Language of document : ECLI:EU:T:2009:472

BESCHLUSS DES GERICHTS (Sechste Kammer)

30. November 2009(*)

„Verfahren – Kostenfestsetzung“

In der Rechtssache T‑56/02 OP‑DEP

Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt T. Müller‑Ibold,

Antragstellerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch N. Khan, O. Weber und A. Antoniadis als Bevollmächtigte,

Antragsgegnerin,

wegen Kostenfestsetzung im Anschluss an das Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank/Kommission (T‑44/02 OP, T‑54/02 OP und T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. W. H. Meij sowie der Richter V. Vadapalas (Berichterstatter) und T. Tchipev,

Kanzler: E. Coulon

folgenden

Beschluss

 Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Parteien

1        Mit Klageschrift, die am 28. Februar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Antragstellerin eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/25/EG der Kommission vom 11. Dezember 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag in der Sache COMP/E-1/37.919 (ex 37.391) – Bankgebühren für den Umtausch von Währungen des Euro-Gebiets – Deutschland (ABl. 2003, L 15, S. 1) erhoben.

2        Mit Urteil vom 14. Oktober 2004, Bayerische Hypo‑ und Vereinsbank/Kommission (T‑56/02, Slg. 2004, II‑3495), hat das Gericht die Entscheidung 2003/25 in Bezug auf die Antragstellerin für nichtig erklärt und der Kommission die Kosten auferlegt.

3        Mit Schriftsatz, der am 27. November 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission gemäß Art. 122 § 4 der Verfahrensordnung gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt.

4        Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz, der am 21. Februar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Art. 122 § 5 der Verfahrensordnung zu dem Einspruch Stellung genommen.

5        Mit Beschluss vom 12. Juli 2005 sind nach Anhörung der Parteien die Rechtssachen T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

6        Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat im Wege prozessleitender Maßnahmen die Parteien aufgefordert, einige Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dem nachgekommen.

7        Die Parteien haben in der Sitzung vom 31. Mai 2006 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

8        Mit Urteil vom 27. September 2006, Dresdner Bank/Kommission (T‑44/02 OP, T‑54/02 OP und T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567) hat das Gericht den Einspruch zurückgewiesen und der Kommission die Kosten auferlegt.

9        Mit Schreiben vom 28. Februar 2007 forderte die Antragstellerin die Kommission zur Erstattung der Kosten in den Rechtssachen T‑56/02 und T‑56/02 OP auf.

10      Mit Schreiben vom 25. April 2007 wies die Kommission diese Aufforderung zurück, da sie nicht begründet sei und eine Reihe von Positionen enthalte, die nicht erstattet werden könnten.

11      Mit Schreiben vom 6. Juli 2007 wiederholte die Antragstellerin ihre Aufforderung zur Erstattung der Kosten, die von der Kommission mit Schreiben vom 20. September 2007 erneut zurückgewiesen wurde.

12      In Ermangelung einer Einigung zwischen den beiden Parteien über die erstattungsfähigen Kosten in der Rechtssache T‑56/02 OP hat die Antragstellerin mit Schriftsatz, der am 15. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, einen Antrag auf Kostenfestsetzung gemäß Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung gestellt.

13      Mit Schriftsatz, der am 30. April 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission zu diesem Antrag Stellung genommen.

14      Die Antragstellerin beantragt, die Kommission zu verurteilen, ihr zur Erstattung der in der Rechtssache T‑56/02 OP aufgewandten Kosten 160 598,07 Euro zu zahlen, und diese Summe um einen angemessenen Betrag für das vorliegende Verfahren zu erhöhen.

15      Die Kommission beantragt, einen Betrag festzusetzen, der 26 010 Euro nicht übersteigt.

 Rechtliche Würdigung

 Vorbringen der Parteien

16      Die Antragstellerin trägt vor, dass die Auslagen und Anwaltshonorare, deren Erstattung sie beantrage, erstattungsfähige Kosten im Sinne der Rechtsprechung des Gerichts seien.

17      Die Kosten in Höhe von insgesamt 160 598,07 Euro setzen sich nach Angabe der Antragstellerin aus den Honoraren der Rechtsanwälte der Kanzlei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP (im Folgenden: Kanzlei Cleary) in Höhe von 158 047,22 Euro sowie aus den Kosten und Auslagen der Rechtsanwälte dieser Kanzlei in Höhe von 2 550,85 Euro zusammen. Die Antragstellerin erläutert in Randnr. 48 ihrer Antragsschrift, dass die Kanzlei Cleary auch in der Rechtssache T‑56/02 OP und in der Rechtssache T‑54/02 OP mit der Vertretung der Antragstellerin beauftragt worden sei und die in diesem Zeitraum angefallenen Kosten daher im Verhältnis 75 % für die Rechtssache T‑56/02 OP und 25 % für die Rechtssache T‑54/02 OP aufgeteilt worden seien.

18      Erstens führt die Antragstellerin für ihren Antrag im Wesentlichen an, dass sie ein erhebliches Interesse an der Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/25 gehabt habe.

19      Zunächst habe sich dadurch der Schaden ausräumen lassen, den diese Entscheidung ihrem Ruf zugefügt habe, da damit zu verstehen gegeben worden sei, dass sich die Banken bei der Umstellung auf den Euro bereichert hätten. Die Entscheidung 2003/25 sei auch insofern verunglimpfend gewesen, als sie den Eindruck vermittelt habe, dass die Banken für die mit der Einführung des Euro verbundenen Kosten verantwortlich seien. Weiterhin sei damit der Vorteil verbunden gewesen, dass die ihr auferlegte Geldbuße in Höhe von 28 000 000 Euro für nichtig erklärt worden sei. Schließlich meint die Antragstellerin, dass sie ein besonderes Interesse an der Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/25 gehabt habe, um weiterhin an regulatorischen und legislativen Verfahren im Finanzmarktbereich teilnehmen zu können, ohne Gefahr zu laufen, in künftigen Fällen als Wiederholungstäterin dazustehen.

20      Zweitens macht die Antragstellerin geltend, dass das Verfahren wie jedes Verfahren in Kartellsachen Sach‑ und Rechtsfragen aufgeworfen habe, die sich durch einen hohen Grad an Komplexität ausgezeichnet hätten. Die Kommission sei mit ihrer Entscheidung von den Leitlinien abgewichen, die sie selbst erlassen habe, um eine einheitliche Geldbußenpraxis sicherzustellen. Außerdem habe sie die Verteidigungsrechte der Antragstellerin dadurch verletzt, dass sie ihr keine vollständige Akteneinsicht gewährt habe. Im Übrigen habe sie ihrer Begründungspflicht nicht genügt, indem sie sich in ihrer Entscheidung auf nicht nachvollziehbare Erwägungen stütze.

21      Nach Ansicht der Antragstellerin haben alle diese Fragen zur Entwicklung des Gemeinschaftsrechts beigetragen, da sie es erlaubt hätten, die Grenzen der der Kommission zur Verfügung stehenden Kontrollinstrumente zu präzisieren.

22      Zudem betont die Antragstellerin, dass die Komplexität der Rechtssache dadurch wesentlich erhöht worden sei, dass die Sach- und Rechtslage hinsichtlich der zweiten und der dritten Phase der Euroeinführung aufzuarbeiten gewesen sei, die von der Kommission in ihrer Entscheidung 2003/25 falsch und unzureichend wiedergegeben worden sei. Die Antragstellerin trägt ferner in Randnr. 36 ihrer Antragsschrift vor, dass das Versäumnisverfahren Besonderheiten aufweise, die die Komplexität der Rechtssache noch gesteigert und ihre Rechtsanwälte dazu verpflichtet hätten, die Folgen eines solchen Verfahrens für ihre Situation zu beurteilen. Im Übrigen habe sich im Säumnisverfahren noch der Kanzler des Gerichts in die Erörterung zwischen den Parteien eingeschaltet, um eine Lösung zu finden. Schließlich sei die Rechts‑ und Sachlage durch das Verhalten der Kommission im Verlauf des Verwaltungsverfahrens weiter verkompliziert worden, das zu einer erheblichen Anzahl ungewöhnlicher verfahrensrechtlicher Rügen geführt habe, für die es keine Präzedenzfälle gegeben habe. Die Antragstellerin führt insoweit die Aufteilung des Verfahrens in verschiedene nationale Verfahren – während das Verfahren auf pan-europäischer Basis bereits gelaufen sei – und die Verweigerung des Zugangs zu Akten aus den Parallelverfahren durch die Kommission an.

23      Drittens trägt die Antragstellerin in Bezug auf den Betrag von 158 047,22 Euro für die 650 Arbeitsstunden der Rechtsanwälte der Kanzlei Cleary, die in Anlage 7 dieser Antragsschrift im Detail aufgeführt seien, vor, dass dieser Betrag sowohl wegen der Bedeutung der Sache für die Banken als auch wegen der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten gerechtfertigt sei.

24      Die Stellungnahme zum Einspruch der Kommission habe einen erheblichen Arbeitsaufwand verursacht, weil sie eine gründliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der Kommission und dem Versäumnisurteil in der Rechtssache T‑56/02 erfordert habe.

25      Auch habe sich der für die Behandlung der Rechtssache T‑56/02 OP erforderliche Zeitaufwand durch die Beantwortung der Fragen des Gerichts erheblich vergrößert. Ferner habe die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung einen erheblichen Aufwand verursacht, da angesichts der langen Zeit, die seit der Einreichung der Klageschrift in der Rechtssache T‑56/02 vergangen sei, ein erneutes Einlesen in den gesamten Akteninhalt erforderlich geworden sei. Ein solcher Arbeitsaufwand zudem unter erheblichem Zeitdruck habe es gerechtfertigt, mehrere Anwälte gleichzeitig mit der Verteidigung zu beauftragen.

26      Viertens trägt die Antragstellerin in Randnr. 57 ihrer Antragsschrift zu den Kosten und Ausgaben der Rechtsanwälte vor, dass von den durch die Verfahren T‑54/02 OP, T‑56/02 und T‑56/02 OP verursachten Anwaltskosten von insgesamt 15 538,95 Euro der Betrag von 2 550,85 Euro auf das Verfahren T‑56/02 OP entfalle. Es seien nicht unerhebliche Reisekosten insbesondere wegen der Entfernung zwischen München, dem Sitz ihrer Hauptverwaltung, und Brüssel, dem Sitz der Kanzlei Cleary, angefallen. Auch hätten Besprechungen am 8. Januar 2002 und am 6. Februar 2002 in München stattgefunden, weitere Besprechungen seien aus praktischen Gründen in Frankfurt abgehalten worden, und für die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2006 seien Kosten für die Reise nach Luxemburg angefallen.

27      Fünftens beantragt die Antragstellerin hinsichtlich der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens aufgewandten Kosten 13 500 Euro für 30 Arbeitsstunden, die für die Auseinandersetzung und den Schriftverkehr mit der Kommission angefallen seien, sowie 6 750 Euro für 15 Arbeitsstunden, die für die Vorbereitung des Kostenfestsetzungsantrags angefallen seien, zu berücksichtigen.

28      Die Kommission macht geltend, dass der Kostenfestsetzungsantrag sie nicht die Lage versetze, die Abrechnung der Stunden, die konkret im Zusammenhang mit dem Verfahren T‑56/02 OP stünden, nachzuvollziehen. Die Zuordnung der Honorare zu den verschiedenen Verfahren T‑54/02 OP, T‑56/02 und T‑56/02 OP, an denen die Rechtsanwälte der Antragstellerin beteiligt gewesen seien, sei nicht dargelegt worden. Jedenfalls sei der beanspruchte Betrag für die vorliegende Rechtssache, die keine neue Rechtsfrage aufgeworfen und nicht zur Entwicklung des Gemeinschaftsrechts beigetragen habe, unangemessen. Ferner seien die meisten im Verfahren T-56/02 OP vorgetragenen Argumente bereits in den Verfahren T‑54/02 OP und T‑56/02 OP angeführt worden.

29      Nach Einschätzung der Kommission dürften die erstattungsfähigen Kosten 26 010 Euro nicht übersteigen, da die Umstände der in Rede stehenden Rechtssache maximal 92 Arbeitsstunden zu einem Stundensatz von nicht mehr als 280 Euro rechtfertigten. In Bezug auf die anderen Kosten ist die Kommission der Ansicht, dass die Antragstellerin keine Nachweise beigebracht habe, und schlägt deshalb vor, der Antragstellerin einen Pauschalbetrag von 250 Euro zuzusprechen.

30      Erstens trägt die Kommission vor, dass die Rechtssache entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin für diese keine besondere Bedeutung gehabt habe, wie die Höhe der verhängten Geldbuße zeige.

31      Zweitens vertritt die Kommission hinsichtlich der angeblichen Komplexität der Rechts- und Sachlage der Rechtssache den Standpunkt, dass es sich um ein normales Kartellverfahren gehandelt habe.

32      Drittens bezweifelt die Kommission in Bezug auf den durch die Rechtssache T‑56/02 OP veranlassten Arbeitsanfall und die Höhe der beanspruchten Kosten nicht, dass der Klägerin tatsächlich entsprechende Kosten entstanden sind, doch seien diese nicht erstattungsfähig im Sinne der Rechtsprechung des Gerichts. Zum Betrag von 158 047,22 Euro für Honorare der Kanzlei Cleary stellt die Kommission fest, dass die von dieser Kanzlei in Randnr. 48 des Kostenfestsetzungsantrags angewandte Berechnungsmethode nicht nachvollziehbar sei.

33      Jedenfalls seien die Kosten von insgesamt 160 598,07 Euro für das Verfahren T‑56/02 OP überzogen, das ein „halbes Verfahren“ gewesen sei, weil es nur die Stellungnahme zum Einspruch der Kommission, die Antwort auf die Frage des Gerichts und die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung umfasst habe. Auch könne sie nicht nachvollziehen, dass es notwendig gewesen sein solle, für die Behandlung dieser Rechtssache auf – wie sie den Anlagen entnehme – sechs Rechtsanwälte zurückzugreifen. Die Hinzuziehung so vieler Anwälte erkläre, dass eine enorme Zahl von Stunden für interne Besprechungen und die interne Organisation aufgewendet worden seien. Diese Kosten seien nicht von der Kommission zu tragen. Zudem seien die in den Rechtssachen T‑54/02 OP und T‑56/02 OP eingereichten Schriftsätze fast identisch, so dass es zwangsläufig zu deutlichen Synergieeffekten gekommen sei.

34      Die Kommission macht zudem geltend, dass die Anwaltshonorare nicht auf das Verfahren T‑56/02 OP beschränkt seien und Honorare einschlössen, die in Phasen vor und nach diesem Verfahren und in Phasen, in denen keine Prozesshandlung erfolgt sei, angefallen seien. Dies gelte insbesondere für die Aufstellungen in Anlage 7 Teil D, E und F, die Positionen enthielten, die die Zeit vor der Zustellung des Einspruchs der Kommission an die Antragstellerin, die Zeit nach dem 21. Februar 2005, dem Zeitpunkt der Übersendung der Stellungnahme der Antragstellerin, sowie die Zeit nach dem 31. Mai 2006, dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, beträfen Da diese Positionen keinen Prozesshandlungen im Verfahren T‑56/02 OP zugeordnet werden könnten, seien sie nicht erstattungsfähig.

35      Ferner rügt die Kommission Honorare, die keine Verbindung zum Verfahren hätten. Sie verweist insbesondere auf die Aufstellung der Kanzlei Cleary in Anlage 7 Teil A, in der eine erhebliche Zahl von Stunden für koordinierende Tätigkeiten und Personalfragen aufgeführt seien.

36      Viertens trägt die Kommission zu den übrigen Kosten vor, dass sie den Ansatz der Antragstellerin für die Verteilung der Kosten nicht verstehe. Es werde nicht dargelegt, für welche Positionen die 2 550,85 Euro angefallen sein sollten.

37      Fünftens meint die Kommission in Bezug auf die Kosten des vorliegenden Verfahrens, dass sie nicht erstattungsfähig im Sinne der Rechtsprechung seien. Jedenfalls habe die Antragstellerin weder eine Rechnung noch eine Zeitabrechnung für das Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegt.

 Würdigung durch das Gericht

38      Art. 92 Abs. 1 der Verfahrensordnung lautet:

„Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten entscheidet das Gericht auf Antrag einer Partei und nach Anhörung der Gegenpartei durch unanfechtbaren Beschluss.“

39      Nach Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung gelten als erstattungsfähige Kosten „Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte“. Nach dieser Bestimmung sind nur die Kosten erstattungsfähig, die zum einen für das Verfahren vor dem Gericht aufgewendet wurden und die zum anderen dafür notwendig waren (vgl. Beschluss des Gerichts vom 28. Juni 2004, Airtours/Kommission, T-342/99 DEP, Slg. 2004, II‑1785, Randnr. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorgerichtlichen Verfahren wird zwar im Allgemeinen erhebliche juristische Arbeit geleistet, doch ist unter dem „Verfahren“ im Sinne von Art. 91 der Verfahrensordnung nur das Verfahren vor dem Gericht unter Ausschluss des Vorverfahrens zu verstehen. Dies ergibt sich insbesondere aus Art. 90 der Verfahrensordnung, der vom „Verfahren vor dem Gericht“ spricht (Beschluss des Gerichts vom 24. Januar 2002, Groupe Origny/Kommission, T‑38/95 DEP, Slg. 2002, II‑217, Randnr. 29).

41      Somit ist der Antrag der Antragstellerin ohne Weiteres zurückzuweisen, soweit damit die Erstattung von Kosten durch die Kommission begehrt wird, die sich auf den Zeitraum vor der gerichtlichen Phase, d. h. vor dem 14. Dezember 2004, dem Zeitpunkt, zu dem der Antragstellerin der Einspruch der Kommission zugestellt worden ist, beziehen. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte die Antragstellerin mit der Abfassung ihrer Stellungnahme in der Rechtssache T‑56/02 OP beginnen.

42      Der Antragstellerin ist die Erstattung von Kosten durch die Kommission insoweit zu versagen, als sie sich zum einen auf den Zeitraum, in dem keine Verfahrenshandlung vorgenommen wurde, zum anderen auf den Zeitraum nach dem Verfahren in der Rechtssache T‑56/02 OP beziehen. Diese Kosten stehen nämlich in keiner direkten Verbindung zu ihrem Auftreten vor dem Gericht und können deshalb nicht als für das Verfahren notwendige Kosten im Sinne von Art. 91 der Verfahrensordnung angesehen werden (Beschlüsse des Gerichts vom 27. November 2000, Elder/Kommission, T‑78/99 DEP, Slg. 2000, II‑3717, Randnr. 17, und Groupe Origny/Kommission, Randnr. 31).

43      Nach der Zustellung des Einspruchs am 14. Dezember 2004 ist nämlich zwischen dem 21. Februar 2005, dem Zeitpunkt der Einreichung der Stellungnahme der Antragstellerin, und dem 28. März 2006, dem Zeitpunkt, zu dem das Gericht den Parteien Fragen gestellt hat, einerseits, und in der Zeit nach dem 31. Mai 2006, dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, andererseits, keine Verfahrenshandlung vorgenommen worden. Daher enthalten die Aufstellungen in Anlage 7 Teile D, E und F der Kanzlei Cleary zu einem großen Teil Aufwendungen, die nicht als für das Verfahren vor dem Gericht notwendig betrachtet und daher keiner Prozesshandlung des Verfahrens T‑56/02 OP zugeordnet werden können.

44      Was die Kosten für das Verfahren vor dem Gericht betrifft, so hat das Gericht nach ständiger Rechtsprechung, da das Gemeinschaftsrecht keine Gebührenordnung kennt, die Umstände des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei dem Gegenstand und der Art des Rechtsstreits, seiner Bedeutung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sowie seinem Schwierigkeitsgrad, dem Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren und dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten am Ausgang des Rechtsstreits Rechnung zu tragen (Beschlüsse des Gerichts vom 8. März 1995, Air France/Kommission, T‑2/93 DEP, Slg. 1995, II‑533, Randnr. 16, und vom 19. September 2001, UK Coal/Kommission, T‑64/99 DEP, Slg. 2001, II‑2547, Randnr. 27).

45      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung hat der Gemeinschaftsrichter nicht die von den Parteien ihren eigenen Anwälten geschuldeten Vergütungen festzusetzen, sondern den Betrag zu bestimmen, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der zur Tragung der Kosten verurteilten Partei verlangt werden kann. Bei seiner Kostenfestsetzung hat das Gericht weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine eventuell zwischen der betroffenen Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen getroffene Gebührenvereinbarung zu berücksichtigen (Beschluss des Gerichts vom 8. November 1996, Stahlwerke Peine-Salzgitter/Kommission, T‑120/89 DEP, Slg. 1996, II‑1547, Randnr. 27 und dort angeführte Rechtsprechung).

46      Der Betrag der im vorliegenden Fall erstattungsfähigen Kosten ist anhand dieser Kriterien zu beurteilen. Folgende Beurteilungsfaktoren sind insoweit zu berücksichtigen.

47      Erstens ist in Bezug auf den Gegenstand und die Art der Rechtssache T‑56/02 OP darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG bestritten und den Ablauf des Verwaltungsverfahrens beanstandet hat. Sie hat in dieser Hinsicht verschiedene Verstöße gegen die Verteidigungsrechte gerügt, insbesondere den Anspruch auf rechtliches Gehör. Ferner hat die Antragstellerin die Aufhebung der gegen sie mit der Entscheidung 2003/25 verhängten Geldbuße wegen verschiedener Verstöße gegen die Leitlinien der Kommission für die Berechnung der Geldbußen verlangt.

48      Die Antragstellerin musste daher die von der Kommission in ihrer Entscheidung 2003/25 herangezogenen Beweise widerlegen. Die Beurteilung durch die Antragstellerin rechtfertigte eine umfassende Prüfung dieser Entscheidung und der Schriftstücke in den Akten, auf die sich die Kommission zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG gestützt hat. Ferner musste die Antragstellerin sämtliche Argumente der Kommission in deren Einspruch prüfen. Ohne die erforderliche gründliche Prüfung der Akten zu verkennen, die die Rechtsanwälte der Antragstellerin vornehmen mussten, ist nichtsdestoweniger festzustellen, dass der Rechtsstreit zu den gewöhnlichen Rechtsstreitigkeiten in Kartellsachen gehörte, da den Banken Absprachen über die Preise vorgeworfen wurden. Außerdem ergibt sich aus dem Urteil in der Rechtssache T‑56/02 OP, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache weder neue Rechtsfragen noch komplexe Sachfragen aufwarf und deshalb nicht als besonders schwierig anzusehen ist. Die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen Art. 81 EG vorlag oder ob die Kommission durch die Verweigerung der Akteneinsicht die Verteidigungsrechte der Antragstellerin verletzt hatte, sind Fragen, die in der Rechtsprechung häufig behandelt werden.

49      Zweitens ist festzustellen, dass die in Rede stehende Rechtssache für die Antragstellerin zwar ganz offensichtlich von einigem wirtschaftlichem Interesse war, da ihr eine Geldbuße auferlegt wurde, dass dieses wirtschaftliche Interesse in Ermangelung anderer von ihr beigebrachter konkreter Umstände aber nicht als von außergewöhnlicher Bedeutung angesehen werden kann. Eine Geldbuße in Höhe von 28 000 000 Euro ist im Kartellbereich nämlich nicht als ungewöhnlich anzusehen.

50      Was drittens die Beurteilung des Arbeitsumfangs anbelangt, den das Streitverfahren verursachen konnte, hat der Gemeinschaftsrichter die Arbeit zu berücksichtigen, die für das gerichtliche Verfahren in seiner Gesamtheit objektiv notwendig war (Beschluss Airtours/Kommission, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Haben allerdings die Anwälte einer Partei dieser bereits in Verfahren oder bei Schritten im Vorfeld des entsprechenden Rechtsstreits beigestanden, ist auch zu berücksichtigen, dass ihnen die für den Rechtsstreit maßgeblichen Elemente bekannt sind (Beschluss des Gerichts vom 13. Januar 2006, IPK-München/Kommission, T‑331/94 DEP, Slg. 2006, II‑51, Randnr. 59).

51      Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Rechtsanwälte der Kanzlei Cleary bereits über eine umfassende Kenntnis des Rechtsstreits verfügten. Sie hatten der Antragstellerin nämlich in den Rechtssachen T‑54/02 OP und T‑56/02 beigestanden. So hatten die Rechtsanwälte der Antragstellerin im Verfahren vor dem Gericht die meisten der rechtlichen Argumente vorgebracht, die sie auch im Verfahren T‑56/02 OP angeführt haben. Eine solche Kenntnis des Rechtsstreits hatte unbestreitbar zur Folge, dass die Rechtsanwälte der Kanzlei Cleary ihre Dienste besonders wirksam und schnell anbieten konnten. Jedenfalls erleichterte dies ihre Arbeit mindestens zum Teil und verringerte die für die Vorbereitung der Stellungnahme zum Einspruch aufgewandte Zeit (vgl. Beschlüsse des Gerichts vom 6. März 2003, Nan Ya Plastics/Rat, T‑226/00 DEP und T‑227/00 DEP, Slg. 2003, II‑685, Randnr. 42, und Airtours/Kommission, Randnr. 29).

52      Sodann ist daran zu erinnern, dass es der Antragstellerin im vorliegenden Fall zwar freistand, mehrere Beistände mit ihrer Vertretung zu beauftragen, um sich die Dienste der erfahrensten Rechtsanwälte zu sichern, dass für das Gericht aber unabhängig von der Zahl der Anwälte, die die Dienstleistungen erbracht haben, in erster Linie die Gesamtzahl der Arbeitsstunden entscheidend ist, die für das Verfahren vor dem Gericht objektiv notwendig waren (Beschluss Nan Ya Plastics/Rat, Randnr. 44).

53      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Stellungnahme zum Einspruch und die Antwort auf die Fragen des Gerichts die einzigen Schriftsätze waren, die die Antragstellerin in der Rechtssache T‑5602 OP eingereicht hatte.

54      Im Übrigen kann der Gemeinschaftsrichter den Wert der geleisteten Arbeit nur nach Maßgabe der Genauigkeit der mitgeteilten Daten beurteilen (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Entsprechend den Ausführungen der Kommission (vgl. oben, Randnr. 29) ist festzustellen, dass weder der Kostenfestsetzungsantrag noch die als Anlage beigefügten Unterlagen es erlauben, die konkret mit dem Verfahren T‑56/02 OP zusammenhängenden Honorare zu beurteilen. Das Fehlen genauer Informationen zu jeder Position macht eine Überprüfung der im Verfahren T‑56/02 OP angefallenen und der dafür notwendigen Kosten besonders schwierig und führt dazu, dass das Gericht die im vorliegenden Fall erstattungsfähigen Honorare notwendigerweise strikt beurteilt (Beschluss des Gericht vom 25. Januar 2007, Royal County of Berkshire Polo Club/HABM – Polo/Lauren [Royal County of Berkshire Polo Club], T‑214/04 DEP, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Auf alle Fälle verfügt das Gericht in Bezug auf die Honorare der Kanzlei Cleary, die die Antragstellerin in den Verfahren T‑54/02 OP und T‑56/02 OP vertreten hat, über keine detaillierten Angaben, um nachvollziehen zu können, nach welcher Berechnungsmethode diese Kanzlei zu der Schätzung gelangt ist, dass 25 % der Honorare durch das Verfahren T‑54/02 OP und 75 % durch das Verfahren T‑56/02 OP veranlasst worden sein sollen.

55      Angesichts der vorstehenden Beurteilungsfaktoren kann das Gericht die im Kostenfestsetzungsantrag angeführten Kosten in Höhe von 158 047,22 Euro nicht als für das Verfahren vor ihm objektiv notwendig ansehen.

56      Demgegenüber hält es das Gericht für angemessen, die Höhe der notwendigen Aufwendungen für die Vergütung der Rechtsanwälte auf 28 000 Euro festzusetzen.

57      Was die sonstigen von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten des Rechtsstreits angeht, beansprucht sie 2 550,85 Euro. Das Gericht ist jedoch der Ansicht, dass sie diese nicht so substantiiert vorgetragen hat, dass beurteilt werden könnte, ob sie notwendig waren und erstattungsfähig sind. Weder die Angaben der Antragstellerin in Randnrn. 57 der Antragsschrift noch diejenigen in der Tabelle in Randnr. 49 der Antragsschrift lassen erkennen, weshalb sie von insgesamt 15 538,95 Euro an Kosten und Ausgaben für die Verfahren T‑54/02 OP, T‑56/02 und T‑56/02 OP den Betrag von 2 550,85 Euro für das Verfahren T‑56/02 OP beansprucht. In Ermangelung genauerer Angaben zu ihrer Verwendung und Aufschlüsselung sind die insoweit zu erstattenden Kosten auf 500 Euro zu veranschlagen.

58      Nach alledem werden die erstattungsfähigen Kosten der Antragstellerin in der Rechtssache T‑56/02 OP angemessen beurteilt, wenn sie auf 28 500 Euro festgesetzt werden.

59      In Bezug auf die Kosten des vorliegenden Verfahrens ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht bei der Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten allen Umständen der Rechtssache bis zum Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses Rechnung trägt. Daher ist über die im vorliegenden Verfahren entstandenen Aufwendungen nicht gesondert zu entscheiden (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, Randnr. 81).

60      Folglich ist der Betrag der erstattungsfähigen Kosten in Verbindung mit der Rechtssache T‑56/02 OP nicht durch die Hinzufügung eines Betrags für das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren zu erhöhen

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)


beschlossen:

Der Gesamtbetrag der Kosten, die die Kommission der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG zu erstatten hat, wird auf 28 500 Euro festgesetzt.

Luxemburg, den 30. November 2009

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      A. W. H. Meij


* Verfahrenssprache: Deutsch.