Language of document : ECLI:EU:T:2008:102

Rechtssache T‑233/04

Königreich der Niederlande

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Staatliche Beihilfen – Richtlinie 2001/81/EG – Nationale Maßnahme, mit der ein System des Handels mit Emissionsrechten für Stickstoffoxide eingeführt wird – Entscheidung, mit der die Beihilfe für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird – Zulässigkeit – Vorteil – Fehlende Selektivität der Maßnahme“

Leitsätze des Urteils

1.      Nichtigkeitsklage – Klage der Mitgliedstaaten

(Art. 88 EG und 230 Abs. 2 EG)

2.      Staatliche Beihilfen – Begriff

(Art. 87 Abs. 1 EG)

3.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Charakter der Maßnahme

(Art. 6 EG und 87 Abs. 1 EG)

1.      Art. 230 EG unterscheidet deutlich zwischen dem Klagerecht der Gemeinschaftsorgane und der Mitgliedstaaten einerseits und demjenigen natürlicher und juristischer Personen andererseits, wobei sein Abs. 2 u. a. den Mitgliedstaaten die Befugnis einräumt, die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Kommission mit einer Nichtigkeitsklage anzufechten, ohne dass die Ausübung dieses Rechts von der Darlegung eines Rechtsschutzinteresses abhängt. Ein Rechtsakt der Kommission kann jedoch nur dann mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden, wenn er Rechtswirkungen erzeugen soll. Eine Entscheidung der Kommission, mit der diese eine Maßnahme als staatliche Beihilfe qualifiziert hat, was es ihr ermöglicht, die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen, erzeugt Rechtswirkungen und stellt daher für einen Mitgliedstaat einen anfechtbaren Rechtsakt dar.

(vgl. Randnrn. 37, 41-42)

2.      In einem System, in dem für bestimmte Unternehmen ein Emissionsniveau für Stickstoffoxide festgelegt und ihnen gestattet wird, mit den mittelbar aus diesem Emissionsniveau fließenden Emissionsrechten untereinander Handel zu treiben, stellt die Genehmigung eines Mitgliedstaats, mit diesen Rechten zu handeln, wodurch sie zu frei verkäuflichen immateriellen Vermögensgegenständen gemacht werden, obwohl dieser Mitgliedstaat sie hätte verkaufen oder versteigern können, einen den betreffenden Unternehmen aus staatlichen Mitteln gewährten Vorteil dar.

(vgl. Randnrn. 70, 74-75, 78)

3.      Eine staatliche Maßnahme, mit der ein System des Handels mit Emissionsrechten für Stickstoffoxide eingeführt und allen industriellen Großanlagen, für die sie ein Emissionsniveau festsetzt, die Inanspruchnahme eines Vorteils eingeräumt wird, der in der Möglichkeit des Verkaufs von Emissionsrechten besteht, stellt keine staatliche Beihilfe dar, wenn sich die Anwendbarkeit der Maßnahme nach einem objektiven Kriterium richtet, ohne dass es auf geografische oder sektorale Erwägungen ankäme, und wenn sie darüber hinaus dadurch, dass sie auf die Unternehmen abzielt, die die meisten Schadstoffe ausstoßen, dem verfolgten Zweck, die Umwelt zu schützen, sowie dem Wesen und den allgemeinen Zwecken des Systems entspricht, wobei Umweltschutzerwägungen es rechtfertigen, zwischen Unternehmen mit hohem Ausstoß von Stickstoffoxiden, auf denen eine spezifische Verringerungsnorm lastet, und den übrigen Unternehmen zu differenzieren, die sich demnach nicht in der gleichen tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.

(vgl. Randnrn. 88, 90, 97-99)