Language of document : ECLI:EU:T:2021:209

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

21. April 2021(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionsbildmarke MEN+ – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art.  7 Abs.  1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 – Tatsachenprüfung – Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T-345/20,

Robert Klingel OHG mit Sitz in Pforzheim (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Zick,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 27. März 2020 (Sache R 1906/2019-1) über die Anmeldung des Bildzeichens MEN+ als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin A. Marcoulli (Berichterstatterin) sowie der Richter C. Iliopoulos und R. Norkus,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 4. Juni 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 21. August 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 16. November 2018 meldete die Hasi 1 Marke GmbH & Co. KG – die Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Robert Klingel OHG – nach der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 18, 25 und 35 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 18: „Leder und Lederimitationen; Tierhäute und Tierfelle; Reisegepäck und Tragtaschen; Gepäck, Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse; Regenschirme und Sonnenschirme, Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Halsbänder, Leinen, Decken und Bekleidung für Tiere; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 18 enthalten“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schuhwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 25 enthalten“;

–        Klasse 35: „Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing und Verkaufsförderung; kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste, nämlich Einzelhandelsdienstleistungen, Großhandelsdienstleistungen und Versandhandelsdienstleistungen, jeweils auch online und über Computernetzwerke, in Bezug auf Edelsteine, Perlen und Edelmetalle sowie Imitationen hiervon, Juwelierwaren, Schmuckwaren, Zeitmessgeräte, Uhren und Zeitmessinstrumente, andere Waren aus Edelmetall und Edelsteinen sowie Imitationen hiervon, nämlich aus Edelmetallen oder Halbedelmetallen oder Halbedelsteinen oder Imitaten hiervon hergestellte oder damit beschichtete Statuen und Figuren, aus Edelmetallen oder Halbedelmetallen oder Halbedelsteinen oder Imitaten hiervon hergestellte oder damit beschichtete Verzierungen, Münzen und Wertmarken, Kunstwerke aus Edelmetall, Schlüsselringe und Schlüsselketten sowie Anhänger hierfür, Schmuck- und Uhrenbehältnisse, Leder und Lederimitationen, Tierhäute und Tierfelle, Reisegepäck und Tragtaschen, Gepäck, Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse, Regenschirme und Sonnenschirme, Spazierstöcke, Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren, Halsbänder, Leinen, Decken und Bekleidung für Tiere, Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckung, und in Bezug auf Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren“.

4        Mit Entscheidung vom 10. Juli 2019 lehnte der Prüfer die Eintragung des Anmeldezeichens gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 für alle von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen ab.

5        Am 27. August 2019 legte die Rechtsvorgängerin der Klägerin beim EUIPO gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 ein.

6        Mit Entscheidung vom 27. März 2020 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde teilweise zurück. Sie war der Auffassung, dass dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 in Bezug auf alle beanspruchten Waren der Klasse 25 sowie für einen Teil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 18 und 35 (im Folgenden: in Rede stehende Waren und Dienstleistungen) fehle, nämlich für:

–        Klasse 18: „Reisegepäck und Tragtaschen; Gepäck, Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse; Regenschirme und Sonnenschirme, Spazierstöcke; Peitschen und Sattlerwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 18 enthalten“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schuhwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 25 enthalten“;

–        Klasse 35: „Kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste, nämlich Einzelhandelsdienstleistungen, Großhandelsdienstleistungen und Versandhandelsdienstleistungen, jeweils auch online und über Computernetzwerke, in Bezug auf Juwelierwaren, Schmuckwaren, Zeitmessgeräte, Uhren und Zeitmessinstrumente, andere Waren aus Edelmetall und Edelsteinen sowie Imitationen hiervon, nämlich aus Edelmetallen oder Halbedelmetallen oder Halbedelsteinen oder Imitaten hiervon hergestellte oder damit beschichtete Statuen und Figuren, aus Edelmetallen oder Halbedelmetallen oder Halbedelsteinen oder Imitaten hiervon hergestellte oder damit beschichtete Verzierungen, Münzen und Wertmarken, Kunstwerke aus Edelmetall, Schlüsselringe und Schlüsselketten sowie Anhänger hierfür, Schmuck- und Uhrenbehältnisse, Reisegepäck und Tragtaschen, Gepäck, Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse, Regenschirme und Sonnenschirme, Spazierstöcke, Peitschen und Sattlerwaren, Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckung, und in Bezug auf Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren“.

7        Die Beschwerdekammer war im Wesentlichen der Auffassung, dass das angemeldete Zeichen eine bloße werbende Information darstelle, die bedeute, dass die betreffenden Waren und Dienstleistungen an Männer gerichtet oder für Männer besonders entworfen worden seien, und von einer höheren Qualität seien bzw. ein „Plus“ böten. Die Beschwerdekammer wies darauf hin, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen spezifisch an Männer gerichtet sein könnten und eine hohe Qualität besäßen oder zumindest so präsentiert werden könnten, und stellte dann fest, dass den maßgeblichen Verkehrskreisen diese werbetypische Aussage unmittelbar klar sein werde. Die grafischen Elemente des angemeldeten Zeichens, d. h. die fett gedruckte Schreibweise des Wortbestandteils „MEN“, das Hochstellen des „+“-Symbols und die Schriftart, seien banal und verliehen daher dem angemeldeten Zeichen keine Unterscheidungskraft.

8        Indessen hob die Beschwerdekammer die Entscheidung des Prüfers in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, die nicht für Männer bestimmt seien oder sich nicht ausschließlich an diese richteten, teilweise auf und ließ die Anmeldung insoweit zur Veröffentlichung zu, nämlich für:

–        Klasse 18: „Leder und Lederimitationen; Tierhäute und Tierfelle; Pferdegeschirre; Halsbänder, Leinen, Decken und Bekleidung für Tiere; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 18 enthalten“;

–        Klasse 35: „Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing und Verkaufsförderung; kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste, nämlich Einzelhandelsdienstleistungen, Großhandelsdienstleistungen und Versandhandelsdienstleistungen, jeweils auch online und über Computernetzwerke, in Bezug auf Edelsteine, Perlen und Edelmetalle sowie Imitationen hiervon; Leder und Lederimitationen, Tierhäute und Tierfelle, Pferdegeschirre, Halsbänder, Leinen, Decken und Bekleidung für Tiere, und in Bezug auf Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren“.

 Anträge der Parteien

9        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit die Eintragung des angemeldeten Zeichens für die oben in Rn. 6 genannten Waren und Dienstleistungen abgelehnt wurde;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

10      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

11      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 geltend, da die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt habe, dass das angemeldete Zeichen keine Unterscheidungskraft habe. In diesem Rahmen macht die Klägerin auch geltend, dass sich die Beschwerdekammer nicht auf eine pauschale Begründung für alle in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen habe beschränken dürfen. Die Klägerin scheint ferner die Auffassung zu vertreten, dass die Beschwerdekammer gegen ihre frühere Praxis verstoßen habe.

12      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

13      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

14      Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne dieser Vorschrift, dass die Marke geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C-398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Die Eintragung von Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sie sich beziehen, verwendet werden, ist nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen. An die Beurteilung der Unterscheidungskraft solcher Marken sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als an sonstige Zeichen. Bei einem Werbeslogan kann für die Annahme des nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 erforderlichen Minimums an Unterscheidungskraft nicht verlangt werden, dass er „phantasievoll“ sein oder gar „ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge [hat,]“ aufweisen muss (Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C-398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 35, 36 und 39).

17      Im Übrigen hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine Marke zwar nur unterscheidungskräftig ist, soweit sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen, dass aber die bloße Tatsache, dass eine Marke von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird und dass grundsätzlich andere Unternehmen sie sich im Hinblick auf ihren lobenden Charakter zu eigen machen könnten, als solche nicht ausreicht, um den Schluss zu ziehen, dass der Marke die Unterscheidungskraft fehlt. Insoweit hat der Gerichtshof insbesondere hervorgehoben, dass die anpreisende Konnotation einer Wortmarke es nicht ausschließt, dass sie gleichwohl geeignet ist, gegenüber den Verbrauchern die Herkunft der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Eine solche Marke kann daher von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig als Werbeslogan und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Daraus ergibt sich, dass es, sofern diese Verkehrskreise die Marke als Herkunftshinweis wahrnehmen, für ihre Unterscheidungskraft unerheblich ist, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird (Urteile vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C-398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 44 und 45, und vom 12. Juli 2012, Smart Technologies/HABM, C-311/11 P, EU:C:2012:460, Rn. 29 und 30). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C-398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 57).

18      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer, wie die Klägerin geltend macht, mit ihrer Feststellung, dass dem angemeldeten Zeichen für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehle, gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 verstoßen hat.

 Vorbemerkungen

19      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass bestimmte Beurteilungen der Beschwerdekammer von der Klägerin nicht gerügt werden.

20      So bestreitet die Klägerin erstens in Bezug auf die maßgeblichen Verkehrskreise nicht die Feststellung der Beschwerdekammer, dass diese sich im Wesentlichen aus dem allgemeinen Publikum mit einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad und aus einem Fachpublikum, bei dem von einem höheren Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen werden könne, zusammensetzten (Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung). Die Klägerin stellt auch nicht die Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage, wonach die maßgeblichen Verkehrskreise aus englischsprachigen Verbrauchern oder auch aus Verbrauchern bestünden, die Grundkenntnisse der englischen Sprache besäßen (Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung).

21      Was zweitens die grafischen Elemente des angemeldeten Zeichens anbelangt, so rügt die Klägerin nicht die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass diese banal seien und der angemeldeten Marke für sich genommen keine Unterscheidungskraft verleihen könnten (Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung).

22      Im vorliegenden Fall enthalten die Akten keinen Anhaltspunkt, der diese Beurteilungen der Beschwerdekammer in Bezug auf die maßgeblichen Verkehrskreise und die grafischen Elemente, aus denen sich das angemeldete Zeichen zusammensetzt, in Frage stellen könnte.

 Zur Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens

23      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sich das angemeldete Zeichen aus dem Wort „men“, das im Englischen „Männer“ bedeute, und aus dem „+“-Symbol, das in der Werbesprache allgemein eine bessere Qualität oder einen Vorteil bezeichne, zusammensetze. In Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, dass das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit eine werbende Information darstelle, nämlich dass bestimmte Waren und Dienstleistungen an Männer gerichtet oder speziell für Männer entworfen worden seien und von höherer Qualität seien oder ein „Plus“ böten. In Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer nach einer Prüfung des Zusammenhangs zwischen dem angemeldeten Zeichen und den von ihm erfassten Waren und Dienstleistungen festgestellt, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen Gegenstand dieser Werbebotschaft sein könnten. Daher verstünden, so die Beschwerdekammer in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung, die maßgeblichen Verkehrskreise dieses Zeichen in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als bloße Werbeaussage, die vermittele, dass sich diese Waren und Dienstleistungen spezifisch an Männer richteten und von besserer Qualität als die Waren und Dienstleistungen der Konkurrenz seien. In Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer deshalb zu dem Ergebnis gelangt, dass das angemeldete Zeichen im Kontext der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen von Haus aus nicht unterscheidungskräftig sei.

24      Die Klägerin tritt diesen Beurteilungen der Beschwerdekammer entgegen und macht geltend, dass das angemeldete Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft habe.

25      Insbesondere bestreitet die Klägerin zwar nicht den Sinngehalt, den die Beschwerdekammer dem Begriff „men“ beigemessen hat, scheint indessen aber den dem Bestandteil „+“ zugeschriebenen Sinngehalt zu bestreiten.

26      Außerdem macht die Klägerin geltend, dass das angemeldete Zeichen vom Durchschnittsverbraucher einen nicht unbeachtlichen Interpretationsaufwand erfordere. Das Zeichen weise daher keinen eindeutigen Begriffsinhalt auf.

27      Schließlich macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe, um ihr Vorbringen in Bezug auf die Vielzahl von Bedeutungen des angemeldeten Zeichens zurückzuweisen, zu Unrecht ausgeführt, dass für die Ablehnung der Eintragung dieses Zeichens die Feststellung genüge, dass es zumindest in einer seiner Bedeutungen keine Unterscheidungskraft habe. Damit habe die Beschwerdekammer rechtsfehlerhaft die Rechtsprechung, die ursprünglich im Rahmen von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 – der den Ausschluss der Eintragung beschreibender Zeichen betreffe – entwickelt worden sei, analog auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung angewandt.

28      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

29      Insoweit ist erstens zur Bedeutung des Bestandteils „+“ festzustellen, dass ihm die Klägerin keinen anderen Sinn beimisst als den, den ihm die Beschwerdekammer beigelegt hat, und dass sie daher keineswegs die Tatsache in Frage stellt, dass dieser Bestandteil dem mathematischen Symbol „+“ entspricht.

30      Aus der Rechtsprechung ergibt sich aber, dass das mathematische Symbol „+“ auf einen positiven oder zusätzlichen Bestandteil hinweist und mit dem Begriff des „Mehr“ somit zusammenhängt (vgl. in diesem Sinne die Urteile vom 3. März 2010, Lufthansa AirPlus Servicekarten/HABM – Applus Servicios Tecnológicos (A+), T-321/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:64, Rn. 40 und 42, und vom 27. November 2018, H2O Plus/EUIPO (H 2 O+), T-824/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:843, Rn. 30).

31      Außerdem ist, ohne dass auf das Vorbringen des EUIPO zur allgemeinen Bekanntheit dieser Tatsache eingegangen zu werden braucht, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Beschluss vom 25. November 2010, Lufthansa AirPlus Servicekarten/HABM (C‑216/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:719, Rn. 32), entgegen dem Vorbringen der Klägerin festgestellt hat, dass die Verwendung des in Form des „+“-Zeichens formalisierten Begriffs des „Mehr“ im Marken- und Werbebereich geläufig ist. Der Umstand, dass sich dieser Beschluss auf ein Widerspruchsverfahren und nicht auf eine Anmeldung bezieht, ist für diese Feststellung tatsächlicher Art ohne Belang.

32      Die Beschwerdekammer ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Bestandteil „+“ in der Werbesprache allgemein eine bessere Qualität oder einen Vorteil bezeichnet.

33      Zweitens ist, soweit die Klägerin ohne weitere Erläuterung geltend zu machen scheint, dass die Auslegung des angemeldeten Zeichens einen beachtlichen Interpretationsaufwand erfordere, festzustellen, dass dieses Zeichen aus der Kombination des Begriffs „men“ – der „Männer“ bedeutet – und dem Symbol „+“ – das eine bessere Qualität oder einen Vorteil bezeichnet – besteht, die leicht verständlich sind. Die bloße Aneinanderreihung dieser Bestandteile schafft keine so originelle Kombination, dass sie deren offenkundige Bedeutung verändert oder dem angemeldeten Zeichen einen mehrdeutigen Charakter verleiht.

34      Unter diesen Umständen wird der englischsprachige Verbraucher entgegen dem Vorbringen der Klägerin daher die durch das angemeldete Zeichen vermittelte klare und unzweideutige Werbeaussage sofort und ohne weiteres Nachdenken verstehen, d. h., wie die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen an Männer gerichtet sind oder für Männer besonders entworfen wurden und von einer höheren Qualität sind oder ein „Plus“ bieten.

35      Drittens schließlich ist zu dem Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht ausgeführt, dass für die Ablehnung der Eintragung des angemeldeten Zeichens die Feststellung genüge, dass ihm zumindest in einer seiner Bedeutungen die Unterscheidungskraft fehle, Folgendes festzustellen.

36      Der Gerichtshof hat kürzlich im Urteil vom 3. September 2020, achtung!/EUIPO (C-214/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:632), darauf hingewiesen, dass den von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 erfassten beschreibenden Zeichen, unbeschadet eines möglichen Erwerbs von Unterscheidungskraft durch Benutzung, auch die Unterscheidungskraft fehlt und dass das Zeichen nach der Rechtsprechung, wenn mindestens eine seiner potenziellen Bedeutungen ein Merkmal der betreffenden Waren und Dienstleistungen bezeichnet, als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 eingestuft und deshalb von der Eintragung ausgeschlossen wird (vgl. Urteil vom 3. September 2020, achtung!/EUIPO, C-214/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:632, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Der Gerichtshof hat sodann klargestellt, dass diese im Rahmen von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 entwickelte Rechtsprechung nicht entsprechend auf die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung übertragen werden kann, wenn die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 aus anderen Gründen als ihrem beschreibenden Charakter in Frage gestellt wird. In diesem Fall ist, wie der Gerichtshof festgestellt hat, nicht auszuschließen, dass der Anmelder zum Nachweis der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke mit Erfolg ein auf ihre mehreren Bedeutungen gestütztes Argument anführen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. September 2020, achtung!/EUIPO, C-214/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:632, Rn. 35).

38      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der beschreibende Charakter des angemeldeten Zeichens weder dargetan noch geprüft worden ist. Daher ist in Anwendung der oben in den Rn. 36 und 37 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass die Beschwerdekammer einen Rechtsfehler begangen hat, indem sie in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung die im Rahmen von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 entwickelte Rechtsprechung auf deren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b entsprechend übertragen hat.

39      Dieser Fehler kann jedoch im vorliegenden Fall nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.

40      Erstens ist nämlich festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift keine andere mögliche Interpretation des angemeldeten Zeichens aufzeigt. Sie ist daher für die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens den Nachweis schuldig geblieben, dass das angemeldete Zeichen im vorliegenden Fall mehrere Bedeutungen hat. Die Klägerin hat somit in keiner Weise dargetan, inwiefern der oben in Rn. 38 festgestellte Fehler die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung beeinträchtigen würde.

41      Zweitens ist, angenommen, dass die von der Klägerin im Verfahren vor dem EUIPO eingereichten Schriftsätze zu berücksichtigen seien, festzustellen, dass sie geltend zu machen scheint, dass sich das angemeldete Zeichen auf die höheren Qualitäten bei Männern beziehe.

42      Hierzu ist festzustellen, dass die Bedeutung des angemeldeten Zeichens nach der oben in Rn. 15 angeführten Rechtsprechung im Hinblick auf die bezeichneten Waren und Dienstleistungen zu untersuchen ist (vgl. Urteil vom 20. November 2002, Bosch/HABM [Kit Pro und Kit Super Pro], T-79/01 und T-86/01, EU:T:2002:279, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Im vorliegenden Fall weisen, wie die Beschwerdekammer in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen das Merkmal auf, dass sie spezifisch an Männer gerichtet sein können und eine hohe Qualität besitzen oder zumindest so präsentiert werden können.

44      Diese Feststellung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin entkräftet, dass die in Rede stehenden Waren im Unterschied zu den in Rede stehenden Dienstleistungen für sich genommen kein besseres Angebot bieten könnten. Es ist nämlich allgemein bekannt, dass die in Rede stehenden Waren von unterschiedlicher Qualität und damit auch von hoher Qualität sein können.

45      Unter diesen Umständen besteht also ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem angemeldeten Zeichen und den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen, die die gemeinsamen Merkmale aufweisen, dass sie Männer als alleinige Zielgruppe haben und dass sie ein „Plus“ bieten können, so dass dieses Zeichen im Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen von den maßgeblichen Verkehrskreisen offenkundig nur als Hinweis auf die Empfänger und die Qualität dieser Waren und Dienstleistungen verstanden wird, wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen festgestellt hat.

46      Darüber hinaus ist, wenn die Klägerin in ihren beim EUIPO eingereichten Schriftsätzen geltend machen wollte, dass das angemeldete Zeichen bedeute, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen Männern höhere Qualitäten anböten, festzustellen, dass sich eine solche Auslegung nicht grundlegend von der der Beschwerdekammer unterscheidet, da der Bestandteil „+“ immer so verstanden wird, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen Männern ein „Plus“ bieten.

47      Die Klägerin tut daher nicht dar, dass das angemeldete Zeichen eine Mehrdeutigkeit aufweise, die die maßgeblichen Verkehrskreise veranlassen könnte, ihm eine andere als die von der Beschwerdekammer festgestellte eindeutige Bedeutung beizumessen.

48      Daher ist, da die von der Beschwerdekammer aufgezeigte werbemäßige Bedeutung im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen die einzig mögliche Bedeutung ist, festzustellen, dass die Beschwerdekammer zwar einen Fehler begangen hat, indem sie die im Rahmen von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 entwickelte Rechtsprechung entsprechend auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung angewandt hat, dass dieser Fehler die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung aber nicht beeinträchtigen kann.

49      Denn da das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht ausgeführt, dass für die Ablehnung der Eintragung des angemeldeten Zeichens die Feststellung genüge, dass ihm zumindest in einer seiner Bedeutungen die Unterscheidungskraft fehle, nicht geeignet ist, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu führen, ist es in jedem Fall als ins Leere gehend zurückzuweisen (vgl. Beschluss vom 26. Februar 2013, Castiglioni/Kommission, T-591/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:94, Rn. 44 und 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass das angemeldete Zeichen lediglich eine werbetypische lobende Aussage darstelle und daher von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen wahrgenommen werden könne. Dem angemeldeten Zeichen fehlt daher jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001.


51      Die vorstehende Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin widerlegt, dass die Beschwerdekammer in Bezug auf die in Rede stehenden Waren das Vorbringen zu den verschiedenen Arten der Anbringung des angemeldeten Zeichens zu Unrecht zurückgewiesen habe.

52      Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Klägerin mit diesem Vorbringen entgegen dem, was sie auch in ihrer Klageschrift vorzubringen scheint, anerkennt, dass die Beschwerdekammer ihr Vorbringen zu den Arten der Anbringung des angemeldeten Zeichens nicht außer Acht gelassen hat, selbst wenn ihre Schlussfolgerung angeblich unzutreffend gewesen sein soll.

53      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung, auf die sich die Klägerin selbst beruft, die Unterscheidungskraft eines angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände einschließlich aller möglichen Verwendungsarten der angemeldeten Marke zu prüfen ist. Mangels anderer Anhaltspunkte handelt es sich dabei um die Verwendungsarten, die angesichts dessen, was in der betreffenden Branche üblich ist, praktisch bedeutsam sein können (vgl. entsprechend Urteil vom 12. September 2019, Deutsches Patent- und Markenamt [#darferdas?], C-541/18, EU:C:2019:725, Rn. 33).

54      Im vorliegenden Fall hat die Klägerin verschiedene bedeutsame Arten der Anbringung einer Marke in der betreffenden Branche genannt, nämlich die Verwendung des angemeldeten Zeichens als Logo auf der Ware, auf einem in die Ware eingenähten Etikett, auf einem Preisschild oder auch auf einem Mittel zum Ausstellen dieser Ware, wie beispielsweise einem Kleiderbügel. Diese verschiedenen Arten der Anbringung des angemeldeten Zeichens werden vom EUIPO nicht bestritten.

55      Die Klägerin erläutert allerdings nicht, weshalb die genannten Arten der Anbringung den Sinn des angemeldeten Zeichens erheblich verändern sollten.

56      Wie aber die Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, führt das bloße Anbringen des angemeldeten Zeichens auf einem Produkt, einem Etikett oder einem Ausstellungsmittel nicht automatisch dazu, dass die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Ware und nicht auch als Werbebotschaft wahrnehmen. Andernfalls würde es zwangsläufig jedem Anmelder einer Unionsmarke ermöglicht, das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 vorgesehene absolute Eintragungshindernis dadurch zu umgehen, dass er sich in Bezug auf die angemeldete Marke lediglich auf eine in der betreffenden Branche praktisch bedeutsame Art der Anbringung beruft.

57      Der Umstand, dass das angemeldete Zeichen auf Waren angebracht ist, bei denen es offensichtlich ist, dass sie ausschließlich für Männer bestimmt sind, beweist keineswegs, wie die Klägerin meint, dass dieses Zeichen nicht so wahrgenommen werden wird, dass es darauf abzielt, eine Botschaft in Bezug auf diese Waren zu vermitteln. Dieser Umstand verstärkt vielmehr die Verbindung zwischen dem Zeichen und den in Rede stehenden Waren.

58      Zudem ist darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn der Bestandteil „men“ für die in Rede stehenden Waren allein keine werbliche oder anpreisende Bedeutung hätte, bei einer aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Marke wie derjenigen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, eine etwaige Unterscheidungskraft zum Teil für jeden ihrer Begriffe oder Bestandteile getrennt geprüft werden kann, in jedem Fall aber von einer Prüfung der von ihnen gebildeten Gesamtheit abhängen muss (vgl. Urteil vom 5. September 2019, C&A/EUIPO [#BESTDEAL], T-753/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:560, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall stellt angesichts des Bestandteils „+“ das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit aber eine Werbebotschaft dar und kann daher nicht auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen hinweisen.

 Zur Begründung der angefochtenen Entscheidung

59      Die Klägerin macht geltend, dass sich die Beschwerdekammer bei ihrer Feststellung, dass das angemeldete Zeichen für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft habe, zu Unrecht auf eine pauschale Begründung für alle diese Waren und Dienstleistungen beschränkt habe. Zwischen ihnen bestehe aber kein direkter und konkreter Zusammenhang. Die Beschwerdekammer habe daher ebenfalls zu Unrecht eine pauschale Begründung für die Zurückweisung des Vorbringens der Klägerin gegeben, das sich auf die verschiedenen Arten der Anbringung des angemeldeten Zeichens beziehe.

60      Insoweit ergibt sich im Wesentlichen aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung, dass die Entscheidung, mit der die zuständige Behörde die Eintragung einer Marke ablehnt, zwar grundsätzlich für jede der betroffenen Waren oder Dienstleistungen zu begründen ist, die zuständige Behörde sich jedoch auf eine globale Begründung beschränken kann, wenn dasselbe Eintragungshindernis einer Kategorie oder Gruppe von Waren oder Dienstleistungen entgegengehalten wird, die einen so direkten und konkreten Zusammenhang untereinander aufweisen, dass sie eine hinreichend homogene Kategorie oder Gruppe von Waren oder Dienstleistungen bilden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 2019, achtung !/EUIPO [achtung !], T-832/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:2, Rn. 58 bis 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Die Klägerin verweist allerdings lediglich auf die angeführte Rechtsprechung, ohne darzulegen, warum im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden dürfe, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen eine homogene Gruppe bilden.


62      Es ist indessen darauf hinzuweisen, dass nach Art. 177 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung die Klageschrift eine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten muss. Diese Darstellung muss so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Grund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloße abstrakte Nennung den Vorgaben der Verfahrensordnung nicht entspricht.

63      In Anbetracht der festgestellten Ungenauigkeit ist daher das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie eine pauschale Begründung der angefochtenen Entscheidung rügt, für unzulässig zu erklären.

64      Jedenfalls beruht die Rüge der Klägerin auf einem fehlerhaften Verständnis der angefochtenen Entscheidung.

65      Aus der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Beschwerdekammer in einem ersten Schritt für jede von dem angemeldeten Zeichen erfasste Waren- und Dienstleistungsklasse geprüft hat, wie dieses Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen aufgefasst werden wird. Im Rahmen dieser Prüfung hat die Beschwerdekammer innerhalb dieser Klassen diejenigen Waren und Dienstleistungen ausgesondert, für die ihrer Ansicht nach das angemeldete Zeichen als nicht unterscheidungskräftig anzusehen ist, nämlich für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen.

66      Konkret hat die Beschwerdekammer in Bezug auf die Waren der Klasse 18 zwischen den oben in Rn. 6 genannten in Rede stehenden Waren, die besonders für Männer hätten entworfen sein können, und den anderen von dem angemeldeten Zeichen erfassten, oben in Rn. 7 genannten Waren unterschieden, bei denen es sich entweder um Rohmaterialien, die erst zu einem Fertigprodukt verarbeitet werden müssten, um eine besondere Bestimmung erlangen zu können („Leder und Lederimitationen; Tierhäute und Tierfelle“), handele oder die für Tiere bestimmt seien („Pferdegeschirre; Halsbänder, Leinen, Decken und Bekleidung für Tiere; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 18 enthalten“). Für diese anderen Waren, die keinen unmittelbaren Bezug zu einer Zielgruppe bestimmter Kunden hätten, war dem angemeldeten Zeichen nach Auffassung der Beschwerdekammer ein Minimum an Unterscheidungskraft zuzuerkennen.

67      In Bezug auf die Waren der Klasse 25 war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass diese sämtlich für Männer angefertigt werden könnten.

68      Was schließlich die Dienstleistungen der Klasse 35 betrifft, hat die Beschwerdekammer eine Unterscheidung getroffen zwischen zum einen den oben in Rn. 6 genannten in Rede stehenden Dienstleistungen, die Waren zum Gegenstand hätten, die sich an Männer richten könnten, und zum anderen den oben in Rn. 7 genannten übrigen von dem angemeldeten Zeichen erfassten Dienstleistungen, die entweder Rohprodukte und -materialien beträfen oder sich an Tierhalter richteten („Kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste, nämlich Einzelhandelsdienstleistungen, Großhandelsdienstleistungen und Versandhandelsdienstleistungen, jeweils auch online und über Computernetzwerke, in Bezug auf Edelsteine, Perlen und Edelmetalle sowie Imitationen hiervon; Leder und Lederimitationen, Tierhäute und Tierfelle, Pferdegeschirre, Halsbänder, Leinen, Decken und Bekleidung für Tiere, und in Bezug auf Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren“) bzw. die allgemein gehaltene Dienstleistungen seien, die sich nicht ausschließlich an Männer richten könnten („Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing und Verkaufsförderung“). Für diese anderen Dienstleistungen, die sich nicht auf Waren bezögen, die an eine bestimmte Zielgruppe von Kunden gerichtet seien, war dem angemeldeten Zeichen nach Auffassung der Beschwerdekammer ein Minimum an Unterscheidungskraft zuzuerkennen.

69      In einem zweiten Schritt hat die Beschwerdekammer, nachdem sie für jede Klasse diejenigen Waren und Dienstleistungen identifiziert hatte, für die das angemeldete Zeichen nicht geeignet sei, den Verbraucher auf ihre betriebliche Herkunft hinzuweisen, in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung ihre verschiedenen Schlussfolgerungen zusammengefasst. Daher hat die Beschwerdekammer erst nach einer Prüfung, die sie zu der Feststellung geführt hat, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen das gemeinsame Merkmal aufwiesen, sich speziell an Männer richten zu können und eine hohe Qualität zu besitzen oder so präsentiert werden zu können, pauschal darauf hingewiesen, dass sie Gegenstand der durch das angemeldete Zeichen vermittelten Werbebotschaft sein könnten.

70      Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer ihre Entscheidung, die Eintragung des angemeldeten Zeichens für jede der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen zurückzuweisen, im Einklang mit den Anforderungen der oben in Rn. 60 angeführten Rechtsprechung begründet hat.

71      Im Übrigen ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass die Beschwerdekammer jedenfalls zu Recht für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ein gemeinsames Merkmal festgestellt hat, das für die Prüfung des absoluten Eintragungshindernisses relevant ist, nämlich dass sie speziell an Männer gerichtet sein können und eine hohe Qualität besitzen oder so präsentiert werden können. Daher trifft es zwar zu, dass die Beschwerdekammer, wie die Klägerin vorgebracht hat, für die Zurückweisung des auf die Arten der Anbringung des angemeldeten Zeichens gestützten Arguments eine pauschale Begründung gegeben hat; sie war jedoch berechtigt, eine solche Begründung vorzunehmen.

72      Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Klägerin in Bezug auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

 Zum Verstoß gegen Art. 95 der Verordnung 2017/1001

73      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe nicht alle im vorliegenden Fall relevanten Tatsachen und Umstände und insbesondere nicht alle wahrscheinlichen Verwendungsarten der angemeldeten Marke geprüft. Damit habe die Beschwerdekammer gegen Art. 95 der Verordnung 2017/1001 verstoßen.

74      Nach Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 haben die Prüfer und auf Beschwerde die Beschwerdekammern des EUIPO bei der Prüfung der absoluten Eintragungshindernisse von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln, um festzustellen, ob die angemeldete Marke unter eines der Eintragungshindernisse des Art. 7 dieser Verordnung fällt. Infolgedessen können sich die zuständigen Stellen des EUIPO veranlasst sehen, ihre Entscheidungen auf Tatsachen zu stützen, die vom Anmelder nicht angeführt worden sind. Das EUIPO hat von Amts wegen die relevanten Tatsachen zu ermitteln, die es zu der Feststellung veranlassen könnten, dass ein absolutes Eintragungshindernis vorliegt (vgl. Urteil vom 3. Mai 2018, Raise Conseil/EUIPO – Raizers [RAISE], T-463/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:249, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Aus der Rechtsprechung ergibt sich auch, dass Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 Ausdruck der Sorgfaltspflicht ist, der zufolge die zuständige Behörde alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalls sorgfältig und unparteiisch zu untersuchen hat (vgl. Urteil vom 12. Dezember 2019, Conte/EUIPO [CANNABIS STORE AMSTERDAM], T-683/18, EU:T:2019:855, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Hierzu ist festzustellen, dass sich die Klägerin zwar auf einen Verstoß gegen Art. 95 der Verordnung 2017/1001 beruft, in Wirklichkeit aber nur dieselben Argumente vorbringt, auf die sie sich in Bezug auf den Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 gestützt hat. Aus den Rn. 29 bis 58 des vorliegenden Urteils ergibt sich jedoch, dass diese Argumente nicht stichhaltig sind. Folglich ist das auf einen Verstoß gegen Art. 95 der Verordnung 2017/1001 gestützte Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

 Zur früheren Praxis des EUIPO

77      Die Klägerin scheint sich, indem sie auf den Beschluss vom 25. November 2010, Lufthansa AirPlus Servicekarten/HABM (C‑216/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:719), verweist, der ein Widerspruchsverfahren zwischen der älteren Marke AirPlus International und der angemeldeten Marke A+ betraf, darauf zu berufen, dass das EUIPO in der Vergangenheit Anmeldungen von Unionsmarken, die den Begriff „Plus“ oder das Symbol „+“ enthielten, zur Eintragung zugelassen oder solche Marken zumindest als eintragungsfähig erachtet habe.


78      Nach der Rechtsprechung sind die von den Beschwerdekammern gemäß der Verordnung 2017/1001 über den Schutz eines Zeichens als Unionsmarke zu treffenden Entscheidungen gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C-412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65).

79      Da die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen zu Recht festgestellt hat, dass das angemeldete Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen nur als Werbebotschaft und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahrgenommen werden könne, war sie zu der Schlussfolgerung berechtigt, dass der Anmeldung des angemeldeten Zeichens für diese Waren und Dienstleistungen das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst  b der Verordnung 2017/1001 entgegensteht (vgl. oben, Rn. 29 bis 58). Die Klägerin konnte sich zur Widerlegung dieser Schlussfolgerung daher nicht mit Erfolg auf die frühere Praxis des EUIPO berufen, wie sie es im Wesentlichen durch den Verweis auf den tatsächlichen Kontext des Beschlusses vom 25. November 2010, Lufthansa AirPlus Servicekarten/HABM (C-216/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:719), tut.

80      Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die oben genannten Marken AirPlus International und A+ zwar das Wort „Plus“ bzw. das Symbol „+“ enthalten, die anderen in ihnen enthaltenen Wortbestandteile – nämlich „Air“ und „International“ bei der einen bzw. „A“ bei der anderen – sie jedoch deutlich vom angemeldeten Zeichen unterscheiden, das seinerseits den Wortbestandteil „men“ enthält. Zudem werden von den Marken, auf die sich die Klägerin beruft, nicht dieselben Waren und Dienstleistungen erfasst, wie sie im vorliegenden Fall in Rede stehen.

81      Folglich ist das auf die frühere Entscheidungspraxis des EUIPO gestützte Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

82      Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zutreffend angewandt hat, so dass der einzige Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen ist.

 Kosten

83      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

84      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Robert Klingel OHG trägt die Kosten.

Marcoulli

Iliopoulos

Norkus

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. April 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.