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Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale di Bologna (Italien), eingereicht am 21. Juli 2023 – Strafverfahren gegen OB

(Rechtssache C-460/23, Kinshasa1 )

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Tribunale di Bologna

Partei des Ausgangsverfahrens

OB

Vorlagefragen

Steht die Charta der Grundrechte, insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus Art. 52 Abs. 1 in Verbindung mit dem Recht auf persönliche Freiheit und dem Eigentumsrecht aus den Art. 6 und 17, dem Recht auf Leben und Unversehrtheit aus den Art. 2 und 3, dem Asylrecht aus Art. 18 und dem Recht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 7, den Bestimmungen der Richtlinie 2002/90/EG1 und des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI2 (der mit Art. 12 TUI3 in italienisches Recht umgesetzt worden ist) entgegen, soweit diese die Mitgliedstaaten verpflichten, strafrechtliche Sanktionen gegen jeden vorzusehen, der vorsätzlich Handlungen unterstützt oder vornimmt, die darauf gerichtet sind, die unerlaubte Einreise von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Union zu unterstützen, auch wenn dieses Verhalten ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt, ohne gleichzeitig die Verpflichtung der Mitgliedstaaten vorzusehen, die strafrechtliche Relevanz von Beihilfehandlungen zur unerlaubten Einreise auszuschließen, die darauf gerichtet sind, Ausländern humanitäre Unterstützung zu leisten?

Steht die Charta der Grundrechte, insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus Art. 52 Abs. 1 in Verbindung mit dem Recht auf persönliche Freiheit und dem Eigentumsrecht aus den Art. 6 und 17, dem Recht auf Leben und Unversehrtheit aus den Art. 2 und 3, dem Asylrecht aus Art. 18 und dem Recht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 7, einem Straftatbestand wie Art. 12 TUI entgegen, soweit dieser das Verhalten von Personen sanktioniert, die Handlungen vornehmen, die darauf gerichtet sind, einem Ausländer die unerlaubte Einreise in das Hoheitsgebiet des Staates zu ermöglichen, auch wenn dieses Verhalten ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt, ohne gleichzeitig die strafrechtliche Relevanz von Beihilfehandlungen zur unerlaubten Einreise auszuschließen, die darauf gerichtet sind, Ausländern humanitäre Unterstützung zu leisten?

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1     Die vorliegende Rechtssache ist mit einem fiktiven Namen bezeichnet, der nicht dem echten Namen eines Verfahrensbeteiligten entspricht.

1     Richtlinie des Rates vom 28. November 2002 zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. 2002, L 328, S. 17).

1     Rahmenbeschluss des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. 2002, L 328, S. 1).

1     Decreto legislativo (Gesetzesdekret) Nr. 286 vom 25. Juli 1998 (Testo unico delle disposizioni concernenti la disciplina dell’immigrazione e norme sulla condizione dello straniero – TUI [Einheitstext der Bestimmungen über die Regelung der Einwanderung und die Rechtsstellung des Ausländers]).