Language of document : ECLI:EU:T:2010:452

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

26. Oktober 2010(*)

„Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet wird – Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Fehlende Rechtspersönlichkeit eines Adressaten – Begründungspflicht – Begriffe des Unternehmens und der Unternehmensvereinigung“

In der Rechtssache T‑23/09

Conseil national de l’Ordre des pharmaciens (CNOP),

Conseil central de la section G de l’Ordre national des pharmaciens (CCG)

mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Y.‑R. Guillou, H. Speyart van Woerden, T. Verstraeten und C. van Sasse van Ysselt, dann Y.‑R. Guillou, L. Defalque und C. Robert, avocats,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Bouquet und É. Gippini Fournier als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C (2008) 6494 der Kommission vom 29. Oktober 2008 in der Sache COMP/39510, mit der dem Ordre national des pharmaciens (ONP), dem CNOP und dem CCG aufgegeben wurde, eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) zu dulden,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Labucka und des Richters K. O’Higgins,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2010

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt:

„(1)      Die Kommission kann zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.

(4)      Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, die die Kommission durch Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 23 und Artikel 24 vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung zu erheben. …“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Kläger – der Conseil national de l’Ordre des pharmaciens (CNOP, Nationaler Rat des Apothekerverbands) und der Conseil central de la section G de l’Ordre national des pharmaciens (CCG, Zentraler Rat der Sektion G des Nationalen Apothekerverbands) – sind, zusammen mit dem Ordre national des pharmaciens (ONP, Nationaler Apothekerverband), Adressaten der Entscheidung C (2008) 6494 der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 29. Oktober 2008, mit der ihnen aufgegeben wird, in der Sache COMP/39510 eine Nachprüfung nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 zu dulden (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Mit einer anderen Entscheidung vom selben Tag hat die Kommission in derselben Sache dem Laboratoire Champagnat Desmoulins Philippakis aufgegeben, eine Nachprüfung zu dulden. Diese Entscheidung ist Gegenstand der Klage in der Parallelsache T‑24/09.

 Zum ONP und seinen Räten

3        Der ONP und seine Räte sind im französischen Code de la santé publique (Gesetzbuch über das öffentliche Gesundheitswesen, im Folgenden: CSP) geregelt.

4        Art. L 4231‑1 des CSP bestimmt:

„Der [ONP] soll

1.      die Wahrung der Berufspflichten sicherstellen;

2.      die Ehre und Unabhängigkeit des Berufs verteidigen;

3.      sich der Kompetenz der Apotheker versichern;

4.      zur Förderung der öffentlichen Gesundheit und der Qualität der Gesundheitsdienstleistungen, insbesondere der Sicherheit der beruflichen Handlungen, beitragen.

Im [ONP] schließen sich die Apotheker zusammen, die ihren Beruf in Frankreich ausüben.“

5        Nach Art. L 4232‑1 des CSP hat der ONP sieben Sektionen, die – mit Ausnahme der Sektion E, die nach geografischen Kriterien ausgerichtet ist – jeweils einer bestimmten Fachrichtung der Pharmazie entsprechen (freie Apotheker, Industrie, Großhandel, freiberuflich oder im Krankenhaus tätige medizinische Biologen, Krankenhausapotheker). Die Sektion G betrifft auf klinische Analysen spezialisierte Apotheker, die in öffentlichen oder privaten Laboren für biomedizinische Analysen tätig sind. Jede Sektion wird von einem Zentralrat geleitet.

6        Der ONP ist um den CNOP, die Zentralräte, zu denen der CCG gehört, und die Regionalräte herum organisiert. Art. L 4233‑1 des CSP bestimmt, dass die verschiedenen Räte des ONP Rechtspersönlichkeit besitzen.

 Zur angefochtenen Entscheidung

7        In den ersten vier Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung heißt es:

„Die Kommission verfügt über Informationen, nach denen seit mindestens 2003 Vereinbarungen und/oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen den im [ONP] zusammengeschlossenen Apothekern in Frankreich und/oder Beschlüsse des [ONP] und/oder des [CNOP] und/oder des [CCG …] bestehen sollen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes, insbesondere auf dem Markt für Dienstleistungen biomedizinischer Analysen, bezwecken und/oder bewirken. Dieses Verhalten soll sich insbesondere in Form von Beschlüssen manifestiert haben, Apotheker und/oder juristische Personen am Zugang zum Markt für Dienstleistungen biomedizinischer Analysen zu hindern, ihre Tätigkeit auf diesem Markt zu beschränken oder sie von diesem Markt auszuschließen.

Der [ONP] ist die berufsständische Vereinigung, der der französische Staat u. a. die Aufgaben übertragen hat, die Wahrung der Berufspflichten der Apotheker sicherzustellen, die Ehre und Unabhängigkeit des Berufs zu verteidigen, sich der Kompetenz der Apotheker zu versichern und zur Förderung der öffentlichen Gesundheit und der Qualität der Gesundheitsdienstleistungen, insbesondere der Sicherheit des beruflichen Handelns, beizutragen. Der [ONP] besteht aus einem nationalen Rat und sieben Sektionen, in die die Apotheker eingeteilt sind: Zu Sektion G gehören z. B. die auf klinische Analysen spezialisierten Apotheker, die in öffentlichen und privaten Laboren für biomedizinische Analysen tätig sind. Der [ONP] und seine Räte besitzen Rechtspersönlichkeit.

Der [ONP] und seine Räte verfügen über die Befugnis zur Kontrolle des Zugangs zum Beruf und der Berufsausübung sowie über die Disziplinargewalt über Apotheker und juristische Personen, die eine mit dem Apothekerberuf verbundene Tätigkeit ausüben, wie z. B. die der auf klinische Analysen spezialisierten Apotheker, die in öffentlichen oder privaten Laboren für biomedizinische Analysen tätig sind. Die Kontrolle über den Zugang zum Beruf erfolgt über die Verwaltung der Aufnahme in das Verzeichnis der einzelnen Sektionen. Die Aufnahme von Apothekern und juristischen Personen, die eine mit dem Apothekerberuf verbundene Tätigkeit ausüben, in das Verzeichnis ist eine rechtliche Voraussetzung für die Ausübung jedweder mit dem Apothekerberuf verbundenen Tätigkeit. Das Verzeichnis wird vom Zentralrat der Sektion geführt. Der [ONP] und seine Räte können Sanktionen wie ein zeitweiliges oder endgültiges Verbot der Ausübung einer mit dem Apothekerberuf verbundenen Tätigkeit verhängen; diese Entscheidungen ziehen die zeitweilige oder endgültige Streichung des Apothekers und/oder der juristischen Person im Verzeichnis nach sich.

Die Kommission verfügt über Informationen, nach denen Vereinbarungen und/oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen den im [ONP] zusammengeschlossenen Apothekern in Frankreich sich in Bezug auf Apotheker und/oder juristische Personen, die Dienstleistungen biomedizinischer Analysen anbieten möchten, in Form von Beschlüssen manifestiert haben sollen, sie nicht in das Verzeichnis der Sektion G aufzunehmen, ihren Eintrag in diesem Verzeichnis nicht zu aktualisieren und/oder ihnen die Ausübung ihrer Tätigkeit zu untersagen, mit dem Zweck und/oder der Wirkung, den Wettbewerb auf dem Markt für Dienstleistungen biomedizinischer Analysen zu beschränken.“

8        Im achten und im neunten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es:

„Um die Effizienz der vorliegenden Nachprüfung sicherzustellen, ist es … unerlässlich, dass diese durchgeführt wird, ohne dass die einer Beteiligung an den mutmaßlichen Verstößen verdächtigten Unternehmensvereinigungen vorher darüber informiert werden.

Es ist daher erforderlich, eine Entscheidung nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 zu erlassen, mit denen den Unternehmensvereinigungen aufgegeben wird, eine Nachprüfung zu dulden.“

9        Art. 1 der angefochtenen Entscheidung sieht vor:

„Der [ONP], der [CNOP] und der [CCG] sind verpflichtet, eine Nachprüfung zu dulden, die ihre Beteiligung an und/oder etwaige Durchführung von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen zwischen den im [ONP] zusammengeschlossenen Apothekern in Frankreich sowie die Folgeerscheinungen dieser Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen in Form von gegen die Art. 81 [EG] und/oder 82 [EG] verstoßenden Beschlüssen insbesondere auf dem Markt für Dienstleistungen biomedizinischer Analysen betrifft. Dieses Verhalten soll sich insbesondere in Form von Beschlüssen manifestiert haben, Apotheker und/oder juristische Personen am Zugang zum Markt für Dienstleistungen biomedizinischer Analysen zu hindern, ihre Tätigkeit auf diesem Markt zu beschränken oder sie von diesem Markt auszuschließen.“

10      Nach Art. 2 der angefochtenen Entscheidung konnte die Nachprüfung am 12. November 2008 beginnen, an dem sie auch tatsächlich am Sitz der Kläger stattfand.

11      Art. 3 der angefochtenen Entscheidung sieht vor:

„Der [ONP], der [CNOP] und der [CCG] sind Adressaten dieser Entscheidung.

Diese Entscheidung wird den Unternehmensvereinigungen, die ihre Adressaten sind, … unmittelbar vor der Nachprüfung bekannt gegeben.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

12      Die Kläger haben mit Klageschrift, die am 21. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

13      In ihrer Klageschrift haben die Kläger die Verbindung der vorliegenden Rechtssache mit der Rechtssache T‑24/09 beantragt. Der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts hat diesem Antrag nicht stattgegeben.

14      Mit besonderem Schriftsatz vom selben Tag haben die Kläger beantragt, die Rechtssache nach Art. 76a der Verfahrensordnung des Gerichts im beschleunigten Verfahren zu behandeln. Diesen Antrag hat die Vierte Kammer des Gerichts mit Entscheidung vom 19. Februar 2009 zurückgewiesen.

15      Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und den Klägern im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen gestellt, die sie beantwortet haben.

16      Die Parteien haben in der Sitzung vom 23. Februar 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

17      Die Kläger beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären,

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

18      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

19      Die Kläger stützen ihre Klage auf drei Gründe. Erstens wird ein Verstoß gegen den Grundsatz, dass Entscheidungen der Organe an Einheiten mit Rechtspersönlichkeit gerichtet sein müssen, gerügt. Zweitens wird eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht. Drittens wird ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz, dass Entscheidungen der Organe an Einheiten mit Rechtspersönlichkeit gerichtet sein müssen

 Vorbringen der Parteien

20      Zur Zulässigkeit des Klagegrundes tragen die Kläger vor, es stehe fest, dass sie klagebefugt in Bezug auf gegen an Dritte gerichtete Entscheidungen seien, die sich nachteilig auf sie auswirken könnten, insbesondere auf dem Gebiet des Wettbewerbs. Im vorliegenden Fall seien sie nicht nur offensichtlich befugt, die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zu beantragen, weil sie unmittelbar von ihr betroffen seien, sondern auch, einen Klagegrund geltend zu machen, mit dem die fehlende Rechtspersönlichkeit des ONP gerügt werde, weil sie dessen Vertretungsorgane seien. Dass die angefochtene Entscheidung ausdrücklich den ONP nenne, beschwere sie daher unmittelbar, und sie hätten ein unmittelbares Interesse auch an einer Teilnichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung. Sie hätten im Übrigen die Klage in ihrer Eigenschaft als Vertretungsorgane des ONP in dessen Namen erhoben.

21      Zur Begründetheit machen die Kläger geltend, dass der ONP anders als seine Räte keine Rechtspersönlichkeit besitze. Der Adressat einer Nachprüfungsentscheidung müsse zwangsläufig eine Einheit mit Rechtspersönlichkeit sein.

22      Die Kommission macht geltend, der Klagegrund sei unzulässig und jedenfalls unbegründet.

 Würdigung durch das Gericht

23      Zur Zulässigkeit des Klagegrundes ist festzustellen, dass er sich auf den Teil des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung bezieht, der eine andere Einheit als die Kläger betrifft.

24      Insoweit ist unbestritten, dass die Kläger Rechtspersönlichkeit besitzen. Folglich würde sich, selbst wenn das Gericht den Klagegrund auf seine Begründetheit prüfen sollte und zu der Schlussfolgerung gelangen sollte, dass Nachprüfungsentscheidungen nicht an Einheiten ohne Rechtspersönlichkeit gerichtet sein dürfen und dass der ONP keine solche besitzt, eine solche Schlussfolgerung unabhängig von der Eigenschaft der Kläger als Vertretungsorgan des ONP nicht auf die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung auswirken, da diese an die Kläger gerichtet ist.

25      Darüber hinaus haben die Kläger in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts ausgeführt, dass sich der Umstand, dass die angefochtene Entscheidung auch an den ONP gerichtet gewesen sei, nicht auf den Umfang der Nachprüfung ausgewirkt habe, die die Kommission auf der Grundlage der angefochtenen Entscheidung habe durchführen können, da sie allein in den Räumen der Kläger stattgefunden habe, weil der ONP keine Rechtspersönlichkeit besitze und außer seinen Räten über keine Vertretung nach außen verfüge. Unter diesen Umständen bliebe die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie an den ONP gerichtet ist, ohne Folgen für den Umfang und die Ergebnisse der Nachprüfung hinsichtlich der Kläger.

26      Damit ist festzustellen, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie an den ONP gerichtet ist, das Begehren der Kläger nicht erfüllen könnte. Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

 Vorbringen der Parteien

27      Die Kläger tragen vor, dass das Begründungserfordernis anhand der Umstände des Einzelfalls und insbesondere des Inhalts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen sei, zumal der Begründungspflicht im Hinblick auf Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) grundlegende Bedeutung zukomme. Der vorliegende Fall unterscheide sich von dem einer Nachprüfung, bei der die Kommission ihre Untersuchung bei einer Einheit durchführe, die zweifelsfrei ein Unternehmen sei. Hier habe die angefochtene Entscheidung den ONP, den CNOP und den CCG als Adressaten, benenne aber nicht die Einheit, die ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung im Sinne des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 sein solle. Die Kläger wüssten nicht, wer die Einheiten seien, deren Einstufung als Unternehmen oder Unternehmensvereinigung es der Kommission erlaube, diese Bestimmung anzuwenden, und welche Erwägungen sie insoweit angestellt habe. Sie seien daher bei Erhalt der angefochtenen Entscheidung nicht in der Lage gewesen, die Gründe für die ihnen gegenüber ergriffene Maßnahme zu erkennen, was einen Verstoß gegen das Recht auf Achtung der Wohnung im Sinne des Art. 8 EMRK darstelle, der mit hinreichenden Garantien versehen werden müsse. Daher erlaube es die Begründung dem Gericht nicht, die ihm obliegende Kontrolle auszuüben.

28      Die Kommission suggeriere, dass der Schutz der Wohnung bei einer juristischen Person weniger weit reiche als bei natürlichen Personen, und vertrete daher die Ansicht, dass die Begründung bei einer Entscheidung über die Prüfung von Geschäftsräumen einer juristischen Person knapper ausfallen könne. Eine solche Argumentation sei zurückzuweisen, weil der den Geschäftsräumen von Unternehmen nach Art. 8 EMRK gewährte Schutz demjenigen entspreche, der Räumen natürlicher Personen zukomme, und keinesfalls weniger weit reiche. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die Schlussanträge von Generalanwalt Mischo in der Rechtssache Roquette Frères (C‑94/00, Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 2002, Slg. 2002, I‑9011, I‑9015) hinzuweisen.

29      Weiter machen die Kläger in der Erwiderung geltend, dass die Begründungspflicht eine grundlegende Garantie der Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen darstelle. Ihr Umfang könne daher nicht aus Erwägungen im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Nachprüfung beschränkt werden. Zwar sei die Kommission weder verpflichtet, dem Adressaten einer Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet werde, alle ihr zu vermuteten Verstößen vorliegenden Informationen zukommen zu lassen, noch, diese Verstöße rechtlich exakt zu qualifizieren, sie habe jedoch die Annahmen klar anzugeben, die sie zu überprüfen beabsichtige. Die Kommission müsse daher in der Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet werde, substantiiert darlegen, dass sie über ernsthafte Informationen und Hinweise verfüge, aufgrund deren sie das von der Nachprüfung betroffene Unternehmen der vermuteten Zuwiderhandlung verdächtige, um darzutun, dass die Nachprüfung gerechtfertigt sei. Die Verteidigungsrechte seien zwingend ab dem Stadium des Verwaltungsverfahrens zu wahren, zu dem die angefochtene Entscheidung gehöre.

30      In der angefochtenen Entscheidung sei jedoch nicht klar angegeben, ob die von der Kommission vermuteten und die Nachprüfung begründenden Verhaltensweisen dem ONP allein, dem CNOP allein, dem CCG allein oder aber allen diesen Einheiten gemeinsam vorgeworfen würden, so dass sich nicht feststellen lasse, welche Annahmen die Kommission mit der Nachprüfung überprüfen wolle. Auch seien die Tätigkeiten des ONP und/oder der Kläger, die die angefochtene Entscheidung rechtfertigten, nicht beschrieben.

31      In der Erwiderung und in der mündlichen Verhandlung haben die Kläger außerdem eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend gemacht. Aufgrund der allgemeinen Wendungen in der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission zahlreiche Unterlagen zu den verschiedensten Themen beschlagnahmen können. Sie legen ein Verzeichnis der Arten von beschlagnahmten Dokumenten vor. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragen, die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte sei dadurch bestätigt worden, dass in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die ihnen nach Klageerhebung zugegangen sei, eine zweite Rüge aufgeführt sei, die sich von der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Rüge betreffend die Voraussetzungen des Zugangs zum Beruf unterscheide.

32      Die Kommission macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei rechtlich hinreichend begründet.

 Würdigung durch das Gericht

33      Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 führt die wesentlichen Bestandteile auf, die Entscheidungen der Kommission, mit denen eine Nachprüfung angeordnet wird, enthalten müssen, indem er der Kommission aufgibt, die Entscheidungen unter Angabe des Gegenstands und des Zwecks der Nachprüfung, des Zeitpunkts des Beginns der Nachprüfung und unter Hinweis auf die in den Art. 23 und 24 vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht, vor dem Unionsgericht Klage gegen solche Entscheidungen zu erheben, zu begründen. In der Rechtsprechung ist der Umfang der Pflicht zur Begründung von Nachprüfungsentscheidungen im Hinblick auf den Inhalt dieser Vorschrift bestimmt worden (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. März 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/04, Slg. 2007, II‑573, Randnrn. 50 bis 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung es den Klägern erlaubt, die in dieser Vorschrift vorgesehenen wesentlichen Bestandteile, insbesondere den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, festzustellen. Der Gegenstand wird nämlich im ersten Erwägungsgrund und in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung dahin gehend erläutert, dass es um Vereinbarungen und/oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen den im ONP zusammengeschlossenen Apothekern in Frankreich und/oder Beschlüsse des ONP und/oder der Kläger gehe, die seit mindestens 2003 eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs auf dem Markt für biomedizinische Analysen bezweckten und/oder bewirkten. Im vierten Erwägungsgrund heißt es weiter, dass die Kommission über Informationen verfüge, nach denen diese Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen sich als Beschlüsse manifestierten, die fraglichen Personen nicht in das Verzeichnis der Sektion G aufzunehmen, ihre Eintragung im Verzeichnis nicht zu aktualisieren und/oder ihnen zu untersagen, ihre Tätigkeit auszuüben, so dass damit genaue Auskunft über die Vermutungen gegeben wird, die die Kommission zu erhärten beabsichtigt. Das Ziel der Nachprüfung wird im sechsten und im siebten Erwägungsgrund beschrieben, denen zufolge die Kommission damit die tatsächlichen Umstände dieser Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen, ihren Kontext und die Identität der Unternehmen oder Vereinigungen in Erfahrung bringen möchte, da sie Grund für die Annahme habe, dass die Kenntnis vom Bestehen und von der Durchführung dieser Vereinbarungen und/oder Verhaltensweisen und/oder Beschlüsse auf wenige Personen im ONP und in seinen Räten beschränkt sei.

35      Die Kläger machen jedoch im Wesentlichen geltend, dass die der Kommission im vorliegenden Fall obliegende Begründungspflicht im Hinblick auf das Recht auf Achtung des Privatlebens zu beurteilen sei, wie es in Art. 8 EMRK vorgesehen und in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie in den Schlussanträgen des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache Roquette Frères (oben in Randnr. 28 angeführt) ausgelegt worden sei. Danach unterliege die Kommission im Rahmen einer Entscheidung über die Nachprüfung bei Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen einer Begründungspflicht, die derjenigen entspreche, die für Nachprüfungen bei Privatpersonen gelte.

36      Soweit sich die Kläger auf die Einstufung der Adressaten der angefochtenen Entscheidung als Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 3 der Entscheidung (siehe oben, Randnr. 11) der ONP, der CNOP und der CCG als ihre drei Adressaten aufgeführt sind. Nach Art. 3 Abs. 2 dieser Entscheidung sind diese Adressaten als Unternehmensvereinigungen und nicht als Unternehmen anzusehen. Obwohl einige Erwägungsgründe der angefochtenen Entscheidung auf die „betroffenen Unternehmen/Unternehmensvereinigungen“ Bezug nehmen, lässt Art. 3 keinen Zweifel offen. Ferner ergibt sich aus anderen Bezugnahmen in der angefochtenen Entscheidung, z. B. im achten und im neunten Erwägungsgrund (siehe oben, Randnr. 8), und aus ihrem letzten Teil über die Geldbußen und Zwangsgelder, dass ihre Adressaten als Unternehmensvereinigungen angesehen werden. Entgegen dem Vorbringen der Kläger mangelt es der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Frage, an wen sie gerichtet ist und ob die Adressaten als Unternehmen oder als Unternehmensvereinigungen im Sinne des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 angesehen werden, nicht an Klarheit. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

37      Soweit die Kläger damit geltend machen wollen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung eingehend hätte begründen müssen, warum sie sie als Unternehmensvereinigung angesehen hat, ist zunächst zu bemerken, dass im zweiten und im drittem Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnr. 7) ausgeführt wird, dass der ONP die berufsständische Vereinigung sei, der der französische Staat u. a. die Aufgaben übertragen habe, die Wahrung der Berufspflichten der Apotheker sicherzustellen, die Ehre und Unabhängigkeit des Berufs zu verteidigen, sich der Kompetenz der Apotheker zu versichern und zur Förderung der öffentlichen Gesundheit und der Qualität der Gesundheitsdienstleistungen, insbesondere der Sicherheit des beruflichen Handelns, beizutragen. Weiter heißt es, dass der ONP aus einem nationalen Rat und sieben Sektionen bestehe, in die die Apotheker eingeteilt seien, wobei zu Sektion G die auf klinische Analysen spezialisierten Apotheker gehörten, die in öffentlichen und privaten Laboren für biomedizinische Analysen tätig seien. Außerdem wird auf die Befugnis der fraglichen Einheiten hingewiesen, den Zugang zum Beruf des Apothekers und des auf klinische Analysen spezialisierten Apothekers zu kontrollieren.

38      Dieser Begründung lässt sich entnehmen, dass die Kommission den ONP als eine berufsständische Vereinigung von Apothekern und auf klinische Analysen spezialisierten Apothekern betrachtet, der der französische Staat bestimmte Befugnisse übertragen hat. Ferner verweist die Kommission darauf, dass innerhalb des ONP der CNOP und der CCG bestehen. Diese Hinweise lassen bestimmte Gesichtspunkte erkennen, anhand deren nachzuvollziehen ist, warum die Kommission der Auffassung war, dass der ONP und die Kläger Unternehmensvereinigungen seien. Allerdings enthält die angefochtene Entscheidung keine spezifische Argumentation zu den Gründen, aus denen eine berufsständische Vereinigung wie die fragliche und ihre Organe im vorliegenden Fall als Unternehmensvereinigungen im Sinne des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 angesehen werden.

39      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Pflicht zur Begründung einer Einzelentscheidung den Zweck hat, dem Gerichtshof die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung richtig ist oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht, wobei der Umfang der Begründungspflicht von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, sowie sämtlichen Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet abhängt (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 1984, Interfacultair Instituut Electronenmicroscopie der Rijksuniversiteit te Groningen, 185/83, Slg. 1984, 3623, Randnr. 38; Urteile des Gerichts vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, Slg. 2005, II‑2197, Randnrn. 62 und 63, sowie France Télécom/Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 48).

40      Zur Art der angefochtenen Entscheidung und dem Kontext, in dem sie erlassen wurde, machen die Kläger zwar zutreffend geltend, dass der Schutz des Privatlebens nach Art. 8 EMRK gewahrt werden müsse und dass sich der Schutz der Wohnung auf Geschäftsräume von Unternehmen erstrecke (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil Colas Est u. a./Frankreich vom 16. April 2002, § 41; vgl. zur Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] [ABl. 1962, Nr. 13, S. 204], Urteil Roquette Frères, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnr. 27, und Beschluss des Gerichtshofs vom 17. November 2005, Minoan Lines/Kommission, C‑121/04 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 31), doch hat der Gerichtshof auch darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen als eines von der Kommission für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrags auf dem Gebiet des Wettbewerbs benötigten Instruments zu erhalten. Um den Nutzen des Rechts der Kommission zu wahren, Geschäftsräume des von einem Verfahren gemäß Art. 81 EG und 82 EG betroffenen Unternehmens zu betreten, impliziert dieses Recht daher auch die Befugnis, nach anderen Informationsquellen zu suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, Slg. 1989, I‑2859, Randnr. 27, und Beschluss Minoan Lines/Kommission, Randnr. 36).

41      Daraus ergibt sich, dass die Kommission in dem Verfahrensstadium, in dem die Nachprüfungsentscheidungen ergehen, noch nicht über genaue Angaben verfügt, die es ihr ermöglichen, zu prüfen, ob die betreffenden Verhaltensweisen oder Handlungen als Entscheidungen von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen im Sinne des Art. 81 EG eingestuft werden können. Gerade unter Berücksichtigung der Besonderheit von Nachprüfungsentscheidungen ist in der Rechtsprechung zur Begründungspflicht ausgeführt worden, welche Arten von Angaben in einer Nachprüfungsentscheidung enthalten sein müssen, damit die Adressaten in diesem Stadium des Verwaltungsverfahrens ihre Verteidigungsrechte geltend machen können. Der Kommission insoweit eine weiter gehende Begründungspflicht aufzuerlegen, würde dem Vorabcharakter der Nachprüfung nicht gebührend Rechnung tragen, deren Ziel gerade darin besteht, es der Kommission zu ermöglichen, in einem späteren Stadium festzustellen, ob Adressaten einer Nachprüfungsentscheidung oder Dritte gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft verstoßen haben. Wie sich nämlich aus dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung selbst ergibt, sind die betreffenden Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen nicht als bewiesen, sondern als „vermutet“ angesehen worden (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1989, Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, 97/87 bis 99/87, Slg. 1989, 3165, Randnr. 55).

42      Überdies ist zu den insoweit einschlägigen Rechtsvorschriften, um die es im Rahmen des nachstehend geprüften dritten Klagegrundes geht, festzustellen, dass der Gerichtshof insbesondere in dem von den Klägern angeführten Urteil vom 19. Februar 2002, Wouters u. a. (C‑309/99, Slg. 2002, I‑1577), entschieden hat, dass eine berufsständische Vereinigung, die Angehörige eines freien Berufs vertritt, nicht von vornherein vom Anwendungsbereich des Art. 81 EG ausgeschlossen ist.

43      Unter diesen Umständen ist insbesondere in Anbetracht der Art der angefochtenen Entscheidung, wie sie vorstehend beschrieben ist, und der Rechtsvorschriften auf dem Gebiet festzustellen, dass die Kommission nicht verpflichtet war, in der angefochtenen Entscheidung über die im zweiten und im dritten Erwägungsgrund enthaltenen Erläuterungen (siehe oben, Randnrn. 7, 37 und 38) hinaus die spezifische rechtliche Beurteilung darzulegen, auf deren Grundlage sie die Adressaten als Unternehmensvereinigungen eingestuft hat.

44      Darüber hinaus ist zur erstmals in der Erwiderung vorgebrachten und in der mündlichen Verhandlung wiederholten Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere hinsichtlich der Art der von der Kommission beschlagnahmten Unterlagen, festzustellen, dass in der Klageschrift lediglich – nach einer Darstellung der Rechtsprechung zur Begründungspflicht – auf die unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung bezüglich der Art der Adressaten (Unternehmen und/oder Unternehmensvereinigungen) hingewiesen wird, jedoch keine Verletzung der Verteidigungsrechte im vorliegenden Fall gerügt wird.

45      Dass die Pflicht zur Begründung von Nachprüfungsentscheidungen speziell auf die Wahrung der Verteidigungsrechte der Adressaten abzielt, bedeutet nicht, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte, die ihrem Wesen nach eine Verletzung von subjektiven Rechten ist, keine Verletzung wesentlicher Formvorschriften ist und daher nicht von Amts wegen zu prüfen ist (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 425, und Corsica Ferries France/Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 77). Daher ist die erstmals in der Erwiderung erhobene Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen.

46      Zu den den Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte betreffenden Rügen schließlich genügt die Feststellung, dass es sich hierbei um einen Umstand handelt, der nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung eingetreten ist und damit ihre Rechtmäßigkeit, die anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Aktes zu beurteilen ist, nicht berühren kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnr. 325 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Somit ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003

48      Der Klagegrund besteht aus zwei Teilen, und zwar erstens dem Vorwurf der unzutreffenden Einstufung des ONP und der Kläger als Unternehmen und zweitens dem Vorwurf der unzutreffenden Einstufung des ONP und der Kläger als Unternehmensvereinigungen.

 Erster Teil: Unzutreffende Einstufung des ONP und der Kläger als Unternehmen

–       Vorbringen der Parteien

49      Die Kläger bestreiten, dass der ONP und sie selbst Unternehmen sind. Sie übten keine Handels‑ oder Wirtschaftstätigkeit aus. Ihre Tätigkeit gehöre zum öffentlichen Sektor. Der Wortlaut der angefochtenen Entscheidung weise eine für sie nachteilige Mehrdeutigkeit auf, weil nicht genau definiert werde, ob die Adressaten als Unternehmen oder als Unternehmensvereinigungen anzusehen seien.

50      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

51      Wie in Randnr. 36 des vorliegenden Urteils ausgeführt, geht aus der angefochtenen Entscheidung klar hervor, dass ihre Adressaten als Unternehmensvereinigungen und nicht als Unternehmen angesehen werden. Der erste Teil des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zweiter Teil: Irrige Einstufung des ONP und der Kläger als Unternehmensvereinigungen

–       Vorbringen der Parteien

52      Die Kläger bestreiten, dass der ONP und sie selbst Unternehmensvereinigungen sind. Sie verweisen insoweit auf das Urteil Wouters u. a. (oben in Randnr. 42 angeführt), das für die Prüfung, ob eine berufsständische Vereinigung als eine Unternehmensvereinigung eingestuft werden könne, zwei Schritte vorsehe. Zuerst sei zu ermitteln, ob die Mitglieder dieser Vereinigung Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft seien, und dann, ob ihren Tätigkeiten nach ihrer Art oder nach den vom Gerichtshof aufgestellten Kriterien nicht der Bezug zum Wirtschaftsleben fehle.

53      Erstens seien die Mitglieder des ONP keine Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG, da einige von ihnen Staatsbeamte seien. Dabei handele es sich insbesondere um die im Krankenhaussektor tätigen Apotheker, die im Verzeichnis der Sektionen G und H des ONP eingetragen seien. Die Mitglieder einer anderen Kategorie, die Universitätsprofessoren, die Pharmazie unterrichteten, seien ebenfalls Beamte. Auch die angestellten Apotheker, die einen Großteil der im Verzeichnis des ONP geführten Mitglieder ausmachten, könnten nicht als Unternehmen eingestuft werden. In diesem Zusammenhang bestreiten die Kläger die Relevanz des Urteils des Gerichts vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission (T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987).

54      Die Kläger bestreiten außerdem die Relevanz der Entscheidung des französischen Wettbewerbsrats vom 18. März 1997 und des Urteils der französischen Cour de cassation vom 16. Mai 2000, mit dem diese Entscheidung bestätigt und ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht im Bereich der Hauszustellung von Arzneimitteln festgestellt wurde. Sie machen geltend, in dieser Entscheidung und diesem Urteil, die speziell die Sektion A des ONP beträfen, sei nicht festgestellt worden, dass diese eine Unternehmensvereinigung sei, und sie seien darauf gestützt, dass die Sektion A gegen ihre öffentliche Aufgabe verstoßen habe, während der CCG niemals seine rechtlichen Befugnisse überschritten habe.

55      Zweitens, so die Kläger, hätten ihre Tätigkeiten und die des ONP keinen Bezug zum Wirtschaftsleben, weil sie auch eine auf dem Grundsatz der Solidarität beruhende soziale Aufgabe hätten und typisch hoheitliche Befugnisse ausübten.

56      Hinsichtlich ihrer sozialen Aufgabe verweisen die Kläger auf Art. L 4231‑2 Abs. 6 des CSP, wonach der CNOP, der sich aus Vertretern aller Zentralräte, u. a. dem CCG, zusammensetze, „sich auf nationaler Ebene aller Fragen der gegenseitigen Unterstützung und beruflichen Solidarität, insbesondere von Schadensfällen und Ruhestand, annehmen kann“. Diese soziale Aufgabe beruhe auf der Solidarität, die sich daran zeige, dass ein Teil der Mitgliedsbeiträge für ein Programm zugunsten von Apothekern in Schwierigkeiten oder im Ruhestand vorgesehen werden könne.

57      Um darzutun, dass sie typisch hoheitliche Befugnisse ausübe, führen die Kläger ihre Tätigkeiten unter Berufung auf die französischen Rechtsvorschriften auf. Sie nähmen insbesondere gerichtliche und administrative Aufgaben wahr.

58      Zu ihren gerichtlichen Aufgaben tragen die Kläger vor, dass sie als berufsständische Vereinigung nach französischem Recht Verwaltungsgerichten gleichgestellt seien und die Vorsitzenden ihrer Disziplinarkammern Verwaltungsrichter seien. Darüber hinaus erfüllten sie die Kriterien, anhand deren geprüft werde, ob eine Einrichtung die Merkmale eines Gerichts im Sinne des Art. 243 EG aufweise, insbesondere die gesetzliche Verankerung ihrer gerichtlichen Aufgabe, ihr ständiger Charakter, die obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen und ihre Unabhängigkeit.

59      Zu ihren Handlungen administrativer Art gehörten die Organisation der ständigen beruflichen Weiterbildung der Apotheker, die Befugnis zur Suspendierung von Apothekern, deren Gesundheitszustand die Ausübung ihres Berufs gefährden könnte, und die Überwachung der Einhaltung der Standesregeln durch die Räte des ONP. Auch die Einziehung der für die Arbeit des ONP und die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Beiträge sei eine typisch hoheitliche Befugnis. Schließlich sei der CNOP mit der Organisation der Durchführung des Arzneimitteldossiers betraut worden, des ersten Dossiers im Rahmen des nationalen E-Gesundheitsprogramms.

60      Drittens führen die Kläger drei weitere – auch im Urteil Wouters u. a. (oben in Randnr. 42 angeführt) genannten – Kriterien dafür an, dass sie weder Unternehmen noch Unternehmensvereinigungen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft seien. Zu nennen seien erstens die Bestimmung der Mitglieder der Verwaltungsorgane der berufsständischen Vereinigung durch die nationalen Behörden, zweitens die Verpflichtung der berufsständischen Vereinigung, bestimmte Kriterien des Allgemeininteresses zu berücksichtigen, und drittens der fehlende Einfluss des Berufsverbands auf seine Mitglieder.

61      Zu ihrer Zusammensetzung als Verwaltungsorgane des ONP führen die Kläger aus, dass sie sich nicht ausschließlich aus freiberuflichen Apothekern, die von den übrigen Mitgliedern gewählt worden seien, sondern auch aus Staatsbeamten, Vertretern des Staates und Vertretern der Pharmazeutischen Wissenschaften zusammensetzten, die von den staatlichen Behörden ernannt würden und weiter unter deren Kontrolle stünden.

62      Der Gesetzgeber habe sie außerdem mit der Aufgabe betraut, die öffentliche Gesundheit und die Qualität der Gesundheitsdienstleistungen zu fördern, was ein Kriterium des Allgemeininteresses sei, das bei allen ihren Handlungen zum Tragen komme, insbesondere bei der Aufnahme in das Verzeichnis. Insoweit ergebe sich aus der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass ein Staat im Rahmen des Schutzes wesentlicher Grundsätze wie der öffentlichen Gesundheit die Voraussetzungen für die Aufnahme durch einen Verband in einen Berufsstand regeln dürfe, der selbst Gegenstand einer Regelung sei (Urteile des Gerichtshofs vom 19. Mai 2009, Apothekerkammer des Saarlandes u. a., C‑171/07 und C‑172/07, Slg. 2009, I‑4171, und Kommission/Italien, C‑531/06, Slg. 2009, I‑4103).

63      Die Kläger tragen weiter vor, dass sie das Verhalten ihrer Mitglieder nicht beeinflussen könnten, was ihre Einstufung als Unternehmensvereinigung ebenfalls ausschließe. Zum einen werde der CNOP nämlich, was die Aufnahme in das Apothekerverzeichnis betreffe, nicht unmittelbar tätig, da die Apotheker ihre Anträge bei den zuständigen Zentral- oder Regionalräten stellten und er sich nur im Fall einer Aufnahmeverweigerung äußere. Zum anderen hänge das Tätigwerden des CCG im Bereich der Biomedizin, was die Aufnahme in das Verzeichnis oder die Änderung des Eintrags angehe, unmittelbar von den Zulassungen und Genehmigungen ab, die der zuständige Präfekt, der in dem betreffenden Departement den Staat vertrete, erteilt habe. Die Rolle des CCG beschränke sich auf die Abgabe nicht verbindlicher Stellungnahmen. Hinsichtlich der Aufnahme in das Verzeichnis und der Streichung verfügten der CNOP und der CCG nur über gesetzlich eng begrenzte Befugnisse. Es handele sich um gebundene Entscheidungen, weil sie einem Berufsangehörigen, der sämtliche rechtlichen Voraussetzungen erfülle, die Aufnahme in das Verzeichnis nicht verweigern dürften. Im Übrigen sei bei der Beurteilung des tatsächlichen Einflusses dieser Entscheidungen auf die Berufsangehörigen zu berücksichtigen, dass gegen die Verweigerung der Aufnahme in das Verzeichnis oder die Streichung ein Rechtsbehelf eingelegt werden könne.

64      Zum Vorbringen der Kommission, dass die förmliche Einstufung der Adressaten der angefochtenen Entscheidung als Unternehmen oder Unternehmensvereinigung keine Voraussetzung für deren Rechtmäßigkeit sei, führen die Kläger aus, dass die Kommission nach dem Grundsatz der Zuweisung der Befugnisse, wie er insbesondere in den Art. 5 EG, 7 EG und 211 EG aufgestellt sei, eine Entscheidung nur auf einer entsprechenden Rechtsgrundlage erlassen dürfe, und zwar nur, wenn sämtliche in dieser Rechtsgrundlage aufgestellten Voraussetzungen erfüllt seien. Die Einstufung als Unternehmensvereinigung müsse daher schon zum Zeitpunkt der Nachprüfung bestehen. Der angefochtenen Entscheidung fehle sonst die Rechtsgrundlage, da in Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 eindeutig bestimmt sei, dass die Kommission alle erforderlichen Nachprüfungen bei „Unternehmen und Unternehmensvereinigungen“ vornehmen könne.

65      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

66      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach dem 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 die Befugnis haben soll, die Nachprüfungen vorzunehmen, die notwendig sind, um gemäß Art. 81 EG verbotene Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen aufzudecken. Insoweit bestimmt Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003, dass die Kommission bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen kann. Nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 sind die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, die die Kommission durch Entscheidung angeordnet hat.

67      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Definition der Begriffe „Unternehmen“ und „Unternehmensvereinigungen“ in Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003, mit der die in den Art. 81 EG und 82 EG niedergelegten Wettbewerbsregeln durchgeführt werden sollen, grundsätzlich diejenige sein muss, die im Rahmen der Anwendung des Art. 81 EG gilt.

68      Jedoch ist auch der Besonderheit von Nachprüfungsentscheidungen (siehe oben, Randnr. 40) Rechnung zu tragen. Insbesondere kann, da diese Entscheidungen zu Beginn einer Untersuchung erlassen werden, in diesem Stadium keine Rede davon sein, abschließend zu beurteilen, ob die Handlungen oder Beschlüsse der Adressaten oder anderer Einheiten als Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen, oder als Verhaltensweisen im Sinne des Art. 82 EG eingestuft werden können. Auch wenn Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 vorsieht, dass die Kommission in der Nachprüfungsentscheidung deren Gegenstand angibt, geht es in diesem Stadium nämlich nicht darum, konkrete Verhaltensweisen zu beurteilen, da der Zweck der Nachprüfung gerade darin liegt, Beweise für die vermuteten Verhaltensweisen zu sammeln.

69      Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung Nr. 1/2003 der Kommission Befugnisse verleiht, die es ihr ermöglichen sollen, die ihr durch den Vertrag übertragene Aufgabe zu erfüllen, die Wettbewerbsregeln im Gemeinsamen Markt zu überwachen (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteil des Gerichtshofs vom 26. Juni 1980, National Panasonic/Kommission, 136/79, Slg. 1980, 2033, Randnr. 20, und Beschluss Minoan Lines/Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 34), worauf auch im 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 hingewiesen wird (siehe oben, Randnr. 66). Auch in der Rechtsprechung ist bestätigt worden, dass Nachprüfungen sehr weit gehen können und dass dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, insofern besondere Bedeutung zukommt, als es der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet (vgl. in diesem Sinne zur Verordnung Nr. 17 Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 26, und Beschluss Minoan Lines/Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 35).

70      Im vorliegenden Fall ist zur Einstufung des ONP und der Kläger als Unternehmensvereinigungen im Sinne des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 festzustellen, dass der Begriff des Unternehmens im Wettbewerbsrecht jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfasst und dass eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit ist, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (Urteil Wouters u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 46 und 47).

71      Apotheker, zumindest selbständige Apotheker, bieten gegen Entgelt vor allem Dienstleistungen des Einzelhandelsvertriebs von Arzneimitteln an und tragen die finanziellen Risiken dieser Tätigkeit. Diese Personen üben daher wirtschaftliche Tätigkeiten aus und sind damit Unternehmen im Sinne der Art. 81 EG, 82 EG und 86 EG (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile des Gerichtshofs vom 12. September 2000, Pavlov u. a., C‑180/98 bis C‑184/98, Slg. 2000, I‑6451, Randnrn. 76 und 77, sowie Wouters u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 48 und 49). Die Kläger bestreiten im Übrigen nicht, dass bestimmte Apotheker, die Mitglieder des ONP sind, als Unternehmen im wettbewerbsrechtlichen Sinne eingestuft werden können, da sie freiberuflich tätig sind und damit finanzielle Risiken tragen.

72      Außer den in freien Apotheken tätigen Apothekern und Hilfsapothekern, die Mitglied der Sektion A sind, erfüllen auch die Mitglieder der Sektion G, d. h. die Leiter und stellvertretenden Leiter der Labore für biomedizinische Analysen, die Kriterien des Unternehmensbegriffs. Selbst wenn nämlich, wie die Kläger vortragen, die Mehrheit der Apotheker in Sektion G in den privaten und öffentlichen Laboren für biomedizinische Analysen als Angestellte tätig sind, kann zumindest ein Teil der Mitglieder dieser Sektion als Unternehmen im wettbewerbsrechtlichen Sinne eingestuft werden, was die Kläger auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung im Übrigen bestätigt haben.

73      Die Kläger machen jedoch geltend, dass der Umstand, dass ein Teil ihrer Mitglieder nicht als Unternehmen eingestuft werden könne, bedeute, dass die fraglichen Vertretungsorgane nicht in den Anwendungsbereich des Art. 81 EG fallen könnten.

74      Diesem Vorbringen steht die Rechtsprechung entgegen. Im Urteil FNCBV u. a./Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) hat das Gericht festgestellt, dass Verbände, in denen sich Inhaber landwirtschaftlicher Erzeugerbetriebe – Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG – zusammenschließen und die sie vertreten, für die Anwendung dieser Vorschrift als Unternehmensvereinigungen angesehen werden können, obwohl sie auch die Ehegatten der Inhaber landwirtschaftlicher Erzeugerbetriebe aufnehmen können, insbesondere weil eine Vereinigung ihren Charakter als Unternehmensvereinigung im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EG jedenfalls nicht allein dadurch verliert, dass sie auch Personen oder Einheiten aufnehmen kann, bei denen es sich nicht um Unternehmen handelt (Urteil FNCBV u. a./Kommission, oben in Randnr. 53 angeführt, Randnr. 55).

75      Die Kläger halten dieses Urteil für nicht einschlägig, da das Gericht dort auch darauf verwiesen habe, dass die Ehegatten der Inhaber landwirtschaftlicher Erzeugerbetriebe in der Regel im Familienbetrieb mitarbeiteten. Die Ehegatten übten daher eine wirtschaftliche Tätigkeit aus, was bei vielen Mitgliedern des ONP nicht der Fall sei. Auch wenn das Gericht in der Tat diesen Umstand in Randnr. 55 des Urteils FNCBV u. a./Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) erwähnt hat, kann jedoch das Vorbringen der Kläger nicht durchgreifen, weil in dieser Randnummer eindeutig ausgeführt wird, dass die fragliche Vereinigung „jedenfalls“ nicht allein dadurch vom Anwendungsbereich des Art. 81 EG ausgeschlossen wird, dass einige Mitglieder keine Unternehmen sind.

76      Der ONP und die Kläger sind daher Einrichtungen, in denen sich Berufsangehörige, darunter freie Apotheker und Leiter von biomedizinischen Laboren, die als Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG eingestuft werden können, zusammenschließen und die sie vertreten.

77      Daraus allein lässt sich bereits schließen, dass die Kommission den ONP und die Kläger als Unternehmensvereinigungen im Sinne des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 einstufen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil FNCBV u. a./Kommission, oben in Randnr. 53 angeführt, Randnrn. 53 und 54) und ihnen nach dieser Vorschrift aufgeben durfte, eine Nachprüfung zu dulden. Insbesondere ist es denkbar, dass diese Einrichtungen in dieser Eigenschaft gegen Art. 81 EG verstoßende Beschlüsse treffen konnten, was die Kommission ihrer Aufgabe entsprechend nachzuprüfen berechtigt war, und zwar insbesondere auf der Grundlage des im Zuge einer Nachprüfung gesammelten Beweismaterials.

78      Das auf das Urteil Wouters u. a. (oben in Randnr. 42 angeführt) gestützte Vorbringen der Kläger kann an dieser Schlussfolgerung nichts ändern. Mit diesem Urteil ist die Frage entschieden worden, ob eine berufsständische Vertretung wie die Niederländische Rechtsanwaltskammer beim Erlass einer bestimmten Verordnung als eine Unternehmensvereinigung oder aber als Organ der öffentlichen Gewalt anzusehen war (Urteil Wouters u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 56). Im vorliegenden Fall ist die Frage, ob die Kläger bei Ausübung ihrer konkreten Befugnisse vom Anwendungsbereich des Art. 81 EG ausgeschlossen sind oder aber bestimmte ihrer Handlungen als Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind, offensichtlich verfrüht und muss gegebenenfalls im Rahmen der Endentscheidung entschieden werden, in der zu den Beschwerdepunkten der Kommission Stellung genommen wird. Darüber hinaus wird im Urteil Wouters u. a. klar bestätigt, dass berufsständische Vereinigungen nicht von vornherein vom Anwendungsbereich des Art. 81 Abs. 1 EG ausgenommen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Wouters u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79      Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die mit der angefochtenen Entscheidung angeordnete Nachprüfung nicht nur etwaige Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EG, um die es im Urteil Wouters u. a. (oben in Randnr. 42 angeführt) ging, sondern auch die etwaige Beteiligung der Kläger an Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen zwischen den im ONP zusammengeschlossenen Apothekern in Frankreich sowie einen Verstoß gegen Art. 82 EG betraf.

80      Ferner geht aus den Akten hervor, dass es mehrere Entscheidungen des französischen Wettbewerbsrats gibt, mit denen wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen des ONP und/oder seiner Organe festgestellt werden, und dass die französische Cour de cassation mindestens eine dieser Entscheidungen bestätigt hat. Entgegen dem Vorbringen der Kläger und unabhängig davon, dass diese Entscheidungen die Sektion A und nicht die Sektion G des ONP betrafen, handelt es sich dabei um ein weiteres Indiz, aufgrund dessen die Kommission annehmen durfte, dass der ONP und die Kläger nicht von vornherein vom Anwendungsbereich des Art. 81 EG ausgeschlossen sind, da die Sektion A und die Sektion G Mitglieder haben, die als Unternehmen eingestuft werden können, und das Bestehen gesetzlich umschriebener, im Allgemeininteresse liegender Aufgaben es für keine der beiden Sektionen ausschließt, dass sie außerhalb des rechtlichen Rahmens und unter Verstoß gegen Art. 81 EG handeln können.

81      Zum Hinweis der Kläger auf die Urteile Apothekerkammer des Saarlandes u. a. sowie Kommission/Italien (oben in Randnr. 62 angeführt), aus denen sich ergeben soll, dass ein Staat im Rahmen des Schutzes wesentlicher Grundsätze wie der öffentlichen Gesundheit die Voraussetzungen für die Aufnahme durch einen Verband in einen Berufsstand regeln dürfe, der selbst Gegenstand einer Regelung sei, ist festzustellen, dass es in diesen Urteilen im Wesentlichen um die Anwendung der Art. 43 EG und 56 EG über die Niederlassungs- und die Kapitalverkehrsfreiheit auf nationale Rechtsvorschriften über die Voraussetzungen für die Ausübung des Apothekerberufs geht. Diese Urteile sind jedoch für die Lösung des Rechtsstreits irrelevant, weil der Umstand, dass Regeln den freien Verkehr nicht beschränken, weil sie als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun haben, nach der Rechtsprechung weder bedeutet, dass die entsprechende Tätigkeit zwangsläufig nicht in den Anwendungsbereich der Art. 81 EG und 82 EG fällt, noch, dass die genannten Regeln den Tatbestand dieser Artikel nicht erfüllen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juli 2006, Meca-Medina und Majcen/Kommission, C‑519/04 P, Slg. 2006, I‑6991, Randnr. 31).

82      Nach alledem durfte die Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung davon ausgehen, dass der ONP und die Kläger Unternehmensvereinigungen im Sinne des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 sind. Ein Verstoß der Kommission gegen diese Bestimmung, soweit sie die Adressaten der angefochtenen Entscheidung als Unternehmensvereinigungen betrachtet hat, ist daher nicht nachgewiesen.

83      Da auch der zweite Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen ist, ist der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

84      Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

85      Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung hat die unterliegende Partei auf Antrag die Kosten zu tragen. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, haben sie ihre eigenen Kosten sowie gemäß dem Antrag der Kommission deren Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Der Conseil national de l’Ordre des pharmaciens (CNOP) und der Conseil central de la section G de l’Ordre national des pharmaciens (CCG) tragen die Kosten.

Czúcz

Labucka

O’Higgins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. Oktober 2010.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.