Language of document : ECLI:EU:C:2021:309

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

15. April 2021(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Richtlinie 2011/83/EU – Verbraucherverträge – Art. 21 – ‚Telefonische Kommunikation‘ – Von einem Unternehmer zu dem Zweck eingerichtete Telefonleitung, Verbrauchern im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag die Kontaktaufnahme mit ihm zu ermöglichen – Einrichtung von zwei Telefonleitungen, einer kostenpflichtigen Festnetzleitung und einer kostenlosen Mobilfunkleitung, durch ein Unternehmen im Rahmen seines Kundendiensts bezüglich geschlossener Verträge – Inhalt von Kommunikationsmaterialien für Kunden – Zulässigkeit einer Service-Rufnummer, für die Kunden ein höherer Tarif berechnet wird als der Grundtarif – Begriff ‚Grundtarif‘“

In der Rechtssache C‑594/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Markkinaoikeus (Gericht für Wirtschaftssachen, Finnland) mit Entscheidung vom 11. November 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 12. November 2020, in dem Verfahren

Kuluttaja-asiamies

gegen

MiGame Oy

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters N. Jääskinen,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 21 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Kuluttaja-asiamies (Verbraucherombudsmann, Finnland) (im Folgenden: Ombudsmann) und der MiGame Oy, einem Unternehmen mit Sitz in Finnland, über den Inhalt der für die Kunden dieses Unternehmens bestimmten Kommunikationsmaterialien, die für Verbraucher, mit denen bereits ein Vertrag besteht, Service-Rufnummern zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif angeben.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Art. 1 der Richtlinie 2011/83 legt deren Gegenstand wie folgt fest:

„Zweck dieser Richtlinie ist es, durch Angleichung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen und damit zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen.“

4        Art. 4 („Grad der Harmonisierung“) der Richtlinie lautet:

„Sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt, erhalten die Mitgliedstaaten weder von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrecht noch führen sie solche ein; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.“

5        Art. 21 („Telefonische Kommunikation“) der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Verbraucher nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen.

Das Recht von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Entgelte für solche Anrufe zu berechnen, bleibt von Unterabsatz 1 unberührt.“

 Finnisches Recht

6        Art. 21 der Richtlinie 2011/83 wurde durch § 14 des 2. Kapitels des Kuluttajansuojalaki (38/1978) (Verbraucherschutzgesetz [38/1978]) vom 20. Januar 1978 in der durch das Laki kuluttajansuojalain muuttamisesta (1211/2013) (Gesetz zur Änderung des Verbraucherschutzgesetzes [1211/2013] vom 30. Dezember 2013) geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz 38/1978) in finnisches Recht umgesetzt.

7        § 14 des 2. Kapitels des Gesetzes 38/1978 sieht vor:

„Für telefonische Kontaktaufnahmen über einen von ihm geschlossenen Verbrauchsgüterkaufvertrag darf der Unternehmer keinen Dienst nutzen, für dessen Nutzung dem Verbraucher Kosten in Rechnung gestellt werden, die über die Kosten für seinen vertraglich vereinbarten Tarif oder den rechnerischen Grundtarif, der seinem vertraglich vereinbarten Tarif entspricht, hinausgehen.

Der rechnerische Grundtarif ist ein Tarif, der auf dem Mindestpreis und den Marktanteilen der Telekommunikationsunternehmen zuzüglich 20 % beruht. Das Viestintävirasto (Regulierungsbehörde für Telekommunikation, Finnland) berechnet und veröffentlicht den rechnerischen Grundtarif jährlich. Nähere Bestimmungen zur Ermittlung des Grundtarifs und über dessen Veröffentlichung werden in einer Verordnung des Justizministeriums veröffentlicht.

Verstößt der Unternehmer gegen diese Vorschrift, hat der Verbraucher gegen den Unternehmer einen Anspruch auf Ersatz der Telefonkosten, die den Höchsttarif nach Abs. 1 übersteigen.

…“

8        § 16 („Untersagung“) Abs. 1 des 2. Kapitels des Gesetzes 38/1978 bestimmt:

„Wenn dies aus Gründen des Verbraucherschutzes erforderlich ist, kann einem Unternehmer untersagt werden, ein Vorgehen, das gegen die Bestimmungen dieses Kapitels oder gegen die darauf beruhenden Bestimmungen verstößt, fortzusetzen oder ein solches oder ein vergleichbares Vorgehen wieder aufzunehmen. Die Untersagung ist mit einem Zwangsgeld verbunden, es sei denn, dies ist aus besonderen Gründen nicht erforderlich.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9        MiGame ist in erster Linie im Vertrieb von Videospielen tätig.

10      Den Ausführungen des vorlegenden Gerichts zufolge gab das Unternehmen auf seinen Internetseiten latauskoodit.fi, migame.fi, viihdemaa.fi, auf seiner Facebook-Seite sowie in E‑Mails, die in Bezug auf geschlossene Verträge an Verbraucher gesendet worden waren, eine nationale Service-Telefonnummer an, nämlich 0600-…, für die meist angegeben wurde, dass die Kosten für Anrufe unter dieser Nummer 1,98 Euro pro Minute betrugen.

11      Im Laufe der Jahre 2019 und 2020 wurde neben dieser ersten Nummer in einigen Fällen eine zweite Service-Nummer angegeben, normalerweise mit folgendem Hinweis: „Unser Kundenservice betreut Sie in erster Linie telefonisch in unserem 24-Stunden-Telefonservice: 0600-… (1,98 Euro/Minute). Falls Ihre Anfrage eine bereits erfolgte Bestellung betrifft, können Sie sich auch an unsere kostenlose Kundenservice-Rufnummer 045-… (werktags 11-17 Uhr) wenden.“ Das vorlegende Gericht weist beispielsweise darauf hin, dass die letztgenannte – kostenlose – Mobilfunknummer auch in den Lieferbedingungen auf der Internetseite latauskoodit.fi angegeben worden sei, während auf der Startseite der Internetseite und bei den Kontaktangaben lediglich die erste, kostenpflichtige Telefonnummer angeführt gewesen sei.

12      Mit Antrag vom 20. August 2019 begehrte der Ombudsmann vom Markkinaoikeus (Gericht für Wirtschaftssachen, Finnland), MiGame unter Androhung eines Zwangsgelds nach § 16 des 2. Kapitels des Gesetzes 38/1978 die Fortsetzung oder Wiederaufnahme eines Vorgehens zu untersagen, bei dem MiGame den Kunden im Zusammenhang mit einem von ihr mit einem Verbraucher geschlossenen Verbrauchsgüterkaufvertrag eine kostenpflichtige Nummer angibt.

13      Zur Begründung seiner Klage macht der Ombudsmann geltend, die Richtlinie 2011/83 verwehre einem Unternehmer die Zurverfügungstellung einer Telefonnummer an seine Kunden, für die ein höherer als der Grundtarif berechnet werde, auch wenn er ihnen daneben eine andere Nummer zur Verfügung stelle, deren Tarif diesen Grundtarif nicht übersteige. Darüber hinaus ist der Verbraucherombudsmann der Ansicht, dass der in § 14 des 2. Kapitels des Verbraucherschutzgesetzes bestimmte rechnerische Grundtarif die dem Verbraucher tatsächlich entstehenden Kosten bei einem Anruf auf einer normalen geografischen Festnetz- oder Mobilfunknummer übersteige. Der Begriff „Grundtarif“ in Art. 21 dieser Richtlinie gestatte es nicht, dass dem Verbraucher durch einen Anruf im Zusammenhang mit einem geschlossenen Verbrauchsgüterkaufvertrag unter einer vom Unternehmer eingerichteten Service-Rufnummer höhere Kosten entstünden als die, die ihm durch einen Anruf auf einer normalen geografischen Festnetz- oder Mobilfunknummer entstünden.

14      MiGame beantragt, die Klage abzuweisen, und macht geltend, dass sie die vom Ombudsmann geforderten Änderungen bereits umgesetzt habe und das in der Klage des Ombudsmanns beschriebene Vorgehen nicht fortsetze.

15      Für die Entscheidung des anhängigen Rechtsstreits stellt sich dem vorlegenden Gericht die Frage, ob ein Unternehmer durch die Angabe einer kostenpflichtigen nationalen Telefonnummer für eine telefonische Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit einem geschlossenen Verbrauchsgüterkaufvertrag gegen verbraucherschützende Vorschriften verstößt und ob die Fortsetzung oder Wiederaufnahme dieses Vorgehens in weiterer Folge zu untersagen ist.

16      Vor diesem Hintergrund hat das Markkinaoikeus (Gericht für Wirtschaftssachen) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass der Unternehmer zusätzlich zur Angabe einer Telefonnummer, die höchstens zum Grundtarif abgerechnet wird, eine Telefonnummer angeben kann, die der Verbraucher möglicherweise bei Angelegenheiten im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag verwendet, und für deren Gebrauch ein den Grundtarif übersteigender Preis berechnet wird; sind ferner, falls die Angabe einer den Grundtarif übersteigenden Telefonnummer unter bestimmten Umständen mit Art. 21 vereinbar sein sollte, beispielsweise die einfache Auffindbarkeit der Telefonnummer zum Grundtarif, die hinreichend klare Angabe des Verwendungszwecks der Telefonnummern sowie die wesentlichen Unterschiede bei der Erreichbarkeit des Kundenservice oder dessen Niveau für die Beurteilung erheblich?

2.      Ist der Begriff „Grundtarif“ gemäß Art. 21 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen, dass der Unternehmer als Kundenservice-Rufnummer für Angelegenheiten im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag lediglich eine geografische Festnetz- oder Mobilfunk-Standardnummer oder eine für Verbraucher kostenlose Telefonnummer angeben darf; ferner, falls der Unternehmer eine andere Telefonnummer angeben darf, welche Gebühren dürfen für einen Verbraucher, der einen Telefonvertrag als Paketangebot abgeschlossen hat, für den Gebrauch dieser Telefonnummer höchstens anfallen?

 Zu den Vorlagefragen

17      Nach Art. 99 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof insbesondere dann, wenn die Antwort auf eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann oder wenn die Beantwortung der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt, auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

18      Diese Bestimmung ist in der vorliegenden Rechtssache anzuwenden.

19      Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Unternehmer seinen Kunden zusätzlich zur Angabe einer Telefonnummer, die höchstens zum Grundtarif abgerechnet wird, eine Telefonnummer angibt, für deren Gebrauch ein den Grundtarif übersteigender Tarif gilt und die möglicherweise von Verbrauchern genutzt wird, die einen Vertrag mit dem Unternehmer geschlossen haben.

20      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass der Verbraucher nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen.

21      Im Hinblick auf den Begriff „Grundtarif“ im Sinne von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 ist hervorzuheben, dass dieser den üblichen Tarif für ein Telefongespräch ohne zusätzliche Kosten für den Verbraucher meint. Der Umstand, dass die Anbieter von Telefondienstleistungen nach Art. 21 Abs. 2 dieser Richtlinie berechtigt sind, den Verbrauchern Entgelte für Telefonanrufe zu berechnen, hat in diesem Zusammenhang keinen Einfluss auf die vorstehenden Erwägungen, sofern die in Rechnung gestellten Beträge die gewöhnlichen Kosten nicht übersteigen, die den Verbrauchern für einen gewöhnlichen Anruf entstanden wären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. März 2017, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main, C‑568/15, EU:C:2017:154, Rn. 27 und 30).

22      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 33 des Urteils vom 13. September 2018, Starman (C‑332/17, EU:C:2018:721), entschieden hat, dass Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass er es nicht gestattet, dass, wenn ein Unternehmer sämtlichen seiner Kunden eine oder mehrere Kurzwahlnummern zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif zur Verfügung stellt, die Verbraucher, die bereits einen Vertrag mit diesem Unternehmer geschlossen haben, mehr als den Grundtarif bezahlen, wenn sie mit dem Unternehmer im Zusammenhang mit diesem Vertrag telefonisch Kontakt aufnehmen.

23      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts, dass die zum Grundtarif verfügbare Telefonnummer zwar manchmal in bestimmten Kommunikationsmaterialien für die Kunden von MiGame enthalten war, dass dies aber unstreitig nicht immer der Fall war und dass zumindest in diesen Materialien meistens vorrangig die kostenpflichtige Service-Nummer angegeben war.

24      Nach Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 darf der Verbraucher, wenn zum einen ein Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher geschlossen wurde und zum anderen der Anruf des Verbrauchers diesen Vertrag betrifft, nicht mehr als den Grundtarif bezahlen müssen, um Fragen bezüglich der Erfüllung dieses Vertrags zu klären oder durch diese Richtlinie garantierte Rechte geltend zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2018, Starman, C‑332/17, EU:C:2018:721, Rn. 29 und 30).

25      Aus dem Kontext, in den sich Art. 21 der Richtlinie 2011/83 einfügt, ergibt sich, dass der Unternehmer dem Verbraucher, der die ihm durch diese Richtlinie eingeräumten Rechte mittels Telefonanrufen ausübt, nur die Kosten aufbürden darf, die nicht über die Kosten des Grundtarifs hinausgehen (Urteil vom 13. September 2018, Starman, C‑332/17, EU:C:2018:721, Rn. 25).

26      Diese Bestimmung verwehrt es einem Unternehmer zwar nicht, abhängig von der Art der Anrufer, ihrem Anliegen und unter Berücksichtigung der Frage, ob diese bereits einen Vertrag mit dem Unternehmen geschlossen haben oder nicht, unterschiedliche Telefonleitungen einzurichten. Allerdings muss die Nummer der Telefonleitung, die speziell für die Beziehungen zu Verbrauchern eingerichtet wurde, die bereits einen Vertrag mit dem Unternehmer geschlossen haben, und für die ein Tarif gilt, der den Grundtarif nicht übersteigt, in den an diese Kunden gerichteten Kommunikationsmaterialien angegeben werden und dort für die Verbraucher leicht erkennbar sein.

27      Um Verwechslungen zu vermeiden, ist in diesem Zusammenhang zwar die Angabe sämtlicher Nummern der verschiedenen Telefonleitungen, die der Unternehmer für seine Kunden eingerichtet hat, in den Kommunikationsmaterialien möglich, doch darf die Nummer der Leitung, für die ein höherer Tarif gilt, dort nicht hervorgehoben werden, und der Verwendungszweck der einzelnen Telefonleitungen muss hinreichend klar und verständlich angeführt werden. Außerdem darf es zwischen der Telefonleitung, für die maximal der Grundtarif berechnet wird, und derjenigen, für die ein höherer Tarif gilt, keine wesentlichen Unterschiede bei der Erreichbarkeit und der Qualität des Kundenservice zum Nachteil jener Verbraucher geben, die bereits einen Vertrag mit diesem Unternehmer geschlossen haben.

28      Diese Erwägungen stehen im Einklang mit dem mit der Richtlinie 2011/83 verfolgten Ziel, das, wie sich aus ihrem Art. 1 ergibt, in der Sicherstellung eines hohen Verbraucherschutzniveaus besteht, indem den Verbrauchern Information und Sicherheit bei Geschäften mit Unternehmern gewährleistet werden.

29      Die in Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 vorgesehene Möglichkeit für den Verbraucher, nach Abschluss des Vertrags zielführend und ohne Mehrkosten mit dem Unternehmer zu kommunizieren, ist von grundlegender Bedeutung für den Schutz und die wirksame Durchsetzung der Verbraucherrechte.

30      Zudem geht aus Art. 4 der Richtlinie 2011/83 hervor, dass das Verbraucherschutzniveau, das durch die nationalen Vorschriften der Mitgliedstaaten sichergestellt wird, nicht von dem durch diese Richtlinie festgelegten Niveau abweichen darf, sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass Art. 21 der Richtlinie keine Ausnahme zu der den Mitgliedstaaten so auferlegten Verpflichtung darstellt, nicht von dem durch diese Richtlinie festgelegten Schutzniveau abzuweichen (Urteil vom 13. September 2018, Starman, C‑332/17, EU:C:2018:721, Rn. 28).

31      Nach alledem ist auf die Fragen, die zusammen zu prüfen sind, zu antworten, dass Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Unternehmer seinen Kunden zusätzlich zur Angabe einer Telefonnummer, die höchstens zum Grundtarif abgerechnet wird, eine Telefonnummer angibt, für deren Gebrauch ein den Grundtarif übersteigender Tarif gilt und die möglicherweise von Verbrauchern genutzt wird, die einen Vertrag mit dem Unternehmer geschlossen haben.

 Kosten

32      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Unternehmer seinen Kunden zusätzlich zur Angabe einer Telefonnummer, die höchstens zum Grundtarif abgerechnet wird, eine Telefonnummer angibt, für deren Gebrauch ein den Grundtarif übersteigender Tarif gilt und die möglicherweise von Verbrauchern genutzt wird, die einen Vertrag mit dem Unternehmer geschlossen haben.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Finnisch.