Language of document : ECLI:EU:C:2023:550

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

6. Juli 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Luftverkehr – Übereinkommen von Montreal – Art. 17 Abs. 1 – Haftung von Luftfrachtführern für Tod und Körperverletzung von Reisenden – Begriff ‚Unfall‘ – An einen Unfall an Bord eines Luftfahrzeugs anschließende medizinische Erstversorgung, durch die die Körperverletzung verschlimmert wurde“

In der Rechtssache C‑510/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 5. August 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 19. August 2021, in dem Verfahren

DB

gegen

Austrian Airlines AG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter M. Safjan, N. Piçarra (Berichterstatter), N. Jääskinen und M. Gavalec,

Generalanwalt: N. Emiliou,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von DB, vertreten durch Rechtsanwalt L. Specht,

–        der Austrian Airlines AG, vertreten durch Rechtsanwalt A. Danner,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, J. Heitz und M. Hellmann als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, K. Simonsson, G. Wilms und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Januar 2023

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 1 sowie der Art. 29 und 35 des am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossenen, von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 unterzeichneten und mit dem Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 (ABl. 2001, L 194, S. 38) in ihrem Namen genehmigten Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (im Folgenden: Übereinkommen von Montreal), das in Bezug auf die Europäische Union am 28. Juni 2004 in Kraft getreten ist.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen DB und der Austrian Airlines AG, einem Luftfrachtführer, über eine Klage von DB auf Ersatz des Schadens, der DB durch die medizinische Erstversorgung an Bord eines Luftfahrzeugs während eines von Austrian Airlines durchgeführten Fluges entstanden ist.

 Rechtlicher Rahmen

 Völkerrecht

3        In den Erwägungsgründen 3 und 5 des Übereinkommens von Montreal heißt es:

„[Die Vertragsstaaten erkennen die] Bedeutung des Schutzes der Verbraucherinteressen bei der Beförderung im internationalen Luftverkehr und eines angemessenen Schadenersatzes nach dem Grundsatz des vollen Ausgleichs [an];

gemeinsames Handeln der Staaten zur weiteren Harmonisierung und Kodifizierung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr durch ein neues Übereinkommen [ist] das beste Mittel …, um einen gerechten Interessenausgleich zu erreichen“.

4        Art. 17 („Tod und Körperverletzung von Reisenden – Beschädigung von Reisegepäck“) Abs. 1 dieses Übereinkommens lautet:

„Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, jedoch nur, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat.“

5        Art. 29 („Grundsatz für Ansprüche“) Satz 1 des Übereinkommens sieht vor:

„Bei der Beförderung von Reisenden, Reisegepäck und Gütern kann ein Anspruch auf Schadenersatz, auf welchem Rechtsgrund er auch beruht, sei es dieses Übereinkommen, ein Vertrag, eine unerlaubte Handlung oder ein sonstiger Rechtsgrund, nur unter den Voraussetzungen und mit den Beschränkungen geltend gemacht werden, die in diesem Übereinkommen vorgesehen sind“.

6        Art. 35 („Ausschlussfrist“) Abs. 1 des Übereinkommens bestimmt:

„Die Klage auf Schadenersatz kann nur binnen einer Ausschlussfrist von zwei Jahren erhoben werden; die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Luftfahrzeug am Bestimmungsort angekommen ist oder an dem es hätte ankommen sollen oder an dem die Beförderung abgebrochen worden ist.“

 Unionsrecht

7        Nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 des Rates vom 9. Oktober 1997 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr (ABl. 1997, L 285, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 889/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Mai 2002 (ABl. 2002, L 140, S. 2) geänderten Fassung „[gelten f]ür die Haftung eines Luftfahrtunternehmens der Gemeinschaft für Fluggäste und deren Gepäck … alle einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens von Montreal“.

 Österreichisches Recht

8        Nach § 1489 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: ABGB) kann der Geschädigte seine Schadenersatzansprüche gegen den Schädiger innerhalb von drei Jahren geltend machen.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9        Am 18. Dezember 2016 reiste DB mit einem von Austrian Airlines durchgeführten Flug von Tel Aviv (Israel) nach Wien (Österreich). Während dieses Fluges fiel eine Kanne mit heißem Kaffee von einem zur Bedienung der Reisenden genutzten Servierwagen und verbrühte DB. DB erhielt an Bord des Luftfahrzeugs medizinische Erstversorgung.

10      Am 31. Mai 2019 erhob DB beim Handelsgericht Wien (Österreich) Klage gegen Austrian Airlines auf Zahlung von 10 196 Euro als Schadenersatz und auf Feststellung der Haftung für alle künftigen Schäden infolge der Verschlimmerung seiner Verbrühungen durch die unzureichende medizinische Erstversorgung an Bord des Luftfahrzeugs. DB machte geltend, dass Austrian Airlines nicht nur für die Unachtsamkeit ihres Personals, die zum Umfallen der Kaffeekanne geführt habe, sondern auch für die unzureichende medizinische Erstversorgung der erlittenen Verbrühungen an Bord des Luftfahrzeugs verantwortlich sei. Da diese Erstversorgung nicht als „Unfall“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal eingestuft werden könne, unterliege sie dem nationalen Recht. Folglich sei die in § 1489 ABGB vorgesehene Frist von drei Jahren für die Erhebung der Klage auf Ersatz der durch die Erstversorgung verursachten Schäden noch nicht abgelaufen.

11      Austrian Airlines erwiderte darauf, dass die von DB erlittenen Verletzungen ordnungsgemäß versorgt worden seien und dass das Übereinkommen von Montreal im vorliegenden Fall anwendbar und damit die in Art. 35 Abs. 1 des Übereinkommens vorgesehene Frist von zwei Jahren für die Erhebung der Schadenersatzklage abgelaufen sei.

12      Das Handelsgericht Wien wies die Klage mit Urteil vom 17. Juni 2020 ab. Dieses Urteil wurde in der Berufungsinstanz mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien (Österreich) vom 28. Oktober 2020 bestätigt; darin wurde festgestellt, dass die von DB erlittenen Verletzungen durch einen „Unfall“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal entstanden seien, auch wenn diese Verletzungen durch eine fachgerechte Erstversorgung möglicherweise vermindert oder vermieden worden wären. Daher falle die von DB erhobene Schadenersatzklage in den Anwendungsbereich des Übereinkommens von Montreal und sei nach dessen Art. 35 Abs. 1 die Frist von zwei Jahren für die Erhebung einer solchen Klage abgelaufen.

13      DB erhob gegen dieses Urteil Revision an den Obersten Gerichtshof (Österreich), das vorlegende Gericht, und machte geltend, dass die medizinische Erstversorgung an Bord eines Luftfahrzeugs nicht unter den Begriff „Unfall“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal falle, so dass dieses Übereinkommen im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Auf seine Schadenersatzklage sei daher die in § 1489 ABGB vorgesehene Verjährungsfrist von drei Jahren anwendbar.

14      Das vorlegende Gericht vertritt die Ansicht, dass ein „Unfall“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal in der Auslegung durch das Urteil vom 19. Dezember 2019, Niki Luftfahrt (C‑532/18, EU:C:2019:1127), vorliege, wenn an Bord eines Luftfahrzeugs eine Kanne mit heißem Kaffee von einem zur Bedienung der Fluggäste genutzten Servierwagen falle und dadurch ein Reisender Verbrühungen erleide. Fraglich sei aber, ob die an Bord des Luftfahrzeugs infolge eines solchen Unfalls geleistete medizinische Erstversorgung ein von diesem Unfall getrenntes Schadensereignis darstelle oder ob die beiden Vorgänge einen einheitlichen „Unfall“ im Sinne dieser Bestimmung darstellten.

15      Dem vorlegenden Gericht zufolge sprechen der Kausalitätsbegriff nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal sowie die Systematik und der rechtsvereinheitlichende Charakter dieses Übereinkommens für eine Auslegung dahin, dass im vorliegenden Fall das Umfallen der Kaffeekanne und die medizinische Erstversorgung an Bord des Luftfahrzeugs als einheitlicher „Unfall“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind. Wenn nämlich die Kaffeekanne nicht umgefallen wäre, dann wäre die medizinische Erstversorgung nicht geleistet worden, so dass es weder eine gesonderte Körperverletzung noch eine Verschlimmerung der erlittenen Körperverletzung gegeben hätte. Würde der These des einheitlichen Unfalls gefolgt, so wäre die Schadenersatzklage von DB nach Art. 35 Abs. 1 dieses Übereinkommens verfristet.

16      Das vorlegende Gericht schließt jedoch nicht aus, dass das Umfallen der Kaffeekanne und die auf die dadurch verursachte Körperverletzung folgende medizinische Erstversorgung an Bord des Luftfahrzeugs als selbständige Schadensursachen angesehen werden könnten, und ersucht den Gerichtshof, sich hierzu zu äußern.

17      Für diesen Fall möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in Anbetracht von Art. 29 des Übereinkommens von Montreal auf der Grundlage des nationalen Rechts eine Klage auf Ersatz des Schadens erhoben werden kann, der einem Reisenden durch die medizinische Erstversorgung entstanden ist. Nach Ansicht dieses Gerichts könnte eine solche Klage auf der Grundlage des nationalen Rechts nur dann erhoben werden, wenn das Übereinkommen von Montreal dahin auszulegen wäre, dass es eine Körperverletzung, die ein Reisender an Bord eines Luftfahrzeugs ohne Unfall oder unabhängig von einem Unfall als eigenständiges Schadensereignis erleide, nicht erfasse.

18      Unter diesen Umständen hat der Oberste Gerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist die an einen Unfall im Sinne von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal anschließende medizinische Erstversorgung an Bord des Luftfahrzeugs, die zu einer von den eigentlichen Unfallfolgen abgrenzbaren weiteren Körperverletzung des Reisenden führt, gemeinsam mit dem auslösenden Ereignis als einheitliches Unfallgeschehen anzusehen?

2.      Wenn Frage 1 verneint wird:

Steht Art. 29 des Übereinkommens von Montreal einem Anspruch auf Ersatz des durch die medizinische Erstversorgung verursachten Schadens entgegen, wenn dieser zwar innerhalb der Verjährungsfrist des nationalen Rechts, aber bereits außerhalb der Ausschlussfrist des Art. 35 dieses Übereinkommens geltend gemacht wird?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

19      Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal dahin auszulegen ist, dass die unzureichende medizinische Erstversorgung eines Reisenden an Bord eines Luftfahrzeugs, die zu einer Verschlimmerung der durch einen „Unfall“ im Sinne dieser Bestimmung verursachten Körperverletzung geführt hat, als Teil dieses Unfalls anzusehen ist.

20      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2027/97 in der durch die Verordnung Nr. 889/2002 geänderten Fassung für die Haftung von Luftfahrtunternehmen der Union für Fluggäste alle einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens von Montreal gelten.

21      Nach Art. 17 Abs. 1 dieses Übereinkommens hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, jedoch nur, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat.

22      Ein „Unfall“ ist als ein unvorhergesehenes, unbeabsichtigtes, schädigendes Ereignis zu verstehen, wobei nicht verlangt wird, dass der Schaden auf das Eintreten eines luftfahrtspezifischen Risikos zurückgeht oder dass es einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Betrieb oder der Bewegung des Luftfahrzeugs gibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Dezember 2019, Niki Luftfahrt, C‑532/18, EU:C:2019:1127, Rn. 35 und 41, sowie vom 2. Juni 2022, Austrian Airlines [Haftungsbefreiung des Luftfahrtunternehmens], C‑589/20, EU:C:2022:424, Rn. 20).

23      Hierzu ist festzustellen, dass ein Schadenseintritt nicht immer auf ein isoliertes Ereignis zurückgeführt werden kann, wenn dieser Schaden sich als Folge eines Bündels von Ereignissen darstellt, die einander gegenseitig bedingen. Somit ist ein innerlich zusammenhängender Vorgang ohne räumlich-zeitliche Zäsur als ein einheitlicher „Unfall“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal anzusehen.

24      Dies ist der Fall, wenn – wie vorliegend – das Umfallen einer Kaffeekanne dazu führt, dass ein Reisender verbrüht wird und unverzüglich vom Bordpersonal medizinisch erstversorgt werden muss. In Anbetracht der räumlichen und zeitlichen Kontinuität zwischen dem Umfallen der Kaffeekanne und der medizinischen Erstversorgung des dadurch verletzten Reisenden besteht nämlich unbestreitbar ein Kausalzusammenhang zwischen diesem Umfallen und der Verschlimmerung der dadurch verursachten Körperverletzung aufgrund der unzureichenden medizinischen Erstversorgung.

25      Diese Auslegung steht im Einklang mit den Zielen des Übereinkommens von Montreal. Die Vertragsstaaten des Übereinkommens von Montreal haben nämlich nach dessen drittem Erwägungsgrund im Bewusstsein „der Bedeutung des Schutzes der Verbraucherinteressen bei der Beförderung im internationalen Luftverkehr und eines angemessenen Schadenersatzes nach dem Grundsatz des vollen Ausgleichs“ beschlossen, eine Regelung der verschuldensunabhängigen Haftung von Luftfrachtführern vorzusehen. Eine solche Regelung impliziert jedoch, wie aus dem fünften Erwägungsgrund des Übereinkommens von Montreal hervorgeht, dass für einen „gerechten Interessenausgleich“ zwischen den Luftfrachtführern und den Reisenden gesorgt wird (Urteil vom 12. Mai 2021, Altenrhein Luftfahrt, C‑70/20, EU:C:2021:379, Rn. 36).

26      Da der Begriff „Unfall“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal auf einen innerlich zusammenhängenden Vorgang ohne räumlich-zeitliche Zäsur beschränkt ist, können die Reisenden einfach und schnell entschädigt werden, ohne dass jedoch den Luftfrachtführern eine übermäßige, schwer feststell- und berechenbare Ersatzpflicht aufgebürdet würde, die ihre wirtschaftliche Tätigkeit gefährden oder sogar zum Erliegen bringen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2019, Niki Luftfahrt, C‑532/18, EU:C:2019:1127, Rn. 40).

27      Der Umstand, dass der betreffende Luftfrachtführer nicht gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen hat – wenn man ihn als erwiesen unterstellt –, vermag diese Feststellungen nicht in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Juni 2022, Austrian Airlines [Haftungsbefreiung des Luftfahrtunternehmens], C‑589/20, EU:C:2022:424, Rn. 22). Für die Einstufung als „Unfall“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal genügt es nämlich, dass sich das Geschehen, durch das der Tod oder die Körperverletzung eines Reisenden verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat.

28      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal dahin auszulegen ist, dass die unzureichende medizinische Erstversorgung eines Reisenden an Bord eines Luftfahrzeugs, die zu einer Verschlimmerung der durch einen „Unfall“ im Sinne dieser Bestimmung verursachten Körperverletzung geführt hat, als Teil dieses Unfalls anzusehen ist.

 Zur zweiten Frage

29      Da die zweite Frage nur für den Fall gestellt worden ist, dass die erste Frage verneint wird, ist sie nicht zu prüfen.

 Kosten

30      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.


Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, das am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossen, am 9. Dezember 1999 von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet und durch den Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 in ihrem Namen genehmigt wurde,

ist dahin auszulegen, dass

die unzureichende medizinische Erstversorgung eines Reisenden an Bord eines Luftfahrzeugs, die zu einer Verschlimmerung der durch einen „Unfall“ im Sinne dieser Bestimmung verursachten Körperverletzung geführt hat, als Teil dieses Unfalls anzusehen ist.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Deutsch.