Language of document : ECLI:EU:C:2024:528

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

20. Juni 2024(*)

„Rechtsmittel – Unionsmarke – Anmeldung der Unionsbildmarke Abresham Super Basmati Selaa Grade One World’s Best Rice – Ältere nicht eingetragene britische Wortmarke BASMATI – Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 8 Abs. 4 – Verordnung (EU) 2017/1001 – Art. 72 – Relatives Eintragungshindernis – Widerspruch – Bei der Beschwerdekammer eingelegte Beschwerde – Zurückweisung – Klage beim Gericht – Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft – Art. 126 und 127 – Übergangszeitraum – Auswirkungen des Endes des Übergangszeitraums auf den Schutz der älteren Marke – Umstände nach Erlass der streitigen Entscheidung – Fortbestand des Klagegegenstands und des Rechtsschutzinteresses“

In der Rechtssache C‑801/21 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 17. Dezember 2021,

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Gaja, D. Hanf, E. Markakis und V. Ruzek als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführer,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch J. Heitz, M. Hellmann, D. Klebs und J. Möller als Bevollmächtigte,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

andere Partei des Verfahrens:

Indo European Foods Ltd mit Sitz in Harrow (Vereinigtes Königreich), vertreten durch A. Norris, KC, und N. Welch, Solicitor,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter Z. Csehi, M. Ilešič, I. Jarukaitis und D. Gratsias (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2023,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. November 2023

folgendes

Urteil

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 6. Oktober 2021, Indo European Foods/EUIPO – Chakari (Abresham Super Basmati Selaa Grade One World’s Best Rice) (T‑342/20, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:651), mit dem das Gericht die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 2. April 2020 (Sache R 1079/2019‑4) (im Folgenden: streitige Entscheidung) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Indo European Foods Ltd und Herrn Hamid Ahmad Chakari aufgehoben und die Klage von Indo European Foods im Übrigen abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Austrittsabkommen

2        Im ersten, im vierten und im achten Absatz der Präambel des am 30. Januar 2020 geschlossenen und am 1. Februar 2020 in Kraft getretenen Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. 2020, L 29, S. 7, im Folgenden: Austrittsabkommen) heißt es:

„In der Erwägung, dass das [Vereinigte Königreich] am 29. März 2017, im Anschluss an den Ausgang eines im Vereinigten Königreich abgehaltenen Referendums und seinen souveränen Beschluss, die Europäische Union … zu verlassen, nach Artikel [50 EUV] seine Absicht mitgeteilt hat, aus der [Union] auszutreten,

Eingedenk dessen, dass nach Artikel [50 EUV] und vorbehaltlich der Regelungen in diesem Abkommen das Recht der Union … in seiner Gesamtheit ab dem Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens auf das Vereinigte Königreich keine Anwendung mehr findet,

In der Erwägung, dass es sowohl im Interesse der Union als auch im Interesse des Vereinigten Königreichs liegt, einen Übergangs- oder Durchführungszeitraum festzulegen, in dem … das Unionsrecht … auf das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich und in der Regel mit gleicher Wirkung wie in Bezug auf die Mitgliedstaaten Anwendung finden sollte, um Störungen in dem Zeitraum zu vermeiden, in dem das oder die Abkommen über die künftigen Beziehungen ausgehandelt werden“.

3        Art. 1 („Ziel“) des Austrittabkommens bestimmt:

„Dieses Abkommen enthält die Regelungen für den Austritt des [Vereinigten Königreichs] aus der [Union] …“

4        Art. 126 („Übergangszeitraum“) dieses Abkommens lautet:

„Es gibt einen Übergangs- oder Durchführungszeitraum, der am Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens beginnt und am 31. Dezember 2020 endet.“

5        Art. 127 („Anwendungsbereich für den Übergang“) des Austrittsabkommens bestimmt in den Abs. 1, 3 und 6:

„(1)      Sofern in diesem Abkommen nichts anderes bestimmt ist, gilt das Unionsrecht während des Übergangszeitraums für das Vereinigte Königreich sowie im Vereinigten Königreich.

(3)      Während des Übergangszeitraums entfaltet das nach Absatz 1 für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich geltende Unionsrecht die gleichen Rechtswirkungen wie innerhalb der Union und ihrer Mitgliedstaaten und wird nach denselben Methoden und allgemeinen Grundsätzen ausgelegt und angewendet, die auch innerhalb der Union gelten.

(6)      Sofern in diesem Abkommen nichts anderes bestimmt ist, schließen während des Übergangszeitraums alle Bezugnahmen auf Mitgliedstaaten in dem nach Absatz 1 geltenden Unionsrecht, einschließlich der Durchführung und Anwendung durch die Mitgliedstaaten, das Vereinigte Königreich ein.“

 Verordnung (EG) Nr. 207/2009

6        In den Erwägungsgründen 3, 4 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 (ABl. 2015, L 341, S. 21) (im Folgenden: Verordnung Nr. 207/2009) geänderten Fassung heißt es:

„(3)      … [E]in Markensystem der Gemeinschaft [ist] erforderlich, das den Unternehmen ermöglicht, in einem einzigen Verfahren Gemeinschaftsmarken zu erwerben, die einen einheitlichen Schutz genießen und im gesamten Gebiet der Gemeinschaft wirksam sind. Der hier aufgestellte Grundsatz der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke sollte gelten, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(4)      Im Wege der Angleichung der Rechtsvorschriften kann das Hindernis der territorialen Beschränkung der Rechte, die den Markeninhabern nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zustehen, nicht beseitigt werden. Um den Unternehmen eine unbehinderte Wirtschaftstätigkeit im gesamten Binnenmarkt zu ermöglichen, sind Marken erforderlich, die einem einheitlichen, unmittelbar in allen Mitgliedstaaten geltenden Gemeinschaftsrecht unterliegen.

(7)      Das Recht aus der Gemeinschaftsmarke kann nur durch Eintragung erworben werden, die insbesondere dann verweigert wird, … wenn ihr ältere Rechte entgegenstehen.“

7        Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 sieht vor:

„Die Unionsmarke ist einheitlich. Sie hat einheitliche Wirkung für die gesamte Union: [S]ie kann nur für dieses gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden oder Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über den Verfall der Rechte des Inhabers oder die Nichtigkeit sein, und ihre Benutzung kann nur für die gesamte Union untersagt werden. Dieser Grundsatz gilt, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.“

8        Art. 8 („Relative Eintragungshindernisse“) Abs. 4 dieser Verordnung sieht vor:

„Auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Union oder des Mitgliedstaats

a)      Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Unionsmarke in Anspruch genommenen Priorität, erworben worden sind;

b)      dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.“

 Verordnung (EU) 2017/1001

9        Die Verordnung Nr. 207/2009 wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 durch die Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) aufgehoben und ersetzt.

10      Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 dieser Verordnung haben denselben Wortlaut wie Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009.

11      Art. 72 („Klage beim Gerichtshof“) dieser Verordnung bestimmt:

„(1)      Die Entscheidungen der Beschwerdekammern, durch die über eine Beschwerde entschieden wird, sind mit der Klage beim Gericht anfechtbar.

(2)      Die Klage kann zur Geltendmachung von Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des AEUV, Verletzung dieser Verordnung oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhoben werden.

(3)      Das Gericht kann die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern.

(6)      Das [EUIPO] ergreift die notwendigen Maßnahmen, die sich aus dem Urteil des Gerichts oder, im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen dieses Urteil, des Gerichtshofs ergeben.“

12      Art. 139 („Antrag auf Einleitung des nationalen Verfahrens“) Abs. 1 bis 3 dieser Verordnung bestimmt:

„(1)      Der Anmelder oder Inhaber einer Unionsmarke kann beantragen, dass seine Anmeldung oder seine Unionsmarke in eine Anmeldung für eine nationale Marke umgewandelt wird,

a)      soweit die Anmeldung der Unionsmarke zurückgewiesen wird oder zurückgenommen worden ist oder als zurückgenommen gilt;

(2)      Die Umwandlung findet nicht statt,

b)      wenn Schutz in einem Mitgliedstaat begehrt wird, in dem gemäß der Entscheidung des [EUIPO] oder des einzelstaatlichen Gerichts der Anmeldung oder der Unionsmarke ein Eintragungshindernis oder ein Verfalls- oder Nichtigkeitsgrund entgegensteht.

(3)      Die nationale Anmeldung, die aus der Umwandlung einer Anmeldung oder einer Unionsmarke hervorgeht, genießt in dem betreffenden Mitgliedstaat den Anmeldetag oder den Prioritätstag der Anmeldung oder der Unionsmarke …“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

13      Die in den Rn. 1 bis 12 des angefochtenen Urteils wiedergegebene Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich wie folgt zusammenfassen.

14      Am 14. Juni 2017 reichte Herr Chakari beim EUIPO eine Anmeldung für eine Unionsmarke ein, die im Blatt für Unionsmarken Nr. 169/2017 vom 6. September 2017 veröffentlicht wurde.

15      Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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16      Die Marke wurde für Waren aus Reis der Klassen 30 und 31 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

17      Am 13. Oktober 2017 erhob die Indo European Foods Widerspruch gegen die Eintragung der Marke, die für die in der vorigen Randnummer genannten Waren angemeldet worden war. Der Widerspruch beruhte auf der älteren nicht eingetragenen britischen Wortmarke BASMATI für Reis. Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 geltend gemacht. Indo European Foods trug im Wesentlichen vor, sie könne nach den im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften die Benutzung der angemeldeten Marke auf der Grundlage einer sogenannten „erweiterten“ Form der Klage wegen Kennzeichenverletzung (action for passing off) unterbinden.

18      Am 5. April 2019 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang mit der Begründung zurück, dass die von Indo European Foods vorgelegten Beweismittel nicht ausreichten, um gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 nachzuweisen, dass die ältere Marke vor dem maßgeblichen Zeitpunkt und im fraglichen Gebiet in geschäftlichem Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung benutzt worden sei.

19      Am 16. Mai 2019 erhob Indo European Foods beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung.

20      Mit der streitigen Entscheidung wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde als unbegründet zurück, weil die Indo European Foods nicht nachgewiesen habe, dass der Name „Basmati“ es ihr erlaube, auf der Grundlage der sogenannten „erweiterten“ Form der Kennzeichenverletzung die Benutzung der angemeldeten Marke im Vereinigten Königreich zu untersagen.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

21      Mit Klageschrift, die am 2. Juni 2020 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Indo European Foods Klage auf Aufhebung und Abänderung der streitigen Entscheidung.

22      Die Klägerin stützte ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend machte.

23      In seiner Klagebeantwortung machte das EUIPO insbesondere geltend, dass soweit sich der Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke auf eine nicht eingetragene ältere britische Marke stütze, der ihr durch das britische Recht verliehene Schutz während des in den Art. 126 und 127 des Austrittsabkommens vorgesehenen Übergangszeitraums (im Folgenden: Übergangszeitraum) bestehen bleibe, aber das Widerspruchsverfahren und die Klage vor dem Gericht mit Ablauf dieses Zeitraums gegenstandslos geworden seien. Ferner machte es geltend, dass die Klägerin im ersten Rechtszug im Verfahren vor dem Gericht kein Rechtsschutzinteresse mehr habe, da die Aufhebung der streitigen Entscheidung ihr keinen Vorteil mehr verschaffen könne.

24      Als Erstes hat das Gericht in den Rn. 15 bis 23 des angefochtenen Urteils das Vorbringen des EUIPO zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und der Klage geprüft.

25      Nachdem es in Rn. 16 des Urteils darauf hingewiesen hatte, dass sich der Übergangszeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Dezember 2020 erstreckt habe, hat es in Rn. 17 des Urteils ausgeführt, dass Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits die streitige Entscheidung sei, in der sich die Beschwerdekammer zum Vorliegen des von der Klägerin im ersten Rechtszug geltend gemachten Widerspruchsgrundes geäußert habe. Im Übrigen hat das Gericht in Rn. 17 im Licht seiner Rechtsprechung festgestellt, dass für die Beurteilung der Frage, ob ein relativer Widerspruchsgrund vorliege, auf keinen späteren Zeitpunkt abzustellen sei als denjenigen, zu dem das EUIPO über den Widerspruch befinde. Das Gericht hat nämlich festgestellt, dass es zwar in einem jüngeren Urteil entschieden habe, dass die ältere, dem Widerspruch zugrunde liegende Marke nicht nur zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anmeldung der angemeldeten Marke rechtsgültig sein müsse, sondern auch zu dem Zeitpunkt, zu dem das EUIPO über den Widerspruch entscheide; es gebe jedoch eine gegenläufige Rechtsprechung, nach der bei der Beurteilung, ob ein relativer Widerspruchsgrund gegeben sei, auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Unionsmarke abzustellen sei, gegen die ein auf eine ältere Marke gestützter Widerspruch erhoben worden sei.

26      Somit ist es in Rn. 18 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall diese Frage nicht entschieden werden müsse, da die streitige Entscheidung während des Übergangszeitraums ergangen sei, d. h. zu einem Zeitpunkt, in dem in Ermangelung gegenteiliger Bestimmungen des Austrittsabkommens die Verordnung 2017/1001 weiterhin für die älteren nicht eingetragenen, im geschäftlichen Verkehr benutzten britischen Marken gelte und folglich die betreffende ältere Marke weiterhin den gleichen Schutz genieße, der ihr ohne den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union zugekommen wäre.

27      Sodann hat das Gericht in Rn. 19 dieses Urteils entschieden, dass, ginge man davon aus, der Streitgegenstand gerate dann in Wegfall, wenn im Lauf des Verfahrens ein Ereignis wie der Austritt des betreffenden Mitgliedstaats aus der Union eintrete, in dessen Folge eine ältere Marke den Status einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung verlieren könnte, dies jedenfalls darauf hinausliefe, dass das Gericht Gründe berücksichtigen müsste, die nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung eingetreten seien und die sich nicht auf die Begründetheit dieser Entscheidung auswirken könnten. Das Gericht hat aber klargestellt, dass es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO grundsätzlich auf den Zeitpunkt dieser Entscheidungen abzustellen habe.

28      Schließlich hat das Gericht in Rn. 20 des angefochtenen Urteils aus den in den Rn. 25 bis 27 des vorliegenden Urteils wiederholten Überlegungen abgeleitet, dass die zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachte Marke unabhängig von dem maßgeblichen Zeitpunkt, auf den abgestellt werde (Zeitpunkt der Anmeldung der Marke oder der Entscheidung der Beschwerdekammer), zur Begründung des Widerspruchs geeignet sei. In den Rn. 21 und 22 des angefochtenen Urteils hat es zudem die Auffassung vertreten, dass diese Schlussfolgerung durch die Urteile vom 14. Februar 2019, Beko/EUIPOAcer (ALTUS) (T‑162/18, EU:T:2019:87), und vom 2. Juni 2021, Style & Taste/EUIPO The Polo/Lauren Company (Darstellung eines Polospielers) (T‑169/19, EU:T:2021:318), nicht in Frage gestellt werde. In Rn. 23 des angefochtenen Urteils ist es zum Ergebnis gekommen, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union nicht zum Wegfall des Streitgegenstands geführt habe.

29      Als Zweites hat das Gericht in den Rn. 24 bis 28 des angefochtenen Urteils das Vorbringen des EUIPO zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses von Indo European Food zurückgewiesen.

30      Insoweit hat es zunächst in Rn. 25 des angefochtenen Urteils auf die ständige Rechtsprechung hingewiesen, wonach das Rechtsschutzinteresse der klagenden Partei im Hinblick auf den Klagegegenstand bei Klageerhebung gegeben sein und bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen müsse – anderenfalls sei der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt –, was voraussetze, dass die Klage der Partei, die sie erhoben habe, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen könne, und das Gericht hat ausgeführt, dass eine Sachentscheidung des Gerichts dem betreffenden Kläger keinen Vorteil verschaffen könne, wenn das Rechtsschutzinteresse im Lauf des Verfahrens entfalle.

31      Sodann hat das Gericht in Rn. 26 dieses Urteils das Vorbringen des EUIPO zurückgewiesen, wonach sich das Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Klägerin im ersten Rechtszug daraus ergebe, dass der Anmelder der betreffenden Unionsmarke in der Lage sei, seine Anmeldung in Anmeldungen für nationale Marken in allen Mitgliedstaaten der Union umzuwandeln, und zwar mit der Begründung, dass diese Erwägung grundsätzlich für jedes Widerspruchsverfahren gelte.

32      Schließlich hat das Gericht in Rn. 27 des Urteils ausgeführt, dass das Vorbringen des EUIPO, wonach die Beschwerdekammer, an die der Rechtsstreit zurückverwiesen würde, falls das Gericht die streitige Entscheidung aufheben sollte, gezwungen wäre, die Beschwerde mangels einer durch das Recht eines Mitgliedstaats geschützten älteren Marke zurückzuweisen, von der falschen Prämisse ausgehe, dass die Beschwerdekammer bei der Beurteilung des Sachverhalts auf den Zeitpunkt ihrer neuen Entscheidung abstellen müsse. Nach Ansicht des Gerichts hat die Beschwerdekammer in dieser Situation über dieselbe Beschwerde zu entscheiden, und dies anhand der Sachlage, wie sie sich zum Zeitpunkt ihrer Erhebung dargestellt habe, da die Beschwerde in demselben Stadium, in dem sie sich vor der streitigen Entscheidung befunden habe, wieder anhängig werde. Das Gericht hat folglich die Auffassung vertreten, dass die vom EUIPO zur Stützung seiner Argumentation angeführte Rechtsprechung nicht einschlägig sei und nur bestätige, dass jedenfalls nicht verlangt werden könne, dass die Marke, auf die der Widerspruch gestützt worden sei, nach dem Erlass der Entscheidung der Beschwerdekammer weiterhin bestehe.

33      In Rn. 28 seines Urteils ist das Gericht zum Ergebnis gelangt, dass die Rechtssache nicht gegenstandslos geworden sei und das Rechtsschutzinteresse von Indo European Foods fortbestehe. Folglich hat es in den Rn. 31 bis 72 des angefochtenen Urteils den Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung und den einzigen Klagegrund zur Stützung dieses Antrags geprüft. Es hat die Auffassung vertreten, dass dieser Klagegrund begründet und die angefochtene Entscheidung demnach aufzuheben sei. Hingegen ist das Gericht, nachdem es in den Rn. 73 bis 79 jenes Urteils den Antrag der Klägerin, dem Widerspruch stattzugeben, geprüft hatte, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Ausübung seiner Abänderungsbefugnis nicht erfüllt seien, und hat diesen Antrag zurückgewiesen.

34      Aufgrund dieser Erwägungen hat das Gericht zum einen die streitige Entscheidung aufgehoben und zum anderen die Klage im Übrigen abgewiesen.

 Verfahren und Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

35      Mit einem Schriftsatz, der am selben Tag wie das vorliegende Rechtsmittel eingegangen ist, hat das EUIPO gemäß Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beantragt, sein Rechtsmittel im Einklang mit Art. 58a Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union zuzulassen.

36      Mit Beschluss vom 7. April 2022, EUIPO/Indo European Foods (C‑801/21 P, EU:C:2022:295), ist das Rechtsmittel zugelassen worden.

37      Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 16. Juni 2022 ist die Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des EUIPO zugelassen worden.

38      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 16. Dezember 2022, EUIPO/Indo European Foods (C‑801/21 P, EU:C:2022:1049), ist der Antrag der Walsall Conduits Ltd auf Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin im ersten Rechtszug zurückgewiesen worden.

39      Mit seinem Rechtsmittel beantragt das EUIPO, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        festzustellen, dass sich die von der Klägerin im ersten Rechtszug gegen die streitige Entscheidung erhobene Klage erledigt hat;

–        der Klägerin im ersten Rechtszug die im vorliegenden Verfahren und im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten aufzuerlegen.

40      Indo European Food beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        dem EUIPO die Kosten des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

41      Das EUIPO stützt sein Rechtsmittel auf einen einzigen Rechtsmittelgrund, mit dem es einen Verstoß des Gerichts gegen das Erfordernis des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses der Klägerin rügt. Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in drei Teile: Mit dem ersten wird insoweit ein Rechtsfehler gerügt, als das Gericht die Beurteilung des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses mit der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts verwechselt habe, mit dem zweiten ein Rechtsfehler und eine unzureichende Begründung, da das Gericht den Fortbestand des Rechtsschutzinteresses von Indo European Foods nicht konkret anhand der Besonderheiten des Unionsmarkenrechts beurteilt habe, und mit dem dritten ein Verstoß gegen Art. 72 Abs. 6 der Verordnung 2017/1001 insoweit, als das Gericht das EUIPO verpflichtet habe, die Rechtswirkungen des Endes des im Austrittsabkommen vorgesehenen Übergangszeitraums nicht zu berücksichtigen.

 Zur Zulässigkeit

42      Indo European Foods hält das Rechtsmittel aus zwei Gründen für unzulässig. Zum einen mache das EUIPO in seinem Rechtsmittel ein neues Vorbringen geltend, das es dem Gericht nicht vorgetragen habe. Insbesondere habe das EUIPO sein ursprünglich vor dem Gericht vorgetragenes Vorbringen geändert, indem es erstmals vor dem Gerichtshof geltend gemacht habe, dass es innerhalb des Gerichts hinsichtlich der Frage des Fortbestands des Streitgegenstands unterschiedliche Rechtsprechungslinien gebe. Zum anderen beziehe sich die Feststellung des Gerichts, dass die bei ihm erhobene Klage nicht gegenstandslos geworden sei, auf Sachverhaltsaspekte.

43      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Befugnisse des Gerichtshofs im Rahmen der Prüfung eines Rechtsmittels zwar auf die rechtliche Beurteilung der Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt sind, dass ein Rechtsmittelführer jedoch zulässigerweise ein Rechtsmittel einlegen kann, mit dem er vor dem Gerichtshof Rechtsmittelgründe und Argumente geltend macht, die sich aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben und mit denen dessen Stichhaltigkeit aus rechtlichen Erwägungen in Frage gestellt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Februar 2023, Spanien u. a./Kommission, C‑649/20 P, C‑658/20 P und C‑662/20 P, EU:C:2023:60, Rn. 29 und 30 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Im vorliegenden Fall macht das EUIPO geltend, das Gericht habe Rechtsfehler begangen, indem es im angefochtenen Urteil festgestellt habe, dass die Klage von Indo European Foods nicht gegenstandslos geworden sei und das Rechtsschutzinteresse dieser Partei an der Aufhebung der streitigen Entscheidung trotz des während des Verfahrens vor dem Gericht eingetretenen Endes des Übergangszeitraums fortbestehe, wobei sich das Gericht insoweit auf eine Rechtsprechungslinie gestützt habe, die nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Erfordernis einer Einzelfallbeurteilung des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses stehe.

45      Dieses Rechtsmittel stellt also die rechtliche Stichhaltigkeit der vom Gericht im angefochtenen Urteil vorgenommenen Beurteilung des Fortbestands des Gegenstands des Rechtsstreits, mit dem das Gericht befasst wurde, und des Rechtsschutzinteresses der Klägerin im ersten Rechtszug in Frage, da das Gericht die Frage der Erledigung der Hauptsache wegen Wegfalls des Fortbestands des Gegenstands des Rechtsstreits bzw. des Rechtsschutzinteresses jedenfalls von Amts wegen zu prüfen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2018, Bank Mellat/Rat, C‑430/16 P, EU:C:2018:668, Rn. 49 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Die erste Einrede der Unzulässigkeit von Indo European Foods ist daher zurückzuweisen.

47      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Würdigung der Tatsachen zwar, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage darstellt, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens unterliegt, dass der Gerichtshof jedoch gemäß Art. 256 AEUV zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der Rechtsfolgen, die das Gericht aus ihnen gezogen hat, befugt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. März 2022, PJ und PC/EUIPO, C‑529/18 P und C‑531/18 P, EU:C:2022:218, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 22. Juni 2023, Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia-Kosakowo/Kommission, C‑163/22 P, EU:C:2023:515, Rn. 79 und 99).

48      Im vorliegenden Fall beanstandet das EUIPO aber nicht die vom Gericht in den Rn. 17 bis 28 des angefochtenen Urteils vorgenommene Würdigung der Tatsachen, sondern ihre rechtliche Qualifizierung durch das Gericht und die Rechtsfolgen, die das Gericht daraus gezogen hat, nämlich, dass der Klagegegenstand und das Rechtsschutzinteresse von Indo European Foods fortbestanden hätten. Die zweite Einrede der Unzulässigkeit von Indo European Foods ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

49      Das Rechtsmittel ist mithin zulässig.

 Zur Begründetheit

50      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die betreffende Marke am 14. Juni 2017 angemeldet wurde, dass aber der Widerspruch gegen die Eintragung dieser Marke am 13. Oktober 2017 erhoben wurde. Folglich gelten für den vorliegenden Rechtsstreit zum einen die materiell-rechtlichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009, die am 14. Juni 2017 in Kraft standen, und zum anderen die Verfahrensbestimmungen der Verordnung 2017/1001 (vgl. entsprechend Urteil vom 8. Mai 2014, Bimbo/HABM, C‑591/12 P, EU:C:2014:305, Rn. 12 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum ersten Teil: vermeintliche Verwechslung der Beurteilung des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses mit der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts

–       Vorbringen der Parteien

51      Das EUIPO, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, macht geltend, das Gericht habe in den Rn. 17 bis 23 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden, dass der Klagegegenstand allein deshalb fortbestehe, weil das Ende des Übergangszeitraums die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung zum Zeitpunkt ihres Erlasses nicht habe berühren können.

52      Zum einen ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Beurteilung des Erfordernisses des Fortbestands des Klagegegenstands und des Rechtsschutzinteresses vorgelagert und getrennt von der Beurteilung erfolge, die im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts vorzunehmen sei. Die Beurteilung dieses Erfordernisses impliziere nämlich, die möglichen Folgen einer Aufhebung bzw. Nichtigerklärung dieses Rechtsakts für die Rechtsstellung des Klägers zu bedenken, während bei der Rechtmäßigkeitskontrolle der tatsächliche und rechtliche Kontext des Rechtsstreits, wie sie sich bei Erlass dieses Rechtsakts darstellten, berücksichtigt werden müssten.

53      So macht das EUIPO im Wesentlichen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es aus dem bloßen Umstand, dass ein Ereignis nicht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Handlung zu berühren vermöge, endgültige Schlussfolgerungen zum Fortbestand des Streitgegenstands gezogen habe.

54      Zudem nehme die Annahme, dass der Klagegegenstand im Fall des Wegfalls des älteren Rechts nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig fortbestehe, dem Erfordernis des Fortbestands eines Rechtsschutzinteresses einen großen Teil seiner Wirksamkeit, da dieses Erfordernis unter dieser Annahme nur in Fällen relevant wäre, in denen die angefochtene Entscheidung wegen Wegfalls des älteren Rechts vor Erlass dieser Entscheidung hinfällig geworden sei. Eine solche Erwägung stehe auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach es erforderlich sei, das tatsächliche persönliche Rechtsschutzinteresse der Parteien im konkreten Fall zu prüfen.

55      Zum anderen beruhe die Schlussfolgerung in Rn. 19 des angefochtenen Urteils auf einer fehlerhaften Auslegung des Urteils vom 8. Oktober 2014, Fuchs/HABM – Les Complices (Stern in einem Kreis) (T‑342/12, EU:T:2014:858). In dem letztgenannten Urteil habe das Gericht das bestehende und gegenwärtige Interesse der Klägerin geprüft, indem es sich zu dem Vorteil geäußert habe, den sie aus der Aufhebung der in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, in Rede stehenden Entscheidung im Vergleich zu einer Entscheidung, die Hauptsache für erledigt zu erklären, hätte ziehen können, wenn dem Widerspruch stattgegeben worden sei. Somit bestätige dieses Urteil vielmehr die Verpflichtung des Gerichts, den Vorteil, den die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung dem Kläger verschaffen könne, im konkreten Fall zu prüfen.

56      Indo European Foods hält dieses Vorbringen für unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

57      Erstens ist festzustellen, dass das EUIPO mit dem ersten Teil seines einzigen Rechtsmittelgrundes im Wesentlichen geltend macht, dass das Gericht in den Rn. 17 bis 23 des angefochtenen Urteils die Frage des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses mit dem Zeitpunkt verwechselt habe, zu dem die Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Entscheidung zu beurteilen sei. Diese Argumentation beruht jedoch auf einem fehlerhaften Verständnis des letztgenannten Urteils. Wie sich nämlich aus den Rn. 24 bis 28 des vorliegenden Urteils ergibt, hat sich das Gericht in diesen Randnummern darauf beschränkt, die Frage des Fortbestands des Streitgegenstands im Hinblick auf das Ende des Übergangszeitraums zu prüfen, das während des bei ihm anhängigen Verfahrens eingetreten war. Folglich kann ihm in diesen Randnummern die ihm vom EUIPO vorgeworfene Verwechslung nicht unterlaufen sein. Dieses Vorbringen ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

58      Zweitens ist, soweit das EUIPO mit diesem ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes dem Gericht vorwerfen will, in den Rn. 17 bis 23 des angefochtenen Urteils zu Unrecht die Auffassung vertreten zu haben, dass der Klagegegenstand im Fall des Wegfalls des älteren Rechts nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig fortbestehe, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung ebenso wie das Rechtsschutzinteresse auch der Streitgegenstand bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen muss – anderenfalls der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist –, was voraussetzt, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, oder gegebenenfalls das Rechtsmittel der Partei, die es eingelegt hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission, C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 30. April 2020, Zypern/EUIPO, C‑608/18 P, C‑609/18 P und C‑767/18 P, EU:C:2020:347, Rn. 27 und 28 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Außerdem hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass das Gericht, wenn eine Entscheidung, die Gegenstand einer Aufhebungs- bzw. Nichtigkeitsklage vor dem Gericht ist, nicht förmlich zurückgenommen worden ist, zu der Feststellung berechtigt ist, dass der Gegenstand des Rechtsstreits nicht weggefallen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission, C‑362/05 P, EU:C:2007:322, Rn. 48 und 49, vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission, C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 45, sowie vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament, C‑761/18 P, EU:C:2021:52, Rn. 33). Schließlich wird diese Feststellung nach der Rechtsprechung nicht dadurch in Frage gestellt, dass die angefochtene Entscheidung nach Klageerhebung hinfällig geworden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission, C‑362/05 P, EU:C:2007:322, Rn. 47).

60      Im vorliegenden Fall geht aus den Rn. 17 bis 23 des angefochtenen Urteils hervor, dass das Gericht die Auffassung vertrat, die Klage von Indo European Foods sei nicht gegenstandslos geworden, und sich dabei u. a. auf die Feststellung stützte, dass Streitgegenstand die am 2. April 2020 erlassene streitige Entscheidung der Beschwerdekammer sei, in der die Beschwerdekammer über das Vorliegen des von Indo European Foods geltend gemachten Widerspruchsgrundes entschieden habe, und dass diese Entscheidung vor dem Ende des Übergangszeitraums ergangen sei.

61      Das EUIPO stellt aber nicht in Abrede, dass die streitige Entscheidung, wie sich aus den Rn. 17 bis 23 des angefochtenen Urteils ergibt, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht förmlich zurückgenommen worden war. Außerdem trägt das EUIPO keineswegs vor, dass das Ende des Übergangszeitraums zu einem rückwirkenden Wegfall dieser Entscheidung geführt habe.

62      Daraus folgt, dass das Vorbringen des EUIPO, soweit es die Prüfung des Fortbestands des Streitgegenstands durch das Gericht betrifft, ebenfalls unbegründet ist, so dass der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Teil: vermeintliches Fehlen einer konkreten Beurteilung des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses der Klägerin im ersten Rechtszug

–       Vorbringen der Parteien

63      Mit dem zweiten Teil seines einzigen Rechtsmittelgrundes rügt das EUIPO im Wesentlichen, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, das Gericht habe den Fortbestand des Rechtsschutzinteresses von Indo European Foods nicht im konkreten Fall geprüft.

64      Insoweit wirft das EUIPO dem Gericht vor, davon ausgegangen zu sein, dass es im vorliegenden Fall darauf ankomme, ob die ältere Marke zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke oder der streitigen Entscheidung den Widerspruch habe stützen können, obwohl sich mit dieser Erwägung nicht die Frage beantworten lasse, ob die Eintragung der angemeldeten Marke trotz der rechtlichen Folgen, die mit dem Ende des Übergangszeitraums verbunden seien, noch geeignet gewesen sei, die durch die Verordnung 2017/1001 geschützten rechtlichen Interessen von Indo European Foods zu beeinträchtigen, und ob daher ihr Rechtsschutzinteresse fortbestehe.

65      So habe es das Gericht zum einen unterlassen, bei der Beurteilung des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses der Klägerin im ersten Rechtszug die spezifische Natur des Widerspruchsverfahrens und die Hauptfunktion der Marke zu berücksichtigen.

66      Aus der Rechtsprechung des Gerichts gehe nämlich hervor, dass ein Widerspruchsverfahren im Wesentlichen den Zweck habe, dass eine ältere Marke ihre Funktion als Herkunftshinweis behalten könne, indem es die Möglichkeit vorsehe, die Eintragung einer neuen Marke zurückzuweisen, die mit dieser älteren Marke wegen einer Verwechslungsgefahr kollidiere. Zwischen einer Unionsmarkenanmeldung und einer älteren Marke, die während des Widerspruchsverfahrens weggefallen sei, könne jedoch kein Konflikt entstehen, da die angemeldete Marke erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens eingetragen werden könne.

67      Zum anderen habe das Gericht den Grundsatz der Territorialität der Unionsmarke und die Einheitlichkeit der Unionsmarke nicht berücksichtigt.

68      Insoweit macht das EUIPO geltend, dass die streitige Entscheidung aufgrund der aufschiebenden Wirkung der beim Gericht erhobenen Klage nicht vor dem Ende des Übergangszeitraums habe durchgeführt werden können, so dass die angemeldete Marke im Vereinigten Königreich nicht geschützt sein werde, auch wenn sie letztlich eingetragen werde. Die betreffende ältere Marke genieße im Vereinigten Königreich weiterhin vollständigen Schutz, ohne dass die Gefahr einer Beeinträchtigung durch die Eintragung oder die Benutzung der angemeldeten Marke im Unionsgebiet bestehe.

69      Die Klage habe Indo European Foods bereits einen konkreten Vorteil verschafft, indem sie die Durchführung der streitigen Entscheidung vor Ablauf der Übergangszeit verhindert habe, so dass das Ziel des fraglichen Widerspruchsverfahrens, nämlich einen Konflikt mit der angemeldeten Marke im Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs zu verhindern, bereits erreicht worden sei. Die durch die Verordnung 2017/1001 geschützten rechtlichen Interessen dieser Partei könnten daher durch eine Entscheidung in der Sache, unabhängig von ihrem Ausgang, nicht mehr beeinträchtigt werden.

70      Diese Auffassung werde durch die allgemeine Systematik der Verordnung 2017/1001 bestätigt. Selbst wenn der Klage stattgegeben würde, könnte die andere Partei nämlich in Anbetracht von Art. 139 der Verordnung 2017/1001 ihre Anmeldung ab dem 1. Januar 2021 in eine Anmeldung für nationale Marken in allen Mitgliedstaaten der Union umwandeln und damit die Priorität der ursprünglichen Anmeldung behalten und so den Schutz der angemeldeten Marke im selben Gebiet erlangen, so als würde der Widerspruch gegen diese Anmeldung zurückgewiesen. In Rn. 26 des angefochtenen Urteils habe das Gericht diesen spezifischen Aspekt der Rechtssache nicht berücksichtigt, indem es diese Erwägungen allein deshalb zurückgewiesen habe, weil sie grundsätzlich für jedes Widerspruchsverfahren gälten.

71      In Anbetracht dessen trägt das EUIPO vor, dass die Rn. 24 bis 26 des angefochtenen Urteils mit drei Rechtsfehlern behaftet seien. Erstens habe das Gericht gegen die Regeln über die Beweislastverteilung in Bezug auf das Erfordernis des Fortbestands eines Rechtsschutzinteresses verstoßen. Es habe sich nämlich damit begnügt, das Vorbringen des EUIPO zurückzuweisen, statt das Vorbringen von Indo European Foods, ihr Rechtsschutzinteresse bestehe fort, zu prüfen.

72      Zweitens habe das Gericht, indem es seine Beurteilung auf die Frage gestützt habe, ob das ältere Recht abstrakt betrachtet zu einem bestimmten Zeitpunkt die Grundlage für den Widerspruch darstellen könne, den Fortbestand des Rechtsschutzinteresses nicht im konkreten Fall im Licht der in den Rn. 65 bis 70 des vorliegenden Urteils angeführten Gesichtspunkte beurteilt.

73      Drittens lasse sich dem angefochtenen Urteil, insbesondere seiner Rn. 26, nicht entnehmen, warum das Gericht das Vorbringen des EUIPO zum fehlenden Fortbestand eines Rechtsschutzinteresses von Indo European Foods zurückgewiesen habe, was gegen die Begründungspflicht verstoße.

74      Indo European Foods hält dieses Vorbringen für unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

75      Was erstens den angeblichen Verstoß gegen die Regeln über die Beweislastverteilung in Bezug auf den Fortbestand des Rechtsschutzinteresses angeht, genügt der Hinweis, dass das Gericht seine Ausführungen zum Fortbestand des Rechtsschutzinteresses von Indo European Foods zwar formal mit der Prüfung des Vorbringens des EUIPO verknüpft hat. Aus den Überlegungen des Gerichts in den Rn. 24 bis 28 des angefochtenen Urteils lässt sich jedoch ableiten, dass das Gericht unabhängig von der Relevanz des Vorbringens des EUIPO ordnungsgemäß geprüft hat, ob Indo European Foods wohl über ein Rechtsschutzinteresse verfüge, und festgestellt hat, dass dies der Fall sei.

76      Zudem kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das Gericht von Amts wegen zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens prüfen, ob das Rechtsschutzinteresse einer Partei an der Aufrechterhaltung ihres Antrags aufgrund nach Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes eingetretener Umstände weggefallen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Oktober 2018, Gul Ahmed Textile Mills/Rat, C‑100/17 P, EU:C:2018:842, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung), da es sich bei dieser Zulässigkeitsvoraussetzung um eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2018, Bank Mellat/Rat, C‑430/16 P, EU:C:2018:668, Rn. 49 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Obgleich der Unionsrichter nur über das Begehren der Parteien zu entscheiden hat, deren Sache es ist, den Rahmen des Rechtsstreits abzugrenzen, kann er zudem nicht zwangsläufig verpflichtet sein, allein die Argumente zu berücksichtigen, auf die die Parteien ihr Vorbringen gestützt haben, da er seine Entscheidung sonst gegebenenfalls auf unzutreffende rechtliche Erwägungen stützen müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Januar 2021, Kommission/Printeos, C‑301/19 P, EU:C:2021:39, Rn. 58 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Nach alledem ist dieser erste Punkt des vorliegenden Teils des Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

78      Was zweitens das Vorbringen betrifft, das Gericht habe es in den Rn. 24 bis 27 des angefochtenen Urteils unterlassen, im Rahmen der Beurteilung des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses von Indo European Foods die spezifische Natur des Widerspruchsverfahrens, die Hauptfunktion der Marke, den Grundsatz der Territorialität sowie die Einheitlichkeit der Unionsmarke zu berücksichtigen, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Vorbringen auf der Prämisse beruht, dass bei einer Klage auf Aufhebung einer Entscheidung einer Beschwerdekammer, mit der ein Widerspruch zurückgewiesen wird, der Fortbestand eines Rechtsschutzinteresses vor dem Gericht allein im Hinblick auf die von der anwendbaren Unionsmarkenverordnung geschützten rechtlichen Interessen zu beurteilen ist und somit allein davon abhängt, ob die Gefahr eines Konflikts noch eintreten kann, wenn das Gericht entscheidet.

79      Diese Prämisse, die voraussetzen würde, dass die Gesichtspunkte, die das Gericht zur Beurteilung des Fortbestands des Rechtsschutzinteresses eines Klägers, der eine Klage nach Art. 72 der Verordnung 2017/1001 erhebt, im Vergleich zu dem Kläger, der eine Klage nach Art. 263 AEUV einreicht, berücksichtigen kann, von vornherein zu beschränken wären, findet jedoch weder in den anwendbaren Vorschriften noch in der Rechtsprechung eine Stütze.

80      Insoweit ergibt sich nur aus der Rechtsprechung, dass das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses an der Aufhebung bzw. Nichtigerklärung voraussetzt, dass die Aufhebung bzw. Nichtigerklärung als solche der Person, die sie beantragt, einen Vorteil verschaffen kann (Urteile vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 55, sowie vom 13. Juli 2023, D & A Pharma/EMA, C‑136/22 P, EU:C:2023:572, Rn. 43).

81      Daher ist die Frage, ob bei einer Entscheidung, mit der ein Widerspruch gegen die Eintragung einer Unionsmarke zurückgewiesen wird, die Person, die einen solchen Widerspruch eingelegt hat, aus einer beim Gericht erhobenen Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung einen Vorteil ziehen kann, konkret anhand sämtlicher Folgen, die sich aus der Feststellung einer etwaigen Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung und der Art des angeblich erlittenen Schadens ergeben können, zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 65).

82      Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch zum einen aus der Prüfung des ersten Teils des vorliegenden einzigen Rechtsmittelgrundes, dass das Gericht zu Recht festgestellt hat, dass der Gegenstand der von Indo European Foods erhobenen Klage nicht weggefallen ist. Zum anderen geht aus den Rn. 10 bis 12 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen hervor, dass die streitige Entscheidung die Zurückweisung des von dieser Partei erhobenen Widerspruchs auf der Grundlage der Feststellung bestätigte, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 nicht erfüllt seien, so dass Indo European Foods nach dieser Entscheidung für die in Rede stehende ältere Marke nicht den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schutz genießen konnte. Da Indo European Foods gerade die Verletzung dieser Bestimmung durch die Beschwerdekammer zur Stützung ihrer Klage vor dem Gericht geltend gemacht hat und diese Entscheidung insbesondere den wirtschaftlichen Interessen von Indo European Foods abträglich ist, könnte ihr die Aufhebung dieser Entscheidung einen Vorteil verschaffen.

83      Was schließlich das Vorbringen betrifft, das Gericht habe es in Rn. 26 des angefochtenen Urteils unterlassen, den Umstand zu berücksichtigen, dass die andere Partei im Verfahren vor der Beschwerdekammer nach Art. 139 der Verordnung 2017/1001 ihre Markenanmeldung nach Ende des Übergangszeitraums in Anmeldungen für nationale Marken in allen Mitgliedstaaten umwandeln könne, wenn der Beschwerde stattgegeben werde, genügt der Hinweis, dass dieser Umstand angesichts der vorstehenden Feststellungen keinen Einfluss auf das Rechtsschutzinteresse von Indo European Foods an der Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung hat.

84      Daher ist auch der zweite Punkt des vorliegenden Teils des Rechtsmittelgrundes, der auf einer falschen Prämisse beruht, als unbegründet zurückzuweisen.

85      Was drittens den vermeintlichen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Gründe betrifft, aus denen das Gericht das Vorbringen des EUIPO zum fehlenden Fortbestand eines Rechtsschutzinteresses von Indo European Foods zurückgewiesen habe, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Begründungspflicht das Gericht nicht verpflichtet, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln, da die Begründung implizit erfolgen kann, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, auf denen das angefochtene Urteil beruht, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollaufgabe im Rahmen eines Rechtsmittels wahrnehmen kann (Urteil vom 9. März 2023, PlasticsEurope/ECHA, C‑119/21 P, EU:C:2023:180, Rn. 144 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Wie der Generalanwalt in Nr. 60 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, geht aus den Rn. 25 bis 27 des angefochtenen Urteils klar, wenn auch implizit, hervor, dass nach Auffassung des Gerichts das Vorbringen des EUIPO zum Rechtsschutzinteresse von Indo European Foods unbegründet ist, da dieses Rechtsschutzinteresse zum Zeitpunkt der Klageerhebung vorhanden gewesen und nicht während des Verfahrens vor ihm weggefallen sei.

87      Dieser dritte Punkt des vorliegenden Teils des Rechtsmittelgrundes ist daher unbegründet, so dass der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum dritten Teil: Verstoß gegen Art. 72 Abs. 6 der Verordnung 2017/1001

–       Vorbringen der Parteien

88      Das EUIPO macht im Wesentlichen, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, geltend, dass ihm durch Rn. 27 des angefochtenen Urteils unter Verstoß gegen Art. 72 Abs. 6 der Verordnung 2017/1001 auferlegt werde, nicht zu prüfen, ob das Interesse der Klägerin im ersten Rechtszug an der Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung fortbestehe, und die Wirkungen von Art. 50 Abs. 3 EUV sowie der Art. 126 und 127 des Austrittsabkommens nicht zu berücksichtigen. Der Erlass der Maßnahmen, die erforderlich seien, um der in Rn. 27 aufgestellten Verpflichtung nachzukommen, würde somit bedeuten, dass das EUIPO die in Rede stehende Anmeldung unter Verstoß gegen diese Bestimmungen prüft oder sogar zurückweist.

89      Das EUIPO macht insbesondere geltend, dass die in Rn. 27 genannte Verpflichtung ihm auferlege, das in Rede stehende relative Eintragungshindernis im Hinblick auf ein Gebiet zu prüfen, in dem die angemeldete Marke keinen Schutz genießen könne, was in krassem Widerspruch zur Logik und zur allgemeinen Systematik des Unionsmarkensystems stehe. Die Verordnung 2017/1001 biete keine Rechtsgrundlage für eine Abkoppelung des für die Prüfung des relativen Eintragungshindernisses maßgeblichen Gebiets von dem Gebiet, in dem der Schutz gewährt werden werde. Diese Verpflichtung verstoße daher auch gegen das Erfordernis des Fortbestands eines Rechtsschutzinteresses sowie gegen Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001.

90      Indo European Foods hält dieses Vorbringen für unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

91      Nach Art. 72 Abs. 6 der Verordnung 2017/1001 ergreift das EUIPO die notwendigen Maßnahmen, die sich aus dem Urteil des Gerichts oder, im Fall der Einlegung eines Rechtsmittels gegen dieses Urteil, des Gerichtshofs ergeben.

92      Nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 266 AEUV, die mutatis mutandis für Art. 72 Abs. 6 der Verordnung gilt, dessen Wortlaut entsprechend ist, müssen die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, um einem solchen Urteil nachzukommen und es vollständig durchzuführen, nicht nur dessen Tenor beachten, sondern auch die Gründe, die ihn in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung seiner genauen Bedeutung unerlässlich sind (Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 101 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Aus Art. 72 Abs. 6 der Verordnung ergibt sich jedoch, dass es dem Gericht nicht zusteht, dem EUIPO Anweisungen zu erteilen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 29. Juni 2006, Creative Technology/HABM, C‑314/05 P, EU:C:2006:441, Rn. 40 bis 42, sowie entsprechend Urteil vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94      Im vorliegenden Fall genügt der Hinweis, dass das Gericht in Rn. 27 des angefochtenen Urteils lediglich auf das Vorbringen des EUIPO eingegangen ist, wonach Indo European Foods im Lauf des Verfahrens vor dem Gericht ihr Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der streitigen Entscheidung verloren habe, da die Beschwerdekammer im Fall ihrer Aufhebung die erneut bei ihr anhängige Beschwerde mangels einer durch das Recht eines Mitgliedstaats geschützten älteren Marke zurückweisen müsste.

95      Daher beschränkt sich diese Randnummer im Wesentlichen auf die Feststellung des Rechtsschutzinteresses von Indo European Foods vor dem Gericht und stellt somit nur die unerlässliche Untermauerung für die Feststellung eines Rechtsschutzinteresses dar. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Gericht in dieser Randnummer unter Verstoß gegen die in Rn. 93 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung dem EUIPO die vermeintlichen Verpflichtungen auferlegt hätte, die es im Rahmen des vorliegenden Teils seines Rechtsmittels anführt.

96      Folglich ist dieser dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes, der auf einem falschen Verständnis von Rn. 27 des angefochtenen Urteils beruht, sowie in weiterer Folge dieser Rechtsmittelgrund und das Rechtsmittel insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

97      Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

98      Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

99      Da Indo European Foods die Verurteilung des EUIPO beantragt hat und dieses mit seinem einzigen Rechtsmittelgrund unterlegen ist, sind ihm die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

100    Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

101    Folglich trägt die Bundesrepublik Deutschland, Streithelferin im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens, ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) trägt die Kosten.

3.      Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.