Language of document : ECLI:EU:T:2012:240

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

16. Mai 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Kindertraum – Ältere nationale Wortmarke Kinder – Relatives Eintragungshindernis – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Art. 42 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑580/10

Harald Wohlfahrt, wohnhaft in Rothenburg ob der Tauber (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwältin N. Scholz-Recht, dann Rechtsanwältin G. Hußlein-Stich und schließlich Rechtsanwalt M. Loschelder,

Kläger,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten zunächst durch A. Pohlmann, dann durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Ferrero SpA mit Sitz in Alba (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Jacobacci und L. Ghedina,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 20. Oktober 2010 (Sache R 815/2009‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Ferrero SpA und Herrn Harald Wohlfahrt

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas (Berichterstatter) sowie der Richter V. Vadapalas und K. O’Higgins,

Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 22. Dezember 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 29. April 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 4. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der Entscheidung vom 8. Juli 2011, die Einreichung einer Erwiderung nicht zu gestatten,

auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2012

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 11. Juli 2002 meldete der Kläger, Herr Harald Wohlfahrt, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Kindertraum.

3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 16 und 28 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 16: „Papier und Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit sie in Klasse 16 enthalten sind, nämlich Hefte, Servietten, Brief- und Geschenkpapier, Geschenkanhänger, Verpackungen und Verpackungstüten, Druckereierzeugnisse, Schreibwaren“;

–        Klasse 28: „Christbaumschmuck“.

4        Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 75/2003 vom 29. September 2003 veröffentlicht.

5        Am 29. Dezember 2003 erhob die Streithelferin, die Ferrero SpA, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch war u. a. auf die in Italien eingetragene ältere nationale Wortmarke Kinder (Nr. 872247) gestützt, die u. a. für folgende Waren der Klassen 16 und 28 geschützt ist:

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier‑ und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen‑ und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr‑ und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke“;

–        Klasse 28: „Spiele, Spielzeug; Turn‑ und Sportartikel, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Christbaumschmuck“.

7        Der Widerspruch wurde mit den in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009) geregelten Eintragungshindernissen begründet.

8        Am 27. Mai 2009 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch statt und wies die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren zurück.

9        Am 22. Juli 2009 legte der Kläger gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung beim HABM Beschwerde ein.

10      Mit Entscheidung vom 20. Oktober 2010 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie entschied zunächst, dass der Antrag des Klägers auf Nachweis der Benutzung der älteren Marke nicht zulässig sei, da die in Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 genannte Frist von fünf Jahren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anmeldung nicht abgelaufen gewesen sei. Weiter befand die Beschwerdekammer, dass in Anbetracht des gemeinsamen Bestandteils „Kinder“ der Zeichen, ihrer aus diesem Bestandteil resultierenden mittleren bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit und der Identität der fraglichen Waren das Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zwischen den Zeichen zu bejahen sei.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

11      Der Kläger beantragt,

–        die Entscheidung der Widerspruchsabteilung und die Entscheidung der Beschwerdekammer aufzuheben;

–        die Eintragung der fraglichen Marke auch für die Waren der Klassen 16 und 28 zuzulassen;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        hilfsweise für den Fall, dass die angefochtene Entscheidung aufgehoben wird, die Sache an die Beschwerdekammer zurückzuweisen, damit diese über den auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gegründeten Widerspruch entscheiden möge;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

14      In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinen ersten Antrag, soweit er die Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung betrifft, und seinen zweiten Antrag zurückgenommen. Dies ist im Sitzungsprotokoll vermerkt worden.

 Entscheidungsgründe

15      Der Kläger macht im Wesentlichen drei Klagegründe geltend, mit denen er erstens einen Verstoß gegen Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, zweitens einen Begründungsmangel sowie die Missbräuchlichkeit der Anmeldung der älteren Marke und drittens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 rügt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009

16      Der Kläger trägt vor, dass es keine Regelung für den Fall gebe, dass die in Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 genannte Frist von fünf Jahren während eines laufenden Widerspruchsverfahrens ende. Diese Lücke sei durch eine teleologische Auslegung zu schließen, wonach der Widersprechende nach Ablauf der fünfjährigen Frist während eines laufenden Widerspruchsverfahrens auf Verlangen des Anmelders jederzeit die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachweisen müsse. Im vorliegenden Fall sei die ältere Marke am 8. Juli 2002 eingetragen worden und habe die betreffende Frist am 8. Juli 2007 geendet, so dass die Streithelferin die ältere Marke ab diesem Datum zu deren Rechtserhalt ernsthaft hätte benutzen müssen. Da ein solcher Benutzungsnachweis nicht erbracht worden sei, könne der Widerspruch keinen Erfolg haben.

17      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

18      Insoweit genügt der Hinweis, dass nach Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, der nach Abs. 3 dieses Artikels auf ältere nationale Marken entsprechend anzuwenden ist, die ernsthafte Benutzung der älteren Marke vom Widersprechenden auf Verlangen des Anmelders nur nachzuweisen ist, „sofern [zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anmeldung] die ältere [Marke] seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist“. Folglich kann, wenn vor der Veröffentlichung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke die zur Stützung eines Widerspruchs geltend gemachte ältere Marke seit weniger als fünf Jahren eingetragen war, der Nachweis der ernsthaften Benutzung noch nicht verlangt werden, und die Benutzung der älteren Marken ist zu unterstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 30. Juni 2004, BMI Bertollo/HABM − Diesel [DIESELIT], T‑186/02, Slg. 2004, II‑1887, Randnrn. 67 und 68, und vom 15. September 2009, Royal Appliance International/HABM – BSH Bosch und Siemens Hausgeräte [Centrixx], T‑446/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17).

19      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die ältere nationale Marke, die am 8. Juli 2002 eingetragen wurde, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anmeldung, dem 29. September 2003, noch nicht seit fünf Jahren eingetragen war.

20      Die Beschwerdekammer entschied daher fehlerfrei, dass der Antrag auf Nachweis der Benutzung der älteren Marke unzulässig war.

21      Dem steht nicht das Argument entgegen, dass die Verordnung Nr. 207/2009 eine rechtliche Lücke aufweise, die durch eine teleologische Auslegung zu schließen sei. Auch wenn nämlich die Verordnung Nr. 207/2009 keine Regelung für den Fall enthält, dass die Frist von fünf Jahren während des Widerspruchsverfahrens endet, ändert dies nichts daran, dass aus Art. 42 Abs. 2 dieser Verordnung, wie in der oben in Randnr. 18 angeführten Rechtsprechung bestätigt wurde, ausdrücklich hervorgeht, dass der Nachweis der Benutzung der älteren Marke nur verlangt werden kann, wenn diese zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anmeldung bereits seit mindestens fünf Jahren eingetragen war. Damit hat der Unionsgesetzgeber für die Zulässigkeit von Anträgen auf Nachweis der Benutzung ausdrücklich ein Kriterium festgelegt, das sich nur auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anmeldung bezieht und unabhängig davon ist, ob das Widerspruchsverfahren anhängig ist oder nicht.

22      Soweit der Kläger auf Bestimmungen des deutschen und des italienischen Rechts verweist, sind diese unerheblich, da die Gemeinschaftsregelung für Marken ein autonomes System ist, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht und Zielsetzungen verfolgt, die ihm eigen sind, und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (vgl. Urteile des Gerichts vom 5. Dezember 2002, Sykes Enterprises/HABM [REAL PEOPLE, REAL SOLUTIONS], T‑130/01, Slg. 2002, II‑5179, Randnr. 31, vom 5. Dezember 2000, Messe München/HABM [electronica], T‑32/00, Slg. 2000, II‑3829, Randnr. 47, und vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg. 2005, II‑4891, Randnr. 70), und da jedenfalls der Wortlaut der Verordnung Nr. 207/2009 eindeutig ist und keiner Auslegung auf der Grundlage solcher Bestimmungen bedarf.

23      Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Begründungsmangel und Missbräuchlichkeit der Anmeldung der älteren Marke

24      Der Kläger trägt vor, dass die Entscheidung der Beschwerdekammer einen Begründungsmangel aufweise, da sie sich überhaupt nicht mit dem Einwand einer missbräuchlichen Anmeldung auseinandersetze, der im Rahmen der Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung erhoben worden sei. Die Streithelferin habe kein wirkliches Interesse an einem Schutz des Begriffs „Kinder“ für Waren der Klassen 16 und 28, und ihr alleiniges Ziel sei es, diesen Begriff zu monopolisieren und Dritte von jeglicher Benutzung abzuschotten. Die ältere Marke bestehe folglich rechtsmissbräuchlich.

25      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

26      Es ist vorab festzustellen, dass der Kläger mit seinem Vorbringen im Rahmen dieses Klagegrundes der Sache nach sowohl einen Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung als auch die Missbräuchlichkeit der Eintragung der älteren Marke geltend macht.

27      Was erstens den Mangel in der Begründung der angefochtenen Entscheidung angeht, so sind nach Art. 75 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 die Entscheidungen des HABM mit Gründen zu versehen.

28      Nach der Rechtsprechung brauchen die Organe in der Begründung der von ihnen erlassenen Entscheidungen nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vorbringen. Es reicht aus, dass sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführen, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil des Gerichts vom 12. November 2008, Shaker/HABM – Limiñana y Botella [Limoncello della Costiera Amalfitana shaker], T‑7/04, Slg. 2008, II‑3085, Randnr. 81).

29      Im vorliegenden Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung, insbesondere in deren Randnrn. 8 bis 21, die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen darlegte, die sie dazu bewogen, die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.

30      Weiter ist hervorzuheben, dass es im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens nicht Sache der Widerspruchsabteilung oder gegebenenfalls der Beschwerdekammer ist, die etwaige Missbräuchlichkeit der Eintragung, auf die der Widerspruch gestützt wird, oder das Interesse zu prüfen, das deren Inhaber hat. Denn weder Art. 8 der Verordnung Nr. 207/2009, der die relativen Eintragungshindernisse betrifft, noch eine andere Vorschrift dieser Verordnung enthalten eine Rechtsgrundlage dafür, dass das HABM einen Widerspruch mit der Begründung zurückweist, dass die ältere nationale Marke einen Rechtsmissbrauch darstelle. Im Übrigen gestattet es keine Vorschrift dem HABM, die Begründetheit einer nationalen Eintragung zu überprüfen, sei es etwa hinsichtlich ihrer Missbräuchlichkeit, sei es hinsichtlich des Interesses, das ihr Inhaber an ihrer Erwirkung für bestimmte Waren haben kann.

31      Folglich brauchte die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung nicht auf die vom Kläger im Rahmen seiner Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung erhobene Behauptung einzugehen, dass die Eintragung der älteren Marke missbräuchlich sei, da diese Behauptung im Rahmen dieser Beschwerde offensichtlich ohne jede Relevanz war.

32      Ferner ist die ausführlichere Begründung hinsichtlich dieser Behauptung zu berücksichtigen, die in der Entscheidung der Widerspruchsabteilung enthalten ist. In Anbetracht der in Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 zum Ausdruck gelangenden funktionalen Kontinuität zwischen den Widerspruchsabteilungen und den Beschwerdekammern (Urteil des Gerichts vom 10. Juli 2006, La Baronia de Turis/HABM – Baron Philippe de Rothschild [LA BARONNIE], T‑323/03, Slg. 2006, II‑2085, Randnrn. 57 und 58) gehören nämlich die Entscheidung der Widerspruchsabteilung und ihre Begründung zu dem Kontext, in dem die angefochtene Entscheidung erlassen wurde und der dem Kläger bekannt ist und es dem Richter erlaubt, in vollem Umfang seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben. Im vorliegenden Fall ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Widerspruchsabteilung in ihrer Entscheidung ausführte, dass die Behauptung des Klägers mangels einer Rechtsgrundlage für die Zurückweisung eines Widerspruchs auf der Grundlage der vom Kläger angeführten Umstände zurückzuweisen sei, und zum anderen darauf, dass die Beschwerdekammer, wie sich aus der Gesamtheit des Wortlauts ihrer Entscheidung ergibt, die Erwägungen der Widerspruchsabteilung bestätigte.

33      Nach alledem ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung keinen Begründungsmangel aufweist.

34      Was zweitens die Missbräuchlichkeit der Eintragung der älteren Marke angeht, genügt die Feststellung, dass das Vorbringen des Klägers zu dieser Frage aus den oben in Randnr. 30 dargelegten Gründen als jeder Grundlage entbehrend zurückzuweisen ist. Im Übrigen lässt sich der Akte nicht entnehmen, dass die fragliche Eintragung missbräuchlich gewesen wäre.

35      Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

36      Der Kläger ist der Auffassung, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe, da der Begriff „Kinder“ für einen Teil des italienischen Publikums beschreibend sei und daher nur eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft habe. Die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass dieser Begriff nicht im beschreibenden Sinne verstanden werde, da die deutsche Sprache in einem Teil Italiens ebenso wie das Italienische Amtssprache sei. Der Kläger stützt sein Vorbringen auch auf ältere Entscheidungen des HABM.

37      Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

38      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

39      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen sowie Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich Identität oder Ähnlichkeit zwischen den mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Im vorliegenden Fall wendet sich der Kläger nicht gegen die Feststellungen der Beschwerdekammer, dass das relevante Publikum die allgemeine italienische Verbraucherschaft sei, dass die Verwechslungsgefahr im Hinblick auf das italienische Publikum zu beurteilen sei und dass die in Frage stehenden Waren identisch seien.

42      Was den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen anbelangt, erhebt der Kläger in der Klageschrift keine Rüge, die sich speziell gegen die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung richtete, dass die Zeichen eine mittlere bildliche und klangliche Ähnlichkeit aufwiesen. Im Übrigen hat das HABM in seiner Klagebeantwortung zu Recht angemerkt, dass der Kläger die schriftbildliche und klangliche Ähnlichkeit der Zeichen nicht bestreite. In der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger zu dieser Beurteilung verschiedene Argumente entwickelte, hat er auf Frage insoweit auf die Darlegungen in den Randnrn. 33 und 34 der Klageschrift verwiesen. In diesen hat der Kläger jedoch lediglich auf frühere Entscheidungen des HABM Bezug genommen und ausgeführt, dass die Anmeldemarke, wie in den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten, ein einheitliches Wort bilde, dessen Hauptbestandteil der zweite Teil („Traum“) darstelle, bei dem es sich entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer nicht um ein zweisilbiges, sondern um ein einsilbiges Wort handele und der dem Wort auch entscheidenden Sinngehalt vermittele. Dazu ist festzustellen, dass diese Darlegungen in ihrer in der Klageschrift enthaltenen Fassung keine Argumentation beinhalten, mit der aufgezeigt würde, inwiefern die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen habe, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen bildlich und klanglich ähnlich seien. Auf diesen Begriff wird in den Ausführungen zum dritten Klagegrund im Übrigen nicht Bezug genommen. Die Klageschrift genügt daher nicht den Mindestanforderungen, die gemäß Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts, welche nach Art. 130 § 1 und Art. 132 § 1 dieser Verfahrensordnung auf dem Gebiet des geistigen Eigentums gelten, für die Zulässigkeit einer Rüge erfüllt sein müssen. Jedenfalls ist der von dem Kläger angeführte Umstand, dass die Anmeldemarke als eine Einheit wahrgenommen werden könne, nicht geeignet, die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung in Frage zu stellen, die insbesondere auf die Ähnlichkeit der Zeichen infolge ihres übereinstimmenden Anfangsteils, nämlich „Kinder“, gestützt ist. Das Gleiche gilt aus den gleichen Gründen für die Behauptung, dass das Element „Traum“ eine Silbe enthalte und nicht zwei, wie die Beschwerdekammer annahm, wobei diese Behauptung im Übrigen unzutreffend ist. Was das Vorbringen angeht, dass dieser Bestandteil der Hauptbestandteil der Anmeldemarke sei, so wird es durch den Umstand widerlegt, dass der Verbraucher normalerweise dem Anfangsteil von Wörtern eine größere Bedeutung beimisst. Im Übrigen ist festzustellen, dass sich aus den Akten nichts ergibt, was die von der Beschwerdekammer hinsichtlich des Zeichenvergleichs vorgenommene Beurteilung entkräften könnte.

43      Unter Berücksichtigung dieser Hinweise und Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu Recht bejahte.

44      Insoweit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangte, dass angesichts des den Zeichen gemeinsamen Bestandteils „Kinder“, ihrer aus diesem Element resultierenden mittleren bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit und der Identität der fraglichen Waren zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr bestehe.

45      Der Kläger bestreitet das Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Wesentlichen mit dem Argument, dass das die ältere Marke bildende Wort „Kinder“ beschreibend sei und daher nur eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft besitze, so dass diese Marke nur einen geringen Schutzumfang habe.

46      Diese Argumentation ist indessen nicht begründet.

47      Das Wort „Kinder“ ist nämlich ein Wort der deutschen Sprache, das den Plural zu „Kind“ bildet.

48      Auch wenn dieses Wort von einem deutschsprachigen Publikum als Bezugnahme auf Kinder verstanden werden könnte, ist festzustellen, dass es – wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen ausgeführt hat, ohne dass der Kläger dem widersprochen hätte – für die maßgeblichen Verkehrskreise, nämlich die allgemeine italienische Verbraucherschaft, keinen Sinngehalt hat.

49      Der vom Kläger angeführte Umstand, dass in der italienischen Provinz Bozen die deutsche Sprache ebenfalls Amtssprache und ein Teil der italienischen Bevölkerung deutschsprachig ist, ist insoweit ohne Bedeutung. Der Akte ist nämlich zu entnehmen, dass die Gesamtzahl der Bewohner dieser Provinz nur etwa 1 % aller Bewohner Italiens ausmacht und zudem etwa 30 % davon nicht deutschsprachig sind. Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz der italienischen Bevölkerung deutschsprachig sei. Das relevante Publikum ist daher in seiner ganz überwiegenden Mehrheit italienischsprachig, so dass für es das Wort „Kinder“ nicht beschreibend sein wird.

50      Diesen Erwägungen steht der Verweis des Klägers auf frühere Entscheidungen des HABM nicht entgegen. Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass das HABM seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts auszuüben hat. Zwar muss es nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung im Rahmen der Prüfung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch muss die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 73 bis 77 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall lässt nichts den Schluss zu, dass die Beschwerdekammer das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen zu Unrecht bejaht hätte. Unter diesen Umständen kann sich der Kläger zur Entkräftung dieses Ergebnisses nicht mit Erfolg auf frühere Entscheidungen des HABM berufen, die in Widerspruch zur angefochtenen Entscheidung stünden.

51      Überdies ergibt sich, wie das HABM hervorgehoben hat, aus diesen Entscheidungen im Wesentlichen, dass der Begriff „Kinder“ von den italienischen Durchschnittsverbrauchern mehrheitlich nicht verstanden wird, und aus einer von ihnen sogar, dass ihm Kennzeichnungskraft zukomme. Wenn in zwei dieser Entscheidungen das Vorliegen von Verwechslungsgefahr verneint wurde, beruhte dies zudem in einer dieser Entscheidungen auf der Unähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und in der anderen auf der der fraglichen Waren, was hier nicht der Fall ist. Diese Entscheidungen können daher die Ausführungen des Klägers in der Sache nicht stützen.

52      Soweit der Kläger schließlich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Deutschland) vom 20. September 2007 Bezug nimmt, genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern allein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 207/2009 in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter zu beurteilen ist (Urteile des Gerichts vom 3. Juli 2003, Best Buy Concepts/HABM [BEST BUY], T‑122/01, Slg. 2003, II‑2235, Randnr. 41, vom 15. September 2005, Citicorp/HABM [LIVE RICHLY], T‑320/03, Slg. 2005, II‑3411, Randnr. 95, und vom 12. März 2008, Suez/HABM [Delivering the essentials of life], T‑128/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 32).

53      Was schließlich das Vorbringen des Klägers angeht, wonach der älteren Marke entgegenstehe, dass sie auf Antrag nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung für nichtig erklärt werden könne, ist sein Vorbringen als unerheblich zurückzuweisen, da Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 nur die Nichtigkeit von Gemeinschaftsmarken, nicht aber die nationaler Marken betrifft.

54      Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass auch dann, wenn das Vorbringen des Klägers zur Unterscheidungskraft des Wortes „Kinder“ (vgl. oben, Randnrn. 36 und 45) begründet wäre, hierdurch die von der Beschwerdekammer getroffenen Feststellungen nicht entkräftet würden. Die Anerkennung einer schwachen Unterscheidungskraft der älteren Marke steht nämlich nicht der Feststellung einer Verwechslungsgefahr entgegen. Denn die Unterscheidungskraft der älteren Marke ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwar zu berücksichtigen, aber nur als einer von mehreren Faktoren. Selbst wenn es also um eine ältere Marke mit schwacher Unterscheidungskraft geht, kann eine Gefahr von Verwechslungen, insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen sowie der betroffenen Waren oder Dienstleistungen, gegeben sein (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg. 2007, II‑5213, Randnr. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Beschluss des Gerichtshofs vom 15. Januar 2010, Messer Group/Air Products and Chemicals und HABM, C‑579/08 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 68). Die gegenteilige Auffassung liefe darauf hinaus, den Faktor der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen zugunsten eines Kriteriums, das auf der Unterscheidungskraft des ihnen gemeinsamen Elements beruht, zu neutralisieren, womit Letzterem eine übermäßige Bedeutung eingeräumt würde (vgl. in diesem Sinne Urteil PAGESJAUNES.COM, Randnr. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung). Auch wenn aber das Element „Kinder“, das den beiden einander gegenüberstehenden Zeichen gemeinsam ist und die ältere Marke bildet, als für die von dieser erfassten Waren beschreibend angesehen und daher der älteren Marke selbst nur eine schwache Unterscheidungskraft zuerkannt werden könnte, sind die Identität der fraglichen Waren und die mittlere bildliche und klangliche Ähnlichkeit der Zeichen, die von der Beschwerdekammer festgestellt und vom Kläger nicht bestritten worden sind, zusammen betrachtet genügend, um das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr anzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 15. März 2006, Athinaiki Oikogeniaki Artopoiia/HABM – Ferrero [FERRÓ], T‑35/04, Slg. 2006, II‑785, Randnr. 69, vom 28. Juni 2011, ATB Norte/HABM – Bricocenter Italia [Affiliato BRICO CENTER], T‑483/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 64, und vom 24. Januar 2012, Indo Internacional/HABM – Visual [VISUAL MAP], T‑260/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 46).

55      Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

56      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Harald Wohlfahrt trägt die Kosten.

Papasavvas

Vadapalas

O’Higgins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Mai 2012.

Unterschriften


*Verfahrenssprache: Deutsch.