Rechtssache C-222/15
Hőszig Kft.
gegen
Alstom Power Thermal Services
(Vorabentscheidungsersuchen des Pécsi Törvényszék)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gerichtsstandsklausel – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Art. 23 – Gültigkeit einer in allgemeinen Bedingungen enthaltenen Klausel – Einigung der Vertragsparteien in Bezug auf diese Bedingungen – Gültigkeit und Genauigkeit einer solchen Klausel“
Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 7. Juli 2016
1. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung Nr. 44/2001 – Bestimmungen dieser Verordnung, die als mit den Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens gleichbedeutend angesehen werden können – Auslegung dieser Bestimmungen gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Übereinkommen – Gerichtsstandsvereinbarung – Begriff – Autonome Auslegung
(Übereinkommen vom 27. September 1968; Verordnung Nr. 44/2001 des Rates, Art. 23 Abs. 1)
2. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung Nr. 44/2001 – Zuständigkeitsvereinbarung – Gerichtsstandsvereinbarung – Einigung der Vertragsparteien – Formelle Voraussetzungen – Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – Notwendigkeit einer ausdrücklichen Bezugnahme auf diese Bedingungen im Vertrag – Notwendigkeit der hinreichend genauen Bezeichnung des zuständigen Gerichts
(Verordnung Nr. 44/2001 des Rates, Art. 23 Abs. 1)
1. Der in Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen verwendete Begriff „Gerichtsstandsvereinbarung“ ist nicht als bloße Verweisung auf das innerstaatliche Recht des einen oder anderen beteiligten Staates zu verstehen, sondern als autonomer Begriff. Im Hinblick auf den prozessualen Zweck dieser Vorschrift, deren Ziel die Schaffung einheitlicher Regeln für die internationale gerichtliche Zuständigkeit ist, wird eine Gerichtsstandsklausel von dieser Vorschrift geregelt, die im Interesse der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung der Einigung der Parteien die formellen und materiellen Voraussetzungen für Gerichtsstandsklauseln aufstellt.
(vgl. Rn. 29, 31-33)
2. Das mit der Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel befasste Gericht muss vorab prüfen, ob die die Zuständigkeit begründende Klausel tatsächlich Gegenstand einer Einigung zwischen den Parteien war, die klar und deutlich zum Ausdruck gekommen sein muss; die Formerfordernisse gemäß Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sollen insoweit gewährleisten, dass die Einigung tatsächlich feststeht. Diese Vorschrift ist dahin auszulegen, dass eine Gerichtsstandsklausel, die in den Allgemeinen Beschaffungsbedingungen des Auftraggebers – die in den Dokumenten, in denen die Verträge zwischen den Parteien niedergelegt sind, erwähnt werden und beim Abschluss der Verträge übermittelt worden sind – geregelt ist und als zuständige Gerichte diejenigen einer Stadt in einem Mitgliedstaat benennt, den Anforderungen dieser Vorschrift in Bezug auf die Einigung der Parteien und die inhaltliche Genauigkeit einer solchen Klausel genügt.
Der allgemeinen Übung im Geschäftsleben folgend, ist eine in allgemeinen Bedingungen geregelte Gerichtsstandsklausel zulässig, wenn der von beiden Parteien unterzeichnete Vertragstext selbst ausdrücklich auf die die Gerichtsstandsklausel enthaltenden allgemeinen Bedingungen Bezug nimmt. In Bezug auf die inhaltliche Genauigkeit einer Gerichtsstandsklausel hinsichtlich der Bestimmung eines Gerichts oder der Gerichte eines Mitgliedstaats, das oder die über eine entstandene oder über eine künftige Rechtsstreitigkeit zwischen den Parteien entscheiden sollen, genügt es, wenn die Klausel die objektiven Kriterien nennt, über die sich die Parteien bei der Bestimmung des Gerichts oder der Gerichte, die über ihre bereits entstandenen oder künftigen Rechtsstreitigkeiten entscheiden sollen, geeinigt haben. Diese Kriterien, die so genau sein müssen, dass das angerufene Gericht feststellen kann, ob es zuständig ist, können gegebenenfalls durch die besonderen Umstände des jeweiligen Falles konkretisiert werden.
(vgl. Rn. 37, 39, 43, 44, 49 und Tenor)