Language of document : ECLI:EU:T:1998:171

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

16. Juli 1998 (1)

„Beamte — Änderung der dienstlichen Verwendung — Begründungspflicht — Grundsatz des Vertrauensschutzes — Fürsorgepflicht“

In der Rechtssache T-93/96

Catherine Presle, Beamtin des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung, wohnhaft in Berlin, Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Frank Montag, Brüssel, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Aloyse May, 31, Grand-rue, Luxemburg,

Klägerin

gegen

Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung, vertreten durch Rechtsanwalt Bertrand Wägenbaur, Hamburg, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg

Beklagter,

wegen Aufhebung der Entscheidung des Europäisches Zentrums für die Förderung der Berufsbildung vom 22. Mai 1996 über die Verlegung des Dienstortes der Klägerin nach Thessaloniki (Griechenland) mit Wirkung vom 1. Januar 1996

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richter R. García-Valdecasas und M. Jaeger,

Kanzler: H. Jung

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 1998,

folgendes

Urteil

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt und rechtlicher Rahmen

1.
    Das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop), das durch die Verordnung (EWG) Nr. 337/75 des Rates vom 10. Februar 1975 über die Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (ABl. L 39, S. 1) geschaffen worden ist, stellte die Klägerin im Dezember 1985 mit unbefristetem Arbeitsvertrag ein. Dieser Vertrag wurde im Rahmen der aufgrund von Artikel 13 der Verordnung Nr. 337/75 erlassenen Verordnung (EGKS, EWG, Euratom) Nr. 1859/76 des Rates vom 29. Juni 1976 zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal des Cedefop (ABl. L 214, S. 1) geschlossen. Dieser Artikel 13 sieht vor: „Die Bestimmungen betreffend das Personal des Zentrums werden vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassen.“ Nach dem Arbeitsvertrag war Dienstort der Klägerin Berlin, wo sich gemäß Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 337/75 damals der Sitz des Cedefop befand.

2.
    Mit der Verordnung (EG) Nr. 1131/94 vom 16. Mai 1994 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 337/75 über die Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (ABl. L 127, S. 1) bestimmte der Rat Thessaloniki zum Sitz des Cedefop. In der letzten Begründungserwägung dieser seit dem 1. September 1994 geltenden Verordnung heißt es: „Diese Verordnung greift der Stellung des Personals des Zentrums nicht vor.“

3.
    Am 23. Januar 1995 schloß der Direktor des Cedefop mit der Personaldelegation eine „Rahmenvereinbarung“ über „Soziale Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Verlagerung des Cedefop nach Thessaloniki“ (im folgenden: Rahmenvereinbarung).

4.
    In Artikel 3 der Rahmenvereinbarung heißt es:

„Grundsätzlich wird von sämtlichen Mitgliedern des Personals erwartet, daß sie dem Zentrum nach Thessaloniki folgen. Ein Personalabbau ist nicht vorgesehen. ... Mit den in dieser Vereinbarung vorgesehenen Maßnahmen wird der Umzug sozialverträglich. Diejenigen, die aus sozialen und/oder triftigen persönlichen Gründen eine Weiterbeschäftigung in Thessaloniki nicht annehmen können, müssen dies jedoch schriftlich begründen. Gründe, die ausschließlich mit dem Sitz des Zentrums zusammenhängen, reichen nicht aus.“

5.
    Artikel 4 der Rahmenvereinbarung enthält „zu treffende Maßnahmen“ für die „Verbeamtung“ des Personals (4.1), für den Fall, daß ein Betroffener den Beamtenstatus nicht annehmen will (4.2) oder Berlin nicht verlassen kann (4.3), und für die „Mobilität“ des Personals (4.4). Er sieht schließlich Maßnahmen zugunsten der Bediensteten vor, die die neue dienstliche Verwendung in Thessaloniki akzeptieren (4.5).

6.
    Artikel 4.1 Absatz 1 der Rahmenvereinbarung sieht die Durchführung von Verfahren zur Verbeamtung der Bediensteten des Cedefop vor dem Umzug nach Thessaloniki vor. In seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde soll danach der Direktor das Beamtenstatut in dem für das Personal günstigsten Sinne anwenden.

7.
    Durch Artikel 4.1 Absatz 2 wird der Direktor „beauftragt, das Verbeamtungsverfahren ... einzuleiten und zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen“. Nach Artikel 4.1 Absatz 3 bedeutet dieses Verfahren, daß das Personal vorübergehend einen Zwei-Jahres-Vertrag annehmen und jeder Bedienstete ein schriftliches Garantieversprechen erhalten muß, nach dem er vor dem Umzug, spätestens jedoch vor Auslaufen des Vertrages zum Gemeinschaftsbeamten ernannt wird.

8.
    Dieser Artikel 4.1 Absatz 3 in der Fassung von Nummer 1 des „Addendum zur Rahmenvereinbarung“ vom 2. Februar 1995 lautet wie folgt:

„In dem Schreiben wird schriftlich garantiert, daß der Zwei-Jahres-Vertrag, bei dem der vorläufige Ort der dienstlichen Verwendung Berlin ist, vor dem Umzug, in jedem Fall jedoch vor seinem Auslaufen durch die Ernennung zu EG-Beamten des Cedefop ersetzt wird.“

9.
    Gemäß Artikel 4.2 haben diejenigen, die den Beamtenstatus nicht annehmen wollen, die Möglichkeit, entweder mit dem Cedefop eine vertragliche Vereinbarung

zu schließen oder die „Versicherung einer Überleitung in eine andere Beschäftigung“ zu erhalten.

10.
    Artikel 4.3 lautet:

„Die Personen, die Berlin nicht verlassen können und dies entsprechend begründen, können sich gemäß Artikel 38 des Beamtenstatuts für einen Zeitraum, der sich auf der Grundlage der Dienstzugehörigkeit zum Zentrum berechnet, wobei für jedes ganz oder teilweise absolvierte Dienstjahr ein Monat angerechnet wird, mindestens jedoch für 6 Monate abordnen lassen oder eine Maßnahme mit gleicher Wirkung in Anspruch nehmen. Haben sich nach Ablauf dieser Frist die Gründe, die zur Gewährung der Abordnung geführt haben, nicht geändert, kann die Abordnung verlängert werden. Der Direktor verpflichtet sich, im Interesse der Personen und des Zentrums besondere Lösungen zu finden, um seinen Verpflichtungen als Arbeitgeber nachzukommen.“

11.
    In Artikel 4.4 der Vereinbarung ist u. a. vorgesehen, daß für die Personen, die sich nicht nach Thessaloniki begeben können, vor dem Umzug des Cedefop ein „individueller Mobilitätsplan“ aufzustellen ist.

12.
    Auf die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung, insbesondere die Artikel 4.1, 4.2, 4.3 und 4.4., wurde die Klägerin erstens in einem Schreiben des Direktors des Cedefop vom 7. Februar 1995 an alle Bediensteten des Zentrums hingewiesen, zweitens in einem diesem Schreiben als Anhang beigefügten Plan zur Umsetzung der Rahmenvereinbarung, drittens in einem gemäß Artikel 4.1 der Rahmenvereinbarung an sie gerichteten schriftlichen Garantieversprechen vom 27. Februar 1995 und viertens in „Entscheidungen“, die am 17. Mai 1995 in einer Konzertierungssitzung zwischen dem Direktor und der Personalvertretung getroffen wurden.

13.
    Mit der Verordnung (EG) Nr. 251/95 des Rates vom 6. Februar 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 337/75 über die Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (ABl. L 30, S. 1) wurde die Verordnung Nr. 1859/76 aufgehoben und das Personal des Cedefop durch eine Änderung von Artikel 13 der Verordnung Nr. 337/75 mit Wirkung vom 1. März 1995 den für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften geltenden Bestimmungen unterstellt.

14.
    Mit Schreiben vom 20. Februar 1995 teilte die Klägerin dem Direktor des Cedefop mit, daß sie nicht beabsichtige, nach Thessaloniki umzuziehen, sondern für eine Gemeinschaftseinrichtung in Berlin arbeiten wolle. Dies rechtfertigte sie mit dem Hinweis darauf, daß es ihrem Ehemann, einem in Berlin niedergelassenen selbständigen Rechtsanwalt, nicht möglich sei, seinen Beruf in Thessaloniki auszuüben, und daß sie nicht von ihrer Familie, insbesondere ihren beiden Kindern im Alter von vier Jahren und siebzehn Monaten, getrennt werden wolle.

15.
    Mit Schreiben vom 27. Februar 1995 („lettre de garantie“, schriftliches Garantieversprechen) schlug der Direktor des Cedefop der Klägerin einen Zeitvertrag auf der Grundlage von Artikel 2 Buchstabe b der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften mit folgender Maßgabe vor: „Ich bin beauftragt, Ihnen gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß der anliegende Zeitvertrag ausschließlich einem Verfahrenserfordernis entspricht und daß er jedenfalls mit der Ernennung zum Gemeinschaftsbeamten des Cedefop endet, die Ihnen bei dem vor dem Umzug des Cedefop vorgesehenen Abschluß des Verbeamtungsverfahrens, jedenfalls aber vor Ablauf des Vertrages auf unbestimmte Zeit mit Sicherheit gewährt werden wird.“

16.
    Die Klägerin wurde gemäß Artikel 4.1 der Rahmenvereinbarung am 1. April 1995 zur Beamtin auf Probe ernannt.

17.
    Mit Vermerk vom 25. April 1995 erkannte der Direktor des Cedefop an, daß die von der Klägerin angeführten persönlichen und/oder sozialen Gründe, Berlin nicht zu verlassen, berechtigt seien. Er fügte jedoch hinzu, daß „eine Abordnung zu einer Gemeinschaftseinrichtung in Berlin wahrscheinlich mehr eine vorübergehende Lösung ist und daß eine solche Lösung die Beschäftigungsperspektive in Berlin nach Ablauf der Abordnung nicht unbedingt verbessert“.

18.
    Am 7. Juli 1995 erließ das Cedefop eine Entscheidung über die dienstliche Verwendung jedes seiner Bediensteten. Danach sollte die Klägerin für die Dauer von zehn Monaten bei einer Gemeinschaftseinrichtung in Berlin verwendet oder einer dort ansässigen gemeinschaftsfremden Einrichtung zur Verfügung gestellt werden.

19.
    Am 31. Juli 1995 wies der Direktor des Cedefop die Klägerin für die Zeit vom 1. September 1995, dem Tag des tatsächlichen Umzugs des Cedefop, bis zum 30. Juni 1996 der Außenstelle Berlin des Informationsbüros für Deutschland des Europäischen Parlaments (im folgenden: Außenstelle Berlin) zu.

20.
    Am 1. Januar 1996 wurde die Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt.

21.
    Mit Vermerk vom 31. Januar 1996 erklärte die Kommission, die von den Beamten des Cedefop gestellten Mobilitätsanträge gemäß Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe c des Beamtenstatuts prüfen zu wollen.

22.
    Am 26. Februar 1996 reichte die Klägerin einen Antrag auf Übernahme durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ein, in dem sie ausführte, ihre familiäre Situation erlaube es ihr nicht, Berlin für längere Zeit zu verlassen. Sie sei jedoch bereit, für einen begrenzten Zeitraum, bis zur Schaffung einer Planstelle in Berlin, einen Dienstposten in Bonn, Brüssel oder Luxemburg anzunehmen.

23.
    Am 8. Mai 1996 beantragte die Klägerin, ihre dienstliche Verwendung in Berlin zu verlängern. Sie wies darauf hin, daß die persönlichen Gründe fortbestünden, die ihrem Umzug nach Thessaloniki entgegenstünden. Sie fügte hinzu, trotz verschiedener Bewerbungen habe sie noch nicht „die Mobilität in Form eines Wechsels zu einer anderen Gemeinschaftseinrichtung ... in Anspruch nehmen“ können (Schreiben vom 8. Mai 1996, Nr. 2); sie wolle mit dem neuen Leiter der Außenstelle Berlin zusammenarbeiten, um zu prüfen, welche Möglichkeiten bestünden, auf Dauer beim Informationsbüro des Parlaments in Berlin zu arbeiten (ibidem, Nr. 3).

24.
    Diesen Antrag lehnte der Direktor des Cedefop mit der Klägerin am 29. Mai 1996 zugegangenem Schreiben vom 22. Mai 1996 (im folgenden: angefochtene Entscheidung) mit der Begründung ab, es sei ihm nicht möglich, die Entscheidung vom 31. Juli 1995 abzuändern. Die Dauer der dienstlichen Verwendung der Klägerin in Berlin (vom 1. September 1995 bis zum 30. Juni 1996) sei nach der Zahl ihrer Dienstjahre berechnet worden. Die von der Klägerin angeführten familiären Gründe hätten es zwar gerechtfertigt, soziale Übergangsmaßnahmen zu treffen, sie könnten jedoch keine Verlängerung dieser Maßnahmen rechtfertigen. Schließlich werde die Klägerin durch ihre Verwendung in Thessaloniki nicht daran gehindert, ihre Bemühungen um eine Übernahme fortzusetzen.

25.
    Am 11. Juni 1996 legte die Klägerin gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Direktor des Cedefop ein.

Verfahren und Anträge der Parteien

26.
    Die Klägerin hat mit am 14. Juni 1996 eingereichter Klageschrift gemäß Artikel 91 Absatz 4 des Beamtenstatuts die vorliegenden Klage erhoben.

27.
    Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat sie beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollzug der angefochtenen Entscheidung auszusetzen und ihre vorläufige weitere Verwendung bei der Außenstelle Berlin bis zur Entscheidung in der Hauptsache anzuordnen oder sonstige zur Aufrechterhaltung des Status quo geeignete Maßnahmen zu treffen.

28.
    Der Präsident des Gerichts hat diesen Antrag mit Beschluß vom 12. Juli 1996 in der Rechtssache T-93/96 R (Presle/Cedefop, Slg. ÖD 1996, II-1093) zurückgewiesen.

29.
    Die beklagte Partei hat die Beschwerde der Klägerin durch Nichtbeantwortung stillschweigend zurückgewiesen.

30.
    Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) die mündliche Verhandlung eröffnet, ohne eine vorherige Beweisaufnahme anzuordnen.

31.
    Die Parteien haben in der Sitzung vom 31. März 1998 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

32.
    Die Klägerin beantragt,

—    die Entscheidung des Cedefop vom 22. Mai 1996 über die Verlegung ihres Dienstortes nach Thessaloniki mit Wirkung vom 1. Juli 1996 aufzuheben;

—    der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

33.
    Die beklagte Partei beantragt,

—    die Klage als unbegründet abzuweisen;

—    die Kosten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens der einstweiligen Anordnung einschließlich aller ihrer Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Zur Begründetheit

34.
    Nach Ansicht der Klägerin ist die angefochtene Entscheidung rechtswidrig, soweit damit die Verlängerung ihrer dienstlichen Verwendung in Berlin abgelehnt und ihre Verwendung in Thessaloniki angeordnet werde.

35.
    Sie stützt ihre Klage auf vier Gründe, mit denen sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, gegen vertraglich begründete subjektive Rechte, gegen die Grundsätze der „Selbstbindung der Verwaltung“ und des Vertrauensschutzes sowie gegen die Fürsorgepflicht geltend macht.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

Vorbringen der Parteien

36.
    Nach Ansicht der Klägerin ist die angefochtene Entscheidung gemessen an den Anforderungen von Artikel 25 Absatz 2 des Beamtenstatuts unzureichend begründet. Die Entscheidung erkläre nicht, warum die von ihr geltend gemachten familiären Gründe, die den Erlaß der Entscheidungen vom Juli 1995 über ihre Verwendung in Berlin gerechtfertigt hätten, nicht mehr gültig seien.

37.
    Nach Ansicht der beklagten Partei ist dieser Klagegrund zurückzuweisen. Die angefochtene Entscheidung lege dar, warum die Verwendung der Klägerin in Berlin am 30. Juni 1996 ende und warum die Gründe, die diese Verwendung gerechtfertigt hätten, deren Verlängerung nicht rechtfertigten; außerdem stelle die Entscheidung klar, daß etwaige Übernahmeanträge von Thessaloniki aus gestellt werden könnten.

Würdigung durch das Gericht

38.
    Nach ständiger Rechtsprechung dient die in Artikel 25 Absatz 2 des Beamtenstatuts normierte Begründungspflicht dem Zweck, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu informieren, daß er beurteilen kann, ob die ihn beschwerende Maßnahme zutreffend begründet und die Erhebung einer Klage beim Gericht zweckmäßig ist, und zum anderen dem Gericht die Ausübung seiner Kontrolle zu ermöglichen (Urteile des Gerichts vom 12. Juni 1997 in der Rechtssache T-237/95, Carbajo Ferrero/Parlament, Slg. ÖD 1997, II-429, Randnr. 82, vom 27. November 1997 in der Rechtssache T-20/96, Pascall/Kommission, Slg. ÖD 1997, II-977, Randnr. 44, und vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache T-142/95, Delvaux/Kommission, Slg. ÖD 1997, II-1247, Randnr. 84).

39.
    Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsakt ausreichend begründet ist, muß die Begründung in dem Kontext gesehen werden, in dem es zum Erlaß des Rechtsakts gekommen ist (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 16, und Urteil des Gerichts vom 18. April 1996 in der Rechtssache T-13/95, Kyrpitsis/WSA, Slg. ÖD 1996, II-503, Randnr. 71).

40.
    Zum Kontext, in dem die angefochtene Entscheidung erlassen wurde, ist festzustellen, daß die Klägerin bei ihrer Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit beim Cedefop über den Inhalt der Rahmenvereinbarung und der Bestimmungen des Beamtenstatuts unterrichtet wurde.

41.
    In Artikel 3 der Rahmenvereinbarung (siehe oben, Randnr. 4) heißt es aber ausdrücklich: „Grundsätzlich wird von sämtlichen Mitgliedern des Personals erwartet, daß sie dem Zentrum nach Thessaloniki folgen.“

42.
    Außerdem wird in Nummer 1 des Addendums zur Rahmenvereinbarung vom 2. Februar 1995 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine dienstliche Verwendung in Berlin nur vorläufig sei.

43.
    Schließlich ergibt sich aus Artikel 4.3 der Rahmenvereinbarung (siehe oben, Randnr. 10), daß eine Abordnung nach Artikel 38 des Beamtenstatuts nur übergangshalber vorgesehen und eine etwaige Verlängerung dieser Abordnung in das Ermessen der Verwaltung gestellt ist.

44.
    Die in der angefochtenen Entscheidung für deren Erlaß angeführten Gründe sind in diesem Zusammenhang zu prüfen.

45.
    Erstens hat die Anstellungsbehörde die Frage der Dauer der Verwendung der Klägerin in Berlin geprüft. Sie hat festgestellt: „Der Zeitpunkt, zu dem die Änderung Ihres Dienstortes endet — 30. Juni 1996 — bestimmt sich nach der Methode zur Berechnung der Dauer der in der Rahmenvereinbarung vorgesehenen sozialen Maßnahmen: ein Monat je Dienstjahr beim Cedefop.“

46.
    Zweitens hat die Anstellungsbehörde geprüft, in welcher Weise sich das Fortbestehen der familiären Gründe auswirkt, die die Verwendung der Klägerin in Berlin gerechtfertigt haben: „[D]er Umstand, daß die Gründe dafür, daß Sie Berlin nicht zum 1. September 1996 [richtig: 1. September 1995] verlassen können, bis heute fortbestehen, kann keinen Einfluß auf die Dauer der Änderung des Dienstortes haben, da diese Gründe nur als Voraussetzung für die Gewährung sozialer Maßnahmen von Bedeutung waren, die ihrerseits per definitionem zeitlich begrenzt sind.“

47.
    Drittens hat sich die Anstellungsbehörde zur Frage der „interinstitutionellen Mobilität“ geäußert: „Auch das Bemühen um interinstitutionelle Mobilität ... ermöglicht keine Verschiebung Ihres offiziellen Dienstbeginns in Thessaloniki am 1. Juli 1996, da, wie die Entscheidung des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache U/Cedefop bestätigt, entsprechende Bemühungen von Thessaloniki aus unternommen oder fortgesetzt werden können, wo die interinstitutionelle Mobilität im übrigen bereits zu einer Einstellung durch die Kommission geführt hat.“

48.
    Unter Berücksichtigung des in den Randnummern 40 bis 43 beschriebenen Kontextes und der Tatsache, daß die Klägerin diesen Kontext kannte, waren diese Gründe konkret genug, um der Klägerin eine Überprüfung der Begründetheit der Entscheidung und dem Gericht eine Kontrolle ihrer Rechtmäßigkeit zu ermöglichen.

49.
    Der erste Klagegrund, der auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gestützt wird, ist daher zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen vertraglich begründete subjektive Rechte

Vorbringen der Parteien

50.
    Die Klägerin vertritt die Ansicht, die angefochtene Entscheidung verletze ihr Recht auf eine Verlängerung ihrer dienstlichen Verwendung in Berlin. Dieses Recht sei in den Bestimmungen der Rahmenvereinbarung, dem zu deren Umsetzung festgelegten Plan und dem schriftlichen Garantieversprechen vom 27. Februar 1995 anerkannt, das vorsehe, daß die Abordnung verlängert werden könne, wenn die Gründe fortbestünden, die die erste Abordnung gerechtfertigt hätten.

51.
    Im vorliegenden Fall hätten diese Gründe, die den Umzug der Klägerin nach Thessaloniki unmöglich machten, fortbestanden. Die Rahmenvereinbarung und auch das schriftliche Garantieversprechen setzten die Abordnung und andere Maßnahmen zur dienstlichen Verwendung in Berlin für Personen, die Berlin nicht verlassen könnten, auf die gleiche Stufe. Indem das Cedefop die Möglichkeit der Verlängerung einer Abordnung im Rundschreiben vom 6. Februar 1996 und beim Erlaß der angefochtenen Entscheidung auf die Beamten mit konkreter Übernahmeaussicht beschränkt habe, habe es gegen die von ihm in der

Rahmenvereinbarung und im schriftlichen Garantieversprechen eingegangenen Verpflichtungen verstoßen.

52.
    Außerdem müßten die Betroffenen aufgrund der Bestimmungen über die Verwendung bei anderen Gemeinschaftseinrichtungen („interinstitutionelle Mobilität“) eine etwaige Übernahme abwarten können; die Kommission habe die Anwendung der einschlägigen Statutsbestimmungen fünf Monate lang (bis Ende Januar 1996) abgelehnt.

53.
    Die Klägerin gibt an, eine Übernahme durch eine Gemeinschaftseinrichtung in der Nähe ihres jetzigen Wohnsitzes und danach eine Rückkehr nach Berlin anzustreben, und folgert daraus, daß sie zumindest für einen dieser Verzögerung entsprechenden Zeitraum Anspruch auf die beantragte Verlängerung ihrer Verwendung habe. Die Folgen dieser Verzögerung seien von der beklagten Partei zu tragen, die mit der Kommission eng verflochten sei.

54.
    Selbst wenn sie keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Verwendung in Berlin habe, der beklagten Partei vielmehr bei der Entscheidung über diesen Verlängerungsantrag ein Ermessen zustehen sollte, hätte sie jedenfalls einen Anspruch darauf, daß dieses Ermessen fehlerfrei ausgeübt werde. Im vorliegenden Fall habe jedoch der Direktor des Cedefop von seinem Ermessen keinen Gebrauch gemacht, da er sich, wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, für verpflichtet gehalten habe, die Verlängerung der dienstlichen Verwendung abzulehnen.

55.
    Nach Ansicht der beklagten Partei ist dieser Klagegrund zurückzuweisen. Die Klägerin habe die aus dem Beamtenstatut folgenden Verpflichtungen mit ihrer Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit akzeptiert. Nach dem Beamtenstatut gebe es aber kein subjektives Recht des Beamten darauf, daß seine Verwendung an einem bestimmten Ort aus familiären Gründen beibehalten werde.

56.
    Außerdem hätten alle im Rahmen des fraglichen Umzugs getroffenen sozialen Maßnahmen, sollte das Beamtenstatut nicht verletzt werden, nur vorläufig gewesen sein können. Schließlich stehe ihr Erlaß im Ermessen der beklagten Partei.

57.
    Auch das auf die Verzögerung der Umsetzung des Grundsatzes der interinstitutionellen Mobilität gestützte Argument der Klägerin sei zurückzuweisen, da für den Erlaß entsprechender Maßnahmen der Gemeinschaftsgesetzgeber und nicht das Cedefop zuständig sei.

Würdigung durch das Gericht

58.
    Die Klägerin hat ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit am 1. Januar 1996 angenommen; hierbei war ihr der Umzug des Cedefop nach Thessaloniki bekannt, sie wußte zudem, daß sie nur vorläufig einer in Berlin ansässigen Dienststelle zur Verfügung gestellt worden war.

59.
    Nach Artikel 20 des Beamtenstatuts hat der Beamte „am Ort seiner dienstlichen Verwendung oder in solcher Entfernung von diesem Ort Wohnung zu nehmen, daß er in der Ausübung seines Amtes nicht behindert ist“.

60.
    Im Hinblick auf das weite Ermessen, das den Organen bei der Organisation ihrer Dienststellen und entsprechend bei der dienstlichen Verwendung ihres Personals zusteht, stellt eine Entscheidung über die Änderung der dienstlichen Verwendung, auch wenn sie den betroffenen Beamten Unannehmlichkeiten bereitet, kein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis in ihrer Laufbahn dar (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 17. Mai 1995 in der Rechtssache T-102/95 R, Aubineau/Kommission, Slg. ÖD 1995, II-365, Randnr. 23, vom 29. März 1996 in der Rechtssache T-24/96 R, U/Cedefop, Slg. ÖD 1996, II-479, Randnrn. 61 und 62, vom 5. Juli 1996 in der Rechtssache T-85/96 R, Clarke/Cedefop, Slg. ÖD 1996, II-1003, Randnr. 67, und Presle/Cedefop, obenangeführt in Randnr. 28, Randnr. 45).

61.
    Wie der Richter der einstweiligen Anordnung festgestellt hat, gestatten zwar die Bestimmungen von Artikel 4.3 der Rahmenvereinbarung dem Beamten, die Verlängerung einer auf der Grundlage dieser Regelung getroffenen Maßnahme zu beantragen; die Gewährung einer solchen Verlängerung steht jedoch im Ermessen des Beklagten (Beschluß Presle/Cedefop, oben angeführt in Randnr. 28, Randnr. 47), wie sich aus den Worten „kann ... verlängert werden“ ergibt.

62.
    Die beklagte Partei hat von eben dieser Befugnis Gebrauch gemacht, indem sie die Verlängerung der dienstlichen Verwendung der Klägerin in Berlin namentlich deshalb abgelehnt hat, weil das Fortbestehen der persönlichen Gründe, aus denen sie einer Dienststelle des Parlaments in Berlin zur Verfügung gestellt worden war, eine Verlängerung ihrer Abordnung nicht rechtfertigt (siehe oben, Randnr. 46).

63.
    In der Verhandlung hat die beklagte Partei hinzugefügt, sie habe die von der Klägerin gewünschte Verlängerung deshalb abgelehnt, weil sich die Klägerin nicht auf eine konkrete Übernahmeaussicht berufen habe. Folglich geht das Argument, daß die beklagte Partei im vorliegenden Fall ihr Ermessen nicht ausgeübt, sondern von dieser Ausübung rechtswidrig abgesehen habe, in der Sache fehl. Da außerdem das Vorbringen der Klägerin nicht geeignet ist, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Ermessensmißbrauch der beklagten Partei darzutun, ist das Argument einer rechtswidrigen Anwendung von Artikel 4.3 der Rahmenvereinbarung zurückzuweisen.

64.
    Da der Grundsatz der interinstitutionellen Mobilität nach Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe c des Beamtenstatuts nur Anwendung auf Lebenszeitbeamte findet, macht die Klägerin, wenn sie der beklagten Partei vorwirft, ihr nicht die Möglichkeit gegeben zu haben, diese Mobilität vor dem 1. Januar 1996 in Anspruch zu nehmen, einen Anspruch auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit vor diesem Zeitpunkt geltend. Aus keiner Rechtsvorschrift geht jedoch hervor, daß ihr ein

solcher Anspruch hätte zuerkannt werden können. Infolgedessen hat sie auch keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer dienstlichen Verwendung in Berlin für einen der angeblichen Verzögerung entsprechenden Zeitraum.

65.
    Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

Vorbringen der Parteien

66.
    Nach Ansicht der Klägerin verletzt die angefochtene Entscheidung das berechtigte Vertrauen der Betroffenen darauf, daß die Verwaltung bei der Ausübung ihres Ermessens die sich selbst auferlegten Beschränkungen beachte (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 5. Juni 1973 in der Rechtssache 81/72, Kommission/Rat, Slg. 1973, 575, Randnr. 10, und vom 30. Oktober 1974 in der Rechtssache 188/73, Grassi/Rat, Slg. 1974, 1099, Randnr. 38).

67.
    Durch die verschiedenen Zusicherungen, die die Verwaltung in der Rahmenvereinbarung, im schriftlichen Garantieversprechen vom 27. Februar 1995 und in der Entscheidung vom 17. Mai 1995 über die Umsetzung der in der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Maßnahmen gemacht habe, sei bei allen Betroffenen ein berechtigtes Vertrauen darauf entstanden, daß alle Maßnahmen pragmatisch ausgeschöpft würden, um zu verhindern, daß der Umzug nach Thessaloniki für diejenigen zu Nachteilen führe, die sich in einer ähnlichen Lage wie die Klägerin befänden. Die beklagte Partei hätte daher die Übergangsmaßnahmen in den Fällen verlängern müssen, in denen die persönlichen oder familiären Gründe, die den ursprünglichen Erlaß dieser Maßnahmen gerechtfertigt hätten, fortbestünden.

68.
    Die beklagte Partei stellt in Abrede, daß aufgrund der fraglichen sozialen Maßnahmen bei den dadurch Begünstigten ein berechtigtes Vertrauen darauf habe entstehen können, daß sie bis zu ihrer Übernahme durch eine andere Gemeinschaftseinrichtung als dem Cedefop bei der betreffenden Einrichtung weiterverwendet würden. Im übrigen gebe es bei den Vertretungen der Kommission oder des Europäischen Parlaments in Berlin keine Stellen der Laufbahngruppe B, zu der die Klägerin gehöre.

69.
    Da die beklagte Partei Verlängerungsanträgen nie entsprochen habe (vgl. insbesondere die Beschlüsse in den Rechtssachen U/Cedefop und Clarke/Cedefop, oben angeführt in Randnr. 60), liege schließlich auch keine entsprechende Verwaltungspraxis vor, die das Cedefop binden würde.

Würdigung durch das Gericht

70.
    Nach ständiger Rechtsprechung hat Anspruch auf Vertrauensschutz, wer sich in einer Situation befindet, aus der sich ergibt, daß die Gemeinschaftsverwaltung bei

ihm dadurch, daß sie ihm konkrete Zusicherungen gegebenen hat, begründete Erwartungen geweckt hat (Urteile des Gerichts vom 9. Februar 1994 in der Rechtssache T-3/92, Latham/Kommission, Slg. ÖD 1994, II-83, Randnr. 58, vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache T-534/93, Grynberg und Hall/Kommission, Slg. ÖD 1994, II-595, Randnr. 51, und vom 5. Februar 1997 in der Rechtssache T-211/95, Petit-Laurent/Kommission, Slg. ÖD 1997, II-57, Randnr. 72). Dagegen kann ein Beamter einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht geltend machen, wenn die Verwaltung ihm keine konkreten Zusicherungen gegeben hat (Urteil vom 27. März 1990 in der Rechtssache T-123/89, Chomel/Kommission, Slg. 1990, II-131, Randnr. 26).

71.
    Im vorliegenden Fall konnten die von der Klägerin angeführten Dokumente, insbesondere die Rahmenvereinbarung, das schriftliche Garantieversprechen vom 27. Februar 1995 und die Entscheidung vom 17. Mai 1995, bei ihr kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen, daß sie bis zu ihrer Einstellung durch eine andere Gemeinschaftseinrichtung vorläufig in Berlin bleiben könne.

72.
    Zunächst sollten durch die Maßnahmen, die in den von der Klägerin angeführten Schriftstücken genannt sind, dem Personal des Cedefop bestimmte, sich aus dessen Umzug ergebende Unannehmlichkeiten erspart werden; es handelt sich hierbei somit um Übergangsmaßnahmen mit vorläufigem Charakter. Keines dieser Schriftstücke verleiht der Klägerin ein subjektives Recht (siehe oben, Randnrn. 61 und 64) oder gibt ihr konkrete Zusicherungen hinsichtlich einer Verlängerung ihrer vorläufigen Verwendung in Berlin.

73.
    Der Übergangscharakter der geplanten Maßnahmen folgt auch aus dem Wortlaut der Rahmenvereinbarung selbst, insbesondere aus deren Artikel 4.3. Außerdem wird in dem Vermerk vom 25. April 1995 hervorgehoben, daß eine solche Abordnung eine „vorübergehende Lösung“ sei und daß „eine solche Lösung die Beschäftigungsperspektive in Berlin nach Ablauf der Abordnung nicht unbedingt verbessert“.

74.
    Da im übrigen die Entscheidungen vom 7. Juli und 31. Juli 1995 keinerlei Aussage hinsichtlich einer etwaigen Verlängerung enthalten, können sie nicht als konkrete Zusicherungen angesehen werden.

75.
    Überdies erwächst der Klägerin aus der Möglichkeit einer Übernahme nach Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe c des Beamtenstatuts kein Anspruch auf eine solche Übernahme.

76.
    Eine solche Zusicherung hätte ohnehin nicht gegeben werden können, da die beklagte Partei, ohne daß die Klägerin dem widersprochen hätte, vorgetragen hat, daß es bei den Gemeinschaftseinrichtungen in Berlin keine Stellen der Laufbahngruppe B, zu der die Klägerin gehört, gebe.

77.
    Schließlich ergibt sich aus den in Randnummer 60 angeführten Beschlüssen U/Cedefop und Clarke/Cedefop keine Verwaltungspraxis dergestalt, daß die für die Beamten vorgesehenen Übergangsmaßnahmen verlängert würden, bis sie eine andere Stelle gefunden haben. Daher ist das Argument der Klägerin, daß eine „Selbstbindung der Verwaltung“ durch deren eigene Praxis bei ihr begründete Erwartungen geweckt habe, zurückzuweisen.

78.
    Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Fürsorgepflicht

Vorbringen der Parteien

79.
    Nach Ansicht der Klägerin hat die beklagte Partei ihre Fürsorgepflicht verletzt, aufgrund deren die Verwaltung bei einer Entscheidung über die Stellung eines Beamten nicht nur das dienstliche Interesse, sondern auch das Interesse des betroffenen Beamten berücksichtigen müsse (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Mai 1980 in den verbundenen Rechtssachen 33/79 und 75/79, Kuhner/Kommission, Slg. 1980, 1677, Randnr. 22).

80.
    Da sich die Umsetzung des Grundsatzes der interinstitutionellen Mobilität nach Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe c des Statuts verzögert habe, treffe die beklagte Partei bei der Handhabung der seit dem Umzug getroffenen Übergangsmaßnahmen eine gesteigerte Fürsorgepflicht. Danach sei die beklagte Partei insbesondere verpflichtet gewesen, der Klägerin die Möglichkeit zu geben, eine neue Stelle bei den Europäischen Gemeinschaften zu suchen, um ihr eine dienstliche Verwendung in Thessaloniki zu ersparen.

81.
    Nach Ansicht der beklagten Partei ist der Klagegrund zurückzuweisen. In der angefochtenen Entscheidung komme eine gerechte Abwägung der dienstlichen Interessen gegenüber den Interessen der Klägerin zum Ausdruck. Zum einen hätten der Klägerin für die Suche einer neuen Stelle zehn Monate zur Verfügung gestanden. Zum anderen habe sie die Möglichkeit gehabt, sich nicht nur bei Einrichtungen der Gemeinschaft, sondern auch bei anderen potentiellen Arbeitgebern zu bewerben.

82.
    In ihrer Erwiderung weist die Klägerin die Ausführungen der beklagten Partei unter Hinweis darauf zurück, daß sie für die Suche nach einer neuen Stelle bei den Einrichtungen der Gemeinschaft nur fünf Monate Zeit gehabt habe. Die Möglichkeit, die interinstitutionelle Mobilität in Anspruch zu nehmen, sei ihr — durch das Schreiben der Kommission vom 31. Januar 1996 — erst ab 1. Februar 1996 eröffnet worden.

Würdigung durch das Gericht

83.
    Nach ständiger Rechtsprechung spiegelt die Fürsorgepflicht der Verwaltung gegenüber ihren Bediensteten das Gleichgewicht zwischen den wechselseitigen Rechten und Pflichten wider, das das Statut in den Beziehungen zwischen der Behörde und den öffentlichen Bediensteten geschaffen hat. Diese Pflicht gebietet es insbesondere, daß die Behörde bei einer Entscheidung über die Stellung eines Beamten sämtliche Umstände berücksichtigt, die geeignet sind, ihre Entscheidung zu beeinflussen, und daß sie dabei nicht nur dem dienstlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des betroffenen Beamten Rechnung trägt (Urteil des Gerichtshofes vom 23. Oktober 1986 in der Rechtssache 321/85, Schwiering/Rechnungshof, Slg. 1986, 3199, Randnr. 18; Urteile des Gerichts vom 16. März 1993 in den verbundenen Rechtssachen T-33/89 und T-74/89, Blackmann/Parlament, Slg. 1993, II-249, Randnr. 96, Kyrpitsis/WSA, oben angeführt in Randnr. 39, Randnr. 52, und Petit-Laurent/Kommission, zitiert in Randnr. 70, Randnr. 75).

84.
    Aufgrund ihrer Fürsorgepflicht war die beklagte Partei jedoch nicht verpflichtet, der Klägerin die Möglichkeit zu geben, während eines längeren Zeitraums eine andere Stelle bei den Gemeinschaftseinrichtungen zu suchen, zumal die der Klägerin zugewiesene Stelle währenddessen den Haushalt der beklagten Partei belastete, ohne daß diese daraus einen entsprechenden Nutzen ziehen konnte.

85.
    Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei die Schwierigkeiten der familiären Situation der Klägerin hinreichend berücksichtigt; denn diese wurde dem Informationsbüro Berlin des Parlaments mit Wirkung vom 1. September 1995 für eine Dauer von zehn Monaten zugewiesen. Auch wenn die Klägerin erst im Anschluß an das Schreiben der Kommission vom 31. Januar 1996 eine Maßnahme der interinstitutionellen Mobilität in Anspruch nehmen konnte, hatte sie doch die Möglichkeit, vor diesem Zeitpunkt eine neue Stelle bei einer Gemeinschaftseinrichtung zu suchen. Zudem hat die Klägerin, wie bereits im Zusammenhang mit dem dritten Klagegrund festgestellt worden ist, nicht bestritten, daß ihre Übernahme durch ein Gemeinschaftsorgan in Berlin nicht möglich war, weil es dort keine Planstellen der Laufbahngruppe B gibt.

86.
    Das Gericht weist auch das Argument der Klägerin zurück, daß ihre familiäre Situation sie zwar daran gehindert habe, dem Cedefop nach Thessaloniki zu folgen, nicht aber daran, nach Bonn, Brüssel oder Luxemburg zu wechseln. Auch wenn die Entfernungen zwischen diesen Städten und Berlin geringer sind als die Entfernung zwischen Berlin und Thessaloniki, ist doch festzustellen, daß eine dienstliche Verwendung an diesen Orten für die Klägerin mit denselben familiären Unannehmlichkeiten verbunden gewesen wäre. Daher kann der Umstand, daß die beklagte Partei nicht für einen solchen Wechsel gesorgt hat, keinesfalls eine Verletzung ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin bedeuten.

87.
    Somit ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

88.
    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

89.
    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 88 der Verfahrensordnung tragen in den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten die Organe vorbehaltlich des Artikels 87 § 3 Absatz 2 ihre Kosten selbst. Gemäß dieser Bestimmung kann das Gericht auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

90.
    Die beklagte Partei beantragt, der Klägerin gemäß Artikel 87 § 3 Absatz 2 der Verfahrensordnung sämtliche Kosten aufzuerlegen. Die Klägerin habe bei der Erhebung ihrer Klage und der Stellung ihres Antrags auf einstweilige Anordnung gewußt, daß ihre Rechtsbehelfe keine Aussicht auf Erfolg hätten.

91.
    In Anbetracht zum einen der nachteiligen Folgen der angefochtenen Entscheidung für die Situation der Klägerin, die Mutter noch sehr junger Kinder ist, und zum anderen der mangelnden Klarheit des Vorbringens der beklagten Partei in der Verhandlung, mit dem sie ihren Antrag auf Anwendung von Artikel 87 § 3 Absatz 2 der Verfahrensordnung hat begründen wollen, ist dem Antrag der beklagten Partei, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, nicht stattzugeben.

92.
    Somit hat jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.    Die Klage wird abgewiesen.

2.    Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten einschließlich der im Verfahren der einstweiligen Anordnung entstandenen Kosten.

Azizi                García-Valdecasas

Jaeger

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Juli 1998.

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

J. Azizi


1: Verfahrenssprache: Deutsch.