Language of document : ECLI:EU:T:2012:632

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

28. November 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Daxon – Ältere Gemeinschaftswortmarke DALTON – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑29/12

Erika Bauer, wohnhaft in Schaufling (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin A. Merz,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch K. Klüpfel als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

BenQ Materials Corp. mit Sitz in Gueishan Taoyuan (Taiwan),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 9. November 2011 (Sache R 2191/2010‑2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Erika Bauer und der BenQ Materials Corp.

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und G. Berardis,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 17. Januar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 11. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 2. März 2009 meldete die BenQ Materials Corp. nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Daxon.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 3, 5, und 10 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Nicht medizinische Hautpflegepräparate in Form von Pasten zum Auffüllen von Narbenvertiefungen und anderen Falten in der Haut; Gesichts- und Körperlotionen und kosmetische Cremes zur Stärkung und zum Weichmachen der Haut; Gesichtsmasken; Körpermasken; alle vorstehend genannten Waren, soweit sie in Klasse 3 enthalten sind“;

–        Klasse 5:„Medizinische Pflaster; Wundversorgungsartikel und chirurgisches Verbandmaterial; Verbandstoff oder Verbandstoffe, nämlich Gaze, Klebestreifen für medizinische Zwecke, Klebebänder für medizinische Zwecke, Bandagen für gesundheitliche und medizinische Zwecke; haftende Elastomerbögen für die Behandlung von Narben; alle vorstehend genannten Waren, soweit sie in Klasse 5 enthalten sind“;

–        Klasse 10: „Künstliche Haut für chirurgische Zwecke“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 25/2009 vom 6. Juli 2009 veröffentlicht.

5        Am 1. Oktober 2009 erhob Erika Bauer gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren Widerspruch nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009.

6        Der Widerspruch war auf die am 11. Februar 2009 unter der Nr. 6640627 eingetragene ältere Gemeinschaftsmarke DALTON gestützt, die u. a. folgende Waren der Klassen 3 und 5 erfasst:

–        Klasse 3: „Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Kosmetika, Hautsalben und Puder für kosmetische Zwecke, Bleichcreme für die Haut, Hautpflegemittel (kosmetisch), Hautcreme (kosmetisch), Zahnwasser, Zahnpulver, Zahnpasta, medizinische Zahnputzmittel, Haarwasser, ätherische Öle, Seifen, Toiletteseifen, Haushaltsseifen, Rasierseifen und andere Seifen, medizinische oder desodorierende Seifen, Toilettenwasser, Desodorierungsmittel für den persönlichen Gebrauch, Duftwasser, Wasch- und Bleichmittel, Stärke und Stärkepräparate für Wasch- und kosmetische Zwecke, Raumsprays als reine Duftsprays, Toilettenpräparate (soweit in Klasse 3 enthalten), Haarpflegemittel, Shampoos, Haarspray, Haarwaschmittel, Badesalze (nicht für medizinische Zwecke), kosmetische Badezusätze, Duschgel, Sonnenschutzmittel (kosmetische Mittel zur Hautbräunung), Rasiermittel; Reinigungsmilch, Öle für Körper- und Schönheitspflege, Schminke, Nagellack, Nagelpflegemittel, Lotionen für kosmetische Zwecke, Lippenstifte, Make-up, Wimperntusche, Lidschatten“;

–        Klasse 5: „Veterinärmedizinische Erzeugnisse, Babykost, Pflaster, Verbandmaterial Antiseptika, Desinfektionsmittel (nur für Humanzwecke), Insektizide, Fungizide, Herbizide, Pharmazeutische Präparate für die Hautpflege, Hygienepräparate für medizinische Zwecke, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke“.

7        Der Widerspruch wurde mit dem Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 begründet.

8        Die Widerspruchsabteilung wies den Widerspruch am 22. Oktober 2010 in vollem Umfang zurück. Sie war insbesondere der Auffassung, dass zwischen der älteren Marke und der angemeldeten Marke zwar gewisse Ähnlichkeiten bestünden, diese Ähnlichkeiten jedoch im von den Marken hervorgerufenen Gesamteindruck von untergeordneter Bedeutung seien, und dass aus Sicht der maßgebenden Verkehrskreise selbst bei identischen Waren keine Verwechslungsgefahr vorliege.

9        Am 9. November 2010 legte Frau Bauer nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 9. November 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung der Widerspruchsabteilung. Diese stellte fest, dass die in Rede stehenden Waren mit Ausnahme der von der angemeldeten Marke erfassten Ware „künstliche Haut für chirurgische Zwecke“ identisch seien, und führte dann aus, dass zum einen zwischen den fraglichen Zeichen kein hoher Grad an Ähnlichkeit vorliege und dass zum anderen die Aufmerksamkeit der Verbraucher hoch sei. Sie stellte daher keine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken fest.

 Verfahren und Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung insgesamt aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13      Mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 hat die Alva Management GmbH beantragt, anstelle von Frau Bauer als Klägerin in das Verfahren vor dem Gericht einzutreten, weil die Rechte an der älteren Marke auf sie übertragen worden seien.

14      Mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 sind die Verfahrensbeteiligten aufgefordert worden, zum Antrag auf Parteiwechsel auf der Klägerseite Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 5. November 2012 hat Frau Bauer erklärt, keine Einwände gegen den Antrag zu haben. Mit am 9. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schreiben hat das HABM erklärt, dass der Rechtsübergang an der älteren Marke zugunsten von Alva Management am 10. August 2012 in das Register des HABM eingetragen worden sei.

 Rechtliche Würdigung

15      Der beantragte Parteiwechsel auf der Klägerseite ist zulässig, da die Verfahrensbeteiligten in ihren Stellungnahmen keine Einwände hiergegen vorgebracht haben und der Rechtsübergang am 10. August 2012 in das Register des HABM eingetragen worden ist; nach ständiger Rechtsprechung hat der Rechtsinhaber, im vorliegenden Fall Alva Management, den Rechtsstreit in der Lage anzunehmen, in der sich dieser zur Zeit des Parteiwechsels befindet (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Gerichts vom 10. September 2010, Jiménez Sarmiento/HABM – Robin u. a. [Q], T‑455/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 11, und vom 26. Mai 2011, Google/HABM – Giersch Ventures [GMail], T‑527/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 12).

16      In der Sache stützt die Klägerin ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend macht, weil die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt habe, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen der älteren Marke DALTON und der angemeldeten Marke Daxon bestehe.

17      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. „Ältere Marken“ sind nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 207/2009 die Gemeinschaftsmarken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

18      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist die Verwechslungsgefahr umfassend, entsprechend der Wahrnehmung der Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM − Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich Identität oder Ähnlichkeit zwischen den mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Im Licht dieser Erwägungen ist der von der Klägerin geltend gemachte einzige Klagegrund zu prüfen.

 Maßgebende Verkehrskreise

21      Zunächst ist in Übereinstimmung mit den Feststellungen der Beschwerdekammer in Randnr. 20 der angefochtenen Entscheidung, denen die Verfahrensbeteiligten nicht entgegengetreten sind, davon auszugehen, dass im Hinblick darauf, dass es sich bei der älteren Marke und der angemeldeten Marke um Gemeinschaftsmarken handelt, das für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebende Gebiet das der Europäischen Union ist.

22      Sodann hat die Beschwerdekammer in Randnr. 20 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sich erstens, was die Waren der Klassen 3 und 5 betrifft, die maßgebenden Verkehrskreise aus Durchschnittsverbrauchern des allgemeinen Publikums zusammensetzten und dass zweitens, was die Waren der Klasse 5 betrifft, auch Fachkreise zu den maßgebenden Verkehrskreisen gehörten, wie beispielsweise Berufstätige im medizinischen Bereich. Drittens richtet sich nach der Beschwerdekammer die Ware „künstliche Haut für chirurgische Zwecke“ der Klasse 10 ausschließlich an Fachkreise, in erster Linie an beruflich in der Chirurgie Tätige sowie an Gesellschaften, die chirurgische Dienstleistungen anbieten.

23      Da die Akten nichts enthalten, was es erlaubte, die Beurteilung der Beschwerdekammer in dieser Hinsicht in Zweifel zu ziehen, ist festzustellen, dass in Bezug auf die Definition der maßgebenden Verkehrskreise kein Fehler vorliegt.

 Vergleich der Zeichen

24      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken in Bild, in Klang oder der Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      In den Randnrn. 30 und 31 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer zunächst festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen jeweils über normale, als durchschnittlich anzusehende Kennzeichnungskraft verfügten. Dies ist von den Parteien nicht bestritten worden. Sodann hat die Beschwerdekammer in Randnr. 33 der angefochtenen Entscheidung in bildlicher Hinsicht ausgeführt, dass die in Rede stehenden Marken vier Buchstaben gemeinsam hätten, die am Anfang und am Ende der jeweiligen Zeichen stünden, dass sie aufgrund der Unterschiede der in ihrer Mitte stehenden Buchstaben allerdings nur über einen bestimmten Grad an bildlicher Ähnlichkeit verfügten. Zum klanglichen Vergleich hat die Beschwerdekammer in Randnr. 34 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Marken aufgrund der Identität der ersten und letzten Buchstaben einen ähnlichen Klang hätten, die Unterschiede in der Aussprache der Konsonanten in der Wortmitte jedoch leicht wahrnehmbar seien, da es sich um Zeichen mit nur zwei Silben handele und die in der Mitte stehenden Konsonanten das Ende der ersten und den Anfang der zweiten Silbe bildeten. Die Beschwerdekammer zog hieraus den Schluss, dass der Grad der klanglichen Ähnlichkeit vergleichsweise gering sei.

26      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Zeichen DALTON und Daxon in bildlicher und klanglicher Hinsicht hochgradig ähnlich seien, da sie in ihrem Anfang und Ende übereinstimmten und dieselbe Silbenzahl hätten, nämlich zwei. Dem Unterschied zwischen den in der Mitte der beiden Zeichen stehenden Konsonanten komme keine große Bedeutung zu, da die Verbraucher der Wortmitte geringere Beachtung schenkten.

27      Den von der Beschwerdekammer getroffenen Feststellungen ist zuzustimmen.

28      Zwar trifft es zu, dass, wie die Klägerin ausführt, der Verbraucher dem Anfang der Wörter normalerweise, insbesondere bei Zeichen, die mehrere Wortbestandteile enthalten, größere Bedeutung beimisst (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. September 2012, Scandic Distilleries/HABM – Bürgerbräu, Röhm & Söhne [BÜRGER], T‑460/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 40 und 48 und die dort angeführte Rechtsprechung), doch geht aus der Rechtsprechung auch hervor, dass bei vergleichsweise kurzen Zeichen die Anfangs- und Endbestandteile des Zeichens dieselbe Bedeutung haben wie die mittleren Bestandteile (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. September 2009, Hipp & Co/HABM – Laboratorios Ordesa [Bebimil], T‑221/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Beschwerdekammer hat somit keinen Fehler begangen, indem sie diese Rechtsprechung herangezogen und auf den vorliegenden Fall angewendet hat.

29      Da die einander gegenüberstehenden Marken, die fünf bzw. sechs Buchstaben enthalten, nur aus jeweils einem einzigen Wort bestehen, das von zwei Silben gebildet wird, von denen keine übereinstimmt, und da die mittleren Konsonanten, also der Buchstabe „x“ und die Buchstaben „l“ und „t“ sich in bildlicher Hinsicht unterscheiden und sehr unterschiedlich ausgesprochen werden, hat die Beschwerdekammer sodann zutreffend festgestellt, dass erstens die fraglichen Marken nur einen gewissen Grad an bildlicher Ähnlichkeit aufwiesen und zweitens die klangliche Ähnlichkeit nur vergleichsweise gering sei (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 21. September 2012, Wesergold Getränkeindustrie/HABM – Lidl Stiftung [WESTERN GOLD], T‑278/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 47, 49 und 50). Was speziell die klangliche Ähnlichkeit betrifft, wird zudem, wie das HABM ausgeführt hat, in einigen Sprachen der Union allgemein die erste Silbe betont und nicht die zweite, wodurch die Unterschiede in der Aussprache hervorgehoben werden.

30      Drittens hat die Beschwerdekammer keinen Beurteilungsfehler begangen, indem sie in Randnr. 35 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in begrifflicher Hinsicht nicht verglichen zu werden brauchten, weil die Akten nichts enthielten, was ihre Beurteilung in Frage stellen könnte, wonach keines der Zeichen eine klare Bedeutung habe, was im Übrigen von der Klägerin nicht bestritten wird.

31      Aus alledem ergibt sich, dass die Beurteilung der Beschwerdekammer, was den Vergleich der Zeichen betrifft, zu bestätigen ist.

 Verwechslungsgefahr

32      Was zunächst die Waren der Klassen 3 und 5 (Randnrn. 3 und 6 des vorliegenden Urteils) betrifft, hat die Beschwerdekammer in Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sie identisch sind. Da die Klägerin dieser Feststellung nicht entgegengetreten ist, ist sie zu bestätigen. Daher ist die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Verwechslungsgefahr in Bezug auf diese Waren zu prüfen.

33      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 74). Die Wechselbeziehung zwischen diesen Faktoren hat im achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 Ausdruck gefunden, wonach der Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen ist, deren Beurteilung ihrerseits von zahlreichen Faktoren abhängt, u. a. von dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die zwischen ihr und dem benutzten oder eingetragenen Zeichen hergestellt werden kann, und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen sowie zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. September 2008, Boston Scientific/HABM – Terumo [CAPIO], T‑325/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Die Beschwerdekammer hat in den Randnrn. 36 und 37 der angefochtenen Entscheidung u. a. ausgeführt, dass selbst bei identischen Waren der von den einander gegenüberstehenden Zeichen jeweils hervorgerufene Gesamteindruck so unterschiedlich sei, dass die maßgebenden Verkehrskreise sie voneinander unterscheiden könnten, insbesondere im Hinblick auf die Kürze der Wörter.

35      Im vorliegenden Fall besteht bei den nicht in Klasse 10 fallenden Waren Identität zwischen den von der älteren Marke und den von der angemeldeten Marke erfassten Waren. Jedoch ist in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils festgestellt worden, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen erstens nur eine durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit, zweitens nur eine geringe klangliche Ähnlichkeit und drittens eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft besitzen. Daher kann aus der bloßen Tatsache, dass die fraglichen Waren identisch sind, für sich genommen nicht auf eine hinreichend hohe Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken geschlossen werden, da die ältere Marke weder über eine hohe oder auch nur höher als normale Kennzeichnungskraft noch über eine klare Bedeutung verfügt.

36      Diese Schlussfolgerung wird durch den Umstand gestützt, dass ein hoher Aufmerksamkeitsgrad der maßgebenden Verkehrskreise vorliegt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat nämlich die Beschwerdekammer, auch wenn die in Klasse 3 fallenden Kosmetikartikel als Massenware bezeichnet werden könnten, in Randnr. 39 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die Verbraucher jedenfalls dazu neigen, beim Erwerb von Körperpflegeprodukten aufmerksam zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Oktober 2011, dm-drogerie markt/HABM – Semtee [caldea], T‑304/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58).

37      Ebenso ist auch, was die in Klasse 5 fallenden pharmazeutischen Waren betrifft, die Feststellung der Beschwerdekammer in Randnr. 38 der angefochtenen Entscheidung bezüglich des Fehlens einer Verwechslungsgefahr dadurch gerechtfertigt, dass entschieden worden ist, dass der Verbraucher bei diesen Waren einen hohen Grad an Aufmerksamkeit aufwendet (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2009, Procter & Gamble/HABM – Laboratorios Alcala Farma [oli], T‑240/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50, und vom 15. März 2012, Cadila Healthcare/HABM – Novartis [ZYDUS], T‑288/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36).

38      Hieraus folgt, dass der Verbraucher bei den für identisch erklärten Waren eine hohe Aufmerksamkeit an den Tag legt, was die Gefahr einer möglichen Verwechslung noch weiter verringern kann.

39      Zur Verwechslungsgefahr zwischen den in Klasse 10 fallenden Waren der angemeldeten Marke und den von der älteren Marke erfassten Waren ist Folgendes festzustellen.

40      Die Klägerin rügt insoweit die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 10 sich von den von der älteren Marke erfassten Waren unterscheiden. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass sich zwar die von der angemeldeten Marke erfasste „künstliche Haut für chirurgische Zwecke“ an sehr spezifische Fachkreise richte, die von der älteren Marke erfassten pharmazeutischen Präparate für die Hautpflege jedoch nicht nur dem Durchschnittsverbraucher, sondern auch den Fachkreisen zu deren ergänzenden Behandlung und Verschreibung an ihre Patienten angeboten würden. Die Waren seien ähnlich, weil die angesprochenen Verkehrskreise zumindest in Teilen identisch seien. Diese Ähnlichkeit zwischen den Waren begründe wiederum eine Verwechslungsgefahr.

41      Dieses Vorbringen ist jedoch als ins Leere gehend zurückzuweisen. Selbst wenn man nämlich annähme, dass die von der angemeldeten Marke und die von der Widerspruchsmarke erfassten Waren ähnlich seien, änderte dies nichts an der Richtigkeit der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung in Bezug auf das Fehlen von Verwechslungsgefahr für diese Waren. Die maßgebenden Verkehrskreise bestehen nämlich, wie in den Randnrn. 22 und 23 des vorliegenden Urteils dargelegt, aus Fachleuten, deren Aufmerksamkeit hoch ist, und die Beschwerdekammer ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass selbst für identische Waren keine Verwechslungsgefahr bestehe.

42      Hieraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerin, wonach die „künstliche Haut für chirurgische Zwecke“ und die pharmazeutischen Hautpflegeprodukte ähnlich seien, als ins Leere gehend zurückzuweisen ist, ohne dass ein Vergleich dieser Waren vorgenommen zu werden brauchte (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 2011, Galileo International Technology/HABM – Galileo Sistemas y Servicios [GSS GALILEO SISTEMAS Y SERVICIOS], T‑488/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 50 und 51).

43      Nach alledem greift das Vorbringen der Klägerin in Bezug auf das angebliche Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken nicht durch.

44      Infolgedessen ist der einzige Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen und die Klage somit abzuweisen.

 Kosten

45      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Eintritt der Alva Management GmbH als Klägerin anstelle von Erika Bauer in den Rechtsstreit wird zugelassen.

2.      Die Klage wird abgewiesen.

3.      Die Alva Management GmbH trägt die Kosten.

Kanninen

Wahl

Berardis

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. November 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.