftung der Kommission in Frage kommen, weil sie bei den durch die Finanzierungen Begünstigten Erwartungen geschaffen habe, die zu wirklichen Rechten erstarken könnten.

62.
    Aus all diesen Gründen beantragen die Antragsteller die Aussetzung des Vollzugs sowohl der Haupt- als auch der Reserveliste, weil beide schwere und offensichtliche Mängel aufwiesen. Für den Fall, daß im Verfahren der einstweiligen Anordnung entschieden werden sollte, daß die gerügten Mängel sofortige und unmittelbare Wirkung nur auf die Reserveliste hätten, beantragen sie hilfsweise die Aussetzung des Vollzugs nur der Reserveliste.

63.
    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. An der Aussetzung des Vollzugs der Hauptliste hätten die Antragsteller keinerlei Interesse, da sie selbst einräumten, daß das Projekt Posible, selbst wenn das Projekt AOSGE von der Reserveliste gestrichen worden wäre, nicht in die Hauptliste hätte aufgenommen werden können.

64.
    Bei der Reserveliste sei der angebliche Schaden rein hypothetisch. Aus haushaltsrechtlichen Gründen könnten Finanzzuschüsse bis März 1998 nur für Projekte verwendet werden, die in die Hauptliste aufgenommen seien. Im übrigen sei die Kommission nur für den Fall, daß ein oder mehrere Projekte der Hauptliste nicht durchgeführt werden könnten, in der Lage, Projekte der Reserveliste mit Finanzmitteln auszustatten. Schließlich sei selbst in diesem Fall der Schaden der Antragsteller ausschließlich finanzieller Natur und könne bei Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung leicht wiedergutgemacht werden.

Rechtliche Würdigung

65.
    Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Dringlichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu prüfen, ob die Durchführung der streitigen Rechtsakte vor dem Erlaß der Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache für die Partei, die die Maßnahmen beantragt, zu schweren und irreversiblen Schäden führen kann, die auch dann nicht wiedergutgemacht werden könnten, wenn die angefochtene Entscheidung für nichtig erklärt würde, oder ob die Anordnung trotz ihres vorläufigen Charakters außer Verhältnis zum Interesse des Antragsgegners daran steht, daß seine Rechtsakte durchgeführt werden, auch wenn sie Gegenstand einer Klage sind. Den Beweis für das Vorliegen dieser Voraussetzungen haben die Antragsteller zu führen (vgl. insbesondere Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 26. Februar 1997 in der Rechtssache T-191/96 R, CAS Succhi di Frutta/Kommission, Slg. 1997, II-211, Randnr. 31).

66.
    Demgemäß können die Antragsteller die Dringlichkeit des Erlasses der beantragten einstweiligen Anordnung nur dadurch glaubhaft machen, daß sie die Gefahr eines schweren und irreversiblen Schadens für sie selbst im Falle des Ausbleibens einer solchen Anordnung dartun, nicht aber dadurch, daß sie auf einen etwaigen Schaden etwaiger anderer Bewerber verweisen, die möglicherweise zu Unrecht nicht in die Haupt- oder Reserveliste aufgenommen worden sind.

67.
    Zu dem von ihnen behaupteten Schaden haben die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, daß das Projekt Posible nicht durchgeführt werden könne, wenn ihnen kein Gemeinschaftszuschuß nach dem Programm MAST III zuerkannt werde. Dies würde es ihnen unmöglich machen, ihre Forschungstätigkeit fortzusetzen, und ihr wissenschaftliches Ansehen vor allem bei den übrigen Teilnehmern an diesem Projekt schwer beschädigen.

68.
    Hierzu genügt der Hinweis, daß die Aussetzung des Vollzugs der Haupt- und der Reserveliste, die die Antragsteller in erster Linie beantragen, ihnen nicht sofort und automatisch Zugang zu einer Gemeinschaftsfinanzierung verschaffen würde. Sie würde lediglich zum Einfrieren der gesamten Finanzierung für alle in die beiden Listen aufgenommenen Vorschläge führen, bis das Gericht in der Hauptsache entschieden hätte. Der Erlaß der beantragten Anordnung brächte daher den Antragstellern dem ersten Anschein nach keinen sofortigen Nutzen.

69.
    Die Antragsteller machen aber geltend, daß die Finanzierung der in die beiden Listen aufgenommenen Projekte aufgrund der angefochtenen Entscheidung vor einer etwaigen Nichtigerklärung dieser Entscheidung durch Urteil des Gerichts zu einer Erschöpfung der verfügbaren Mittel zu Lasten des Projekts Posible führen könnte, falls dieses im Anschluß an ein solches Urteil mit einem Gemeinschaftszuschuß bedacht werden sollte.

70.
    Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission bei einer Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung verpflichtet wäre, alle erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung des Urteils des Gerichts zu ergreifen und nach Maßgabe des Tenors und der Begründung dieses Urteils eine Entscheidung mit gegebenenfalls neuer Haupt- und Reserveliste zu erlassen.

71.
    In ihrer Klageschrift machen die Antragsteller im wesentlichen geltend, daß bei einem ordnungsgemäßen Verfahrensablauf, wenn also zum einen alle für den Bereich A (Meereswissenschaften) verfügbaren Mittel verwendet und nicht zum Teil auf die Bereiche B und C übertragen worden wären und zum anderen das Projekt AOSGE von der Reserveliste gestrichen worden wäre, alle Projekte, die gegenwärtig in der Reserveliste aufgeführt seien und eine Punktzahl zwischen 100 und 105 hätten, in die Hauptliste hätten aufgenommen werden können und das Projekt Posible auf der Reserveliste an erster Stelle stünde. Bei der Anhörung haben die Antragsteller bekräftigt, daß, wenn alle für den Bereich A verfügbaren Mittel für die zu diesem Bereich gehörenden Projekte verwendet worden wären,die Reserveliste kürzer gewesen wäre und das dann an erster Stelle dieser Liste stehende Projekt Posible einer konkreten Finanzierungsmöglichkeit näher gekommen wäre. Sie haben zwar ebenfalls die Aussetzung des Vollzugs der Hauptliste beantragt, weil das gesamte Verfahren mangelhaft gewesen sei, jedoch ausdrücklich eingeräumt, daß die Aussetzung des Vollzugs der Reserveliste eine „ausreichende Maßnahme“ wäre.

72.
    Insoweit läßt sich den von den Parteien vorgetragenen Gesichtspunkten und den Akten dem ersten Anschein nach nicht entnehmen, daß die Mittel des Bereichs A fehlerhaft auf andere Bereiche übertragen worden wären und die für den Bereich A verfügbaren Mittel ausgereicht hätten, neben den Projekten der Hauptliste auch die Projekte der Reserveliste mit einer Punktzahl zwischen 100 und 105 zu finanzieren und diese daher in die Hauptliste aufzunehmen.

73.
    Außerdem haben die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß eine Aussetzung des Vollzugs der Reserveliste ihre Rechte wahren könne (siehe Randnr. 71 dieses Beschlusses).

74.
    Unter diesen Umständen haben die Antragsteller ein Interesse an der Aussetzung des Vollzugs der Hauptliste nicht glaubhaft gemacht. Folglich liegen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen nicht vor, von denen nach ständiger Rechtsprechung der Erlaß einer einstweiligen Anordnung abhängt (vgl. insbesondere Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 17. Dezember 1996 in der Rechtssache T-164/96 R, Slg. 1996, II-2261, Randnr. 26).

75.
    Auf jeden Fall spricht die Abwägung der beiderseitigen Interessen für eine Zurückweisung des Hauptantrags auf Aussetzung des Vollzugs der Hauptliste und der Reserveliste. Der Erlaß der beantragten Anordnung wäre nämlich den Rechten der Dritten, deren Projekte in die Hauptliste aufgenommen wurden, sehr abträglich, da er die Aushandlung der Verträge und die Auszahlung der Gemeinschaftszuschüsse, auf die sie nach der angefochtenen Entscheidung Anspruch haben, zum Stillstand brächte. Darüber hinaus würde er - während der Dauer des Verfahrens zur Hauptsache - der Durchführung des Programms MAST III im Anschluß an die erwähnte zweite Ausschreibung entgegenstehen. Die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung würde somit die Durchführung dieses Programms beträchtlich verzögern und damit die Tätigkeit der Kommission in diesem Bereich behindern; in der dreizehnten Begründungserwägung der Entscheidung 94/804 über die Annahme des Programms MAST III wird jedoch die Notwendigkeit betont, die Durchführung des Programms durch Vereinfachung und Beschleunigung der Bewerbungs- und Auswahlverfahren und durch größere Transparenz zu fördern. Angesichts der sehr nachteiligen Folgen einer etwaigen Aussetzung des Vollzugs der Hauptliste sowohl für die genannten Dritten als auch die Gemeinschaft kann eine solche einstweilige Anordnung in der vorliegenden Sache keinesfalls eine geeignete Lösung sein.

76.
    Daher ist der von den Antragstellern gestellte Hilfsantrag zu prüfen, der auf die Aussetzung des Vollzugs nur der Reserveliste gerichtet ist. Insoweit ist zu untersuchen, ob die Aufrechterhaltung dieser Reserveliste bis zum Erlaß des Urteils zur Hauptsache das Projekt Posible um die Möglichkeit zu bringen droht, bei Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung einen Gemeinschaftszuschuß zu erhalten.

77.
    Die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung, soweit mit ihr die Reserveliste aufgestellt wurde, setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, daß den Antragstellern die Gefahr eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens droht (vgl. Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 4. Dezember 1991 in der Rechtssache C-225/91 R, Matra/Kommission, Slg. 1991, I-5823, Randnrn. 22 und 23, und Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 13. Mai 1993 in der Rechtssache T-24/93 R, Slg. 1993, II-543, Randnr. 34).

78.
    Aus Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich indessen eindeutig, daß ein Gemeinschaftszuschuß für Aktionen der Reserveliste nur dann bewilligt werden kann, wenn nach Ausschöpfung der Verpflichtungsermächtigungen für die Aktionen der Hauptliste Haushaltsmittel verfügbar bleiben sollten (siehe Randnr. 15 dieses Beschlusses). In der Praxis können sie eine Finanzierung nur erwarten, wenn, wie in Artikel 2 angeführt, bestimmte Aktionen der Hauptliste aufgegeben werden oder zum Abschluß eines Vertrages mit niedrigeren als den in der Entscheidung angesetzten Beträgen führen, an solchen Aktionen Beteiligte ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen, zusätzliche Mittel durch die Haushaltsbehörde zugewiesen werden oder Haushaltszuweisungen innerhalb desselben Postens angepaßt werden.

79.
    Im vorliegenden Fall ist den Angaben der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen und bei der Anhörung zu entnehmen, daß nur Aktionen, die in die Hauptliste aufgenommen wurden, bis zum März 1998 einen Gemeinschaftszuschuß erhalten können, weil nach den Schätzungen der Antragsgegnerin die Ausführung der Hauptliste 26,7 Millionen ECU mehr erfordern würde, als im Haushaltsjahr 1997 verfügbar seien. Selbst nach diesem Zeitpunkt werden, wie sich aus der vorstehenden Randnummer ergibt, die Projekte der Reserveliste einen Gemeinschaftszuschuß nur bei Ausfall bestimmter Projekte der Hauptliste, bei Anpassung von Haushaltszuweisungen oder bei Zuweisung zusätzlicher Mittel erhalten können.

80.
    Demnach ist davon auszugehen, daß der Eintritt der behaupteten Gefahr der Erschöpfung der verfügbaren Mittel infolge der Finanzierung von Projekten, die in die als rechtswidrig gerügte Reserveliste aufgenommen wurden, entfernt, ungewiß und vom Zufall abhängig ist. Diese Gefahr kann sich erst nach Ausschöpfung der Hauptliste konkretisieren und hängt darüber hinaus vom Eintritt von Umständen ab, die wie die eben erwähnten derzeit schwer vorhersehbar sind.

81.
    Eine solche rein potentielle Gefahr eines Nachteils kann die beantragte Aussetzung des Vollzugs nicht rechtfertigen. Sollte diese Gefahr sich konkretisieren, so können die Antragsteller dies alsdann beim Gemeinschaftsrichter geltend machen.

82.
    Der immaterielle Schaden infolge des Verlustes an wissenschaftlichem Ansehen, den die Antragsteller wegen der Nichtaufnahme des Projektes Posible in die Reserveliste erlitten haben wollen, kann gegebenenfalls durch Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit mit ihr die Reserveliste festgelegt wurde, wiedergutgemacht werden.

83.
    Aus all diesen Gründen sind die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs der Reserveliste im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

84.
    Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist daher insgesamt zurückzuweisen.

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1.    Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.

2.    Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 26. September 1997

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

A. Saggio


1: Verfahrenssprache: Italienisch.